BT-Drucksache 17/5874

Gewährleistungen der Gleichstellung von Frauen im Richterdienst

Vom 18. Mai 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5874
17. Wahlperiode 18. 05. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ingrid Hönlinger, Jerzy Montag, Monika Lazar, Katja Dörner,
Volker Beck (Köln), Kai Gehring, Priska Hinz (Herborn), Memet Kilic,
Hans-Christian Ströbele, Josef Philip Winkler und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Gewährleistung der Gleichstellung von Frauen im Richterdienst

Der Anteil der Frauen, die das erste sowie das zweite juristische Staatsexamen
erfolgreich absolvieren, ist seit mehreren Jahren nahezu genauso hoch wie der
der Männer. Im Jahr 2001 legten 47,99 Prozent Studentinnen das erste juris-
tische Staatsexamen ab. Die Quote der erfolgreichen Referendarinnen belief
sich auf 45,32 Prozent (Bundesministerium der Justiz, Ausbildungsstatistik
2001). Bis 2008 stieg der Anteil der Frauen in der juristischen Ausbildung
leicht an. So lag der Anteil der Jurastudentinnen 2008 bei 51 Prozent, der der
Referendarinnen bei 51,8 Prozent (Bundesministerium der Justiz, Ausbildungs-
statistik 2008). Der Anteil der Richterinnen an den Amtsgerichten lag im Jahr
2010 bei 41,8 Prozent (Bundesamt für Justiz, Personalstand der Amtsgerichte,
Stand vom 1. Juli 2010).

Um so mehr verwundert es, dass der Frauenanteil in der höheren Richterschaft
weiterhin gering bleibt. Das Gleiche gilt für alle Instanzen bei den Verwaltungs-
und Finanzgerichtsbarkeiten.

2009 waren 35,6 Prozent der Richterstellen an Landgerichten mit einer Frau
besetzt (Bundesamt für Justiz, Personalstand der Landgerichte, Stand vom
1. Juli 2010), an Oberlandesgerichten waren es im Bundesdurchschnitt im glei-
chen Jahr 29,9 Prozent (Bundesamt für Justiz, Personalstand der Oberlandes-
gerichte, Stand vom 1. Juli 2010). Außerdem sind unter den 24 Präsidenten der
Oberlandesgerichte derzeit nur fünf Frauen. Auch beim Bundesgerichtshof stellt
sich die Situation in vergleichbarer Weise dar. 2009 waren 13 der 52 am Bun-
desgerichtshof tätigen Richter Frauen, d. h. der Frauenanteil lag bei 25 Prozent
(Bundesamt für Justiz, Bundesgerichtshof, Zusammenstellung des Personal-
bestandes, Stand vom 16. Juni 2010).

An den Sozialgerichten zeichnet sich eine Konzentration der Richterinnen ab.
Der Anteil von Richterinnen bei den Sozialgerichten einschließlich aller Instan-
zen liegt bei 40,39 Prozent im Jahr 2008 (Bundesamt für Justiz, Gesamtstatistik
der Anzahl der Richter, Staatsanwälte und Vertreter des öffentlichen Interesses

in der Rechtspflege, Stand vom 30. Oktober 2009).

Bei den Finanz- und Verwaltungsgerichten fällt dagegen der Anteil der Richter-
stellen, die mit einer Frau besetzt sind, geringer aus. Er beläuft sich 2008 bei
den Finanzgerichten auf 25,2 Prozent und bei den Verwaltungsgerichten auf
29,5 Prozent (Bundesamt für Justiz, Gesamtstatistik der Anzahl der Richter,
Staatsanwälte und Vertreter des öffentlichen Interesses in der Rechtspflege,
Stand vom 30. Oktober 2009).

Drucksache 17/5874 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Bei den Arbeitsgerichten liegt der Anteil der Richterinnen bei 36,16 Prozent
(Bundesamt für Justiz, Gesamtstatistik der Anzahl der Richter, Staatsanwälte
und Vertreter des öffentlichen Interesses in der Rechtspflege, Stand vom
30. Oktober 2009).

Auch am Bundesverfassungsgericht ist der Anteil der Richterinnen gering. Zu-
letzt war im Jahr 2002 Prof. Dr. Gertrude Lübbe-Wolff zur Bundesverfassungs-
richterin ernannt worden. Darauf folgte die Wahl von neun Richtern. 2010 sind
für zwei der drei neu zu besetzenden Richterposten am Bundesverfassungsge-
richt nun Frauen gewählt worden. Nach dem Amtsantritt von Prof. Dr. Susanne
Baer und Prof. Dr. Gabriele Britz üben 2011 am Bundesverfassungsgericht ins-
gesamt zwölf Richter und vier Richterinnen ihr Amt aus.

Wie die Zahlen darlegen, ist der Anteil von Frauen in höheren Richterämtern
sowie in der Finanz- und Verwaltungsgerichtsbarkeit nach wie vor gering, ob-
wohl sie für eine Richterposition genauso gut ausgebildet und qualifiziert wie
Männer.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie hoch ist der Anteil der Richterstellen, die mit einer Frau besetzt sind,
untergliedert nach den jeweiligen Instanzen bei den Sozial-, Arbeits-, Finanz-
und Verwaltungsgerichten?

2. Worin sieht die Bundesregierung die Gründe für den geringen Anteil von
Frauen in der Richterschaft an den Landgerichten und Oberlandesgerichten
sowie am Bundesgerichtshof und am Bundesverfassungsgericht?

3. Worauf ist nach Auffassung der Bundesregierung die geringe Anzahl an Prä-
sidentinnen an den Oberlandesgerichten zurückzuführen?

4. Welchen Einfluss haben Gleichstellungsbeauftragte bei Entscheidungen
über Beförderungen?

5. Welche Zusammenarbeit findet zwischen den Gleichstellungsbeauftragen an
den unterschiedlichen Gerichtsebenen statt?

6. Warum ist an den Sozialgerichten ein höherer Frauenanteil in der Richter-
schaft zu verzeichnen als bei den Finanz- und Verwaltungsgerichten?

7. Wie hoch ist der Frauenanteil in den Organen, die bei der Beförderung von
Richterinnen und Richtern mitwirken?

8. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass die Bestimmungen des Gleich-
stellungsgesetzes für den öffentlichen Dienst in Bezug auf die Richterschaft
ausreichend sind?

Wenn ja, wie erklärt sich die Bundesregierung den anhaltend niedrigen
Frauenanteil?

Wenn nein, welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um das Gesetz
zu verändern?

Berlin, den 18. Mai 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.