Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.03.2013, Az. I ZR 93/12

1. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 6989

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Gegenstand

Markenschutz: Verhältnis von während der Vertragsbeziehung entstehenden Kennzeichenrechten des Lizenzgebers und Lizenznehmers - Baumann


Leitsatz

Baumann

1. Ein vom Lizenzgeber während der Vertragsbeziehung erworbenes Kennzeichenrecht geht dem Kennzeichenrecht des Lizenznehmers vor, das dieser ebenfalls während des Laufs des Lizenzvertrags erlangt hat, weil die Stellung des Lizenznehmers im Verhältnis zum Lizenzgeber nach Beendigung des Lizenz- oder Gestattungsvertrags nicht besser als diejenige eines Dritten ist, der erstmals ein mit dem lizenzierten Kennzeichenrecht identisches oder ähnliches Zeichen nutzt.

2. An den Nachweis eines Lizenz- oder Gestattungsvertrags, aus dem der Lizenzgeber einen Vorrang seines Kennzeichenrechts im Verhältnis zum Kennzeichenrecht des Lizenznehmers ableitet, sind regelmäßig keine geringen Anforderungen zu stellen.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 11. April 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die auf die Marke gestützte Widerklage abgewiesen hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Revisionsverfahren noch um die Berechtigung der Klägerin, das im [X.] angeführte Zeichen „[X.] [X.]“ (nachfolgend auch: angegriffenes Zeichen) für Seiten- oder Staplerfahrzeuge als Marke zu benutzen.

2

Die Beklagte, die [X.] Parts Center GmbH, ist Inhaberin der - nachstehend abgebildeten - mit Priorität vom 2. Mai 1979 für Seiten- und Geländestapler eingetragenen farbigen (rot und schwarz) WortBild-Marke Nr. 1005694 (nachfolgend: [X.]):

Abbildung

3

Zuvor war Inhaber der [X.] die am 1. Januar 1967 von [X.] und [X.] als offene Handelsgesellschaft gegründete [X.], [X.] in [X.], die später in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt wurde und seit 2005 als R. [X.] GmbH & Co. KG firmierte. Nachdem über das Vermögen dieser Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, erwarb die Beklagte mit [X.] und 3. August 2005 die Sachwerte der Insolvenzschuldnerin und die [X.].

4

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach [X.] Recht mit Sitz in [X.], [X.], führt die Bezeichnung „[X.] S.r.l.“. Sie produziert und vertreibt Seitenstapler. Bei dieser Sonderform der Gabelstapler ist die [X.] seitlich angebracht.

5

Nach der Insolvenz der R. [X.] GmbH & Co. KG arbeiteten die Parteien zunächst zusammen. Sie schlossen am 3. August 2005 einen Lizenzvertrag über die [X.]. Im Juni 2006 kündigte die Klägerin die Zusammenarbeit mit der Beklagten zum Jahresende auf. Die Klägerin nutzt seitdem im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit das angegriffene Zeichen.

6

Die Beklagte hat behauptet, die Klägerin habe ausschließlich als Produktionsstandort für die in [X.] ansässige Gesellschaft gedient und sei nicht selbständig werbend im Inland tätig gewesen. Die Klägerin habe die Bezeichnung „[X.]“ mit und ohne graphische Gestaltung nur aufgrund einer Gestattung der [X.] und ihrer Rechtsnachfolgerin, später aufgrund des [X.] mit der Beklagten, verwendet. Die Beklagte ist der Ansicht, nach der Beendigung des Lizenzvertrags sei die Klägerin nicht berechtigt, das angegriffene Zeichen zu verwenden.

