Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.11.2005, Az. II ZR 178/03

II. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 862

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL [X.]/03 Verkündet am: 14. November 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja GmbHG § 13 Abs. 2; HGB §§ 128, 129; [X.] §§ 93, 178 a) Der Insolvenzverwalter des Vermögens einer GmbH ist entsprechend § 93 [X.] befugt, eine etwaige Durchgriffshaftung eines [X.]ers für die [X.] (§ 128 HGB analog) wegen "Vermögensver-mischung" geltend zu machen. b) Die Durchgriffshaftung eines GmbH-[X.]ers wegen "Vermögensver-mischung", die zu einem Wegfall des [X.] gemäß § 13 Abs. 2 GmbHG führt, ist keine Zustands- sondern eine Verhaltenshaftung; sie trifft einen [X.]er nur, wenn er aufgrund des von ihm wahrgenommenen Einflusses als Allein- oder Mehrheitsgesellschafter für den [X.] verantwortlich ist (Klarstellung zu [X.] 125, 366, 368 f.). c) Darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen einer unkontrollierbaren Vermischung des [X.]s- mit dem Privatvermögen der [X.]er ist im Grundsatz der klagende Insolvenzverwalter; den oder die [X.] 2 - ter trifft aber eine sekundäre Darlegungslast für das Gegenteil. Das bloße Fehlen einer "doppelten Buchführung" reicht als Nachweis für eine "Vermö-gensvermischung" nicht aus. d) Der Insolvenzverwalter kann sich gegenüber einem aus Durchgriffshaftung in Anspruch genommenen GmbH-[X.]er, der keine Gelegenheit zu einem Widerspruch im Sinne von § 178 Abs. 1 [X.] hatte, auf die Rechts-kraftwirkung der Eintragung der Gläubigerforderungen in die Insolvenztabelle (§ 178 Abs. 3 [X.]) nicht berufen. [X.], Versäumnisurteil vom 14. November 2005 - [X.]/03 - [X.]

LG Hildesheim - 3 - [X.] [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. November 2005 durch [X.] und [X.], Prof. Dr. Gehrlein, [X.] und Caliebe für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.]n wird das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 7. Mai 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger ist Verwalter in dem am 11. Februar 2000 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] (im Folgenden: Schuldnerin), die im Oktober 1995 mit einem Stammkapital von 50.000,00 DM gegründet worden ist. Die [X.] war Gründungs- und ab 1997 Alleingesell-schafterin der Schuldnerin; außerdem war sie deren Alleingeschäftsführerin in der [X.] von Oktober 1995 bis 12. Januar 1998. Anschließend war [X.] Geschäftsführer, der am 29. Juni 1998 durch eine Frau [X.]. abgelöst wurde. In dem späteren Insolvenzverfahren wurden Forderungen i.H.v. 1 - 4 - 5.398.775,29 DM angemeldet, wovon 2.551.169,59 DM zur Tabelle festgestellt wurden, darunter 1.964.158,69 [X.]. 2 Mit der Klage macht der Kläger eine "Durchgriffshaftung" der [X.]n in Höhe der festgestellten Forderungen - abzüglich eines bereits anderweitig ausgeurteilten Betrages von 24.607,68 DM - mit der Behauptung geltend, die Schuldnerin habe über keine ordnungsgemäße Buchführung verfügt und ihre Geschäfte großenteils in Form von Barzahlungen abgewickelt. Da der Verbleib der eingenommenen Gelder nicht nachvollziehbar sei, müsse davon ausgegan-gen werden, dass die [X.] das [X.]s- mit ihrem Privatvermögen vermischt habe, weshalb sie (nach den in [X.] 95, 330, 333 f.; 125, 366, 368 aufgestellten Grundsätzen) entsprechend § 128 HGB für die [X.] hafte. Die Klagebefugnis ergebe sich aus § 93 [X.]