Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.06.2009, Az. III ZB 75/08

III. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 2841

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[X.] [X.]/08 vom 25. Juni 2009 in dem Rechtsstreit - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat am 25. Juni 2009 durch [X.] sowie [X.], [X.], [X.] und Schilling beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des [X.] vom 19. September 2008 - 6 [X.]/08 - aufgehoben. Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung über die Beru-fung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.500 • festgesetzt. Gründe: [X.] In dem der Rechtsbeschwerde zugrunde liegenden Verfahren nimmt der Kläger den Beklagten vor dem [X.] auf Rückzahlung von 2.500 • im Zusammenhang mit der Teilnahme an einem sogenannten [X.] in Anspruch. In der am 12. Januar 2007 zugestellten Klage vom 29. [X.] sowie in dem weiteren persönlichen Schreiben des [X.] an das Amtsgericht vom 17. März 2007 ist als Adresse des [X.] jeweils 1 - 3 - "[X.], [X.]

" angegeben. Unter dieser Anschrift erreichten den Kläger, dessen persönliches Erscheinen das Amtsgericht angeordnet hatte, auch die Ladung vom 14. Februar 2007 zum Termin am 9. März 2007 sowie die [X.] vom 28. Februar 2007 zunächst auf den 30. März 2007 sowie vom 27. März 2007 auf den 27. April 2007. Im Termin am 27. April 2007 wurde der Kläger, nachdem das Amtsgericht den Rechtsstreit mit zwei Parallelverfahren zum Zwecke der Beweisaufnahme verbunden hatte, als Zeuge vernommen. Hierbei gab er zur Person an: "Tierarzt, geschäftsansässig in [X.], wohnhaft in [X.]". Im Laufe des weiteren Verfahrens überreichte der Kläger mit Schrift-satz vom 13. September 2007 zwei von ihm gegen andere Teilnehmer des [X.] unter dem 24. Januar und dem 5. März 2007 erwirkte Urteile des [X.] (3 C 386/06) sowie des Amtsgerichts [X.] (23 C 2/07), in denen ebenfalls als seine Adresse jeweils "[X.], [X.]" angegeben war. Mit Urteil vom 22. Februar 2008 verurteilte das [X.] den Beklagten zur Zahlung von 2.500 • nebst Zinsen; im Rubrum war der Kläger unter der obigen Anschrift aufgeführt. Der Beklagte legte gegen dieses Urteil fristgemäß Berufung zum Land-gericht [X.] ein. Unter dem 7. Mai 2008 forderte der stellvertretende [X.] den Kläger auf, "seinen Wohnsitz, der sich nach sei-nen Angaben im Termin vom 27.4.2007 in [X.] befindet, näher bekannt zu geben und mitzuteilen, seit wann er dort wohnhaft ist". Nachdem der Kläger auf diese Aufforderung nicht reagierte, wiederholte das [X.] die Anfrage unter dem 4. August 2008. Der Kläger teilte daraufhin nunmehr mit, sein [X.] befinde sich in der [X.]6/A in

