BT-Drucksache 17/11139

Entwurf eines Gesetzes zur Förderung gleichberechtigter Teilhabe von Frauen und Männern in Führungsgremien (GlTeilhG)

Vom 23. Oktober 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11139
17. Wahlperiode 23. 10. 2012

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Dr. Eva Högl, Sebastian Edathy, Ingo Egloff, Petra Ernstberger,
Dr. Edgar Franke, Iris Gleicke, Kerstin Griese, Petra Hinz (Essen), Ute Kumpf,
Christine Lambrecht, Burkhard Lischka, Caren Marks, Thomas Oppermann, Stefan
Rebmann, Marianne Schieder (Schwandorf), Sonja Steffen, Christoph Strässer,
Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Renate Künast, Ekin Deligöz, Monika Lazar, Kai Gehring,
Agnes Krumwiede, Tabea Rößner, Krista Sager, Ulrich Schneider, Arfst Wagner
(Schleswig), Kerstin Andreae, Birgitt Bender, Katrin Göring-Eckardt,
Britta Haßelmann, Memet Kilic, Sven-Christian Kindler, Brigitte Pothmer,
Elisabeth Scharfenberg, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Dr. Harald Terpe,
Beate Walter-Rosenheimer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwurf eines Gesetzes zur Förderung gleichberechtigter Teilhabe von Frauen
und Männern in Führungsgremien (GlTeilhG)

A. Problem

Der Anteil weiblicher Führungskräfte in Spitzenpositionen der deutschen Wirt-
schaft ist gering: Er liegt in Aufsichtsräten bei etwas mehr als einem Zehntel.
Damit widerspricht die Rechtswirklichkeit dem in Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 des
Grundgesetzes (GG) niedergelegten Gleichheitsgrundsatz von Frauen und Män-
nern in eklatanter Weise. Von politischer Seite initiierte Selbstverpflichtungen
der Unternehmen blieben ohne nennenswerten Einfluss auf den Frauenanteil in
den Führungsgremien, das heißt in Aufsichtsräten, Vorständen und sonstigen
Leitungs- und Kontrollorganen.

Der Ausbildungsstand von Frauen gegenüber demjenigen von Männern in den
für die Wahrnehmung von Führungsaufgaben relevanten Bereichen rechtfertigt
dieses Ungleichgewicht in keiner Weise. Die Mehrheit der Führungskräfte hat
nach wie vor eine juristische oder wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung; der
Anteil von Hochschulabsolventinnen liegt hier über dem männlicher Absolven-
ten. Insofern muss davon ausgegangen werden, dass nicht zuletzt traditionelle
Denk- und Verhaltensmuster eine Erhöhung weiblicher Teilhabe in verantwor-
tungsvollen Bereichen verhindern. Dadurch fehlen weibliche Vorbilder und Mo-
delle, die zu einer höheren Frauenbeteiligung führen.
B. Lösung

2013 gilt als „Superwahljahr“ der Aufsichtsräte, da viele Posten neu besetzt wer-
den. In den DAX-30-Konzernen werden rund 80 Aufsichtsratsmitglieder von
den Hauptversammlungen neu bestellt. Darüber hinaus stehen auch in zahlrei-
chen M-DAX-, S-DAX- und Tec-DAX-Unternehmen ebenfalls Neuwahlen an.
Daher ist es wichtig, jetzt ein Zeichen für die Quote zu setzen.

Drucksache 17/11139 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Damit der Staat der in Artikel 3 Absatz 2 Satz 2 GG festgelegten Handlungsauf-
forderung zur Durchsetzung gleichberechtigter Teilhabe beider Geschlechter
und zur Hinwirkung auf die Beseitigung bestehender Nachteile nachkommt, ist
ein gesetzliches Tätigwerden nunmehr geboten.

Der Gesetzentwurf sieht deswegen die Einführung gesetzlicher Mindestquoten
für die Besetzung von Aufsichtsräten mit Frauen und Männern vor. Dabei ge-
währleisten lange Übergangsfristen und eine zweistufige Einführung von zu-
nächst 20 Prozent und 40 Prozent in der Endstufe die Möglichkeit breiter Ak-
zeptanz auf Seiten der betroffenen Unternehmen. Einerseits haben sie aufgrund
eines Zeitraums von elf Jahren eine großzügige Frist zur Vorbereitung und Re-
krutierung geeigneter weiblicher Führungskräfte. Andererseits sieht der Gesetz-
entwurf eine milde, lediglich finanziell wirkende Sanktionierung vor, die die
Handlungsfähigkeit der betroffenen Unternehmen möglichst wenig einschränkt
und Rechtsunsicherheiten praktisch ausschließt. Darüber hinaus gewährleistet
ein Berichts- und Informationsmechanismus die Wahrnehmung der Entwicklun-
gen durch eine breite Öffentlichkeit und ermöglicht auch das Bekanntwerden
solcher Unternehmen, die sich einem ausgeglichenen zahlenmäßigen Verhältnis
von Frauen und Männern in ihren Führungsgremien versperren. Die Einführung
der sogenannten Grundstruktur sorgt dafür, dass das Gesetz übersichtlich und
für den Rechtsanwender einfach zu handhaben ist, weil eine konkrete Sitzvorga-
be nach Köpfen für kleine Gremien gleichbleibend auf unterschiedlich struktu-
rierte Gremien und Teilgremien anwendbar ist. Dieser Mechanismus, der auf
Gremien mit einer Größe von bis zu acht Mitgliedern Anwendung findet, ver-
hindert außerdem eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Wahlfreiheit
kleiner Gremien, die sich aufgrund rechnerischer Schwierigkeiten bei der Um-
setzung von Mindestquoten anderenfalls ergäbe. Schließlich erlaubt eine eng
auszulegende Härtefallklausel ein Unterschreiten der Mindestquoten in den Fäl-
len, in denen ein berechtigtes Interesse hieran besteht, weil geeignete Führungs-
kräfte des unterrepräsentierten Geschlechts trotz entsprechender ernsthafter Be-
mühungen ausnahmsweise nicht verfügbar sind. Die Pflicht zur Einhaltung der
Quoten richtet sich sowohl an die Anteilseigner als auch an die Arbeitnehmer-
vertreter in den Aufsichtsräten. Dadurch, dass jedes dieser Teilgremien die Min-
destquote ungeachtet der jeweils anderen Seite erfüllen muss, ist sichergestellt,
dass sich die Verantwortung für die Herstellung einer gleichberechtigten Teilha-
be auf alle an der Überwachung der Unternehmensführung Beteiligten gleich-
mäßig verteilt.

Die als ein übergangsweise erforderliches Instrument zu verstehenden Mindest-
quoten garantieren die Herstellung weitgehend gleichberechtigter Teilhabe in
den betroffenen Gremien. Hierdurch werden die aktive Förderung von Frauen
und zugleich die Umgestaltung der Arbeitswirklichkeit dahingehend erforder-
lich, dass beide Geschlechter einen effektiven Beitrag zum wirtschaftlichen Er-
folg der Gesellschaft leisten können. Außerdem bietet die vorübergehend ge-
setzlich festgelegte Verpflichtung zur Beteiligung beider Geschlechter die
Möglichkeit, dass gleichberechtigte Teilhabe auch im Bereich des Spitzen-
managements zur Normalität wird und so die bestehenden vielfältigen Barrieren
abgebaut werden.

C. Alternativen

Die tatsächliche Entwicklung gezeigt, dass freiwillige Selbstverpflichtungen der
Unternehmen nicht zu einer nennenswerten Erhöhung des Frauenanteils geführt
haben.

Auch wenn eine schnellere Einführung einer höheren Quote sowie stärkere
Sanktionen und weniger Ausnahmen wünschenswert wären (siehe die Bundes-

tagsdrucksachen 17/3296 und 17/8878), um das Ziel einer gleichberechtigten

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/11139

Teilhabe von Frauen an Führungspositionen zügiger zu erreichen, müssen jetzt
die sich abzeichnenden Möglichkeiten wahrgenommen werden. 2013 ist ein
wichtiges Jahr für die Besetzung von Aufsichtsräten. Der Gesetzentwurf stellt
einen Kompromiss dar, der geeignet ist, einen breiten Konsens in Politik, Gesell-
schaft und Wirtschaft herzustellen.

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Beim Statistischen Bundesamt entstehen Kosten für die Erstellung der Bundes-
statistik im Umfang von maximal einer halben Stelle, beim Bundesamt für Justiz
Mehrbelastungen durch die Erhebung der Angaben im Lagebericht gemäß
§ 289b des Handelsgesetzbuchs (HGB) sowie für die Verbescheidung der be-
troffenen Unternehmen im Umfang einer Stelle des gehobenen Dienstes. Ein
geringfügiger Mehraufwand ergibt sich bei den Finanzämtern durch Berück-
sichtigung von Lagebericht und Grundlagenbescheiden im Rahmen der körper-
schaftsteuerlichen Veranlagung.

E. Sonstige Kosten

Geringfügiger Mehraufwand entsteht beim Betreiber des elektronischen Bun-
desanzeigers aufgrund der erweiterten Erklärungs- und Offenlegungspflichten.
Auswirkungen auf das Preisniveau sind nicht zu erwarten.

F. Bürokratiekosten

Durch die Mitteilungspflicht im Rahmen der Erstellung des Lageberichts erhö-
hen sich die Kosten für dessen Erstellung geringfügig. Ein geringfügiger Mehr-
aufwand entsteht ebenfalls für die Beantragung des Grundlagenbescheids.

mindestens 90 Prozent Arbeitnehmer desselben Ge-

schlechts beschäftigen.

(4) Ausnahmen von Absatz 3 Satz 1 bis 4 und 6 sind
zulässig, wenn die Gesellschaft nachweist, dass hierfür
ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund ist ins-
besondere anzunehmen, soweit trotz erheblicher An-
strengungen der Gesellschaft nur ungeeignete Personen

3. Nach § 108 Absatz 2 wird folgender Absatz 2a eingefügt:

„(2a) Die Wirksamkeit der Beschlüsse des Aufsichts-
rats wird durch einen Verstoß gegen § 96 Absatz 3 nicht
berührt.“

4. Dem § 251 wird folgender Absatz 4 angefügt:
Drucksache 17/11139 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Entwurf eines Gesetzes zur Förderung gleichberechtigter Teilhabe von Frauen
und Männern in Führungsgremien (GlTeilhG)

Vom …

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das
folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Aktiengesetzes

Das Aktiengesetz vom 6. September 1965 (BGBl. I
S. 1089), das zuletzt durch … geändert worden ist, wird wie
folgt geändert:

1. Dem § 96 werden folgende Absätze 3 bis 7 angefügt:

„(3) Unbeschadet der Absätze 1 und 2 sind bei der Zu-
sammensetzung des Aufsichtsrates beide Geschlechter
gerecht zu berücksichtigen. Wenn sich der Aufsichtsrat
aus Mitgliedern der Aktionäre und der Arbeitnehmer zu-
sammensetzt, sind sowohl bei den Mitgliedern der Ak-
tionäre als auch bei den Mitgliedern der Arbeitnehmer
(Teilgremien) bei getrennter Betrachtung beide Ge-
schlechter gerecht zu berücksichtigen. Eine gerechte
Berücksichtigung beider Geschlechter liegt vor, wenn die
Zusammensetzung die nachfolgend genannten Voraus-
setzungen erfüllt. Besteht der Aufsichtsrat oder das
jeweilige Teilgremium im Sinne des Satzes 2 aus

1. drei, vier, fünf oder sechs Mitgliedern, müssen Frauen
und Männer jeweils mit mindestens einem Mitglied,

2. sieben oder acht Mitgliedern, müssen Frauen und
Männer jeweils mit mindestens zwei Mitgliedern,

3. neun oder mehr Mitgliedern, müssen Frauen und
Männer jeweils mit einem Anteil von mindestens 20
Prozent

vertreten sein. Die weiteren Mitglieder nach § 4 Absatz 1
Satz 2 Buchstabe c des Montan-Mitbestimmungsgesetzes
und § 5 Absatz 1 Satz 2 Buchstabe c des Mitbestim-
mungsergänzungsgesetzes bleiben für die Erfüllung der
Voraussetzungen des Satzes 4 außer Betracht. Wenn die
Voraussetzungen des Satzes 2 erfüllt sind, dürfen die
Voraussetzungen des Satzes 4 im gesamten Aufsichtsrat
unterschritten werden. Satz 4 gilt in dem von den Vertre-
tern der Arbeitnehmer zu besetzenden Teilgremium nicht
für Gesellschaften, die in der Regel zu einem Anteil von

(5) Die Absätze 3 und 4 gelten nur für börsennotierte
Gesellschaften oder Gesellschaften, die den in Absatz 1
genannten Vorschriften über die Mitbestimmung unter-
liegen.

(6) Das Bundesamt für Justiz erlässt auf Antrag gegen-
über Gesellschaften im Sinne des Absatzes 5 einen Be-
scheid über die Übereinstimmung der Besetzung des
Aufsichtsrates mit den Vorgaben der Absätze 3 und 4, so-
fern diese unmittelbar oder entsprechend auf die Gesell-
schaft anwendbar sind. Das Verbescheidungsverfahren
ist ein Justizverwaltungsverfahren. Der Antrag ist bis
zum 31. Mai des auf den Bilanzstichtag folgenden Jahres
zu stellen. Für die Übereinstimmung sind die Verhält-
nisse am Bilanzstichtag entscheidend. Die Übereinstim-
mung im Sinne des Satzes 1 ist auch zu bejahen, wenn ein
Verstoß gegen die Absätze 3 bis 5 nur im mit Arbeitneh-
mervertretern besetzten Teilgremium im Sinne des Ab-
satzes 3 Satz 2 erfolgt. Gegen den Bescheid kann binnen
eines Monats ab Bekanntgabe ausschließlich bei der Zi-
vilkammer des gemäß § 335 Absatz 5 Satz 1 bis 3 des
Handelsgesetzbuchs zuständigen Gerichts Klage erhoben
werden. Abweichend von Satz 1 erlässt das Bundesamt
für Justiz gegenüber kleinen Kapitalgesellschaften (§ 267
Absatz 1 des Handelsgesetzbuchs), die über ein Überwa-
chungsgremium oder eine Überwachungsperson im Sin-
ne des § 10 Nummer 5 des Körperschaftsteuergesetzes
verfügen und nicht unter Absatz 5 fallen, auf Antrag eine
Bescheinigung darüber, dass sie nicht unter Absatz 5 fal-
len.

(7) Das Bundesamt für Justiz erstellt eine Liste, die
über Namen und Sitz derjenigen Unternehmen Auskunft
gibt, bei denen die Besetzung des Aufsichtsrates nicht
den Vorgaben der Absätze 3 und 4 entspricht. Dabei ist
kenntlich zu machen, ob die Entscheidung über das Vor-
liegen eines Verstoßes in Bestandskraft erwachsen ist.
Die Liste ist im Bundesanzeiger einmal jährlich bekannt
zu machen. Gegen die Nennung seines Namens kann je-
des betroffene Unternehmen Klage nach Absatz 6 Satz 6
nur mit der Begründung erheben, dass die Aufnahme in
die Liste irrtümlich erfolgt ist.“

2. Nach § 104 Absatz 4 wird folgender Absatz 4a eingefügt:

„(4a) Das Gericht nimmt die Bestellung nach Maßgabe
des § 96 Absatz 3 bis 5 vor.“
des unterrepräsentierten Geschlechts zur Besetzung des
Aufsichtsrats zur Auswahl standen.

„(4) Ein Verstoß gegen § 96 Absatz 3 berechtigt nicht
zur Anfechtung.“

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/11139

Artikel 2

Weitere Änderung des Aktiengesetzes

§ 96 Absatz 3 Satz 4 des Aktiengesetzes vom 6. Septem-
ber 1965 (BGBl. I S. 1089), das zuletzt durch Artikel 1 die-
ses Gesetzes geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

„Besteht der Aufsichtsrat oder das jeweilige Teilgremium im
Sinne des Satzes 2 aus

1. zwei, drei oder vier Mitgliedern, müssen Frauen und
Männer jeweils mit mindestens einem Mitglied,

2. fünf oder sechs Mitgliedern, müssen Frauen und Männer
jeweils mit mindestens zwei Mitgliedern,

3. sieben oder acht Mitgliedern, müssen Frauen und Männer
jeweils mit mindestens drei Mitgliedern,

4. neun oder mehr Mitgliedern, müssen Frauen und Männer
jeweils mit einem Anteil von mindestens 40 Prozent

vertreten sein.“

Artikel 3

Änderung des Mitbestimmungsgesetzes

Das Mitbestimmungsgesetz vom 4. Mai 1976 (BGBl. I
S. 1153), das zuletzt durch … geändert worden ist, wird wie
folgt geändert:

1. In § 6 Absatz 2 Satz 1 werden die Wörter „§ 96 Abs. 2,
den §§ 97 bis 101 Abs. 1 und 3 und den §§ 102 bis 106“
durch die Wörter „§ 96 Absatz 2 bis 5, den §§ 97 bis 101
Absatz 1 und 3, den §§ 102 bis 106, 108 Absatz 2a und
§ 251 Absatz 4“ ersetzt.

2. Dem § 39 wird folgender Satz angefügt:

„Die Bundesregierung hat durch Rechtsverordnung Be-
stimmungen zu erlassen, die gewährleisten, dass die Vo-
raussetzungen des § 96 Absatz 3 bis 5 des Aktiengesetzes
bei den Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer ge-
wahrt sind, sofern der Aufsichtsrat diesen Vorschriften
unterfällt.“

Artikel 4

Änderung des Drittelbeteiligungsgesetzes

Das Drittelbeteiligungsgesetz vom 18. Mai 2004 (BGBl. I
S. 974), das zuletzt durch … geändert worden ist, wird wie
folgt geändert:

1. In § 1 Absatz 1 Nummer 3 wird die Angabe „§§ 170, 171,
268 Abs. 2“ durch die Wörter „§§ 170, 171, 251 Absatz 4,
§ 268 Absatz 2“ ersetzt.

2. § 4 Absatz 4 wird wie folgt gefasst:

„(4) Soweit der Aufsichtsrat gesetzlichen Mindestvor-
schriften über die gerechte Besetzung mit Frauen und

sprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis im Unterneh-
men vertreten sein.“

3. Dem § 13 wird folgender Satz angefügt:

„Die Bundesregierung hat durch Rechtsverordnung Be-
stimmungen zu erlassen, die gewährleisten, dass die Vor-
aussetzungen des § 96 Absatz 3 bis 5 des Aktiengesetzes
bei den Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer ge-
wahrt sind, sofern der Aufsichtsrat diesen Vorschriften
unterfällt.“

Artikel 5

Änderung des Gesetzes über die Mitbestimmung
der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und

Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und
der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie

Das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in
den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des
Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie in
der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer
801- 2, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt
durch … geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 10 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

㤠108 Absatz 2 Satz 4 und Absatz 2a des Aktiengesetzes
findet entsprechende Anwendung.“

2. Dem § 15 wird folgender Satz angefügt:

„Die Bundesregierung hat durch Rechtsverordnung Be-
stimmungen zu erlassen, die gewährleisten, dass die Vo-
raussetzungen des § 96 Absatz 3 bis 5 des Aktiengesetzes
bei den Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer ge-
wahrt sind, sofern der Aufsichtsrat diesen Vorschriften
unterfällt.“

Artikel 6

Änderung des Gesetzes zur Ergänzung des
Gesetzes über die Mitbestimmung der

Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und
Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und

der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie

Dem § 17 des Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über
die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten
und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der
Eisen und Stahl erzeugenden Industrie in der im Bundes-
gesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 801-3, veröffent-
lichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch … geändert
worden ist, wird folgender Satz angefügt:

„Die Bundesregierung hat durch Rechtsverordnung Bestim-
mungen zu erlassen, die gewährleisten, dass die Vorausset-
zungen des § 96 Absatz 3 bis 5 des Aktiengesetzes bei den
Männern nicht unterliegt, sollen unter den Aufsichtsrats-
mitgliedern der Arbeitnehmer Frauen und Männer ent-

Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer gewahrt sind, so-
fern der Aufsichtsrat diesen Vorschriften unterfällt.“

Drucksache 17/11139 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Artikel 7

Änderung des Gesetzes über die
Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer

grenzüberschreitenden Verschmelzung

Das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer
bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung vom
21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3332), das zuletzt durch …
geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Dem § 22 wird folgender Absatz 5 angefügt:

„(5) Hinsichtlich der Besetzung des Aufsichts- oder
Verwaltungsorgans hat die Vereinbarung § 96 Absatz 3
bis 5 des Aktiengesetzes zu entsprechen.“

2. In § 24 Absatz 2 Satz 2 wird die Angabe „§§ 170, 171,
268 Abs. 2“ durch die Wörter „§§ 170, 171, 251 Absatz 4,
§ 268 Absatz 2“ ersetzt.

Artikel 8

Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes

In § 35 Absatz 3 Satz 1 des Versicherungsaufsichtsgeset-
zes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember
1992 (BGBl. 1993 I S. 2), das zuletzt durch … geändert wor-
den ist, werden die Wörter „§ 96 Abs. 2, die §§ 97 bis 100,
101 Abs. 1 und 3, die §§ 102, 103 Abs. 1, 3 bis 5 sowie die
§§ 104 bis 116“ durch die Wörter „§ 96 Absatz 2 bis 7, die
§§ 97 bis 101 Absatz 1 und 3, §§ 102, 103 Absatz 1, 3 bis 5,
die §§ 104 bis 116 sowie 251 Absatz 4“ ersetzt.

Artikel 9

Änderung des SE-Ausführungsgesetzes

Das SE-Ausführungsgesetz vom 22. Dezember 2004
(BGBl. I S. 3675), das zuletzt durch … geändert worden ist,
wird wie folgt geändert:

1. Dem § 17 wird folgender Absatz 5 angefügt:

„(5) § 96 Absatz 3 bis 5, § 104 Absatz 4a, § 108 Ab-
satz 2a und § 251 Absatz 4 des Aktiengesetzes gelten ent-
sprechend.“

2. In § 20 wird die Angabe „§§ 76 bis 116“ durch die
Wörter „§§ 76 bis 96 Absatz 1 und 2 sowie §§ 97 bis 104
Absatz 1 bis 4, 5, 6, §§ 105 bis 108 Absatz 1, 2, 3 und 4
sowie §§ 109 bis 116“ ersetzt.

3. Dem § 24 wird folgender Absatz 3 angefügt:

„(3) Bei der Zusammensetzung des Verwaltungsrats
gelten § 96 Absatz 3 bis 5, § 104 Absatz 4a, § 108 Ab-
satz 2a und § 251 Absatz 4 des Aktiengesetzes entspre-
chend.“

Artikel 10

Änderung des SE-Beteiligungsgesetzes

Das SE-Beteiligungsgesetz vom 22. Dezember 2004

1. Dem § 21 Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:

„Hinsichtlich der Besetzung des Aufsichts- oder Verwal-
tungsorgans hat die Vereinbarung § 96 Absatz 3 bis 5 des
Aktiengesetzes zu entsprechen.“

2. § 36 wird wie folgt geändert:

a) Nach Absatz 3 wird folgender Absatz 3a eingefügt:

„(3a) Für das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan
gelten § 96 Absatz 3 bis 5, § 104 Absatz 4a, § 108 Ab-
satz 2a und § 251 Absatz 4 des Aktiengesetzes ent-
sprechend.“

b) In Absatz 4 werden die Wörter „nach den Absätzen 2
und 3“ durch die Wörter „nach den Absätzen 2 bis 3a“
ersetzt.

Artikel 11

Änderung des Handelsgesetzbuchs

Das Handelsgesetzbuch in der im Bundesgesetzblatt
Teil III, Gliederungsnummer 4100-1, veröffentlichten berei-
nigten Fassung, das zuletzt durch … geändert worden ist,
wird wie folgt geändert:

1. In § 264 Absatz 1 Satz 4 werden nach dem Wort „Lage-
bericht“ die Wörter „vorbehaltlich des § 289b Satz 2“
eingefügt.

2. Nach § 289a wird folgender § 289b eingefügt:

㤠289b

Erklärung zur Teilhabe von Frauen und Männern
in Führungsgremien

Im Lagebericht ist auch anzugeben,

1. wie viele Mitglieder des Geschäftsführungsorgans
und des Aufsichtsrats weiblich und wie viele männ-
lich sind,

2. ob für die Gesellschaft aufgrund ihrer Börsennotie-
rung oder Mitbestimmung im Sinne des § 96 Absatz 5
des Aktiengesetzes Mindestzahlen für die Besetzung
des Aufsichtsrats mit Frauen und Männern festgelegt
sind und

3. ob, soweit für die Gesellschaft Mindestzahlen für die
Besetzung des Aufsichtsrats mit Frauen und Männern
festgelegt sind, diese Mindestzahlen eingehalten wor-
den sind.