. Beide Vorinstanzen haben der Klage entsprochen. Dagegen richtet sich die - von dem Senat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der [X.]n zuge-lassene - Revision der [X.]n. 3 Entscheidungsgründe: Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung. 4 [X.] Da der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung trotz dessen ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht vertreten war, ist durch Versäumnisurteil zu erkennen. Das Urteil beruht aber nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung ([X.] 37, 79, 82). 5 I[X.] Das Berufungsgericht meint, der Kläger sei entsprechend § 93 [X.] befugt, die persönliche Haftung der [X.]n für die Verbindlichkeiten der 6 - 5 - Schuldnerin geltend zu machen. Die [X.] hafte für die [X.]sver-bindlichkeiten (nach den in [X.] 95, 330, 334 aufgestellten Grundsätzen) ge-mäß § 128 HGB analog unter Verlust ihres [X.] gemäß § 13 Abs. 2 GmbHG, weil sie nicht für eine klare Vermögensabgrenzung zwischen dem [X.]s- und ihrem Privatvermögen gesorgt und damit die Rechts-form der GmbH missbraucht habe. Nach ihrem eigenen Vortrag seien unter ihrer Ägide als Geschäftsführerin die Geschäfte der Schuldnerin nur überwie-gend über deren Geschäftskonto abgewickelt worden. Nach dessen Kündigung seitens der Bank per 30. Juni 1998 habe die Schuldnerin ein neues Konto offenbar nicht mehr eröffnet; so habe die Geschäftsführerin [X.]. im [X.] 1999 ein Bauvorhaben der Schuldnerin über ihr Privatkonto abgerechnet. Entgegen § 41 GmbHG habe die Schuldnerin keine doppelte Buchführung be-sessen. Nach der [X.]agnahme der Geschäftsunterlagen (im Zuge eines Steuerstrafverfahrens gegen den Ehemann der [X.]n) sei vergeblich ver-sucht worden, eine neue Buchhaltung aufzubauen, was aber nur zu betriebs-wirtschaftlichen Auswertungen für die Monate Januar bis Mai 1998 geführt [X.]. Weiter habe die [X.] selbst vorgetragen, dass die Geschäftsführerin [X.]. seit Juli 1998 jede weitere Buchführung unterlassen und darüber hinaus eine Angestellte angewiesen habe, Buchungsvorgänge zu verfälschen und Kassenbücher nachträglich zu ändern. Die Tatsachen, dass teilweise Umsatz-steuervoranmeldungen abgegeben worden seien und angeblich teilweise ein Kassenbuch geführt worden sei, seien nicht von Belang. Die Geschäftspraxis, Außenstände durch sog. "Inkassofahrer" einzuziehen und diese damit zu betrauen, Gläubigerforderungen bar auszugleichen, habe ebenfalls einen Über-blick über die wirtschaftliche Situation der [X.] verhindert und die [X.] ihres Vermögens vereitelt. Bilanzen und Inventare hätten nicht exis-tiert, weshalb das Finanzamt im Oktober 1998 die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 [X.] habe ermitteln müssen. Unerheblich sei, dass die [X.] - 6 - nur bis 12. Januar 1998 Geschäftsführerin der Schuldnerin gewesen sei. Denn sie habe während ihrer 2 1/4-jährigen Geschäftsführertätigkeit die Abgrenzung zwischen ihrem und dem Vermögen der [X.] verschleiert. Sie habe sich ihrer Verantwortung nicht dadurch entziehen können, dass sie einen anderen Geschäftsführer bestellt und im Übrigen den Dingen ihren Lauf gelassen habe. Als Alleingesellschafterin habe sie weiterhin eine Garantenstellung gegenüber