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Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (Public Sector Purchase Programme - PSPP) durch das Europäische System der Zentralbanken; hier unzulässige Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 859/15 -
- 2 BvR 1651/15 -
- 2 BvR 2006/15 -
- 2 [X.]/16 -
[X.] |
1. des Herrn Dr. W…, | |
2. |
des Herrn Dr. H…, | |
3. |
des Herrn Dr. A…, |
- Bevollmächtigter:
gegen |
1. |
das Unterlassen von [X.] und Bundesregierung, darauf hinzuwirken, dass |
- der Beschluss des Rates der Europäischen Zentralbank vom 4. September 2014 über den Ankauf forderungsbesicherter Wertpapiere ([X.]/2014/45) und der Beschluss der Europäischen Zentralbank hierüber vom 19. November 2014 (Beschluss [[X.]] 2015/5 vom 19. November 2014), geändert durch Beschluss der Europäischen Zentralbank vom 10. September 2015 (Beschluss [[X.]] 2015/1613), |
||
- der Beschluss des Rates der Europäischen Zentralbank über ein 3. Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (covered bonds) vom 15. Oktober 2014 ([X.]/2014/40), |
||
- der Beschluss des Rates der Europäischen Zentralbank vom 22. Januar 2015 über ein erweitertes Programm zum Ankauf von Vermögenswerten ([X.]/2015/10) und die Entscheidung der Europäischen Zentralbank vom 4. März 2015 (Beschluss [[X.]] 2015/774) über ein Programm zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (Public Sector [X.]), geändert durch Entscheidung der Europäischen Zentralbank vom 5. November 2015 (Beschluss [[X.]] 2015/2101), Entscheidung der Europäischen Zentralbank vom 16. Dezember 2015 (Beschluss [[X.]] 2015/2464) und Entscheidung der Europäischen Zentralbank vom 18. April 2016 (Beschluss [[X.]] 2016/702), |
||
- der Beschluss des Rates der Europäischen Zentralbank vom 10. März 2016 (Beschluss [[X.]] 2016/16) und die Entscheidung der Europäischen Zentralbank vom 1. Juni 2016 (Beschluss [[X.]] 2016/948) über ein Programm zum Ankauf von Unternehmensanleihen ([X.] - [X.]) |
||
aufgehoben beziehungsweise nicht durchgeführt werden, |
||
2. |
das Unterlassen der [X.], sich gegen ihre Einbeziehung in das Ankaufprogramm der Europäischen Zentralbank durch eine Klage vor dem [X.] zu wehren |
hier: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 27. September 2017 |
- 2 BvR 859/15 -,
[X.] |
des Herrn Dr. G…, |
- Bevollmächtigter:
gegen |
die Untätigkeit der Bundesregierung im Hinblick auf das [X.] (APP) der Europäischen Zentralbank und im Hinblick auf die Befangenheitspraxis der Organe der Europäischen Zentralbank |
hier: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 26. September 2017 |
- 2 BvR 2006/15 -,
I[X.] |
1. des Herrn Prof. Dr. von S…, | |
2. |
des Herrn Prof. Dr. H…, | |
3. |
des Herrn M…, | |
4. |
des Herrn von E…, | |
5. |
des Herrn Dr. G…, | |
6. |
der Frau M…, | |
7. |
des Herrn Dr. H…, | |
8. |
des Herrn Dr. S…, | |
9. |
des Herrn Prof. Dr. K…, |
- Bevollmächtigter:
gegen |
1. |
das von der Europäischen Zentralbank am 22. Januar 2015 |
2. |
die Mitwirkung der [X.] am Vollzug des |
3. |
die Untätigkeit der Bundesregierung im Hinblick auf das Public |
hier: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 24. Mai 2017 |
- 2 [X.]/16 -
[X.] |
1. des Herrn Prof. Dr. L…, | |
2. |
des Herrn Prof. Dr. h.c. H…, | |
3. |
des Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. S…, | |
4. |
des Herrn K…, | |
5. |
der Frau T…, |
- Bevollmächtigte:
gegen |
1. |
die innerstaatliche Anwendbarkeit |
a) |
der Beschlüsse des Rates der Europäischen Zentralbank vom 22. Januar 2015 und des Beschlusses ([X.]) 2015/774 der Europäischen Zentralbank vom 4. März 2015 ([X.]/2015/10) über ein Programm zum Ankauf von Anleihen des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten ([X.] - [X.]), nebst |
|
