Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.01.2018, Az. 3 B 25/17

3. Senat | REWIS RS 2018, 14891

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Fehlerhafter Antrag auf betriebsindividuellen Betrag; Rückforderung


Leitsatz

1. Als Futterfläche eines Betriebs im Sinne von Art. 12 Abs. 2 Buchst. b VO (EG) Nr. 1254/1999 (juris: EGV 1254/1999) können nur solche Flächen berücksichtigt werden, die ausschließlich zur Ernährung der Tiere bestimmt sind (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 1. März 2007 - C-34/05 [ECLI:EU:C:2007:122], Schouten - Rn. 27 ff.).

2. Ein Antrag ist unabhängig davon sachlich fehlerhaft im Sinne von Art. 137 Abs. 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 73/2009 (juris: EGV 73/2009), ob der Fehler auf einer tatsächlichen oder einer rechtlichen Fehlvorstellung des Antragstellers beruht.

Gründe

1

Der Kläger wendet sich gegen die Herabsetzung des Wertes von Zahlungsansprüchen. Den ihm mit [X.]escheid vom 7. April 2006 zugewiesenen Zahlungsansprüchen lag ein [X.] [X.]etrag zugrunde, der auf die [X.]ewilligung von [X.] für das [X.] zurückgeht. Die [X.] wurden insoweit zurückgefordert, als bei der [X.]ewilligung Flächen als [X.]n berücksichtigt wurden, auf denen Kartoffeln angebaut worden waren. In seinem Agrarförderantrag "Fläche" hatte der Kläger diese Flächen mit dem [X.]ode für "Futterhackfrüchte" statt einem [X.]ode für Kartoffeln angegeben. Vor diesem Hintergrund korrigierte die [X.]eklagte mit dem hier angefochtenen [X.]escheid vom 16. Oktober 2013 den [X.] [X.]etrag und setzte den Wert der Zahlungsansprüche herab. In den Vorinstanzen hatte die dagegen gerichtete Klage keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat im Urteil vom 21. März 2017 ausgeführt, die zum Kartoffelanbau genutzte Fläche habe nicht als [X.] berücksichtigt werden können, weil sie zum "Gartenbau" gehöre. Außerdem könne die Fläche auch deshalb nicht als [X.] berücksichtigt werden, weil eine zu einem [X.]etrieb gehörende [X.] nur vorliege, wenn sie ausschließlich zur Ernährung der Tiere bestimmt gewesen sei. Der Kläger könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, denn die Zahlungsansprüche seien ihm auf der Grundlage von sachlich fehlerhaften Anträgen zugewiesen worden, was für ihn erkennbar gewesen sei.

2

Die auf die Revisionszulassungsgründe einer grundsätzlichen [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und eines [X.] (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat keinen Erfolg.

3

1. Die vom Kläger geltend gemachte grundsätzliche [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) setzt voraus, dass die Rechtssache eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Dies ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darzulegen. Erforderlich ist die Formulierung einer bestimmten, jedoch fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91 f.>, vom 7. Juni 1996 - 1 [X.] 127.95 - [X.]uchholz 430.4 [X.] Nr. 32 S. 26 und vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.]uchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14).

4

a) Der Kläger möchte geklärt wissen,

ob die Anerkennung einer [X.] nach Art. 12 Abs. 2 [X.] ([X.]) Nr. 1254/1999 voraussetzt, dass der Aufwuchs, der auf dieser Fläche produziert wird, vollständig an die Rinder des Antragstellers verfüttert wird.

5

Die Frage ist durch den [X.] bereits geklärt; sie ist zu bejahen. Der Durchführung eines Revisionsverfahrens und einer Vorlage an den [X.] bedarf es daher nicht (vgl. [X.], Urteil vom 6. Oktober 1982 - [X.]/81 [[X.]:[X.]:[X.]:1982:335], [X.] - Rn. 13 f. ).

