BT-Drucksache 17/8860

Auswirkungen der Aktivitäten deutscher Unternehmen in China auf Arbeits-, Umwelt- und menschenrechtliche Bedingungen

Vom 5. März 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8860
17. Wahlperiode 05. 03. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel, Volker Beck (Köln), Uwe Kekeritz,
Ute Koczy, Kerstin Andreae, Marieluise Beck (Bremen), Birgitt Bender,
Agnes Brugger, Dr. Thomas Gambke, Thilo Hoppe, Katja Keul,
Sven-Christian Kindler, Tom Koenigs, Markus Kurth, Dr. Tobias Lindner,
Kerstin Müller (Köln), Omid Nouripour, Lisa Paus, Claudia Roth (Augsburg),
Manuel Sarrazin, Elisabeth Scharfenberg, Dr. Frithjof Schmidt,
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Hans-Christian Ströbele und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Auswirkungen der Aktivitäten deutscher Unternehmen in China auf Arbeits-,
Umwelt- und menschenrechtliche Bedingungen

Das chinesische Wirtschaftswachstum wird mit drastischen sozialen und ökolo-
gischen Kosten erkauft. Die chinesische Staats- und Parteiführung versuchte in
den vergangenen Jahren mit ihrem auf den Konfuzianismus bezugnehmenden
Begriff der harmonischen Gesellschaft, Verbesserungen der Arbeits-, Sozial-
und Umweltgesetzgebung sowie neuen Regelungen für Großprojekte und
Landenteignungen gegenzusteuern. Auch Unternehmen in China begannen,
Corporate-Social-Responsibility-Konzepte zu erarbeiten oder an Transparenz-
initiativen mitzuwirken. Chinesische Bürgerinnen und Bürger und Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer reagieren in zunehmendem Maße auf die Situation;
es kommt zu Protesten sowie Streiks, und gesellschaftliche Debatten um das
Thema kollektiver Tarifverhandlungen werden geführt. Wie die Zwischenfälle
beim Elektronikhersteller Foxconn Electronics zeigen, der für zahlreiche west-
liche Marken produziert, werden zum Teil kleine Verbesserungen erzielt.

Als größtem Handelspartner Chinas kann der EU bzw. Akteuren aus der EU
oder auch der Bundesregierung bzw. deutschen Akteuren eine Mitverantwor-
tung für die Bewältigung dieser menschenrechtlichen, sozialen und ökologi-
schen Folgekosten in China zugeschrieben werden: den Unternehmen, die
Komponenten aus China beziehen, in China produzieren, investieren oder an
Großprojekten beteiligt sind, den Konsumentinnen und Konsumenten sowie
der Bundesregierung und der Europäischen Kommission, die die Rahmenbe-
dingungen setzen.

Die deutsche Politik gegenüber China zeichnet sich weiterhin, vor allem durch
Inkohärenz aus. Das wurde auch durch das am 8. Februar 2012 vorgestellte

Konzept zur Zusammenarbeit mit „Gestaltungsmächten“ deutlich, indem eine
klare Prioritätensetzung zwischen unterschiedlichen politischen Zielen fehlt.
Im Bereich Menschenrechte und Wirtschaft findet sich keine Bindung von
Außenwirtschaftsförderung an Menschenrechtskriterien oder eine Verankerung
von Menschenrechtskriterien in der Aushandlung von Freihandelsabkommen.
Auch im Bereich Ressourcen wird die Versorgungssicherheit Deutschlands be-
tont, die Perspektive der Abbauländer aber vernachlässigt.

Drucksache 17/8860 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Die deutsche Wirtschaft weist immer wieder darauf hin, dass deutsche Unter-
nehmen in China im Vergleich zu den meisten Wettbewerbern ein hohes An-
sehen aufgrund höherer Standards genießen würden. Die Verantwortung endet
jedoch nicht bei den Bedingungen an den eigenen Standorten, sondern erstreckt
sich auf die gesamte Lieferkette bis hin zur Herkunft von Rohstoffen. Dies
wurde auch nochmal in den im Mai 2011 neu gefassten Leitsätzen der Orga-
nisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) deut-
lich. 18,8 Prozent der Importe in die EU (Eurostat, Stand: 05/2011) und 9,7 Pro-
zent der Importe nach Deutschland (Statistisches Bundesamt, Stand: 11/2011)
kommen aus China. Damit wird in Kauf genommen, dass in der EU und in
Deutschland weiterverarbeitete Komponenten und konsumierte Waren poten-
tiell unter Bedingungen hergestellt wurden, die menschenrechtlich kritikwürdig
sind oder weit unter den im Konsumentenland gültigen Arbeits- und Umwelt-
standards liegen. Nichtregierungsorganisationen ebenso wie das Umweltbun-
desamt weisen daraufhin, dass deutsche Unternehmen für die Einhaltung von
Standards an allen Standorten und auf allen Stufen der Zulieferkette verantwort-
lich sind.

