Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 05.12.2019, Az. 3 C 22/17

3. Senat | REWIS RS 2019, 743

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Gegenstand

Betriebsprämie; Zuordnung von Flächen zu einem Betrieb


Leitsatz

Eine landwirtschaftliche Fläche, die ein Landwirt gepachtet hat, bleibt auch nach Beendigung des Pachtverhältnisses Fläche seines Betriebs im Sinne von Art. 44 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003, wenn er weiter die unmittelbare Sachherrschaft innehat und die Fläche landwirtschaftlich nutzt.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt eine weitere Betriebsprämie für das Wirtschaftsjahr 2006.

2

Sie ist ein Landwirtschaftsunternehmen und beantragte mit ihrem Sammelantrag auf Direktzahlungen und Agrarförderung 2006 die Betriebsprämie. In ihrem [X.] gab sie landwirtschaftliche Flächen in der Größe von 508,55 ha an. Im Zuge der [X.] wurde festgestellt, dass Flächen in der Größe von 43,08 ha zugleich von einem anderen Landwirtschaftsunternehmen beantragt worden waren. Hintergrund dieser Doppelbeantragung war, dass verschiedene Flächen, die die Klägerin gepachtet hatte, nach umstrittenen Kündigungen der Pachtverträge an dieses Unternehmen neu verpachtet worden waren. Nach Aufhebung des ursprünglichen Bescheides und Neuberechnung durch Bescheid vom 10. März 2008 blieben im Widerspruchsverfahren zuletzt noch Flächen in der Größe von 6,45 ha streitig. Der Beklagte wies insoweit den Widerspruch mit Bescheid vom 8. Dezember 2011 zurück. Fördervoraussetzung sei ein Recht zur Flächennutzung. Die Klägerin habe für die noch streitigen Flächen kein Nutzungsrecht nachweisen können. Aufgrund Urteils des [X.] stehe fest, dass die Pachtverträge der Klägerin für 5,98 ha der streitigen Flächen gekündigt worden seien und sie zur Herausgabe verpflichtet gewesen sei. Die übrige 0,47 ha große Fläche sei nur bis zum 31. August 2005 an die Klägerin verpachtet gewesen, eine weitergehende Nutzungsberechtigung habe sie nicht nachgewiesen. Für die verbleibende Übererklärung verhängte der Beklagte die sich daraus ergebende Kürzung in Höhe der doppelten Differenz zwischen beantragter und ermittelter Fläche.

3

Die dagegen gerichtete Klage blieb vor dem Verwaltungsgericht erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat das Urteil geändert und den Beklagten verpflichtet, der Klägerin die begehrte weitere Betriebsprämie zu gewähren. Es stehe außer Streit, dass es sich bei den noch streitigen Flächen um landwirtschaftliche Flächen handele, die die Klägerin in dem hier maßgeblichen Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis 31. Juli 2006 zum Anbau von Winterroggen beziehungsweise als Wiesen bewirtschaftet habe. Daraus ergebe sich die Zugehörigkeit der Flächen zum Betrieb der Klägerin. Dieser Zuordnung stehe nicht entgegen, dass der Verpächter das Pachtverhältnis zum 31. August 2005 gekündigt habe und sich die Kündigung im Nachhinein durch das im August 2010 verkündete Berufungsurteil des [X.] als wirksam herausgestellt habe. Die flächenbezogene Beihilfe knüpfe an die tatsächliche Bewirtschaftung an. Die Befugnis zur Bewirtschaftung werde letztlich vorausgesetzt. Nach der Rechtsprechung des [X.] genüge die Befugnis, die Flächen zu verwalten. Dafür reiche aus, dass der Landwirt über eine gewisse Selbstständigkeit und hinreichende Entscheidungsbefugnis zur Ausübung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit verfüge. Das sei hier unstreitig der Fall gewesen, denn die Klägerin sei auch nach Beendigung der [X.] als unmittelbare Besitzerin in der Lage gewesen, über die Bewirtschaftung der Flächen zu entscheiden. Den Besitz habe sie sich nicht angemaßt, sondern aufgrund des schwebenden Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Kündigung weiter innegehabt.