S. L. ; insoweit legte er einen [X.], ausgestellt am 29. September 2000, vor, in dem diese Anschrift aufgeführt war. 2 - 4 - Mit dem angefochtenen Beschluss vom 19. September 2008 hat das [X.] die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen, da sie [X.] § 119 Abs. 1 Nr. 1b [X.] nicht beim zuständigen [X.] eingelegt worden sei. Dieses Gericht sei zuständig, weil der Kläger bereits zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Rechtsstreites seinen Wohnsitz außerhalb des Geltungsbereiches des Gerichtsverfassungsgesetzes gehabt habe; dies sei durch Vorlage der Kopie des [X.] [X.]es glaubhaft gemacht. 3 Der Beklagte hat, nachdem ihn der Berichterstatter der 6. Zivilkammer des [X.] mit Verfügung vom 28. August 2008 auf die [X.] als unzulässig hingewiesen hatte, beim Oberlan-desgericht Köln nochmals Berufung eingelegt und gleichzeitig Wiedereinset-zung in den vorigen Stand beantragt. Insoweit ist im Hinblick auf das anhängige Rechtsbeschwerdeverfahren noch keine Entscheidung ergangen. 4 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO i.V.m. § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Ent-scheidung des [X.] erfordert. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg, da das [X.] seine Zuständigkeit zu Unrecht verneint hat. 5 Nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b [X.] sind die [X.]e in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zuständig für die Verhandlung und [X.] - [X.] über die Rechtsmittel in Streitigkeiten über Ansprüche, die von einer oder gegen eine [X.] erhoben werden, die ihren allgemeinen Gerichtsstand im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit in erster Instanz außerhalb des [X.] dieses Gesetzes hatte. Die Anknüpfung an den allgemeinen Gerichtsstand - d.h. bei natürlichen Personen an den Wohnsitz (§ 13 ZPO) - soll insoweit eine hinreichende [X.] und damit Rechtssicherheit für die Abgrenzung der [X.] zwischen Land- und [X.] gewährleisten (vgl. BT-Drucks. 14/6036, [X.]). Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Eintritts der Rechts-hängigkeit, also grundsätzlich gemäß § 253 Abs. 1, § 261 Abs. 1 ZPO der Zeit-punkt der Zustellung der Klageschrift, hier der 12. Januar 2007. Spätere Verän-derungen, wie z.B. ein Umzug ins Ausland oder vom Ausland ins Inland, sind damit - genauso wie es § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO für die Zuständigkeit des [X.] im Verfahren des ersten Rechtszugs vorsieht - grundsätzlich un-erheblich (vgl. nur [X.], Beschluss vom 3. Mai 2006 - [X.] - NJW 2006, 2782, 2783; Urteil vom 27. März 2008 - [X.]/07 - [X.]Report 2008, 763, 764; [X.]/Lückemann, ZPO, 27. Aufl., § 119 [X.], Rn. 14; [X.]/[X.], 3. Aufl., § 119 [X.], Rn. 9; Musielak/Wittschier, ZPO, 6. Aufl., § 119 [X.], Rn. 19, jeweils m.w.N.). 7 Durch die Regelung in § 119 Abs. 1 Nr. 2 [X.] soll bereits bei [X.] erkennbar sein, bei welchem Gericht ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Amtsgerichts einzulegen ist. Dies entspricht dem aus dem Gebot der Rechtssicherheit abgeleiteten Gebot der Rechtsmittelklarheit, dem Rechtsuchenden den Weg zur Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen klar vorzuzeigen. Hieraus folgt, dass der im Verfahren vor dem Amtsgericht un-bestritten gebliebene inländische oder ausländische Gerichtsstand einer [X.] 8 - 6 - zum Zeitpunkt der Zustellung der Klage im Rechtsmittelverfahren zugrunde zu legen ist und einer Nachprüfung durch das Rechtsmittelgericht grundsätzlich entzogen bleibt (vgl. nur [X.], Beschlüsse vom 28. Januar 2004 - [X.]/03 - [X.]Report 2004, 983, 984; 1. Juni 2004 - [X.]/04 - NJW-RR 2004, 1505; 9. November 2004 - [X.]/04 - juris Rn. 3; 6. Dezember 2005 - [X.] - juris Rn. 2; 1. März 2006 - [X.]8/05 - [X.]Report 2006, 809, 810; 28. März 2006 - [X.]/04 - NJW 2006, 1808, 1809; 10. Juli 2007 - [X.]