BT-Drucksache 17/4228

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung - Drucksachen 17/3000, 17/4147 - Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2010

Vom 15. Dezember 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4228
17. Wahlperiode 15. 12. 2010

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Roland Claus, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens,
Karin Binder, Matthias W. Birkwald, Heidrun Bluhm, Steffen Bockhahn,
Dr. Martina Bunge, Katrin Kunert, Caren Lay, Sabine Leidig, Michael Leutert,
Dr. Gesine Lötzsch, Thomas Lutze, Kornelia Möller, Jens Petermann, Ingrid
Remmers, Dr. Ilja Seifert, Kersten Steinke, Sabine Stüber, Alexander Süßmair,
Dr. Kirsten Tackmann, Harald Weinberg und der Fraktion DIE LINKE.

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksachen 17/3000, 17/4147 –

Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2010

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Bundesregierung hat das Ziel aufgegeben, gleichwertige Lebensverhält-
nisse in Ost- und Westdeutschland herzustellen. Auch deswegen gibt es
20 Jahre nach der Herstellung der deutschen Einheit immer noch eine soziale
und wirtschaftliche Spaltung zwischen Ost und West. Selbst im Verhältnis zu
den strukturschwachen westdeutschen Ländern beträgt die Wirtschaftskraft der
ostdeutschen Länder nur 84 Prozent, insgesamt liegt das Verhältnis bei
73 Prozent.

Es ist unglaubwürdig, dass der Jahresbericht diese anhaltende Ost-West-Spal-
tung etwa hinsichtlich der Arbeitslosigkeit, der Einkommenshöhe oder der
Wirtschaftskraft allein mit einer vermeintlich desolaten Ausgangslage nach
dem Mauerfall begründet. Genauso wenig überzeugend ist es, dass der Bericht
den strikten Privatisierungskurs der Treuhandanstalt und die Zerschlagung der
ostdeutschen Wirtschaft würdigt und gleichzeitig das Fehlen von Großunter-
nehmen in Ostdeutschland beklagt. Es ist auch unverständlich, warum trotz der
Vereinbarung im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP noch immer
kein einheitliches Rentenrecht eingeführt wurde und im Bericht hierzu keine
Frist genannt wird. Ebenso wenig enthält der Bericht Angaben zu sozialen The-
men wie Armut, von der die Ostdeutschen überproportional betroffen sind.

Gewürdigt werden muss allerdings, dass im diesjährigen Bericht erstmals gute
Erfahrungen aus der DDR anerkannt werden, auf die für die Umsetzung
gesamtstaatlicher Vorhaben im Gesundheitsbereich zurückgegriffen wurde, bei-
spielsweise bei der Einführung des Modellprojekts AGnES (Arzt entlastende,
Gemeinde-nahe, E-Health-gestützte, Systemische Intervention) oder dem In-
fektionsschutz.

Drucksache 17/4228 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Insgesamt ist nicht zu erkennen, dass die Bundesregierung das Gefälle zwi-
schen Ost und West verringern möchte. Stattdessen sind die Ostdeutschen oft
besonders negativ von der Politik der Bundesregierung betroffen; beispiels-
weise wird mit dem Bundeshaushalt 2011 im Sozialbereich mehr als doppelt so
stark in Ostdeutschland als in Westdeutschland gekürzt. Tatenlos bleibt die
Bundesregierung nicht nur bei der Beseitigung noch bestehender Benachteili-
gungen der Menschen in Ostdeutschland, sondern auch hinsichtlich der Ent-
wicklung von Zukunftskonzepten für die Herstellung gleichwertiger Lebens-
verhältnisse in den kommenden 20 Jahren.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. Gesetzentwürfe zur Beendigung von noch bestehenden Benachteiligungen
Ostdeutscher wie etwa beim Rentenrecht oder bei der Opferentschädigung
vorzulegen,

2. eine Gesetzesfolgenabschätzung für Ostdeutschland einzuführen, die alle
Vorhaben einer Prüfung ihrer Auswirkung auf Ostdeutschland und gegebe-
nenfalls auf strukturschwache westdeutsche Regionen unterzieht und eine
gerechte Verteilung von Steuergeldern ermöglicht und

3. den Erfahrungsvorsprung Ost vom Gesundheitsbereich auf andere Politik-
felder wie das Niveau öffentlicher Kinderbetreuung oder die Erfahrungen
mit einer Schrumpfung aufgrund des demographischen Wandels in sich aus-
dünnenden Gebieten auszudehnen, damit in allen Bundesländern von guten
Erfahrungen Ostdeutschlands profitiert werden kann.

Berlin, den 15. Dezember 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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