BT-Drucksache 17/1744

Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit von Städten, Gemeinden und Landkreisen

Vom 18. Mai 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1744
17. Wahlperiode 18. 05. 2010

Antrag
der Abgeordneten Katrin Kunert, Dr. Axel Troost, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar
Bartsch, Herbert Behrens, Karin Binder, Heidrun Bluhm, Steffen Bockhahn,
Roland Claus, Dr. Dagmar Enkelmann, Caren Lay, Sabine Leidig, Michael Leutert,
Thomas Lutze, Kornelia Möller, Richard Pitterle, Ingrid Remmers, Dr. Ilja Seifert,
Kersten Steinke, Alexander Süßmair, Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion
DIE LINKE.

Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit von Städten, Gemeinden und
Landkreisen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Viele Kommunen in Deutschland befinden sich an der Grenze zur Handlungs-
unfähigkeit. Ein derartiger Zustand ist nicht nur aus verfassungsrechtlicher Sicht
höchst problematisch, er wirkt sich ganz massiv auf die Lebensbedingungen der
Menschen in den Kommunen aus. Insgesamt ist für das Jahr 2010 mit einem
Defizit der kommunalen Haushalte in Höhe von 15 Mrd. Euro zu rechnen (so die
Präsidentin des Deutschen Städtetages Petra Roth in ihrem Statement gegenüber
der Frankfurter Rundschau vom 14. Mai 2010).

Die Gründe für dieses Rekorddefizit werden in erster Linie durch Faktoren be-
stimmt, auf die die Kommunen keinen Einfluss haben. Die sinkenden kommu-
nalen Einnahmen werden zu etwa gleichgroßen Teilen durch einen Rückgang
des Steueraufkommens infolge der konjunkturellen Entwicklung und durch Än-
derungen des Steuerrechts durch die Bundesregierung verursacht. Außerdem
zieht sich der Bund immer weiter aus der Finanzierung gesamtstaatlicher Auf-
gaben zurück und überlässt den Kommunen in zunehmendem Maße die Finan-
zierung für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit, für die
Kosten der Unterkunft (KdU) und für den Ausbau der Kinderbetreuung. Eine
grundsätzliche Verbesserung für die kommunale Haushaltslage kann nur her-
beigeführt werden, wenn an diesen Punkten angesetzt wird. Die kommunalen
Steuereinnahmen müssen so verstetigt werden, dass sie für konjunkturelle
Schwankungen weniger anfällig sind und Änderungen des Steuerrechts dürfen
nur erfolgen, wenn den Kommunen ein entsprechender Ausgleich für etwaige
Mindereinnahmen gewährt wird. Bei der Übertragung von Aufgaben auf die
Kommunen durch den Bund, hat dieser auch die Finanzierung sicherzustellen.
Zusätzlich zu diesen eher langfristig wirkenden Maßnahmen benötigen viele
Kommunen noch für das laufende Jahr Maßnahmen zur Soforthilfe.

Drucksache 17/1744 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

folgende Maßnahmen zur Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit der Städte,
Gemeinden und Landkreise zu ergreifen:

1. Bereits beschlossene Unternehmenssteuersenkungen, die zu Mindereinnah-
men der Kommunen geführt haben, werden zurückgenommen und auf wei-
tere Steuersenkungen wird verzichtet.

2. Für Kommunen, die aufgrund ihrer hohen Verschuldung nicht mehr in der
Lage sind ihre Schulden zu tilgen, wird ein Altschuldenhilfe- bzw. Entschul-
dungsfonds eingerichtet.

3. Weiterentwicklung der Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftssteuer,
in der die Steuerpflicht für Kapitalgesellschaften, gewerbliche Unternehmen
und alle selbstständig ausgeübten Tätigkeiten bei einer verbreiterten Bemes-
sungsgrundlage besteht. Die Gewerbesteuerumlage des Bundes wird sofort
und die der Länder schrittweise abgeschafft.

4. Der Anteil des Bundes an der Finanzierung der Kosten der Unterkunft, der
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie der Eingliede-
rungshilfen für Menschen mit Behinderung und der Umsetzung des Rechts-
anspruchs auf einen Kita-Platz unter drei Jahren ist bedeutend zu erhöhen und
regelmäßig den real entstandenen Kosten anzupassen.

5. Den Kommunen sind verbindliche und einklagbare Mitwirkungsrechte an
der Gesetzgebung des Bundes einzuräumen.

Berlin, den 18. Mai 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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