BT-Drucksache 17/8461

Fakultativprotokoll zum UN-Sozialpakt unterzeichnen und ratifizieren

Vom 25. Januar 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8461
17. Wahlperiode 25. 01. 2012

Antrag
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Tom Koenigs, Uwe Kekeritz, Marieluise Beck
(Bremen), Agnes Brugger, Viola von Cramon-Taubadel, Kai Gehring, Ingrid
Hönlinger, Thilo Hoppe, Katja Keul, Memet Kilic, Ute Koczy, Markus Kurth,
Dr. Tobias Lindner, Kerstin Müller (Köln), Omid Nouripour, Lisa Paus, Claudia Roth
(Augsburg), Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn,
Hans-Christian Ströbele und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Fakultativprotokoll zum UN-Sozialpakt unterzeichnen und ratifizieren

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat am 10. Dezember 2008
das Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale
und kulturelle Rechte (Sozialpakt – International Covenant on Economic, Social
an Cultural Rights – ICESCR) verabschiedet. Das Fakultativprotokoll ermög-
licht unter anderem ein Verfahren, mit dem Einzelpersonen beim zuständigen
UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (CESCR) Be-
schwerde einlegen können, wenn sie ihre im UN-Sozialpakt garantierten Rechte
verletzt sehen. Damit wird das bereits bestehende Staatenberichtsverfahren er-
gänzt.

Das Fakultativprotokoll tritt in Kraft, wenn es zehn Staaten ratifiziert haben.
Bislang haben erst fünf Staaten, Ecuador, die Mongolei, Spanien, Argentinien
und El Salvador, das Protokoll ratifiziert.

Obwohl Deutschland die Entstehung und Verabschiedung des Fakultativproto-
kolls unterstützt hat, hat es das Fakultativprotokoll bislang weder unterzeichnet
noch ratifiziert. Seit dem 24. September 2009 ist eine Zeichnung und Ratifikation
möglich. Deutschland prüft seit 2008 die mit einer Ratifikation verbundenen An-
passungserfordernisse im deutschen Recht. Nun scheint dieser Prozess vollends
ins Stocken geraten zu sein. Dabei ließ die Regierungskoalition bereits vor gut
einem Jahr verlauten: „Eine Zeichnung des Zusatzprotokolls durch die Bundes-
republik Deutschland sollte erfolgen, das ist unstrittig. Dies soll so schnell wie
möglich geschehen, und es soll so gründlich wie nötig geschehen“ (Plenarproto-
koll 17/62). Dabei geht es allein um die Frage, in welchen Bereichen möglicher-
weise Individualbeschwerden gegen Deutschland eingelegt werden könnten.

Durch das Fakultativprotokoll selbst werden keine neuen Rechte geschaffen. Es
geht lediglich um die Einhaltung der von Deutschland durch die Ratifizierung
des UN-Sozialpakts bereits anerkannten Verpflichtungen.

Die Erfahrungen mit den von Deutschland bereits akzeptierten Individualbe-
schwerdemechanismen zeigen, dass nicht mit einer hohen Anzahl von Verfahren
gegen Deutschland zu rechnen ist. Im Individualbeschwerdeverfahren zum
Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt – Inter-

Drucksache 17/8461 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
national Covenant on Civil and Political Rights – ICCPR) wurde in nur einem
Verfahren eine Verletzung eines Paktrechtes festgestellt. Insgesamt wurde der
Großteil von den bislang gegen Deutschland eingebrachten Individualbeschwer-
den als unzulässig zurückgewiesen, da der innerstaatliche Rechtsweg nicht
ausgeschöpft wurde. Mit Blick auf das neue Fakultativprotokoll ist nicht zu er-
warten, dass auf Deutschland eine Flut an Individualbeschwerden zukommt.

Zudem hat der CESCR zu den meisten Rechten des Sozialpakts eine Rechts-
meinung durch eine Vielzahl von Allgemeinen Bemerkungen und durch das
Staatenberichtsverfahren entwickelt, so dass die zukünftige Spruchpraxis des
Ausschusses gut einzuschätzen sein wird.

Deutschland tritt international für eine Stärkung der wirtschaftlichen, sozialen
und kulturellen Rechte ein. Durch eine zügige Ratifizierung des Protokolls muss
Deutschland die Ernsthaftigkeit dieses Engagements auch für die eigene natio-
nale Politik unter Beweis stellen. Wird die Ratifikation weiter hinausgezögert,
setzt sich die Bundesrepublik Deutschland dem Vorwurf doppelter Standards im
innerstaatlichen und außenpolitischen Umgang mit Menschenrechten aus und
schadet so ihrem internationalen Ansehen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

das Fakultativprotokoll zum UN-Sozialpakt zeitnah zu unterzeichnen und zu ra-
tifizieren.

Berlin, den 24. Januar 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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