Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2007, Az. VIII ZB 114/05

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 2087

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[X.] ZB 114/05
vom 11. September 2007 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 11. September 2007 durch den Vorsitzenden [X.], [X.], die Richterin [X.], [X.] [X.] und die Richterin Dr. [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 2. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 28. November 2005 aufgehoben. Der Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil des Landgerichts [X.] vom 6. Juli 2005 gewährt. Der [X.] wird auf 236.187,87 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Beklagte hat gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 11. Juli 2005 zugestellte Urteil durch einen am 4. August 2005 bei dem Berufungsge-richt eingegangen Schriftsatz Berufung eingelegt. Mit Schreiben vom 8. September 2005 hat die Beklagte durch ihren Prozessbevollmächtigten die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat bis zum 9. Oktober 2005 beantragt. Dieser an das [X.] in [X.] gerichtete Schriftsatz ist am 8. September 2005 in den [X.] der "gemeinsamen [X.] und Landgericht [X.]" 1 - 3 - eingeworfen worden. Der Schriftsatz ist sodann (erst) am 13. September 2005 zum Berufungsgericht gelangt. 2 Mit Verfügung vom 13. September 2005 ist die Beklagte auf den bereits am Montag, den 12. September 2005 erfolgten Fristablauf hingewiesen worden. 3 Mit am 26. September 2005 eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zugleich die Berufung begründet. Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 28. November 2005 den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der [X.]. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels. 4 I[X.] [X.] hat Erfolg. 5 [X.] ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1, § 238 Abs. 2, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und form- und fristgerecht gemäß § 575 ZPO eingelegt und begründet worden. Sie ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO auch zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Ent-scheidung des [X.] erfordert. 6 1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung nicht auf ein Verschulden des [X.] zurückzuführen, für das die Beklagte gemäß § 85 Abs. 2 ZPO einzustehen hätte. 7 Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.], der im Ansatz auch das Berufungsgericht folgt, ist einer Partei grundsätzlich [X.] - 4 - einsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn eine geschulte und zuver-lässige Kanzleiangestellte einen fristwahrenden Schriftsatz versehentlich beim falschen Gericht einwirft ([X.], Beschluss vom 14. Juli 1994 - [X.], NJW 1994, 2958 f.). 9 Soweit das Berufungsgericht jedoch davon ausgeht, den Prozessbevoll-mächtigten der Beklagten treffe ein Auswahlverschulden hinsichtlich der für den Transport des fristwahrenden Schriftsatzes ausgewählten Mitarbeiterin [X.],

weil diese keine ausgebildete Rechtsanwalts- und Notargehilfin und erst etwa sechs Wochen im Büro des Prozessbevollmächtigten der Beklagten tätig gewesen sei, übersteigt das die zu stellenden Anforderungen. Sowohl beim Einkuvertieren der ausgehenden Post als auch beim an-schließenden [X.] handelt es sich um einfache Tätigkeiten, mit denen ein Rechtsanwalt auch eine Auszubildende ([X.], aaO) oder eine zuverlässige Praktikantin ([X.], Beschluss vom 27. Februar 2002 - [X.], NJW-RR 2002, 1070, unter [X.]) betrauen darf, sofern von der beauftragten Person eine gewissenhafte Ausführung des Auftrags erwartet werden kann ([X.], [X.] vom 11. Februar 2003 - [X.], NJW-RR 2003, 935, unter [X.]). 10 Diese Voraussetzungen treffen auch hier zu. Nach den durch eidesstatt-liche Versicherung der Mitarbeiterin [X.]

glaubhaft gemachten Darlegun-gen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten hat die 45-jährige Kanzleian-gestellte [X.] die zweijährige höhere Handelsschule besucht und war vor ihrer Tätigkeit in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Beklagten in mehreren Unternehmen kaufmännisch tätig. Zudem war sie von dem [X.] im Rahmen ihrer Aufgabenübertragung darauf hingewiesen worden, dass fristwahrende Schriftsätze für das [X.] in [X.] nur bei diesem einzuwerfen sind. 11 - 5 - Danach war die Mitarbeiterin [X.]

trotz der erst sechs Wochen währenden Kanzleitätigkeit eine für einfache Tätigkeiten wie Einkuvertieren und Botengänge geeignete Person, bei der sich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten darauf verlassen durfte, dass sie den ihr übertragenen [X.] zuverlässig erledigen würde. Damit fehlt es an einem Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten der Beklagten. 12 Schließlich durfte die Beklagte auch darauf vertrauen, dass die erstmalig beantragte Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist gemäß § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO gewährt werden würde ([X.], Beschluss vom 18. September 2001 - [X.], [X.], 1432, unter [X.]; vgl. auch Senatsbeschluss vom 11. September 2007 - [X.] ZB 73/05, nicht veröffentlicht). 13 2. Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Da wei-tere Feststellungen nicht mehr erforderlich sind, ist der Beklagten die beantrag- 14 - 6 - te Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungs-begründungsfrist gemäß §§ 233, 234 ZPO zu gewähren. [X.] [X.] [X.] Dr. [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 06.07.2005 - 11 O 258/04 - OLG [X.], Entscheidung vom 28.11.2005 - 2 U 74/05 -

Meta

VIII ZB 114/05

11.09.2007

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2007, Az. VIII ZB 114/05 (REWIS RS 2007, 2087)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 2087

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