Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.06.2018, Az. 2 AZR 436/17

2. Senat | REWIS RS 2018, 7016

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Gegenstand

Kündigung - beharrliche Arbeitsverweigerung


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 6. Dezember 2016 - 9 [X.]/16 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit Februar 2006 als Angestellte beschäftigt. Sie erhielt zuletzt Vergütung nach [X.] 11 der Anlage 1 zum Tarifvertrag Versorgungsbetriebe ([X.]). Ihr war zunächst die Leitung des im [X.] angesiedelten Sachgebiets „Technische Dokumentation“ übertragen worden. In dem Sachgebiet kam es wiederholt zu Konflikten zwischen der Klägerin und dort beschäftigten Mitarbeitern. Eine im Jahr 2007 zur Konfliktlösung durchgeführte Mediation blieb erfolglos. Im November 2012 entzog die Beklagte der Klägerin die Sachgebietsleitung. Anschließend führten die Parteien ergebnislose Gespräche über ihre Abordnung in eine andere Abteilung.

3

Mit Schreiben vom 10. Februar 2014 baten fünf Mitarbeiter des Sachgebiets um „eine räumliche Versetzung“ der Klägerin.

4

Die Beklagte erteilte der Klägerin mit Schreiben vom 2. Mai 2014 den Auftrag, für vier Stützpunkte, darunter die ehemalige Kanalbetriebsstation in der [X.] 18, ein „Bauwerksbuch“ zu erstellen und die Gebäudesubstanz zu bewerten. Zugleich wies sie ihr ein Büro in der [X.] 18 zu. Kein anderer der dort befindlichen Räume wurde dauerhaft als Büro genutzt. In dem für die Klägerin vorgesehenen Zimmer befanden sich ua. ein Schreibtisch und ein einfacher Holzstuhl. Die Klägerin sollte zunächst ihr Büro ausstatten mit Arbeitsmitteln, IT- und Kommunikationseinrichtungen sowie ggf. zusätzlich erforderlichen Möbeln. Die von der Beklagten geforderte Arbeitsleistung erbrachte die Klägerin ua. wegen der Zuweisung einer aus ihrer Sicht nicht vertragsgerechten Tätigkeit und der unzureichenden Büroausstattung nicht.

5

Mit Schreiben vom 7. Mai 2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, für sie gelte weiterhin die zwischen der Landeshauptstadt [X.] und dem Gesamtpersonalrat abgeschlossene Dienstvereinbarung über flexible Arbeitszeit bei der Stadtverwaltung ([X.]). Da es in der [X.] 18 keine Stempeluhr gebe, solle sie Dienstantritt und Dienstende handschriftlich in die Zeitwertkarte eintragen. Nach Vervollständigung der IT-Infrastruktur an ihrem Arbeitsplatz habe sie unmittelbar nach Dienstantritt und unmittelbar vor Dienstende eine entsprechende E-Mail an das Sekretariat der Abteilungsleitung zu senden.

6

Das Gewerbeaufsichtsamt beging am 17. Juni 2014 das Objekt in der [X.] 18 und eröffnete der Beklagten mit Schreiben vom 25. Juni 2014, es seien mehrere Maßnahmen erforderlich, um den Komplex weiter als Bürogebäude zu nutzen.

7

Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 10. Juli 2014 unter dem Betreff „Arbeitsauftrag vom 02.05.2014“ mit, alle vom Gewerbeaufsichtsamt genannten Maßnahmen seien - soweit erforderlich - zwischenzeitlich umgesetzt worden. Sie forderte die Klägerin nochmals auf, ihren Arbeitsauftrag auszuführen. Überdies mahnte die Beklagte die Klägerin mehrfach ab, letztmalig mit Schreiben vom 15. Juli 2014 wegen Unterlassens der An- und Abmeldung per E-Mail am 8., 11. und 14. Juli 2014 sowie mit Schreiben vom 29. Juli 2014 wegen Arbeitsverweigerung am 24. und 25. Juli 2014.

8

Mit Schreiben vom 4. August 2014 hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Personalrat zu ihrer Absicht an, das Arbeitsverhältnis der Klägerin außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zu kündigen. In dem [X.] wies sie ua. darauf hin, die Klägerin habe auch am 31. Juli und 1. August 2014 weder gearbeitet noch sich per E-Mail an- und abgemeldet. Der Personalrat stimmte den beabsichtigten Kündigungen mit Schreiben vom 7. August 2014 zu.

9

Mit Schreiben vom 8. August 2014 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31. Dezember 2014.