der [X.] gehabt, für eine ordnungsgemäße Buchführung und [X.] zu sorgen. Gegenüber den zur Insolvenztabelle festgestellten Forderun-gen könne die [X.] weder die Einrede der Verjährung noch sonstige [X.] erheben. Die meisten Forderungen seien ohnehin schon vor Insolvenz-eröffnung rechtskräftig tituliert gewesen; im Übrigen wirke die Rechtskraft der Eintragung in die Tabelle (§ 178 Abs. 3 [X.]) entsprechend § 129 Abs. 1 HGB auch gegenüber der [X.]n. Sie habe mit ihrer Inanspruchnahme durch den Kläger rechnen und deshalb für einen rechtzeitigen Widerspruch gemäß § 178 Abs. 2 Satz 2 [X.] - z.B. durch die Geschäftsführerin - sorgen müssen. II[X.] Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand. 7 1. Entgegen der Ansicht der Revision ist das Berufungsurteil allerdings nicht schon deshalb aufzuheben, weil es die zweitinstanzlichen [X.] nicht wiedergibt. Eine wörtliche Wiedergabe ist nicht unbedingt erforderlich, wenn aus dem Zusammenhang noch erkennbar ist, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat ([X.] 154, 99). Hier lässt sich aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung noch entnehmen, dass die [X.] in zweiter Instanz weiterhin die Abweisung der Klage in vollem Umfang erstrebt hat. 8 - 7 - Auch die tatsächlichen Grundlagen der angefochtenen Entscheidung, die gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die erstinstanzlichen Feststellungen Bezug nimmt, lassen sich aus ihr und dem in Bezug genommenen Parteivortrag noch soweit entnehmen, dass eine revisionsrechtliche Nachprüfung möglich ist (vgl. zu diesem Erfordernis [X.] 158, 60, 62). Das heißt allerdings nicht, dass die Feststellungen ausreichen, um das angefochtene Urteil zu tragen (dazu un-ten 3). 9 2. Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Kläger als Insolvenzverwalter entsprechend § 93 [X.] befugt ist, eine etwaige Durchgriffshaftung der [X.]n für die Verbindlichkeiten der Gemeinschuldne-rin (§ 128 HGB analog) klageweise geltend zu machen. Die entsprechende Grundsatzfrage ist inzwischen durch das Urteil des [X.] vom 14. Dezember 2004 (1 [X.], [X.], 1174) geklärt. Danach kann die etwaige persönliche Haftung eines GmbH-[X.]ers, der wegen "exis-tenzvernichtender Eingriffe" in das [X.]svermögen das Haftungsprivileg des § 13 Abs. 2 GmbHG verloren hat (dazu [X.] 151, 181), während eines laufenden Insolvenzverfahrens entsprechend § 93 [X.] nur von dem Insolvenz-verwalter geltend gemacht werden, um eine gleichmäßige Befriedigung der [X.] aus dem vorhandenen Vermögen des persönlich haftenden [X.]ers zu gewährleisten. Im gleichen Sinn hat der Senat für Altfälle vor Inkrafttreten der [X.] entschieden ([X.] 151, 181, 187; Urt. v. 25. Juli 2005 - [X.], [X.], 1734). Für den im vorliegenden Fall gel-tend gemachten Haftungsdurchgriff wegen angeblicher Vermögensvermischung gilt nichts anderes, zumal in solchem Fall nach ständiger Rechtsprechung des Senates die §§ 128 f. HGB entsprechend anzuwenden sind ([X.] 95, 330, 332) und schon dies zur entsprechenden Anwendung des § 93 [X.] führen muss. 10 - 8 - Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich aus § 93 [X.] nicht, dass der Gesetzgeber damit nur die Fälle einer unmittelbaren, nicht aber diejenigen einer analogen Anwendung des § 128 HGB regeln wollte, obwohl in diesen Fäl-len der Sinn und Zweck des § 93 [X.] in gleicher Weise eingreift und es insol-venzrechtlich keinen Unterschied macht, ob die Haftung eines [X.]ers für die [X.] aus einer direkten oder einer analogen Anwendung des § 128 HGB folgt (vgl. auch [X.] aaO). 