Bundespatentgericht, Beschluss vom 01.12.2011, Az. 30 W (pat) 544/10

30. Senat | REWIS RS 2011, 846

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Zahlung der Beschwerdegebühr - Überweisungsauftrag per Internet am Samstag vor dem Montag, an dem die Frist ablief - Anmelder sind Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen  


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 028 510.1

(hier: Wiedereinsetzung)

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung am 1. Dezember 2011 unter Mitwirkung ...

beschlossen:

Der Wiedereinsetzungsantrag der Anmelder wird zurückgewiesen.

Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt.

Gründe

I.

1

Die Anmelder haben am 14. Mai 2009 die Eintragung des Zeichens

Abbildung

2

als Wort-/Bildmarke für Dienstleistungen der [X.] beantragt. Die Markenstelle für [X.] des [X.] hat durch Beschluss vom 29. Juli 2010 die Anmeldung zurückgewiesen. Diesen Beschluss haben die Vertreter der Anmelder ausweislich des [X.] am 4. August 2010 empfangen. Die durch ihre Vertreter eingelegte Beschwerde ging per Telefax am 3. September 2010 beim Patentamt ein, die von den [X.] selbst per Online Banking gezahlte [X.] wurde jedoch erst am 7. September 2010 auf dem Konto der [X.] für das [X.] gutgeschrieben.

3

Nach mit Schreiben des Gerichts vom 7. Oktober 2010 erfolgtem Hinweis auf den verspäteten Zahlungseingang haben die Anmelder darauf verwiesen, dass durch die [X.] am 4. September 2010 um 15.25 Uhr - wie dem Kontoauszug vom 9. September 2010 entnehmbar - die [X.] rechtzeitig einbezahlt worden sei. Auf weiteren Hinweis des Gerichts, dass bei einer Überweisung als Einzahlungstag der Tag der Gutschrift auf dem Konto des Patentamts gelte (§ 2 Nr. 2 PatKostZV) und nicht der Tag der Vornahme der Überweisung, haben die Anmelder ausgeführt, dass ihnen die Verzögerung durch ihre Hausbank, die den Betrag weder am [X.] am 4. September 2010 noch am [X.] auf ihrem Konto am 6. September 2010 an die [X.] weitergeleitet habe, nicht zurechenbar sei.

4

Mit [X.] vom 27. Juli 2011, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat das Gericht unter Übersendung der Geschäftsbedingungen der Hausbank der Anmelder (Preis- und Leistungsverzeichnis; Bedingungen für den Überweisungsverkehr) darauf hingewiesen, dass eine rechtzeitige Entrichtung der [X.] nicht erkennbar sei.

5

Die Anmelder sind mit näheren Ausführungen weiterhin der Meinung, dass mit Erteilung des Überweisungsauftrags am 4. September 2010 und der Wertstellung des Überweisungsbetrages auf ihrem Konto am 6. September 2010 die [X.] rechtzeitig bezahlt worden und die Verzögerung im Bankverkehr ihnen nicht zurechenbar sei.

6

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

7

Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Bezahlung der [X.] kann nicht gewährt werden. Die Beschwerde der Anmelder gilt als nicht eingelegt, da die [X.] nicht rechtzeitig gezahlt worden ist (§ 82 Abs. 1 Satz 3 [X.] i. V. m. § 6 Abs. 2 PatKostG).

8

Die Anmelder haben die am Montag, den 6. September 2010 abgelaufene Frist zur Bezahlung der [X.] versäumt. Nach § 82 Abs. 1 Satz 3 [X.] i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG ist für die Beschwerde innerhalb der Beschwerdefrist des § 66 Abs. 2 [X.] die [X.] zu entrichten, also innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses. Der Beschluss des Patentamts ist laut [X.] den Vertretern der Anmelder am 4. August 2010 zugegangen. Die Frist endete somit am Montag, den 6. September 2010. Die durch Überweisung seitens der Anmelder selbst entrichtete [X.] ist erst am 7. September 2010 auf dem Konto der für das Patentamt zuständigen [X.] gutgeschrieben (§ 2 Nr. 2 PatKostZV) und somit nicht rechtzeitig gezahlt worden. Das hat zur Folge, dass die Beschwerde der Anmelder als nicht eingelegt gilt (§ 82 Abs. 1 Satz 3 [X.] i. V. m. § 6 Abs. 2 PatKostG).

9

Entgegen der Auffassung der Anmelder kommt es für die Frage der Rechtzeitigkeit der Zahlung nicht darauf an, wann der Überweisungsauftrag ihrer Hausbank erteilt wurde und an welchem Tag ihr Konto belastet worden ist; denn gemäß § 2 Nr. 2 PatKostZV gilt als [X.] bei Überweisungen der Tag, an dem der Betrag dem Konto der zuständigen [X.] für das [X.] gutgeschrieben wird. Darauf sind die Anmelder mit Schreiben des [X.] vom 26. Oktober 2010 und [X.] des Gerichts vom 27. Juli 2011 hingewiesen worden.