Dagegen hat die Klägerin rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Sie habe nicht unberechtigt die Arbeitsleistung verweigert. Ihre „Versetzung“ in die [X.] 18 sei unwirksam gewesen. Der Personalrat sei vor der „Umsetzung“ nicht beteiligt und ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) nicht durchgeführt worden. Sie habe eine schikanöse Sonderbehandlung erfahren. Der Arbeitsplatz in der ehemaligen Kanalbetriebsstation sei weder angemessen noch funktionstüchtig eingerichtet noch gesundheitlich unbedenklich gewesen. Die Beklagte habe erst auf ihren - der Klägerin - Hinweis begonnen, vorhandene Mängel zu beseitigen. Das Gewerbeaufsichtsamt habe den Arbeitsplatz bis zum Ausspruch der Kündigung nicht auf Mangelfreiheit abgenommen. Überdies habe die Beklagte ihr einen abteilungs- und fachfremden Arbeitsauftrag übertragen. Dessen ungeachtet sei sie ihrer Arbeitspflicht nachgekommen. Außer an Gleit-, Urlaubs- und Krankheitstagen sei sie arbeitstäglich in dem ihr zugewiesenen Büro erschienen. Allerdings sei sie bereits auf der Stufe „Einrichtung des Arbeitsplatzes und Herstellung der Verkehrssicherheit“ hängen geblieben. Die ihr erteilten Abmahnungen seien unwirksam gewesen. Die Beklagte habe die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt und den Personalrat vor Ausspruch der Kündigungen nicht ordnungsgemäß beteiligt. Am 7. August 2014 habe keine Sitzung des Gremiums stattgefunden.

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 8. August 2014 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Zuweisung des Büros in der [X.] 18 sei erfolgt, um Wegezeiten zu vermeiden und eine effizientere Erledigung der neuen Arbeitsaufgabe vor Ort zu gewährleisten. Die Umsetzung in ein anderes Gebäude sei auch wegen der sich ausweitenden Konflikte mit ihren ehemaligen Mitarbeitern erforderlich gewesen. Diese hätten unter extremem Druck gestanden und „Angst“ vor der Klägerin gehabt. In der [X.] 18 seien regelmäßig weitere Mitarbeiter tätig gewesen. Der Klägerin habe bereits am 2. Mai 2014 ein einwandfreier Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden. Sie - die Beklagte - habe alle vorgeschlagenen Maßnahmen zur Einrichtung des Büros veranlasst. Die Klägerin habe daran nicht mitgewirkt. Sie habe sich beharrlich geweigert, ihren neuen Arbeitsauftrag zu erfüllen und sich nach Dienstantritt und vor Dienstende per E-Mail an- bzw. abzumelden. Diese Maßnahme sei ein geeignetes und zulässiges Mittel gewesen, um die Richtigkeit der von der Klägerin handschriftlich in der Zeitwertkarte vorzunehmenden Eintragungen kontrollieren zu können.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende erstinstanzliche Urteil zu Unrecht zurückgewiesen. Ob die Kündigungsschutzanträge begründet sind, kann der [X.] nicht beurteilen. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] (§ 563 Abs. 1 ZPO).

A. Das [X.] durfte mit der gegebenen Begründung nicht annehmen, es fehle an einem die Kündigungen vom 8. August 2014 rechtfertigenden Grund.

I. [X.], seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen, ist „an sich“ geeignet, selbst eine außerordentliche fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Das gilt nicht nur für die Weigerung, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen ([X.] 14. Dezember 2017 - 2 [X.] - Rn. 29), sondern auch für die Verletzung von Nebenpflichten ([X.] 19. Januar 2016 - 2 [X.] - Rn. 29). Ein Arbeitnehmer weigert sich beharrlich, seinen vertraglichen Pflichten nachzukommen, wenn er sie bewusst und nachhaltig nicht erfüllen will. Welche Pflichten ihn treffen, bestimmt sich nach der objektiven Rechtslage. Verweigert der Arbeitnehmer die Erfüllung einer arbeitsvertraglichen Pflicht in der Annahme, er handele rechtmäßig, hat grundsätzlich er selbst das Risiko zu tragen, dass sich seine Rechtsauffassung als falsch erweist ([X.] 22. Oktober 2015 - 2 [X.] - Rn. 22, [X.]E 153, 111).

II. Die Würdigung des [X.]s, die Klägerin habe keine vertraglichen Pflichten verletzt, weil sie den Weisungen der Beklagten aus Mai 2014 nicht habe nachkommen müssen, ist in vielfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft.

1. Das [X.] ist zwar - stillschweigend - zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin den Weisungen nur dann nachkommen musste, wenn diese auch die „inneren“ Grenzen des Direktionsrechts der Beklagten wahrten. Nach § 106 Satz 1 [X.], § 315 BGB besteht grundsätzlich keine auch bloß vorläufige Bindung des Arbeitnehmers an „lediglich“ unbillige Weisungen ([X.] 18. Oktober 2017 - 10 [X.] - Rn. 63). Aus § 3 Abs. 1 [X.] folgt nichts anderes. Durch dessen Satz 1 haben die Tarifvertragsparteien keine über die allgemeine Rücksichtnahmepflicht des Arbeitnehmers nach § 241 Abs. 2 BGB hinausgehenden Verhaltenspflichten begründet (zu § 41 Satz 1 [X.] [X.] 28. Oktober 2010 - 2 [X.] - Rn. 17). Satz 2 der Tarifnorm bringt allein das dem Arbeitgeber kraft Gesetzes zustehende Weisungsrecht zum Ausdruck (zu § 8 Abs. 2 Satz 1 [X.] [X.] 16. Oktober 2007 - 9 [X.] - Rn. 52).