4

Hiergegen richtet sich die von dem Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision des Beklagten. Er macht geltend, das Urteil sei mit [X.] nicht vereinbar. Als Fördervoraussetzung müsse geprüft werden, ob eine Befugnis zur Nutzung der Flächen gegeben sei. Nach der Rechtsprechung des [X.] gehöre eine Fläche dann zum Betrieb eines Landwirts, wenn dieser befugt sei, sie für Zwecke einer landwirtschaftlichen Tätigkeit zu verwalten. Vorgaben zur Art des Rechtsverhältnisses bestünden zwar nicht, der Begriff der Befugnis impliziere aber ein Rechtsverhältnis. Der Besitz stelle kein Rechtsverhältnis dar, denn er besage nichts über den Rechtsgrund. Eine Befugnis lasse sich nicht schon darin sehen, dass ein Betriebsinhaber bei der Ausübung seiner Tätigkeit auf der Fläche tatsächlich über eine hinreichende Selbstständigkeit verfüge. Das betreffe nur den Umfang der erforderlichen Verwaltung. In den Fällen einer Doppelbeantragung bestehe ein greifbares Bedürfnis, eine rechtliche Befugnis zu fordern. Das sei auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt. Werde allein auf die tatsächliche Nutzung abgestellt, könne dies zu offenen Nutzungskonflikten führen ("Pflugkrieg"). Mit dem angefochtenen Urteil werde ein Anreiz geschaffen, eine Fläche nach Beendigung der Pacht nicht herauszugeben. Das sei nicht im Sinne des [X.]s.

5

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Für die Zuordnung der Flächen zum Betrieb sei die tatsächliche Nutzungsmöglichkeit entscheidend, was der [X.] bestätigt habe. Ein mit [X.] unvereinbarer Anreiz werde damit nicht gesetzt. Denn im Falle einer widerrechtlichen Nutzung müsse der Nutzer Schadensersatzansprüche gewärtigen. Es sei zudem nicht Aufgabe der Bewilligungsbehörde, das Bestehen eines [X.]s zu beurteilen.

6

Der Vertreter des [X.] beim [X.] beteiligt sich am Verfahren und trägt im Einvernehmen mit dem [X.] vor, ein Recht zum Besitz sei keine Fördervoraussetzung, maßgeblich sei grundsätzlich die tatsächliche Bewirtschaftung. Nach dem Wortlaut der einschlägigen Vorschrift folge die Zuordnung einer Fläche zu einem Betrieb der Nutzung; er lasse genügen, dass die Fläche diesem zur Verfügung stehe. Dem folgend fordere das Verwaltungs- und Kontrollsystem keine Angaben über ein Besitzrecht und diesbezügliche Nachweise. Das entspreche dem Ziel, diejenigen zu fördern, die die Flächen bewirtschaften und damit entsprechende Ausgaben und Risiken tragen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts sei die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum Besitzerin und als solche gemäß §§ 861 f. BGB in ihrem Besitz geschützt gewesen. Dem Eigentümer oder sonst Berechtigten sei es verwehrt, seinen Herausgabeanspruch ohne gerichtliche Hilfe eigenmächtig durchzusetzen. Nach der Rechtsprechung des [X.] genüge, dass der jeweilige Landwirt über die Fläche tatsächlich mit hinreichender Selbstständigkeit bei der Ausübung seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit verfüge. Die Fläche müsse nicht aufgrund eines Pachtvertrags oder eines ähnlichen Geschäfts zur Verfügung stehen. Soweit der Gerichtshof von einer "Befugnis zu verwalten" spreche, sei dies im Sinne der [X.] Fassung ("power to manage") weit zu verstehen und umfasse die rein tatsächliche Möglichkeit. Zur Frage der zehnmonatigen Nutzungsdauer stelle der Gerichtshof ebenso darauf ab, dass die Fläche nicht von einem Dritten genutzt worden sein dürfe. Im Zusammenhang mit der für die [X.] habe der Gerichtshof in vergleichbarer Weise entschieden, dass sich die Verfügbarkeit aus der tatsächlichen Nutzung ergeben könne. Auch die [X.] habe sich wiederholt auf den Standpunkt gestellt, es komme darauf an, wem eine Fläche de facto zur Verfügung stehe. Würde ein Recht zum Besitz vorausgesetzt, könnten zivilrechtliche Konflikte in das Bewilligungsverfahren getragen werden, womit erhebliche Nachteile für den bewirtschaftenden Betrieb verbunden seien. Auch würde der mit der Kontrolle verbundene Aufwand das intendiert vereinfachte Antragsverfahren und die Bewilligung der Direktzahlungen übermäßig verkomplizieren und hinauszögern, zumal es nicht Sache der Bewilligungsstellen sei, über zivilrechtliche Konflikte zu entscheiden.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des Beklagten ist ni[X.]ht begründet. Das angefo[X.]htene Urteil steht in Einklang mit revisiblem Re[X.]ht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Das Oberverwaltungsgeri[X.]ht hat zu Re[X.]ht angenommen, dass die no[X.]h in Rede stehenden 6,45 ha großen Flä[X.]hen im Wirts[X.]haftsjahr 2006 Flä[X.]hen des Betriebs der Klägerin waren. Eine landwirts[X.]haftli[X.]he Flä[X.]he, die ein Landwirt gepa[X.]htet hat, bleibt au[X.]h na[X.]h Beendigung des Pa[X.]htverhältnisses Flä[X.]he seines Betriebs im Sinne von Art. 44 Abs. 2 VO ([X.]) Nr. 1782/2003, wenn er - wie hier die Klägerin - weiter die unmittelbare Sa[X.]hherrs[X.]haft innehat und die Flä[X.]he landwirts[X.]haftli[X.]h nutzt. Die Klägerin hat daher über den bewilligten Betrag hinaus Anspru[X.]h auf eine weitere Betriebsprämie für diese Flä[X.]hen und für ihre übrigen Flä[X.]hen im Umfang der insoweit ni[X.]ht gere[X.]htfertigten Kürzung.