Sofern für kleine Kapitalgesellschaften (§ 267 Absatz 1)
Mindestzahlen für die Besetzung des Aufsichtsrats mit
Frauen und Männern festgelegt sind, haben sie abwei-
chend von § 264 Absatz 1 Satz 4 einen Lagebericht zu er-
stellen, der mindestens die Erklärungen gemäß Satz 1
enthält.“

3. Dem § 326 wird folgender Satz angefügt:

„Sofern kleine Kapitalgesellschaften gemäß § 289b Satz 2
einen Lagebericht zu erstellen haben, ist auch dieser ein-
zureichen.“

4. Dem § 329 wird folgender Absatz 5 angefügt:

„(5) Der Betreiber des Bundesanzeigers leitet alle von

(BGBl. I S. 3675, 3686), das zuletzt durch … geändert wor-
den ist, wird wie folgt geändert:

einer Kapitalgesellschaft gemachten Angaben im Sinne
des § 289b an das Bundesamt für Justiz weiter.“

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/11139

5. § 334 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 Nummer 3 wird wie folgt gefasst:

„3. bei der Aufstellung des Lageberichts einer Vor-
schrift des § 289 Absatz 1, 4, oder 5, des § 289a
oder des § 289b über den Inhalt des Lagebe-
richts,“.

b) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 1a eingefügt:

„(1a) Ordnungswidrig handelt auch, wer bei einer
Zuwiderhandlung gegen die Vorschrift des § 289b
fahrlässig handelt.“

c) Nach Absatz 4 wird folgender Absatz 4a eingefügt:

„(4a) Das Bundesamt für Justiz meldet Ordnungs-
widrigkeiten im Sinne des Absatzes 1 Nummer 3, die
sich aus einer Verletzung der Pflicht aus § 289b Satz 1
Nummer 2 und 3 ergeben, dem gemäß § 20 der Abga-
benordnung zuständigen Finanzamt.“

d) In Absatz 5 werden die Wörter „Absätze 1 bis 4“
durch die Wörter „Absätze 1 bis 4a“ ersetzt.

6. § 340n wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 Nummer 3 wird wie folgt gefasst:

„3. bei der Aufstellung des Lageberichts einer Vor-
schrift des § 289 Absatz 1, 4 oder 5, des § 289a
oder des § 289b über den Inhalt des Lagebe-
richts,“.

b) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 1a eingefügt:

„(1a) Ordnungswidrig handelt auch, wer bei einer
Zuwiderhandlung gegen die Vorschrift des § 289b
fahrlässig handelt.“

c) Folgender Absatz 5 wird angefügt:

„(5) Die gemäß Absatz 4 und § 334 Absatz 4 zu-
ständigen Verwaltungsbehörden unterrichten sich ge-
genseitig über Verstöße gegen die Erklärungspflich-
ten in § 289b von Kapitalgesellschaften im Sinne des
§ 340. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-
aufsicht meldet Ordnungswidrigkeiten im Sinne des
Absatzes 1 Nummer 3, die sich aus einer Verletzung
der Pflicht aus § 289b Satz 1 Nummer 2 und 3 erge-
ben, dem gemäß § 20 der Abgabenordnung zuständi-
gen Finanzamt.“

7. § 341n wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 Nummer 3 wird wie folgt gefasst:

„3. bei der Aufstellung des Lageberichts einer Vor-
schrift des § 289 Absatz 1, 4 oder 5, des § 289a
oder des § 289b über den Inhalt des Lagebe-
richts,“.

b) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 1a eingefügt:

„(1a) Ordnungswidrig handelt auch, wer bei einer
Zuwiderhandlung gegen die Vorschrift des § 289b
fahrlässig handelt.“

c) Folgender Absatz 5 wird angefügt:

„(5) Die gemäß Absatz 4 und § 334 Absatz 4 zu-
ständigen Verwaltungsbehörden unterrichten sich ge-

§ 341. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-
aufsicht meldet Ordnungswidrigkeiten im Sinne des
Absatzes 1 Nummer 3, die sich aus einer Verletzung
der Pflicht aus § 289b Satz 1 Nummer 2 und 3 erge-
ben, dem gemäß § 20 der Abgabenordnung zuständi-
gen Finanzamt.“

Artikel 12

Änderung des Einführungsgesetzes
zum Handelsgesetzbuch

Dem Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch in der
im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4101-1,
veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch …
geändert worden ist, wird folgender Zweiunddreißigster Ab-
schnitt angefügt:

„Zweiunddreißigster Abschnitt

Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Förderung
gleichberechtigter Teilhabe von Frauen und Männern

in Führungsgremien

Artikel 70

§ 289b des Handelsgesetzbuchs in der Fassung des Geset-
zes zur Förderung gleichberechtigter Teilhabe von Frauen
und Männern in Führungsgremien vom … (BGBl. I S. …)
ist erstmals auf Lageberichte für das auf die Verkündung des
Gesetzes folgende Geschäftsjahr anzuwenden.“

Artikel 13

Änderung des Körperschaftsteuergesetzes

§ 10 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung der
Bekanntmachung vom 15. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4144),
das zuletzt durch … geändert worden ist, wird wie folgt ge-
ändert:

1. In Nummer 4 wird der Punkt am Ende durch ein Komma
ersetzt.

2. Folgende Nummer 5 wird angefügt:

„5. für Gesellschaften im Sinne des § 96 Absatz 5 des
Aktiengesetzes abweichend von Nummer 4 die ge-
samten Vergütungen jeder Art, die an Mitglieder des
Aufsichtsrats, Verwaltungsrats, Grubenvorstands
oder andere mit der Überwachung der Geschäftsfüh-
rung beauftragte Personen gewährt werden, wenn die
Zusammensetzung des Überwachungsorgans gegen
§ 96 Absatz 3 bis 5 des Aktiengesetzes verstößt; ein
solcher Verstoß wird für Gesellschaften im Sinne der
Nummer 4 vermutet, soweit diese nicht entweder
durch Vorlage

a) der Angabe im Lagebericht im Sinne des § 289b
Satz 1 Nummer 2 des Handelsgesetzbuchs nach-
weisen, dass Mindestzahlen für die Besetzung des
Überwachungsorgans nicht bestehen oder

b) einer Bescheinigung der zuständigen Behörde ge-
mäß § 96 Absatz 6 des Aktiengesetzes die quoten-
genseitig über Verstöße gegen die Erklärungspflich-
ten in § 289b von Kapitalgesellschaften im Sinne des

gerechte Besetzung oder die Nichtanwendbarkeit
der Mindestzahlen nachgewiesen wird.

§ 1

Im Geltungsbereich dieses Gesetzes wird eine Statistik
über die gerechte Berücksichtigung beider Geschlechter bei
der Besetzung von Vorständen und Aufsichtsräten börsenno-
tierter und der Mitbestimmung unterliegender Unternehmen
als Bundesstatistik geführt.

§ 2

(1) Die Statistik erstreckt sich auf die Anteile von Frauen
und Männern in

a) Vorständen und sonstigen Leitungsorganen und

b) Aufsichtsräten und sonstigen Aufsichtsorganen

derjenigen Unternehmen, die der Berichtspflicht gemäß
§ 289b des Handelsgesetzbuchs unterliegen.

(2) Die Statistik ist sowohl für die Gesamtzahl der betrof-
fenen Unternehmen als auch getrennt nach den jeweiligen
Rechtsformen zu erheben.

(3) Hilfsmerkmale sind Namen und Anschriften der Un-
ternehmen nach den Absätzen 1 und 2.

§ 3

(1) Für die Erhebungen besteht Auskunftspflicht. Aus-
kunftspflichtig ist das Bundesamt für Justiz.

(2) Die Erhebungen finden jährlich statt.

(3) Die Statistik ist vom Statistischen Bundesamt nach § 3
Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a des Gesetzes über die Sta-
tistik für Bundeszwecke zu erheben und aufzubereiten.

a) Vorständen und sonstigen Leitungsorganen und

b) Aufsichtsräten und sonstigen Aufsichtsorganen

derjenigen Unternehmen, die der Berichtspflicht gemäß
§ 289b des Handelsgesetzbuchs unterliegen,

2. die Anteile von Frauen und Männern in den Aufsichts-
räten und sonstigen Aufsichtsorganen derjenigen Unter-
nehmen, die verpflichtet sind, ihre Aufsichtsorgane nach
§ 96 Absatz 3 und 5 des Aktiengesetzes zu besetzen, ge-
gebenenfalls getrennt nach Arbeitnehmer- und Arbeitge-
berseite; zusätzlich ist der Anteil derjenigen dieser Unter-
nehmen anzugeben,

a) die der Verpflichtung nachkommen,

b) die der Verpflichtung nicht nachkommen, weil sie
sich auf das Vorliegen einer Ausnahme gemäß § 96
Absatz 3 Satz 7 oder Absatz 4 des Aktiengesetzes be-
rufen und

c) für die das Vorliegen einer Ausnahme gemäß Buch-
stabe b von der zuständigen Stelle für die Vergangen-
heit anerkannt worden ist.“

Artikel 16

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich der Sätze 2 und 3 am
1. Januar 2018 in Kraft. Die Artikel 2 tritt am 1. Januar 2023
in Kraft. Die Artikel 11, 12 und 14 treten am Tag nach der
Verkündung in Kraft.

Berlin, den 23. Oktober 2012

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion
Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion
Drucksache 17/11139 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wird dem gemäß § 20 der Abgabenordnung zuständi-
gen Finanzamt bekannt, dass die gemäß § 289b des
Handelsgesetzbuchs erforderlichen Angaben einer
Gesellschaft nicht korrekt sind, kann es dem Bundes-
amt für Justiz Namen und Anschrift der Gesellschaft
sowie den Verstoß mitteilen.“

Artikel 14

Gesetz über die Statistik zur Förderung
gleichberechtigter Teilhabe

von Frauen und Männern in Führungsgremien
(Teilhabestatistikgesetz – TeilhStatG)

§ 4

Die Statistiken sind in geeigneter Form zu veröffent-
lichen.

Artikel 15

Änderung des Teilhabestatistikgesetzes

§ 2 Absatz 1 des Teilhabestatistikgesetzes in der Fassung
des Artikels 14 dieses Gesetzes wird wie folgt gefasst:

„(1) Die Statistik erstreckt sich auf:

1. die Anteile von Frauen und Männern in

ist auf eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Män-
ternehmen, die über konkrete Strategien und Pläne zur Erhö-
nern in Gremien, in die der Bund Mitglieder beruft oder ent-

sendet, hinzuwirken. Erfasst sind auch Vorstände und Ver-
waltungsräte.

hung des Frauenanteils verfügen, begrenzt ist. Nur wenige
Unternehmen haben Maßnahmen zur Erhöhung des Frauen-
anteils in Vorstand und Aufsichtsrat ergriffen. Auch die Ein-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/11139

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Der Gesetzentwurf unterwirft Aufsichts- und Verwaltungs-
räte börsennotierter und mitbestimmter Unternehmen einer
gesetzlichen Mindestquote für die verhältnismäßige Beset-
zung mit Frauen und Männern. Dadurch soll der in Deutsch-
land im internationalen Vergleich sehr geringe Anteil
weiblicher Führungskräfte gesteigert werden. Nachdem frei-
willige Selbstverpflichtungen der Unternehmen in den ver-
gangenen zehn Jahren keine spürbare Erhöhung dieses An-
teils mit sich brachten, ist eine gesetzlich festgelegte und
sanktionierte Mindestquote unumgänglich und der einzig
wirkungsvolle Weg zu einer signifikanten Erhöhung des
Frauenanteils. Nur so kommt der Gesetzgeber dem in Arti-
kel 3 Absatz 2 Satz 2 GG festgelegten Gebot, die Lebensver-
hältnisse von Frauen und Männern aneinander anzugleichen
und Diskriminierungen entgegenzuwirken, nach. Der lang-
fristige Erfolg gesetzlicher Mindestquoten hängt auch maß-
geblich von der Akzeptanz durch die ihr unterfallenden Un-
ternehmen ab; dem trägt der vorliegende Gesetzentwurf
durch lange Übergangsfristen, Härtefallregelungen und
schließlich eine vergleichsweise milde Sanktionierung
Rechnung, die dem Normadressaten die mit der Einführung
verbundenen Eingriffe in seine Entscheidungsfreiheit er-
leichtern sollen. Der Gesetzgeber sieht die gesetzliche Min-
destquote als übergangsweise erforderliches Instrument zur
Erhöhung des Frauenanteils an, weil nur so die gleichberech-
tigte Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositio-
nen zur Normalität werden und vorhandenen Vorbehalten
gegen eine Beteiligung von Frauen auf allen Ebenen wir-
kungsvoll entgegengewirkt werden kann. Wann die gesetz-
lichen Mindestquoten wieder außer Kraft zu setzen sind, ist
derzeit noch nicht absehbar, sondern durch eine Beobach-
tung der Rechtswirklichkeit unter dem Einfluss der Mindest-
quoten zu ermitteln.

I. Gegenwärtige Situation, Ursachen und wirtschaftliche
Bedeutung

1. Tatsächliche und rechtliche Situation in Deutschland

Weder das deutsche Gesellschaftsrecht noch das Recht der
unternehmerischen Mitbestimmung verfügen über verbind-
liche Regelungen zur geschlechtsspezifischen Besetzung
von Führungsgremien. Lediglich für die Zusammensetzung
von Wahlgremien und -vorständen im Bereich der Arbeit-
nehmermitbestimmung gibt es Sollvorschriften, aufgrund
derer sich die Geschlechterproportionalität in diesen Gre-
mien nach dem tatsächlichen zahlenmäßigen Verhältnis der
Geschlechter der Beschäftigten im Unternehmen richtet.

Eine weitere Vorschrift enthält § 1 des Gesetzes über die Be-
rufung und Entsendung von Frauen und Männern in Gre-
mien im Einflussbereich des Bundes (BGremBG). Danach

von Beschäftigten auch aufgrund des Geschlechts zu verhin-
dern oder zu beseitigen (§ 1 AGG); § 6 Absatz 3 AGG eröff-
net auch Organmitgliedern einen eingeschränkten Schutz
durch die Vorschriften dieses Gesetzes.

Seit dem 2. Juli 2010 gelten die Empfehlungen des Deut-
schen Corporate Governance Kodex (DCGK) in der Neufas-
sung vom 26. Mai 2010. Weil der DCGK kein bindendes
Recht darstellt, erhält er als „soft law“ rechtliche Relevanz
nur über § 161 AktG, wonach börsennotierte Gesellschaften
jährlich zu erklären haben, dass den Empfehlungen entspro-
chen wurde beziehungsweise aus welchen Gründen be-
stimmte Empfehlungen nicht angewendet werden. Nicht
börsennotierten Unternehmen wird die Beachtung des
Kodex nur empfohlen. In der Neufassung des DCGK ist be-
stimmt, dass der Vorstand bei der Besetzung von Führungs-
positionen im Unternehmen auf Vielfalt (Diversity) achten
und insbesondere eine angemessene Berücksichtigung von
Frauen anstreben soll. Auch bei der Besetzung des Vorstands
und des Aufsichtsrates soll auf eine „angemessene Beteili-
gung von Frauen“ geachtet werden. Anhand welcher Krite-
rien sich die Angemessenheit beurteilt, wird nicht vorgege-
ben oder erläutert; Regelungen über die Nachprüfung oder
Beurteilung der Angemessenheit sind nicht vorgesehen.

Ein Grund für das Fehlen spezifischer gesetzlicher Vor-
schriften ist in der im Jahr 2001 von der damaligen Bundes-
regierung mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirt-
schaft getroffenen Vereinbarung zur Förderung der
Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Privat-
wirtschaft zu sehen. Als ausdrückliches Ziel wurde unter an-
derem die allgemeine Erhöhung des Frauenanteils in Füh-
rungspositionen aufgenommen. Die Vereinbarung bezieht
sich auf Führungspositionen in allen Bereichen, einschließ-
lich der obersten Ebene.

Solange die Vereinbarung erfolgreich umgesetzt würde,
wollte die Bundesregierung keine gesetzlichen Initiativen
zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Män-
nern in der Privatwirtschaft treffen; das ursprüngliche Geset-
zesvorhaben, für welches bereits der Entwurf eines umfas-
senden Gleichstellungsgesetzes vorlag, wurde aufgegeben.

Die Vereinbarung aus dem Jahr 2001 muss heute allerdings
in Bezug auf die Besetzung von Spitzengremien in den
großen Unternehmen der Privatwirtschaft als gescheitert an-
gesehen werden. Problembewusstsein und Veränderungswil-
le hinsichtlich des geringen Anteils weiblicher Führungs-
kräfte scheinen in vielen Unternehmen immer noch gering
zu sein; den in der Vereinbarung aus dem Jahr 2001 über-
nommenen Verpflichtungen wurde in keiner Weise ausrei-
chend entsprochen. Befragungen, die der Deutsche Juristin-
nenbund (djb), der Verein Frauen in die Aufsichtsräte
(FidAR) und die Unternehmensberatung PriceWaterhouse-
Coopers durchgeführt haben, zeigen, dass die Zahl der Un-
Daneben zu erwähnen ist das Allgemeine Gleichbehand-
lungsgesetz (AGG), das darauf abzielt, Benachteiligungen

führung der Diversity-Klausel im DCGK hat nicht zu einer
signifikanten Erhöhung des Frauenanteils in diesen Organen

Drucksache 17/11139 – 10 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

geführt – noch immer sind Frauen auf allen Führungsebenen
und insbesondere im Topmanagement unterrepräsentiert.

Die tatsächliche Beteiligung von Frauen an Führungsposi-
tionen und Kontrollgremien ist in Deutschland nach wie vor
gering, obgleich ein Anteil von 51 Prozent der Bevölkerung
weiblich ist und in Deutschland ca. 69,8 Prozent der Frauen
erwerbstätig sind (bei den Männern liegt der Beschäfti-
gungsgrad bei etwa 79,7 Prozent).

Laut dem Statistischen Bundesamt sind 28 Prozent der Füh-
rungspositionen in privaten Unternehmen in Deutschland
mit einer Frau besetzt. Dabei sind weibliche Führungskräfte
vor allem in kleineren Betrieben präsent: In Betrieben mit bis
zu 49 Beschäftigten waren es 35,0 Prozent, in Betrieben mit
50 und mehr Beschäftigten dagegen nur 23,4 Prozent. Im
Topmanagement ist der Frauenanteil niedriger als auf der
zweiten Führungsebene (24,2 Prozent gegenüber 28,8 Pro-
zent). Den größten Seltenheitswert haben Frauen in der ers-
ten Führungsebene größerer Betriebe (16,9 Prozent); gegen-
über 2001 ist hier sogar ein Rückgang festzustellen. Bei
jüngeren Führungskräften liegt der Frauenanteil deutlich
höher als bei älteren: Knapp 38 Prozent der Führungskräfte
im Alter bis 39 Jahre waren weiblich – ab 40 Jahre und älter
waren es lediglich rund 22 Prozent der Führungskräfte.

Der Anstieg der Zahl weiblicher Führungskräfte insgesamt
in den letzten 15 Jahren ist mit knapp sechs Prozentpunkten
nur als moderat zu bezeichnen, erreicht aber auf keiner Füh-
rungsebene annähernd eine Analogie zur gesamten weib-
lichen Beteiligung am Erwerbsleben.

Noch deutlicher wird das enorme Ungleichgewicht zwischen
Frauen und Männern bei der Betrachtung der Aufsichtsräte
großer Unternehmen.

In deutschen Aufsichtsräten ist nur etwa jedes zehnte Auf-
sichtsratsmitglied weiblich, jedoch entfällt hiervon der größ-
te Teil (76 Prozent) auf Vertreter der Arbeitnehmerseite.

Nach der Studie des DIW lag der Frauenanteil in den Auf-
sichtsräten der TOP-200-Unternehmen (außerhalb des Fi-
nanzsektors) bei 10,6 Prozent, rund ein Drittel dieser Unter-
nehmen hat keine einzige Frau im Aufsichtsrat. Die Studien
der Hans-Böckler-Stiftung und von FidAR sowie eine Studie
der Frankfurt School of Finance & Management haben bei
160 börsennotierten Unternehmen für das Jahr 2011 einen
prozentualen Anteil von rund 10 Prozent ermittelt. Die
Studie der Universität Karlsruhe ermittelte einen Anteil von
8,2 Prozent. Bei den 100 größten Banken und Sparkassen
waren im Jahr 2010 16,3 Prozent und bei den 62 größten Ver-
sicherungen 11,9 Prozent der Aufsichtsratspositionen weib-
lich besetzt.

Alle genannten Studien kommen übereinstimmend zu dem
Ergebnis, dass ein klarer positiver Entwicklungstrend nicht
erkennbar ist, sondern die Zahlen in den letzten Jahren eher
stagnieren. Selbst in Bereichen, in denen Frauen die Mehr-
heit der Beschäftigten stellen, stagniert der Frauenanteil be-
ziehungsweise ist teilweise sogar rückläufig.

Weiterhin stellen die Studien fest, dass die meisten Frauen
als Arbeitnehmervertreterinnen in die Gremien gelangen.
Die unterschiedlichen Statistiken belegen, dass je nach Un-
tersuchungsausschnitt zwischen 63 und 72 Prozent der weib-

nur zwischen 3 und 5 Prozent. Dabei ist zu beachten, dass die
Mitgliedschaft von weiblichen Aufsichtsräten auf Seiten der
Anteilseigner in vielen Fällen in ihrer Zugehörigkeit zur
Eigentümerfamilie begründet ist. Die Studie der Universität
Karlsruhe stellt heraus, dass nur 20 Prozent der Frauen in den
Aufsichtsräten über eine Industriekarriere in diese Position
gelangt sind. 36 Prozent sind Vertreterinnen der Eigentümer-
oder Gründerfamilie, 44 Prozent institutionelle Vertreterin-
nen (z. B. Politikerinnen, Unternehmensberaterinnen oder
Private-Equity-Investorinnen).

Die Studie der Hans-Böckler-Stiftung verdeutlicht diesen
Effekt, da sie zeigt, dass in Gesellschaften, die keine unter-
nehmerische Mitbestimmung haben, der Frauenanteil bei
2,6 Prozent gegenüber einem Anteil von 11,7 Prozent bei
den mitbestimmten Unternehmen liegt. Nach dieser Studie
hat die unternehmerische Mitbestimmung auch Einfluss auf
den Frauenanteil im Vorstandsbereich: In Gesellschaften mit
unternehmerischer Mitbestimmung ist der Frauenanteil seit
2008 von 1,4 auf 3,3 Prozent angestiegen, in Unternehmen
ohne Mitbestimmung dagegen von 4,9 auf 2,8 Prozent ge-
sunken.

2. Tatsächliche und rechtliche Situation in Europa

Auch im übrigen Europa sind Frauen in verantwortlichen
Positionen unterrepräsentiert. Verschiedene Studien (Euro-
päische Kommission: Report on Progress on Equality be-
tween Women and Men in 2010; McKinsey: Woman Matter
4; EPWN Bord Women Monitor 2010; Phönix Report; Egon
Zehnder International: European board diversity analysis
2010) zeigen zudem, dass die Verteilung der Führungsposi-
tionen auf Frauen und Männer in den einzelnen Ländern
ganz erheblich variiert: Im europäischen Durchschnitt liegt
die Frauenbeteiligung in Führungs- und Kontrollgremien in
Europa im Jahr 2010 bei 12,2 Prozent.

Laut der Kommission lag der Frauenanteil in den höchsten
Gremien (Vorstandspositionen, Verwaltungsräte, Aufsichts-
räte) der größten börsennotierten Unternehmen in Europa im
Jahr 2010 in Norwegen bei 39 Prozent, gefolgt von Schwe-
den und Finnland mit jeweils 26 Prozent sowie Lettland,
Slowakei und Rumänien mit jeweils etwas über 20 Prozent.
Am Ende der Liste rangieren Portugal, Italien, Zypern,
Luxemburg und Malta mit weniger als 5 Prozent. Deutsch-
land liegt danach mit etwas über 12 Prozent im europäischen
Durchschnitt.

Laut den Studien liegt Deutschland bei der Verteilung der
Aufsichtsratsmandate im Durchschnitt beziehungsweise im
unteren Drittel, wobei dies der (verglichen mit den Anteils-
eignervertretern) verhältnismäßig hohen Entsendungsrate
von Frauen auf der Arbeitnehmerseite als Folge des deut-
schen Mitbestimmungsrechts geschuldet ist.