7

Die Beklagte hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - widerklagend beantragt,

die Klägerin unter Androhung von [X.] zu verurteilen, es zu unterlassen, ohne Zustimmung der Beklagten im geschäftlichen Verkehr das nachfolgend wiedergegebene Zeichen für die Waren Seiten und Geländestapler in markenmäßiger Benutzung zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, insbesondere unter dieser Bezeichnung Seiten- oder Staplerfahrzeuge und deren Bestand- und Ersatzteile sowie Zubehör anzubieten, in der Bundesrepublik [X.] in den Verkehr zu bringen oder in die Bundesrepublik [X.] einzuführen:

Abbildung

8

Die Beklagte hat zudem im Wege der Stufenklage Auskunft, eidesstattliche Versicherung und nach Erteilung der Auskunft Schadensersatz begehrt.

9

Die Klägerin ist der Widerklage entgegengetreten. Sie hat behauptet, sie sei durch Umwandlung aus der 1969 von [X.] und [X.] gegründeten [X.] S.p.A. mit Sitz in [X.] hervorgegangen. Seit der Gründung habe sie Seitenstapler produziert und nach [X.] verkauft. Die Bezeichnung „[X.]“ habe sie beim Absatz der von ihr produzierten Geräte auch in [X.] benutzt. Die Parteien hätten vereinbart, dass der [X.] erst Gültigkeit erlangen sollte, wenn alle offenen Punkte der Zusammenarbeit geklärt worden seien. Dazu sei es nicht gekommen.

Auf die Widerklage hat das [X.] die Klägerin durch Teilurteil zur Unterlassung und Auskunft sowie zur Abgabe einer Versicherung an Eides Statt über die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft verurteilt. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte die von ihr verfolgten Ansprüche hilfsweise auf das Firmenschlagwort „[X.]“ der R. [X.] GmbH & Co. KG gestützt. Das Berufungsgericht hat die Widerklage insgesamt abgewiesen.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr [X.] gestützt auf die [X.] weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der [X.] stünden keine Ansprüche wegen Verletzung der [X.] und des [X.] der R. [X.] [X.] zu. Dazu hat es ausgeführt:

Die Beklagte habe die geltend gemachten Ansprüche in erster Linie auf die [X.] gestützt. Das angegriffene Zeichen greife in den Schutzbereich der Marke der [X.] ein. Zwischen den [X.] bestehe aufgrund durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der [X.], hochgradiger Zeichenähnlichkeit und [X.] [X.] im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. [X.] sei jedoch durch ein prioritätsälteres Recht der Klägerin an ihrem Unternehmenskennzeichen gedeckt. Die Klägerin sei identisch mit der am 24. Juni 1969 gegründeten [X.] S.p.A. in [X.]. Sie habe die Benutzung des von Haus aus kennzeichnungskräftigen [X.] im Inland im Jahr 1971 aufgenommen. Das angegriffene Zeichen stelle eine Benutzung des im Verhältnis zur [X.] prioritätsälteren [X.] der Klägerin dar. Das angegriffene Zeichen werde durch den Wortbestandteil „[X.]“ geprägt. Daran änderten die weiteren beschreibenden Zusätze „[X.]“ und die graphische Gestaltung nichts. Die [X.], die ebenfalls durch den Wortbestandteil „[X.]“ geprägt werde, greife in den Schutzbereich des [X.] der Klägerin ein. Die Klägerin sei auch nicht gehindert, sich auf ihr im Verhältnis zur [X.] prioritätsälteres Unternehmenskennzeichen zu berufen. Zwar habe die Beklagte mit dem Erwerb des Geschäftsbetriebs der R. [X.] [X.] auch deren Recht am Unternehmenskennzeichen erworben, das über eine Priorität von 1967 verfügt habe. Dieses Recht sei jedoch durch Aufgabe des Geschäftsbetriebs Ende 2007/Anfang 2008 erloschen.