- dem Beschluss ([X.]) 2015/2101 der Europäischen Zentralbank vom 3. September / 5. November 2015 ([X.]/2015/33) zur Änderung des Beschlusses ([X.]) 2015/774 ([X.]/2015/10) über ein Programm zum Ankauf von Anleihen des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten, |
||
- dem Beschluss ([X.]) 2015/2464 der Europäischen Zentralbank vom 3. Dezember / 16. Dezember 2015 ([X.]/2015/48) zur Änderung des Beschlusses ([X.]) 2015/774 ([X.]/2015/10) über ein Programm zum Ankauf von Anleihen des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten, |
||
- dem Beschluss ([X.]) 2016/702 der Europäischen Zentralbank vom 10. März / 18. April 2016 ([X.]/2016/8) zur Änderung des Beschlusses ([X.]) 2015/774 ([X.]/2015/10) über ein Programm zum Ankauf von Anleihen des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten, |
||
- dem Beschluss ([X.]) 2017/100 der Europäischen Zentralbank vom 8. Dezember 2016 / 11. Januar 2017 ([X.]/2017/1) zur Änderung des Beschlusses ([X.]) 2015/774 ([X.]/2015/10) über ein Programm zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten, |
||
b) |
der Beschlüsse des Rates der Europäischen Zentralbank vom 4. September 2014 und 2. Oktober 2014 und des Beschlusses ([X.]) 2015/5 der Europäischen Zentralbank vom 19. November 2014 ([X.]/2014/45) über die Einrichtung und Umsetzung des Programms zum Ankauf von forderungsbesicherten Wertpapieren ([X.] - [X.]), nebst |
|
- dem Beschluss ([X.]) 2015/1613 der Europäischen Zentralbank vom 10. September 2015 ([X.]/2015/31) zur Änderung des Beschlusses ([X.]) 2015/5 ([X.]/2014/45) über die Umsetzung des Programms zum Ankauf für [X.], |
||
c) |
der Beschlüsse des Rates der Europäischen Zentralbank vom 4. September 2014 und 2. Oktober 2014 und des Beschlusses der Europäischen Zentralbank vom 15. Oktober 2014 ([X.]/2014/40) über die Einrichtung und Umsetzung des dritten Programms zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen ([X.] - [X.]), |
|
d) |
der Beschlüsse des Rates der Europäischen Zentralbank vom 10. März / 21. April 2016 und des Beschlusses ([X.]) 2016/948 der Europäischen Zentralbank vom 1. Juni 2016 ([X.]/2016/16) über die Umsetzung des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors ([X.] - [X.]), |
|
2. |
die Mitwirkung der [X.] an der Durchführung der vorstehend unter Ziffer 1. a) bis d) genannten Beschlüsse zum Ankauf von Vermögenswerten, |
|
3. |
das Unterlassen der Bundesregierung und des Deutschen [X.]es, auf die Aufhebung der vorstehend unter Ziffer 1. a) bis d) genannten Beschlüsse zum Ankauf von Vermögenswerten aktiv hinzuwirken und geeignete Vorkehrungen dafür zu treffen, dass die innerstaatlichen Belastungen aus der fortgesetzten Durchführung dieser Beschlüsse möglichst begrenzt bleiben |
hier: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 6. Oktober 2017 |
- 2 BvR 1651/15 -,
hat das [X.] - Zweiter Senat -
unter Mitwirkung der [X.]innen und [X.]
Präsident Voßkuhle,
[X.],
Hermanns,
Müller,
Kessal-Wulf,
König,
[X.],
Langenfeld
am 10. Oktober 2017 beschlossen:
[X.] des [X.]s hat mit Beschluss vom 18. Juli 2017 in den [X.] 2 BvR 859/15, 2 BvR 1651/15, 2 BvR 2006/15 und 2 [X.]/16 gemäß Art. 19 Abs. 3 Buchstabe b [X.]V und Art. 267 Abs. 1 Buchstabe a und Buchstabe b A[X.]V dem Gerichtshof der Europäischen Union ([X.]) mehrere Fragen zur Vereinbarkeit des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten ([X.] - [X.]) der Europäischen Zentralbank ([X.]) mit Art. 4 Abs. 2 [X.]V, Art. 119 A[X.]V, Art. 123 A[X.]V, Art. 125 A[X.]V, Art. 127 Abs. 1 und Abs. 2 A[X.]V sowie mit Art. 17 bis 24 des Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank ([X.]) zur Vorabentscheidung vorgelegt und die Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 [X.] bis zur Entscheidung des [X.] ausgesetzt.