/06 - NJW-RR 2008, 144). Neuer Vortrag im [X.] ist insoweit ausgeschlossen (vgl. auch [X.], Urteil vom 15. Februar 2005 - [X.] - NJW-RR 2005, 780 f), sodass dann, wenn eine [X.] aufgrund der erstinstanzlichen Darstellung der Gegenseite zu ihrem Wohnsitz zum Zeit-punkt der Rechtshängigkeit Berufung - bei einem inländischen Wohnsitz zum [X.] oder bei einem ausländischen Wohnsitz zum [X.] - einlegt, es der Gegenseite versagt ist, ihre frühere Darstellung in zweiter In-stanz zu korrigieren (siehe auch [X.], Beschluss vom 28. März 2006 - [X.]/04 - NJW 2006, 1808, 1809). Insoweit kommt es in diesen Fällen letztlich nicht darauf an, wo der allgemeine Gerichtsstand zum Zeitpunkt der Rechts-hängigkeit tatsächlich gelegen hat. In der Klageschrift soll jede natürliche Person ihren Wohnort angeben (§ 253 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4, § 130 Nr. 1 ZPO). Hiervon ausgehend sind - abge-sehen von Veränderungen bis zur Zustellung - für die Bestimmung des inländi-schen oder ausländischen Wohnsitzes der klagenden [X.] zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit grundsätzlich die von der Gegenseite unbestrittenen Angaben in der [X.] heranzuziehen ([X.], Beschlüsse vom 28. Januar 2004 - [X.]/03 - [X.]Report 2004, 983, 984; 9. November 2004 - [X.]/04 - juris Rn. 3; 6. Dezember 2005 - [X.] - juris Rn. 2), jedenfalls soweit diese eindeutig sind ([X.], Beschlüsse vom 19. September 2006 - [X.] - 7 - 31/05 - und 8. Januar 2008 - [X.] - juris Rn. 12 f bzw. 6 f zu der insoweit nicht eindeutigen Bezeichnung eines gewerbetreibenden Beklagten in der [X.] im Hinblick auf §§ 17, 21 ZPO). Danach war hier von einem Wohnsitz des [X.] in [X.] auszugehen, zumal der Kläger unter dieser Adresse auch in zwei Parallelverfahren Klage erhoben sowie im streitgegenständlichen Verfahren um Terminsverlegung ge-beten hatte und vom Amtsgericht unter dieser Adresse geladen werden konnte. 10 Der vorstehend erörterte Sinn und Zweck des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b [X.], aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit grund-sätzlich schon zu Beginn des Verfahrens die [X.] für die [X.]en erkennbar festzulegen, erfordert es, dass eine [X.], will sie sich an ihren eindeutigen Angaben in der Klageschrift zum Wohnsitz nicht festhalten lassen, bereits im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens konkret und [X.] zu einem davon abweichenden inländischen oder ausländischen Wohnsitz vortragen muss. 11 Diesen Anforderungen genügte die in zwei verbundenen [X.] gemachte Erklärung des [X.] als Zeuge vom 27. April 2007 nicht. Sie bezog sich auf den Sachstand vom [X.] und war daher ohne nähere Erläuterung nicht geeignet, die Bedeutung der Angaben in der Klage zum Wohnsitz in [X.]und damit zum allgemeinen Gerichtsstand zum Zeitpunkt der Zustellung am 12. Januar 2007 zu entkräften. Hierzu hätte der Kläger be-reits in erster Instanz konkret seine Angaben in der Klage korrigieren und ent-weder vortragen müssen, dass er zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit nicht mehr in [X.], sondern bereits in [X.] wohnhaft war oder dass er in [X.]nie wohnhaft gewesen ist, da es sich bei der in der Klage angegebenen Adresse 12 - 8 - entgegen § 130 Nr. 1 ZPO nur um eine Geschäftsadresse oder - wie es dem jetzigen Vortrag des [X.] in seiner Stellungnahme zum Wiedereinsetzungs-antrag des Beklagten vom 27. Oktober 2008 entspricht - um die Adresse eines Freundes gehandelt hat, an dessen [X.] sein Namensschild angebracht war und der ihn über die eingehende Post informiert hat. Vor diesem Hintergrund war es dem [X.] verwehrt, in der Beru-fungsinstanz die Frage eines etwaigen ausländischen Gerichtsstandes des [X.] zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit nachzuprüfen; die auf das zweifache Insistieren des [X.]es gemachten Angaben des [X.] waren insoweit unbeachtlich. 13 [X.] [X.] [X.] [X.] Schilling Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 22.02.2008 - 14 C 211/06 - LG [X.], Entscheidung vom 19.09.2008 - 6 [X.]/08 -

Meta

III ZB 75/08

25.06.2009

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.06.2009, Az. III ZB 75/08 (REWIS RS 2009, 2841)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2841

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