BT-Drucksache 18/4231

Die ÖPP Deutschland AG

Vom 4. März 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4231
18. Wahlperiode 04.03.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sven-Christian Kindler, Kerstin Andreae, Britta Haßelmann,
Anja Hajduk, Ekin Deligöz, Dr. Tobias Lindner, Dr. Valerie Wilms, Dr. Gerhard
Schick, Katharina Dröge, Matthias Gastel, Dieter Janecek, Christian Kühn
(Tübingen), Stephan Kühn (Dresden), Markus Kurth, Peter Meiwald, Lisa Paus,
Corinna Rüffer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die ÖPP Deutschland AG

Die ÖPP Deutschland AG (Partnerschaften Deutschland) ist zu 57 Prozent in öf-
fentlicher und über eine Beteiligungsgesellschaft zu 43 Prozent in privater Hand.
Seit November 2008 soll die Gesellschaft unabhängige Beratung zu Fragen
öffentlich-privater Partnerschaften (ÖPP) anbieten. Im Kern geht es darum,
ÖPP-Projekte zu fördern und die Zahl von ÖPP-Projekten im Bund, bei den Län-
dern und besonders kommunal voranzutreiben. Durch die enge Verflechtung
von privaten Akteuren der ÖPP-Branche und den öffentlichen Entscheidungs-
trägern in dieser Gesellschaft ist die Neutralität und Objektivität ihrer Bera-
tungsleistung allerdings sehr fraglich und äußerst kritisch zu betrachten.
Gutachten des Bundesrechnungshofes (vgl. etwa Bericht an den Haushaltsaus-
schuss des Deutschen Bundestages vom 4. Juni 2014) belegen, dass besonders
diejenigen ÖPP-Projekte unwirtschaftlich sind, die als Finanzierungalternative
gegenüber einer klassischen Finanzierung über den öffentlichen Haushalt ge-
rechtfertigt werden. ÖPP wird hier zu öffentlich-privater Preistreiberei. Für den
Steuerzahler ist eine solche Lösung teuer. Die Schuldenbremse wird umgangen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Unternehmen halten nach Kenntnis der Bundesregierung gegen-

wärtig die Anteile an der Beteiligungsgesellschaft, und zu welchen Prozent-
anteilen?

2. Welche Interessenskonflikte zu neutraler und objektiver Beratung sieht die
Bundesregierung durch die Tatsache gegeben, dass 43 Prozent der Gesell-
schaftsanteile der ÖPP Deutschland AG (Partnerschaften Deutschland) in
privater Hand und damit im mittelbaren Besitz von Unternehmen sind, die
von einer Auftragsvergabe im Rahmen von ÖPP profitieren oder profitieren
könnten?

3. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung gewährleistet, dass die ÖPP Deutsch-
land AG (Partnerschaften Deutschland) neutral zu den Vorteilen und Nach-
teilen von ÖPP berät?
Wenn ja, wie?
Wenn nein, plant die Bundesregierung Maßnahmen, um in Zukunft eine neu-
trale Beratung zu ermöglichen, und wenn ja welche?

Drucksache 18/4231 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Wie viele Beratungsaufträge hat die ÖPP Deutschland AG (Partnerschaften
Deutschland) nach Kenntnis der Bundesregierung seit ihrer Gründung er-
halten, bei wie vielen dieser Beratungsaufträge wurde eine Unwirtschaft-
lichkeit eines ÖPP-Projekts festgestellt, und bei wie vielen hat die ÖPP
Deutschland AG (Partnerschaften Deutschland) von einer Weiterverfolgung
abgeraten (bitte tabellarische Übersicht zu den unterschiedlichen Bereichen
Straßenbau, Hochbau etc. anfügen)?

5. Wie viele Rahmenvereinbarungen hat nach Kenntnis der Bundesregierung
die ÖPP Deutschland AG (Partnerschaften Deutschland) geschlossen, wer
sind die Vertragspartner, und welche Aufträge sind auf Grundlage dieser
Rahmenvereinbarungen zustande gekommen (bitte mit Zeitpunkt des Ver-
tragsbeginns und des Vertragsendes angeben)?

6. Welche Aufträge sind nach Kenntnis der Bundesregierung nach § 2
Absatz 2a und welche sind nach § 2 Absatz 2b der Rahmenvereinbarung zu-
stande gekommen?