Die Beschwerdeführer im Verfahren 2 [X.]/16 (Antragsteller zu I[X.]) haben mit Schriftsatz vom 24. Mai 2017 gemäß § 32 [X.] den Erlass einer einstweiligen Anordnung folgenden Inhalts beantragt:
1. Die [X.] wird vom weiteren Vollzug des [X.] (Beschlüsse der Europäischen Zentralbank vom 4. März 2015, vom 5. November 2015, vom 16. Dezember 2015, vom 18. April 2016 sowie vom 11. Januar 2017) und des [X.] (Beschlüsse der [X.] vom 1. Juni 2016 und vom 11. Januar 2017), durch Ankauf der in den vorgenannten Beschlüssen genannten Wertpapiere entpflichtet. Es steht indessen in ihrem Ermessen, den zeitlichen Rhythmus und das quantitative Volumen des sukzessiven Rückzugs aus den von der [X.] beschlossenen Programmen zu bestimmen.
2. Der Bundesregierung wird aufgegeben, gegen das [X.] und gegen das [X.] der Europäischen Zentralbank Klage vor dem [X.] zu erheben und - solange die Maßnahmen fortwirken - geeignete Vorkehrungen dafür zu treffen, dass deren innerstaatliche Auswirkungen so weit wie möglich begrenzt bleiben.
Zur Begründung führen die Antragsteller zu I[X.] im Wesentlichen aus, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Abwehr schwerer Nachteile für die [X.] Partizipation, insbesondere für die Budgethoheit des [X.]es, sowie für die Funktionsfähigkeit der [X.] und somit zum gemeinen Wohl dringend geboten sei. Die Abwägung der Konsequenzen führe zu dem Ergebnis, dass etwaige Nachteile, die durch Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung entstünden, gegenüber den sicheren Nachteilen eines Unterbleibens der einstweiligen Anordnung zu vernachlässigen seien.
Der Beschwerdeführer im Verfahren 2 BvR 2006/15 (Antragsteller zu [X.]) hat mit Schriftsatz vom 26. September 2017 gemäß § 32 [X.] den Erlass einer einstweiligen Anordnung folgenden Inhalts beantragt:
1. Bis zur Entscheidung des [X.]s in der Hauptsache ist es der [X.] untersagt, im Rahmen des Secondary Markets Public Sector [X.] der Europäischen Zentralbank ([X.]) Staatsanleihen anzukaufen.
2. Bis zur Entscheidung des [X.]s in der Hauptsache ist es der Bundesregierung und im besonderen dem [X.] untersagt, die Europäische Zentralbank bei der Durchführung ihres [X.] - insbesondere durch öffentliche Äußerungen - zu unterstützen.
Der Antragsteller zu [X.] begründet seinen Antrag im Wesentlichen damit, dass sein Recht auf Teilhabe an der [X.] Legitimation der öffentlichen Gewalt aus Art. 38 Abs. 1 GG durch die andauernden Staatsanleihenankäufe im Rahmen des [X.] permanent verletzt werde. Sowohl die Kompetenzüberschreitungen der [X.] und des [X.] als auch die mit den Staatsanleihenankäufen verbundenen Eingriffe in die Budgethoheit des [X.]es und damit in die Verfassungsidentität seien mit dem Demokratieprinzip unvereinbar. Durch diese Verstöße werde er immer wieder neu in seinem Grundrecht aus Art. 38 Abs. 1 GG verletzt. Zugleich werde das Gemeinwohl auf schwerwiegende Weise beeinträchtigt. Durch die Ankäufe würden die Risiken für den [X.] Monat für Monat erhöht. Zugleich wachse das Gewicht des Mangels an [X.] Legitimation immer weiter an, je länger die Ausführung des als Ultra-vires-Akt zu qualifizierenden Ankaufprogramms andauere. Zu dem Antrag zu 2. trägt der Antragsteller zu [X.] vor, der [X.] habe in Kenntnis des [X.] das Staatsanleihenprogramm der Europäischen Zentralbank weiterhin öffentlich unterstützt. Er verletze damit den Grundsatz der Verfassungsorgantreue; dagegen sei ein sofortiges Einschreiten geboten.