6

Mit seinem Urteil vom 1. März 2007 in der Rechtssache - [X.]/05 [[X.]:[X.]:[X.]:2007:122], [X.] - (Rn. 27 ff.) hat der [X.] zu Art. 12 Abs. 2 [X.]uchst. b der Verordnung ([X.]) Nr. 1254/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 (A[X.]l. [X.]) entschieden, dass nur solche Flächen als [X.]n berücksichtigt werden können, die ausschließlich zur Ernährung der Tiere bestimmt sind. Wird keine Weidewirtschaft betrieben, so ist das nur dann der Fall, wenn der Aufwuchs vollständig an die in dem jeweiligen [X.]etrieb gehaltenen Tiere verfüttert, also nicht - wie hier - auch verkauft wird.

7

Die [X.]egrenzung der Gesamtzahl der Tiere eines [X.]etriebs, für die eine Prämie gewährt werden konnte, zielte darauf, eine exzessive Intensivtierhaltung zu vermeiden (vgl. Erwägungsgrund 13 der [X.] ([X.]) Nr. 1254/1999). Das in dem dafür maßgeblichen [X.]esatzdichtefaktor ausgedrückte Verhältnis zwischen prämienfähigen Tieren und [X.] sollte sicherstellen, dass innerbetrieblich eine [X.] zur Verfügung steht, die ausreicht, um den Futterbedarf der Tiere zu decken. Mit diesem Ziel wäre es - wie der [X.] ausgeführt hat - unvereinbar, Flächen als [X.]n zu berücksichtigen, die nicht ausschließlich zur Ernährung der im [X.]etrieb gehaltenen Tiere bestimmt sind und insoweit nicht zur Ernährung der Tiere beitragen. Dem entspricht, dass Art. 12 Abs. 2 [X.]uchst. b [X.] ([X.]) Nr. 1254/1999 bestimmte, von vornherein ungeeignete Flächen als [X.]n ausschließt. Gleiches gilt für den Wortlaut des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 [X.] ([X.]) Nr. 1254/1999, wonach der [X.]esatzdichtefaktor sich auf die innerbetriebliche [X.] bezieht, die zur Ernährung der Tiere verwendet wird. Darauf hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht hingewiesen.

8

Der hiergegen mit der [X.]eschwerde erhobene Einwand stellt das Urteil des [X.]s nicht ernstlich in Frage. Richtig ist, dass die hier in Rede stehende Rindersonderprämie in [X.] als Schlachtprämie gewährt wurde. Das hatte zur Folge, dass der [X.] bei Schlachtung innerhalb einer Frist von sechs Monaten, spätestens aber bis Ende Februar des Folgejahres gestellt werden konnte und der Tag der Antragstellung maßgeblich für das Jahr war, auf das die Tiere angerechnet wurden (Art. 8 Abs. 1 und 2, Art. 35 Abs. 2, Art. 42 Abs. 1 der Verordnung <[X.]> Nr. 2342/1999 der [X.] vom 28. Oktober 1999 sowie §§ 17 und 19 Abs. 2 der Rinder- und Schafprämien-Verordnung vom 22. Dezember 1999 <[X.]G[X.]l. I S. 2588>). Die damit einhergehende Flexibilität und der Umstand, dass die berücksichtigte innerbetriebliche [X.] nicht notwendig dem einzelnen Tier als Futtergrundlage gedient haben muss, stellt die Argumentation des [X.]s nicht in Frage. Sie rechtfertigt nicht, jenseits der Wirkungen der genannten Durchführungsbestimmungen von einem großzügigeren [X.]egriff der [X.] im Sinne von Art. 12 Abs. 2 [X.]uchst. b [X.] ([X.]) Nr. 1254/1999 auszugehen und damit die praktische Wirksamkeit der Regelung zu beschränken.

9

b) Weiter möchte der Kläger geklärt wissen,

ob für die Anerkennung einer [X.] nach Art. 12 Abs. 2 [X.]uchst. b [X.] ([X.]) Nr. 1254/1999 auch eine Fläche in [X.]etracht kam, auf der Kartoffeln angebaut wurden.

Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, denn sie ist nicht entscheidungserheblich.