Die Klägerin sei auch nicht im Hinblick auf den zwischen den [X.]en abgeschlossenen Lizenzvertrag gehindert, sich im Verhältnis zur [X.] auf ihr Unternehmenskennzeichen zu berufen. Zwar könne der Lizenznehmer dem Lizenzgeber nach Beendigung des Lizenzvertrags nicht entgegenhalten, eigene Kennzeichenrechte an dem lizenzierten Gegenstand erworben zu haben. Im Streitfall bestehe jedoch die Besonderheit, dass das Unternehmenskennzeichen der R. [X.] [X.] erloschen sei. Nach dem Erlöschen des prioritätsälteren Kennzeichenrechts könne die Beklagte sich mit ihrer im Verhältnis zum Unternehmenskennzeichen der Klägerin prioritätsjüngeren [X.] nicht mehr durchsetzen.

Aus dem Unternehmenskennzeichen der R. [X.] [X.], auf das die Beklagte ihre Ansprüche im [X.] zulässigerweise gestützt habe, könne sie keine Ansprüche ableiten, weil dieses Recht erloschen sei.

II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Die Revision ist auf die Anfechtung des Berufungsurteils beschränkt, soweit das Berufungsgericht die Ansprüche aus der [X.] verneint hat.

Die Beklagte hat die Widerklage in der Berufungsinstanz in erster Linie auf die [X.] und hilfsweise auf das Recht an dem Unternehmenskennzeichen der R. [X.] [X.] gestützt. Trotz der gleichlautenden Klageanträge liegen danach unterschiedliche Streitgegenstände (prozessuale Ansprüche) vor, weil die Beklagte ihr Begehren auf zwei verschiedene Kennzeichen gestützt hat (vgl. [X.], Urteil vom 15. März 2012 - [X.], [X.], 630 Rn. 14 = [X.], 824 - [X.]; Urteil vom 24. Januar 2013 - [X.], [X.], 397 Rn. 13 = [X.], 499 - [X.]). Die Verneinung der aus dem Unternehmenskennzeichen hergeleiteten Ansprüche durch das Berufungsgericht nimmt die Revision hin. Die Ansprüche aus dem Unternehmenskennzeichen sind daher nicht in die Revisionsinstanz gelangt. Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Verfahrenssituation von einer Fallkonstellation, in der das Gericht den [X.] nach dem Hauptvorbringen verurteilt und der Beklagte Rechtsmittel einlegt. Dann fällt auch der hilfsweise geltend gemachte Streitgegenstand in der Rechtsmittelinstanz an (vgl. [X.], Urteil vom 29. Januar 1964 - [X.], [X.]Z 41, 38, 39; Urteil vom 24. Januar 1990 - [X.], [X.] 1990, 518, 519). Vorliegend ist dagegen über die auf das Unternehmenskennzeichen gestützten Ansprüche eine die Widerklage abweisende Entscheidung ergangen, die die Beklagte beschwert. Nimmt sie diese Entscheidung hin, erwächst die Abweisung der Widerklage, soweit sie auf das Unternehmenskennzeichen gestützt ist, in Rechtskraft.

2. Die Widerklage ist zulässig. Dies gilt auch für den Unterlassungsantrag. Dieser ist ungeachtet der dort verwendeten Formulierung „in markenmäßiger Benutzung“ hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Verwendung von Begriffen wie „markenmäßig“ in einem Klageantrag zur Kennzeichnung der zu untersagenden Benutzungshandlung ist vielfach nach den Umständen des Einzelfalls unbedenklich, wenn zum Verständnis der Begriffe auf die mit der Klage beanstandete konkrete Verletzungshandlung und die gegebene Klagebegründung zurückgegriffen werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 4. September 2003 - [X.], [X.]Z 156, 126, 131 - [X.]). Das ist auch vorliegend der Fall. Die Klägerin bringt das angegriffene Zeichen auf ihren Erzeugnissen sowie ihren Brief- und Geschäftspapieren zur Unterscheidung ihrer Produkte von den Produkten anderer Unternehmen an.

3. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann der mit der Widerklage verfolgte Unterlassungsanspruch wegen Verletzung der Marke der [X.] nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 [X.] nicht verneint werden. Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass das angegriffene Zeichen der Klägerin in den Schutzbereich der Marke der [X.] eingreift (dazu [X.]). Die Annahme des Berufungsgerichts, die Benutzung des angegriffenen Zeichens sei durch ein prioritätsälteres Recht der Klägerin an ihrem Unternehmenskennzeichen „[X.] S.r.l.“ gedeckt, ist jedoch nicht frei von [X.] (dazu [X.] b).

a) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass zwischen der Wort-Bild-Marke „[X.]“ der [X.] und dem angegriffenen Zeichen „[X.]“ die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 [X.] besteht.

aa) Die Beurteilung der [X.] im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ist - ebenso wie bei § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] - unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Identität oder der Ähnlichkeit der Zeichen und der Identität oder der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt. Bei dieser umfassenden Beurteilung der [X.] ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. [X.], Urteil vom 24. Juni 2010 - [X.]/09, [X.]. 2010, [X.] = [X.] 2010, 933 Rn. 33 - [X.]; [X.], Urteil vom 9. Februar 2012 - [X.], [X.], 1040 Rn. 25 = [X.], 1241 - [X.]/pure).

bb) Das Berufungsgericht ist von [X.] und einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der [X.] ausgegangen. Es hat weiter angenommen, dass zwischen den kollidierenden Zeichen hochgradige Ähnlichkeit besteht. Beide Zeichen würden durch den Wortbestandteil „[X.]“ geprägt, der die Zeichen auch optisch dominiere. Die übrigen graphischen Elemente hätten keinen bestimmenden Einfluss auf den Gesamteindruck der Zeichen. Die Wortbestandteile „[X.]“ fasse der inländische Verkehr als beschreibende Angaben auf. Sie prägten das angegriffene Zeichen deshalb nicht. Aufgrund [X.], durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der [X.] und hochgradiger Zeichenähnlichkeit liege [X.] vor. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die angegriffene Zeichennutzung sei durch ein prioritätsälteres Recht der Klägerin an ihrem Unternehmenskennzeichen „[X.] S.r.l.“ gedeckt, ist dagegen nicht frei von [X.].

aa) Grundsätzlich können der Klagemarke im Verletzungsprozess allerdings prioritätsältere Kennzeichenrechte einredeweise entgegengehalten werden ([X.], Urteil vom 28. Februar 2002 - [X.], [X.]Z 150, 82, 92 - [X.]; Urteil vom 9. Oktober 2003 - [X.], [X.], 512, 513 = [X.], 610 - Leysieffer; Urteil vom 14. Mai 2009 - I ZR 231/06, [X.], 1055 Rn. 52 = [X.], 1533 - airdsl). Das setzt voraus, dass die [X.], die sich einredeweise auf ein solches Recht beruft, über ein eigenes prioritätsälteres oder zumindest koexistenzberechtigtes Kennzeichenrecht verfügt oder zur einredeweisen Geltendmachung eines entsprechenden Kennzeichenrechts eines [X.] ermächtigt ist und durch die Klagemarke in den Schutzbereich des anderen Kennzeichenrechts eingegriffen wird. Von diesen Maßstäben ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Seine Annahme, die Voraussetzungen einer einredeweisen Geltendmachung eines prioritätsälteren [X.] der Klägerin seien im Streitfall erfüllt, hält jedoch der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

bb) Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass die Klägerin nicht daran gehindert ist, sich auf ihr Unternehmenskennzeichen zu berufen, weil die Beklagte ihrerseits über ein im Verhältnis zum Unternehmenskennzeichen der Klägerin älteres Kennzeichenrecht verfügt.

Zwar kann ein Kläger einem Gegenrecht des [X.] ein wiederum älteres Kennzeichenrecht entgegenhalten, durch das er dem [X.] die Benutzung seines Kennzeichens verbieten lassen kann (vgl. [X.], Urteil vom 17. Mai 2001 - [X.], [X.], 59, 63 = [X.], 1211 - [X.]; [X.], [X.], 512, 514 - Leysieffer; [X.], Urteil vom 24. Februar 2005 - I ZR 161/02, [X.], 871, 872 = [X.], 1164 - Seicom; [X.]/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 2. Aufl., § 14 [X.] Rn. 60; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 14 Rn. 32). Über ein im Verhältnis zum Unternehmenskennzeichen der Klägerin älteres Kennzeichenrecht verfügt die Beklagte jedoch nicht.