8

1. Re[X.]htsgrundlage der hier in Rede stehenden Betriebsprämie ist die Verordnung ([X.]) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirts[X.]haftli[X.]her Betriebe und zur Änderung der Verordnungen ([X.]) Nr. 2019/93, ([X.]) Nr. 1452/2001, ([X.]) Nr. 1453/2001, ([X.]) Nr. 1454/2001, ([X.]) Nr. 1868/94, ([X.]) Nr. 1251/1999, ([X.]) Nr. 1254/1999, ([X.]) Nr. 1673/2000, ([X.]) Nr. 2358/71 und ([X.]) Nr. 2529/2001 ([X.]. [X.], mit Beri[X.]htigung in [X.]. 2004, [X.] [X.]), in der für das Wirts[X.]haftsjahr 2006 geltenden Fassung.

9

Gemäß Art. 36 Abs. 1 VO ([X.]) Nr. 1782/2003 werden Betriebsprämien auf der Grundlage von Zahlungsansprü[X.]hen für eine entspre[X.]hende Hektarzahl beihilfefähiger Flä[X.]hen gezahlt. Jeder Zahlungsanspru[X.]h gibt zusammen mit je einem Hektar beihilfefähiger Flä[X.]he Anspru[X.]h auf Zahlung des mit dem Zahlungsanspru[X.]h festgesetzten Betrags (Art. 44 Abs. 1 VO <[X.]> Nr. 1782/2003). Dabei ist "beihilfefähige Flä[X.]he" jede landwirts[X.]haftli[X.]he Flä[X.]he des Betriebs, die als A[X.]kerland oder Dauergrünland genutzt wird, ausgenommen die für Dauerkulturen, Wälder oder ni[X.]ht landwirts[X.]haftli[X.]he Tätigkeiten genutzten Flä[X.]hen (Art. 44 Abs. 2 VO <[X.]> Nr. 1782/2003).