Die Beschwerdeführer im Verfahren 2 BvR 859/15 (Antragsteller zu [X.]) haben mit Schriftsatz vom 27. September 2017 gemäß § 32 [X.] den Erlass einer einstweiligen Anordnung folgenden Inhalts beantragt:
1. Der [X.] wird bis zum Ergehen einer Entscheidung in der Hauptsache im Verfahren 2 BvR 859/15 untersagt, an der Durchführung des Programms über den Ankauf von Anleihen des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten ([X.]) mitzuwirken, insbesondere durch den Erwerb von Staatsanleihen.
2. Der Bundesregierung wird bis zum Ergehen einer Entscheidung in der Hauptsache im Verfahren 2 BvR 859/15 untersagt, die Durchführung des Programms über den Ankauf von Anleihen des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten ([X.]) gegenüber der Europäischen Zentralbank zu unterstützen.
Zur Begründung tragen die Antragsteller zu [X.] im Wesentlichen vor, dass ihr Recht auf [X.] Selbstbestimmung aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG durch die nach ihrer Auffassung demokratisch nicht legitimierten Maßnahmen der [X.] kontinuierlich verletzt werde. Die andauernden Anleiheankäufe im Rahmen des [X.] stellten einen sich mit seiner zeitlichen Dauer quantitativ wie qualitativ intensivierenden Verfassungsverstoß dar, der einen schweren Nachteil im Sinne von § 32 Abs. 1 [X.] bedeute. Die Europäische Zentralbank trage den Bedenken des [X.]s in keiner Weise Rechnung. Sie dürfte sich in ihrer Haltung zudem gestärkt sehen durch Äußerungen des [X.], der zu dem Vorlagebeschluss öffentlich erklärt habe, er teile die Meinung nicht und glaube, dass das Mandat eingehalten sei.
Die Beschwerdeführer im Verfahren 2 BvR 1651/15 (Antragsteller zu [X.]) haben mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2017 gemäß § 32 [X.] den Erlass einer einstweiligen Anordnung folgenden Inhalts beantragt:
1. Bundesregierung und [X.] sind in Wahrnehmung ihrer Integrationsverantwortung dazu verpflichtet, sich aktiv mit der Frage auseinanderzusetzen, auf welche Weise bis zur Entscheidung des [X.]s in der Hauptsache der Fortsetzung des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors ([X.] - [X.]) der Europäischen Zentralbank, insbesondere jeder Ausweitung des Programms, die im Hinblick auf Umfang und/oder Dauer über den derzeitigen Stand (September 2017) hinausgeht, entgegengetreten werden kann.
2. Der [X.] ist es untersagt, bis zur Entscheidung des [X.]s in der Hauptsache an jeder Ausweitung des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors ([X.] - [X.]) der Europäischen Zentralbank, die im Hinblick auf Umfang und/oder Dauer über den derzeitigen Stand (September 2017) hinausgeht, mitzuwirken.
Zur Begründung führen die Antragsteller zu [X.] im Wesentlichen aus, dass ihr Anspruch auf [X.] Selbstbestimmung aus Art. 38 Abs. 1 GG (i.V.m. Art. 1 und 79 Abs. 3 GG) durch die Untätigkeit der Verfassungsorgane Bundesregierung und [X.], dem [X.] entgegenzutreten, und die Mitwirkung der [X.] an der Vollziehung dieses Programms kontinuierlich verletzt werde. Jede Fortführung, insbesondere jede Ausweitung des [X.] steigere den Mangel an [X.] Legitimation und erhöhe die Risiken für den [X.]. Das stelle für die Antragsteller beziehungsweise ihre [X.] Teilhaberechte einen schweren Nachteil dar.
Die Anträge sind unzulässig.