Für die meisten Länder konstatieren die Studien einen maß-
vollen bis deutlichen Anstieg des Frauenanteils in verant-
wortlichen Stellungen. In Deutschland sind die Verbesserun-
gen dagegen nur gering. Es werden nur wenig Anzeichen
gesehen, dass sich die Situation in Deutschland rasch verbes-
sern werde. Der Frauenanteil bei den Neubesetzungen in
jüngster Zeit war unterdurchschnittlich.

In einigen europäischen Staaten wurden in den letzten Jahren

lichen Aufsichtsratsmitglieder die Arbeitnehmerseite vertre-
ten. Der Frauenanteil auf der Anteilseignerseite liegt effektiv

bereits gesetzliche Maßnahmen vorbereitet beziehungsweise
umgesetzt, um die Präsenz von Frauen in den Führungsgre-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 11 – Drucksache 17/11139

mien der Unternehmen zu erhöhen. Gesetzlich vorgeschrie-
bene Geschlechterquoten gibt es bislang in Norwegen,
Island, Spanien, Frankreich, Belgien, Italien und den Nieder-
landen. Weitere Länder erwägen gesetzliche Regelungen,
sollten sich die bislang freiwilligen Selbstverpflichtungen
nicht bewähren.

Die existierenden gesetzlichen Regelungen in Island, Spanien
und Frankreich sehen eine Quote von 40 Prozent, in Belgien
von 30 Prozent je Geschlecht vor. Die norwegischen Vor-
schriften staffeln die Quote nach der Größe des Gremiums,
so dass effektive Quoten zwischen 33,3 und 50 Prozent ein-
gehalten werden müssen.

Die gesetzlichen Quotenbestimmungen wurden in diesen
Ländern mit hohem zeitlichem Druck eingeführt. Es wurden
Umsetzungszeiträume zwischen vier (Norwegen) und acht
(Spanien und teilweise Belgien) Jahren vorgesehen. Nur in
Frankreich wurde eine gestufte Einführung über zweimal
drei Jahre (25 Prozent; 40 Prozent) festgelegt.

In Norwegen ist die Umsetzungsphase bereits abgeschlos-
sen. Statistiken belegen, dass innerhalb der vierjährigen
Übergangsphase der Frauenanteil in den Verwaltungsräten
norwegischer Aktiengesellschaften von 9 Prozent (2004) auf
36 Prozent (2008) gesteigert werden konnte. Auch für Spanien
und Frankreich wurde schon statistisch belegt, dass – ob-
wohl die Einführungsphase noch nicht abgeschlossen ist –
bereits erste Erfolge zu verzeichnen sind. Insbesondere in
Frankreich ist der Frauenanteil in jüngster Zeit von 10 auf
15 Prozent gestiegen.

Die Geltung der bestehenden gesetzlichen Regelungen
knüpft an unterschiedliche Kriterien an. Während Frank-
reich nur börsennotierte und sehr große Unternehmen zur Er-
füllung einer Quote verpflichtet, ist in Norwegen, Spanien
und Belgien der Großteil aller Unternehmen einbezogen
worden. Ausgeschlossen sind in Norwegen und Spanien nur
kleine Unternehmen, die auch im sonstigen nationalen Ge-
sellschaftsrecht vereinfachten Regelungen unterliegen.

In Frankreich, Belgien und Norwegen werden die gesetz-
lichen Vorgaben von der Androhung von Sanktionen flan-
kiert. Während in Frankreich und Belgien nur relativ schwa-
che monetäre Sanktionen (Streichung bzw. Einfrierung von
Sitzungsgeldern) drohen, sanktioniert Norwegen die Nicht-
erfüllung der Quote trotz Nachfrist zwar auch primär mit
monetären Verwaltungsstrafen, bei andauernder Nichterfül-
lung ist aber auch eine (im norwegischen Gesellschaftsrecht
seit jeher verankerte) Zwangsliquidation der Gesellschaft
möglich. Die spanische Regelung verfügt lediglich über
Möglichkeiten des Ausschlusses von Subventionen und
staatlichen Vergabeverfahren für Unternehmen, die die Quo-
te nicht erfüllen.

Die Kommission vertritt die Meinung, dass die Einführung
von Mindestquoten das effektivste Mittel zur Erhöhung des
Frauenanteils darstellt (Report on Progress on Equality
between Women and Men in 2010) und erklärte sowohl in
der „Frauen-Charta – Ein verstärktes Engagement für die
Gleichstellung von Frauen und Männern“ als auch in der
Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern
2010 – 2015 ihre Absicht, den Anteil von Frauen in verant-
wortlichen Positionen zu steigern. Der Gleichstellungsaus-

beauftragt, auf breiter Informationsgrundlage konkrete und
zeitlich begrenzte Ziele zur Steigerung der Repräsentanz von
Frauen in den Führungsgremien der Unternehmen festzu-
legen und diese europaweit verbindlich zu machen. Derzeit
werden Zielzahlen von 30 Prozent Frauen in gehobenen
Positionen bis 2015 und 40 Prozent bis 2020 angestrebt.

3. Ursachen geringer Frauenrepräsentanz

Weder der Ausbildungsstand noch die Erwerbsquote vermö-
gen die deutlich unterdurchschnittliche Repräsentanz von
Frauen in Führungspositionen und Kontrollgremien zu be-
gründen.

Der Anteil von Frauen in Spitzenpositionen steht im Wider-
spruch zum Ausbildungsstand der Frauen in Deutschland.
Unter anderem vom Statistischen Bundesamt und vom DIW
ermittelte Zahlen belegen, dass der Anteil von Hochschul-
absolventinnen bereits 1995 bei mindestens 40 Prozent lag
– auch in den Wirtschaftswissenschaften. Seit 2005 liegt der
Frauenanteil bei den Hochschulabschlüssen bei über 50 Pro-
zent mit weiter ansteigender Tendenz. Im Jahr 2008 verfüg-
ten beispielsweise 67 Prozent der Frauen gegenüber 62 Pro-
zent der Männer über einen Hochschulabschluss. Diese
Entwicklung des Qualifikationsniveaus entspricht in keiner
Weise der Entwicklung des Frauenanteils bei den Spitzen-
positionen der Wirtschaft.

Berücksichtigt man den Frauenanteil bei den Hochschulab-
schlüssen im Jahr 1975 (32 Prozent) in Relation zur Be-
setzung der Vorstandspositionen im Jahr 2010 (2 Prozent
Frauen) wird deutlich, dass der gestiegene Anteil an Hoch-
schulabschlüssen bei den Frauen allenfalls eine minimale
Auswirkung auf die Besetzung von Spitzenpositionen hatte
und haben wird.

Selbst in technischen und naturwissenschaftlichen Studien-
gängen lag der Anteil der Absolventinnen im Jahr 2008 bei
40,2 Prozent (22,6 Prozent in den Ingenieurwissenschaften).
Diese niedrigere Quote kann aber vor dem Hintergrund der
Tatsache, dass z. B. in den Dax-30-Unternehmen sowie in
44 börsennotierten Unternehmen aus dem (die 30 größten
Technologieunternehmen des Prime Standards abbildenden)
TecDax und dem MDax 59 Prozent der Vorstandspositionen
und 62 Prozent der Aufsichtsratspositionen mit Personen,
die eine juristische beziehungsweise wirtschaftswissen-
schaftliche Ausbildung aufweisen, besetzt waren, während
nur 36 Prozent der Vorstände und 29 Prozent der Aufsichts-
räte eine mathematische, naturwissenschaftliche oder techni-
sche Ausbildung hatten, keine geringere Berücksichtigung
von Frauen rechtfertigen.

Viel mehr als das Qualifikationsniveau scheinen Werthaltun-
gen der Entscheidungsträger und gesellschaftliche Rahmen-
bedingungen den Ausschlag zu geben.

Diverse Untersuchungen zu den Ursachen der geringen
Frauenrepräsentanz wurden durchgeführt (z. B. von Odgers
Berndtson; Frankfurt School of Finance & Management;
Sinus-Institut; Österreichisches Bundesministerium für
Gesundheit und Frauen; DIW) und untermauern den oft
gebrauchten Begriff „gläserne Decke“, der die Tatsache um-
schreibt, dass Frauen trotz vergleichbarer Qualifikation nicht
in die männlich dominierten Toppositionen vordringen.
schuss des Europäischen Parlaments hat im Mai 2011 einen
Entschließungsantrag befürwortet, welcher die Kommission

Hierfür wird die schlechte Vereinbarkeit von Familie und
Beruf oft als ein Hauptgrund angeführt. Lange Arbeitszeiten

Drucksache 17/11139 – 12 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

sind in Führungspositionen in Deutschland üblich und lassen
sich oftmals nur schwer mit dem Familienleben vereinbaren.
In diesem Zusammenhang sei auch eine kontinuierliche Be-
rufsbiografie ohne (längere) Unterbrechung zwingende Vor-
aussetzung für beruflichen Erfolg. Der Frauenanteil an Füh-
rungspositionen sinkt statistisch zwischen dem 35. und 54.
Lebensjahr stark. Dieser Zeitraum überschneidet sich oft-
mals mit der Phase der Familiengründung von Akademike-
rinnen, so dass tatsächlich eine Korrelation angenommen
werden kann. Allerdings zeigten die Untersuchungen, dass
die Zahl der Frauen in Führungspositionen ohne Unterbre-
chung (56 Prozent) fast genauso hoch war, wie die Zahl de-
rer, deren Erwerbsbiografien eine Unterbrechung verzeich-
neten (44 Prozent), so dass der von Frauen geleistete
Zeiteinsatz für die Kindererziehung oder die Pflege von An-
gehörigen nicht als alleinige Ursache in Betracht kommt;
dennoch ist ihm durch entsprechende Betreuungsmaßnah-
men zu begegnen.

Besonders relevant scheinen strukturelle Defizite zu sein.
Frauen haben in einer hauptsächlich von Männern geprägten
Unternehmenskultur beim Aufstieg in Führungspositionen
oftmals mit ideologischen Barrieren zu kämpfen. Diese stüt-
zen sich aus wissenschaftlicher Sicht nicht nur auf Vorbehal-
te gegen Frauen in Führungspositionen und eine traditionelle
Sicht auf die Aufgabenverteilung zwischen Mann und Frau,
sondern werden teilweise durch Unterschiede in typischen
Verhaltensweisen und Persönlichkeitsmerkmalen von Frauen
und Männern erklärt. Insbesondere Divergenzen beider Ge-
schlechter in Karriereaspiration, im Aggressionsverhalten
sowie im Arbeits- und Kommunikationsstil wurden hier fest-
gestellt; weibliche Verhaltensmuster werden dabei von män-
nerdominierten Unternehmensleitungen als nachteilig be-
wertet.

Als weitere mögliche Ursachen wurden unter anderem die
fehlende Teilhabe an informellen Netzwerken, die Konstruk-
tion des deutschen Ehegattensplittings sowie die männer-
dominierte Prägung bestimmter Branchen identifiziert.

4. Bedeutung für die Unternehmen und die Volkwirtschaft

Weibliche Vorbilder in Führungspositionen schaffen Anrei-
ze, die Beschäftigungsstruktur von Frauen auf allen Unter-
nehmensebenen anzupassen. Nur wenn Frauen in Aufsichts-
räten zur Normalität werden, können die vorhandenen
Vorbehalte gegen eine höhere weibliche Teilhabe an der Füh-
rungsverantwortung beseitigt werden.

Auch aus ökonomischen Erwägungen sollte es im Interesse
der Unternehmen liegen, den Frauenanteil in ihren Füh-
rungs- und Kontrollgremien zu steigern: Die ganz überwie-
gende Anzahl der wissenschaftlichen Studien (so z. B. auch
von McKinsey, Odgers Berndtson, OECD), die sich mit den
Auswirkungen von Diversität und der Repräsentanz von
Frauen in Führungsgremien in der Wirtschaft befasst haben,
hat eine Korrelation zwischen verstärkter Vielfalt, verbun-
den mit einem entsprechend erhöhten Frauenanteil und einer
positiven Entwicklung betriebswirtschaftlicher Kennzahlen
ermittelt. Als Gründe hierfür wurden der größere Perspekti-
venreichtum und die Zunahme von Entscheidungs- und
Handlungskompetenzen durch produktiven Umgang mit un-
terschiedlichen Sichtweisen und Fähigkeiten ermittelt. Eine

oberster Ebene bei und verbessert die Einbindung der weite-
ren Ebenen im Unternehmen. So wurden positive Einflüsse
von divers zusammengesetzten Topmanagergremien durch
eine höhere Profitabilität, höheres Wachstum und verbesser-
te Kapitalmarkterfolge festgestellt. Dabei wurde auch deut-
lich, dass eine sogenannte kritische Masse des unterreprä-
sentierten Geschlechts von etwa einem Drittel erforderlich
ist, damit die Einflüsse sich in der Arbeitsweise des Gremi-
ums niederschlagen.

Die tatsächliche Erreichung eines angemessenen Frauenan-
teils in Führungsgremien ist deswegen auch volkwirtschaft-
lich sinnvoll.

II. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit

Die im Gesetzentwurf vorgesehene Mindestquote ist verfas-
sungsrechtlich zulässig. Der Bund ist gemäß Artikel 73 Ab-
satz 1 Nummer 11, Artikel 74 Absatz 1 Nummer 11 i. V. m.
Artikel 72 Absatz 2 GG zuständig für den Erlass gesetzlicher
Mindestquoten für die Besetzung von Führungsgremien mit
Frauen und Männern. Die Einführung einer Mindestquote
berührt die Grundrechte der Anteilseigner und des Unterneh-
mens selbst sowie der Bewerber um einen Aufsichts- bezie-
hungsweise Verwaltungsratsposten in verfassungsgemäßer
Weise, weil sie weder die Eigentumsgarantie des Artikels 14
GG noch sonstige Grundrechte verletzt.

1. Vereinbarkeit mit Artikel 14 Absatz 1 GG

Die Einführung der gesetzlichen Mindestquote für Auf-
sichtsräte verletzt nicht das durch Artikel 14 Absatz 1 Satz 1
GG geschützte Recht der Anteilseigner, die innere Organisa-
tion des Unternehmens selbst zu regeln, sondern ist eine
nach Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 GG zulässige Inhalts- und
Schrankenbestimmung. Gleiches gilt für das ebenfalls durch
Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 i.V.m. Artikel 19 Absatz 3 GG ge-
schützte Recht der Gesellschaften, dass die Funktionsfähig-
keit ihres Organs Aufsichtsrat nicht unangemessen einge-
schränkt wird.

a) Legitimer Zweck der Mindestquote

Die Mindestquote verfolgt einen legitimen Zweck, nämlich
die Beseitigung der Unterrepräsentation von Frauen in Auf-
sichtsräten. Daneben strebt der Gesetzentwurf die Erhöhung
des Frauenanteils auch in nicht der Mindestquote unterlie-
genden Gesellschaften und Gremien an. Die Quote soll
durch die von den quotengerecht besetzten Gremien aus-
gehende Vorbildfunktion ebenso erreicht werden, wie eine
allgemeine gesellschaftliche Akzeptanz gleichberechtigter
weiblicher Berufstätigkeit. Die Legitimität dieses Ziels
ergibt sich bereits aus Artikel 3 Absatz 2 Satz 2 GG, wonach
der Staat die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechti-
gung von Frauen und Männern fördert und auf die Beseiti-
gung bestehender Nachteile hinwirkt. Dieses Gleichberech-
tigungsgebot wurde in der Verfassung erstmals 1994
ausdrücklich geregelt und beschränkt sich nicht auf die Ge-
währleistung rechtlicher Gleichheit, sondern erstreckt sich
auf die gesellschaftliche Wirklichkeit. Die Vorschrift enthält
einen bindenden Auftrag an den Staat, die Gleichberechti-
gung der Geschlechter durchzusetzen, und zwar nicht nur im
öffentlichen, sondern auch im privaten Sektor. Wie der Staat
wirkungsvolle Beteiligung von Frauen in den obersten Füh-
rungsgremien trägt zu einer höheren Meinungsvielfalt auf

seine Verpflichtung erfüllt, die tatsächliche Durchsetzung
der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13 – Drucksache 17/11139

und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken,
unterliegt seiner Ausgestaltungsbefugnis (BVerfGE 109,
64).

Bei der Feststellung der Unterrepräsentanz von Frauen in
Aufsichtsräten ist auf den Anteil der Frauen abzustellen, die
neben den Voraussetzungen der §§ 100, 105 AktG die für die
Tätigkeit als Aufsichtsrat hinreichende Qualifikation auf-
weisen. In Bezug auf die Qualifikation existiert allerdings
wegen der Verschiedenartigkeit der Unternehmen kein ein-
heitliches Anforderungsprofil. Auch der DCGK bestimmt in
Nummer 5.4.1 lediglich, dass die Aufsichtsratsmitglieder
über „die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufga-
ben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen
Erfahrungen“ verfügen sollen. Es gibt auch keine allgemein
gültige Regel, die festlegt, dass Aufsichtsrat nur werden
kann, wer Mitglied des Vorstands beziehungsweise der
Geschäftsführung war. Die Biografien der Aufsichtsratsmit-
glieder sind dementsprechend auch ganz unterschiedlich. In
dieser Situation steht dem Gesetzgeber ein erheblicher Spiel-
raum bei der Bemessung des Anteils der zu repräsentieren-
den Frauen zu.

Wie unter Abschnitt I Nummer 1 des Allgemeinen Teils der
Begründung dargestellt, sind Frauen in Aufsichtsräten heut-
zutage deutlich unterrepräsentiert, obwohl es inzwischen ei-
ne hinreichend große Zahl qualifizierter Frauen gibt, die
bereit und in der Lage sind, ein Aufsichtsratsmandat zu über-
nehmen. Dies betrifft insbesondere die von den Anteilseig-
nern bestellten Aufsichtsratsmitglieder; aber auch für die
Arbeitnehmervertreter besteht bei einem Frauenanteil von
17 Prozent noch eine Unterrepräsentanz von Frauen, die ein
Eingreifen des Gesetzgebers erfordert. Weitergehende empi-
rische Untersuchungen zur Ermittlung des zu repräsentieren-
den Anteils der Frauen sind angesichts der Einschätzungs-
prärogative des Gesetzgebers nicht erforderlich. Sofern in
einzelnen Branchen derzeit nicht genügend geeignete Frauen
vorhanden sein sollten, um die Mindestquote zu erfüllen, er-
laubt die Übergangsregelung in den ersten fünf Jahren nach
Inkrafttreten des Gesetzes ein Unterschreiten der Mindest-
quote. Da das Gesetz gemäß Artikel 16 erst nach Ablauf von
sechs Jahren nach seiner Verkündung in Kraft tritt, gibt es
den Unternehmen ausreichend Zeit, geeignete Kandidatin-
nen zu rekrutieren.

b) Eignung und Erforderlichkeit der Regelungen zur
Zweckerreichung

Die Eignung der Mindestquote zur Erhöhung des Frauen-
anteils in den Aufsichtsräten ist evident.

Die Mindestquote ist in der gegenwärtigen Situation auch er-
forderlich. Es gibt keine milderen aber gleich wirksamen
Mittel zur Erhöhung des Frauenanteils in den Aufsichtsräten.

aa) Keine milderen, gleich effektiven Mittel zur Zweck-
erreichung ersichtlich

Indirekte Maßnahmen wie spezielle Förderprogramme für
Frauen oder allgemeine Maßnahmen zur besseren Vereinbar-
keit von Familie und Beruf haben sich in der Vergangenheit
als unwirksam erwiesen, den Anteil der Frauen in den Auf-
sichtsräten zu erhöhen, da sie die strukturellen und ideologi-

quote. Die bisherigen Erfahrungen haben auch gezeigt, dass
Selbstverpflichtungen der Wirtschaft oder die Empfehlun-
gen des DCGK zu keiner signifikanten Erhöhung des Frau-
enanteils in den Aufsichtsräten geführt haben. So wird die
2001 abgeschlossene Vereinbarung mit den Spitzenverbän-
den der deutschen Wirtschaft in Bezug auf die Spitzenposi-
tionen in keiner Weise ausreichend umgesetzt und kann als
gescheitert bezeichnet werden. Auch die Empfehlung in
Nummer 5.4.1 des DCGK, bei der Zusammensetzung des
Aufsichtsrats auf Vielfalt (Diversity) zu achten, wird, jeden-
falls im Hinblick auf die Präsenz von Frauen, zu wenig be-
achtet und ist zudem nicht speziell auf die Erhöhung weib-
licher Teilhabe ausgelegt. Weil eine Missachtung des Kodex
lediglich erklärt werden muss aber keine Rechtsfolgen nach
sich zieht, kann dieser nicht dieselbe Effizienz entfalten, wie
eine gesetzlich geregelte Mindestquote.

Auch die sogenannte Flexi-Quote, nach der Unternehmen
gesetzlich dazu verpflichtet werden sollen, sich selbst indivi-
duelle Quotenvorgaben zu geben, die sie innerhalb einer
ebenfalls selbst bestimmten Frist erreichen müssen, ist nicht
in gleichem Maße effektiv wie eine gesetzlich vorgegebene
Mindestquote. Die bisherigen Erfahrungen mit Selbstver-
pflichtungen lassen erwarten, dass die selbst gesetzten Vor-
gaben in der Regel deutlich hinter der in diesem Gesetzent-
wurf vorgesehenen Mindestquote zurückbleiben werden.

Gleiches gilt für eine gesetzliche Regelung, die eine Quotie-
rung lediglich der Wahlvorschlagslisten des Aufsichtsrats
nach § 124 Absatz 3 AktG vorsieht, oder eine Pflicht zur
Doppelbenennung von Kandidaten nach dem Vorbild des § 4
BGremBG, wonach den Entscheidungsträgern für jeden
Posten jeweils eine Frau und ein Mann vorzuschlagen sind.
Auch diese Regelungen sind nicht in gleichem Maße effektiv
wie eine gesetzliche Zielvorgabe. Insbesondere könnten Ab-
reden zwischen Anteilseignern die Wahlvorschlagslisten zur
reinen Formsache werden lassen. Zudem kommt die Bun-
desregierung in ihrem Fünften Gremienbericht zum Bundes-
gremienbesetzungsgesetz zu dem Ergebnis, dass die Verfah-
renssteuerung über Doppelbenennungen ihre „gewünschte
Wirkung bislang nicht erzielen konnte“, und hält es für ange-
zeigt, diesen Ansatz durch „nachvollziehbare, realistische
Zielvorgaben“ zu ersetzen. Es ist nicht ersichtlich, warum
derartige Verfahrensregelungen bei der Besetzung von Auf-
sichtsräten erfolgreicher sein sollten.

Eine Minderheitenquote nach dem Vorbild von § 15 Absatz 2
des Betriebsverfassungsgesetzes, wonach das Geschlecht,
das in der Belegschaft in der Minderheit ist, mindestens ent-
sprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis unter den Be-
schäftigten im Betriebsrat vertreten sein muss, stellt eben-
falls keine geeignete Alternative dar. Eine solche Regelung
würde nämlich zu einer uneinheitlichen Frauenbeteiligung
führen, denn es ist nicht ersichtlich, warum eine solche Re-
gelung auch auf die Vertreter der Anteilseigner Anwendung
finden sollte: diese werden regelmäßig nicht aus der Beleg-
schaft rekrutiert. Zudem beinhaltet eine solche an den Ver-
hältnissen der Arbeitnehmerschaft orientierte Regelung das
Risiko, dass der Anteil weiblicher Beschäftigter nicht weiter
erhöht wird. Dies stünde aber einer Förderung weiblicher
Berufstätigkeit (die schließlich Voraussetzung für eine
gleichberechtigte Teilhabe auch in Führungsgremien ist) ent-
schen Barrieren nicht beseitigt haben. Derartige Maßnahmen
sind daher nicht in gleichem Maße effektiv wie die Mindest-

gegen und würde die am Arbeitsmarkt bestehende Segrega-
tion fördern.