2. Na[X.]h den Feststellungen des [X.] ist unstreitig, dass es si[X.]h bei den in Rede stehenden Flä[X.]hen um "landwirts[X.]haftli[X.]he Flä[X.]hen" handelt, weil sie tatsä[X.]hli[X.]h als A[X.]ker- beziehungsweise Dauergrünland genutzt wurden (zur Legaldefinition vgl. Art. 2 Bu[X.]hst. a VO <[X.]> Nr. 795/2004 der [X.] vom 21. April 2004 mit Dur[X.]hführungsbestimmungen zur [X.] gemäß der Verordnung <[X.]> Nr. 1782/2003 des Rates mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirts[X.]haftli[X.]her Betriebe <[X.]. L 141 S. 1> i.V.m. Art. 2 Abs. 1 und 2 VO <[X.]> Nr. 796/2004 der [X.] vom 21. April 2004 mit Dur[X.]hführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpfli[X.]htungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem na[X.]h der Verordnung <[X.]> Nr. 1782/2003 des Rates mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirts[X.]haftli[X.]her Betriebe <[X.]. L 141 S. 18> in der Fassung der Verordnung <[X.]> Nr. 239/2005 der [X.] vom 11. Februar 2005 zur Änderung und Beri[X.]htigung der Verordnung <[X.]> Nr. 796/2004 mit Dur[X.]hführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpfli[X.]htungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem na[X.]h der Verordnung <[X.]> Nr. 1782/2003 des Rates mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirts[X.]haftli[X.]her Betriebe <[X.]. L 42 S. 3>). Ebenfalls unstreitig festgestellt ist, dass die Flä[X.]hen allein von der Klägerin genutzt wurden. Sie hat auf den Flä[X.]hen für si[X.]h und damit im eigenen Namen und auf eigene Re[X.]hnung eine landwirts[X.]haftli[X.]he Tätigkeit (vgl. Art. 2 Bu[X.]hst. [X.] VO <[X.]> Nr. 1782/2003) ausgeübt, was Voraussetzung für die Aktivierung von Zahlungsansprü[X.]hen und damit die Betriebsprämie ist ([X.], Urteil vom 14. Oktober 2010 - [X.]/09 [[X.]:[X.]:[X.]], [X.] - Rn. 69). Ein Betriebsprämienanspru[X.]h des Landwirts[X.]haftsunternehmens, das neben der Klägerin für dieselben Flä[X.]hen eine Betriebsprämie beantragt hat, s[X.]heidet vor diesem Hintergrund aus.

3. Zwis[X.]hen den Beteiligten ist allein streitig, ob die Flä[X.]hen dem Betrieb der Klägerin für das Wirts[X.]haftsjahr 2006 zuzuordnen sind, es si[X.]h also um "Flä[X.]hen des Betriebs" im Sinne von Art. 44 Abs. 2 VO ([X.]) Nr. 1782/2003 gehandelt hat.

a) Die Voraussetzungen für die Zuordnung einer Flä[X.]he zum Betrieb sind mit dem Wortlaut inhaltli[X.]h ni[X.]ht weiter ums[X.]hrieben. Allerdings ist der Begriff des "Betriebs" gesetzli[X.]h definiert als die Gesamtheit der vom Betriebsinhaber verwalteten Produktionseinheiten, die si[X.]h im Gebiet desselben Mitgliedstaates befinden (Art. 2 Bu[X.]hst. b VO <[X.]> Nr. 1782/2003). Einem Betrieb konstitutiv zugeordnet sind damit die von ihm verwalteten (en: managed; fr: gérées) Produktionseinheiten, wozu Flä[X.]hen gehören (vgl. Art. 2 Bu[X.]hst. j VO <[X.]> Nr. 795/2004). Ferner müssen die für die Betriebsprämie angemeldeten Flä[X.]hen dem Betriebsinhaber für einen Zeitraum von mindestens zehn Monaten "zur Verfügung" stehen (Art. 44 Abs. 3 Satz 2 VO <[X.]> Nr. 1782/2003).

