BT-Drucksache 17/1142

Verbindliches Mitwirkungsrecht für Kommunen bei der Erarbeitung von Gesetzentwürfen und Verordnungen sowie im Gesetzgebungsverfahren

Vom 23. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1142
17. Wahlperiode 23. 03. 2010

Antrag
der Abgeordneten Katrin Kunert, Dr. Axel Troost, Harald Koch, Richard Pitterle,
Ingrid Remmers, Frank Tempel, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert
Behrens, Karin Binder, Heidrun Bluhm, Steffen Bockhahn, Roland Claus, Caren
Lay, Sabine Leidig, Thomas Lutze, Kornelia Möller, Jens Petermann, Dr. Ilja Seifert,
Kersten Steinke, Sabine Stüber, Alexander Süßmair, Dr. Kirsten Tackmann und der
Fraktion DIE LINKE.

Verbindliches Mitwirkungsrecht für Kommunen bei der Erarbeitung von
Gesetzentwürfen und Verordnungen sowie im Gesetzgebungsverfahren

Der Bundestag wolle beschließen:

1. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

zur Sicherstellung der Mitwirkungsrechte ein Kommunalmitwirkungsgesetz
in den Deutschen Bundestag einzubringen.

2. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

bei der Erarbeitung von Gesetzentwürfen und Verordnungen, die in ihren
Auswirkungen die Kommunen berühren, den kommunalen Spitzenverbän-
den ein verbindliches Mitwirkungsrecht zu gewähren.

3. Der Deutsche Bundestag verpflichtet sich,

bei Beratungen im Gesetzgebungsverfahren bzw. von Anträgen, die Auswir-
kungen auf die Kommunen haben, den kommunalen Spitzenverbänden ein
verbindliches Mitwirkungsrecht einzuräumen.

Berlin, den 23. März 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

Die kommunale Selbstverwaltung ist verfassungsrechtlich lediglich durch
eine institutionelle Garantie nach Artikel 28 Absatz 2 des Grundgesetzes

geschützt. Sie gewährleistet den Kommunen zwar Abwehrpositionen gegen-
über dem Staat, aber keine Mitwirkungsrechte im Staat. Die im Rahmen der
Föderalismusreform erfolgte Abschaffung des Durchgriffsrechts des Bundes
bezieht sich nur auf die Übertragung von Aufgaben durch Bundesgesetz.
Nicht erfasst werden dadurch z. B. kommunalspezifische Gesetze, durch die
Standards definiert werden, die die Kommunen realisieren müssen. Auch

Drucksache 17/1142 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Gesetze aus dem Bereich Steuern und Finanzen, die direkte Auswirkungen
auf die Kommunen haben, sind dadurch nicht erfasst. Insofern ist die For-
derung der Kommunen, ein grundgesetzlich verankertes Anhörungsrecht im
Gesetzgebungsverfahren des Bundes einzuführen, nach wie vor aktuell. Durch
eine verbindlich festgeschriebene Beteiligung würde nicht nur Sachverstand
aus der Praxis in den Gesetzgebungsprozess einfließen, sondern dies würde
wesentlich zur Qualifizierung von Gesetzen beitragen.

Die Einrichtung eines Unterausschusses für Kommunalpolitik ist kein Ersatz für
die Einführung eines verbindlichen Mitwirkungsrechts für Kommunen. Es liegt
nach wie vor im Ermessen des Gesetzgebers, ob Kommunen angehört werden
oder nicht. Mit der Einrichtung eines verbindlichen Rechtsinstituts – das gesetz-
lich garantierte Mitwirkungsrecht – hätten die Kommunen dagegen die Möglich-
keit, ihre Mitwirkung für den Fall einzuklagen, dass sie nicht beteiligt werden.

In der 16. Wahlperiode hat sich eine große Mehrheit der Sachverständigen für
die Einführung eines einklagbaren Mitwirkungsrechts für Kommunen ausge-
sprochen. Ausgewertet wurden in der Anhörung auch Erfahrungen aus Öster-
reich. Seit Mitte der 90er Jahre gibt es in Österreich ein in der Bundesverfassung
verankertes Mitwirkungsrecht und ein verbindliches Konsultationsverfahren.
Seitdem hat sich die Kultur des Umgangs des Bundesstaates mit kommunalen
Belangen grundlegend zum Positiven verändert. Bevor durch Gesetz oder
Verordnung Fragen geregelt werden, welche kommunale Belange berühren, er-
halten die kommunalen Spitzenverbände die Möglichkeit, die Gemeinden oder
Gemeindeverbände im Rahmen einer angemessenen Frist zu beteiligen.

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