11 Ohne Erfolg beruft sich die Revision auf das Urteil des [X.] vom 4. Juli 2002 ([X.], [X.] 151, 245 ff.), wonach die Ermächti-gung des Insolvenzverwalters nach § 93 [X.] sich "nur auf Ansprüche aus der gesetzlichen akzessorischen [X.]erhaftung erstreckt". Eine "gesetzli-che" Haftung dieser Art besteht auch bei analoger Anwendung des § 128 HGB. Diese Vorschrift schließt auch die Haftung des [X.]ers für Steuerschul-den der [X.] ein (vgl. [X.]/[X.], HGB 31. Aufl. § 128 [X.]. 2). Allerdings hindert die Sperrwirkung des § 93 [X.] die Finanzverwaltung nicht, eine mit § 128 HGB konkurrierende, in einem eigenständigen Tatbestand er-fasste Haftung eines geschäftsführenden [X.]ers wegen Verletzung steuerrechtlicher Pflichten gemäß §§ 34, 69 [X.] mit Haftungsbescheid gegen diesen [X.]er während des laufenden Insolvenzverfahrens über das Vermögen der [X.] geltend zu machen ([X.] aaO S. 251 f.; [X.], [X.]. v. 2. November 2001 - [X.]/01, [X.], 179). Nach eigenem Vortrag der [X.]n ist jedoch gegen sie in ihrer Eigenschaft als ehemalige Geschäftsführerin der Schuldnerin ein Haftungsbescheid der Finanzverwaltung nicht ergangen und kann wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 2 [X.] auch nicht mehr ergehen. Das berührt eine etwaige Haftung der [X.]n für die Steuerschulden der Gemeinschuldnerin entsprechend § 128 HGB indes nicht und führt - entgegen der Ansicht der [X.]n - gerade 12 - 9 - dazu, dass es auch insoweit bei der Klagebefugnis des [X.] entsprechend § 93 [X.] verbleibt (vgl. auch [X.], [X.] § 93 [X.]. 18 b). 13 3. Zu Recht rügt die Revision indessen, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen für den [X.] nicht rechts- und verfahrensfeh-lerfrei festgestellt hat. 14 a) Nach der Rechtsprechung des Senates kommt eine persönliche Haf-tung von GmbH-[X.]ern in Betracht, wenn die Abgrenzung zwischen [X.]s- und Privatvermögen durch eine undurchsichtige Buchführung oder auf andere Weise verschleiert worden ist und deshalb die [X.], deren Einhaltung ein unverzichtbarer Ausgleich für die [X.] auf das [X.]svermögen (§ 13 Abs. 2 GmbHG) ist, nicht funktionieren können ([X.] 125, 366, 368 m.w.Nachw.). Insoweit handelt es sich im Grundsatz um einen auch im Schrifttum weithin anerkannten, wenn auch in Einzelheiten nicht unumstrittenen [X.] (vgl. [X.]/ [X.], GmbHG 5. Aufl. § 13 [X.]. 112; [X.], [X.], 1553, 1557 ff.; [X.]/[X.], GmbHG 9. Aufl. § 13 [X.]. 86; [X.] in [X.]/ Schmidt-Leithoff, GmbHG 4. Aufl. § 13 [X.]. 141; [X.]/Raiser, GmbHG § 13 [X.]. 126 ff.), der durch die neuere Rechtsprechung des Senates zur Haftung eines GmbH-[X.]ers wegen "existenzvernichtender Eingriffe" in das [X.]svermögen ([X.] 149, 10, 16 f.; 151, 181, 186 ff.; Urteile v. 13. Dezember 2004 - [X.] und [X.], [X.], 117, 250) nicht überholt ist. Denn es handelt sich hier um Fälle, in denen eine Kontrolle über die Verwendung des haftenden [X.]svermögens vereitelt wird (vgl. [X.] 95, 330, 334). Das kann insbesondere dann in Betracht kommen, wenn es an einer Buchführung überhaupt fehlt ([X.] 125, 366, 368). - 10 - b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts genügt aber dafür nicht schon das Fehlen einer "doppelten Buchführung" gemäß §§ 41 GmbHG, 238 HGB, solange sich die [X.] und -abflüsse sowie die Trennung von [X.]s- und Privatvermögen der [X.]er noch aufgrund sons-tiger vorhandener Unterlagen nachvollziehen lassen. Die Buchführungspflicht obliegt gemäß § 41 GmbHG dem Geschäftsführer; ihre Verletzung kann [X.] der [X.] gegen ihn aus § 43 Abs. 2 GmbHG [X.] (vgl. Senat, Urt. v. 9. Mai 1974 - [X.], [X.] 1974, 1619; [X.]