BT-Drucksache 18/11075

Leistungen von Berufsunfähigkeitsversicherungen

Vom 30. Januar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11075
18. Wahlperiode 30.01.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick, Markus Kurth,
Renate Künast, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Katja Keul, Monika Lazar,
Irene Mihalic, Özcan Mutlu, Dr. Konstantin von Notz, Hans-Christian Ströbele und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Leistungen von Berufsunfähigkeitsversicherungen

Die, seitdem die Berufsunfähigkeitsrente innerhalb der gesetzlichen Rentenversi-
cherung 2001 für nach dem 1. Januar 1961 Geborene abgeschafft wurde, bekannt
gewordenen Fälle, anhaltende Kritik von Verbraucherschützern und Verbrau-
cherschützerinnen und die mediale Berichterstattung machen eine kritische Über-
prüfung der tatsächlichen Leistungen von Berufsunfähigkeitsversicherungen
notwendig (www.welt.de/print/wams/finanzen/article151675853/Zu-teuer-und-
wertlos.html). Rund jede vierte Person über 14 Jahren hat eine Berufsunfähig-
keits- bzw. Erwerbsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen (siehe https://de.
statista.com/statistik/daten/studie/167890/umfrage/versicherungsschutz-der-
haushalte-in-deutschland/). Dass diese Versicherung durchaus ihre Berechti-
gung hat, wird daran deutlich, dass im Jahr 2007 mehr als ein Viertel der Bevöl-
kerung im Alter zwischen 51 und 60 Jahren berufsunfähig waren (siehe
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/186763/umfrage/anteil-der-berufs
unfaehigen-nach-alter/). Berufsunfähigkeitsversicherungen sollen im Falle der
Berufsunfähigkeit den Verlust des Einkommens zumindest teilweise kompensie-
ren und somit die wirtschaftliche Existenz von Versicherten und gegebenenfalls
deren Familien sichern. Die Versicherten bauen dementsprechend darauf, dass ihr
Versicherungsschutz im Notfall auch wirklich greift. Dafür braucht es transpa-
rente Produkte, die deutlich benennen, was sie bieten und was nicht. Die Ver-
tragsbedingungen wären entsprechend rechtlich klar auszuformulieren. Doch dies
ist oftmals nicht der Fall, wie Analysen zeigen (siehe www.handelsblatt.com/
finanzen/vorsorge/versicherung/berufsunfaehigkeit-die-vertragsbedingungen-
gleichen-einer-black-box/12714058.html). Unklare Rechtsbegriffe und Formu-
lierungen im Vertragstext führen mitunter dazu, dass die Versicherten im Scha-
densfall nicht die erwartete Leistung erhalten, was für die Betroffenen zusätzlich
zu ihrer Notsituation zu großen finanziellen Problemen führen kann. Zudem dau-
ert es dadurch gegebenenfalls lange, bis es zu Zahlungen durch die Versicherun-
gen kommt.
Es bestehen weitere Probleme: Pauschale und nur einseitig verbindliche Antrags-
fragen nach Krankheiten, welche die Versicherungsnehmerinnen und -nehmer
vor Versicherungsbeginn beantworten, haben nicht nur Unklarheiten zur Folge,
sondern bringen zudem das Risiko der Falschbeantwortung aufgrund mangelnden
medizinischen Einschätzungsvermögens mit sich. Hinzu kommt, dass im Leis-
tungsfall die Versicherungsnehmerinnen und -nehmer neben Vertragsanfechtun-
gen mitunter schwer erfüllbaren Unwägbarkeiten bei Nachweisen zur Feststel-

http://www.welt.de/print/wams/finanzen/article151675853/Zu-teuer-und-wertlos.html
http://www.welt.de/print/wams/finanzen/article151675853/Zu-teuer-und-wertlos.html
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/167890/umfrage/versicherungsschutz-der-haushalte-in-deutschland/
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/167890/umfrage/versicherungsschutz-der-haushalte-in-deutschland/
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/167890/umfrage/versicherungsschutz-der-haushalte-in-deutschland/
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/186763/umfrage/anteil-der-berufsunfaehigen-nach-alter/
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/186763/umfrage/anteil-der-berufsunfaehigen-nach-alter/
http://www.handelsblatt.com/finanzen/vorsorge/versicherung/berufsunfaehigkeit-die-vertragsbedingungen-gleichen-einer-black-box/12714058.html
http://www.handelsblatt.com/finanzen/vorsorge/versicherung/berufsunfaehigkeit-die-vertragsbedingungen-gleichen-einer-black-box/12714058.html
http://www.handelsblatt.com/finanzen/vorsorge/versicherung/berufsunfaehigkeit-die-vertragsbedingungen-gleichen-einer-black-box/12714058.html
Drucksache 18/11075 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