2. Jedoch hält die Annahme des [X.]s, es habe nicht billigem Ermessen entsprochen, der Klägerin einen Arbeitsplatz in der [X.] 18 zuzuweisen, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand (zum Begriff des billigen Ermessens und zur insoweit eingeschränkten Überprüfungskompetenz des Revisionsgerichts [X.] 18. Oktober 2017 - 10 [X.] - Rn. 45 f.). Das [X.] hat einerseits die Interessen der Beklagten an einer Umsetzung der Klägerin in die ehemalige Kanalbetriebsstation nicht ausreichend gewürdigt. Andererseits hat es ohne tragfähige tatsächliche Grundlage angenommen, diese habe ein beachtliches Interesse daran gehabt, nicht in dem ihr zugewiesenen Büro in der [X.] 18 arbeiten zu müssen.

a) Die Beklagte hat die Umsetzung der Klägerin zuvörderst mit einem Bezug zu der ihr - der Klägerin - zugewiesenen Arbeitsaufgabe begründet, für bestimmte Stützpunkte, darunter die ehemalige Kanalbetriebsstation, ein „Bauwerksbuch“ zu erstellen und die Gebäudesubstanz zu bewerten. Die Beklagte hat behauptet, die Verlegung des Arbeitsplatzes in die [X.] 18 habe Wegezeiten vermeiden und eine effizientere Aufgabenerledigung vor Ort gewährleisten sollen. Mit diesem Vorbringen hat sich das [X.] nicht befasst.

b) Die Beklagte hat überdies vorgetragen, es sei aufgrund der sich ausweitenden Konflikte mit ihren ehemaligen Mitarbeitern erforderlich gewesen, die Klägerin in ein anderes Gebäude umzusetzen. Den vom [X.] für möglich erachteten [X.] innerhalb des [X.] hat die Beklagte für unzureichend befunden. Das [X.] hat dieses Vorbringen übergangen und demzufolge nicht geprüft, ob die Beklagte aufgrund objektiver Umstände annehmen durfte, es sei zur Auflösung bestehender Spannungen geboten, die Klägerin nicht mehr in demselben Gebäude einzusetzen. Zu einer solchen Prüfung hätte alle Veranlassung bestanden. Die entsprechende Einschätzung der Beklagten wird durch das Schreiben von fünf Mitarbeitern vom 10. Februar 2014 gestützt. Darin heißt es, dass (1.) die Klägerin den Wunsch einzelner Kollegen nach Distanz nicht akzeptieren könne, sondern vielmehr immer wieder versuche, Kontakt herzustellen, dass (2.) diese Kollegen versuchten, möglichst viel Distanz zur Klägerin zu halten, um nicht wieder in Konfliktsituationen zu geraten, und dass (3.) Räume, die als Treffpunkt dienen sollten, sowohl von den ehemaligen Mitarbeitern der Klägerin als auch von Teilen des sonstigen Abteilungskollegiums gemieden und weiter entfernte Toiletten aufgesucht würden, um ein Zusammentreffen mit der Klägerin zu vermeiden. Abschließend baten die Unterzeichner des Schreibens um eine baldige Trennung der Klägerin von ihren ehemaligen Mitarbeitern durch eine „räumliche Versetzung“. Dies legt die Annahme nahe, dass die Beklagte aufgrund einer weitreichenden Konfliktlage zumindest berechtigt war, die Klägerin in ein anderes Gebäude umzusetzen. Überdies könnte die Beklagte, die sich ausdrücklich auf ihre „Fürsorgepflicht“ berufen hatte, sogar nach § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet gewesen sein, die Klägerin nicht mehr im [X.] einzusetzen, weil nur so die Gesundheit und das Persönlichkeitsrecht anderer Beschäftigter geschützt werden konnten (vgl. [X.] 15. September 2016 - 8 [X.] - Rn. 31).

c) Das [X.] durfte die Umsetzung in die [X.] 18 nicht mit der Begründung als unbillig ansehen, der Klägerin sei dort kein „zumutbarer“ Arbeitsplatz zugewiesen worden. Die von ihm gegebene Begründung lässt schon nicht erkennen, anhand welchen rechtlichen Maßstabs es die „Zumutbarkeit“ beurteilt hat. Soweit es allein darauf abgestellt haben sollte, der Arbeitsplatz sei - anfangs - nicht funktionsfähig eingerichtet gewesen und habe nicht den Vorgaben der [X.] und der bis zum 3. Dezember 2016 geltenden (Art. 3 der Verordnung zur Änderung von [X.] vom 30. November 2016, BGBl. I S. 2691) [X.] entsprochen, stellte sich auch diese Würdigung als mehrfach rechtsfehlerhaft dar.