Die Ausführungen der Anmelder erlauben auch nicht die Wiedereinsetzung in die versäumte Frist.

Wiedereinsetzung in eine versäumte Frist erhält gemäß § 91 Abs 1 Satz 1 [X.] auf Antrag, wer ohne Verschulden verhindert war, dem Patentamt (oder dem Patentgericht) gegenüber eine Frist einzuhalten, deren Versäumung nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat.

Einen Antrag auf Wiedereinsetzung haben die Anmelder zwar nicht ausdrücklich gestellt. Der Senat wertet indessen ihre Ausführungen zur rechtzeitigen Bezahlung und fehlender Zurechenbarkeit von Verzögerungen bei der Ausführung des Überweisungsauftrags als zulässig gestellten Wiedereinsetzungsantrag in die versäumte Frist zur Zahlung der [X.]. Dieser Antrag ist mit den vorgetragenen Tatsachen aber nicht begründet. Die Anmelder haben nicht hinreichend dargetan, dass sie ohne Verschulden verhindert waren, die Frist zur Zahlung der [X.] einzuhalten. Ohne Verschulden ist eine Fristversäumung erfolgt, wenn die übliche Sorgfalt aufgewendet worden ist, deren Beachtung im Einzelfall zumutbar war (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 91 Rdn.. 11 m. w. N.).

Nach ihren Ausführungen und dem Inhalt des von ihnen vorgelegten Kontoauszugs ihrer Hausbank haben die Anmelder zwar am Samstag, dem 4. September 2010 um 15.25 Uhr, also vor Ablauf der Frist, per [X.] einen Auftrag zur Überweisung der [X.] an ihre Hausbank erteilt. Das allein ist, wie oben ausgeführt, aber nicht entscheidend. Um davon ausgehen zu können, dass der Überweisende seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen ist, kommt es für die Frage der Wiedereinsetzung weiter darauf an, auf welche Laufzeit zur Ausführung der Überweisung er vertrauen durfte. Bei der Kürze der bis zum Fristablauf am Montag, dem 6. September 2010 noch zur Verfügung stehenden [X.], angesichts des Wochenendes und insbesondere der gesetzlichen Vorschriften und unter Heranziehung der Geschäftsbedingungen ihrer Hausbank war indessen besondere Sorgfalt geboten. Diese notwendige Sorgfalt ist vorliegend nicht aufgewandt worden.

§ 675s BGB regelt die Ausführungsfrist für Zahlungsvorgänge. Der Zahlungsdienstleister des Zahlers ist verpflichtet sicherzustellen, dass der Zahlungsbetrag spätestens am Ende des auf den Zugangszeitpunkt des Zahlungsauftrags folgenden Geschäftstags beim Zahlungsdienstleister des Empfängers eingeht. Bis zum 1. Januar 2012 können jedoch ein Zahler (hier die Anmelder) und sein Zahlungsdienstleister (hier ihre Hausbank) eine Frist von bis zu drei Geschäftstagen vereinbaren.

Was ein Geschäftstag ist, ist in § 675n Abs. 1 BGB geregelt. Geschäftstag ist danach jeder Tag, an dem der an der Ausführung eines Zahlungsvorgangs beteiligte Zahlungsdienstleister den für die Ausführung von Zahlungsvorgängen erforderlichen Geschäftsbetrieb unterhält. Die Hausbank der Anmelder unterhält den für die Ausführung eines Zahlungsvorgangs erforderlichen Geschäftsbetrieb an allen Werktagen mit Ausnahme von Samstag und noch weiterer Tage (vgl. das mit dem [X.] des Gerichts übersendete Preis- und Leistungsverzeichnis der Hausbank der Anmelder, Allgemeine Informationen zur Bank, unter VI.).

