Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.08.2014, Az. XII ZB 255/14

12. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 3245

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Gegenstand

Versäumung der Frist zur Beschwerdebegründung in einer Familiensache: Anforderungen an eine Ausgangskontrolle in der Kanzlei des Verfahrensbevollmächtigten bei Telefaxversendung fristgebundener Schriftsätze


Leitsatz

Zur Ausgangskontrolle bei der Telefaxversendung von fristgebundenen Schriftsätzen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Familiensenats des [X.] vom 25. März 2014 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen.

Wert: 13.126 €

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht hat den Antragsgegner durch Beschluss vom 28. Oktober 2013 verpflichtet, an die Antragstellerin rückständigen und laufenden Trennungsunterhalt zu zahlen. Gegen den am 30. Oktober 2013 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 2. Dezember 2013 (Montag) Beschwerde eingelegt. Der an das [X.] adressierte [X.] vom 30. Dezember 2013 ist am gleichen Tage um 16:06 Uhr an das Amtsgericht gefaxt worden. Das Original dieses Schriftsatzes ist am 31. Dezember 2013, der von dem Amtsgericht weitergeleitete Telefaxausdruck am 7. Januar 2014 bei der gemeinsamen Annahmestelle der [X.] Justizbehörden eingegangen.

2

Auf den vom [X.] erteilten Hinweis auf die Fristversäumung hat der Antragsgegner durch Schriftsatz vom 31. Januar 2014 mit folgender Begründung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der [X.] beantragt: Die Beschwerdebegründung sei versehentlich an das Amtsgericht gefaxt worden. Mit der Überwachung des [X.] und der Sicherstellung der rechtzeitigen Übermittlung des Schriftsatzes sei in der Kanzlei der [X.]n des Antragsgegners die langjährig beschäftigte und äußerst zuverlässige Mitarbeiterin [X.] betraut worden, die eigens ihren Urlaub unterbrochen habe, um den Fristablauf am 30. Dezember 2013 bearbeiten und überwachen zu können. Der zuvor diktierte [X.] sei an diesem Tag von der Mitarbeiterin geschrieben und korrekt an das [X.] adressiert worden. Die [X.] habe den ihr vorgelegten Schriftsatz auf inhaltliche Richtigkeit und korrekte [X.] überprüft. Bei der Auswahl der auf dem Schriftsatz vermerkten Telefaxnummer sei der Mitarbeiterin [X.] ein bislang noch nie vorgekommener Fehler unterlaufen, weil sie versehentlich die Telefaxnummer des Amtsgerichts "aus dem [X.] gezogen" habe. Der Sendebericht sei darauf kontrolliert worden, ob sämtliche Seiten korrekt übermittelt worden seien, was der Fall gewesen sei. Der Sendebericht sei daraufhin in der Handakte abgeheftet und der [X.] zur Post gegeben worden.

3

Das [X.] hat die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt und die Beschwerde des Antragsgegners verworfen. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde ist nach § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i.V.m. §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig, weil der Antragsgegner nicht aufzuzeigen vermag, dass eine Entscheidung des [X.] zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre (§ 574 Abs. 2 ZPO). Es liegt keine Divergenz zur Rechtsprechung des [X.] vor und die Entscheidung des [X.] verletzt auch den verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch des Antragsgegners auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) nicht.

5

1. Die Beschwerdebegründung ist erst am 31. Dezember 2013 und damit nach Ablauf der am 30. Dezember 2013 endenden Frist zur Begründung der Beschwerde bei dem [X.] eingegangen.

6

2. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor, denn der Antragsgegner hat die [X.] nicht unverschuldet versäumt. Das Beschwerdegericht hat zutreffend erkannt, dass das Versäumnis jedenfalls auf einem Organisationsverschulden seiner [X.]n hinsichtlich der gebotenen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze beruht, welches sich der Antragsgegner nach § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.