Die internationale Diskussion um Wirtschaft und Menschenrechte im Zusam-
menhang mit dem Ruggie-Prozess der Vereinten Nationen steht häufig in einem
entwicklungspolitischen und menschenrechtspolitischen Kontext, besitzt je-
doch ebenso eine chinapolitische Relevanz. Neben der Verurteilung menschen-
rechtlicher Defizite in China gehört zu einer kohärenten menschenrechtsorien-
tierten Politik insbesondere die Beschäftigung mit den Auswirkungen des eige-
nen Tuns vor Ort und mit Wegen zu deren Vermeidung.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Tragen nach Auffassung der Bundesregierung die deutsche Wirtschaft, Kon-
sumentinnen und Konsumenten und die Bundesregierung eine Mitverant-
wortung insbesondere für die Umweltstandards und Arbeitsbedingungen
und generell für die Wahrung bürgerlich-politischer sowie wirtschaftlicher,
sozialer und kultureller Menschenrechte in China und deren Verbesserung?

2. Welche Fälle sind der Bundesregierung bekannt, in denen in Deutschland
ansässige transnational agierende Unternehmen direkt oder indirekt zu

a) Verletzungen von bürgerlichen und politischen Menschenrechten,

b) Verletzungen von wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschen-
rechten (insbesondere von Arbeitsrechten),

c) Umweltzerstörungen

d) oder anderen negativen sozialen Folgen

in China beitrugen und beitragen oder von diesen mittelbar profitiert haben?

Wenn ja, welche (bitte einzeln angeben)?

3. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um in Zukunft zu
verhindern, dass in Deutschland ansässige transnational agierende Unter-
nehmen in China zu Umweltschäden und Verletzungen von Arbeitnehmer-
und Menschenrechten beitragen bzw. von diesen profitieren, die

a) gegen chinesisches Recht verstoßen,

b) gegen internationale Standards verstoßen?

4. Hat die Bundesregierung gegenüber der chinesischen Regierung während
der Regierungskonsultationen 2011 oder der Reise der Bundeskanzlerin,
Dr. Angela Merkel, im Februar 2012 konkrete Aspekte der Arbeitsbedin-

gungen in China, wie etwa das aktuell diskutierte Thema der kollektiven
Tarifverhandlungen, angesprochen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8860

Wurde in Betracht gezogen, wie sich deutsche und europäische Firmen
dazu positionieren?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, wie hat die chinesische Seite reagiert?

5. In welcher Form wurde dabei eine Kohärenz zwischen den menschenrecht-
lichen und umweltpolitischen Zielen der Bundesregierung und dem Enga-
gement deutscher Unternehmen in China hergestellt?

6. In welchen deutschen Unternehmen in China kam es seit 2009 zu Streiks,
und wie gingen diese Unternehmen mit den Diskussionsprozessen zum
Thema kollektive Tarifverhandlungen um?

7. Welche Fälle sind der Bundesregierung bekannt, in denen in Deutschland
ansässige Unternehmen oder diese repräsentierende Verbände daran betei-
ligt waren, sich aktiv gegen Verbesserungen von Arbeitnehmerrechten oder
die Verschärfung von Umweltauflagen in China eingesetzt haben oder ein-
setzen?

8. Steht oder stünde dies im Einklang mit der deutschen Außenwirtschafts-
politik, in deren Rahmen die Bundesregierung, deutsche Unternehmen und
deren Verbände eng zusammenarbeiten, und haben Vertreterinnen und Ver-
treter der Bundesregierung sich bisher gegenüber der chinesischen Regie-
rung gegen Verbesserungen von Arbeitnehmerrechten oder die Verschär-
fung von Umweltauflagen in China eingesetzt?

9. Wie bewertet die Bundesregierung in diesem Zusammenhang, dass Me-
dien- und Nichtregierungsorganisationsberichten zufolge (21 Shiji Jingji
Baodao, China Labour Bulletin) die Europäische Handelskammer in China
im Jahr 2006 den Nationalen Volkskongress in einer schriftlichen Stellung-
nahme davor warnte, dass ein Anstieg der Lohnkosten durch eine Reform
des Arbeitsvertragsrechts zur Abwanderung von Unternehmen führen
werde?

