Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.03.2009, Az. VIII ZB 105/07

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 4641

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[X.] ZB 105/07 vom 10. März 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b; ZPO § 17 Abs. 1 a) Die - mit Wirkung zum 1. September 2009 aufgehobene - Vorschrift des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b [X.] ist nicht anwendbar, wenn eine Gesell-schaft bürgerlichen Rechts einen allgemeinen Gerichtsstand jedenfalls auch im Inland hat (im [X.] an [X.], Beschluss vom 27. Juni 2007 - [X.] 114/06, [X.], 1626). b) Es fehlt an einer Grundlage für die Annahme, eine Gesellschaft bürgerli-chen Rechts habe ausschließlich einen ausländischen und nicht zumindest auch einen inländischen Verwaltungssitz (§ 17 Abs. 1 Satz 2 ZPO), wenn das zu verwaltende Gesellschaftsvermögen in [X.] belegen ist, ei-ner der beiden Gesellschafter seinen Wohnsitz in [X.] hat, die [X.] nach außen unter einer [X.] Adresse auftritt und ihre lau-fenden Geschäfte durch eine [X.] Hausverwaltung geführt werden, während ihre einzige Verbindung mit dem Ausland in dem ausländischen Wohnsitz ihres anderen Gesellschafters besteht. [X.], Beschluss vom 10. März 2009 - [X.] 105/07 - [X.] AG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 10. März 2009 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] sowie die Richterinnen [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss der Zivilkammer 65 des [X.] vom 4. September 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen. [X.]: 2.703,08 • Gründe: [X.] Die Klägerin nimmt die Beklagten, ihre ehemaligen Mieter, auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 2.703,08 • in Anspruch. In der Klageschrift hat sich die Klägerin wie folgt bezeichnet: 1 "[X.] 43, [X.], [X.]nd aus - 3 - 1. Herrn W. P. , [X.]straße , [X.]- [X.], 2. Frau [X.], [X.] , [X.]". Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Dagegen haben die [X.] Berufung beim [X.] eingelegt. Nach entsprechendem Hinweis hat das Berufungsgericht die Berufung gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen, weil sie nicht beim zuständigen Berufungsgericht eingelegt worden sei. Zur Begründung hat es ausgeführt: 2 Die Klägerin habe keinen inländischen Sitz. Sie sei zwar als Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch die Verwendung eines eigenen Namens im Rechts-verkehr wie eine juristische Person aufgetreten. Zutreffend sei auch, dass als Außengesellschaften wie eine juristische Person auftretende Gesellschaften bürgerlichen Rechts im eigenen Namen klagen könnten. Für einen inländischen Sitz der Klägerin gebe es aber keine Anhaltspunkte. Die Klägerin habe weder in der Klageschrift noch im Mietvertrag einen eigenen Sitz im Inland angegeben. Vielmehr sei in der Klageschrift die Klägerin insoweit näher bezeichnet worden, als sie aus den beiden Gesellschaftern mit deren angegebenen Anschriften [X.]. 3 Mit ihrer Rechtsbeschwerde erstreben die Beklagten die Zurückverwei-sung der Sache an das [X.] [X.] . 4 I[X.] 1. Die [X.] statthafte (§ 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) Rechtsbe-schwerde ist zulässig. Eine Entscheidung des [X.] ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat seine Zuständigkeit zu Unrecht verneint und 5 - 4 - die Beklagten dadurch in ihrem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt, das es den Gerichten verbietet, den [X.]en den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgrün-den nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 1. März 2006 - [X.] 28/05, [X.], 1810, [X.]. 2 m.w.N.). 2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zu Unrecht mit der Begründung als unzulässig verwor-fen, gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b [X.] sei nicht das [X.], son-dern das [X.] für die Entscheidung über das Rechtsmittel zuständig. Nach dieser - durch das [X.] vom 17. Dezember 2008 ([X.]) mit Wirkung zum 1. September 2009 aufgehobenen - Vorschrift sind die Oberlandesgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel in Streitigkeiten über [X.], die von einer oder gegen eine [X.] erhoben werden, die ihren [X.] Gerichtsstand im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit außerhalb [X.]s hatte. Das trifft hier entgegen der Meinung des [X.]s nicht zu. 6 a) Zutreffend geht das [X.] davon aus, dass [X.] des [X.] die durch [X.]und [X.]gebildete Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist. Sie ist als Außengesellschaft bürgerlichen Rechts, die durch die Teilnahme am Rechtsverkehr - wie beim Abschluss des Mietvertrags mit den Beklagten - eigene Rechte und Pflichten begründet, aktiv und passiv parteifähig ([X.] 146, 341, 348 ff.). 