Drucksache 17/11139 – 14 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Auch eine gesetzliche Mindestquote, die sich nur auf die
Vertreter der Anteilseigner im Aufsichtsrat bezieht, stellt
kein gleich effektives Mittel dar. Zwar ist das zahlenmäßige
Verhältnis von Frauen und Männern auf Seiten der Arbeit-
nehmervertreter gegenüber den Vertretern der Anteilseigner
deutlich ausgeglichener. Einerseits liegt der Anteil weib-
licher Aufsichtsratsmitglieder aber auch bei den Arbeitneh-
mervertretern noch deutlich unter der angestrebten Marke
von 40 Prozent. Insofern ist für eine Erreichung dieser Betei-
ligungsquote eine zwingende Vorschrift ebenso erforderlich
wie bei den Vertretern der Anteilseigner. Auch ist eine Aus-
nahme der Arbeitnehmervertreter von der ersten Stufe wäh-
rend der Übergangszeit nicht in Erwägung zu ziehen, weil
die 20-prozentige Teilhabe lediglich als Vorbereitung auf die
40-prozentige Endstufe dienen soll. Schließlich ist auch vor
dem Hintergrund des Gleichheitsgrundsatzes des Artikels 3
Absatz 1 GG nicht ersichtlich, warum die Pflicht zur Errei-
chung einer gleichberechtigten Teilhabe primär den Anteils-
eignern auferlegt werden sollte. Denn die gleichberechtigte
Teilhabe von Frauen und Männern ist als gesellschaftliches
Ziel von Anteilseignern und Arbeitnehmern der der Quote
unterfallenden Gesellschaften gleichermaßen zu erbringen.

Eine verbindliche gesetzliche Regelung mit konkreten Ziel-
und Zeitvorgaben ist daher erforderlich im verfassungsrecht-
lichen Sinne.

bb) Keine mildere, gleich effektive Sanktionierung möglich

Damit die Mindestquote effektiv sein kann, muss ihre Nicht-
einhaltung in einer dem gesetzgeberischen Ziel angemesse-
nen Weise sanktioniert werden. Bloße Berichts- und bzw.
oder Begründungspflichten und die Gefahr negativer Presse
reichen nach den bisherigen Erfahrungen als Sanktion allein
nicht aus und gehen insbesondere nur unwesentlich über die
bereits im DCGK vorgesehene Erklärung hinaus (vgl. § 289a
HGB). Der Gesetzentwurf sieht daher neben der Veröffentli-
chungs- und Berichtspflicht über die jeweilige Besetzung
der Führungsgremien mit Frauen und Männern, einschließ-
lich namentlicher Nennung der gegen die Mindestquoten
verstoßenden Unternehmen, eine finanzielle Sanktion vor.
Zudem stellt eine zentrale Statistik die Situation umfassend
dar und schafft so weitgehende Transparenz über die tatsäch-
lichen Entwicklungen.

Zu beiden Sanktionsmechanismen ist keine gleich effektive,
mildere Alternative denkbar. Im Gegenteil sind die Sank-
tionen bewusst milde gewählt, um die Akzeptanz der Min-
destquoten zu erhöhen und gerade nicht zu stark in die
Handlungsfähigkeit der Unternehmen einzugreifen. Die Be-
richtspflicht dient der Erfassung von Daten über die Ent-
wicklung des Frauenanteils und damit gleichzeitig dem Ziel,
die Mindestquoten wieder abzuschaffen, sobald aufgrund
der tatsächlichen Entwicklungen eine Verwirklichung
gleichberechtigter Teilhabe auch ohne gesetzliche Quoten zu
erwarten ist. Die Veröffentlichung der Namen derjenigen
Unternehmen, die gegen die quotalen Mindestvoraussetzun-
gen verstoßen, stellt die mildeste denkbare Sanktion dar,
weil negative Auswirkungen auf das Unternehmen aus-
schließlich mittelbar stattfinden. Durch die Herabsetzung
des Unternehmens in der öffentlichen Wahrnehmung drohen
dem Unternehmen Imageverluste; damit ist die Veröffentli-

lichung ergibt sich keine darüberhinausgehende Sanktion,
weil auch die Angaben gemäß § 289a HGB bereits im elek-
tronischen Bundesanzeiger zu veröffentlichen und damit frei
zugänglich sind. Die Erweiterung der Offenlegungspflichten
auf kleine Kapitalgesellschaften ist ebenfalls erforderlich, da
nur so eine Kontrolle der Einhaltung der Quoten auch bei
diesen Unternehmen möglich ist und sich die Offenlegungs-
pflicht auf den Umfang der Erklärungspflicht gemäß § 289b
HGB-E beschränkt, also nur das für die Beurteilung der quo-
tengerechten Besetzung erforderliche Mindestmaß offenge-
legt werden muss. Sofern Unternehmen namentlich genannt
werden, die die Mindestquoten nicht erfüllen, sich aber auf
das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes oder Härtefalles
berufen, ist auch hierzu keine mildere Alternative ersicht-
lich. Solange das Vorliegen einer Ausnahme oder eines Här-
tefalles nämlich nicht anerkannt ist, muss das Unternehmen
(bei entsprechender Kennzeichnung, dass ein Rechtsmittel
eingelegt wurde) als eines geführt und veröffentlicht werden,
welches die Quote nicht erfüllt. Sonst bestünde die Möglich-
keit, zunächst unter Behauptung eines Ausnahme- oder Här-
tefalles die namentliche Nennung zu verhindern; hierdurch
wäre eine zeitnahe Darstellung der tatsächlichen Verhältnis-
se aber nicht möglich und die Aussagekraft von Lageberich-
ten, Statistik und Namensliste wäre im Hinblick auf die Ein-
haltung der Mindestquoten deutlich abgeschwächt.

Sofern sich die Berichtspflicht auch auf Personengesell-
schaften bezieht, die grundsätzlich nicht der Quote unterfal-
len, ist dies ebenfalls die mildere Alternative zur Unterwer-
fung unter die Quote. Dass diese Unternehmen, die gemäß
§ 264a HGB zur Erstellung eines Lageberichts verpflichtet
sind, über die Besetzung ihrer Führungsgremien berichten
müssen, ist die logische Konsequenz aus der Gleichstellung
mit Kapitalgesellschaften, die sie in § 264a HGB erfahren.
Diese würde grundsätzlich auch eine Unterwerfung unter die
Mindestquoten rechtfertigen. Allerdings ist hiervon aus
Gründen der Einheitlichkeit, wonach zunächst nur Kapital-
gesellschaften zu erfassen sind, abzusehen. Sollte sich aber
zeigen, dass in den Führungsgremien dieser Personengesell-
schaften im Hinblick auf ein ausgeglichenes zahlenmäßiges
Verhältnis beider Geschlechter mittelfristig keine positive
Entwicklung verzeichnet werden kann, muss erwogen wer-
den, auch diese – in § 264 a HGB genannten – Unternehmen
gesetzlichen Mindestquoten zu unterwerfen. Zur Überprü-
fung der Entwicklung des Frauen- und Männeranteils ist eine
Einbeziehung auch dieser Unternehmen in die Berichts-
pflicht geeignet und erforderlich.

Die steuerliche Sanktionierung sieht vor, dass alle an ein
Aufsichtsgremium geleisteten Vergütungen nicht als Be-
triebsausgaben abziehbar sind, wenn die Zusammensetzung
des Anteilseignerteilgremiums des Aufsichtsrates die Min-
destquote nicht erfüllt. Da die Anteilseigner keinen Einfluss
auf die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer
haben, wird ein Verstoß gegen die Mindestquote auf Seiten
dieses Teilgremiums nicht finanziell sanktioniert; stattdessen
wird durch die Wahlordnungen und damit verbundene Be-
richtigungs- und Anfechtungsmechanismen weitestgehend
sichergestellt, dass die Quoten eingehalten werden.

Die steuerliche Sanktion betrifft zunächst die Gesellschaft
und aufgrund geringerer Gewinne mittelbar die Anteilseig-
chung den in § 289a HGB geregelten Angaben über die Un-
ternehmensführung vergleichbar. Auch durch die Veröffent-

ner, die aufgrund ihrer Aufsichtsratswahl die Verantwortung
für die Nichteinhaltung der Quote tragen. Weil die steuer-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 15 – Drucksache 17/11139

liche Sanktionierung ohne nennenswerten zusätzlichen Ver-
waltungsaufwand auf Seiten der Unternehmen diese ledig-
lich finanziell sanktioniert, ohne sich auf die Handlungs-
fähigkeit oder die Rechtssicherheit auszuwirken, ist auch
hierzu kein milderes Mittel erkennbar.

Die Versagung der Abzugsfähigkeit der für ein Aufsichtsgre-
mium getätigten Aufwendungen ist selbst ebenfalls verfas-
sungsrechtlich zulässig und stellt insbesondere keinen unzu-
lässigen Verstoß gegen das Nettoprinzip dar. Wie das
Bundesverfassungsgericht bereits 1972 in Bezug auf das
– inzwischen in § 10 Nummer 4 KStG – bestehende hälftige
Abzugsverbot für Aufsichtsratsvergütungen entschieden hat,
BVerfGE 34, 103 <115 ff.>, ist dem Einkommen- und Kör-
perschaftsteuerrecht ein Nettoprinzip in dem strikten Sinn,
dass der Gesetzgeber jegliche Durchbrechung unterlassen
müsste, für die kein besonderer sachlicher Grund vorliegt,
nicht zu entnehmen. Insbesondere sei der Gesetzgeber in
Verfolgung verschiedenartiger rechtspolitischer Ziele nicht
gehindert, bei der Anerkennung der Betriebsausgaben als ab-
zugsfähige Ausgaben zu differenzieren. Das Abzugsverbot
gemäß § 10 Nummer 5 KStG-E dient dem rechtspolitischen
Ziel gleichberechtigter Teilhabe an Führungsverantwortung.
Anders als das Abzugsverbot in § 10 Nummer 4 KStG sank-
tioniert es ein bestimmtes Fehlverhalten des steuerpflichti-
gen Unternehmens, nämlich die quotenwidrige Besetzung
des Aufsichtsgremiums, so dass das Unternehmen auf die
Versagung der Abzugsfähigkeit unmittelbaren Einfluss hat.
Vor dem Hintergrund, dass die lediglich steuerlich und damit
finanziell wirkende Sanktion die Grundrechte der Unterneh-
men und Anteilseigner weitestmöglich wahrt und danach als
milde einzustufen ist, ist die vorgesehene Versagung der Ab-
zugsfähigkeit verfassungsrechtlich zulässig.

Alternativ oder kumulativ wären gesellschaftsrechtliche
Sanktionen für die Nichteinhaltung der Mindestquote mög-
lich, wie z. B. die Nichtigkeit der Bestellung der betreffen-
den Aufsichtsratsmitglieder sowie die Ergänzung des Auf-
sichtsrats durch das Gericht bis hin zur Auflösung der
Gesellschaft. Diese Sanktionen sind deutlich einschneiden-
der als die im Gesetzentwurf vorgesehene finanzielle Sank-
tion, zumal letztere noch dadurch abgeschwächt wird, dass
bereits nach geltendem Recht gemäß § 10 Nummer 4 KStG
Vergütungen der Aufsichtsratsmitglieder ohnehin nur zur
Hälfte als Betriebsausgaben geltend gemacht werden kön-
nen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erscheint es ausreichend,
die Nichteinhaltung der Mindestquote ebenfalls nur steuer-
lich zu sanktionieren. Sollte diese Maßnahme sich jedoch als
nicht hinreichend effektiv erweisen, wären vom Gesetzgeber
die Einführung härterer Sanktionen – unter Umständen ge-
sellschaftsrechtlicher Natur – zu erwägen.

c) Verhältnismäßigkeit der Mindestquote

Die Mindestquote schränkt die durch Artikel 14 Absatz 1
Satz 1 GG geschützten Rechtspositionen auch angemessen
ein.

aa) Keine unangemessene Einschränkung der Wahlfreiheit

Durch die Mindestquote wird lediglich ein weiteres Krite-
rium für die Wahl des Aufsichtsrates geschaffen. Die Quote
ist somit vergleichbar mit der bisherigen Regelung über die

kein unzumutbarer Eingriff in das Eigentum der Anteilseig-
ner, die weiterhin die Auswahl zwischen verschiedenen Per-
sonen haben. Lediglich im Ergebnis muss die Mindestquote
eingehalten werden. Dies gilt sowohl für diejenigen Anteils-
eigner, die lediglich das Recht haben, auf der Haupt- bezie-
hungsweise Gesellschafterversammlung die Mitglieder des
Aufsichtsrates zu wählen, als auch für diejenigen Anteilseig-
ner, denen die Satzung ein Entsenderecht einräumt. In allen
Fällen werden die Mitgliedschaftsrechte der Anteilseigner in
ihrer Struktur nicht verändert. Auch sind keine negativen
Auswirkungen auf den Vermögenswert der Anteile zu erwar-
ten, da nach den bisherigen Studien eine größere Diversität
im Aufsichtsrat für den Unternehmenserfolg grundsätzlich
positiv ist. Aus eben diesem Grund soll nach Nummer 5.4.1
DCGK bei der Besetzung des Aufsichtsrats auf Vielfalt ge-
achtet werden. Eine Beeinträchtigung der Funktionsfähig-
keit des Organs Aufsichtsrat ist durch eine stärkere Beteili-
gung von Frauen somit nicht zu erwarten.

Zudem hat das Bundesverfassungsgericht zur Verfassungs-
mäßigkeit der unternehmerischen Arbeitnehmermitbestim-
mung ausgeführt, dass für das Ausmaß der zulässigen So-
zialbindung des Anteilseigentums dessen Eigenart von
Bedeutung ist: Das Anteilseigentum ist sowohl in seinem
mitgliedschaftlichen als auch in seinem vermögensrecht-
lichen Element gesellschaftsrechtlich vermitteltes Eigentum.
Zwar kann die tatsächliche Tragweite der Befugnisse der
Anteilseigner nach den einzelnen Gesellschaftsformen und
wegen des das Gesellschaftsrecht beherrschenden Mehr-
heitsprinzips erheblich variieren; sie reicht von der alleini-
gen Entscheidung des Gesellschaftergeschäftsführers einer
Ein-Mann-GmbH über den bestimmenden Einfluss großer
Anteilseigner bis hin zu der praktischen Bedeutungslosigkeit
der Verfügungsbefugnis des Anteilseigners. Dies rechtfertigt
indessen keine grundsätzlich abweichende Beurteilung der
Eigenart des Anteilseigentums bei diesen Gesellschaftsfor-
men. Für die Vielzahl der Anteilseigner bedeutet das Anteils-
eigentum typischerweise mehr Kapitalanlage als Grundlage
unternehmerischer Betätigung. Den vergleichsweise weni-
gen großen Anteilseignern gewährt das Anteilseigentum
zwar die Chance, bestimmenden Einfluss auf die Geschäfts-
politik des Unternehmens auszuüben. Aber der grundsätz-
liche Unterschied gegenüber dem Unternehmereigentümer,
der mit seinem Eigentum unmittelbar wirkt und die volle
Verantwortung trägt, bleibt auch hier bestehen. Demgegen-
über liegt die soziale Funktion des Anteilseigentums auf der
Hand. Sie zeigt sich bereits darin, dass es in aller Regel in der
Gemeinschaft mit anderen in einer Gesellschaft besteht, die
Eigentümerin von Produktionsmitteln ist, und dass es zur
Nutzung des Anteilseigentums immer der Mitwirkung der
Arbeitnehmer bedarf.

Der starke soziale Bezug der von dem Gesetzentwurf erfass-
ten Gesellschaften zeigt sich darin, dass die Mindestquote
nur für börsennotierte Gesellschaften im Sinne des § 3 Ab-
satz 2 AktG und diejenigen Gesellschaften gilt, die (in aller
Regel) mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen und daher
nach § 96 Absatz 1 AktG in Verbindung mit den Mitbestim-
mungsvorschriften der unternehmerischen Mitbestimmung
unterliegen. Erfasst werden somit von vornherein aus-
schließlich Gesellschaften, die wegen ihrer Börsennotierung
und der damit einhergehenden Kapitalmarktorientierung und
persönlichen Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder
nach § 100 AktG. Diese Beschränkung der Wahlfreiheit ist

bzw. oder ihrer Größe einer besonders starken Sozialbindung
unterliegen. Bei einer derartig ausgeprägten sozialen Funk-

Drucksache 17/11139 – 16 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

tion des Eigentums ist der Gestaltungsspielraum des Gesetz-
gebers für Inhalts- und Schrankenbestimmungen weiter als
dies bei einem starken personalen Grundrechtsbezug der Fall
wäre.

Vor dem Hintergrund, dass das Bundesverfassungsgericht
die wesentlich einschneidendere Einführung der Arbeitneh-
mermitbestimmung im Aufsichtsrat für verfassungsgemäß
gehalten hat, bestehen an der Verfassungsmäßigkeit der Min-
destquote im Sinne des Gesetzentwurfs keine Zweifel. Denn
anders als dort werden durch die Pflicht zur 40-prozentigen
Mindestbeteiligung beider Geschlechter keine Mitglieder in
den Aufsichtsrat bestellt, die der Wahrnehmung bestimmter
Interessen (die denjenigen der Anteilseigner in konkreten
Punkten möglicherweise zuwiderlaufen) einer bestimmten,
von den Anteilseignern verschiedenen Gruppe verpflichtet
sind.

Die Mindestquote ist auch im Hinblick auf die vom Auf-
sichtsrat wahrzunehmenden Aufgaben kein unangemessener
Eingriff in die Rechte der Anteilseigner. Denn der Aufsichts-
rat trägt als Kontrollorgan keine unmittelbare unternehmeri-
sche Verantwortung, welche vielmehr beim Vorstand bezie-
hungsweise der Geschäftsführung liegt.

bb) Quotenhöhe nicht unzumutbar

Auch im Hinblick auf die Höhe von mindestens 40 Prozent
je Geschlecht ist die Mindestquote verhältnismäßig. Die in
Artikel 3 GG vorgesehene gleichberechtigte Teilhabe legt
(auch im Hinblick auf die Bevölkerungsstruktur) eine paritä-
tische Beteiligung von 50 Prozent Frauen und Männern
nahe. Zum einen ist eine 50- Prozent-Beteiligung in allen
Fällen, in denen ein Gremium über eine ungerade Mitglie-
derzahl verfügt, ohnehin rechnerisch unmöglich. Zum ande-
ren wäre eine zwingende paritätische Beteiligung beider
Geschlechter auch nicht mehr mit dem von Artikel 14 GG
geschützten unternehmerischen Interesse an der freien Be-
setzung seiner Organe als Ausdruck seiner Organisationsge-
walt vereinbar, weil dem Unternehmen hinsichtlich des Ge-
schlechts keinerlei Entscheidungsspielraum verbliebe. Eine
solche Regelung ist nur dort hinnehmbar, wo anderenfalls
gar keine Beteiligung beider Geschlechter möglich wäre,
nämlich im Zwei-Personen-Teilgremium. In allen anderen
Fällen ist es im Hinblick auf das Ziel einer möglichst weitge-
henden Gleichberechtigung hinnehmbar, dem Unternehmen
durch eine 40- Prozent-Vorgabe einen Entscheidungsspiel-
raum bei mindestens einem Aufsichtsratsmitglied zu belas-
sen. Auch die Grundstruktur, die konkrete Zahlen für die Be-
setzung von Gremien mit bis zu acht Mitgliedern festlegt, ist
verhältnismäßig. Sie übersteigt die 40- Prozent-Marke ledig-
lich in einem Fall, dem Sieben-Personen-Gremium, dort ver-
langt sie einen Mindestanteil je Geschlecht von 42,9 Prozent.
In allen anderen Fällen, in denen eine Beteiligung im Ver-
hältnis 2:3 nicht möglich ist, weichen die Vorgaben der
Grundstruktur zugunsten der Entscheidungsfreiheit des Un-
ternehmens nach unten von der Zielvorgabe von 40 Prozent
ab. Erst für Gremien ab einer Größe von neun Mitgliedern ist
durch die Formulierung als Mindestquote ein Abweichen
nach oben immer dort erforderlich, wo eine 40- Prozent-Be-
teiligung rechnerisch nicht möglich ist. Dies ist vor dem Hin-

cc) Härtefallregelung und Ausnahmetatbestand

Zur Angemessenheit der Mindestquote trägt des Weiteren
auch die in § 96 Absatz 4 AktG-E vorgesehene Härtefall-
regelung bei. Danach sind Ausnahmen von der Mindestquo-
te zulässig, wenn die Gesellschaft nachweist, dass hierfür ein
wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund ist insbeson-
dere anzunehmen, soweit trotz erheblicher Anstrengungen
der Gesellschaft nur ungeeignete Personen des unterreprä-
sentierten Geschlechts zur Besetzung des Aufsichtsrats zur
Auswahl standen.

Daneben sind weitere Sachverhalte denkbar, die als wichti-
ger Grund im Sinne der Härtefallregelung anzuerkennen
sind, deren Gewicht jedoch dem gesetzlich normierten Bei-
spiel nicht nachstehen darf. Hierzu könnten beispielsweise
bestimmte Familiengesellschaften zählen, deren Anteile aus-
schließlich oder ganz überwiegend von einer Familie – typi-
scherweise den Nachkommen des Unternehmensgründers –
gehalten werden. Wenn in einer solchen Gesellschaft auf-
grund satzungsrechtlicher Bestimmungen die Aufsichtsrats-
sitze nur von Familienangehörigen besetzt werden dürfen
und kein geeignetes Familienmitglied des unterrepräsentier-
ten Geschlechts zur Verfügung steht, so kann dies ein wich-
tiger Grund sein, der eine Ausnahme von der Einhaltung der
Mindestquote rechtfertigt.

Eine abschließende Auflistung aller möglichen Härtefälle
dürfte unmöglich sein und erscheint auch wegen der Viel-
gestaltigkeit der tatsächlichen Verhältnisse nicht sinnvoll.

Für die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer sieht das
Gesetz in § 96 Absatz 3 Satz 7 AktG-E eine unmittelbar gel-
tende Befreiung für den Fall vor, dass in der Gesellschaft in
der Regel zu 90 Prozent Arbeitnehmer desselben Ge-
schlechts beschäftigt werden. Da die Arbeitnehmervertreter
naturgemäß aus dem Unternehmen selbst zu rekrutieren
sind, ist in Fällen, in denen im Unternehmen nahezu aus-
schließlich Arbeitnehmer eines Geschlechts beschäftigt sind,
die Einhaltung der Mindestquote unverhältnismäßig.

dd) Großzügige Übergangsfristen

Schließlich berücksichtigt der Gesetzentwurf durch die ge-
wählte Übergangsregelung, wonach das Gesetz erst nach
Ablauf von sechs Jahren nach Verkündung in Kraft tritt, die
Interessen des Unternehmens an einer kontinuierlichen Auf-
sichtsratstätigkeit; weil die Übergangsfrist die gewöhnliche
Amtszeit von Aufsichtsräten von gut fünf Jahren übersteigt,
können die quotengerechten Besetzungen turnusgemäß statt-
finden, ohne dass Neuwahlen während der laufenden Amts-
zeiten aufgrund der Mindestquoten erforderlich würden.
Nach Inkrafttreten des Gesetzes greift die Mindestquote zu-
dem nicht sofort in voller Höhe, sondern während einer
Übergangsphase von weiteren fünf Jahren nur in abge-
schwächter Form. Die Unternehmen haben somit ausrei-
chend Zeit, sich im Rahmen ihrer Personalentwicklung auf
die Mindestquote einzustellen.

2. Artikel 3 Absatz 3 GG

Die Mindestquote verletzt die männlichen Bewerber um ein
Aufsichtsratsmandat nicht in ihrem Grundrecht aus Artikel 3
Absatz 3 Satz 1 GG.
tergrund einer möglichst weitgehenden angestrebten Gleich-
berechtigung aber zumutbar.

Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 GG, der eine Benachteiligung oder
Bevorzugung wegen des Geschlechts verbietet, ist stets ein-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 17 – Drucksache 17/11139

schlägig, wenn staatliche Maßnahmen oder Regelungen an
das Geschlecht anknüpfen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
erlaubt das Gleichberechtigungsgebot des Artikels 3 Absatz 2
GG dem Gesetzgeber, faktische Nachteile, die typischerwei-
se Frauen betreffen, durch begünstigende Regelungen auszu-
gleichen, BVerfGE 85, 191 <207>; 92, 91 <109>. Ohne Ein-
schränkung des Diskriminierungsverbots des Artikels 3
Absatz 3 GG ist eine Umsetzung des Verfassungsauftrages
des Artikels 3 Absatz 2 Satz 1 GG nämlich naturgemäß nicht
denkbar. In Betracht kommt dies insbesondere in Bereichen,
in denen Frauen deutlich unterrepräsentiert sind.

Danach darf der Gesetzgeber, dem bei der Abwägung der
Verfassungsgüter ein Beurteilungsspielraum zusteht, auch
im Hinblick auf die Individualgrundrechte beteiligter Dritter
aus Artikel 3 Absatz 3 GG eine Quotenregelung im Privat-
recht schaffen, sofern die damit einhergehende Beeinträchti-
gung verhältnismäßig ist. Bei der im Gesetzentwurf vorgese-
henen Mindestquote ist dies der Fall. Sie stellt auf das
Gesamtergebnis ab und benachteiligt nicht den einzelnen
männlichen Bewerber, sondern führt stattdessen lediglich zu
einer Reduzierung der Chancen für die Gruppe der Männer
insgesamt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Min-
destquote nicht nur für Frauen, sondern in gleicher Höhe
auch für Männer gilt.