10. Wie bewertet die Bundesregierung die Diskussion um extraterritoriale
Staatenpflichten in Bezug auf die Aktivitäten transnational agierender Un-
ternehmen, und welche Konsequenzen zieht sie daraus speziell in Bezug
auf den wirtschaftlichen Austausch mit China?

11. Vertritt die Bundesregierung weiterhin die Auffassung, dass im Partner-
schafts- und Kooperationsabkommen (PKA) zwischen China und der EU
der politische und der Handelsteil gemeinsam verhandelt werden sollten,
und wie beabsichtigt sie, dabei die Themen Wirtschaft und Menschen-
rechte inhaltlich miteinander zu verknüpfen?

12. Wie sollen Umwelt- und Sozialstandards im PKA verankert werden, und
welche Verantwortung für Auswirkungen in China sollen dabei der EU und
den europäischen Unternehmen zugeschrieben werden?

13. Wie beabsichtigt die Bundesregierung nach der Überarbeitung der OECD-
Leitsätze für multinationale Unternehmen, eine effektivere und unabhängi-
gere Arbeit der deutschen Kontaktstelle zu gewährleisten und

a) wie beurteilt sie die Möglichkeit ihrer Verlagerung aus dem Bundesmi-
nisterium für Wirtschaft und Technologie in ein anderes Ressort,

b) wie beurteilt sie die Möglichkeit, die Nationale Kontaktstelle als unab-
hängiges Gremium unter Beteiligung der Zivilgesellschaft zu etablieren,

c) wie beurteilt sie den Aufbau der Nationalen Kontaktstelle in den Nieder-
landen?

Drucksache 17/8860 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

14. Wie viele OECD-Beschwerden zu Tätigkeiten deutscher Unternehmen in
China sind bislang bei der Nationalen Kontaktstelle eingegangen (bitte ein-
zeln aufschlüsseln und die jeweilige konkrete Beschwerde angeben)?

15. Welche konkreten Schritte plant die Bundesregierung, um eine Umsetzung
der in ihrem Gestaltungsmächtekonzept unter Nennung der Kernarbeits-
normen Internationalen Arbeitsorganisation geforderten globalen Mindest-
standards für Arbeitsbedingungen zu erreichen und hierbei eine Kohärenz
zu ihrer bisherigen Außenwirtschaftspolitik herzustellen?

16. Warum setzt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang trotz Initiati-
ven im Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung eine nachhal-
tige Beschaffungspolitik nur in Ansätzen um?

a) Plant die Bundesregierung mittelfristig neben Umwelt- auch Sozialstan-
dards bei der öffentlichen Beschaffung einzubeziehen?

b) Inwiefern sieht die Bundesregierung bei der Umsetzung ihres Gestal-
tungsmächtekonzepts einen direkten Zusammenhang zur sozialen Aus-
gestaltung der öffentlichen Beschaffung?

17. Steht nach Auffassung der Bundesregierung die Außenwirtschaftspolitik
gegenüber China im Einklang mit ihrer Nachhaltigkeitsstrategie?

18. Wie soll das Engagement der deutschen Privatwirtschaft in Schwellenlän-
dern wie China konkret im Rahmen von Entwicklungspartnerschaften ge-
fördert und ausgebaut werden?

a) Welche Maßnahmen sind geplant?

b) Welche Zielvorgaben hat die Bundesregierung hier?

c) Welche Standards gelten für diese Form der Zusammenarbeit?

19. Mit welchen Mitteln, Schritten und Projekten soll die enge Verzahnung von
Auslandsvertretungen, Außenhandelskammern, Germany Trade und Invest –
Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH, Privatwirt-
schaft und staatlichen Durchführungsorganisationen hergestellt werden?

20. In wie vielen Fällen wurden seit 2009 Hermes-Bürgschaften für den Export
nach China erteilt?

An welche Unternehmen, für welche Produkte, und in welchem finanziel-
len Umfang fand dies statt?

Welche (Vor)Anfragen für die Vergabe von Hermes-Bürgschaften für den
Export nach China liegen aktuell vor?

21. Warum stellt sich die Bundesregierung gegen die in der Mitteilung der
Europäischen Kommission vom 25. Oktober 2011 (KOM(2011) 681) ge-
machten Vorstöße zu verbindlichen Regeln zur Unternehmensverantwor-
tung, und welche Alternative befürwortet sie?

22. Wie positioniert sich die Bundesregierung in Bezug auf den Entwurf zur
Überarbeitung der EU-Transparenzrichtlinie (KOM(2011) 683)?