In Betracht kommt insoweit nur das Unternehmenskennzeichen der R. [X.] [X.] in [X.], das mit der Übertragung des Geschäftsbetriebs auf die Beklagte übergegangen ist (vgl. [X.], Urteil vom 2. Mai 2002 - [X.], [X.], 972, 974 = [X.], 1156 - [X.]). Dieses Unternehmenskennzeichen verfügte über eine Priorität vom 1. Januar 1967 und war damit prioritätsälter als das der Klägerin. Das Unternehmenskennzeichen der R. [X.] [X.] ist jedoch nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts erloschen.

Nach § 5 Abs. 2 [X.] entsteht der Schutz eines Kennzeichenrechts durch die tatsächliche Benutzung des Zeichens im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung des Geschäftsbetriebs. Daraus folgt, dass grundsätzlich nur die Bezeichnung eines Unternehmens schutzfähig ist, unter der es sich am geschäftlichen Verkehr beteiligt. Der Schutz des [X.] greift nur dann ein, wenn der Gebrauch einer Bezeichnung durch einen anderen geeignet ist, Verwechslungen mit dem Zeichen des Berechtigten hervorzurufen. Dieser Schutz entfällt mithin regelmäßig, wenn der Berechtigte entweder den Betrieb des von ihm geführten Unternehmens aufgibt oder das Unternehmenskennzeichen in seiner charakteristischen Eigenart ändert. Ausnahmsweise geht der Schutz des [X.] nicht verloren, wenn der Geschäftsbetrieb nur zeitweise stillgelegt wird, jedoch in seinem für die Wiedereröffnung wesentlichen Bestand erhalten bleibt und wenn die Absicht und die Möglichkeit gegeben sind, ihn innerhalb eines solchen Zeitraums fortzusetzen, so dass die Stilllegung nach der dafür maßgeblichen Verkehrsauffassung noch als vorübergehende Unterbrechung erscheint (vgl. [X.], Urteil vom 5. Juni 1997 - [X.], [X.]Z 136, 11, 21 f. - L'Orange; [X.]Z 150, 82, 89 - [X.]; [X.], [X.], 972, 974 - [X.]; [X.], 871, 872 - Seicom).

Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Geschäftsbetrieb der R. [X.] [X.] seit dem [X.] nicht mehr als separater Geschäftsbetrieb fortgeführt wurde. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Beklagte von der [X.] übernommen und in diese eingegliedert. Die Bezeichnung „[X.]“ wurde von der [X.] nicht mehr zur Kennzeichnung eines Geschäftsbetriebs verwendet, sondern von der [X.] nur noch als Marke benutzt.

cc) Das Unternehmenskennzeichen „[X.] S.r.l.“ der Klägerin ist prioritätsälter als die [X.].

(1) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Klägerin mit der am 24. Juni 1969 gegründeten [X.] S.p.A. identisch. [X.] fand lediglich ein Rechtsformwechsel nach [X.] Recht statt, der die Identität der Gesellschaft unberührt ließ.

(2) Das Berufungsgericht ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass zugunsten der Klägerin auch ein Recht an einem Unternehmenskennzeichen im Inland entstanden ist.

Der Schutz des [X.] nach § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] entsteht bei von Haus aus unterscheidungskräftigen Bezeichnungen - zu denen die Bezeichnung „[X.]“ zu rechnen ist (vgl. [X.], Urteil vom 30. Januar 2008 - I ZR 134/05, [X.], 801 Rn. 14 = [X.], 1189 - [X.]) - mit der Aufnahme der Benutzung im Inland im geschäftlichen Verkehr ([X.], Urteil vom 19. Februar 2009 - [X.], [X.], 685 Rn. 17 = [X.], 803 - ahd.de; Urteil vom 31. Mai 2012 - [X.], [X.], 832 Rn. 44 = [X.], 940 - ZAPPA).

Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin ihr Unternehmenskennzeichen seit 1971 im Inland im geschäftlichen Verkehr benutzt hat und deshalb seit diesem Zeitpunkt über ein Recht an einem Unternehmenskennzeichen im Inland verfügt. Dagegen erinnert die Revision nichts. Rechtsfehler sind auch nicht ersichtlich.

(3) Das Unternehmenskennzeichen der Klägerin ist prioritätsälter als die [X.]. Es verfügt nach § 6 Abs. 3 [X.] über eine Priorität von 1971, während die Marke eine Priorität vom 2. Mai 1979 aufweist (§ 6 Abs. 2 [X.]).

dd) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Marke der [X.] greife in den Schutzbereich des [X.] „[X.] S.r.l.“ der Klägerin nach § 15 Abs. 2 [X.] ein, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, es liege Branchenidentität vor und das Unternehmenskennzeichen verfüge über zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Zudem seien die kollidierenden Zeichen hochgradig ähnlich. Danach bestehe die Gefahr von Verwechslungen zwischen dem prioritätsälteren Unternehmenskennzeichen der Klägerin und der [X.] im Sinne von § 15 Abs. 2 [X.]. In anderem Zusammenhang hat das Berufungsgericht zudem angenommen, die Klägerin könne aufgrund ihres [X.] auch gegen eine markenmäßige Benutzung eines Zeichens vorgehen.

Die Revision wendet sich nicht dagegen, dass das Berufungsgericht die Gefahr einer Verwechslung zwischen dem Unternehmenskennzeichen der Klägerin und der Marke der [X.] bejaht hat. Sie meint jedoch unter Berufung auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.], aufgrund eines [X.] könne nicht gegen eine markenmäßige Benutzung vorgegangen werden. Mit diesen Angriffen dringt die Revision nicht durch.

Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] folgt, dass ein rein firmenmäßiger Gebrauch keine Benutzungshandlung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 [X.] ist (vgl. [X.], Urteil vom 21. November 2002 - [X.], [X.]. 2002, [X.] = [X.], 143 Rn. 34 - [X.]/Robelco; Urteil vom 16. November 2004 - C245/02, [X.]. 2004, [X.] = [X.], 153 Rn. 60 und 64 - [X.]; Urteil vom 11. September 2007 - [X.]/06, [X.]. 2007, [X.] = [X.], 971 Rn. 21 - [X.]). Diese Rechtsprechung ist auf den umgekehrten Fall einer Kollision eines älteren [X.] mit einer jüngeren Marke nicht übertragbar. Der Schutz des [X.] nach § 5 Abs. 2, § 15 Abs. 2 und 4 [X.] setzt nur eine kennzeichenmäßige Verwendung der kollidierenden Bezeichnung voraus (vgl. [X.], Urteil vom 16. Dezember 2004 - [X.], [X.], 419, 422 = [X.], 605 - Räucherkate; [X.], [X.], 512, 513 f. - Leysieffer; [X.], Urteil vom 14. April 2011 - [X.], [X.], 623 Rn. 44 = [X.], 886 - [X.] II).

Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der [X.] nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht geboten, weil die [X.] auf den hier in Rede stehenden Schutz eines [X.] im Verhältnis zu einer Marke nicht anwendbar ist.

ee) Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin könne sich nach Beendigung eines Lizenz oder [X.] zwischen ihr als Lizenznehmerin und der [X.] und deren [X.], der R. [X.] & Co. sowie der R. [X.] [X.], auf ein eigenes Recht an dem lizenzierten Zeichen - hier dem Unternehmenskennzeichen [X.] S.r.l. der Klägerin - berufen.