aa) Das [X.] hat zum einen § 286 Abs. 1 ZPO verletzt und zugleich die Grenzen billigen Ermessens verkannt. In tatsächlicher Hinsicht durfte es nicht allein aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Fotos annehmen, der vorhandene Holzstuhl habe nicht „den Anforderungen an die Arbeitssicherheit und Ergonomie“ genügt. Das [X.] hat sich nicht auf eine eigene arbeitsschutzrechtliche Sachkunde berufen, geschweige denn begründet, woher es sie nimmt (dazu [X.] 21. September 2017 - 2 [X.] - Rn. 38). Auch belegen weder das Schreiben des Gewerbeaufsichtsamts vom 25. Juni 2014, das keine Anordnungen nach § 22 Abs. 3 ArbSchG enthielt, noch dasjenige des betriebsärztlichen Dienstes vom 13. Mai 2014, eine - auch nur vorübergehende - Nutzung des Büros sei aus Gründen der Arbeitssicherheit oder des Gesundheitsschutzes nicht „zumutbar“ gewesen. In rechtlicher Hinsicht wäre zu beachten gewesen, dass selbst dann, wenn die Beklagte ihren Pflichten gemäß § 618 Abs. 1 BGB iVm. den öffentlich-rechtlichen [X.] nicht genügt haben sollte, die Zuweisung des neuen Arbeitsplatzes deshalb nicht unbillig gewesen wäre, wenn es sich um nur geringfügige oder kurzzeitige Verstöße gehandelt haben sollte, die - wovon das [X.] selbst ausgegangen ist („keine unmittelbare und akute Gefahr für Leib und Leben der Klägerin“) - keinen nachhaltigen Schaden bewirken konnten (vgl. BVerwG 13. Februar 1969 - II C 114.65 -; OVG des [X.] 9. Dezember 2013 - 1 B 411/13 -; zum Nichtbestehen eines Zurückbehaltungsrechts nach § 273 Abs. 1 BGB in solchen Fällen: [X.] 8. Aufl. § 618 BGB Rn. 28; [X.]/[X.] 18. Aufl. § 618 BGB Rn. 26; [X.]/[X.]/[X.]. § 618 BGB Rn. 16).

bb) Zum anderen hat das [X.] rechtsfehlerhaft gemeint, mit der funktionsgerechten Einrichtung des neuen Arbeitsplatzes sei der Klägerin eine „unterwertige“ Tätigkeit zugewiesen worden. Es hat verkannt, dass diese Aufgabe wegen ihres engen Zusammenhangs mit der Aufgabe, für bestimmte Stützpunkte ein „Bauwerksbuch“ zu erstellen und die Gebäudesubstanz zu bewerten, keinen eigenständigen Arbeitsvorgang dargestellt haben dürfte, der nach § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu einer niedrigeren tariflichen Bewertung ihrer Tätigkeit hätte führen können, sondern eine zur Erfüllung der ihr übertragenen „Hauptaufgabe“ erforderliche Nebenarbeit (vgl. [X.] 30. Januar 1996 - 3 [X.] - zu I 1 der Gründe). Nebenarbeiten können dem Arbeitnehmer - vorbehaltlich der Wahrung billigen Ermessens - im Wege des Direktionsrechts zugewiesen werden, wenn sie dem Arbeitsvertrag entsprechen. Das ist der Fall bei Aufgaben, die typischerweise in dem vereinbarten Tätigkeitsbereich anfallen oder in zeitlicher Hinsicht nur eine untergeordnete Bedeutung haben. So kann es [X.] bei der Pflege und Säuberung von Arbeitsmitteln sowie bei dienstlichen Besorgungen liegen. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls.

d) Die Unbilligkeit der Umsetzung der Klägerin folgt entgegen dem [X.] auch nicht daraus, dass die Klägerin dadurch „völlig isoliert von anderen Mitarbeitern beschäftigt und aus der betrieblichen Organisation ausgegliedert“ worden ist.

aa) Nach allen denkbaren Maßstäben rechtsfehlerhaft ist seine Würdigung, die Klägerin sei aus einer Organisationseinheit „ausgegliedert“ worden. Es besteht keinerlei Zweifel daran, dass ihre Zuordnung zur bisherigen Dienststelle sowohl im personalvertretungsrechtlichen (dazu BVerwG 26. Mai 2015 - 5 P 9.14 - Rn. 7) als auch im [X.]n Sinne (dazu [X.] 19. Juli 2016 - 2 [X.] - Rn. 15) bei einer Tätigkeit in der ehemaligen Kanalbetriebsstation unverändert geblieben ist. Erst recht durfte das [X.] die unverändert bestehende Eingliederung der Klägerin in die „Betriebsorganisation“ der Beklagten nicht mit der Begründung verneinen, in der „Betriebsstätte“ in der [X.] 18 seien keine weiteren Büroarbeitsplätze vorhanden gewesen.