Der Europäis[X.]he Geri[X.]htshof hat auf der Grundlage dieser systematis[X.]hen Zusammenhänge die Voraussetzungen der Zuordnung näher bestimmt. In der Re[X.]htssa[X.]he [X.] hat er zum Begriff der "vom Betriebsinhaber verwalteten Produktionseinheiten" und der dafür erforderli[X.]hen Verfügungsgewalt ents[X.]hieden, dass es genüge, wenn der Betriebsinhaber hinsi[X.]htli[X.]h der Flä[X.]hen bei der Ausübung seiner landwirts[X.]haftli[X.]hen Tätigkeit über eine hinrei[X.]hende Selbstständigkeit verfüge, er mithin in der Lage sei, die Flä[X.]hen mit der gebotenen Selbstständigkeit zu nutzen ([X.], Urteil vom 14. Oktober 2010 - [X.]/09, [X.] - Rn. 59 bis 65). Eine der tatsä[X.]hli[X.]hen Verfügungsgewalt zugrunde liegende re[X.]htli[X.]he [X.] gegenüber dem Eigentümer der Flä[X.]hen aus einem wirksamen Pa[X.]htvertrag oder einem ähnli[X.]hen Re[X.]htsverhältnis hat er ni[X.]ht gefordert.

b) In diesem Sinne hat der Europäis[X.]he Geri[X.]htshof au[X.]h in der Re[X.]htssa[X.]he [X.] u.a. geurteilt. Zur Bestimmung einer innerbetriebli[X.]hen Futterflä[X.]he, die für die Rinderprämien während eines Kalenderjahres als "Betriebsflä[X.]he" "zur Verfügung" stehen muss, hat er das Unionsre[X.]ht dahin ausgelegt, dass es auf die tatsä[X.]hli[X.]he [X.] ankomme und ein Na[X.]hweis einer Bere[X.]htigung zur Nutzung der Flä[X.]hen ni[X.]ht gefordert sei ([X.], Urteil vom 24. Juni 2010 - [X.]/08 [[X.]:[X.]:C:2010:365], [X.] u.a. - Rn. 57 ff., 66; zu den Ursprüngen der Flä[X.]henverfügbarkeit vgl. Busse, AuR 2017, 370 <372>). Dem lag ein Betriebsbegriff zugrunde, der einen Betrieb als Gesamtheit der in demselben Mitgliedstaat ansässigen und von einem Erzeuger geleiteten (en: managed; fr: gérées) Produktionseinheiten definierte und damit - soweit hier bedeutsam - glei[X.]h definiert war (vgl. Art. 3 VO <[X.]> Nr. 1254/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleis[X.]h <[X.]. L 160 S. 21>). Zur Begründung verwies der Geri[X.]htshof darauf, die Betriebsdefinition und der Verweis auf die zur Verfügung stehende Betriebsflä[X.]he erlaubten ni[X.]ht den S[X.]hluss, dass ein Bere[X.]htigungsna[X.]hweis vorgelegt werden müsse. Zudem verwies er auf die Regelung zur Flä[X.]henbestimmung, für die die tatsä[X.]hli[X.]h genutzte Flä[X.]he maßgebli[X.]h sei (Art. 22 Abs. 2 VO <[X.]> Nr. 2419/2001 der [X.] vom 11. Dezember 2001 mit Dur[X.]hführungsbestimmungen zum mit der Verordnung <[X.]> Nr. 3508/92 des Rates eingeführten integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeins[X.]haftli[X.]he Beihilferegelungen <[X.]. L 327 S. 11>). Letzterem entspri[X.]ht für die Betriebsprämie der in Rede stehende Art. 30 Abs. 2 VO ([X.]) Nr. 796/2004.

Die Parallelität von Wortlaut und Systematik der Regelungen sowie der Umstand, dass die [X.] aus den genannten produktbezogenen Beihilferegelungen entwi[X.]kelt wurde, legen nahe, die Ents[X.]heidung in der Re[X.]htssa[X.]he [X.] u.a. auf das hier in Rede stehende Betriebsprämienre[X.]ht zu übertragen und verstärken die vorstehend genannten Aussagen des Geri[X.]htshofs in der Re[X.]htssa[X.]he [X.]. Aus dem Systemwe[X.]hsel von den produktbezogenen Beihilfen zu der von der konkreten Produktion entkoppelten Betriebsprämie lässt si[X.]h ni[X.]hts Gegenteiliges ableiten. Sowohl bei den produktbezogenen Beihilfen wie au[X.]h bei der Betriebsprämie handelt es si[X.]h um [X.] (vgl. Erwägungsgründe 1 und 21 VO <[X.]> Nr. 1782/2003 und Erwägungsgrund 2 VO <[X.]> Nr. 1254/1999), die unter anderem über die Zuordnung von Flä[X.]hen zum Betrieb begrenzt werden.