Lediglich im mit zwei Personen besetzten Teilgremium er-
reicht die Beteiligungsvorgabe je Geschlecht 50 Prozent, bei
der (wegen der Mindestanzahl von drei Aufsichtsratsmitglie-
dern, vgl. § 95 Absatz 1 Satz 1 AktG, erforderlichen) Be-
trachtung des Gesamtgremiums tritt eine paritätische Beset-
zung mit beiden Geschlechtern aber nicht ein. Stattdessen
schwankt die im Gesetzentwurf vorgesehene Quote je nach
Größe des Gremiums zwischen 25 Prozent (bei einem Gre-
mium von vier Personen) und maximal 46,2 Prozent (bei
einem Gremium von 13 Personen). So kann in jedem Fall
immer noch mehr als die Hälfte der Posten mit Vertretern des
überrepräsentierten Geschlechts besetzt werden. In den ers-
ten fünf Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes sind kleine
Gremien von bis zu drei Mitgliedern sogar ganz von der
Mindestquote ausgenommen und für größere Gremien ist die
Mindestquote abgesenkt auf 16,7 Prozent (bei einem Gre-
mium von sechs Personen) bis maximal 28,6 Prozent (bei
einem Gremium von sieben Personen). Anders als bei einer
direkten Konkurrenz verschiedener Bewerber um eine be-
stimmte Stelle – wie sie im Recht des öffentlichen Dienstes
gegeben sein kann – kann ein männlicher Bewerber somit
immer noch neben einer konkurrierenden Frau gewählt wer-
den. Im Privatrecht gibt es auch – anders als im öffentlichen
Recht nach Artikel 33 Absatz 2 GG – grundsätzlich keinen
Anspruch eines Einzelnen, aufgrund seiner Befähigung eine
bestimmte Position zu erhalten. Anders als für bestimmte
Berufsbilder im öffentlichen Dienst besteht auch keine Mo-
nopolstellung für das Berufsbild „Aufsichtsrat“, insbesonde-
re ist zu beachten, dass das Aufsichtsratsmandat typischer-
weise nur als Nebenamt ausgeübt wird.

Zudem sieht der Gesetzentwurf Ausnahmen von der Min-
destquote aus wichtigem Grund vor. Nach der in § 96 Ab-
satz 4 AktG-E vorgesehenen Härtefallregelung liegt ein
wichtiger Grund insbesondere vor, soweit trotz erheblicher

sichtsrates zur Auswahl standen. Damit stellt der Gesetzge-
ber sicher, dass die Qualifikation der Bewerber angemessen
berücksichtigt wird. Gerade in dem hier betroffenen Bereich
der Besetzung von Spitzenpositionen ist ein objektiver Ver-
gleich der Befähigung nur schwer möglich, da die Suche
nach geeigneten Kandidaten regelmäßig nicht im Wege einer
Ausschreibung und eines unmittelbaren Leistungsvergleichs
erfolgt. So ist es zulässig, die Ausnahme nur dann greifen zu
lassen, wenn die Bewerber des unterrepräsentierten Ge-
schlechts ungeeignet sind und gleichzeitig den Begriff der
Ungeeignetheit eng auszulegen. Geringere Anforderungen
an den Nachweis fehlender geeigneter Kandidatinnen ließen
die Mindestquote ins Leere laufen, so dass sie ineffektiv
wäre und kaum über die bisher als gescheitert anzusehenden
Selbstverpflichtungen hinausginge.

3. Weitere Grundrechte

Die Mindestquote ist auch mit den übrigen berührten Grund-
rechten vereinbar.

Für die männlichen Mitbewerber stellt die Mindestquote
eine verhältnismäßige Einschränkung der durch Artikel 12
GG geschützten Berufsfreiheit dar; insoweit kann auf die
Ausführungen zu Artikel 3 Absatz 3 GG verwiesen werden.
Für die Gesellschaft selbst stellt die Mindestquote eine
zulässige Beschränkung ihrer ebenfalls durch Artikel 12
i. V. m. Artikel 19 Absatz 3 GG geschützten Unternehmen-
stätigkeit dar; insoweit kann auf die Ausführungen zu Arti-
kel 14 GG verwiesen werden.

Soweit die Quotenregelung den Schutzbereich der durch Ar-
tikel 9 Absatz 1 und 3 GG geschützten Vereinigungs- und
Koalitionsfreiheit berührt, ist der Eingriff ebenfalls verhält-
nismäßig; auch insoweit gelten die Ausführungen zu Arti-
kel 14 GG entsprechend.

Die ausschließlich auf Aufsichts- und Verwaltungsräte bör-
sennotierter und mitbestimmter Gesellschaften beschränkte
Mindestquote verstößt auch im Hinblick auf Unternehmen
unterschiedlicher Rechtsformen nicht gegen den allgemei-
nen Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 Absatz 1 GG. Die
Beschränkung des Kreises der Normadressaten auf börsen-
notierte und mitbestimmte Gesellschaften ist sachgerecht, da
es sich hierbei um große Gesellschaften handelt, bei denen
der soziale Bezug besonders stark ausgeprägt ist und die eine
Vorbildfunktion innehaben.

III. Europarechtliche Zulässigkeit

Die gesetzliche Mindestquote ist mit europäischem Primär-
und Sekundärrecht vereinbar und steht zudem mit den Emp-
fehlungen der Unionsorgane im Einklang.

1. Gesetzgebungskompetenz des Bundes

Der deutsche Gesetzgeber ist zur Einführung einer die Beset-
zung von Führungsgremien der Europäischen Gesellschaft
regelnden Mindestquote befugt. Die Verordnung (EG)
Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das
Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (SE-VO) – ABl.
L 294 vom 10.11.2001, § 1 – ist insgesamt lückenhaft und
verweist neben der eigenständigen Regelung zentraler Fra-
Anstrengungen der Gesellschaft nur ungeeignete Personen
des unterrepräsentierten Geschlechts zur Besetzung des Auf-

gen der Europäischen Gesellschaft in Artikel 9 Absatz 1
Buchstabe c Nummer i und ii SE-VO auf die jeweiligen na-

Drucksache 17/11139 – 18 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

tionalen Vorschriften zur Europäischen Gesellschaft bezie-
hungsweise zur Aktiengesellschaft.

Weil die Zusammensetzung im Hinblick auf das Geschlecht
der Mitglieder des Leitungs-, Aufsichts- und Verwaltungsor-
gans der Europäischen Gesellschaft in den Artikeln 39, 40,
43 SE-VO nicht geregelt ist, diese aber grundsätzlich in den
Anwendungsbereich der SE-Verordnung fällt, ist die man-
gelnde Regelung der Zusammensetzung als Lücke einzu-
ordnen, welche durch Anwendung nationalen Rechts zu
schließen ist. Insbesondere regeln die vorhandenen Einzel-
verweisungen lediglich Fragen der Organgröße, der Direkt-
wahl und der Schaffung spezieller monistischer beziehungs-
weise dualistischer Strukturen, so dass hinsichtlich der
Zusammensetzung der Organe nicht von einem abschließen-
den Regelungswillen des Verordnungsgebers ausgegangen
werden kann. Die Regelungen zur gleichberechtigten Teil-
habe von Frauen und Männern sind damit ergänzend in das
SE-Ausführungsgesetz (SEAG) vom 22. Dezember 2004
(BGBl. I S. 2479) und, soweit sie die Besetzung des mit Ar-
beitnehmervertretern zu besetzenden Teilgremiums betref-
fen, in das SE-Beteiligungsgesetz (SEBG) vom 22. Dezem-
ber 2004 (BGBl. I S. 3675, 3686) aufzunehmen.

2. Primärrecht

Die Mindestquote verletzt nicht die Grundfreiheiten.

Die Niederlassungsfreiheit (Artikel 49 AEUV) verbietet Be-
schränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehöri-
gen eines Mitgliedstaates im Hoheitsgebiet eines anderen
Mitgliedstaates. Der Begriff der Niederlassung ist weit und
umfasst gemäß Artikel 49 Absatz 2 AEUV auch das Recht
der Unternehmensgründung und Leitung nach den Bestim-
mungen des Aufnahmestaates für seine eigenen Angehöri-
gen. Die Niederlassungsfreiheit gilt sowohl für Unionsbür-
ger als gemäß Artikel 54 Absatz 1 AEUV auch für die nach
den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gegründeten
Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Haupt-
verwaltung oder ihre Hauptniederlassung in der Union
haben. Bei Führungskräften in Unternehmen ist – in Abgren-
zung zur Arbeitnehmerfreizügigkeit – die Niederlassungs-
freiheit betroffen, wenn sie, wie der Aufsichts- und der Ver-
waltungsrat, nicht weisungsgebunden sind.

Da die Mindestquote unabhängig von der Herkunft der An-
teilseigner oder der Kandidaten für den Aufsichtsrat aus-
schließlich für inländische, d. h. nach dem deutschen Gesell-
schaftsrecht gegründete, börsennotierte oder mitbestimmte
Kapitalgesellschaften gilt, ist das Inländergleichbehand-
lungsgebot des Artikels 49 AEUV gewahrt.

Allerdings wird Artikel 49 AEUV in ständiger Rechtspre-
chung des EuGH über den Wortlaut hinaus als allgemeines
Beschränkungsverbot verstanden, das Maßstab für alle na-
tionalen Regelungen ist, die die Ausübung der Niederlas-
sungsfreiheit unterbinden, behindern oder weniger attraktiv
machen. Die Mindestquote kann die Niederlassung in
Deutschland weniger attraktiv machen, insbesondere für Un-
ternehmen, die nicht über ausreichend geeignete weibliche
Führungskräfte verfügen. Diese Beschränkung ist aber durch
zwingende Allgemeingründe gerechtfertigt. Als zwingendes
Erfordernis des Allgemeininteresses kann jedes nichtwirt-

Männern in Führungsorganen großer Gesellschaften ist ein
solches gewichtiges Allgemeininteresse. Dafür spricht auch
Artikel 157 Absatz 4 AEUV, der positive Diskriminierungs-
maßnahmen zur effektiven Gleichstellung von Männern und
Frauen ausdrücklich gestattet. Die Mindestquote ist zur Er-
reichung dieses Ziels auch verhältnismäßig. Denn da die
Auswirkungen der Mindestquote für die ausländischen An-
teilseigner und Kandidaten für den Aufsichtsrat nicht stärker
sind als für Inländer, kann insoweit auf die Ausführungen zu
den Artikeln 12 und 14 GG verwiesen werden.

Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC)
– ABl. L 364 vom 18.12.2000, S. 1 – gilt gemäß Artikel 51
Absatz 1 GRC für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der
Durchführung des Rechts der Union. Bei der Mindestquote
handelt es sich ganz überwiegend nicht um die Umsetzung
einer Richtlinie oder um innerstaatliche Ausführungs- oder
Ergänzungsnormen; lediglich das SEBG setzt die Richtlinie
2001/86/EG des Rates vom 8. Oktober 2001 zur Ergänzung
des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der
Beteiligung der Arbeitnehmer (ABl. L 294 vom 10.11.2001,
S. 22) in nationales Recht um, so dass bei dessen Änderung
die Unionsgrundrechte zu berücksichtigen sind. Sofern dar-
über hinaus entgegen Artikel 51 GRC unter Berücksichti-
gung der früheren Rechtsprechung des EuGH eine Bin-
dungswirkung der Mitgliedstaaten an diese Grundrechte
angenommen wird, wären die hier betroffenen Unionsgrund-
rechte in Artikel 23 GRC (Gleichbehandlung von Frauen
und Männern), Artikel 12 GRC (Versammlungs- und Ver-
einigungsfreiheit), Artikel 15 GRC (Berufsfreiheit und
Recht zu arbeiten) und Artikel 17 GRC (Eigentumsrecht)
nicht verletzt. Wichtige Anhaltspunkte hierfür stellen bereits
die Ergebnisse der jeweils korrespondierenden nationalen
Grundrechtsprüfung dar. Darüber hinaus ist zu berücksich-
tigen, dass Artikel 23 Absatz 2 GRC ausdrücklich regelt,
dass der Gleichheitsgrundsatz nicht der Beibehaltung oder
Einführung spezifischer Vergünstigungen für das unterreprä-
sentierte Geschlecht entgegensteht. Diese Bestimmung ist
ebenso auszulegen wie die Regelung in Artikel 157 Absatz 4
AEUV, so dass insoweit auf die entsprechenden Ausführun-
gen verwiesen werden kann.

3. Sekundärrecht

Die Mindestquote für Aufsichtsräte fällt in den Anwen-
dungsbereich der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirkli-
chung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleich-
behandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und
Beschäftigungsfragen (ABl. L 204 vom 26.7.2006, S. 23)
(Gleichbehandlungsrichtlinie).

Gemäß Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe a dieser Richtlinie
darf es im öffentlichen und privaten Sektor einschließlich
öffentlicher Stellen in Bezug auf die Bedingungen – ein-
schließlich der Auswahlkriterien und Einstellungsbedingun-
gen – für den Zugang zur Beschäftigung oder zu abhängiger
oder selbständiger Erwerbstätigkeit, unabhängig von Tätig-
keitsfeld und beruflicher Position einschließlich des beruf-
lichen Aufstiegs, keinerlei unmittelbare oder mittelbare Dis-
kriminierung aufgrund des Geschlechts geben.

Weil der Regelungsgehalt der Mindestquoten bereits seinem

schaftliche, gewichtige Interesse angesehen werden. Die
Herstellung gleichberechtigter Teilhabe von Frauen und

Wortlaut nach an das Geschlecht der Aufsichtsratsmitglieder
anknüpft, ist die Regelung unmittelbar diskriminierend im

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 19 – Drucksache 17/11139

Sinne von Artikel 2 Buchstabe a der Gleichbehandlungs-
richtlinie. Danach liegt eine unmittelbare Diskriminierung
vor, wenn eine Person aufgrund ihres Geschlechts eine we-
niger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in
einer vergleichbaren Situation. Dies ist bei der Mindestquote
der Fall. Denn wenn ein gewisser Prozentsatz der zu verge-
benden Führungspositionen Frauen vorbehalten ist, sinken
die rechnerischen Chancen der konkurrierenden Männer für
eine erfolgreiche Bewerbung, so dass diese ungünstiger be-
handelt werden.

Die unmittelbare Diskriminierung ist jedoch gerechtfertigt,
da die Mindestquote eine den Anforderungen des Verhältnis-
mäßigkeitsgrundsatzes genügende positive Maßnahme im
Sinne von Artikel 3 der Gleichbehandlungsrichtlinie dar-
stellt.

Nach Artikel 3 der Gleichbehandlungsrichtlinie können die
Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Gewährleistung der vol-
len Gleichstellung von Frauen und Männern im Arbeitsleben
Maßnahmen im Sinne von Artikel 141 Absatz 4 EGV – nun-
mehr Artikel 157 Absatz 4 AEUV – beschließen. Maßnah-
men im Sinne der vorgenannten Öffnungsklausel sind spezi-
fische Vergünstigungen zur Verhinderung beziehungsweise
zum Ausgleich von Benachteiligungen in der beruflichen
Laufbahn. Die Öffnungsklausel gestattet nicht nur Aus-
nahmen zu dem in den übrigen Absätzen des Artikels 157
AEUV geregelten Entgeltgleichheitsgebot, sondern gilt all-
gemein für die Gleichstellung von Mann und Frau in der Ar-
beits- und Sozialpolitik.

Die Mindestquote ist eine Maßnahme im Sinne der Öff-
nungsklausel, denn sie dient dazu, die mittelbare Benachtei-
ligung von Frauen bei der Besetzung von Aufsichtsratspos-
ten zu verhindern. Nach der Begriffsbestimmung in Artikel 2
Absatz 1 Buchstabe b der Gleichbehandlungsrichtlinie liegt
eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn dem Anschein
nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Perso-
nen des einen Geschlechts in besonderer Weise gegenüber
Personen des anderen Geschlechts benachteiligen können.
Eine mittelbare Diskriminierung wird angenommen, wenn
eine Benachteiligung wegen des Geschlechts hinreichend
wahrscheinlich ist. Dies gilt bei einer statistisch nachweis-
baren deutlichen Unterrepräsentanz des einen Geschlechts
im Vergleich zum anderen Geschlecht als indiziert. Da der
Anteil von Frauen in den Aufsichtsräten nach den vorliegen-
den Daten signifikant geringer ist als ihr Anteil an der
entsprechend qualifizierten Erwerbsbevölkerung, ist eine
mittelbare Diskriminierung hinreichend wahrscheinlich.
Auch der Umstand, dass es bei Frauen aus familiären Grün-
den häufiger zur Unterbrechung der Berufstätigkeit kommt
als bei Männern – was in Bezug auf die hier zu beurteilen-
den, für einen Posten im Aufsichtsrat geeigneten Frauen
keineswegs sicher ist – wäre kein zulässiger Gegenbeweis,
da diese Betrachtung erneut zu einer mittelbaren Diskrimi-
nierung von Frauen führen würde.

Dass die Mindestquote den Anforderungen des Verhältnis-
mäßigkeitsgrundsatzes genügt, wurde bereits in den Ausfüh-
rungen zu Artikel 3 Absatz 3 GG dargelegt.

Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtspre-
chung des EuGH zu Frauenquoten. Bisher hat sich der EuGH
insoweit vor allem mit der Besetzung einzelner Stellen im

Geschlechts bei der Besetzung einer Stelle geben. Diese
Rechtsprechung dürfte auf Regelungen für die Privatwirt-
schaft nicht ohne weiteres übertragen werden können, denn
hier gibt es grundsätzlich keinen Anspruch des Einzelnen,
aufgrund seiner Qualifikation eine bestimmte Position zu er-
halten. Außerdem geht es bei der Mindestquote für Auf-
sichts- und Verwaltungsräte nicht um eine Auswahlsituation
im Sinne einer Eins-zu-Eins-Gegenüberstellung von männli-
chen und weiblichen Kandidaten, sondern um die Besetzung
eines aus mehreren Personen bestehenden Gremiums. Der
EuGH hat eine Regelung für zulässig erklärt, wonach bei der
Besetzung von Vertretungsorganen der Arbeitnehmer sowie
der Verwaltungs- und Aufsichtsräte mindestens die Hälfte
der Mitglieder Frauen sein sollen. Auch wenn es sich dabei
nur um eine Soll-Regelung handelte, ist diese Entscheidung
umso bemerkenswerter, als der EuGH insoweit nicht dem
Plädoyer des Generalanwalts gefolgt ist. Auch der EuGH
legt somit bei der Gremienwahl andere Kriterien an als bei
der Besetzung einer einzelnen Stelle und lässt insoweit Quo-
ten in größerem Umfang zu als in seiner Rechtsprechung zur
Stellenbesetzung im öffentlichen Dienst.

4. Empfehlungen der Unionsorgane

Die Organe der Europäischen Union haben mehrfach deut-
lich gemacht, dass ihnen die Erhöhung des Frauenanteils in
Führungspositionen in der Wirtschaft ein wichtiges Anlie-
gen ist. Nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. EuGH,
Rs. C-322/88, Slg. 1989, 4407, Rn. 18 f. – Grimaldi/Fonds
des Maladies Professionelles) sind Empfehlungen der
Unionsorgane bei der Auslegung europarechtlicher Bestim-
mungen zu berücksichtigen.

Im Mai 2010 hat das Europäische Parlament seinen Initiativ-
bericht über berufsethische Fragen in der Unternehmensfüh-
rung (P7_A(2010)135 v. 3. Mai 2010) verabschiedet. Darin
wird in Nummer 18 die „Förderung von Frauen in Führungs-
positionen durch eine Empfehlung der Kommission zur Ein-
führung einer Regelung bei der Besetzung von Unterneh-
mensorganen sowie bei der Besetzung sonstiger Gremien
und Stellen“ gefordert.

Der Beschäftigungsausschuss des Europäischen Parlaments
hat in seiner Stellungnahme (PE439.404v02-00) sogar die
Notwendigkeit betont, „alle Formen der Diskriminierung in
den Unternehmen unter Strafe zu stellen, insbesondere […]
beim Verfahren der Einstellung von Führungskräften“.

Die Kommission zeigt seit geraumer Zeit großes Interesse an
der Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen und
ist Mindestbeteiligungsquoten gegenüber aufgeschlossen.
Auf einem speziell zu diesem Thema einberufenen Gipfel in
Brüssel hat die Kommissarin für Justiz, Grundrechte und
Bürgerschaft, Viviane Reding, am 1. März 2011 erklärt, dass
die Kommission bereit sei, erforderlichenfalls mit recht-
lichen Instrumenten einzugreifen. Auch Binnenmarktkom-
missar Michel Barnier steht der Idee, europaweit Frauenquo-
ten einzuführen, offen gegenüber.

Im April 2011 hat die Kommission das Grünbuch „Europä-
ischer Corporate Governance-Rahmen“ – KOM(2011) 164
endg. – vorgelegt. Auch darin betont die Kommission die
Notwendigkeit der „Einführung von Maßnahmen wie Quo-
öffentlichen Dienst beschäftigt. Danach darf es keinen auto-
matischen Vorrang von Bewerbern des unterrepräsentierten

ten oder Zielen zur Gewährleistung des geschlechterspezifi-
schen Gleichgewichts in Verwaltungsräten“.

Drucksache 17/11139 – 20 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

IV. Zielsetzung der gesetzlichen Regelung
Der Gesetzentwurf verfolgt das Ziel, eine gleichberechtigte
Teilhabe von Frauen und Männern in der Erwerbswirklich-
keit zu fördern. Durch einen aufgrund einer Mindestquote
gegenüber der derzeitigen Situation gesteigerten Bedarf an
weiblichen Führungskräften wird die Förderung von Frauen
auf allen Unternehmensebenen erforderlich. Dadurch wird
das ausgeglichene Vorhandensein beider Geschlechter auf
allen Ebenen zur Normalität; dies bringt eine Anerkennung
weiblicher Berufstätigkeit und Karrieren in allen Lebens-
bereichen mit sich. Damit wird eine Alternative zum tradi-
tionellen Rollenmodell etabliert, die es erlaubt, das in der
Gesellschaft vorhandene weibliche Kapital für den Arbeits-
markt nutzbar zu machen. Darüber hinaus ist durch eine ge-
schlechtlich ausgeglichenere Besetzung von Führungsgre-
mien eine Anpassung geltender Arbeitsbedingungen hin zu
familienfreundlicheren Strukturen wünschenswert. Diese
herrscht bereits in vielen europäischen Ländern außerhalb
Deutschlands vor und kommt sowohl Frauen als auch Män-
nern zugute.

V. Ausgestaltung der gesetzlichen Regelung

1. Anwendungsbereich

Der Mindestquote unterliegen börsennotierte und mitbe-
stimmte Gesellschaften.

a) Börsennotierung

Eine gesetzliche Mindestquote, welche der gesellschaftli-
chen Verpflichtung zur Herstellung gleichberechtigter Teil-
habe von Frauen und Männern zur Durchsetzung verhelfen
will, muss zunächst bei börsennotierten Gesellschaften an-
knüpfen. Maßgeblich ist hierfür die Definition in § 3 Absatz 2
AktG, wovon auch Aktiengesellschaften mit Sitz in
Deutschland erfasst sind, wenn sie an einer ausländischen
vergleichbaren Börse notiert sind; allerdings nur solche Ge-
sellschaften, deren Anteile zu einem regulierten Markt zuge-
lassen sind. Diese unterliegen als Publikumsgesellschaften,
die nach ihrer Struktur auf eine Vielzahl von Anlegern zuge-
schnitten sind, einer besonderen Sozialbindung und -ver-
pflichtung. Dies gilt insbesondere, weil viele Anleger ledig-
lich geringe Beteiligungen zu Kapitalanlagezwecken halten
und so ohne wesentlichen persönlichen Einfluss am Unter-
nehmenserfolg partizipieren. Damit sind börsennotierte Un-
ternehmen allein aufgrund ihrer Struktur und unabhängig
von der Größe zu erfassen. Hinzu kommt, dass ein großer
Teil börsennotierter Gesellschaften aufgrund seiner verhält-
nismäßig großen Bedeutung gemessen an Mitarbeiterzahl
und bzw. oder Umsatz im besonderen Fokus öffentlicher
Wahrnehmung steht. Damit entfaltet eine erhöhte Teilhabe
von Frauen in diesen Gesellschaften eine wahrnehmbare
Vorbildfunktion auch für andere Unternehmensformen.

b) Mitbestimmung

Aus Gründen der Systemgerechtigkeit müssen daneben auch
andere Rechtsformen der Mindestquote unterworfen wer-
den. Anderenfalls würden Unternehmen, deren Größe im
Hinblick auf Umsatz und Mitarbeiterzahl diejenige vieler
börsennotierter Gesellschaften noch übersteigt oder ihr
jedenfalls vergleichbar ist, nicht von der Regelung erfasst.

fungskriterium ist die unternehmerische Mitbestimmung.
Der Mitbestimmung unterliegen Unternehmen mit in der Re-
gel mindestens 500 Beschäftigten (§ 1 Absatz 1 Nummer 1
DrittelbG). Für ihre Erfassung spricht, dass nach Angaben
des Deutschen Gewerkschaftbundes im Jahr 2007 von ca. 730
der Mitbestimmung unterliegenden Unternehmen lediglich
etwa 130 an der Börse notiert waren. Aufgrund ihrer hohen
Beschäftigtenzahl tragen diese Unternehmen ebenfalls eine
hervorgehobene gesellschaftliche Verantwortung, welche es
rechtfertigt, sie zur Einhaltung der Mindestquote zu ver-
pflichten. Insbesondere die großen Aufsichtsräte, die der
paritätischen Mitbestimmung unterliegende Unternehmen
zu gründen haben (gemäß § 7 MitbestG mindestens zwölf
Mitglieder, gemäß den §§ 4, 9 MontanMitbestG, § 5 Montan-
MitbestErgG mindestens 11 Mitglieder) eignen sich bereits
während der Übergangsphase (dort gelten geringere Quoten,
welche sich erst in großen Gremien auswirken) gut zur
Einführung einer gesetzlichen Mindestquote. Bereits der
Grundgedanke der unternehmerischen Mitbestimmung ist
Ausdruck der erhöhten sozialen Verantwortung, die der
Gesetzgeber Unternehmen der genannten Größenklasse auf-
erlegt.