bb) Bei seiner Annahme, die Klägerin sei „völlig isoliert von anderen Mitarbeitern beschäftigt“ worden, hat das [X.] von ihm selbst festgestellten Sachvortrag der Beklagten nicht berücksichtigt oder doch nicht rechtsfehlerfrei gewürdigt. Zum einen ist das [X.] selbst davon ausgegangen, es suchten „immer wieder“ andere Mitarbeiter der Beklagten die Räumlichkeiten in der [X.] 18 auf. Zum anderen hat es außer [X.] gelassen, dass nach dem Schreiben der Beklagten vom 2. Mai 2014 die Klägerin an einem „vernetzten Arbeitsplatz“ tätig werden sollte und sie im Zuge der Erfüllung ihrer Arbeitsaufgabe Kontakt zu anderen Beschäftigten haben würde.

e) Das [X.] hat - möglicherweise infolge seiner unzutreffenden Annahme, die Klägerin sei bis zuletzt „völlig isoliert“ gewesen - seine Prüfung auf die Rechtmäßigkeit der Weisungen aus Mai 2014 beschränkt. Damit ist unberücksichtigt geblieben, dass die Beklagte diese Weisungen zu späteren [X.]punkten - zumindest konkludent, teils aber auch ausdrücklich - wiederholt und dadurch ihr Direktionsrecht unter anderen tatsächlichen Voraussetzungen neu ausgeübt hat. So hat sie der Klägerin mit Schreiben vom 10. Juli 2014 unter dem Betreff „Arbeitsauftrag vom 02.05.2014“ mitgeteilt, alle vom Gewerbeaufsichtsamt genannten Maßnahmen seien - soweit erforderlich - zwischenzeitlich umgesetzt worden; die Klägerin werde nochmals aufgefordert, nunmehr ihren Arbeitsauftrag auszuführen.

3. Das [X.] ist auch rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, die Klägerin habe sich nicht jeweils unmittelbar nach Dienstantritt und vor Dienstende per E-Mail im [X.] an- bzw. abmelden müssen.

a) Mit der gegebenen Begründung durfte es - wie ausgeführt - nicht annehmen, die Klägerin sei - bis zuletzt - schon nicht verpflichtet gewesen, in der [X.] 18 ihre Arbeit aufzunehmen.

b) Zudem hat das [X.] fälschlich gemeint, die Weisung, sich arbeitstäglich per E-Mail an- und abzumelden, habe gegen die [X.] verstoßen. Es kann, wofür es allerdings im Hinblick auf deren § 1 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 an ausreichenden Feststellungen fehlt, unterstellt werden, dass die [X.] im Arbeitsverhältnis der Klägerin Anwendung fand. Jedenfalls standen deren Regelungen der Weisung nicht entgegen. Das Berufungsgericht hat Inhalt und Zweck der Anordnung verkannt. Die Beklagte hat nach § 6 Abs. 2 Satz 5 [X.] die Erfassung der täglichen Arbeitszeit durch handschriftliche Eintragung von deren Beginn und Ende in die [X.]wertkarte zugelassen, weil in der ehemaligen Kanalbetriebsstation kein [X.]erfassungsgerät vorhanden war und das Aufstellen eines solchen Geräts angesichts der Zahl der regelmäßig dort Beschäftigten wirtschaftlich nicht vertretbar gewesen sei. Die Weisung, sich unmittelbar nach Beginn und vor Ende der täglichen Arbeitszeit per E-Mail an- bzw. abzumelden, diente nicht der - nochmaligen - Erfassung der Arbeitszeit sondern vielmehr - allein - dazu, die Richtigkeit der handschriftlichen Eintragungen der Klägerin in die [X.]wertkarte kontrollieren zu können. Jedenfalls eine derartige Anordnung zu Kontrollzwecken wird durch die Bestimmungen der [X.] nicht untersagt.

B. Die angefochtene Entscheidung stellt sich nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar.

I. Die Klägerin macht ohne Erfolg geltend, die Beklagte habe vor ihrer „Umsetzung“ kein bEM nach § 84 Abs. 2 SGB IX in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (nunmehr § 167 Abs. 2 SGB IX) durchgeführt. Ein solches Verfahren ist keine formelle oder unmittelbare materielle Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Umsetzung oder einer anderen Weisung durch den Arbeitgeber. Das gilt selbst dann, wenn - wie vorliegend nicht - seine Anordnung (auch) auf Gründe gestützt wird, die mit dem Gesundheitszustand des Arbeitnehmers im Zusammenhang stehen ([X.] 18. Oktober 2017 - 10 [X.] - Rn. 26).

II. Die Klägerin durfte die Arbeitsleistung nicht deshalb verweigern, weil die Beklagte vor der Zuweisung des Arbeitsplatzes in der [X.] 18 nicht den Personalrat beteiligt hatte. Es bestand kein Mitbestimmungsrecht gemäß Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 [X.]. Die Klägerin wurde weder in eine andere Dienststelle versetzt noch auf einen Arbeitsplatz in einer anderen politischen Gemeinde umgesetzt.

III. Die Beklagte hat die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Sie hat die außerordentliche Kündigung darauf gestützt, die Klägerin habe sich beharrlich geweigert, den ihr erteilten Arbeitsauftrag auszuführen sowie unmittelbar nach Dienstantritt und vor Dienstende eine entsprechende E-Mail an das [X.] zu senden. Damit hat die Beklagte einen [X.] geltend gemacht, der sich bis zum Kündigungszeitpunkt fortlaufend neu verwirklichte (vgl. [X.] 14. Dezember 2017 - 2 [X.] - Rn. 59).