[X.]) Allerdings weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass der Europäis[X.]he Geri[X.]htshof in der Re[X.]htssa[X.]he [X.] zur Zuordnung einer Flä[X.]he zu einem Betrieb eingangs formuliert, sie gehöre zum Betrieb eines Landwirts, wenn dieser "befugt" sei, sie zum Zwe[X.]ke der Ausübung einer landwirts[X.]haftli[X.]hen Tätigkeit zu verwalten ([X.], Urteil vom 14. Oktober 2010 - [X.]/09, [X.] - Rn. 58). In seinen weiteren Ausführungen ist der Geri[X.]htshof auf eine Befugnis jedo[X.]h ni[X.]ht zurü[X.]kgekommen und hat zusammenfassend festgestellt, dass ein Betrieb im Sinne von Art. 44 Abs. 2 VO ([X.]) Nr. 1782/2003 aus A[X.]kerland und Dauergrünland bestehe, das vom Betriebsinhaber mit einer gewissen Selbstständigkeit für eine landwirts[X.]haftli[X.]he Tätigkeit genutzt wird ([X.], Urteil vom 14. Oktober 2010 a.a.[X.] Rn. 68). Der Vertreter des [X.] beim Bundesverwaltungsgeri[X.]ht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass in der englis[X.]hen Spra[X.]hfassung des Urteils von "the power to manage" die Rede ist ([X.], Urteil vom 14. Oktober 2010 a.a.[X.] Rn. 58). Dem entspri[X.]ht in der Arbeitsspra[X.]he des Geri[X.]hts die Wendung "[X.]". Beide Formulierungen zwingen ni[X.]ht zu der Annahme, der Geri[X.]htshof setzte eine re[X.]htli[X.]he Befugnis voraus, womit si[X.]h zuglei[X.]h das Spannungsverhältnis zu den weiteren vertiefenden Ausführungen des Geri[X.]htshofs auflöst. Dem entspre[X.]hend hat der Europäis[X.]he Geri[X.]htshof in na[X.]hfolgenden Urteilen die Voraussetzungen der Zuordnung von Flä[X.]hen im Sinne von Art. 44 Abs. 2 der Verordnung ([X.]) Nr. 1782/2003 dahingehend zusammengefasst, dass eine Flä[X.]he zum Betrieb gehöre, "wenn der Betriebsinhaber befugt ist, die Flä[X.]he zum Zwe[X.]ke der Ausübung einer landwirts[X.]haftli[X.]hen Tätigkeit zu verwalten, das heißt, wenn er hinsi[X.]htli[X.]h dieser Flä[X.]he über eine hinrei[X.]hende Selbständigkeit bei der Ausübung seiner landwirts[X.]haftli[X.]hen Tätigkeit verfügt" ([X.], Urteil vom 2. Juli 2015 - [X.]/13 [[X.]:[X.]:C:2015:439], [X.] - Rn. 58 und - zur Folgevors[X.]hrift der Verordnung <[X.]> Nr. 73/2009 - Urteil vom 2. Juli 2015 - [X.]/13 [[X.]:[X.]:[X.]], [X.] - Rn. 44). Vertragli[X.]he Vereinbarungen können gegebenenfalls die Nutzung von Flä[X.]hen tatsä[X.]hli[X.]h eins[X.]hränken (vgl. [X.], Urteil vom 2. Juli 2015 - [X.]/13, [X.] - Rn. 59), rei[X.]hen andererseits aber ni[X.]ht ohne weiteres aus, die Frage na[X.]h der tatsä[X.]hli[X.]hen Nutzung zu beantworten ([X.], Urteil vom 2. Juli 2015 - [X.]/13, [X.] - Rn. 43). Ferner hat der Europäis[X.]he Geri[X.]htshof in der Re[X.]htssa[X.]he [X.], in der die Nutzung vertragli[X.]h geregelt war, ausgeführt, dass es auf die Art des Re[X.]htsverhältnisses, auf dessen Grundlage eine Flä[X.]he genutzt werde, ni[X.]ht ankomme. Im Übrigen verwies er die Zuordnung in die Verantwortung der nationalen Geri[X.]hte, die diese anhand aller Umstände des Falles zu prüfen hätten ([X.], Urteil vom 14. Oktober 2010 - [X.]/09, [X.] - Rn. 51, 54, 62, 69).