Ist eine Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende [X.]egründungen gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser [X.]egründungen ein Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 9. Dezember 1994 - 11 PKH 28.94 - [X.]uchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 S. 4, vom 11. September 2002 - 9 [X.] 61.02 - juris Rn. 3 und vom 8. August 2008 - 9 [X.] 31.08 - [X.]uchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 33 Rn. 7).

Das Oberverwaltungsgericht hat die Rechtswidrigkeit der ursprünglich festgesetzten und im [X.] [X.]etrag berücksichtigten [X.] damit begründet, dass Kartoffelanbauflächen keine [X.]n seien, weil sie zum "Gartenbau" gehörten und damit gemäß Art. 12 Abs. 2 [X.]uchst. b [X.] ([X.]) Nr. 1254/1999 ausgeschlossen seien. Das ist Grundlage der aufgeworfenen Frage. Daneben hat es sich aber selbstständig tragend auch darauf gestützt, dass die Kartoffelanbauflächen nicht als [X.]n berücksichtigt werden konnten, weil sie nicht ausschließlich zur Ernährung der Tiere bestimmt waren, sondern die Kartoffeln teilweise verkauft wurden. Diesbezüglich liegt aber ein Revisionszulassungsgrund - wie ausgeführt - nicht vor.

c) Darüber hinaus wirft der Kläger die Frage auf,

ob ein sachlich fehlerhafter Antrag im Sinne von Art. 137 Abs. 2 Halbs. 1 [X.] ([X.]) Nr. 73/2009 auch dann vorliegt, wenn die Angabe eines Antragstellers auf einer fehlerhaften rechtlichen [X.]ewertung eines tatsächlichen Sachverhaltes beruht.

Auch diese Frage rechtfertigt nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens und eine Vorlage an den [X.], denn sie lässt sich ohne Weiteres mit Hilfe der üblichen Regeln der Gesetzesauslegung zweifelsfrei beantworten (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 24. August 1999 - 4 [X.] 72.99 - [X.]VerwGE 109, 268 <270> sowie [X.], Urteil vom 6. Oktober 1982 - [X.]/81, [X.] - Rn. 16 ff. ).

Das Integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem der [X.] Landwirtschaftsbeihilfen sieht systematische Verwaltungskontrollen und [X.] vor. Eine umfassende Überprüfung ist jedoch nicht möglich. Es setzt deshalb voraus, dass die vom [X.]eihilfeantragsteller gemachten Angaben von vornherein vollständig und richtig sind, was sich auch auf die Einhaltung der [X.]eihilfebedingungen bezieht (vgl. [X.], Urteile vom 16. Mai 2002 - [X.]/00 [[X.]:[X.]:[X.]], Schilling und [X.] - Rn. 33 f., 37 und vom 4. Oktober 2007 - [X.]/05 [[X.]:[X.]:[X.]:2007:574], Geuting - Rn. 30).

Art. 137 Abs. 2 [X.] ([X.]) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Januar 2009 (A[X.]l. [X.]) sieht vor, dass vor dem 1. Januar 2009 zugewiesene Zahlungsansprüche nicht als rechtmäßig und ordnungsgemäß gelten, wenn sie auf der Grundlage von sachlich fehlerhaften Anträgen [en: factually incorrect applications, fr: [X.] des erreurs [X.]] zugewiesen wurden (Satz 1), außer der Fehler war für den [X.]etriebsinhaber nach vernünftiger Einschätzung nicht erkennbar (Satz 2). In ähnlicher Weise stellt Art. 73 Abs. 1 [X.] ([X.]) Nr. 1122/2009 der [X.] vom 30. November 2009 (A[X.]l. L 316 S. 65, vormals auch Art. 68 Abs. 1 [X.] <[X.]> Nr. 796/2004) den [X.]etriebsinhaber von Sanktionen frei, wenn er sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft. Der letzte Halbsatz verdeutlicht, dass es in diesem Zusammenhang auf das Fehlen eigener Schuld ankommt.