IV. Die Kündigungen sind nicht nach § 79 Abs. 4 BPersVG unwirksam. Die Beklagte hat den Personalrat mit Schreiben vom 4. August 2014 ordnungsgemäß nach Art. 72, 77 [X.] unterrichtet. Der Personalrat hat den beabsichtigten Kündigungen mit Schreiben vom 7. August 2014 zugestimmt. Etwaige Fehler in der Beschlussfassung des Gremiums gehen grundsätzlich nicht zulasten der Dienststelle. Für das Vorliegen eines Ausnahmefalls (dazu [X.] 22. November 2012 - 2 [X.] - Rn. 43 f.; 12. März 2009 - 2 [X.] - Rn. 39) bestehen keine Anhaltspunkte.

C. Der [X.] kann nicht selbst entscheiden, ob ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB vorlag oder zumindest die ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 KSchG war, weil sich die Klägerin beharrlich geweigert hat, ihre arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen. Das [X.] wird im fortgesetzten Berufungsverfahren die notwendigen Tatsachen feststellen und eine darauf bezogene Würdigung vornehmen müssen.

I. Es wird zunächst zu prüfen haben, welche Pflichten die Klägerin im maßgeblichen [X.]raum überhaupt trafen. Dies hängt davon ab, ob die ihr erteilten Weisungen die Grenzen des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts wahrten.

1. Die Klägerin schuldete alle Tätigkeiten entsprechend [X.] 11 der Anlage 1 zum [X.]. Das [X.] wird - ggf. nach ergänzendem Vorbringen der Parteien - feststellen müssen, ob die Aufgabe, für bestimmte Stützpunkte ein „Bauwerksbuch“ zu erstellen und die Gebäudesubstanz zu bewerten, den Merkmalen dieser [X.] entsprach, was nach der dafür erforderlichen Ausbildung und/oder dem Maß der damit verbundenen Verantwortung durchaus der Fall sein könnte. [X.] wäre nach dem bisherigen Parteivorbringen nichts dafür ersichtlich, dass die Übertragung des [X.] nicht billigem Ermessen entsprochen hätte. Dabei könnte zugunsten der Beklagten auch ins Gewicht fallen, dass es sich um die Reaktion auf eine bestehende Konfliktlage handelte und sie sowohl aus dienstlichen als auch fiskalischen Gründen gehalten war, eine geeignete Verwendung für die Klägerin zu finden (vgl. [X.] 30. April 2012 - 3 CS 11.2351 - zu II 3 der Gründe).

2. Sollte der Klägerin die neue Arbeitsaufgabe wirksam übertragen worden sein, wäre in Abwägung der wechselseitigen Interessen der Parteien zu bestimmen, ob die Zuweisung des Arbeitsplatzes in der [X.] 18 billigem Ermessen entsprach.

a) Das [X.] wird feststellen müssen, ob durch die dortige Stationierung der Klägerin - was schon für sich genommen die Umsetzung tragen könnte - Wegezeiten vermieden wurden und eine effizientere Aufgabenerledigung vor Ort gewährleistet war.

b) Gegebenenfalls wird zu prüfen sein, ob die Beklagte aufgrund vorhandener Konflikte berechtigt oder gar verpflichtet war, die Klägerin nicht mehr im [X.] zu beschäftigen. Nach den Wahrnehmungen der Verfasser des Schreibens vom 10. Februar 2014 bestanden dort erhebliche Spannungen. Auch die Klägerin hat nach den nicht mit [X.] angegriffenen Feststellungen des [X.]s nicht das Vorliegen von Konflikten, sondern „lediglich“ deren Darstellung durch die Beklagte bestritten. Es waren bereits vergebliche Versuche unternommen worden, die Spannungen auf andere Weise aufzulösen und es spricht nichts dafür, dass mit der Klägerin gerade diejenige objektiv Beteiligte umgesetzt worden ist, die an Entstehung und Fortdauer des Konflikts offensichtlich kein Verschulden traf oder die sich durchweg verständigungsbereit gezeigt hätte. Nach den Ausführungen der Mitarbeiter in dem Schreiben vom 10. Februar 2014 liegt vielmehr die Annahme nahe, dass die Beklagte zumindest zu der Einschätzung gelangen durfte, nur eine Umsetzung der Klägerin in ein anderes Gebäude könne der Konfliktlage gerecht werden. Augenscheinlich empfanden mehrere Mitarbeiter schon die bloße Möglichkeit, der Klägerin im Gebäude zu begegnen und von ihr - wie in der Vergangenheit - einen Kontakt aufgezwungen zu bekommen, als extrem belastend.

c) Es sind keine Umstände ersichtlich, die gegen eine Umsetzung der Klägerin in die [X.] 18 streiten. Die Klägerin behauptet - soweit ersichtlich - selbst nicht, ihr seien dadurch unnötige Mehrbelastungen auferlegt worden. Allein das aus ihrer Weigerung, eine neue Arbeitsaufgabe zu akzeptieren, folgende „Beharrungsinteresse“ könnte sich ebenso wenig durchsetzen wie ihre Einschätzung, an der Konfliktlage im [X.] nicht „schuld“ zu sein.

