BT-Drucksache 18/10123

Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie

Vom 20. Oktober 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10123
18. Wahlperiode 20.10.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick,
Christian Kühn (Tübingen), Lisa Paus, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln),
Katja Keul, Renate Künast, Monika Lazar, Irene Mihalic, Özcan Mutlu,
Dr. Konstantin von Notz, Hans-Christian Ströbele und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie

Das im März 2016 beschlossene Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilien-
kreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften wird aktuell
vor allem aufgrund der neuen Regelungen im Bereich der Kreditwürdigkeitsprü-
fung diskutiert. Demnach müssen Banken und Sparkassen bei der Kreditprüfung
nicht nur hauptsächlich den Immobilienwert, sondern auch die Lebensumstände
der Kreditnehmerin oder des Kreditnehmers stärker in den Fokus nehmen. Ver-
stößt eine Bank gegen die Dokumentationspflichten, sodass trotz fehlender Kre-
ditwürdigkeit ein Vertrag zustande gekommen ist, kann der Kunde den Kreditver-
trag jederzeit kündigen – ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen.
Insbesondere Sparkassen und Volksbanken beklagen, dass durch die neuen Re-
gelungen Rechtsunsicherheit bestehe und sie aufgrund der Vorgaben Kredite
deutlich restriktiver vergeben. Vor allem junge Familien und Rentnerinnen und
Rentner seien von der Umsetzung der Richtlinie negativ betroffen. Auch bei An-
schlussfinanzierungen und der Finanzierung von Renovierungen soll es zu Prob-
lemen kommen. In den Medien wurde darüber umfänglich berichtet. Die Aussa-
gen werden von den Sparkassen damit unterstrichen, dass im ersten Halbjahr rund
8,9 Prozent weniger Wohnungsbaukredite an Privatkunden zugesagt worden
seien als im Vorjahr (siehe www.welt.de/print/die_welt/finanzen/article
157962638/Sparkassen-vergeben-weniger-Baukredite.html). Durch diese Daten
allein wird jedoch noch nicht deutlich, ob sich an der Zahl der abgelehnten
Wohnimmobilienkredite für bestimmte Bevölkerungsgruppen oder in bestimm-
ten Lebenssituationen etwas verändert hat, denn die Kreditvergabe ist von meh-
reren Faktoren abhängig.
Zudem ergibt sich innerhalb der Bankenlandschafts Deutschlands ein durchaus
differenziertes Bild, was die Aussagen des Bundesverbands deutscher Banken
verdeutlichen (siehe www.dasinvestment.com/wohnimmobilienkredit-richtlinie-
banken-sehen-keine-probleme-bei-immobilienkredit-vergabe/). Auch die Ver-
braucherzentrale Bundesverband e. V. (siehe www.vzbv.de/dokument/kritik-
neuem-eu-wohnkreditrecht-vorschnell) sieht aktuell keinen konkreten Hand-
lungsbedarf bezüglich des Gesetzes, da es ausreichend Handlungsspielraum gebe.
An einigen Stellen wird jedoch von der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V.
(vzbv) darauf hingewiesen, dass eine Setzung von Leitlinien im Sinne der Rechts-
sicherheit durchaus angebracht wäre (siehe www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.
kredite-fuer-immobilien-weniger-huerden-fuer-haeuslebauer.9a69f3e1-1eca-421
8-872b-e26ae73adcfa.html).

Drucksache 18/10123 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Bei einem runden Tisch der Bundesregierung mit Verbraucherschutzverbänden
und Bankenvertretern konnten keine konkreten Beispiele oder Zahlen über nicht
zu Stande gekommene Kreditverträge genannt werden. Die Institute, die einen
Rückgang der Kreditverträge beklagen, wurden von der Bundesregierung aufge-
fordert, anhand von Beispielen bis Ende September 2016 Belege zu liefern und
bis Mitte Oktober 2016 konkrete Zahlen zu nennen (diese liegen nach derzeitigem
Stand den Fragestellern nicht vor).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche empirischen Daten zum Rückgang der Vergabe von Wohnimmobi-

lienkrediten (gegebenenfalls je Bevölkerungsgruppe und Verwendung des
Kredits) und zu Ablehnungszahlen liegen der Bundesregierung vor?

2. Haben Verbände oder andere nichtbehördliche Organisationen, sowohl von
Anbieterseite als auch von Verbraucherseite, eine empirische Evaluation von
Kreditvergabe- und Ablehnungszahlen vorgelegt, und mit welchem Inhalt
und Ergebnis?

3. Liegen der Bundesregierung Daten nach Alterskohorten vor, welche die Kre-
ditvergabe- und Ablehnungszahlen nach Alterskohorten widerspiegeln?

4. Sind der Bunderegierung bestimmte Alterskohorten bekannt, die nun ver-
mehrt Probleme haben, Kredite zu bekommen?

5. Welche Rolle spielen nach Ansicht der Bundesregierung der altersgerechte
Umbau sowie die energetische Modernisierung bei der Auslegung der Kre-
ditwürdigkeit beziehungsweise bei der Kreditbewilligung?

6. Erhebt die Bundesregierung beziehungsweise die deutsche Bundesbank Da-
ten zum Anstieg von abgelehnten Wohnimmobilienkreditanträgen?

7. Plant die Bundesregierung, vorgenannte Daten durch die Bundesbank erhe-
ben zu lassen?

8. Wie definiert die Bundesregierung in Anbetracht der im Bundesrat vorgetra-
genen Kritik den Begriff der „Kreditwürdigkeit“?

9. Welche Rolle spielt nach Ansicht der Bundesregierung die statistische Rest-
lebensdauer bei der Auslegung von „Kreditwürdigkeit“?
Inwiefern verlangt das Gesetz aus Sicht der Bundesregierung, dass der Kredit
während der statistischen Restlebenszeit zurückgezahlt werden muss?

10. Sieht die Bundesregierung aktuell Handlungsbedarf, die von einigen Institu-
ten beschriebene Rechtsunsicherheit zu beheben?
Wenn ja, in welchen Bereichen, und in welcher Form?

11. Welche Rolle kann aus Sicht der Bundesregierung bei der Behebung
der Rechtsunsicherheit die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(BaFin) spielen, deren Aufgabengebiet um den Aspekt des Verbraucher-
schutzes ergänzt wurde?

12. Wie erklärt es sich die Bundesregierung, die mehrere Gespräche mit den
Banken geführt hat, dass verschiedene Bankinstitute zu gegensätzlichen Be-
wertungen kommen?
Wie könnte dem entgegengewirkt werden?

13. Gab es von Seiten der Europäischen Union eine bewertende Rückmeldung
hinsichtlich der Umsetzung der Richtlinie bezüglich der Aspekte Kreditwür-
digkeitsprüfung, Vorfälligkeitsentschädigung und Widerruf?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10123

14. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie sich die Umsetzung der

Wohnimmobilienkreditrichtlinie in anderen Ländern der Europäischen
Union auf die Kreditvergabe auswirkt?

15. Sieht die Bundesregierung angesichts der begonnenen Kommunikation mit
den verschiedenen Akteuren die Möglichkeit, hinsichtlich der Vorfälligkeits-
entschädigungen klarere Regelungen zu definieren?

Berlin, den 18. Oktober 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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