BT-Drucksache 18/4332

Doppelstandards beenden - Fakultativprotokoll zum UN-Sozialpakt zeichnen und ratifizieren

Vom 18. März 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4332
18. Wahlperiode 18.03.2015
Antrag
der Abgeordneten Annette Groth, Inge Höger, Azize Tank, Wolfgang Gehrcke,
Sabine Zimmermann (Zwickau), Jan van Aken, Matthias W. Birkwald, Christine

Dr. Diether Dehm, Heike Hänsel, Nicole Gohlke,
Dr. Rosemarie Hein, Andrej Hunko, Sigrid Hupach, Katja Kipping, Katrin Kunert,
Stefan Liebich, Cornelia Möhring, Niema Movassat, Norbert Müller (Potsdam),
Dr. Alexander S. Neu, Alexander Ulrich, Kathrin Vogler, Harald Weinberg, Katrin
Werner, Birgit Wöllert, Pia Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.
sowie der Abgeordneten Tom Koenigs, Omid Nouripour, Dr. Wolfgang
Strengmann-Kuhn, Ulle Schauws, Annalena Baerbock, Marieluise Beck (Bremen),
Dr. Franziska Brantner, Agnieszka Brugger, Dr. Tobias Lindner, Cem Özdemir,
Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, Jürgen Trittin,
Doris Wagner, Katja Dörner, Kai Gehring, Renate Künast, Beate Müller-Gemmeke,
Dr. Konstantin von Notz, Corinna Rüffer, Elisabeth
Scharfenberg, Beate Walter-Rosenheimer und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Doppelstandards beenden – Fakultativprotokoll zum UN-Sozialpakt zeichnen
und ratifizieren

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Der Deutsche Bundestag bekräftigt die Verantwortung der Bundesregierung, die
Menschenrechtsarbeit in Deutschland zu stärken und sich international für eine
Durchsetzung der Menschenrechte einzusetzen. Dies beinhaltet nicht nur die
Forderung der Einhaltung der Menschenrechte in anderen Ländern, sondern vor
allem eine vollständige Umsetzung vorhandener Menschenrechtsverträge in
Deutschland und die Ratifikation ausstehender Verträge seitens der Bundesre-
gierung, wie des Fakultativprotokolls zum UN-Sozialpakt.

2. Der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-
Sozialpakt) wurde am 16.12.1966 gemeinsam mit dem Internationalen Pakt über
bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt) von der Generalversammlung der
Vereinten Nationen verabschiedet und trat am 03.01.1976 völkerrechtlich in
Kraft.

3. Er enthält die wichtigsten wirtschaftlichen Rechte (Recht auf Arbeit, Recht auf
gerechte und günstige Arbeitsbedingungen, Gewerkschaftsfreiheit, Streikrecht),
sozialen Rechte (Schutz der Familie, Mutterschutz, Schutz von Kindern und Ju-
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

Drucksache 18/4332 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

gendlichen, Rechte auf soziale Sicherheit, angemessenen Lebensstandard, Er-
nährung, Kleidung, Wohnung, Gesundheit, Wasser und Sanitärversorgung) und
kulturellen Rechte (Recht auf Bildung, Teilnahme am kulturellen Leben und den
Schutz des geistigen Eigentums). Ebenso sind die Forderungen nach der Gleich-
stellung der Geschlechter, ein umfassendes Diskriminierungsverbot und das
Selbstbestimmungsrecht der Völker aufgeführt.

4. 1973 ist Deutschland den Vereinten Nationen beigetreten und ratifizierte den
UN-Sozialpakt im gleichen Jahr. Damit ist der UN-Sozialpakt in Deutschland
bereits geltendes Recht.

5. Am 10. Dezember 2008 hat die UN-Generalversammlung das Fakultativproto-
koll zum UN-Sozialpakt verabschiedet. Das Fakultativprotokoll ermöglicht un-
ter anderem ein Verfahren, mit dem Einzelpersonen beim zuständigen UN-Aus-
schuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte Beschwerde einlegen
können, wenn sie ihre im UN-Sozialpakt garantierten Rechte verletzt sehen.

6. Das Fakultativprotokoll sieht in seinen Artikeln 10, 11 und 14 noch drei weitere
Instrumentarien vor, die ausdrücklich durch Abgabe einer Erklärung anerkannt
werden müssen bzw. denen die Staaten ausdrücklich beitreten müssen. Das sind
die Möglichkeiten der Staatenbeschwerde, des Untersuchungsverfahrens, also
einer Selbstbefassung des Ausschusses ohne Beschwerde, und die Einrichtung
eines Treuhandfonds.

7. Das Fakultativprotokoll ist in Kraft getreten am 5. Mai 2013. Bis jetzt haben 17
Staaten das Fakultativprotokoll ratifiziert, darunter die EU-Mitgliedstaaten Bel-
gien, Finnland, Slowakei, Spanien und Portugal sowie zahlreiche lateinamerika-
nische Staaten. 45 Staaten haben das Protokoll unterschrieben und damit ihre
Ratifizierungsabsicht verbindlich bekundet, darunter Frankreich, Irland, Italien,
Luxemburg, die Niederlande und Slowenien.

8. Der Deutsche Bundestag bedauert, dass Deutschland das Fakultativprotokoll
zum UN-Sozialpakt bis heute weder unterschrieben noch ratifiziert hat, obwohl
es in der Vergangenheit bereits die in den Fakultativprotokollen zur UN-Frau-
enrechtskonvention (CEDAW), der UN-Behindertenrechtskonvention (CRPD)
und zuletzt der UN-Kinderrechtskonvention (CRC) verbürgten wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Rechte und die dort etablierte Individualbeschwerde-
möglichkeit ratifiziert und als justiziabel anerkannt hat.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. das Fakultativprotokoll zum UN-Sozialpakt unverzüglich zu unterzeichnen und
dem Bundestag einen Gesetzesentwurf zur Ratifizierung vorzulegen;

2. die nach Artikel 10 Ziffer 1 und Artikel 11 Ziffer 1 dieses Fakultativprotokolls
erforderlichen Erklärungen abzugeben sowie sich für die Einrichtung eines
Treuhandfonds gemäß Artikel 14 Ziffer 3 des Fakultativprotokolls einzusetzen
und sich durch Beitragsleistungen daran zu beteiligen.

Berlin, den 17. März 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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