(1) Das Berufungsgericht ist im Ausgangspunkt allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass ein Lizenznehmer nach Beendigung eines Lizenz oder [X.] dem Lizenzgeber nicht entgegenhalten kann, während der Laufzeit des Lizenzvertrags eigene Kennzeichenrechte erworben zu haben. Es meint jedoch, im Streitfall müsse ausnahmsweise etwas anderes gelten, weil das prioritätsältere Unternehmenskennzeichen der [X.] inzwischen erloschen sei. Damit sei eine weitere Gestattung seitens der [X.] nicht mehr möglich, weil die Klägerin nunmehr über das prioritätsältere Kennzeichenrecht verfüge. Dem kann nicht zugestimmt werden.

(2) In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, dass sich ein Lizenznehmer nach Beendigung eines Lizenz oder [X.] dem Lizenzgeber gegenüber nicht darauf berufen kann, während der Laufzeit des Lizenz oder [X.] eigene Kennzeichenrechte an dem lizenzierten Zeichen erworben zu haben (vgl. [X.], Urteil vom 27. Februar 1963 - [X.], [X.] 1963, 485, 487 f. - [X.]). Entsprechend kann sich der Lizenznehmer gegenüber dem Lizenzgeber auch nicht darauf berufen, er hätte bei Benutzung dieses oder eines ähnlichen Zeichens ohne Abschluss des Lizenzvertrags selbst ein Kennzeichenrecht erwerben können. Die Stellung des Lizenznehmers im Verhältnis zum Lizenzgeber nach Beendigung des Lizenz oder [X.] ist insoweit nicht besser als diejenige eines [X.], der erstmals ein mit dem lizenzierten Kennzeichen identisches oder ähnliches Zeichen benutzt (vgl. [X.], Urteil vom 21. Juli 2005 - I ZR 312/02, [X.] 2006, 56 Rn. 26 = [X.], 96 - BOSS-Club).

Die Beklagte hat geltend gemacht, die Klägerin habe das Unternehmenskennzeichen aufgrund eines mündlich abgeschlossenen Lizenzvertrags zunächst mit der R. [X.] & Co., später mit der R. [X.] [X.] und ab August 2005 aufgrund des Lizenzvertrags vom 3. August 2005 mit der [X.] benutzt. Das Berufungsgericht hat keine gegenteiligen Feststellungen getroffen. Für das Revisionsverfahren ist daher zugunsten der [X.] davon auszugehen, dass die Klägerin ihr Unternehmenskennzeichen nur aufgrund eines Lizenz oder [X.] mit der [X.] und den [X.] im Inland genutzt hat. Eine entsprechende Gestattung der Verwendung einer Unternehmensbezeichnung durch einen [X.] ist rechtlich zulässig (vgl. [X.], Urteil vom 18. Januar 2001 - [X.], [X.] 2001, 1164, 1165 = [X.], 931 - [X.]; [X.], Markenrecht, 4. Aufl., § 30 Rn. 103).

Hat die Klägerin ihr Unternehmenskennzeichen im Inland aber nur aufgrund eines zwischen ihr und zunächst ihrer Schwestergesellschaft, der R. [X.] & Co., später der [X.] und anschließend aufgrund eines Lizenzvertrags mit der [X.] benutzt, kann sie aus ihrem Unternehmenskennzeichen gegen die Beklagte keine Rechte ableiten, die während des [X.] entstanden sind. Die Klägerin ist in diesem Verhältnis so zu stellen, als ob ihr Unternehmenskennzeichen erst mit einer Priorität zum Ende des Lizenzverhältnisses der [X.]en entstanden wäre. Das wäre, da der [X.] zwischen den [X.]en zum 31. Dezember 2006 geendet hat, nach dem im Revisionsverfahren als richtig zu unterstellenden Vortrag der [X.] der 1. Januar 2007. Das Markenrecht der [X.] wäre dann prioritätsälter (Priorität 2. Mai 1979) als das Unternehmenskennzeichen der Klägerin. Auf den Umstand, dass das Unternehmenskennzeichen der R. [X.] [X.] erloschen ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