Fällt der [X.]punkt des Zugangs eines Zahlungsauftrags nicht auf einen Geschäftstag des Zahlungsdienstleisters des Zahlers, gilt der Zahlungsauftrag als am darauf folgenden Geschäftstag zugegangen (§ 675n Abs. 1 BGB). Der [X.]punkt des Zugangs des Zahlungsauftrags bei der Hausbank war somit Montag, der 6. September 2010. Der Zahlungsbetrag musste nach § 675s BGB spätestens am Ende des auf den Zugangszeitpunkt des Zahlungsauftrags (hier 6. September 2010) folgenden [X.] (hier 7. September 2010) beim Zahlungsdienstleister des Empfängers (hier [X.]) eingehen, was auch der Fall war. Die Anmelder durften daher bei Beachtung der ihnen obliegenden Sorgfaltspflichten nicht davon ausgehen, dass die [X.] bereits am 6. September 2010 und damit rechtzeitig dem Empfänger gutgeschrieben würde. Hinzu kommt, dass für Zahlungen vor dem 1. Januar 2012 die Hausbank der Anmelder sogar eine Frist von drei Geschäftstagen vereinbaren konnte; davon hat sie mit den [X.] auch für beleglose Überweisungsaufträge (Überweisungen per Online Banking) Gebrauch gemacht. Selbst wenn man also Samstag, den 4. September 2010 als Geschäftstag der Hausbank ansehen würde, so hätte unter diesen Umständen bei Beachtung der notwendigen Sorgfalt nicht damit gerechnet werden dürfen, dass der Betrag bereits am 6. September 2010 zur Gutschrift auf dem Empfängerkonto führen wird.

Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus der Wertstellung des zu überweisenden Betrages auf dem Konto der Anmelder am [X.]. Denn Wertstellung und Belastung des Kontos des Zahlers besagen nichts über den [X.]punkt der Gutschrift auf dem Konto des Empfängers bei einem anderen Zahlungsdienstleister. Die an einem bestimmten Tag erfolgte negative Wertstellung (Belastung) begründet kein Vertrauen auf Gutschrift beim Empfänger am selben Tag, sondern hätte vielmehr Anlass gegeben, weitere Vorkehrungen zum rechtzeitigen Zahlungseingang zu ergreifen, um ein fehlendes Verschulden auszuschließen.

Die von den [X.] angeführten Entscheidungen des [X.] ([X.] NJW 1979, 1461; [X.] NJW 1989, 582; [X.] NJW 1997, 2042; [X.] NJW 1997, 3168) rechtfertigen keine andere Beurteilung. Sie betreffen die [X.] Beurteilung von [X.] für Bareinzahlungen und eingehende Überweisungsbeträge. Ihnen kann nicht entnommen werden, dass im Falle eines Überweisungsauftrags die [X.] bei negativer Wertstellung auf dem Konto des Zahlers an einem bestimmten Tag verpflichtet ist, für einen Zahlungseingang auf dem Empfängerkonto am selben Tag Sorge zu tragen. Im Übrigen gehen auch die Anmelder letztlich davon aus, dass eine Ausführung des Überweisungsauftrags seitens ihrer Hausbank erst am 7. September 2010 nicht zu beanstanden wäre, wenn auch die Kontobelastung erst an diesem Tag vorgenommen worden wäre (Schriftsatz vom 5.10.2011, [X.] 3, 4. Abs.). Selbst wenn - wie nicht! - ein vertragswidriges Verhalten der Hausbank vorgelegen hätte, hätte sich dies somit nur dann auf das Verschulden der Anmelder auswirken können, wenn diese von der Belastung am 6. September 2011 Kenntnis genommen und im Hinblick darauf von weiteren Maßnahmen Abstand genommen hätten. Dazu ist nichts vorgetragen. Der Kontoauszug datiert jedenfalls erst vom 9. September 2010. Darauf kommt es aber wegen des vertragsgemäßen Verhaltens der Hausbank letztlich nicht an.

Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der [X.] kann nach alledem nicht gewährt werden.

In entsprechender Anwendung von § 70 Abs. 2 [X.] kann der Beschluss ohne mündliche Verhandlung ergehen.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 83 Abs. 2 [X.]) liegen nicht vor; angesichts der eindeutigen gesetzlichen Vorschriften und den darauf beruhenden Geschäftsbedingungen der Hausbank der Anmelder ist weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder eine einheitliche Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.].

Meta

30 W (pat) 544/10

01.12.2011

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 675s BGB § 675n Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 01.12.2011, Az. 30 W (pat) 544/10 (REWIS RS 2011, 846)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 846

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

27 W (pat) 570/13 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – Wiedereinsetzung - "Sofortüberweisung" - Sofortüberweisung an eine andere Bank – Gutschrift des Zahlungsbetrages …


27 W (pat) 64/17 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "BRAIN4Kids/brain4kids" – Wiedereinsetzung in die Frist zur Einzahlung der Beschwerdegebühr – verspätete Einzahlung …


30 W (pat) 510/18 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Das B" – verspäteter Eingang der Beschwerdegebühr – Fiktion der Nichteinlegung der Beschwerde …


26 W (pat) 188/09 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "TVS TRANSFER VERBUND SYSTEM shuttle" – Wiedereinsetzung in die Frist zur Einzahlung der …


27 W (pat) 28/15 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Hot Sox" – Einzugsermächtigung stellt keinen zulässigen Weg zur Zahlung der Beschwerdegebühr dar …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.