d) Soweit es anfangs an einer ausreichenden Ausstattung des Arbeitsplatzes gefehlt haben sollte, wäre zu prüfen, ob die Klägerin wirksam angewiesen worden ist, ihr neues Büro funktionsgerecht einzurichten. Insofern dürfte es sich um eine einmalige Nebenarbeit gehandelt haben, die gemessen an der „Hauptaufgabe“ der Klägerin in zeitlicher Hinsicht von untergeordneter Bedeutung war und deren Übertragung daher im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen lag. Die Anordnung dürfte auch billigem Ermessen entsprochen haben. Die Klägerin war nach dem - soweit ersichtlich unstreitigen - Vorbringen der Beklagten die einzige ausgebildete Architektin in der Dienststelle. Deshalb lag die Einschätzung nahe, sie könne am besten beurteilen, welche Hilfsmittel vonnöten sein würden, um ihre neue Arbeitsaufgabe möglichst effektiv zu erfüllen. Zugleich konnte auf diese Weise etwaigen Einwänden der Klägerin in Bezug auf eine sachgerechte Ausstattung ihres Arbeitsplatzes „vorgebeugt“ werden.

e) Das [X.] wird feststellen müssen, ob die Beklagte ihre Pflichten nach § 618 Abs. 1 BGB iVm. den öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzvorschriften verletzt und ob es sich ggf. um mehr als bloß geringfügige und/oder kurzzeitige Verstöße ohne nennenswertes Schadenspotenzial gehandelt hat. Möglicherweise will die Klägerin selbst keine erheblichen Verstöße behaupten, die einen nachhaltigen Schaden bewirken konnten. Sie hat - soweit ersichtlich - den Arbeitsplatz im bisherigen Verlauf des Rechtsstreits lediglich als „gesundheitlich (nicht) unbedenklich“ bezeichnet. Zudem will sie nach ihrem eigenen Vorbringen außer an Gleit-, Urlaubs- und Krankheitstagen an jedem Arbeitstag in dem ihr zugewiesenen Büro erschienen sein.

3. Wäre der Klägerin wirksam das Büro in der [X.] 18 zugewiesen worden, dürfte sie auch verpflichtet gewesen sein, sich arbeitstäglich per E-Mail an- und abzumelden. Der Personalrat hatte insofern nicht mitzubestimmen. Es fehlte jedenfalls der für Art. 75 Abs. 4 Nr. 1 [X.] erforderliche kollektive Tatbestand (zu dieser Anforderung [X.] 8. Februar 2010 - 17 P 09.144 - zu II B 3 a [2] der Gründe). Die Weisung trug allein den individuellen Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses der Klägerin Rechnung und beschränkte sich in ihren Auswirkungen auf dieses. Daher entfiel gleichermaßen eine etwaige Beteiligungspflicht der Beklagten nach Art. 76 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Anordnung unbillig gewesen wäre. Vielmehr dürfte es sich um ein geeignetes, erforderliches und die Klägerin nicht übermäßig belastendes Mittel gehandelt haben, die Richtigkeit der handschriftlichen Eintragungen in der [X.]wertkarte zu kontrollieren.

4. Es käme nicht darauf an, ob und ggf. in welchem Ausmaß die Beklagte mit der erstmaligen Zuweisung des Büros in der [X.] 18 gegen ihre Pflichten betreffend den Arbeitsschutz verstoßen, und ob sie die Klägerin wirksam angewiesen hat, ihren dortigen Arbeitsplatz selbst funktionsgerecht einzurichten, wenn die Beklagte die Übertragung des neuen [X.] sowie die Anordnung, sich jeweils per E-Mail an- und abzumelden, zu [X.]punkten wiederholt haben sollte, zu denen sie das Büro vollständig eingerichtet und etwaige beachtliche Verstöße gegen den Arbeitsschutz abgestellt hatte. Die Beklagte konnte die nicht formgebundenen Weisungen auch konkludent wiederholen. Ausdrücklich hat sie dies - spätestens - durch ihr Schreiben vom 10. Juli 2014 getan.