Der Gesetzentwurf sieht aus Vereinfachungsgründen von
einer Unterscheidung nach den gesetzlichen Grundlagen der
Mitbestimmung innerhalb der mitbestimmten Unternehmen
ab; diese würde zu einer starken Zergliederung mit der Folge
der Unübersichtlichkeit führen. Eine Unterscheidung ist
auch nicht erforderlich, weil bereits Unternehmen, die auf-
grund ihrer Mitarbeiterzahl lediglich dem Drittelbeteili-
gungsgesetz unterliegen (weniger als 1 000 Mitarbeiter, vgl.
§ 1 Absatz 2 MontanMitbestG) die für die Mindestquote er-
forderliche Sozialbindung aufweisen. Anders als bei der un-
ternehmerischen Mitbestimmung verringert die gegenüber
der paritätischen Mitbestimmung geringere Mitarbeiterzahl
nicht das Erfordernis einer gleichberechtigten Teilhabe.
Auch Umsetzungsprobleme ergeben sich in Fällen kleinerer
Gremien nicht. Sofern auch sogenannte alte Aktiengesell-
schaften, die vor dem 10. August 1994 eingetragen worden
sind, trotz einer Mitarbeiteranzahl von 500 oder weniger der
Mitbestimmung unterliegen, weil sie keine Familiengesell-
schaften im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 1 Satz 3
DrittelbG sind, erfolgt hier keine gesonderte Behandlung im
Hinblick auf die Anwendbarkeit der Mindestquoten. Sofern
die Arbeitnehmermitbestimmung hier zulässig ist, gilt dies
mangels Benachteiligung auch für die gleichberechtigte Be-
teiligung von Frauen und Männern. Insofern folgt die Pflicht
zur Einhaltung der Mindestquoten streng und einheitlich den
für die Mitbestimmung maßgeblichen Kriterien. Aus diesem
Grund sind auch die bereits nach § 1 Absatz 4 MitbestG, § 1
Absatz 2 DrittelbG, § 39 Absatz 1 SEBG, § 28 MgVG von
der Mitbestimmung ausgenommenen sogenannten Tendenz-
unternehmen nicht vom Anwendungsbereich der Mindest-
quotenregelungen erfasst.

c) Rechtsformen

Die bereits nach dem Kriterium der Börsennotierung erfass-
ten Unternehmen sind die Aktiengesellschaft, die Komman-
ditgesellschaft auf Aktien und die Europäische Gesellschaft
(Societas Europaea).

Durch die Erfassung mitbestimmter Unternehmen fallen

Dies wäre vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungs-
grundsatzes nicht zu rechtfertigen. Geeignetes Anknüp-

daneben noch in der Rechtsform der Gesellschaft mit be-
schränkter Haftung organisierte Gesellschaften sowie solche,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21 – Drucksache 17/11139

die dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer
bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung (MgVG)
unterliegen, unter die Vorschrift.

Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Ak-
tien unterfallen der Mindestquote damit nach zwei Kriterien.
Sind die Gesellschaften börsennotiert, ist eine Anwendbar-
keit der Regelung unproblematisch gegeben. Auch wenn die
Gesellschaft der Mitbestimmung unterliegt, obwohl sie nicht
börsennotiert ist, unterfällt sie aufgrund ihrer Mitarbeiter-
zahl der Mindestquote. Erfüllt eine Aktiengesellschaft oder
Kommanditgesellschaften auf Aktien beide Kriterien kumu-
lativ, hat sie die Mindestquote selbstverständlich ebenfalls
zu erfüllen.

Gesellschaften mit beschränkter Haftung unterfallen der ge-
setzlichen Mindestquote, wenn sie die Voraussetzungen für
die Mitbestimmung erfüllen, weil dann die Bildung eines
Aufsichtsrates nach den Vorschriften des Aktienrechts mit-
bestimmungsrechtlich zwingend vorgeschrieben ist. Die be-
stehenden Verweisungen werden auf die die Mindestquote
regelnden Vorschriften erweitert.

Auch für in Deutschland ansässige Gesellschaften in der
Rechtsform der Europäischen Gesellschaft ist die Mindest-
quote bindend. Wie schon bei der Aktiengesellschaft ist für
den Fall der Börsennotierung die Anwendbarkeit gegeben.
Die Europäische Gesellschaft unterliegt nicht den deutschen
Mitbestimmungsvorschriften; stattdessen besteht nach § 21
SEBG die Möglichkeit einer individuell vereinbarten unter-
nehmensinternen Regelung über die Mitbestimmung. Nur
wenn eine solche Vereinbarung zwischen dem Unternehmen
und den Arbeitnehmervertretern nicht zustande gekommen
ist, greifen die gesetzlichen Regelungen (§§ 4, 21, 22, 34 ff.
SEGB). Im letzteren Fall ergibt sich die Anwendbarkeit der
Mindestquoten aus dem Umstand, dass das Unternehmen
mitbestimmt ist; auch für den Fall einer individuell verein-
barten Mitbestimmungsregelung ist diese Voraussetzung er-
füllt, so dass hier keine Ausnahmen erfolgen.

Gesellschaften, die dem Gesetz über die Mitbestimmung der
Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmel-
zung unterliegen, können wie die Europäische Gesellschaft
autonome Mitbestimmungsvereinbarungen nach § 22 MgVG
treffen. Wenn dies nicht geschieht, finden gesetzliche Mit-
bestimmungsvorschriften Anwendung, so dass eine An-
wendbarkeit der Mindestquotenregelungen aufgrund vor-
handener Mitbestimmung ebenso wie bei der Europäischen
Gesellschaft vorliegt.

Der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit unterliegt den
Vorschriften über die Mindestbesetzung mit Frauen und
Männern ebenfalls, sofern er über einen Aufsichtsrat ver-
fügt. Für kleinere Vereine ist die Bildung eines Aufsichtsra-
tes fakultativ, §§ 35, 53 des Gesetzes über die Beaufsichti-
gung der Versicherungsunternehmen (VAG); wenn danach
ein Aufsichtsrat gebildet wurde, unterliegt der Versiche-
rungsverein bei einer Mitarbeiterzahl von mehr als 500 auch
der Mitbestimmung, § 1 Nummer 4 DrittelbG, welche dann
über entsprechende Verweisungen zu einer Anwendbarkeit
der Mindestquoten führt. Sofern es zu einer gemäß § 53 Ab-
satz 4 VAG vorgenommenen Qualifikation als „kleinerer
Verein“ durch die hierfür zuständige Aufsichtsbehörde
kommt, obwohl die Beschäftigtenzahl mehr als 500 beträgt,

lich wie bei vor dem 10. August 1994 eingetragenen Aktien-
gesellschaften) im Interesse der Einheitlichkeit hinnehmbar.
Damit wird die Grundregel bestätigt, dass der Mitbestim-
mung unterliegende Unternehmen ihre Aufsichtsräte quo-
tengerecht zu besetzen haben.

Personengesellschaften unterliegen der gesetzlichen Min-
destquote nicht. Ihre Führungs- und Haftungsstruktur, wel-
che durch die Selbstorganschaft geprägt ist, unterscheidet
sich maßgeblich von derjenigen der erfassten Gesellschaf-
ten. Eine vergleichbare Sozialbindung ist den Personenge-
sellschaften wegen der engen Verknüpfung von Unterneh-
men und Unternehmer deswegen abzusprechen. Dies steht
auch im Einklang mit der Tatsache, dass Personengesell-
schaften der Mitbestimmung nicht unterliegen.

Ebenfalls nicht von der Mindestquote erfasst sind Gesell-
schaften, die in der Rechtsform der eingetragenen Genos-
senschaft, der Europäischen Genossenschaft (Societas Co-
operativa Europaea) und des Versicherungsvereins auf
Gegenseitigkeit organisiert sind. Im ersten Fall spricht der
genossenschaftliche Charakter gegen eine Gleichbehand-
lung mit den genannten Kapitalgesellschaften: Danach gilt
das Identitätsprinzip, nach dem Entscheidungsträger, Ge-
schäftspartner und Kapitalgeber identisch sind. Hieraus
resultiert eine den Kapitalgesellschaften nicht vergleichbare
Bindung der Genossen an die Genossenschaft, in welche
eine Mindestquote einen starken Eingriff darstellen würde.
Eine Erfassung erscheint auch angesichts der geringen An-
zahl (etwa 20 mitbestimmte Genossenschaften) und damit
geringen praktischen Relevanz nicht erforderlich. Diese
Wertung gilt auch für die Europäische Genossenschaft.

Einer speziellen Ausnahmeregelung für sogenannte Familien-
gesellschaften bedarf es nicht. Diese sind gemäß § 1 Absatz 1
Nummer 1 Satz 2 DrittelbG ohnehin von der Mitbestimmung
nach diesem Gesetz ausgenommen, sofern es sich um vor
dem 10. August 1994 eingetragene Aktiengesellschaften mit
weniger als 500 Mitarbeitern handelt.

d) Gremium

Der Anwendungsbereich der gesetzlichen Mindestquote be-
schränkt sich zunächst auf Aufsichts- und Verwaltungsräte.

Dem Aufsichtsrat obliegt die Überwachung des Vorstandes
und damit der operativen Geschäftsführung im Interesse des
Unternehmens, der Aktionäre und schließlich mittelbar auch
der Allgemeinheit. Wegen seiner aus der allgemeinen Ge-
schäftsführungstätigkeit herausgehobenen Tätigkeit kommt
dem Aufsichtsrat eine besondere Vorbildfunktion zu. Durch
die gesetzliche Mindestquote im Aufsichtsgremium wird da-
mit dem Fehlen weiblicher Vorbilder in Führungspositionen
entgegengewirkt, welches als wichtiger Grund für den gerin-
gen Anteil weiblicher Führungskräfte angeführt wird.

Gleichzeitig hat der Aufsichtsrat hinsichtlich der Bestellung
des Vorstandes die ausschließliche Personalkompetenz. Bei
einer besseren geschlechtlichen Durchmischung des Auf-
sichtsrates darf davon ausgegangen werden, dass auch für
die Bestellung des Vorstandes Kandidatinnen stärker in den
Blick genommen werden. Auch die in der Praxis häufige Re-
krutierung von Aufsichtsräten aus ehemaligen Vorständen
könnte sich mittelbar positiv auf eine geschlechtlich aus-
unterliegt der Verein nicht der Mitbestimmung und folglich
auch nicht den Mindestquoten. Diese Friktion ist aber (ähn-

geglichenere Besetzung der Vorstände auswirken. Ausdrück-
liches gesetzgeberisches Ziel ist dabei die Erreichung der-

Drucksache 17/11139 – 22 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

selben quotalen Vorgaben wie beim Aufsichtsrat auch bei
Vorständen und sonstigen Geschäftsleitungsorganen. Die
Unterwerfung der Aufsichtsgremien unter eine gesetzlich
vorgeschriebene Quote ist dabei als erster Schritt zu betrach-
ten. Sofern sich zeigt, dass gesetzlich festgelegte Mindest-
vorgaben sich nicht in der genannten Weise auch auf die
übrigen Führungsgremien auswirken, werden in einem zwei-
ten Schritt auch diese in den Anwendungsbereich der gesetz-
lichen Mindestquote einzubeziehen sein.

Auch Verwaltungsräte der monistisch organisierten Europä-
ischen Gesellschaft sind der Mindestquote unterworfen, ob-
wohl die Mitglieder dieses Gremiums sowohl überwachen-
de, als auch geschäftsführende Tätigkeiten wahrnehmen.
Dies ist zur Durchsetzung der Mindestquote erforderlich,
weil anderenfalls der Rechtsformwechsel in die monistische
Europäische Gesellschaft die Möglichkeit der Umgehung
der Mindestquote böte. Diese gegenüber dualistisch organi-
sierten Rechtsformen strengere Behandlung ist verhältnis-
mäßig, weil die gesetzliche Regelung gerade nicht vor-
schreibt, welche Verwaltungsratsmitglieder die Quote
erfüllen müssen; dadurch bleibt es dem Unternehmen über-
lassen, ob dem unterrepräsentierten Geschlecht angehörige
Mitglieder geschäftsführende oder lediglich überwachende
Tätigkeiten ausüben.

2. Konkrete Ausgestaltung der Mindestquote

Grundsätzlich ist die Mindestquote durch die Formulierung
eines prozentualen Mindestsatzes, mit welchem jedes betrof-
fene Unternehmen seine Führungsgremien besetzen muss,
umzusetzen. Damit haben die Unternehmen die Möglichkeit,
durch Überschreitung der Mindestvorgaben weitergehende
Gleichberechtigung herzustellen, bis hin zu (sofern rechne-
risch möglich) paritätischer Beteiligung beider Geschlechter.
Für kleinere Gremien, in denen rechnerisch eine Einhaltung
der prozentualen Mindestsätze nicht möglich ist, sind dage-
gen konkrete Zahlen für die Besetzung vorzugeben. Ande-
renfalls würde aufgrund der Formulierung als Mindestquote
eine Abweichung nach oben häufig zur zwingenden Vorgabe
paritätischer Mitbestimmung führen, die aber gerade in klei-
nen Gremien unverhältnismäßig ist. Durch die Festlegung
konkreter Zahlen für kleine Gremien ergibt sich eine Grund-
struktur, die auf alle Gremien oder Teilgremien mit der ent-
sprechenden Mitgliederzahl anwendbar ist. Dies dient der
Rechtsklarheit und vereinfacht die Anwendbarkeit.

a) Quotenhöhe

Im Hinblick auf das gesetzgeberische Ziel gleichberechtigter
Teilhabe von Frauen und Männern in Führungsgremien ist
eine Beteiligungsquote von mindestens 40 Prozent je Ge-
schlecht angemessen. Sie belässt Unternehmen 20 Prozent
der zu besetzenden Sitze zur freien Verfügung. Zudem wird
das Vorhandensein einer sogenannten kritischen Masse ge-
währleistet, welche aufgrund ihrer zahlenmäßigen Stärke in
der Lage ist, maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungs-
prozesse im Gremium auszuüben. Damit orientiert sich die
Höhe an der 50- Prozent-Marke, welche paritätischer Teilha-
be entspräche, rechnerisch aber in vielen Fällen nicht durch-
setzbar und daher nicht praktikabel ist.

In kleineren Gremien mit bis zu neun Mitgliedern ist eine

hier zu unbefriedigenden oder schlicht unmöglichen Ergeb-
nissen führte. So bedeutete beispielsweise im Drei-Perso-
nen-Gremium die nicht näher konkretisierte Aufforderung
zur Einhaltung einer Quote von 40 Prozent eine schlicht un-
mögliche gesetzliche Anweisung. Auch im Vier-, Sechs- und
Acht-Personen-Gremium müssten aufgrund der Formulie-
rung als Mindestquote die Gremien jeweils paritätisch be-
setzt sein. Dies ist nach den obigen Ausführungen aber dort
nicht verhältnismäßig, wo eine wirkungsvolle Beteiligung
beider Geschlechter auch bei Belassung eines wenigstens
geringen Entscheidungsspielraums möglich ist. Aus Verein-
fachungsgründen ist daher für alle kleinen Gremien bis zur
Anzahl von einschließlich acht Mitgliedern eine feste Beset-
zungsvorgabe nach Köpfen zu formulieren.

Deswegen sind kleine Gremien (beziehungsweise Teil-
gremien) nach folgender Grundstruktur zu besetzen:

Damit bewegen sich die Beteiligungsquoten in diesen Gre-
mien zwischen 50 Prozent im Zweier-Teilgremium und
25 Prozent im Vierer-Gremium. Alle Gremien, die neun oder
mehr Mitglieder haben, dürfen den Mindestsatz von 40 Pro-
zent nicht unterschreiten. Dadurch ergeben sich geringfügige
Überschreitungen der 40- Prozent-Schwelle dort, wo eine ge-
naue Umsetzung rechnerisch nicht möglich ist; diese sind
aber hinzunehmen, weil in keinem Fall die 50- Prozent-
Schwelle erreicht wird und damit dem Unternehmen immer
Entscheidungsspielraum bei der Besetzung seiner Gremien
verbleibt.

Die Grundstruktur findet auf alle von der gesetzlichen Rege-
lung erfassten Gremien und Teilgremien (also Anteilseigner-
und Arbeitnehmervertreter) Anwendung. Dadurch wird mit
der Grundstruktur ein Instrument geschaffen, welches die
Quote für alle Arten von Gremien einfach handhabbar und
verständlich gestaltet, ohne durch besondere Einzelvor-
schriften für die einzelnen Formen mitbestimmter Gremien
jeweils gesonderte Vorschriften erlassen zu müssen.

Eine weitere Unterscheidung der Anteilseignervertreter
(z. B. nach entsandten und von der Hauptversammlung ge-
wählten Aufsichtsratsmitgliedern) findet nicht statt, weil
dies eine zu starke Zergliederung der Gremien bedeutete;
entscheidend ist lediglich, dass im Ergebnis die Mindest-
quote im jeweiligen Teilgremium erfüllt wird.

b) Getrennte Betrachtung von Teilgremien in mitbestimm-
ten Unternehmen

Gesamt Mehrheit Prozent Minderheit Prozent

1 1 100,0 0 0,0

2 1 50,0 1 50,0

3 2 66,7 1 33,3

4 3 75,0 1 25,0

5 3 60,0 2 40,0

6 4 66,7 2 33,3

7 4 57,1 3 42,9

8 5 62,5 3 37,5

9 5 55,6 4 44,4
Anpassung des Satzes von 40 Prozent in vielen Fällen erfor-
derlich, weil eine strenge Anwendung der 40- Prozent-Quote

Die Arbeitnehmervertreter sowie die Vertreter der Anteils-
eigner in mitbestimmten Gremien bilden jeweils ein Teilgre-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 23 – Drucksache 17/11139

mium, welches für sich betrachtet die Anforderungen der
Grundstruktur erfüllen muss. So wird ausgeschlossen, dass
durch gegenseitige Anrechnung ein Teilgremium hinter den
Anforderungen zurückbleiben darf, weil das andere Teilgre-
mium die Anforderungen übertroffen hat.

Eine weitere Unterscheidung der Arbeitnehmervertreter
(z. B. nach Beschäftigten des mitbestimmten Betriebs und
Gewerkschaftsvertretern) findet nicht statt, weil dies wieder-
um eine zu starke Zergliederung der Gremien bedeutete.

c) Regelung für mitbestimmte Unternehmen

Die Anwendbarkeit der quotalen Mindestvorgaben in den
mit Arbeitnehmervertretern besetzten Teilgremien wird
durch entsprechende Verweisungen auf das Aktiengesetz in
den jeweiligen Mitbestimmungsgesetzen gewährleistet. Die
nach bisheriger Rechtslage bereits vorhandenen Verweisun-
gen zur Zusammensetzung des Aufsichtsrates auf die aktien-
rechtlichen Bestimmungen betreffend den Aufsichtsrat (§ 6
Absatz 2 Satz 1 MitbestG, § 1 Absatz 1 Nummer 3 Satz 2,
Halbsatz 2 DrittelbG, § 24 Absatz 2 Satz 2 MgVG, § 34
Satz 2, § 35 Absatz 3 Satz 1 und § 20 SEAG) werden um
Verweisungen auf die neu eingeführten Regelungen zu den
Mindestquoten ergänzt. Sofern Aufsichtsräte in Aktienge-
sellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien be-
troffen sind, ergibt sich deren Anwendbarkeit ohnehin aus
den allgemeinen Vorschriften. Durch weitere Ergänzungen
in § 22 Absatz 5 MgVG, § 17 Absatz 5, § 24 Absatz 3
SEAG- E, § 21 Absatz 1 Satz 2, § 36 Absatz 3a SEBG- E wird
sichergestellt, dass auch für jede mitbestimmte Europäische
Gesellschaft die Mindestquoten zwingend vorgeschrieben
sind (unabhängig davon, ob die Mitbestimmung auf einer
Vereinbarung zwischen Unternehmen und Arbeitnehmern
oder kraft Gesetzes erfolgt).

Durch eine Klarstellung in § 96 Absatz 3 Satz 2 AktG-E sind
auch im Arbeitnehmer-Teilgremium die Voraussetzungen der
Grundstruktur zu erfüllen. Zudem gilt für Arbeitnehmer der
besondere Ausnahmetatbestand des § 96 Absatz 3 Satz 7
AktG-E, nach dem bei einer Beschäftigtenstruktur von 90 Pro-
zent Mitarbeitern desselben Geschlechts die Mindestquote im
Arbeitnehmer-Teilgremium unbeachtet bleiben darf.

Die Einhaltung der Mindestquoten auf Seiten der Arbeit-
nehmervertreter wird durch eine Anpassung der jeweili-
gen Wahlordnungen sichergestellt: Durch Anpassungen in
den §§ 39 MitbestG, 13 DrittelbG, 15 MontanMitbestG,
17 MontanMitbestErgG wird die Bundesregierung ermäch-
tigt, durch Rechtsverordnung sicherzustellen, dass die Min-
destquoten in den Arbeitnehmer-Teilgremien mitbestimmter
Aufsichtsräte eingehalten werden. Dies ist grundsätzlich
durch eine Anpassung der bereits zum Mitbestimmungs-
gesetz, zum Drittelbeteiligungsgesetz und zum Montan-Mit-
bestimmungsergänzungsgesetz erlassenen Wahlordnungen
sowie den Erlass einer Wahlordnung zum Montan-Mitbe-
stimmungsgesetz möglich; denkbar wäre eine Orientierung
an den bereits für die Umsetzung der Mindestbeteiligungs-
quote in § 5 BetrVG geltenden Vorschriften der Ersten Wahl-
ordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes.

d) Übergangsvorschriften

der ein von der Endstufe abweichender Prozentsatz in Höhe
von 20 Prozent verbindlich festgelegt wird. Gleichzeitig gilt
für kleine Gremien und Teilgremien eine angepasste Grund-
struktur:

Die erste Stufe tritt sechs Jahre nach Verkündung des Geset-
zes in Kraft, die zweite Stufe elf Jahre nach Verkündung des
Gesetzes. Die Dauer der Übergangsfrist orientiert sich an der
Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder, welche aufgrund der
gesetzlichen Vorgaben in § 102 Absatz 1 und § 120 Absatz 1
Satz 1 AktG die Dauer von fünf Jahren und knapp acht Mo-
naten nicht überschreiten darf. Hierdurch wird gewährleistet,
dass der Austausch eines Teils der dem überrepräsentierten
Geschlecht angehörigen Führungskräfte stufenweise erfol-
gen kann. Gleichzeitig besteht für die Unternehmen die
Möglichkeit und damit auch die Pflicht, Frauen so zu för-
dern, dass bei Inkrafttreten der jeweiligen Stufe genügend
Frauen zur Verfügung stehen, um die Führungsgremien quo-
tengerecht zu besetzen.