/ [X.] aaO § 41 [X.]. 11), führt aber noch nicht ohne weiteres zu einer [X.] oder sonstigen Außenhaftung des [X.]ers gegenüber den [X.]sgläubigern (vgl. auch Senat, [X.] 125, 366, 377 ff.). [X.] hierfür ist nicht die mangelhafte Buchführung, sondern der Tatbestand der von dem [X.]er zu verantwortenden, die [X.] missachtenden "Vermögensvermischung". Ergibt sich unter diesen Vorausset-zungen eine Unkontrollierbarkeit der Zahlungsvorgänge mit der Folge, dass die Vermögensmassen der [X.] und des [X.]ers nicht mehr unter-schieden werden können, greift die Haftung des [X.]ers ein. Darle-gungs- und beweispflichtig dafür ist im Grundsatz der klagende Insolvenzver-walter, dem allerdings die Grundsätze über die sekundäre Behauptungslast zu-gute kommen, weil sich der [X.]er als derjenige, der die Verhältnisse der [X.] kennen muss, nicht auf ein pauschales Bestreiten zurückzie-hen darf. 15 Wie die Revision zu Recht rügt, würdigt das Berufungsgericht das seiner Entscheidung zugrunde gelegte Vorbringen der [X.]n nur selektiv und un-vollständig. Nach ihrem Vortrag gab es bei der Gemeinschuldnerin für die Jahre bis Ende 1997 Kassenbücher, Kassenordner und Umsatzsteuervoranmeldun-gen. Diese und zahlreiche andere Geschäftsunterlagen wurden im Zuge einer 16 - 11 - Steuerfahndung im November 1997 beschlagnahmt, wie sich aus dem vorge-legten [X.] ergibt. Weder die vorinstanzlichen Gerichte noch auch nur der Kläger haben diese Unterlagen, die sich bei der [X.] befinden sollen, überprüft bzw. sachverständig überprüfen lassen, ob-wohl die [X.] eine unkontrollierbare Vermögensvermischung unter Hinweis auf die genannten Unterlagen bestritten und deren Beiziehung beantragt hat. Weiter hat sich die [X.] auf das Vorhandensein betriebswirtschaftlicher Auswertungen für die Monate Januar bis Mai 1998 berufen, die sich bei den Akten eines Strafverfahrens gegen ihren Ehemann befänden. Auch diese [X.] durfte das Berufungsgericht nicht ohne deren Prüfung als unzurei-chend qualifizieren (§ 286 ZPO). c) Soweit das Berufungsgericht der [X.]n [X.] in der [X.] nach ihrem Ausscheiden als Geschäftsführerin anlastet und ihr in diesem Zusammenhang auch Buchungsverfälschungen sowie die Abzweigung von [X.]smitteln durch die Geschäftsführerin [X.]. zurechnet, über- spannt es die Verantwortlichkeit der [X.]n. Die Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung ist keine Zustands-, sondern eine Verhaltenshaftung wegen Rechtsformmissbrauchs (vgl. [X.], [X.], 1553, 1557). Sie trifft einen [X.]er nur, wenn er aufgrund des von ihm wahrgenommenen Einflusses als Allein- oder Mehrheitsgesellschafter für den [X.] verantwortlich ist (vgl. [X.] 125, 366, 368). Wollte man anders entscheiden, liefe dies darauf hinaus, dass der durch einen ungetreuen Geschäftsführer geschädigte [X.]er neben dem Schaden "seiner" [X.] auch noch die Folgen einer Durchgriffshaftung zu tragen hätte. Ein GmbH-[X.]er ist gemäß § 46 Nr. 6 GmbHG im eigenen Interesse zur Überwachung der Geschäftsführung berechtigt, nicht aber dazu im Interesse der Gläubiger verpflichtet. Die Tatsache allein, dass sich ein [X.]er 17 - 12 - besser hätte informieren und dann hätte intervenieren können, begründet noch keine Haftung. Allenfalls § 826 BGB kommt in Betracht, wenn ein Gesellschaf-ter sehenden Auges eine Gläubigerschädigung durch den Geschäftsführer [X.] lässt (vgl. [X.]/[X.], GmbHG 9. Aufl. § 46 [X.]. 113). 18 Mit dem Sachvortrag der [X.]n nicht in Einklang steht die Argumen-tation des Berufungsgerichts, die [X.] habe sich ihrer Verantwortung für die während ihrer Geschäftsführertätigkeit praktizierte Vermögensvermischung nicht dadurch entziehen können, dass sie einen anderen Geschäftsführer be-stellt und im Übrigen den Dingen ihren Lauf gelassen habe. Abgesehen davon, dass von einer unkontrollierbaren Vermögensvermischung während der Ge-schäftsführertätigkeit der [X.]n nach den bisherigen Feststellungen nicht ausgegangen werden kann (vgl. oben 3 b), fiel der [X.], der nach dem Vortrag der [X.]n wegen ihrer Auslastung mit der Betreuung ihrer beiden Kinder erfolgte, in die [X.] kurz nach [X.]agnahme der [X.]. Dadurch wurde die Buchführung erschwert. Gegen die an-gebliche Fortsetzung eines objektiv rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der [X.] spricht, dass der [X.] offenbar angehalten wurde, eine neue Buchhaltung aufzubauen, woraus auch die bereits an anderer Stelle erwähnten betriebswirtschaftlichen Auswertungen für die Monate Januar bis Mai 1998 herrühren. Wegen des erneuten [X.]s soll der [X.] ins Stocken geraten sein. Jedenfalls ging damit die Primärverantwortung für eine ordnungsgemäße Buchführung gemäß §§ 41 GmbHG, 238 HGB auf die Geschäftsführerin [X.]. über. Sie soll nach dem unter Beweis gestellten - von dem Berufungsgericht wiederum nur selektiv ge-würdigten - Vortrag der [X.]n in der "Klageerwiderung" (gemeint ist offen-bar die Gegenäußerung auf das Prozesskostenhilfegesuch des [X.]) durch den [X.] eingearbeitet und von ihm sowie von dem Steuerberater - 13 - der Schuldnerin mehrfach eindringlich ermahnt worden sein, die Buchhaltung sorgfältiger zu führen. [X.] sie dennoch später jede weitere Buchführung, so rechtfertigt dies noch nicht die Annahme eines Rechtsformmissbrauchs auf Seiten der [X.]n, solange nicht nachgewiesen ist, dass sie diese Untätig-keit veranlasst oder gefördert oder durch verdeckte Entnahmen aus dem [X.]svermögen hiervon profitiert hat. Nach dem zweitinstanzlichen Vortrag der [X.]n soll im Übrigen, worauf die Revision hinweist, die Geschäftsfüh-rerin [X.]. vorhandene [X.] bei ihrem Ausscheiden mitge-nommen haben, um ihre Machenschaften zu verdecken. d) Nach allem kann das angefochtene Urteil wegen unzureichender Feststellungen zum [X.] nicht bestehen bleiben. Eine abschließende Entscheidung in der Sache selbst ist dem Senat verwehrt, weil es dazu noch der im Einzelnen genannten tatrichterlichen Feststellungen bedarf. 19 Entgegen der Ansicht der Revision ist die Sache auch nicht deshalb zu-gunsten der [X.]n entscheidungsreif, weil nach den Ausführungen des [X.] in dem von ihm vorgelegten Insolvenzgutachten die Geschäfte der Schuldnerin faktisch von dem Ehemann der [X.]n geführt worden sein [X.]