(3) An diesem Ergebnis ändert auch der Umstand nichts, dass die Klägerin ungeachtet der [X.] jedenfalls über ein Unternehmenskennzeichen im Inland verfügt. Die Klägerin kann sich insoweit zwar darauf berufen, dass niemand daran gehindert werden darf, sich unter seinem Familiennamen im geschäftlichen Verkehr zu betätigen. Dieser Grundsatz gilt auch zugunsten einer Kapitalgesellschaft wie der Klägerin, die einer [X.] Gesellschaft mit beschränkter Haftung entspricht und die den Namen eines ihrer Gesellschafter in ihre Firma aufgenommen hat (vgl. [X.], [X.], 801 Rn. 24 f. - [X.]). Kann der Klägerin danach die Führung einer Firma mit dem Namen ihres Gesellschafters [X.] nicht untersagt werden, rechtfertigt dies jedoch nicht den Übergang von einer firmenmäßigen zu einer markenmäßigen Benutzung des angegriffenen Zeichens.

4. Die Abweisung der auf Auskunft, Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und Schadensersatz gerichteten Widerklageanträge kann ebenfalls keinen Bestand haben, weil eine Verletzung der Marke der [X.] durch die markenmäßige Verwendung des angegriffenen Zeichens durch die Klägerin nicht auszuschließen ist.

III. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision der [X.] aufzuheben, soweit das Berufungsgericht die auf die [X.] gestützte Widerklage abgewiesen hat. Die Sache ist in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Dem Senat ist eine abschließende Entscheidung des Rechtsstreits verwehrt, weil das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt folgerichtig - keine Feststellungen zu einer Vereinbarung zwischen der Klägerin und der [X.] & Co. und nachfolgend der [X.] [X.] sowie der [X.] getroffen hat, dass die Klägerin ihr Unternehmenskennzeichen im Inland ausschließlich aufgrund eines [X.] benutzt. Das Berufungsgericht hat zwar angenommen, dass die Beklagte und ihre [X.] der Klägerin jedenfalls konkludent die Benutzung des [X.] gestattet haben. Eine solche konkludente Gestattung genügt aber nicht, um die Entstehung eines inländischen [X.] zugunsten der Klägerin mit Priorität von 1971 im Verhältnis zur [X.] und ihren [X.] auszuschließen. Dazu ist vielmehr der Abschluss eines [X.] oder Lizenzvertrages erforderlich.

Den Nachweis, dass ein [X.] oder Lizenzvertrag zwischen der Klägerin und zunächst der [X.] & Co. und nachfolgend der [X.] [X.] sowie der [X.] bestand, muss die Beklagte führen. An diesen Nachweis sind keine geringen Anforderungen zu stellen. Wegen der besonderen Bedeutung, die das Zustandekommen eines entsprechenden Vertrags im Hinblick auf die Frage hat, ob zugunsten des Gestattungsempfängers oder Lizenznehmers eigene Kennzeichenrechte im Verhältnis zum Gestattenden oder Lizenzgeber entstehen, wird im kaufmännischen Geschäftsverkehr im Regelfall eine Dokumentation des Vertragsschlusses erfolgen. Fehlt eine entsprechende Dokumentation, wird in der Regel davon auszugehen sein, dass kein über eine konkludente Gestattung hinausgehender Abschluss eines [X.] oder Lizenzvertrags vorliegt.

[X.]                            Schaffert

                      [X.]                             [X.]

Meta

I ZR 93/12

27.03.2013

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Karlsruhe, 11. April 2012, Az: 6 U 30/10

§ 5 Abs 2 MarkenG, § 6 Abs 3 MarkenG, § 15 Abs 2 MarkenG, § 15 Abs 4 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.03.2013, Az. I ZR 93/12 (REWIS RS 2013, 6989)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6989

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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