d) Auf der Grundlage dieser Auslegung von Art. 44 Abs. 2 VO ([X.]) Nr. 1782/2003 dur[X.]h den Europäis[X.]hen Geri[X.]htshof ist ni[X.]ht zweifelhaft, dass die hier streitigen Flä[X.]hen dem Betrieb der Klägerin für das Wirts[X.]haftsjahr 2006 zuzuordnen waren, so dass es einer Vorlage gemäß Art. 267 A[X.]V ni[X.]ht bedarf (vgl. [X.], Urteil vom 6. Oktober 1982 - [X.]/81 [[X.]:[X.]:C:1982:335], [X.] - Rn. 21).

In tatsä[X.]hli[X.]her Hinsi[X.]ht ist unstreitig, dass die Klägerin im maßgebli[X.]hen Zeitraum die unmittelbare Sa[X.]hherrs[X.]haft über die streitigen Flä[X.]hen innehatte und damit in der Lage war, diese - wie ges[X.]hehen - landwirts[X.]haftli[X.]h zu nutzen. Au[X.]h die re[X.]htli[X.]hen Verhältnisse bestätigen hier die Zuordnung der Flä[X.]hen zum Betrieb der Klägerin. Die Nutzung vollzog si[X.]h - ungea[X.]htet des Na[X.]hweises beziehungsweise [X.] eines Pa[X.]htverhältnisses - im re[X.]htli[X.]hen Rahmen des mit der unmittelbaren Sa[X.]hherrs[X.]haft einhergehenden Besitzes, der im Zuge der Pa[X.]ht der Klägerin überlassen worden war. Mit den Worten des [X.] hat si[X.]h die Klägerin den Besitz ni[X.]ht angemaßt, diesen mithin ni[X.]ht dur[X.]h verbotene Eigenma[X.]ht erlangt (§ 858 [X.]). Soweit sie gegenüber den Eigentümern na[X.]h Beendigung der Pa[X.]htverhältnisse ni[X.]ht mehr zum Besitz bere[X.]htigt war, war sie glei[X.]hwohl im Fortbestand des Besitzes ges[X.]hützt und damit au[X.]h re[X.]htli[X.]h in der Lage, die Flä[X.]hen weiter zu nutzen. Als unmittelbare Besitzerin war sie dur[X.]h Einräumung eines Gewaltre[X.]hts (§ 859 [X.]) und dur[X.]h die Besitzs[X.]hutzansprü[X.]he der §§ 861 ff. [X.] gegenüber der Allgemeinheit und au[X.]h im [X.] gegenüber den Eigentümern und anderweitig Bere[X.]htigten ges[X.]hützt. Entspre[X.]hend war sie in der Lage, Dritte von einer konkurrierenden Nutzung auszus[X.]hließen (vgl. [X.], S[X.]hlussanträge vom 11. Mai 2010 - [X.]/09 [[X.]:[X.]:C:2010:265], [X.] - Rn. 58). Die Flä[X.]hen wurden ni[X.]ht von einem Dritten genutzt und konnten deshalb au[X.]h ni[X.]ht dem Betrieb eines anderen Landwirts zugeordnet werden (vgl. [X.], Urteil vom 14. Oktober 2010 - [X.]/09, [X.] - Rn. 66). Der S[X.]hutz des Besitzes na[X.]h den Bestimmungen des Bürgerli[X.]hen Gesetzbu[X.]hs endet ni[X.]ht vor Aufgabe oder Verlust des Besitzes, etwa dur[X.]h Vollstre[X.]kung eines [X.]. Das war im maßgebli[X.]hen Zeitraum ersi[X.]htli[X.]h ni[X.]ht der Fall, na[X.]hdem das Urteil des Oberlandesgeri[X.]hts Dresden erst na[X.]h dem hier maßgebli[X.]hen Zeitraum re[X.]htskräftig wurde.