7

a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des [X.] zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige Gericht übermittelt worden ist. Erst danach darf die Frist im [X.] gestrichen werden. Dabei darf sich die Kontrolle des [X.] grundsätzlich nicht darauf beschränken, die auf diesem ausgedruckte Faxnummer mit der zuvor aufgeschriebenen, z.B. bereits in den Schriftsatz eingefügten Faxnummer zu vergleichen, sondern der Abgleich hat anhand eines zuverlässigen Verzeichnisses oder einer anderen geeigneten Quelle zu erfolgen, um auch etwaige Fehler bei der Ermittlung der Faxnummer aufdecken zu können (vgl. [X.] Beschlüsse vom 24. Oktober 2013 - [X.] - NJW 2014, 1390 Rn. 8; vom 10. September 2013 - [X.]/12 - NJW-RR 2013, 1467 Rn. 7; vom 7. November 2012 - [X.]/12 - NJW-RR 2013, 305 Rn. 9; vom 12. Mai 2010 - [X.] - NJW 2010, 2811 Rn. 11 und vom 4. Februar 2010 - [X.] - [X.], 1543 Rn. 14, jeweils mit weiteren Nachweisen).

8

Das Beschwerdegericht konnte dem Vorbringen des Antragsgegners in seinem Wiedereinsetzungsgesuch und der eidesstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin [X.] lediglich entnehmen, dass der Sendebericht nach erfolgter Absendung des [X.] daraufhin zu kontrollieren war, ob sämtliche Seiten korrekt übermittelt worden sind. Die Rechtsbeschwerde macht schon selbst nicht geltend, dass in der Kanzlei der [X.]n des Antragsgegners eine darüber hinausgehende organisatorische Regelung bestand, die einen nochmaligen selbständigen Abgleich der im Sendebericht ausgedruckten Telefaxnummer mit einer zuverlässigen Quelle vorsah.

9

b) Allerdings kann dem Erfordernis, durch organisatorische Anweisungen Fehler bei der Ermittlung der Telefaxnummer auszuschließen, auch mit einer Anweisung genügt werden, die im Sendebericht ausgedruckte Faxnummer mit der auf dem versendeten Schriftstück niedergelegten Faxnummer zu vergleichen, wenn die schriftlich niedergelegte Faxnummer ihrerseits aus einer zuverlässigen Quelle ermittelt worden ist (vgl. [X.] Beschlüsse vom 24. Oktober 2013 - [X.] - NJW 2014, 1390 Rn. 8 und vom 12. Mai 2010 - [X.] - NJW 2010, 2811 Rn. 14).

Auch dieser Gesichtspunkt vermag der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, wobei es unentschieden bleiben kann, ob eine "aus dem [X.] gezogene" Telefaxnummer ohne nähere Darlegungen generell die Gewähr dafür bietet, aus einer zuverlässigen Ausgangsquelle zu stammen. Denn auch wenn die Telefaxnummer zunächst einer zuverlässigen Quelle entnommen und auf dem Schriftsatz niedergelegt worden ist, ist ein Abgleich zwischen Sendebericht und zuverlässiger Ausgangsquelle nach der Versendung nur dann entbehrlich, wenn darüber hinaus die generelle Anordnung besteht, die erste Ermittlung der auf dem Schriftsatz niedergelegten Telefaxnummer vor der Versendung nochmals auf ihre Richtigkeit zu überprüfen ([X.] Beschlüsse vom 24. Oktober 2013 - [X.] - NJW 2014, 1390 Rn. 8 und vom 12. Mai 2010 - [X.] - NJW 2010, 2811 Rn. 14; vgl. auch [X.] 2014, 354392). Eine solche Büroorganisation in der Kanzlei seiner [X.]n hat der Antragsgegner in seinem Wiedereinsetzungsgesuch nicht dargelegt. Das Vorbringen des Antragsgegners, wonach die Mitarbeiterin [X.] von seiner [X.]n "mit der Übermittlung des Schriftsatzes per Telefax und der Überwachung des ordnungsgemäßen [X.] beauftragt worden" sei, rechtfertigt auch nicht die Annahme, dass eine auf Überprüfung der Richtigkeit der auf dem Schriftsatz vermerkten Telefaxnummer zielende [X.] erteilt worden sein könnte (vgl. dazu [X.] Beschluss vom 4. Februar 2010 - [X.] - [X.], 1543 Rn. 16 f.).

Klinkhammer                 [X.]

                      Botur                   Guhling

Meta

XII ZB 255/14

27.08.2014

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 25. März 2014, Az: 12 UF 233/13

§ 85 Abs 2 ZPO, § 233 ZPO, § 234 ZPO, § 113 Abs 1 FamFG, § 117 FamFG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.08.2014, Az. XII ZB 255/14 (REWIS RS 2014, 3245)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3245

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