lung einer graduellen Einschränkung ausgesetzt sind. Dies führt trotz existenziel-
len Leistungsbedarfs oftmals zur Resignation oder zu einer vergleichsweise ge-
ringen Einigung. In einigen Fällen erfolgen statt einer versprochenen Rente bis
zum Vertragsende nur eine Entschädigungszahlung oder Auszahlungen über we-
nige Monate. Laut einer Studie des Gesamtverbands der Deutschen Versiche-
rungswirtschaft selbst betrug 2014 das Verhältnis zwischen eingereichten und
anerkannten Leistungsanträgen rund 77 Prozent (siehe www.handelsblatt.com/
finanzen/vorsorge/versicherung/berufsunfaehigkeit-versicherungen-bewilligten-
77-prozent-der-antraege/12800308.html).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Entwicklung des Anteils der

Bevölkerung, der eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen hat,
über die vergangenen 17 Jahre (falls nur Daten für einen abweichenden Zeit-
raum vorliegen, bitten wir um Angabe dieser Zahlen; dies gilt auch für die
folgenden Fragen)?

2. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil der Bevölke-
rung, der berufsunfähig ist (Daten bitte zusätzlich anhand von Alterskohorten
und nach Grund der Berufsunfähigkeit aufschlüsseln)?

Wie viele der Betroffenen verfügen über keinen Versicherungsschutz?
Wie ist die Entwicklung dieser Zahlen über die letzten 17 Jahre?

3. Sieht die Bundesregierung, auch angesichts der tatsächlich geleisteten Ver-
sicherungsleistungen, die Bevölkerung als ausreichend gegen die Berufsun-
fähigkeit versichert, oder gibt es eine Versorgungslücke (bitte begründen)?

4. Inwiefern sieht die Bundesregierung auf dem Markt der Berufsunfähigkeits-
versicherungen genügend Transparenz gegeben?
Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, dass Vertragsbedingungen
klarer und rechtsverbindlicher formuliert werden (bitte begründen)?

5. Sieht die Bundesregierung auch im Hinblick auf die im Folgenden erfragten
Daten eine Verbesserung oder eine Verschlechterung der Versicherungsleis-
tungen zwischen dem aktuellen Stand und dem Stand, seitdem die Berufsun-
fähigkeitsrente innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung 2001 für nach
dem 1. Januar 1961 Geborene abgeschafft wurde (bitte ausführen)?

6. Bis zu welchem Endalter sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Ren-
ten durchschnittlich abgeschlossen, und wie ist die Entwicklung dieser Zahl
über die letzten 17 Jahre?

Wie stuft die Bundesregierung diese Zahlen ein?
7. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittlich ver-

sicherten Renten, und wie ist die Entwicklung dieser Zahl über die letzten 17
Jahre?

Wie stuft die Bundesregierung diese Zahlen ein?
8. Wie viele Leistungsanträge gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung pro

Jahr, und wie ist die Entwicklung dieser Zahl über die letzten 17 Jahre?
9. Wie viele Leistungsanträge werden nach Kenntnis der Bundesregierung pro

Jahr abgelehnt, und wie ist die Entwicklung dieser Zahl über die letzten 17
Jahre (absolut und relativ)?

Wie stuft die Bundesregierung diese Zahlen ein?

http://www.handelsblatt.com/finanzen/vorsorge/versicherung/berufsunfaehigkeit-versicherungen-bewilligten-77-prozent-der-antraege/12800308.html
http://www.handelsblatt.com/finanzen/vorsorge/versicherung/berufsunfaehigkeit-versicherungen-bewilligten-77-prozent-der-antraege/12800308.html
http://www.handelsblatt.com/finanzen/vorsorge/versicherung/berufsunfaehigkeit-versicherungen-bewilligten-77-prozent-der-antraege/12800308.html
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10. Was sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Gründe für die Leistungs-

ablehnungen (vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung etc.), und wie groß
ist deren jeweiliger Anteil?

Wie ist die Entwicklung dieser Zahlen über die letzten 17 Jahre?
11. Wie lange dauert nach Kenntnis der Bundesregierung im Durchschnitt die

Antwort auf Leistungsanträge, und wann folgen im Durchschnitt die ersten
Zahlungen an die Versicherten?

Wie ist die Entwicklung dieser Zahlen über die letzten 17 Jahre?
Wie stuft die Bundesregierung diese Zahlen ein?

12. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittliche Rente
der stattgegebenen Leistungsanträge (auch in Relation zur versicherten
Summe)?

Wie ist die Entwicklung dieser Zahlen über die letzten zehn Jahre?
Wie stuft die Bundesregierung diese Zahlen ein?

13. Über welchen Zeitraum erfolgen nach Kenntnis der Bundesregierung im
Durchschnitt Zahlungen an die Versicherten?

Wie ist die Entwicklung dieser Zahl über die letzten 17 Jahre?
Wie stuft die Bundesregierung diese Zahlen ein?

14. In wie vielen Fällen werden nach Kenntnis der Bundesregierung bis zum
Ende der Vertragslaufzeit Zahlungen geleistet (absolut und relativ)?

Wie ist die Entwicklung dieser Zahlen über die letzten 17 Jahre?
Wie stuft die Bundesregierung diese Zahlen ein?

15. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Quote an Leistungsfäl-
len, die unter Einbeziehung eines Gutachtens entschieden werden?

Wie ist die Entwicklung dieser Zahl über die letzten 17 Jahre?
Wie stuft die Bundesregierung diese Zahlen ein?

16. Wie viele Leistungsanträge werden nach Kenntnis der Bundesregierung mit
Einschalten eines Anwalts, einer Anwältin oder eines Dienstleisters entschie-
den?

Wie ist die Entwicklung dieser Zahl über die letzten 17 Jahre?
Wie stuft die Bundesregierung diese Zahlen ein?

17. In wie vielen Fällen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung gegen eine
Leistungsablehnung der gerichtliche Klageweg bestritten?

Wie ist die Entwicklung dieser Zahl über die letzten 17 Jahre?
Wie stuft die Bundesregierung diese Zahlen ein?

18. In wie vielen Fällen erging nach Kenntnis der Bundesregierung ein gericht-
liches Urteil zugunsten der versicherten Person oder zugunsten des Versiche-
rers?

Wie ist die Entwicklung dieser Zahlen über die letzten 17 Jahre?
Wie stuft die Bundesregierung diese Zahlen ein?

19. Wie viele Fälle werden nach Kenntnis der Bundesregierung insgesamt ge-
richtlich und außergerichtlich verglichen (absolut und relativ)?

Wie ist die Entwicklung dieser Zahlen über die letzten 17 Jahre?
Wie stuft die Bundesregierung diese Zahlen ein?

Drucksache 18/11075 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

20. Inwiefern wäre es aus Sicht der Bundesregierung sinnvoll, vor Vertragsab-

schluss eine beidseitig verbindliche Gesundheitsüberprüfung durchzuführen,
die nur noch im Falle eines nachweisbaren, bewussten Verschweigens revi-
diert werden kann, sodass Nachuntersuchungen durch die Versicherung sel-
tener oder nicht mehr notwendig sind?

21. Wie schätzt die Bundesregierung das Problem ein, dass die Versicherten auf-
grund eines mangelnden Einschätzungsvermögens von Krankheitsbildern
Antragsfragen falsch beantworten?

Welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus?
Wie schätzt die Bundesregierung allgemein diese Formulare und das damit
verbundene Vorgehen ein (bitte begründen)?

22. Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass durch die zunehmende Erhebung
von Gesundheitsdaten potenzieller Versicherungsnehmerinnen und -nehmer
durch die Versicherungsbranche der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsver-
sicherung für viele Menschen zunehmend schwieriger beziehungsweise
nicht finanzierbar wird (bitte begründen)?

23. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Ablehnungsquote für
Versicherungsanträge bei Berufsunfähigkeitsversicherungen?

Wie ist die Entwicklung dieser Zahl über die letzten 17 Jahre?
Wie stuft die Bundesregierung diese Zahlen ein?

24. Wie häufig wird nach Kenntnis der Bundesregierung der Versicherungsan-
trag aufgrund bestimmter Vorerkrankungen abgelehnt (bitte für die einzelnen
Vorerkrankungen angeben)?
Aus welchen Gründen werden nach Kenntnis der Bundesregierung Versiche-
rungsanträge abgelehnt?
Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Ablehnungsquote bei
Versicherungsanträgen von Menschen mit einer psychischen Erkrankung?
Wie stuft die Bundesregierung diese Zahlen ein?

25. Wie häufig wird nach Kenntnis der Bundesregierung der Versicherungsan-
trag aufgrund unvollständiger bzw. falscher Gesundheitsdaten abgelehnt?

Wie stuft die Bundesregierung diese Zahlen ein?

Berlin, den 25. Januar 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

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