Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 13.04.2017, Az. 1 BvR 1790/14

1. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2017, 12429

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Nichtbearbeitung eines Wiedereinsetzungsantrags (hier: gem § 67 SGG) im fachgerichtlichen Verfahren - Absehen von einer Entscheidung durch zuständigen Spruchkörper nur in extremen Ausnahmefällen - vorliegend jedoch auch im Falle der Zurückverweisung keine Erfolgsaussichten, da Wiedereinsetzungsantrag offensichtlich verfristet


Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde, mit der sich der Beschwerdeführer unter anderem gegen die Nichtbearbeitung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch den 14. Senat des [X.] wendet, ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Ihr kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a [X.]) noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 [X.] genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b [X.]).

2

1. Das Schreiben des Vorsitzenden vom 27. Mai 2014, dass der zuständige Senat nach der Ablehnung des [X.] und der Durchführung eines Anhörungsrügeverfahrens keinen Anlass sehe, über weitere [X.] zu entscheiden, und die darin zum Ausdruck gebrachte Entscheidung (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 7. August 2013 - 2 BvR 1412/13 -, juris; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 19. Juli 2001 - 2 BvR 1175/01 -, juris, m.w.N.) unterliegt am Maßstab von Art. 19 Abs. 4, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlichen Bedenken. Grundsätzlich darf nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG richterlich nur handeln und entscheiden, wer nach dem Gerichtsverfassungsgesetz, den [X.] sowie den Geschäftsverteilungs- und Besetzungsregelungen des Gerichts dafür zuständig ist (vgl. [X.]E 89, 28 <36>; 133, 168 <202 f. Rn. 62>). Das ist nach § 67 Abs. 4 [X.] für einen Wiedereinsetzungsantrag grundsätzlich das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat, mangels Sonderregelung in der Besetzung für die Sachentscheidung, also hier in der Besetzung des Senats durch den oder die Vorsitzende [X.]in oder [X.] und zwei Beisitzende (§ 40 i.V.m. § 33 Abs. 1, § 12 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Im einschlägigen Verfahrensrecht gibt es jedenfalls keine Regelung, die ein Absehen von einer Entscheidung durch den zuständigen Spruchkörper ermöglicht (zu extremen Ausnahmefällen [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 19. Juli 2001 - 2 BvR 1175/01 -, juris, Rn. 4).

3

2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers jedoch nicht angezeigt, da im Falle einer Zurückverweisung keine Erfolgsaussicht bestünde (vgl. [X.]E 90, 22 <25 f.>). Der Wiedereinsetzungsantrag ist offensichtlich verfristet. Nach § 67 Abs. 1 [X.] ist denjenigen, die ohne Verschulden verhindert waren, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Nach § 67 Abs. 2 [X.] ist der Antrag binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen, also spätestens dann, wenn der Betroffene oder verantwortliche Prozessbevollmächtigte einen der Fristversäumung zugrundeliegenden Irrtum erkennen müssen (vgl. [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], [X.], 11. Aufl. 2014, § 67 Rn. 11). Hier erlangte der Beschwerdeführer bereits mit der Begründung des Beschlusses vom 10. Juli 2013, der ihm am 19. Juli 2013 zugegangen ist, davon Kenntnis, dass das [X.] davon ausging, dass er keine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt habe. Wer einen Prozess gewissenhaft führt, wäre bereits dann veranlasst, einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen, und nicht erst nach der Durchführung eines Anhörungsrügeverfahrens am 26. Mai 2014. Eine Wiedereinsetzung in die [X.] kommt hier nicht in Betracht.

4

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

5

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 1790/14

13.04.2017

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend BSG, 28. April 2014, Az: B 14 AS 30/13 C, Beschluss

Art 19 Abs 4 GG, Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 12 Abs 1 S 2 SGG, § 33 Abs 1 SGG, § 40 SGG, § 67 Abs 1 SGG, § 67 Abs 2 S 1 SGG, § 67 Abs 4 S 1 SGG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 13.04.2017, Az. 1 BvR 1790/14 (REWIS RS 2017, 12429)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 12429

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 BvR 2496/16 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahmebeschluss: Teilweise Parallelentscheidung


1 BvR 1180/17 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahmebeschluss: Offensichtlich unzulässiger Rechtsbehelf (hier: Ablehnungsgesuch nach Abschluss der Instanz) hält Monatsfrist des § 93 …


2 BvR 653/20 (Bundesverfassungsgericht)

Teilweise stattgebender Kammerbeschluss: Prozessrechtliche Fristen dürfen vollständig ausgenutzt werden - Verletzung der Rechtsschutzgarantie sowie des …


2 BvR 30/21 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahmebeschluss: Erfolgloser Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - keine hinreichenden Darlegungen bzgl des …


2 BvR 1465/10 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahmebeschluss: Mangels Fristwahrung und nicht hinreichender Substantiierung erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Verurteilung zu einer Geldbuße in …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

2 BvR 1412/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.