e) Die weiteren Argumente des Beklagten stellen dieses Ergebnis ni[X.]ht in Frage. Es mag zwar zutreffen, dass die im Falle eines gekündigten Pa[X.]htverhältnisses fortbestehende Zuordnung von Pa[X.]htflä[X.]hen ebenso wie die allgemeine Mögli[X.]hkeit, Flä[X.]hen weiter zu nutzen, ein gewisser Anreiz dafür sein kann, diese pfli[X.]htwidrig ni[X.]ht herauszugeben. Das ist jedo[X.]h Folge des Besitzs[X.]hutzes, der im Interesse des Re[X.]htsfriedens den Eigentümer oder sonst Bere[X.]htigten auf den Re[X.]htsweg verweist und auf diese Weise einem "Pflugkrieg" entgegenwirkt. Zudem muss der unbere[X.]htigte Besitzer Sekundäransprü[X.]he aus dem früheren Vertragsverhältnis beziehungsweise dem [X.] gewärtigen. Dem Unionsre[X.]ht ist eine gegenläufige Wertung ni[X.]ht zu entnehmen.

S[X.]hließli[X.]h hat der Vertreter des [X.] beim Bundesverwaltungsgeri[X.]ht zutreffend darauf hingewiesen, dass die Agrarförderung im Interesse einer effizienten Massenverwaltung in einem einfa[X.]hen Antragsverfahren bewältigt werden soll und es - zumindest in aller Regel - ni[X.]ht Aufgabe der für die Agrarförderung zuständigen Stellen ist, zivilre[X.]htli[X.]he Konflikte zwis[X.]hen dem Eigentümer und dem Nutzer einer landwirts[X.]haftli[X.]hen Flä[X.]he oder zwis[X.]hen vers[X.]hiedenen Nutzern zu ents[X.]heiden, zumal diese auf dem Re[X.]htsweg vor den ordentli[X.]hen Geri[X.]hten ausgetragen werden können.

f) Etwas anderes ergibt si[X.]h au[X.]h ni[X.]ht aus nationalen Bestimmungen zur Umsetzung des Agrarförderre[X.]hts. Der Europäis[X.]he Geri[X.]htshof hat in der Re[X.]htssa[X.]he [X.] u.a. zwar anerkannt, dass den Mitgliedstaaten im Rahmen des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems ein Gestaltungsspielraum zukommt. Im Interesse der Bekämpfung von Unregelmäßigkeiten kann unter Bea[X.]htung bestimmter Grenzen eine nationale Regelung zulässig sein, auf deren Grundlage der Na[X.]hweis einer Nutzungsbere[X.]htigung verlangt wird ([X.], Urteil vom 24. Juni 2010 - [X.]/08, [X.] u.a. - Rn. 75 ff.). Eine derartige nationale Regelung besteht jedo[X.]h ni[X.]ht.

Die Kostenents[X.]heidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

3 C 22/17

05.12.2019

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 9. März 2017, Az: 1 A 147/15, Urteil

Art 2 Buchst b EGV 1782/2003, Art 2 Buchst c EGV 1782/2003, Art 36 Abs 1 EGV 1782/2003, Art 44 Abs 1 EGV 1782/2003, Art 44 Abs 2 EGV 1782/2003, Art 44 Abs 3 EGV 1782/2003, Art 2 Buchst a EGV 795/2004, Art 2 Buchst j EGV 795/2004, Art 2 Abs 1 EGV 796/2004, Art 2 Abs 2 EGV 796/2004, Art 30 Abs 2 EGV 796/2004, § 858 BGB, § 859 BGB, § 861 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 05.12.2019, Az. 3 C 22/17 (REWIS RS 2019, 743)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 743

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