Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.01.2021, Az. 1 StR 404/20

1. Strafsenat | REWIS RS 2021, 9634

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Gegenstand

Strafzumessung: Nachteilsausgleich wegen Nichtberücksichtigung einer in Polen verhängten Strafe im Rahmen der Gesamtstrafenbildung


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 28. Mai 2020 wird als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

Der Erörterung bedarf nur Folgendes:

3

1. Nach den Feststellungen des [X.]s verbrachte der Angeklagte im Zeitraum vom 8. Februar 2019 bis zum 28. November 2019 in 15 Fällen unversteuerte Zigaretten von [X.] nach [X.]; weder waren die Zigaretten mit Steuerzeichen versehen noch gab der Angeklagte [X.] ab. Dadurch hinterzog er Tabaksteuer in Höhe von insgesamt rund 660.000 €. Am 11. Juni 2019, rechtskräftig seit 17. Juli 2019, verurteilte ein [X.] Bezirksgericht den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 100 [X.]. Das [X.] hat die Gesamtstrafe aus der Einsatzstrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe und weiteren [X.] von je einem Jahr sechs Monaten gebildet. Dabei hat es dem Angeklagten einen Härteausgleich dafür gewährt, dass es die [X.] Verurteilung nicht in die Gesamtstrafe einbeziehen konnte. Diesen Ausgleich hat das [X.] nicht beziffert.

4

2. Durch das Unterbleiben einer konkreten Bestimmung des Nachteilsausgleichs ist der Angeklagte nicht beschwert. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats ist die fehlende Möglichkeit, eine Gesamtstrafe mit einer durch einen anderen Mitgliedstaat der [X.] verhängten Strafe zu bilden, zwar grundsätzlich durch eine Bezifferung dieses Nachteils auszugleichen ([X.], Beschluss vom 23. April 2020 - 1 StR 15/20 Rn. 18 ff. [X.]). Dies war indes hier nicht geboten, da der Angeklagte in der vorliegenden Gesamtstrafenkonstellation von vornherein durch den Ausschluss einer Einbeziehung nicht benachteiligt ist:

5

a) Bei allein aus inländischen Strafen zu bildenden Gesamtstrafen ist ein Angeklagter durch die unterbliebene Einbeziehung einer anderen Strafe nicht beschwert, wenn diese aufgrund ihrer Zäsurwirkung die Festsetzung zweier Gesamtstrafen erfordert und sich hieraus für den Angeklagten eine höhere Gesamtsanktion ergeben hätte ([X.], Beschlüsse vom 14. März 2017 - 4 StR 599/16; vom 21. Januar 2014 - 5 StR 439/13 Rn. 2; vom 2. Juni 2010 - 5 [X.] unter 2.; vom 25. November 2009 - 2 [X.] und vom 7. April 2006 - 2 StR 63/06 Rn. 4; Urteile vom 12. Februar 1992 - 3 StR 515/91 Rn. 3 f., [X.]R StGB § 55 Abs. 1 Beschwer 2 und vom 19. Dezember 2018 - 2 StR 291/18 Rn. 47). Nichts anderes kann gelten, wenn eine ausländische Strafe (fiktiv) ein solches Gesamtstrafübel bewirkt hätte. Denn durch das Erfordernis eines zu beziffernden Nachteilsausgleichs soll ein Angeklagter, der bereits in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] verurteilt ist, nicht benachteiligt, aber auch nicht bevorteilt werden. Bei der hier vorliegenden Konstellation wäre ein Nachteilsausgleich eine nicht sachgerechte Bevorzugung des Angeklagten, weil er sich besser stellen würde, als wenn die Geldstrafe vor einem [X.] Gericht verhängt worden wäre.

6

b) Die [X.] Geldstrafe vom 11. Juni 2019 wäre eine solche Zäsur. Damit wären fiktiv aus dieser Geldstrafe und aus den für die Taten 1 bis 9 verhängten Einzelstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und sieben Monaten sowie aus den Einzelstrafen für die Taten 10 bis 15 eine weitere von wenigstens zwei Jahren und einem Monat zu bilden gewesen (§ 54 Abs. 1 Satz 2 StGB). Dieses Gesamtstrafübel von drei Jahren und acht Monaten würde die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren übersteigen.

Raum     

        

Jäger     

        

[X.]

        

Bär     

        

Leplow     

        

Meta

1 StR 404/20

12.01.2021

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Cottbus, 28. Mai 2020, Az: 22 KLs 6/20

§ 55 StGB, § 337 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.01.2021, Az. 1 StR 404/20 (REWIS RS 2021, 9634)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 9634

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