Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.08.2014, Az. VII ZR 24/12

7. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 3364

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Gegenstand

Gewährleistungsklage wegen Baumängeln an einem neu errichteten Mehrfamilienhaus: Teilurteil über einen Vorschussanspruch in Höhe der für die Beseitigung von Schallschutzmängeln erforderlichen Kosten


Leitsatz

Der Erlass eines Teilurteils über einen Vorschussanspruch in Höhe der für die Beseitigung von Schallschutzmängeln erforderlichen Kosten ist unzulässig, wenn der Besteller daneben einen auf dieselben Mängel gestützten, auf Ersatz eines Mietausfalls sowie auf Ersatz vorgerichtlicher Sachverständigenkosten gerichteten Schadensersatzanspruch geltend macht, über den nicht zugleich entschieden wird.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Teilurteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 16. Dezember 2011 teilweise aufgehoben, soweit das Berufungsgericht den Klageantrag gegen die Beklagte zu 1 auf Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 49.884,80 € zuzüglich Zinsen abgewiesen hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Kläger nehmen die Beklagten in unterschiedlichem Umfang auf Zahlung von Vorschuss und Schadensersatz sowie auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz weiterer Mängelbeseitigungskosten und zum Ersatz weiterer Schäden wegen Mängeln an einem neu errichteten Mehrfamilienhaus mit insgesamt fünf Wohnungen in Anspruch.

2

Die Kläger beauftragten die Beklagte zu 1 mit Vertrag vom 29. Dezember 2002/13. Januar 2003 mit der Lieferung und Erstellung eines Ausbauhauses der Ausbaustufe I, deren Umfang in der [X.] näher umschrieben ist. In § 14 des Vertrags war als Sonderleistung ein "erhöhter Schallschutz wegen mehrerer Wohneinheiten im Gebäude" vereinbart. Die am Revisionsverfahren nicht beteiligte Beklagte zu 2 war von den Klägern mit dem Innenausbau beauftragt worden und die ebenfalls nicht beteiligte Beklagte zu 3 mit der Stellung des Bauantrags.

3

Nach Errichtung des Hauses traten Mängel auf. Eine förmliche Abnahme sämtlicher Leistungen der Beklagten zu 1 erfolgte nicht. Nachdem die Kläger die Beklagte zu 1 erfolglos unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung aufgefordert hatten, beantragten sie wegen der Mängel, u.a. auch wegen eines unzureichenden Schallschutzes, die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zur Feststellung der Mängel und zur Höhe der erforderlichen Mängelbeseitigungskosten.

4

Das [X.] hat die Beklagte zu 1, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, wegen der [X.] zur Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 49.884,80 € zuzüglich Zinsen verurteilt. Daneben hat es den Klägern gegen die Beklagte zu 1 einen u.a. auf diese Mängel gestützten Schadensersatzanspruch wegen eines entstandenen Mietausfallschadens und wegen von ihnen vorgerichtlich aufgewendeter Sachverständigenkosten zuerkannt. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten zu 1 das Urteil des [X.]s teilweise abgeändert und die Klage gegen die Beklagte zu 1 durch Teilurteil abgewiesen, soweit diese auf Zahlung eines Kostenvorschusses für die Beseitigung der [X.] in Höhe von 49.884,80 € zuzüglich Zinsen gerichtet war.

5

Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstreben die Kläger, soweit das Berufungsgericht einen Kostenvorschussanspruch gegen die Beklagte zu 1 wegen der [X.] einschließlich Zinsen aberkannt hat, die Aufhebung des [X.] und die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision der Kläger führt zur Aufhebung des angefochtenen Teilurteils, soweit das Berufungsgericht einen [X.] der Kläger in Höhe der zur Beseitigung der Schallschutzmängel erforderlichen Kosten zuzüglich Zinsen gegen die Beklagte zu 1 abgelehnt hat, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7