7. Wie viele Aufträge nach § 2 Absatz 2a der Rahmenvereinbarungen sahen
nach Kenntnis der Bundesregierung unter anderem „die Projektsteuerung
des ÖPP-Projekts“, „die Beratung und Vorbereitung des Vergabeverfahrens“
und „die Prüfung und Controlling in der Ausführungsphase (Betrieb)“ vor?

8. Gibt es aus Sicht der Bundesregierung einen Zielkonflikt zwischen dem Ziel
der Rahmenvereinbarung, „der öffentlichen Hand eine wirtschaftliche, zü-
gige und rechtsichere Durchführung von ÖPP-Projekten zu ermöglichen“
sowie „eine Standardisierung von ÖPP-Prozessen voranzubringen“ und ei-
ner neutralen Beratung des Vertragspartners über die wirtschaftlichste Fi-
nanzierung eines Projektes?

9. Welche Kommunen haben nach Kenntnis der Bundesregierung Beratungs-
leistungen der ÖPP Deutschland AG (Partnerschaften Deutschland) in An-
spruch genommen, und mit welchem Ergebnis (bitte tabellarische Übersicht
mit Angaben zu Name der Kommune, Zeitpunkt der Beratungsleistung und
Ergebnis des Beratungsauftrages anfügen)?

10. In welcher Höhe hat nach Kenntnis der Bundesregierung die ÖPP Deutsch-
land AG (Partnerschaften Deutschland) seit ihrer Gründung Mittel aus
Kommunal- und Länderhaushalten sowie aus dem Bundeshaushalt für
Grundlagenarbeit und Beratungsleistungen erhalten?

11. Bei welchen Beratungsaufträgen der ÖPP Deutschland AG (Partnerschaften
Deutschland) wurde nach Kenntnis der Bundesregierung im Ergebnis der
ÖPP-Auftrag an ein privates Unternehmen vergeben, das über die Beteili-
gungsgesellschaft an der ÖPP Deutschland AG (Partnerschaften Deutsch-
land) direkt oder indirekt beteiligt war bzw. ist?

12. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung eine Evaluation der Beratung
durch die ÖPP Deutschland AG (Partnerschaften Deutschland)?
Wenn nein, warum nicht?

13. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung eine Evaluation über Erfolg
oder Misserfolg der Projekte, die mit der Beratung durch die ÖPP Deutsch-
land AG (Partnerschaften Deutschland) zustande gekommen sind?
Wenn ja, von wem wird diese wie durchgeführt und sind die Ergebnisse öf-
fentlich zugänglich?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4231
14. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung unter den ÖPP-Projekten, die von
der ÖPP Deutschland AG (Partnerschaften Deutschland) beraten wurden,
auch solche, die vom Bundesrechnungshof anschließend überprüft und be-
wertet wurden?
Wenn ja, welche sind dies?

15. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über die mittelfristigen und langfristi-
gen finanziellen Auswirkungen für die öffentlichen Haushalte, die sich aus
den Projekten, die mit der Beratung durch die ÖPP Deutschland AG (Part-
nerschaften Deutschland) zustande gekommen sind, ergeben?
Wenn ja, welche?

16. Welche Stundensätze erhalten nach Kenntnis der Bundesregierung die Be-
raterinnen und Berater, die im Auftrag der ÖPP Deutschland AG (Partner-
schaften Deutschland) die Beratungen durchführen?

17. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wechselten nach Kenntnis der
Bundesregierung aus Bundesministerien in die ÖPP Deutschland AG (Part-
nerschaften Deutschland), und welche Position und Besoldungsstufe bzw.
Eingruppierung hatten sie?

18. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖPP Deutschland AG (Part-
nerschaften Deutschland) wechselten nach Kenntnis der Bundesregierung
in Bundesministerien?
Wie viele waren nach Kenntnis der Bundesregierung davor bereits Mitarbei-
terinnen und Mitarbeiter in Bundesministerien?

19. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung Mitarbeiter von Beratungsunter-
nehmen direkt oder indirekt in die Arbeit der ÖPP Deutschland AG (Part-
nerschaften Deutschland) involviert?
Wenn ja, in welchen Fällen und von welchen Beratungsunternehmen?

20. Wie veränderte sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Gewinn, das
Eigenkapital und der Umsatz der ÖPP Deutschland AG (Partnerschaften
Deutschland) seit der Gründung pro Jahr, und welche Umsatz- und Gewinn-
steigerungen werden in Zukunft anvisiert?

Berlin, den 3. März 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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