23. Warum schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Schriftliche
Frage 78 des Abgeordneten Uwe Kekeritz, „dass zunächst von Seiten der
Europäischen Kommission eine Konkretisierung der Pläne“ erbeten wird,
man prinzipiell aber offen sei, während in einem Ressortbericht des Bundes-
ministeriums für Arbeit und Soziales vom 24. November 2011 wörtlich
steht, die Bundesregierung habe ein besonderes Interesse daran, die Vorstöße
der Europäischen Kommission, konkret die verpflichtende Nachhaltigkeits-
berichterstattung, zu verhindern (vgl. Bundestagsdrucksache 17/8637)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/8860

24. Wie beurteilt die Bundesregierung die Ergebnisse der Konsultation der
Europäischen Kommission zur Umsetzung der Modernisierungsrichtlinie?

a) Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung zur bisherigen Um-
setzung der Modernisierungsrichtlinie im § 289 Absatz 3 des Handels-
gesetzbuchs vor, und welche Daten zu sozialen und ökologischen Aus-
wirkungen mussten Unternehmen unter diesem Gesetz bislang bereits
offenlegen?

b) Mit welchem Ziel begleitet die Bundesregierung die nun anstehende
Überarbeitung der Modernisierungsrichtlinie durch die Europäische
Kommission?

25. Welche deutschen Unternehmen lassen nach Kenntnis der Bundesregie-
rung bei dem vielfach in Medienberichten genannten Unternehmen Fox-
conn Electronics Produkte oder Komponenten produzieren?

26. Sieht die Bundesregierung vor dem Hintergrund der etwa bei Foxconn
Electronics aufgetretenen Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen Rege-
lungsbedarf für mehr Transparenz von Lieferketten in ihrem oder dem EU-
Zuständigkeitsbereich?

27. Wie bewertet die Bundesregierung angesichts der Offenlegung der Zulie-
ferbetriebe des amerikanischen Unternehmens Apple die Notwendigkeit ei-
ner entsprechenden Offenlegung durch deutsche Unternehmen?

a) Welche Schritte unternimmt sie zur Schaffung einer verpflichtenden Re-
gelung?

b) Welche Schritte unternimmt sie zur Unterstützung freiwilliger Initiati-
ven?

28. Wie bewertet die Bundesregierung die menschenrechtlichen Auswirkungen
der unternehmerischen Tätigkeit von BASF SE in der Region Chongqing
(insbesondere vor dem Hintergrund der erzwungenen Umsiedlung von min-
destens 1 100 Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner zum Zwecke des
Fabrikbaus sowie der Verschmutzung der umliegenden Gewässer und der
vermehrt auftretenden Krebserkrankungen) angesichts der Tatsache, dass
ein Vertreter des Konzerns der BASF SE Mitglied der Delegation von Bun-
deskanzlerin Dr. Angela Merkel bei ihrem Besuch in China im Februar
2012 war?

29. In welcher Weise hat die Volkswagen AG nach Kenntnis der Bundesregie-
rung im Zusammenhang mit der geplanten Eröffnung eines Werks in der
Hauptstadt der Autonomen Region Xinjiang Urumqi Informationen zur
Abschätzung der sozialen, umweltbezogenen, menschenrechtlichen und
minderheitenrechtlichen Folgen erhoben?

Falls dies der Bundesregierung nicht bekannt ist oder nicht der Fall ist,
sieht sie in Bezug auf Minderheitengebiete eine besondere Notwendigkeit
von mehr Transparenz?

30. Welche weiteren Unternehmen mit Sitz in Deutschland oder der EU unter-
halten Fabriken oder Werke in den autonomen Regionen Chinas?

31. Ist der Bundesregierung bekannt, dass es etwa bei der Herstellung von
Solarzellen (vgl. www.chinadialogue.net/article/show/single/en/4583-A-
darker-side-of-Chinese-clean-tech) oder der Herstellung bzw. Entsorgung
von Batterien (vgl. www.china dialogue.net/article/show/single/en/4568-A-
lead-poisoning-too-far-) in China zu Umweltschädigungen und damit ein-
hergehenden Menschenrechtsverletzungen kommt?
Wenn ja, mit welchen Initiativen versucht die Bundesregierung dies zu ver-
ringern?

Drucksache 17/8860 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

32. Ist der Bundesregierung bekannt, dass nach Recherchen der Nichtregie-
rungsorganisation Greenpeace e. V. bei der Produktion für deutsche oder für
in Deutschland angebotene Bekleidungsmarken in China der Stoff Nonyl-
phenol freigesetzt wird, der in Europa starken Beschränkungen unterliegt?