3. Ausnahmetatbestände

Der Gesetzentwurf sieht Ausnahmetatbestände für Situatio-
nen vor, in denen die Einhaltung der Quote konkrete Unter-
nehmen in unzumutbarer Weise belasten würde. Hierzu kann
sowohl die Arbeitnehmerstruktur im Unternehmen, als auch
die konkrete Bewerbersituation zählen.

a) Arbeitnehmerstruktur

Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat eines Unterneh-
mens, in dem ganz überwiegend (also zu mindestens 90 Pro-
zent) Mitarbeiter desselben Geschlechts beschäftigt sind,
sind von der Verpflichtung zur Einhaltung der gesetzlichen
Mindestquote ausgenommen: Ihre Sitze dürfen frei besetzt
werden, ohne dass im Hinblick auf das Geschlecht bestimm-
te Vorgaben zu beachten sind. Dadurch wird dem Umstand
Rechnung getragen, dass bei geringer Repräsentanz eines
Geschlechts unter den Arbeitnehmern die Chancen, in den
Aufsichtsrat gewählt zu werden für das jeweilige Geschlecht
stark verzerrt würden. Dem Unternehmen obliegt der Nach-
weis der Voraussetzungen, also des Geschlechterverhältnis-
ses in der Arbeitnehmerschaft. Von einer pauschalen Min-
destquote von beispielsweise mindestens je einem Mitglied
je Geschlecht und Gremium ist abzusehen, weil für einen
wirksamen Einfluss beider Geschlechter eine kritische Mas-
se von mindestens etwa einem Drittel erforderlich ist. Die

Gesamt Mehrheit Prozent Minderheit Prozent

1 1 100,0 0 0

2 2 100,0 0 0

3 2 66,7 1 33,3

4 3 75,0 1 25,0

5 4 80,0 1 20,0

6 5 83,3 1 16,7

7 5 71,4 2 28,6

8 6 75,0 2 25,0

9 7 77,8 2 22,2
Zur Gewährleistung der Verfassungsmäßigkeit der Regelung
enthält der Gesetzentwurf eine Übergangsphase, während

alternative Anforderung, jedenfalls ein Drittel der Gremien
mit dem unterrepräsentierten Geschlecht zu besetzen, ist ab-

Drucksache 17/11139 – 24 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

zulehnen, weil dadurch eine Abweichung von der 40-Pro-
zent-Quote erfolgte, der Anteil der im Führungsgremium
aber dennoch nicht die tatsächlichen Verhältnisse widerspie-
geln würde.

Diese Ausnahmeregelung ist einer Regelung eindeutig vor-
zuziehen, die bestimmte Branchen pauschal vom Anwen-
dungsbereich einer gesetzlichen Mindestquote ausnimmt.
Neben den Abgrenzungsschwierigkeiten, die sich für die Zu-
gehörigkeit zu diesen besonders männlich oder weiblich do-
minierten Branchen ergäben, förderte eine solche Regelung
die bestehende Segregation in diesen Branchen, ohne dabei
auf die verfassungsrechtlich begründeten Bedürfnisse der
konkreten Unternehmen einzugehen.

b) Kein Ausnahmetatbestand für Familienunternehmen

Eine Ausnahmevorschrift für Familienunternehmen ist nicht
erforderlich. Bei börsennotierten Gesellschaften, deren An-
teile ganz oder zu einem überwiegenden Teil von Mitglie-
dern einer Familie gehalten werden, oder bei denen Fami-
lienmitglieder Anteile halten und zudem in Aufsichtsrat und
bzw. oder Vorstand vertreten sind, ergibt sich das Erfordernis
der Anwendbarkeit der Mindestquote bereits aus der Ver-
kehrsfähigkeit der Anteile, die aus der Börsennotierung re-
sultiert. Zudem gelten hier die bereits genannten Argumente
der besonderen Sozialbindung börsennotierter Gesell-
schaftsanteile an Aktiengesellschaften.

Bei fehlender Börsennotierung besteht nach der bisherigen
Rechtslage bereits in § 1 Absatz 1 Nummer 1 Satz 2
DrittelbG für vor dem 10. August 1994 eingetragene Aktien-
gesellschaften mit in der Regel weniger als 500 Beschäftig-
ten eine Ausnahme, wenn „deren Aktionär eine einzelne na-
türliche Person ist oder deren Aktionäre untereinander im
Sinne von § 15 Absatz 1 Nummer 2 bis 8, Absatz 2 der Ab-
gabenordnung verwandt oder verschwägert sind“. Darüber-
hinausgehende Ausnahmen wären praktisch mit erheblichen
Schwierigkeiten verbunden, weil es hierfür einer Definition
des „Familienunternehmens“ bedürfte. Die in § 1 Absatz 1
Nummer 1 Satz 3 DrittelbG festgeschriebene Definition
wird aufgrund ihres sehr weiten Familienbegriffes einerseits
und einer fehlenden Bezugnahme auf eine Beteiligung an der
Geschäftsleitung, sowie die Möglichkeit der Beteiligung
Dritter andererseits als nicht den Anforderungen der heuti-
gen Rechtswirklichkeit entsprechend empfunden, sodass
eine Erweiterung über ihren bisherigen Anwendungsbereich
hinaus abzulehnen ist. Weitere Ausnahmen für Familienun-
ternehmen sind aber auch nicht angezeigt. Vor dem Hinter-
grund der Verfassungsgemäßheit der Mitbestimmungsvor-
schriften erscheint es nämlich nicht unzumutbar, dass
Familiengesellschaften, die aufgrund der Ausnahmevor-
schrift in § 1 Absatz 1 Nummer 1 Satz 2 DrittelbG ohnehin
nur bei einer Mitarbeiterzahl von in der Regel mehr als
500 Beschäftigten der Mitbestimmung unterfallen, die Min-
destquote für eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen
und Männern zu erfüllen haben. Wie bereits dargelegt, trifft
Gesellschaften dieser Größenordnung eine besondere sozia-
le Verantwortung. Zudem stellt die Vorgabe, einen gewissen
Anteil der Führungspositionen mit weiblichen Führungs-
kräften zu besetzen auch keinen Grundrechtsverstoß dar,
weil weiterhin die betroffene Familie das Entscheidungs-

dabei weder die Gefahr, den Interessen der Familie zuwider-
zulaufen noch besteht ein berechtigtes Interesse daran,
Führungspositionen nur mit Kandidaten eines bestimmten
Geschlechts zu besetzen. Im selben Maße, in dem die Gesell-
schaft zur Förderung gleichberechtigter Teilhabe in die Ver-
antwortung genommen wird, hat dies auch bei Familienge-
sellschaften zu geschehen. Insbesondere ist eine Berührung
des verfassungsrechtlich von Artikel 6 GG geschützten Be-
reichs der Familie nicht ersichtlich, weil die unternehmeri-
sche Betätigung den Bereich familiären Zusammenlebens
überschreitet. Sofern verfassungsrechtlich nicht hinnehm-
bare unzumutbare Härten in Einzelfällen auftreten können
sollten, sind diese aufgrund des Erfordernisses einer diffe-
renzierten Einzelbetrachtung nicht über eine abstrakt gene-
relle Ausnahmevorschrift, sondern allenfalls über die den
konkreten Einzelfall betrachtende Härtefallklausel zu lösen.

c) Härtefallklausel

Fälle, in denen sich ein Unternehmen ernsthaft aber im Er-
gebnis erfolglos bemüht hat, die Voraussetzungen für eine
Einhaltung der Mindestquote zu erfüllen, können nach einer
Härtefallklausel ebenfalls von der Pflicht ausgenommen
werden. Die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Härte-
falles sind eng auszulegen. Insbesondere befreit die Härte-
fallklausel kein Unternehmen von der Pflicht, sich ernsthaft
und nachdrücklich um die Rekrutierung genügend geeigne-
ter Frauen zu bemühen. Die Darlegungs- und Beweislast da-
für, dass solche Anstrengungen unternommen wurden, ob-
liegt jeweils dem konkreten Unternehmen, das sich auf den
Härtefall beruft.

4. Sanktion

Zur effektiven Durchsetzung der gesetzlichen Mindestquo-
ten ist ein Sanktionsmechanismus erforderlich.

a) Vertreter der Anteilseigner

Die Nichteinhaltung der gesetzlichen Mindestvorgaben wird
durch die Versagung der steuerlichen Abzugsfähigkeit der an
ein quotenwidrig besetztes Gremium geleisteten Vergütun-
gen sanktioniert (vgl. Artikel 13). Damit unterliegen nicht
nur die Vergütungen derjenigen Gremienmitglieder dem Ab-
zugsverbot, deren Benennung gegen die Mindestquote ver-
stößt, sondern die des gesamten gegen die quotalen Vorga-
ben verstoßenden Gremiums. So wird vermieden, dass eine
Entscheidung darüber erfolgen muss, wessen Benennung
ursächlich für den Verstoß gegen die Mindestquote war;
außerdem wird die Abschreckungswirkung erhöht. Bei der
Versagung der Abzugsfähigkeit wird auch nicht zwischen
den unterschiedlichen Positionen der Gremienmitglieder
unterschieden: Auch die Vergütungen beispielsweise des
Vorsitzenden sind vom Abzugsverbot erfasst. Trotzdem sieht
der Gesetzentwurf damit eine relativ milde Sanktion vor,
weil die steuerliche Abzugsfähigkeit, jedenfalls im Falle von
Aufsichtsratsvergütungen, ohnehin schon auf die Hälfte be-
schränkt ist, vgl. § 10 Nummer 4 KStG. Ergänzt wird dieser
Sanktionsmechanismus durch umfangreiche Berichtspflich-
ten, welche aufgrund ihrer Auswirkungen auf die Wahr-
nehmung der Unternehmen in der Öffentlichkeit ebenfalls
mittelbar sanktionierend wirken.
recht über die Besetzung der zu vergebenden Positionen be-
hält. Die Einschränkung auf ein bestimmtes Geschlecht birgt

Die steuerliche Sanktionierung ist auch wirksam und geeig-
net, der Neuregelung zur Durchsetzung zu verhelfen: Einer-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 25 – Drucksache 17/11139

seits richtet sich die Höhe der jeweiligen Sanktion nach den
von jedem Unternehmen individuell festgelegten Vergütun-
gen für die jeweiligen Gremien. Damit wird ein Bezug zur fi-
nanziellen Leistungsfähigkeit des Unternehmens hergestellt
und nicht ein pauschaler Satz festgelegt. Aus diesem Grunde
sind auch alle Vergütungen erfasst, die das Unternehmen
dem jeweiligen Gremium gewährt, eine Beschränkung auf
fixe Vergütungsbestandsteile findet nicht statt.

Durch die gewählte Form der Sanktionierung findet eine
Überprüfung des Vorliegens der Voraussetzungen von Aus-
nahmetatbeständen beziehungsweise Härtefallregelungen
durch das Bundesamt für Justiz als zentrale Stelle statt. Jedes
Unternehmen, welches die gesetzlichen Mindestquoten nicht
erfüllt, muss darlegen, dass die Voraussetzungen des Aus-
nahmetatbestandes oder ein Härtefall vorliegen. Auf Antrag
des der Mindestquote unterfallenden Unternehmens erlässt
das Bundesamt für Justiz einen Bescheid über die quotenge-
mäße Besetzung des Aufsichtsrates, welcher als Grundla-
genbescheid bei der körperschaftsteuerlichen Veranlagung
Berücksichtigung findet. Nur wenn die Einhaltung der Min-
destquoten durch börsennotierte und mitbestimmte Unter-
nehmen anhand des positiven Bescheides nachgewiesen
werden kann, sind die hälftigen Aufwendungen für den Auf-
sichtsrat im Sinne von § 10 Nummer 4 und 5 KStG-E ge-
winnmindernd in Abzug zu bringen.

b) Vertreter der Arbeitnehmer

Das gewählte Sanktionsinstrument eignet sich nicht für die
Sanktionierung von Verstößen gegen die Mindestquoten auf
Seiten der Arbeitnehmervertreter, weil das Unternehmen
keinen Einfluss auf die quotengerechte Besetzung durch die
Arbeitnehmer hat. Zum einen sind die der Hauptversamm-
lung unterbreiteten Wahlvorschläge bindend, im Falle der
Urwahl durch die Arbeitnehmer selbst oder der Wahlen
durch Wahlmänner besteht ebenfalls kein Einfluss. Folglich
darf das Unternehmen auch nicht für diese Verstöße sanktio-
niert werden. Hier ist durch eine entsprechende Ausgestal-
tung der jeweiligen Wahlordnungen zu gewährleisten, dass
bereits aufgrund des Wahlverfahrens die von den Arbeitneh-
mern gewählten, beziehungsweise der Hauptversammlung
zur Wahl vorgeschlagenen Arbeitnehmervertreter dem durch
die Mindestquote vorgegebenen Verhältnis entsprechen.

Dies ist auch ohne erheblichen gesetzgeberischen Aufwand
möglich. Als Vorbild könnten zunächst die Vorschriften der
Ersten Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfas-
sungsgesetzes herangezogen werden. Diese enthält bereits
Vorschriften, die das Geschlechterverhältnis der Arbeitneh-
mervertreter im Betriebsrat betrifft, welche sich aufgrund
der vergleichbaren Struktur (Organisation der Wahlen durch
Wahlvorstände, Durchführung der Wahlen anhand von
Wahlvorschlagslisten) dem Grunde nach auf die bestehen-
den Wahlordnungen zu den Mitbestimmungsgesetzen über-
tragen lassen. Allerdings wäre eine Anpassung dahingehend
erforderlich, dass nicht das zahlenmäßige Verhältnis von
Frauen und Männern unter den Beschäftigten des jeweiligen
Unternehmens für das zu besetzende Gremium relevant ist,
sondern die jeweils geltende Mindestquote im Sinne von
§ 96 Absatz 3 AktG-E. Dies stellt gegenüber der bestehen-
den Regelung der Ersten Verordnung zur Durchführung des

Beschäftigten nicht ermittelt werden muss. Nach den Grund-
sätzen der Verhältniswahl würden zunächst die durch die
Mindestquoten vorgegebenen Sitze von 40 Prozent (bezie-
hungsweise in der Übergangsphase 20 Prozent und in Ar-
beitnehmer-Teilgremien mit weniger als neun Mitgliedern
die jeweils in der Grundstruktur festgelegte konkrete Min-
destanzahl) je Geschlecht besetzt, die zur freien Verfügung
verbleibenden Sitze werden anschließend auf diejenigen ver-
bleibenden Kandidaten verteilt, die die Höchstzahlen der
vergebenen Stimmen auf sich vereinigen. Dadurch besteht
allerdings das (in der Praxis jedoch als äußerst gering zu be-
wertende) Risiko, dass für den Fall, dass nicht genügend
Stimmen auf die Kandidaten des jeweils unterrepräsentierten
Geschlechts entfallen, bereits die Mindestquoten mangels
gewählter Kandidaten nicht erfüllt werden können. Um dies
zu vermeiden, müsste in die jeweiligen zu den Mitbestim-
mungsgesetzen bestehenden oder zu erlassenden Wahlord-
nungen ein dem § 15 Absatz 5 BetrVGDV1WO entspre-
chender Mechanismus eingefügt werden, der die Einhaltung
der Quoten sicherstellt; danach gelten solange Kandidaten
des für die Quotenerfüllung benötigten Geschlechts als ge-
wählt, bis die jeweiligen Mindestvoraussetzungen erfüllt
sind, und zwar auch dann, wenn sie weniger Stimmen auf
sich vereinen als ein Kandidat des jeweils anderen Ge-
schlechts. Eine entsprechende Regelung ließe sich beispiels-
weise in § 43 WOMitbestG und § 19 WODrittelbG anfügen.

Alternativ ließen sich die Wahlordnungen dergestalt anpas-
sen, dass jeder wahlberechtigte Arbeitnehmer drei Stimmen
hat, welche er auf drei Wahlvorschlagslisten verteilt; die ers-
te Liste enthielte nur männliche Kandidaten (erste Stimme),
die zweite nur weibliche (zweite Stimme), die dritte Liste
enthielte Kandidaten beider Geschlechter. Damit wäre die
Vergabe der dritten Stimme nicht an ein Geschlecht gebun-
den. So würden zunächst die Mindestanteile von in der End-
stufe 40 Prozent (beziehungsweise in der Übergangsphase
20 Prozent und in Arbeitnehmer-Teilgremien mit weniger als
neun Mitgliedern die jeweils in der Grundstruktur festgeleg-
te konkrete Mindestanzahl) je Geschlecht anhand der Verga-
be der ersten beiden Stimmen besetzt. Die übrigen, zur freien
Verfügung stehenden Sitze werden von den verbleibenden
Kandidaten besetzt, welche in der dritten Liste die meisten
Stimmen erhalten haben. Durch die Erstellung einer dritten
Liste werden Verzerrungen der Erfolgschancen verhindert,
die sich in einem lediglich aus den ersten beiden Listen be-
stehenden System bei ungleicher Anzahl weiblicher und
männlicher Beschäftigter ergeben. Eine solche Neugestal-
tung der Wahlordnungen brächte einen erhöhten Regelungs-
aufwand mit sich, weil die Regelung vom bestehenden
Wahlsystem abweicht, gewährleistete aber eine Erfüllung
der Mindestquoten.

Wenn wie in § 7 Absatz 2 MitbestG Gewerkschaften einen
Teil der zu wählenden Arbeitnehmervertreter vorschlagen,
wirkt sich dies nicht auf die Pflicht zur Einhaltung der Min-
destquote im Arbeitnehmer-Teilgremium aus; eine Unter-
gliederung des Arbeitnehmer-Teilgremiums in Arbeitneh-
mer- und Gewerkschaftsvertreter führte zu einer zu starken
Zergliederung, die einer wirkungsvollen Umsetzung der
Mindestquoten entgegenstünde. Entscheidend ist deswegen
lediglich, dass alle den Arbeitnehmervertretern zuzuordnen-
den Mitglieder bei einer Gesamtbetrachtung des Arbeitneh-
Betriebsverfassungsgesetzes auch eine Erleichterung in der
Umsetzung dar, weil das zahlenmäßige Verhältnis der

mer-Teilgremiums die Quote erfüllen. Verfügt ein Teilgremi-
um beispielsweise über sechs Aufsichtsratsmitglieder der

Drucksache 17/11139 – 26 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Arbeitnehmer, von denen zwei von den Gewerkschaften vor-
geschlagen wurden, müssen unter Zugrundelegung der
Grundstruktur für die Endstufe unter diesen sechs Vertretern
je mindestens zwei Frauen und zwei Männer sein; ob diese
jeweils Gewerkschaftsvertreter oder Arbeitnehmer des Un-
ternehmens sind, ist bei der Ermittlung der Einhaltung der
Quote unerheblich. Dies steht im Einklang mit der entspre-
chenden Regelung auf Seiten der Anteilseigner, nach der
eine Unterscheidung zwischen entsandten und von der
Hauptversammlung gewählten Aufsichtsratsmitgliedern
nicht erfolgt.

Sofern wegen Verstoßes gegen die Wahlordnungen aus-
nahmsweise doch ein quotenwidriges Wahlergebnis auf-
tauchen sollte, besteht bei unmittelbaren Wahlen durch die
Arbeitnehmer nach den §§ 11 DrittelbG, 22 MitbestG und 8
Absatz 2 MontanMitbestG die Möglichkeit der Berichtigung
beziehungsweise Anfechtung der jeweiligen Wahlen. Die
aus einer erfolgreichen Anfechtung resultierende Nichtigkeit
entfaltet lediglich Ex-nunc-Wirkung und ist deswegen nicht
geeignet, Rechtsunsicherheiten hervorzurufen. Lediglich
für von der Hauptversammlung auf Vorschlag der Arbeit-
nehmer gewählte Arbeitnehmervertreter (vgl. §§ 6, 8
MontanMitbestG) ist die Anfechtung der Wahlen aufgrund
der aus der Möglichkeit einer Ex-tunc-Nichtigkeit resultie-
renden Gefahr von Rechtsunsicherheiten in § 251 Absatz 4
AktG-E (ebenso wie für die Anteilseignervertreter) aus-
drücklich ausgeschlossen. Dieser Fall stellt vor dem Hinter-
grund der Möglichkeit einer weitgehenden Reglementierung
des Wahlverfahrens über den Erlass einer Wahlordnung zum
MontanMitbestG eine hinnehmbare Ausnahme dar. Sie ist
im Zusammenhang mit der insgesamt milden Sanktionie-
rung und der derzeit bestehenden höheren Frauenbeteiligung
bei den Arbeitnehmervertretern zu sehen.

c) Verfahren

Um eine einheitliche und verlässliche Praxis bei der Beurtei-
lung von Härtefällen zu gewähren, ist die Entscheidung über
deren Vorliegen durch eine bundeseinheitliche Behörde vor-
zunehmen. Die Überprüfung der Einhaltung der Mindest-
quoten erfolgt deswegen durch das Bundesamt für Justiz.
Dieses überprüft ohnehin die handelsrechtlich vorgeschrie-
bene Offenlegung im elektronischen Bundesanzeiger und
führt bei unterlassener oder unvollständiger Offenlegung
Ordnungsgeldverfahren sowie bei falschen Angaben Buß-
geldverfahren durch. Die Überprüfung und Verbescheidung
im Zusammenhang mit der Einhaltung der Mindestquoten ist
deswegen mit verhältnismäßig geringem Aufwand möglich.
Der Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers leitet ge-
mäß § 329 Absatz 5 HGB-E alle Angaben, die Unternehmen
aufgrund der gesetzlichen Anordnung in § 289b HGB-E in
ihren Lageberichten machen, an das Bundesamt für Justiz
weiter. Dieses erlässt auf Antrag einen Bescheid darüber, ob
die Mindestquoten (sofern sie für das antragstellende Unter-
nehmen einschlägig sind) bei der Besetzung des Aufsichts-
gremiums eingehalten worden sind. Ein positiver Bescheid
ergeht demnach, wenn die Besetzung den zahlenmäßigen
Mindestvorgaben gemäß § 96 Absatz 3 AktG-E entspricht
oder wenn das Unternehmen das Vorliegen eines Härte- oder
Ausnahmefalls gemäß § 96 Absatz 3 Satz 7, Absatz 4
AktG- E nachgewiesen hat. Sofern ein Unternehmen weder

lange für es keine verbindlichen Mindestquoten festgelegt
sind. Ob ein Unternehmen börsennotiert oder mitbestimmt
ist, geht aus seinem Lagebericht hervor, welcher laut § 289b
Satz 1 Nummer 2 HGB-E eine Angabe hierzu verlangt. Soll-
te das Bundesamt für Justiz Kenntnis davon erlangen, dass
diese Angabe wahrheitswidrig gemacht wurde (was insbe-
sondere im Fall einer Verneinung relevant wird), kommt die
Einleitung eines Bußgeldverfahrens gemäß § 334 Absatz 1
Nummer 3 HGB- E in Betracht, für das im vorliegenden Fall
nach § 334 Absatz 1a HGB-E Fahrlässigkeit ausreichend ist.
Dasselbe gilt für alle anderen im Zusammenhang mit der Be-
richtspflicht des § 289b HGB-E wahrheitswidrig gemachten
Angaben. Damit setzt das jeweilige Unternehmen selbst mit
der Antragstellung auf Erlass des Grundlagenbescheids ge-
mäß § 96 Absatz 6 AktG-E das Überprüfungsverfahren zur
Einhaltung der Mindestquoten in Gang. Dies ist aufgrund
der Vielzahl der Kapitalgesellschaften, die deutschlandweit
verpflichtet sind, einen Lagebericht einzureichen, ohne je-
doch den Mindestquoten zu unterfallen, erforderlich. Eine
Verbescheidung über die Anwendbarkeit der Mindestquoten
von Amts wegen wäre hier nicht praktikabel. Auch ist nicht
zu befürchten, dass Unternehmen durch unterlassene An-
tragstellungen auf Erteilung des Grundlagenbescheids unbe-
merkt gegen die Mindestquoten verstoßen, weil die Unter-
nehmen, sofern sie über einen Aufsichtsrat oder ein
entsprechendes Gremium verfügen, die Bescheinigung zur
Vorlage beim Finanzamt benötigen. Aufgrund der Vermu-
tung für einen Quotenverstoß in § 10 Nummer 5 Satz 1
Halbsatz 2 KStG-E ist bei Nichtvorlage der Bescheinigung
die Abzugsfähigkeit der für das Aufsichtsgremium getätig-
ten Aufwendungen vollständig zu versagen, sofern nicht
schon aus dem Lagebericht des Unternehmens hervorgeht,
dass das Unternehmen der Mindestquote gar nicht unterfällt.