II. Falls die Klägerin wirksam angewiesen worden sein sollte, aus dem Büro in der [X.] 18 heraus für bestimmte Stützpunkte ein „Bauwerksbuch“ zu erstellen und die Gebäudesubstanz zu bewerten sowie sich jeweils unmittelbar nach Dienstbeginn und vor Dienstende per E-Mail im [X.] an- bzw. abzumelden, spräche alles dafür, dass sie sowohl ihre Pflicht zur Arbeitsleistung als auch die Pflicht zur elektronischen An- und Abmeldung - ggf. auch allein bezogen auf die [X.] nach dem 10. Juli 2014 - bewusst und nachhaltig verletzt hätte. Die Beklagte hatte die Klägerin wegen der Verletzung beider Pflichten jeweils mehrfach abgemahnt, letztmalig mit Schreiben vom 15. Juli 2014 wegen Unterlassens der An- und Abmeldung per E-Mail ua. am 11. und 14. Juli 2014 sowie mit Schreiben vom 29. Juli 2014 wegen Arbeitsverweigerung am 24. und 25. Juli 2014. Ohne [X.] Relevanz ist, ob den Abmahnungen eine Anhörung der Klägerin hätte vorausgehen müssen. Auch formell fehlerhafte Abmahnungen entfalten regelmäßig die erforderliche Warnfunktion (vgl. [X.] 15. Dezember 1994 - 2 [X.] - zu II 3 c der Gründe; 21. Mai 1992 - 2 [X.] - zu II 3 c der Gründe). Insofern kommt es allein auf die sachliche Berechtigung der Abmahnung und darauf an, ob der Arbeitnehmer ihr den Hinweis entnehmen konnte, der Arbeitgeber erwäge für den Wiederholungsfall die Kündigung ([X.] 19. Februar 2009 - 2 [X.]/07 - Rn. 17). Die Klägerin hätte sich trotz der Abmahnungen, von denen zumindest die jeweils letzten berechtigt gewesen sein könnten, geweigert, die von ihr geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen und sich per E-Mail an- bzw. abzumelden. Im Übrigen könnte aufgrund der vergangenen Konflikte zwischen den Parteien anzunehmen sein, dass eine Verhaltensänderung der Klägerin in Zukunft unabhängig von der Berechtigung aller Abmahnungen aufgrund ihres gesamten Verhaltens ohnehin nicht zu erwarten stand (vgl. [X.] 29. August 2013 - 2 [X.] - Rn. 42). Dabei unterlag sie nicht einem unverschuldeten Rechtsirrtum (zu den - hohen - Voraussetzungen [X.] 14. Dezember 2017 - 2 [X.] - Rn. 51). Es spricht im Gegenteil einiges dafür, dass ihre Einwände gegen die Wirksamkeit der Weisungen, wenigstens soweit sie sie mit immer gleichen Schreiben aufrechterhalten hat, obwohl die Beklagte möglicherweise zwischenzeitlich das Büro vollständig eingerichtet und die vom Gewerbeaufsichtsamt aufgezeigten Maßnahmen ergriffen hatte, bloß vorgeschoben waren, weil sie sich kategorisch weigerte, (irgend-)eine neue Arbeitsaufgabe zu akzeptieren.

III. Sollte die Klägerin sich - zumindest bezogen auf die [X.] nach dem 15. bzw. 29. Juli 2014 („letztmalige“ Abmahnungen) - beharrlich geweigert haben, den ihr wirksam auferlegten Pflichten nachzukommen, spräche nichts dafür, dass sich in einer abschließenden Abwägung ihr Interesse durchsetzen könnte, das Arbeitsverhältnis dauerhaft aufrechtzuerhalten. Es sind derzeit schon keine Umstände ersichtlich, die es als der Beklagten zumutbar erscheinen ließen, das Arbeitsverhältnis mit der nicht mehr „zum Einlenken“ zu bewegenden Klägerin auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist aufrechtzuerhalten. Anderes folgt insbesondere nicht daraus, dass diese - wofür es indes an Feststellungen fehlt - einem fahrlässigen Rechtsirrtum unterlegen haben könnte. Die Klägerin träfe gleichwohl ein erhebliches Verschulden. Nach den bisherigen Feststellungen hatte sie sich schon nicht fachkundig beraten lassen. Jedenfalls wäre es ihr zuzumuten gewesen, den Weisungen der Beklagten vorläufig Folge zu leisten. Das gilt umso mehr, als sie außer an Gleit-, Urlaubs- und Krankheitstagen an jedem Arbeitstag in dem ihr zugewiesenen Büro in der [X.] 18 erschienen sein will.

        

    Koch    

        

    Rachor    

        

    Niemann    

        

        

        

    A. Claes    

        

    Niebler    

                 

Meta

2 AZR 436/17

28.06.2018

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG München, 28. April 2016, Az: 11 Ca 9344/14, Urteil

§ 626 Abs 1 BGB, § 626 Abs 2 BGB, § 315 BGB, § 241 Abs 2 BGB, § 618 Abs 1 BGB, § 106 S 1 GewO, § 1 Abs 2 S 1 Alt 2 KSchG, § 22 Abs 3 ArbSchG, § 84 Abs 2 SGB 9, Art 75 Abs 1 S 1 Nr 6 PersVG BY 1986, Art 77 PersVG BY 1986, § 286 Abs 1 ZPO, § 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.06.2018, Az. 2 AZR 436/17 (REWIS RS 2018, 7016)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7016


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 AZR 436/17

Bundesarbeitsgericht, 2 AZR 436/17, 28.06.2018.


Az. 11 Ca 9344/14

ArbG München, 11 Ca 9344/14, 28.04.2016.


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Referenzen
Wird zitiert von

12 Sa 106/18

2 Ca 2262/20

14 Sa 1381/21

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