Das Berufungsgericht führt aus, es könne hinsichtlich der Schallschutzmängel von der Möglichkeit einer Entscheidung durch Teilurteil Gebrauch machen. Das Bestehen eines Kostenvorschussanspruchs in Höhe der Mängelbeseitigungskosten sei hinsichtlich der geltend gemachten Folgeschäden (Mietausfall, vorgerichtliche Kosten) präjudiziell. Es ist der Auffassung, den Klägern stehe wegen Mängeln des [X.] an den Innendecken kein Anspruch auf Gewährleistung gegen die Beklagte zu 1 zu. Die Beklagte zu 1 habe die Decke über dem Erdgeschoss und über dem 1. Obergeschoss nach Ziff. 2.0 der [X.] als massive Balkendecke mit aufliegender 22 mm Holzwerkstoffplatte geschuldet. Der weitere Innenausbau habe den Klägern selbst oblegen. Es sei unerheblich, dass im Bauvertrag die Herstellung eines erhöhten [X.] vereinbart worden sei. Diese Verpflichtung habe sich mangels näherer Angaben allein auf die von der [X.] zu 1 geschuldete Werkleistung bezogen. Die mangelnde Tritt- und Luftschalldämmung der beiden Innendecken des Hauses beruhe nach den Ausführungen der Sachverständigen jedoch nicht auf der Ausführung der Holzbalkendecke oder der darauf befestigten Holzwerkstoffplatte, sondern darauf, dass der weitere Ausbau und der Fußbodenaufbau mangelhaft ausgeführt worden seien.

II.

8

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

9

1. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils liegen nicht vor. Der Erlass eines Teilurteils ist unzulässig, wenn aufgrund der Entscheidung über den Teil des Anspruchs die Gefahr besteht, dass es bei der Entscheidung über den noch anhängigen Streitgegenstand im Schlussurteil zu einander widersprechenden Entscheidungen kommt. Diese Gefahr besteht immer dann, wenn der durch Teilurteil beschiedene Anspruch und der noch rechtshängige Anspruch von gemeinsamen Vorfragen abhängen (vgl. [X.], Urteile vom 26. April 2012 - [X.], [X.], 1391 Rn. 11 = [X.], 440; vom 29. März 2011 - [X.], [X.]Z 189, 79 Rn. 15; vom 28. November 2002 - [X.], [X.], 381, 382 = NZBau 2003, 153, jeweils m.w.[X.]). Dies ist hier der Fall. Die im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe der Mängelbeseitigungskosten erhebliche Vorfrage, ob die Beklagte zu 1 für die zugrunde liegenden Schallschutzmängel einzustehen hat, stellt sich für die Entscheidung über den auf diese Mängel gestützten weiteren Schadensersatzanspruch wegen des behaupteten [X.] und der vorgerichtlich aufgewendeten Sachverständigenkosten erneut. Es besteht deshalb die Gefahr, dass hinsichtlich des von den Klägern geltend gemachten [X.] und des Schadensersatzanspruchs einander widersprechende Entscheidungen ergehen.

Soweit das Berufungsgericht gemeint haben sollte, das erlassene Teilurteil entfalte eine Bindungswirkung auch hinsichtlich der im Berufungsverfahren noch im Streit stehenden, vom [X.] zuerkannten Schadensersatzansprüche auf Ersatz eines infolge der Schallschutzmängel entstandenen [X.] sowie vorgerichtlich aufgewendeter Sachverständigenkosten, weil insoweit über einen einheitlichen Lebenssachverhalt entschieden werde, ist diese Auffassung rechtsirrig. Eine solche Bindungswirkung kommt dem Teilurteil nicht zu.