. [X.] die [X.] als Alleingesellschafterin der Schuldnerin zu, dass ihr Ehemann als faktischer Geschäftsführer agierte und eine Vermischung des [X.]s- mit seinem und ihrem Vermögen praktizierte, so wäre sie dafür auch verantwortlich. Durch eine interne Aufteilung der Funktionen eines Allein-gesellschafters und eines von ihm eingesetzten faktischen Geschäftsführers kann eine Durchgriffshaftung des [X.]ers nicht verhindert werden. Feststellungen dazu hat das Berufungsgericht aber nicht getroffen. 20 Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, die noch erforderlichen Feststellungen zu treffen. 21 - 14 - IV. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Fol-gendes hin: 22 23 1. Sollte sich eine Durchgriffshaftung der [X.]n dem Grunde nach ergeben, können ihr - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - Einwände gegen die von dem Kläger geltend gemachten Forderungen der [X.] nicht schon wegen der [X.] in die [X.] gemäß § 178 Abs. 3 [X.] i.V.m. § 129 Abs. 1 HGB abgeschnitten werden. Zwar gilt § 129 Abs. 1 HGB im Fall der Durchgriffshaftung eines GmbH-[X.]ers entsprechend ([X.] 95, 330). Er darf aber nicht schlechter gestellt werden als ein gemäß § 128 HGB haftender [X.], der nach dem Senatsurteil vom 30. Januar 1961 ([X.], [X.] 1961, 72, 74 = [X.], 429) zur Gewährung rechtlichen Gehörs an den Forderungsfeststellungsverfahren zu beteiligen ist und Gelegenheit haben muss, der Forderungsanmeldung mit Wirkung für seine persönliche Haftung zu widersprechen (vgl. auch [X.], KO 11. Aufl. § 209 [X.]. 22 m.w.Nachw.). Das gilt auch im Rahmen des § 93 [X.] (vgl. MünchKomm[X.]/[X.] § 93 [X.]. 31 m.w.Nachw.; [X.], Insolvenzrecht, 3. Aufl. [X.]. 31.18). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist nicht ersichtlich, dass die [X.] zur [X.] des ersten Prüftermins im Insolvenzverfahren im Mai 2000 ihre spätere In-anspruchnahme durch den Kläger vorhersehen konnte und sie deshalb für ihre Beteiligung an dem Feststellungsverfahren selbst hätte sorgen können und müssen. Zwar war ein Großteil der geltend gemachten Forderungen schon vor Insolvenzeröffnung rechtskräftig tituliert. Diese können von der [X.]n ent-sprechend § 129 Abs. 1 HGB nicht mehr bestritten werden (zu [X.] vgl. [X.], [X.] 12. Aufl. § 179 [X.]. 22). Hinsichtlich der übrigen Forderungen kann sich der Kläger gegenüber der [X.]n aber auf die [X.] - stellungswirkung des § 178 Abs. 3 [X.] i.V.m. § 129 Abs. 1 HGB nicht berufen, weil andernfalls Art. 103 Abs. 1 GG verletzt würde. 24 2. Der Umfang der von dem Kläger entsprechend § 93 [X.] geltend zu machenden Forderungen beschränkt sich im Ergebnis auf den Betrag, der zur Gläubigerbefriedigung erforderlich ist. Eine etwa vorhandene Masse ist abzu-setzen (vgl. [X.]/[X.], [X.] 12. Aufl. § 93 [X.]. 23; [X.] aaO § 93 [X.]. 25; [X.], [X.] § 93 [X.]. 21 f., 32), wie die Revision zu Recht rügt. Goette [X.]aemer Gehrlein Strohn [X.]: [X.], Entscheidung vom 17.09.2002 - 10 O 181/01 - [X.], Entscheidung vom 07.05.2003 - 9 U 213/02 -

Meta

II ZR 178/03

14.11.2005

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.11.2005, Az. II ZR 178/03 (REWIS RS 2005, 862)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 862

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