Durch eine einstweilige Anordnung darf die Hauptsache nicht vorweggenommen werden ([X.] 34, 160 <162>; 46, 160 <163 f.>; 67, 149 <151>; stRspr). Über die in der Hauptsache aufgeworfenen Fragen kann im Verfahren nach § 32 [X.] grundsätzlich nicht entschieden werden (vgl. [X.] 12, 276 <279>; 15, 77 <78>); durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung soll lediglich ein Zustand vorläufig geregelt, nicht aber die Hauptsache präjudiziert werden (vgl. [X.] 8, 42 <46>; 15, 219 <221>). Eine Vorwegnahme der Hauptsache steht der Zulässigkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nur dann nicht entgegen, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache möglicherweise zu spät käme und dem Antragsteller in anderer Weise ausreichender Rechtsschutz nicht mehr gewährt werden könnte (vgl. [X.] 34, 160 <162 f.>; 67, 149 <151>; 108, 34 <40>; 130, 367 <369>). Unzulässig ist ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung regelmäßig dann, wenn es dem Antragsteller nur um eine eilige Entscheidung über die im Hauptsacheverfahren angegriffene Maßnahme geht (vgl. Graßhof, in: [X.]/Schmidt-Bleibtreu/[X.]/[X.], [X.], [X.]. 21, Juli 2002, § 32 Rn. 48).
Eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache ist anzunehmen, wenn der beantragte Inhalt der einstweiligen Anordnung und das Rechtsschutzziel in der Hauptsache, wenn nicht deckungsgleich, so doch zumindest vergleichbar sind, wenn also die stattgebende einstweilige Anordnung mit dem Zeitpunkt ihres Erlasses einen Zustand in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht zu verwirklichen erlaubt, der erst durch die zeitlich spätere Entscheidung in der Hauptsache hergestellt werden soll.
Danach können die Anträge keinen Erfolg haben, weil eine einstweilige Anordnung des von den Antragstellern begehrten Inhalts die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnähme.
1. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung hätte, soweit dadurch der Ankauf von Staatsanleihen durch die [X.] im Rahmen des [X.] untersagt würde, nicht nur vorläufigen Charakter. Mit der Unterbrechung der Anleihekäufe durch die [X.] würde die Zielsetzung des [X.], durch eine weitere Lockerung der monetären und finanziellen Bedingungen eine Transmission der geldpolitischen Effekte des Programms auf die Realwirtschaft und dadurch eine Anhebung der Inflation auf knapp 2% zu bewirken (vgl. [X.], Beschluss des [X.] vom 18. Juli 2017 - 2 BvR 859/15, 2 BvR 1651/15, 2 BvR 2006/15, 2 [X.]/16 -, juris, Rn. 13), aufgrund des hohen prozentualen Anteils der von der [X.] getätigten Ankäufe (vgl. [X.], a.a.[X.], Rn. 5 f.) jedenfalls stark eingeschränkt oder womöglich sogar verhindert werden. Ob der Ausfall dieses Anteils ohne Weiteres von den übrigen Mitgliedern des [X.] kompensiert werden könnte und würde, wie die Antragsteller meinen, ist ungewiss. Es ist auch unwahrscheinlich, dass nach einer im Wege der einstweiligen Anordnung erwirkten Aussetzung der von der [X.] getätigten Ankäufe die damit verbundenen Folgen im Fall des Scheiterns der Beschwerdeführer im Hauptsacheverfahren ohne Weiteres wieder beseitigt werden könnten, ohne dass Zielsetzung und Durchführung der von der [X.] beabsichtigten Impulse dauerhaft beeinträchtigt würden. Das folgt schon aus dem zu erwartenden Zeitablauf. Eine antragsgemäße einstweilige Anordnung ginge daher über die bloße Sicherung des Status quo hinaus und wäre weitgehend identisch mit einer stattgebenden Entscheidung in der Hauptsache.
2. Dies gilt auch für die Antragsteller zu [X.], soweit sie beantragen, Bundesregierung und [X.] in Wahrnehmung ihrer Integrationsverantwortung dazu zu verpflichten, sich aktiv mit der Frage auseinanderzusetzen, auf welche Weise bis zur Entscheidung des [X.]s in der Hauptsache der Fortsetzung des [X.] der [X.], insbesondere jeder Ausweitung des Programms, entgegengetreten werden kann.