Vorliegend geht es darum, dass der Kläger mit seinen Anträgen auf [X.]ewilligung von [X.] für die [X.]n auf eine Fläche [X.]ezug genommen hat, die er als Futterhackfrüchte codiert hat, obwohl der Aufwuchs nicht - wie für die [X.]odierung und die Gewährung der Prämie erforderlich - ausschließlich zur Ernährung der Rinder bestimmt war. Der Antrag war insoweit sachlich fehlerhaft. Ob der Fehler auf einer tatsächlichen oder einer rechtlichen Fehlvorstellung des Erklärenden beruht, lässt sich weder ohne Weiteres erkennen noch ist dies aus Sicht des Schutzes der finanziellen Interessen der [X.] von [X.]edeutung. Entscheidend ist, dass die [X.]odierung "Futterhackfrüchte" gleichermaßen zu der Fehlvorstellung der [X.]ehörde führt, es handele sich um eine Fläche, auf der tatsächlich Futterhackfrüchte im Sinne des [X.]odes angebaut werden. Vorausgesetzt, den [X.]etriebsinhaber trifft eine Schuld an seiner unzutreffenden Angabe, so ist kein Grund und keine Rechtfertigung dafür erkennbar, eine fehlerhafte Angabe, die auf einem Rechtsirrtum beruht, gegenüber einer ebensolchen zu privilegieren, die auf einen Tatsachenirrtum zurückzuführen ist.

2. Die geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) führen nicht zur Zulassung der Revision.

a) Der Kläger rügt, das Oberverwaltungsgericht habe entgegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO auf Akten eines vorangegangenen Verfahrens [X.]ezug genommen, die nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen seien. Folglich habe es die in diesem Verfahren gemachten Zeugenaussagen nicht auswerten dürfen. Damit ist ein Verfahrensfehler nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), denn der Fehler muss sowohl in den Tatsachen, die ihn begründen sollen, als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargelegt werden (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 5. Juni 2013 - 5 [X.] 11.13 - juris Rn. 7 und vom 12. März 2014 - 5 [X.] 48.13 - [X.]uchholz 310 § 96 VwGO Nr. 62 Rn. 12). Der Kläger bezieht sich pauschal auf die Protokolle und Urteile des vorliegenden erst- und berufungsinstanzlichen Verfahrens, setzt sich aber nicht damit auseinander, dass ausweislich des Tatbestands des [X.]erufungsurteils die Gerichtsakten des [X.] ([X.]/13), aus denen die Zeugenaussagen stammen, Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren ([X.]). Der Kläger hat gegen die Feststellung des Urteils nicht binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils [X.]erichtigung beantragt (§ 119 Abs. 1 VwGO) und setzt sich mit der [X.]eweiskraft des Urteils (§ 314 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO) nicht auseinander, aufgrund derer er die tatbestandliche Feststellung des Urteils grundsätzlich gegen sich gelten lassen muss (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 6. Dezember 1978 - 1 [X.] 46.75 - [X.]uchholz 402.5 [X.] Nr. 15 S. 47 und [X.]eschluss vom 10. November 1992 - 3 [X.] 52.92 - [X.]uchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5). Soweit der Kläger darüber hinaus auf einen Vortrag in einem vorangegangenen Verfahren [X.]ezug nimmt, ist schon nicht klar, was damit gemeint ist. Mit dem Zusatz, es liege zugleich ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 VwGO vor, ist ebenfalls ein Verfahrensfehler nicht hinreichend dargelegt. Der Kläger nennt lediglich die Vorschrift mit ihrer (nichtamtlichen) Überschrift.

b) Weiter rügt der Kläger, das Oberverwaltungsgericht gehe von einer "Offensichtlichkeit" seiner Argumentation zur [X.]odierung der Kartoffelanbauflächen aus. Die Vorinstanz habe sich in der [X.]esetzung mit drei [X.]erufsrichtern zu dieser schwierigen Frage bewusst gerade nicht geäußert. Das spreche gegen die - vermeintliche - Annahme des [X.], der hier in Rede stehende Fehler habe von dem Kläger "ohne Weiteres" erkannt werden können. Das Oberverwaltungsgericht habe es versäumt, sich damit auseinanderzusetzen, worin ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liege.