Ein Sachurteil, das eine Leistungsklage abweist, stellt grundsätzlich fest, dass die begehrte Rechtsfolge aus dem Lebenssachverhalt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt hergeleitet werden kann, und zwar auch dann, wenn das Gericht nicht alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen ins Auge gefasst hat (vgl. [X.], Urteile vom 11. März 1997 - [X.], NJW 1997, 2954, 2955; vom 17. März 1995 - [X.], NJW 1995, 1757, 1758; vom 13. Dezember 1989 - [X.], [X.], 249, 250, jeweils m.w.[X.]). Bei dem Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe der zur Beseitigung von [X.] erforderlichen Mängelbeseitigungskosten gemäß § 637 Abs. 3 BGB und dem ergänzend geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen eines infolge desselben Mangels entstandenen [X.] sowie wegen vorgerichtlich aufgewendeter Sachverständigenkosten gemäß § 634 Nr. 4, §§ 636, 280, 281 BGB handelt es sich um verschiedene Lebenssachverhalte und damit um verschiedene Streitgegenstände, weil die Ansprüche auf den Ausgleich unterschiedlicher Mangelfolgen gerichtet sind.

Dies bedeutet, dass durch das angefochtene Teilurteil lediglich festgestellt wird, dass den Klägern der geltend gemachte [X.] wegen der zur Beseitigung der Schallschutzmängel erforderlichen Kosten in Höhe von 49.884,80 € gegen die Beklagte zu 1 nicht zusteht. Durch die Abweisung dieses [X.]s wird jedoch nicht zugleich bindend festgestellt, dass die Kläger gegen die Beklagte zu 1 auch keinen Anspruch auf Ersatz des ihnen aufgrund der Schallschutzmängel entstandenen, über die Mängelbeseitigungskosten hinausgehenden [X.] und der von ihnen vorgerichtlich aufgewendeten Sachverständigenkosten haben.

2. Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

Die vom Berufungsgericht vorgenommene Würdigung, die Beklagte zu 1 sei nicht für die unzureichende Schalldämmung verantwortlich, beruht auf einem Verfahrensfehler. Das Berufungsgericht meint, die Beklagte zu 1 sei nicht für die unzureichende Entkoppelung der Decken von den Wänden verantwortlich. Dies ergebe sich aus den Sanierungsvorschlägen der Sachverständigen, die die von der [X.] zu 1 ausgeführte Holzbalkendecke einschließlich der aufgebrachten Holzwerkstoffplatte unangetastet ließen. Dieser Schluss ist, wie die Revision zu Recht rügt, nicht zutreffend. Denn es ist denkbar, dass die vom Sachverständigen P. beanstandete Geräuschübertragung über die flankierenden Bauteile bereits durch Maßnahmen vermieden worden wäre, die die Bauleistung der [X.] zu 1 betrafen. Ob das der Fall ist, ist bislang nicht Gegenstand der Begutachtung gewesen. Daraus, dass die Sachverständigen zur Sanierung Maßnahmen vorgesehen haben, die die Ausführung der Unterdecke, den weiteren [X.] sowie die Anbringung von Vorsatzschalen an den Wänden zum Gegenstand haben, folgt das nicht. Vielmehr können sie der Ansicht gewesen sein, dass Eingriffe in die von der [X.] zu 1 erstellte Deckenkonstruktion nicht mehr gewollt oder sinnvoll sind. Das Berufungsgericht wird sich nach der Zurückverweisung mit dieser Frage befassen und dem Sachverständigen konkret die Frage stellen müssen, ob die Beklagte zu 1 bereits bei den von ihr zu erbringenden Bauleistungen Maßnahmen hätte treffen können und müssen, um die Voraussetzungen für den vereinbarten erhöhten Schallschutz zu schaffen.

[X.]                      [X.]                        Halfmeier

               Jurgeleit                 [X.]

Meta

VII ZR 24/12

21.08.2014

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 16. Dezember 2011, Az: 4 U 3/11

§ 301 ZPO, § 280 BGB, § 281 BGB, § 634 Nr 4 BGB, § 636 BGB, § 637 Abs 3 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.08.2014, Az. VII ZR 24/12 (REWIS RS 2014, 3364)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3364

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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