Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 25.04.2019, Az. 2 BvR 1728/16

2. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2019, 7854

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: CSPP (Anleihekaufprogramm der EZB) bzw zugrundeliegende Beschlüsse der EZB kein tauglicher Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde - unzureichende Auseinandersetzung der Beschwerdebegründung mit besonderen Voraussetzungen einer ultra-vires-Rüge


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe

1

1. Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen das [X.] ([X.]) zum Ankauf von Unternehmensanleihen ([X.] - [X.]) im Rahmen ihres erweiterten Programms zum Ankauf von Vermögenswerten (Expanded Asset Purchase Programme - [X.]; vgl. dazu [X.] 146, 216 <222-226 Rn. 3-10>).

2

Die Beschwerdeführerin ist ein Pharmaunternehmen, das sich unter anderem durch Unternehmensanleihen am Kapitalmarkt finanziert. Diese Anleihen seien im Rahmen des [X.] vom Kauf ausgeschlossen. Das verstoße gegen den Grundsatz eines freien und unverfälschten [X.], weil der Ankauf von Unternehmensanleihen durch die [X.] eine unzulässige Subventionierung von Konkurrenzunternehmen der Beschwerdeführerin darstelle. Zugleich übernehme die [X.] Ausfallrisiken in Höhe von "Hunderten Milliarden Euro" und vergemeinschafte damit Privatrisiken. Sie verstoße damit gegen die Kompetenzgrundlagen im [X.] und der [X.]-Satzung. Weiter schädige das [X.] das Geschäft der Banken, da die [X.] mit dem Kauf von Unternehmensanleihen die Kreditinstitute als Geldgeber für die Wirtschaft ersetze. Damit verzerre und destabilisiere die [X.] den [X.] Kapitalmarkt und lähme ein Bankensystem, "das ohnehin schon mit genügend eigenen Problemen zu kämpfen" habe.

3

2. Die Beschwerdeführerin beantragt, dass das [X.] die Unternehmensanleihenkäufe verbiete beziehungsweise das [X.]-Programm so lange stoppe, bis die [X.] die Kriterien für die Anleihenkäufe entsprechend den gesetzlichen Vorgaben neu definiert habe.

4

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a Abs. 2 [X.]), weil sie unzulässig ist. Die Verfassungsbeschwerde genügt offensichtlich nicht den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 [X.].

5

1. Die Beschwerdeführerin benennt keinen tauglichen Beschwerdegegenstand. Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde kann nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a [X.] und § 90 Abs. 1 [X.] nur ein Akt [X.] öffentlicher Gewalt sein. Maßnahmen von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der [X.] sind keine Akte [X.] öffentlicher Gewalt in diesem Sinne und können daher auch nicht unmittelbarer Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde sein. Das gilt auch für Maßnahmen der Europäischen Zentralbank.

6

Eine Prüfungsbefugnis des [X.]s in Bezug auf Maßnahmen nicht[X.] Hoheitsträger besteht allerdings insoweit, als diese entweder Grundlage von Handlungen [X.] Staatsorgane sind oder aus der Integrationsverantwortung folgende Reaktionspflichten [X.] Verfassungsorgane auslösen ([X.] 142, 123 <179 f. Rn. 97-99>).

7

Das [X.] beziehungsweise die ihm zugrundeliegenden Beschlüsse der [X.] sind danach selbst keine tauglichen Beschwerdegegenstände. Die Beschwerdeführerin trägt aber auch nicht vor, dass sie Grundlage von Handlungen [X.] Staatsorgane wären oder aus der Integrationsverantwortung folgende Reaktionspflichten [X.] Verfassungsorgane auslösen würden.

8

2. Die Ausführungen in der Beschwerdeschrift legen zudem keine hinreichend qualifizierte Kompetenzüberschreitung der [X.] dar. Insoweit fehlt es insbesondere an einer Auseinandersetzung mit den besonderen Voraussetzungen der [X.] wie auch an hinreichend nachvollziehbaren Ausführungen zu den Kompetenzen der [X.] (vgl. [X.] 142, 123 <174 f. Rn. 83>; 146, 216 <252 f. Rn. 52 f., 259 f. Rn. 63>).

9

3. Dass der Aufkauf von [X.] in der Tat Wirkungen hat, die einer Subvention gleichkommen und zu Beeinträchtigungen der [X.]freiheit (Art. 12 Abs. 1 [X.] i.V.m. Art. 3 Abs. 1 [X.]) führen können (vgl. [X.] 82, 209 <223 f.>; 105, 252 <265 ff., 273>; 105, 279 <303>; 110, 177 <191>; 113, 63 <76>; 116, 135 <153>; 116, 202 <222>; 118, 1 <20>; 148, 40 <50 f. Rn. 27 f.>), muss vor diesem Hintergrund dahinstehen.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 1728/16

25.04.2019

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

Art 79 Abs 3 GG, Art 93 Abs 1 Nr 4a GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 90 BVerfGG, § 92 BVerfGG, EUBes 2016/16, EUBes 2017/13

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 25.04.2019, Az. 2 BvR 1728/16 (REWIS RS 2019, 7854)

Papier­fundstellen: WM2019,1150 NJW 2019, 1937 REWIS RS 2019, 7854

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