BT-Drucksache 18/6061

UN-Nachhaltigkeitsziel 17 in Deutschland schon jetzt umsetzen - Globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung jetzt wiederbeleben

Vom 22. September 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6061
18. Wahlperiode 22.09.2015

Antrag
der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Anja Hajduk, Dr. Valerie Wilms, Claudia Roth
(Augsburg), Annalena Baerbock, Ekin Deligöz, Harald Ebner, Dieter Janecek,
Sven-Christian Kindler, Tom Koenigs, Oliver Krischer, Christian Kühn
(Tübingen), Markus Kurth, Steffi Lemke, Dr. Tobias Lindner, Peter Meiwald,
Dr. Konstantin von Notz, Brigitte Pothmer, Dr. Gerhard Schick, Dr. Frithjof
Schmidt, Kordula Schulz-Asche, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Markus
Tressel, Jürgen Trittin, Dr. Julia Verlinden, Doris Wagner und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

UN-Nachhaltigkeitsziel 17 in Deutschland schon jetzt umsetzen – Globale
Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung jetzt wiederbeleben

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Im Gipfeljahr 2015 haben wir die Chance, einen echten Durchbruch für Klimaschutz

und globale Gerechtigkeit zu erreichen. In einer Zeit, in der weltweit Millionen von

Menschen gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen, hängen Hunger, gewaltsame

Konflikte, Verlust der Biodiversität, Klimakrise, Armuts- und Ressourcenkrisen eng

zusammen, globale Gerechtigkeit und Klimaschutz lassen sich nicht getrennt vonei-

nander erreichen. Die Ergebnisse der Verhandlungen bei den Vereinten Nationen in

New York für globale Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals) wer-

den zusammen mit den Verhandlungen um ein neues Klimaabkommen in Paris für

die kommenden Jahrzehnte die internationale, europäische und deutsche Politik prä-

gen. Sie sind entscheidend für die Frage, ob wir endlich die Chance für eine nach-

haltige und gute Zukunft für alle nutzen wollen.

Eine nachhaltige Entwicklung, der Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen und

echter Klimaschutz können global nur dann erreicht werden, wenn alle damit bei

sich zu Hause anfangen. Deutschland ist von echter Nachhaltigkeit noch weit ent-

fernt und hat zugleich als führendes Industrieland in der EU eine besondere Verant-

wortung. Für einen Aufbruch in nachhaltiges Leben und Wirtschaften fordert der

Deutsche Bundestag die Bundesregierung auf, sich für Politikkohärenz im Sinne von

Frieden, Demokratie und einer menschenrechtsbasierten nachhaltigen Entwicklung

einzusetzen, wofür es eine bessere ressortübergreifende Abstimmung braucht. Zu-

dem muss die Bundesregierung für jedes der von den Vereinten Nationen vorgeleg-

ten 17 Nachhaltigkeitsziele entsprechende Maßnahmen zur Umsetzung gerade auch

in Deutschland und innerhalb der EU ergreifen.

Drucksache 18/6061 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
UN-Nachhaltigkeitsziel 17 in Deutschland

Die Voraussetzungen für nachhaltige Entwicklung können Staaten nur gemeinsam

schaffen; dazu braucht es eine echte Partnerschaft anstatt einer Ausrichtung allein

auf nationale Interessen. Deutschland muss seinen fairen Beitrag zur Finanzierung

bereitstellen und sich für eine wirksame Entwicklungszusammenarbeit einsetzen.

Die Bundesregierung muss sich für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung einsetzen,

in der vor allem ärmere Staaten und ihre Bevölkerungen nachhaltig gestärkt werden.

Sie muss konsequent den multilateralen Weg wählen, die Menschenrechte achten,

auch über nationale Grenzen hinweg, und insbesondere die Rolle der Vereinten Na-

tionen, als inklusivster internationaler Organisation, entschlossen stärken.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. einen realistischen Aufholplan zu entwickeln, um das international vereinbarte

Ziel zu erreichen, bis 2020 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE)

für globale Entwicklung bereitzustellen, wobei zukünftig ein deutlich größerer

Anteil der Entwicklungsfinanzierung als bisher an die ärmsten Staaten geht;

und zudem aufzuzeigen, wie die Bundesregierung den fairen deutschen Anteil

der Kopenhagener Vereinbarung, bis 2020 jährlich 100 Mrd. US-Dollar für die

internationale Klimafinanzierung bereitzustellen, aufbringen wird;

2. sich für ein klares und am Gemeinwohl orientiertes Regelwerk für Investitionen

einzusetzen und damit sicherzustellen, dass Privatinvestitionen, die durch Ent-

wicklungsgelder subventioniert werden, dem Ziel einer inklusiven, nachhalti-

gen sozialen und ökologischen Entwicklung dienen, wobei Gemeingüter vor

allem öffentlich angeboten werden;

3. sich stärker für eine inklusive, multilaterale Handelsordnung einzusetzen, in der

die ärmeren Länder ihre Interessen besser vertreten können, die die Menschen-

rechte achtet, und in der die für Entwicklungs- und Schwellenländer potentiel-

len negativen Auswirkungen bilateraler und plurilateraler Abkommen wie

TTIP, CETA, TiSA und der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Entwick-

lungsländern (EPAs) vermieden werden, sowie dafür engagiert eine internatio-

nale Debatte um die Rolle der WTO anzustoßen mit dem Ziel, sie an die Ver-

einten Nationen anzubinden;

4. sich für ein menschenrechts- und entwicklungsförderliches Regime für geisti-

ges Eigentum einzusetzen, also dafür dass die EU-Handels- und Investitions-

schutzabkommen nicht über die Verpflichtungen des jetzigen TRIPS-Abkom-

mens hinausgehen, im Rahmen von TRIPS Ausnahmen einzuführen, um den

Zugang zu Saatgut und Generika sicherzustellen und die Nutzung genetischer

Ressourcen, die auf dem Wissen lokaler oder indigener Gruppen beruhen, nicht

ohne deren freie, vorherige und informierte Zustimmung sowie faire Vor-

teilsaufteilung erfolgt;

5. die Vereinten Nationen ins Zentrum der deutschen Außen-, Sicherheits- und

Entwicklungspolitik zu stellen, eine kohärente Strategie für die deutsche UN-

Politik zu erarbeiten, mehr Geld für die Kernhaushalte bereitzustellen sowie die

entwicklungspolitische Arbeit der UN besser auszustatten, deren Wirksamkeit

zu evaluieren, den UN-Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) zu reformieren

und zu stärken und sich für einen gemeinsamen diplomatischen Stab der EU im

Weltsicherheitsrat einzusetzen.

Berlin, den 22. September 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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