Wenn ja, mit welchen Initiativen versucht die Bundesregierung, dies zu
verringern?

Wie unterstützt sie die Erarbeitung firmenspezifischer Aktionspläne?

33. Sieht die Bundesregierung einen Widerspruch darin, dass sie angibt, den
rasanten Anstieg des Individualverkehrs und der damit verbundenen Emis-
sionen in chinesischen Städten verringern helfen zu wollen, sie jedoch
gleichzeitig den massiven Verkauf deutscher Fahrzeuge mit herkömmlicher
Antriebstechnik, insbesondere der gehobenen Mittelklasse, in China be-
grüßt und befördert?

Wenn nein, warum nicht?

34. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen deutsche Unternehmen,
Tochterunternehmen deutscher Unternehmen oder Zulieferunternehmen
deutscher Unternehmen in China von chinesischen Bürgerinnen und Bür-
gern wegen der Verletzung von Menschenrechten (insbesondere Umwelt-
oder Arbeitsrechtsverletzungen) verklagt wurden oder anderweitig Ent-
schädigungsansprüche erhoben haben (bitte nach Datum und Fall auf-
schlüsseln)?

Falls nein, warum erheben chinesische Bürgerinnen und Bürger nach An-
sicht der Bundesregierung keine Entschädigungsansprüche gegen diese
Unternehmen?

35. Haben nach Ansicht der Bundesregierung chinesische Bürgererinnen und
Bürger die Möglichkeit, in einem rechtsstaatlichen und fairen Verfahren
vor chinesischen Gerichten Entschädigungsansprüche gegen Unternehmen
geltend zu machen?

Falls ja, wie erklärt sich die Bundesregierung die vergleichsweise geringe
Anzahl derartiger Verfahren?

Falls nein, was sind die Gründe hierfür und welche Schlussfolgerungen
zieht die Bundesregierung daraus für die deutsche Außenwirtschaftspolitik
im Hinblick auf China (insbesondere vor dem Hintergrund der Forderung
des UN-Sonderbeauftragten John Ruggie, Opfern von Menschenrechtsver-
letzungen einen besseren Zugang zu Rechtsmitteln zu ermöglichen – „ac-
cess to remedy“)?

36. Wie können nach Ansicht der Bundesregierung transnational agierende
Unternehmen stärker zur Einhaltung der Menschenrechte verpflichtet wer-
den, die weder Selbstverpflichtungen im Sinne einer Corporate Social
Responsibility (CSR) eingehen, noch vom direkten Kaufverhalten der Kon-
sumentinnen und Konsumenten abhängig sind (etwa weil es sich um reine
Zulieferbetriebe handelt)?

37. Wie beabsichtigt die Bundesregierung nach 2014 – angesichts der Aufkün-
digung der Entwicklungszusammenarbeit mit China durch den Bundesminis-
ter für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, – mit
den Projekten des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung (BMZ) im „Handlungsfeld: Sozial-, Umwelt- und Sicher-
heitsstandards (mit CSR)“ zu verfahren?

a) Sind diese ab 2015 nicht mehr notwendig?
b) Werden sie über 2015 hinaus vom BMZ finanziert werden oder unter
dem Dach eines anderen Ressorts fortgeführt?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/8860

38. Inwiefern sind die Rohstoffstrategien der Bundesregierung und der EU
nach Auffassung der Bundesregierung dazu geeignet, das Risiko von Men-
schenrechtsverletzungen und ökologischen Folgeschäden zu verringern,
das sich durch eine Konkurrenz um Rohstoffe ergibt?

39. In welcher Weise berücksichtigt die Bundesregierung dabei menschen-
rechtliche Kriterien, Umwelt- und Sozialstandards sowie Interessen lokaler
Bevölkerungen, und inwiefern stimmt sie ihre Rohstoffpolitik und -abkom-
men mit den EU-Partnern ab?

40. Warum „unterstützen“ Deutschland und die EU die Extractive Industries
Transparency Initiative (EITI) lediglich, „implementieren“ diese jedoch
nicht?

41. In welcher Weise wirkt die Bundesregierung auf China ein, den Status
eines Unterstützers der EITI zu erlangen, und wie positioniert sich die chi-
nesische Seite dazu?

42. In welcher Form setzt sich die Bundesregierung dafür ein, China stärker in
die Fortentwicklung multilateraler regelbasierter Strukturen in Bezug auf
Umwelt- und Sozialstandards einzubinden?

Berlin, den 2. März 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.