Mit diesem Vorbringen ist eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes nicht dargelegt. Ein Gericht verletzt das Gebot, seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen, wenn es gewichtige, in das Verfahren eingeführte Tatsachen nicht in [X.]etracht zieht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. Allein der Umstand, dass es sich nicht mit allen Einzelheiten des Sachverhalts - und damit möglicherweise auch jenen des vorinstanzlichen Urteils - auseinandersetzt, erlaubt nicht den Schluss, dass es den ihm unterbreiteten [X.] nicht umfassend in Erwägung gezogen hat ([X.]VerwG, Urteile vom 25. Juni 1992 - 3 [X.] 16.90 - [X.]uchholz 412.3 § 6 [X.]VFG Nr. 68 S. 64 und vom 5. Juli 1994 - 9 [X.] 158.94 - [X.]VerwGE 96, 200 <208 f.>).

c) Schließlich rügt der Kläger, die "allgemeine Auskunftslage", namentlich ein [X.]ericht der Zeitschrift "top agrar", sei nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Seine Heranziehung verstoße gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, sei überraschend und verletzte daher seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).

Mit der "allgemeinen Auskunftslage" greift das Oberverwaltungsgericht jenseits des Aspekts persönlicher [X.]eratung auf, dass sich der Kläger auf öffentliche Äußerungen beruft, namentlich zwei Artikel des [X.] (Schriftsatz vom 1. Februar 2016). Dieser war [X.]estandteil der Gerichtsakten des (erstinstanzlichen) Verfahrens und Gegenstand der mündlichen Verhandlung ([X.]). Das Oberverwaltungsgericht konstatiert, dass ein "Optimierungsmodell" im Sinne des [X.] - soweit ersichtlich - weder empfohlen noch praktiziert worden sei und führt als [X.]eleg dieser negativen Tatsache beispielhaft einen [X.]ericht in "top agrar" an.

Die [X.]erücksichtigung des [X.]erichts betrifft nicht den Grundsatz der freien [X.]eweiswürdigung und den Überzeugungsgrundsatz nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, sondern das Verbot, das Urteil auf Tatsachen und [X.]eweisergebnisse zu stützen, zu denen die [X.]eteiligten sich nicht äußern konnten (§ 108 Abs. 2 VwGO) und damit den Anspruch auf rechtliches Gehör. Auch wenn nicht ersichtlich ist, dass der [X.]ericht in das Verfahren eingeführt worden ist, hat die Rüge keinen Erfolg, weil der Verfahrensmangel nicht hinreichend bezeichnet ist (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Es wäre erforderlich gewesen dazulegen, was der Kläger bei ausreichender Gehörsgewährung zu diesem Einzelaspekt der Urteilsbegründung mit Aussicht auf Erfolg vorgetragen hätte (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 16. Februar 1998 - 4 [X.] 2.98 - NVwZ 1998, 1066 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

3 B 25/17

29.01.2018

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend OVG Lüneburg, 21. März 2017, Az: 10 LC 39/16, Urteil

Art 12 Abs 2 Buchst b EGV 1254/1999, Art 137 Abs 2 S 1 EGV 73/2009

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.01.2018, Az. 3 B 25/17 (REWIS RS 2018, 14891)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 14891

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 C 22/17 (Bundesverwaltungsgericht)

Betriebsprämie; Zuordnung von Flächen zu einem Betrieb


4 C 4/18 (Bundesverwaltungsgericht)

Umbruch von Dauergrünland


3 C 19/11 (Bundesverwaltungsgericht)

Schlachtprämie für männliche Rinder; verfrühter Beihilfeantrag; Berichtigung wegen offensichtlichem Irrtum


3 C 11/19 (Bundesverwaltungsgericht)

Prämienberechtigung einer GmbH & Co. KG


3 B 24/12 (Bundesverwaltungsgericht)

Betriebsprämienregelung; Bestimmung des betriebsindividuellen Betrags; Sonderprämie für Rinder; Zeitpunkt der Antragstellung


Referenzen
Wird zitiert von

10 K 2630/22

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.