7 b) Für die Frage der [X.] nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b [X.] ist regelmäßig der im Verfahren vor dem Amtsgericht un-8 - 5 - angegriffen gebliebene inländische oder ausländische allgemeine Gerichtsstand einer [X.] zugrunde zu legen und einer Nachprüfung durch das [X.] grundsätzlich entzogen (Senatsbeschluss vom 1. März 2006, aaO, [X.]. 4 m.w.N.). Dabei liegen die Voraussetzungen des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b [X.] nicht vor, wenn eine [X.] neben einem allgemeinen Gerichtsstand im Ausland auch einen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat ([X.], Beschluss vom 27. Juni 2007 - [X.] 114/06, [X.], 1626, [X.]. 13 f.). Nach diesen Grundsätzen ergibt sich aus den - hier allein zugrunde zu legenden - Angaben in der Klageschrift entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kein (allei-niger) ausländischer allgemeiner Gerichtsstand der Klägerin. aa) Der allgemeine Gerichtsstand gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b [X.] ist nach den Vorschriften der §§ 12 ff. ZPO und im Anwendungsbereich der Verordnung ([X.]) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und [X.] (EuGVVO) nach Art. 2, 59 f. EuGVVO zu beurteilen ([X.] 155, 46, 49; [X.], Beschluss vom 27. Juni 2007, aaO, [X.]. 9 m.w.N.). Der [X.] ist vorliegend aber nicht eröffnet, weil es im Streitfall nicht auf den allgemeinen Gerichtsstand der beklagten [X.] (Art. 2 Abs. 1 EuGVVO), sondern auf den der klagenden [X.] ankommt (vgl. auch [X.], Beschluss vom 27. Juni 2007, aaO, [X.]. 8). 9 bb) Der allgemeine Gerichtsstand der Klägerin wird gemäß § 17 Abs. 1 ZPO durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird (§ 17 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Hier kann offen bleiben, ob in der Bezeichnung der Klägerin in der Klageschrift gleichzeitig die Angabe ihres satzungsmäßigen (inländischen) Sitzes gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegt. Denn jedenfalls fehlt es an einer Grundlage für die Annahme, 10 - 6 - die Klägerin habe ausschließlich einen ausländischen und nicht zumindest auch einen inländischen Verwaltungssitz. Der Ort, wo die Verwaltung geführt wird, ist der Tätigkeitsort der Ge-schäftsführung und der dazu berufenen [X.], also der Ort, wo die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden ([X.] 97, 269, 272; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 17 Rdnr. 15; [X.]/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 17 Rdnr. 10). 11 Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin jedenfalls auch einen inländi-schen Verwaltungssitz. Das zu verwaltende Gesellschaftsvermögen ist in [X.] belegen. Einer der beiden Gesellschafter hat seinen Wohnsitz in [X.]. Die Klägerin tritt nach außen - wie etwa bei Abschluss des [X.] mit den Beklagten - unter einer [X.] Adresse auf. Ihre laufenden Geschäfte führt eine [X.] Hausverwaltung am Belegenheitsort des Gesell-schaftsgrundstücks. Die einzige Verbindung der Klägerin mit dem Ausland [X.] dagegen in dem ausländischen Wohnsitz ihres anderen Gesellschafters. Das reicht für die Annahme eines (alleinigen) Verwaltungssitzes im Ausland angesichts der für einen inländischen Verwaltungssitz sprechenden gewichti- 12 - 7 - gen Umstände nicht aus. Die Voraussetzungen des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b [X.] liegen mithin nicht vor. Ball [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: AG Berlin-[X.], Entscheidung vom 20.04.2007 - 220 C 330/06 - [X.], Entscheidung vom 04.09.2007 - 65 S 214/07 -

Meta

VIII ZB 105/07

10.03.2009

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.03.2009, Az. VIII ZB 105/07 (REWIS RS 2009, 4641)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4641

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