3. Die Vorwegnahme der Hauptsache ist auch nicht ausnahmsweise zulässig, weil den Antragstellern sonst ein schwerer, nicht wieder gutzumachender Nachteil entstünde. Der Senat hat durch seinen Beschluss, zur Beurteilung der Primärrechtskonformität der von den Beschwerdeführern in der Hauptsache angegriffenen Maßnahmen den [X.] im Wege des Verfahrens nach Art. 267 A[X.]V um eine Vorabentscheidung zu ersuchen, die notwendigen Verfahrensschritte eingeleitet, die erforderlich sind, um Akte [X.] Hoheitsgewalt, die auf einer sekundärrechtlichen Verpflichtung beruhen, abschließend verfassungsrechtlich beurteilen zu können. Nach einer Entscheidung des [X.] bleibt eine stattgebende Entscheidung des [X.]s in der Hauptsache möglich, so dass die Antragsteller als Beschwerdeführer im Hauptsacheverfahren ihr Rechtsschutzziel erreichen können. Dem steht auch nicht entgegen, dass der [X.] den Antrag des Senats auf Durchführung des beschleunigten Verfahrens gemäß Art. 105 der Verfahrensordnung des [X.] abgelehnt hat; denn er hat mit seinem Schreiben vom 8. September 2017 zugleich mitgeteilt, die Rechtssache gemäß Art. 53 Abs. 3 der Verfahrensordnung des [X.] mit Vorrang zu entscheiden.
1. Soweit die Antragsteller zu I[X.] beantragen, die Bundesregierung im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, gegen das [X.] und gegen das [X.] ([X.]) der [X.] Klage vor dem [X.] zu erheben, fehlt dem Antrag bereits das Rechtsschutzbedürfnis, weil das [X.] den [X.] mit dem Vorlagebeschluss vom 18. Juli 2017 ohnehin mit den aufgeworfenen Rechtsfragen befasst hat.
2. Das Rechtsschutzbedürfnis ist auch insoweit zu verneinen, als die Antragsteller zu [X.] und der Antragsteller zu [X.] beantragen, der Bundesregierung und insbesondere dem [X.] bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, die [X.] bei der Durchführung des [X.] - insbesondere durch öffentliche Äußerungen - zu unterstützen. Die Bundesregierung ist aus Gründen der [X.] nicht verpflichtet, sich vom [X.] in einem Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 A[X.]V formulierte Zweifel an der Vertragskonformität einer Maßnahme von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der [X.] vor Abschluss des Verfahrens zu eigen zu machen.
Voßkuhle | [X.] | Hermanns | |||||||||
Müller | Kessal-Wulf | König | |||||||||
[X.] | Langenfeld |
Meta
2 BvR 859, 1651, 2006/15, 980/16
10.10.2017
Sachgebiet: False
Zitiervorschlag: Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom 10.10.2017, Az. 2 BvR 859, 1651, 2006/15, 980/16 (REWIS RS 2017, 4241)
Papierfundstellen: REWIS RS 2017, 4241 BVerfGE 146, 216-293 REWIS RS 2017, 4241 BVerfGE 147, 39-50 REWIS RS 2017, 4241
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
2 BvR 859, 1651, 2006/15, 980/16 (Bundesverfassungsgericht)
Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (Public Sector Purchase Programme - PSPP) durch das Europäisches …
2 BvR 859/15, 2 BvR 1651/15, 2 BvR 2006/15, 2 BvR 980/16 (Bundesverfassungsgericht)
Ablehnung mehrere Anträge auf Erlass einstweiliger Anordnungen bzgl der Mitwirkung der Bundesbank am Public Sector …
2 BvR 2728/13, 2 BvR 2729/13, 2 BvR 2730/13, u.a. (Bundesverfassungsgericht)
Outright Monetary Transactions (OMT) - im Anschluss an BVerfGE 134, 366
2 BvE 6/12, 2 BvR 1390/12, 2 BvR 1421/12, u.a. (Bundesverfassungsgericht)
Eurorettung; hier: Abtrennungsbeschluss
2 BvE 13/13, 2 BvR 2728/13, 2 BvR 2729/13, u.a. (Bundesverfassungsgericht)
Abweichende Meinung