Da das Unternehmen durch die Angaben im Lagebericht
selbst die Voraussetzungen für das Erfordernis eines Grund-
lagenbescheides (und damit im weiteren Sinne für die Ge-
fahr einer steuerlichen Sanktion) schafft, kann eine Miss-
brauchsgefahr nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Weil
aber falsche Angaben sowohl im Lagebericht als auch in der
Steuererklärung bußgeldbewehrt bzw. mit Strafe bedroht
sind (§ 334 Absatz 1 Nummer 3 HGB- E, §§ 370, 387 AO),
ist die Missbrauchsgefahr hier als gering einzustufen. Zudem
hat das Bundesamt für Justiz bei dem Verdacht falscher An-
gaben eine Überprüfungsmöglichkeit, weil ihm sämtliche
Angaben aus den Lageberichten zu § 289b HGB-E vorlie-
gen. Es darf davon ausgegangen werden, dass das Bundes-
amt für Justiz bei Verstößen gegen die Mindestquoten, wel-
che durch falsche Angaben im Lagebericht verdeckt werden
sollen, hiervon in der Regel Kenntnis von dritter Seite
erlangt; die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der
Mindestquoten (Börsennotierung, Mitbestimmung) sind für
Außenstehende, Mitarbeiter und Aktionäre leicht nachvoll-
ziehbar und Verstöße damit kaum zu verbergen. Sofern dem
Bundesamt für Justiz wahrheitswidrige Angaben im Lagebe-
richt bekannt werden, kann es einerseits selbst Bußgelder
verhängen und muss es andererseits dem Finanzamt Mittei-
lung darüber machen (welches dann einen Grundlagenbe-
scheid zu verlangen hat, weil die Angabe im Lagebericht
dann nicht mehr geeignet ist, die Vermutung des § 10 Num-
mer 5 Satz 1 Halbsatz 2 KStG-E zu widerlegen). Letzteres ist
börsennotiert, noch mitbestimmt im Sinne des § 96 Absatz 5
AktG-E ist, hat es keinen Anspruch auf Verbescheidung, so-

durch eine Kontrollmeldung sichergestellt, die das Bundes-
amt für Finanzen immer dann an das jeweilige Finanzamt zu

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 27 – Drucksache 17/11139

machen hat, wenn Angaben zur Einhaltung der Mindestquo-
ten im Sinne von § 289b Satz 1 Nummer 2 und 3 HGB-E
wahrheitswidrig erfolgen. Damit ist gewährleistet, dass nur
solche Verstöße an die Finanzämter weitergegeben werden,
die sich auf die körperschaftsteuerliche Veranlagung auswir-
ken können. Dies ist bei Angaben im Sinne des § 289b Satz 1
Nummer 1 HGB-E zur Besetzung der Geschäftsführungs-
und Aufsichtsgremien nicht automatisch der Fall, weil diese
Angaben auch von bestimmten Personengesellschaften zu
machen sein können (vgl. § 264a HGB). Eine umgekehrte
Meldepflicht seitens der Finanzbehörden an das Bundesamt
für Justiz ist ebenfalls für den Fall vorgesehen, dass – bei-
spielsweise im Rahmen von Betriebsprüfungen – falsche
Angaben bekannt werden. Diese ist als Kann-Vorschrift aus-
gestaltet. Aufgrund der zeitversetzt stattfindenden Betriebs-
prüfungen ist davon auszugehen, dass nicht mehr jeder Ver-
stoß Eingang in die zu erstellenden Statistiken und Listen
wird finden können (und eine Weiterleitung der Informatio-
nen mit dem damit verbundenen Verwaltungsaufwand mög-
licherweise in Einzelfällen entbehrlich sein kann). Dennoch
muss die Möglichkeit der Kenntnisnahme seitens des Bun-
desamtes für Justiz auch im Nachhinein grundsätzlich noch
bestehen, um für Unternehmen keinen Anreiz zu schaffen,
falsche Angaben zu § 289b HGB-E zu machen, in der Ge-
wissheit, dass diese nachträglich nicht mehr in der Namens-
liste auftauchen oder anderweitig sanktioniert werden kön-
nen.

d) Keine alternativen Sanktionsmöglichkeiten

Die milde Sanktionierung soll die Akzeptanz der Mindest-
quote durch die ihr unterliegenden Unternehmen erhöhen
und ist als ein erster Schritt anzusehen. Sie ist stets im Zu-
sammenhang mit der Berichtspflicht über die Besetzung der
Führungsgremien mit Frauen und Männern zu sehen, durch
welche die Unternehmen der Öffentlichkeit Rechenschaft
über die Einhaltung der Quote ablegen und sie für jedermann
überprüfbar machen. Dadurch entstehen neben der milden
und lediglich finanziell wirkenden Sanktion mittelbar wir-
kende Beeinträchtigungen der Unternehmensreputation.

Sofern die Praxis zeigt, dass die Sanktionen nicht die erfor-
derliche Abschreckungswirkung entfalten und eine Durch-
setzung der Mindestquote nicht erfolgt, hat der Gesetzgeber
weitergehende Schritte zu ergreifen. Zunächst ist die steuer-
liche Sanktionierung aber als mildestes Mittel vorzuziehen.
Andere Sanktionsmöglichkeiten greifen deutlich stärker in
die unternehmerische Handlungsfreiheit ein und sind außer-
dem geeignet, erhebliche Rechtsunsicherheiten hervorzuru-
fen.* Dies gilt sowohl für eine Nichtigkeit der Bestellungen
quotenwidrig besetzter Gremien als auch für deren Anfecht-
barkeit, weil jeweils die Gefahr besteht, im Wege langwieri-
ger gerichtlicher Verfahren die Handlungsfähigkeit abschlie-
ßend feststellen lassen zu müssen. Es bestünde nämlich
grundsätzlich die Möglichkeit, durch eine Aufnahme in den
Katalog des § 250 Absatz 1 AktG die quotenwidrige Beset-
zung eines Aufsichtsrates als Nichtigkeitsgrund für dessen
Wahl zu qualifizieren. Denkbar wäre auch eine (nach dem
Gesetzentwurf ausgeschlossene) Anfechtungsmöglichkeit

der Wahlen aufgrund quotenwidriger Besetzung gemäß
§ 251 AktG. Bei deren Erfolg wäre die Folge ebenfalls die
Nichtigkeit der Wahl. Sofern der Aufsichtsrat im Wege der
Einzelwahl gewählt wurde, ist bereits fraglich, wessen Wahl
nichtig war, also welches Aufsichtsratsmitglied nicht wirk-
sam gewählt wurde. Diese Entscheidung obläge letztlich den
Gerichten, was nicht im Interesse der betroffenen Gremien
sein dürfte und gegenüber der Sanktionierung über die Ver-
sagung der steuerlichen Abzugsfähigkeit einen weitaus stär-
keren Eingriff in die Handlungs- und Entscheidungsfreiheit
der Unternehmen darstellt. Im Falle von Listenwahlen wäre
die Wahl des gesamten Aufsichtsrates ungültig, was dessen
Beschlussfähigkeit verhinderte. In der Folge wäre auch ein
von diesem Aufsichtsrat eingesetzter Vorstand nicht wirk-
sam berufen; hierdurch besteht letztlich die Gefahr der völli-
gen Handlungsunfähigkeit des betroffenen Unternehmens.
Diese Wirkung würde durch die Ex-tunc-Wirkung, nach der
die Wahlen und damit die Beschlüsse rückwirkend von An-
fang an nichtig sind, noch verschärft und sie riefe erhebliche
Rechtsunsicherheiten hervor. Dieses Risiko besteht so lange,
wie die gerichtliche Überprüfung von Wahlentscheidungen
im Hinblick auf die quotengerechte Besetzung grundsätzlich
möglich ist. Auch eine Regelung, die eine Wahl nur dann als
wirksam anerkennt, wenn die Mindestquote eingehalten ist
(also auch kein Härtefall vorliegt), räumt dieses Risiko nicht
aus, solange die im Rahmen des Wahlverfahrens von der
Hauptversammlung gefassten Beschlüsse im Wege der An-
fechtung gerichtlich überprüfbar sind.

Im Hinblick auf die gesamtwirtschaftliche und nicht zuletzt
soziale Verantwortung der betroffenen Unternehmen kann
eine derartige Sanktionierung nicht ernsthaft gewollt sein.
Jedenfalls ist sie als erster Schritt keinesfalls hinnehmbar.

Kein geeignetes Sanktionsmittel stellt die Einführung der
Möglichkeit eines Missbilligungsbeschlusses dar, wie er be-
reits in § 120 Absatz 4 AktG besteht. Dieser drückt die Miss-
billigung der Hauptversammlung gegenüber bestimmten
Handlungsweisen des Aufsichtsrates aus; für dessen quoten-
widrige Besetzung ist aber letztlich die Hauptversammlung
selbst verantwortlich, weil diese den Aufsichtsrat wählt. Zu-
dem zeitigt der Missbilligungsbeschluss keinerlei rechtlich
relevante Wirkung, weswegen seine Wirksamkeit zur Sank-
tionierung ohnehin bezweifelt werden muss. Schließlich ist
auch nicht anzunehmen, dass ein solcher Beschluss der
Hauptversammlung zum Nachteil des Aufsichtsrates und da-
mit der öffentlichen Wahrnehmung des Unternehmens in der
Praxis getroffen würde.

Auch die in den §§ 93, 116 AktG bestehenden Haftungs-
mechanismen für Aufsichtsrat und Vorstand sind nicht zu
einer wirksamen Sanktionierung von Quotenverstößen ge-
eignet. Zwar könnte die mangelnde Bekanntmachung eines
quotenwidrig zusammengesetzten Aufsichtsrates durch den
Vorstand (vgl. § 97 AktG) eine Pflichtverletzung des
Vorstandes darstellen; auch kann die Unterbreitung quoten-
widriger Wahlvorschläge seitens des Aufsichtsrates an die
Hauptversammlung (vgl. § 124 Absatz 3 Satz 1 AktG) eine
Pflichtverletzung sein. Allerdings handelt es sich in beiden
Fällen um eine Binnenhaftung gegenüber der Gesellschaft,
die zudem einen Schaden voraussetzt. Dieser könnte allen-
falls in dem Erfordernis einer erneuten Einberufung der

*
Insofern stimmt der Gesetzentwurf mit den Ergebnissen des auf der
Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und Justizminister im
Hauptversammlung zum Zwecke von Neuwahlen liegen.
Bereits dies scheint wenig geeignet zu sein, um Quotenver-

Mai 2011 vorgestellten Berichts der Länderarbeitsgruppe Frauenquo-
te überein.

Drucksache 17/11139 – 28 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

stöße hinreichend zu sanktionieren. Zudem ist äußerst zwei-
felhaft, ob derartige Pflichtverletzungen aufgrund der damit
verbundenen negativen öffentlichen Wahrnehmung bei
einem verhältnismäßig geringen bezifferbaren Schaden in
der Praxis überhaupt geltend gemacht würden.

Gegen die Qualifikation von Vorgängen, die eine quotenwid-
rige Besetzung der Führungsgremien unmittelbar zur Folge
haben (Wahlvorschläge u. a.), als Ordnungswidrigkeit mit
der Folge der Erhebung von Bußgeldern sprechen mehrere
Gesichtspunkte: Zum einen verlangt die Sanktionierung
einer Ordnungswidrigkeit ein schuldhaftes Handeln. Bei
Handlungen des Kollegialorgans Aufsichtsrat müsste des-
wegen jedem einzelnen in Anspruch zu nehmenden Mitglied
dieses Verschulden nachgewiesen werden, was sich bei
mehrheitlicher Beschlussfassung (insbesondere vor dem
Hintergrund der Möglichkeit der geheimen Abstimmung) als
praxisfern erweisen dürfte. Auch die Möglichkeit des § 30
OWiG, Bußgelder gegenüber der Gesellschaft als juristischer
Person (aufgrund einer Zurechnung des Verhaltens ihrer Or-
gane) zu erheben, überzeugt nicht: Hierdurch sollen in erster
Linie finanzielle Vorteile abgeschöpft werden, welche dem
Unternehmen aus dem Handeln seiner Organe erwachsen;
dies ist aber bei Quotenverstößen nicht ersichtlich. Insbe-
sondere spricht aber der mit der Erhebung von Bußgeldern
verbundene erhebliche Verwaltungsaufwand gegen die
Sanktionierung quotenwidriger Besetzungen als Ordnungs-
widrigkeit; insofern ist eine Sanktionierung im Rahmen der
ohnehin durchzuführenden steuerlichen Veranlagung we-
sentlich unkomplizierter durchführbar.

Schließlich ist auch eine Sanktionierung im Wege der Nicht-
berücksichtigung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge un-
geeignet, weil deren Zulässigkeit bezweifelt werden muss.
Für den sogenannten Oberschwellenbereich (also Aufträge,
deren Volumen 200 000 Euro für die meisten Liefer- und
Dienstleistungsaufträge und 5 Mio. Euro für Bauaufträge
übersteigt) gelten zunächst die Zuschlagskriterien des § 97
Absatz 4 Satz 1 GWB. Danach dürfen öffentliche Aufträge
nur an Unternehmen vergeben werden, die unter anderem
gesetzestreu und zuverlässig sind. Eine Unzuverlässigkeit
oder fehlende Gesetzestreue wird sich aber mit einer quoten-
widrigen Besetzung von Führungsgremien nicht begründen
lassen, denn diese Eignungskriterien sind bieter- und auf-
tragsbezogen zu verstehen, so dass „unzuverlässig“ etwa nur
solche Bewerber oder Bieter sind, deren Fehlverhalten einen
Bezug zu dem konkret zu vergebenden Auftrag oder zur Ver-
gabe öffentlicher Aufträge generell aufweist. Dies wird sich
bei einer quotenwidrigen Besetzung von Führungsgremien
kaum begründen lassen. Auch die Möglichkeit des § 97 Ab-
satz 4 Satz 2 GWB, bei entsprechender Kenntlichmachung in
der Leistungsbeschreibung zusätzliche Anforderungen – ins-
besondere soziale, umweltbezogene oder innovative Aspek-
te – aufzustellen, greift nach der ausdrücklichen Einschrän-
kung in § 97 Absatz 4 Satz 2 GWB immer dann nicht ein,
wenn ein sachlicher Zusammenhang zum konkreten Auftrag
fehlt; dieser dürfte aber in aller Regel gerade nicht gegeben
sein. Schließlich werden sich auch die auf den ersten Blick
weitergehenden Möglichkeiten des § 97 Absatz 4 Satz 3
GWB, der weitergehende (vergabefremde) Anforderungen
schon dann zulässt, wenn sie durch Bundes- oder Landesge-
setz vorgesehen sind, nicht nutzen lassen. Diese Regelung

die Regelung – wenn man sie nicht, wie in der Kommentar-
literatur vielfach vertreten, ohnehin für europarechtswidrig
hält – zumindest dahingehend europarechtskonform ausle-
gen müssen, dass nur solche Anforderungen gestellt werden
können, die mit der Ausführung des konkreten Auftrags im
Zusammenhang stehen.

Auch im Unterschwellenbereich – also bei Aufträgen, die die
oben genannten Volumina nicht überschreiten – wäre die Be-
rücksichtigung quotenwidriger Gremienbesetzungen bei der
Auftragsvergabe in aller Regel unzulässig, weil sie nicht im
Einklang mit dem europäischen Primärrecht steht. Sofern
sich die Berücksichtigung nur gegen inländische Unterneh-
men richtete, wäre sie zwar als Inländerdiskriminierung zu-
lässig; eine solche Ausgestaltung kann aber nicht gewollt
sein. Ob für den Fall der Geltung auch für ausländische Un-
ternehmen die Herstellung gleichberechtigter Teilhabe einen
rechtfertigenden objektiven Grund darstellte, ist ebenfalls
zweifelhaft. Ähnlich zu beurteilen sind drohende Verstöße
gegen die Warenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit, für
deren Rechtfertigung sogar zwingende Gemeinwohlerfor-
dernisse vorliegen müssten. Schließlich drohte durch eine
entsprechende Berücksichtigung auch eine Verletzung des
Beihilfegebotes (Artikel 107 Absatz 1 AEUV). Bei dem
hierfür anzustellenden Vergleich des Handelns der öffentli-
chen Hand (unterlassene Auftragsvergabe wegen Missach-
tung der Mindestquote) mit dem eines marktwirtschaftlich
handelnden Wirtschaftsteilnehmers dürfen wiederum verga-
befremde Ziele wie die Erhöhung des Frauenanteils in Füh-
rungsgremien keine Berücksichtigung finden. Außerdem
wirkt ein drohender Ausschluss von der Vergabe öffentlicher
Aufträge nur auf solche Unternehmen abschreckend, für die
öffentliche Aufträge in Frage kommen. Denjenigen, der aus-
schließlich oder ganz überwiegend mit Privaten kontrahiert,
berührt die genannte Sanktion nicht, was ebenfalls gegen
ihre Einführung spricht.

Die Einräumung von Klagerechten sowohl zugunsten unter-
legener Bewerberinnen als auch bestimmter Verbände ist pro-
blematisch, sofern sie auf eine Neubesetzung der Gremien
gerichtet ist: Hier müsste gerichtlich entschieden werden,
welches der vorhandenen Mitglieder die quotenwidrige Be-
setzung ausgelöst hat.

Auf Seiten der Arbeitnehmervertreter stellt jegliche Form
der Einbehaltung von Sitzungsgeldern ebenfalls keine geeig-
nete Sanktion dar: Die an die Arbeitnehmervertreter gezahl-
ten Sitzungsgelder sind eine Art Aufwandsentschädigung,
welche in der Regel an die Hans-Böckler-Stiftung abgeführt
wird. Dadurch würde entweder der quotenwidrig gewählte
Arbeitnehmervertreter oder die Hans-Böckler-Stiftung für
einen Umstand (nämlich ein im Ergebnis quotenwidrig be-
setztes Gremium aufgrund eines nicht korrekt durchgeführten
Wahlverfahrens) sanktioniert, auf dessen Entstehung weder
das einzelne Aufsichtsratsmitglied noch die Hans-Böckler-
Stiftung im Einzelfall Einfluss hat.

5. Berichtspflicht

Ergänzend sieht der Gesetzentwurf eine umfangreiche Be-
richtspflicht vor, welche ein Gegengewicht zur verhältnis-
mäßig milden Sanktionierung bildet. Die Veröffentlichung
der Führungsstrukturen und der Namen solcher Unterneh-
muss sich an der Vergabekoordinierungsrichtlinie messen
lassen, deren Umsetzung sie dient; infolgedessen wird man

men, die gegen die Mindestquoten verstoßen, ohne sich auf
einen Härtefall oder Ausnahmetatbestand berufen zu kön-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 29 – Drucksache 17/11139

nen, soll den Druck auf die Unternehmen erhöhen, einerseits
die Quoten einzuhalten und andererseits auch in nicht ge-
setzlich geregelten Bereichen die geschlechtliche Diversität
voranzutreiben.

Nach der in § 289b HGB-E geregelten Berichtspflicht müs-
sen alle Unternehmen, die gemäß § 264 Absatz 1 HGB einen
Lagebericht zu erstellen haben, darin Angaben darüber ma-
chen, wie ihre Führungsgremien im Hinblick auf das Ge-
schlecht besetzt sind. Diese Berichtspflicht bezieht sich nicht
nur auf der Mindestquote unterworfene Aufsichtsgremien,
sondern auch auf die Geschäftsführungsebene. Nur so lässt
sich wirksam überprüfen, ob sich die gesetzlich vorgeschrie-
benen quotalen Mindestvorgaben auch im operativen Be-
reich auswirken und damit die gewünschten positiven Effek-
te auf allen Ebenen des Unternehmens eintreten können.

Grundsätzlich sind zur Erstellung eines Lageberichts mittle-
re und große Kapitalgesellschaften gemäß § 267 Absatz 1
Nummer 2 und 3 HGB verpflichtet. Daneben können der Be-
richtspflicht auch große und mittelgroße Personengesell-
schaften unterfallen (offene Handelsgesellschaften und
Kommanditgesellschaften im Sinne von § 264a Absatz 1
HGB). Dies ist sinnvoll, weil hierdurch zum einen eine
Beschränkung auf solche Unternehmen stattfindet, die eine
bereits festgeschriebene gesetzliche Größe aufweisen. Zum
anderen findet eine Erhebung der Daten von Personengesell-
schaften statt, die nach der Wertung des Gesetzes bereits in
den zu erbringenden Angaben Kapitalgesellschaften gleich-
gestellt sind; hiergegen spricht nicht, dass sie den gesetzli-
chen Mindestquoten grundsätzlich nicht unterliegen, weil
ein berechtigtes Interesse an der Erhebung dieser Daten be-
steht, um die Auswirkungen der Mindestquoten auch auf an-
dere, der Quote nicht unterliegende Gesellschaften bewerten
zu können. Darüberhinaus müssen die Unternehmen ange-
ben, ob sie den Mindestquoten unterfallen (also börsenno-
tiert oder mitbestimmt sind) und, wenn dies der Fall ist, ob
diese Mindestquoten eingehalten worden sind. Im Rahmen
der Offenlegung des Jahresabschlusses werden diese Anga-
ben im Lagebericht gemäß § 325 Absatz 1 Satz 3 HGB an
den Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers übermit-
telt. Dabei ist die Verortung der Angaben im Lagebericht ge-
genüber einer grundsätzlich auch möglichen Angabe im An-
hang zum Jahresabschluss vorzugswürdig, weil letzterer der
Erläuterung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des
Unternehmens dient. Zwar kann aufgrund möglicher steuer-
licher Sanktionierung die Nichteinhaltung Einfluss auf die
Vermögenslage des Unternehmens haben; dennoch erscheint
eine Verortung im Lagebericht vorzugswürdig: Durch die
Schaffung einer eigenen Vorschrift, welche sich an den Er-
klärungen zur Einhaltung des DCGK anordnenden § 289a
HGB anschließt, wird deutlich, dass es sich bei der Berichts-
pflicht ebenfalls um eine Angabe zur Unternehmensführung
im weiteren Sinne handelt.

Von der Pflicht zur Erstellung und Offenlegung eines Lage-
berichts sind kleine Kapitalgesellschaften im Sinne des
§ 267 Absatz 1 HGB ausgenommen. Dies ist gesetzgebe-
risch gewollt, um den Anteil der der Berichtspflicht unterlie-
genden Unternehmen nur auf mittlere und große Gesell-
schaften im Sinne von § 267 Absatz 1 und 2 HGB zu
erstrecken. Der Ausnahme kleiner Kapitalgesellschaften

Aufsichtsgremien an Anzahl und Größe zunehmen und da-
mit die Eignung für die Beteiligung beider Geschlechter
steigt. Für kleinere Gesellschaften wird dadurch Verwal-
tungsaufwand vermieden und der Umfang der zu erstellen-
den Statistik reduziert. Lediglich für den aufgrund der Grö-
ßenbeschränkungen des § 267 Absatz 1 HGB eher seltenen
Fall, dass kleine Kapitalgesellschaften aufgrund ihrer Bör-
sennotierung und bzw. oder Mitbestimmung die Mindest-
quoten einzuhalten haben, sind auch diese zur Abgabe einer
Erklärung über die Besetzung ihrer Führungsgremien ver-
pflichtet. Abweichend von der grundsätzlichen Befreiung
von der Pflicht zur Erstellung eines Lageberichts in § 264
Absatz 1 Satz 4 HGB wird ihnen auferlegt, einen auf die Er-
klärung zur Einhaltung der Quote beschränkten Lagebericht
zu erstellen. Damit ist sichergestellt, dass nicht pauschal alle
Kapitalgesellschaften der Berichtspflicht unterfallen und da-
mit auch solche, für die aufgrund des Umfangs der Füh-
rungsgremien die Umsetzung der Mindestquote – unabhän-
gig von der Pflicht hierzu – gar nicht durchsetzbar ist. Soweit
für kleine Kapitalgesellschaften die Pflicht zur Erstellung ei-
nes Lageberichts besteht, sind sie durch die Neufassung des
§ 326 HGB auch zu dessen Offenlegung verpflichtet, da an-
derenfalls eine wirksame Überprüfung der Einhaltung nicht
möglich wäre.

Durch das neue Teilhabestatistikgesetz wird sichergestellt,
dass die Daten vom Statischen Bundesamt in einer Bundes-
statistik zusammengefasst und jährlich veröffentlicht wer-
den. Nur so ist gewährleistet, dass die Daten über die Beset-
zung der Führungsgremien und damit die Einhaltung der
Quoten in jedem Einzelfall einer breiten Öffentlichkeit ohne
große Schwierigkeiten (wie beispielsweise Recherchen auf
den Internetseiten jedes einzelnen Unternehmens oder im
elektronischen Bundesanzeiger) zugänglich sind. Die Veröf-
fentlichung einer Liste mit den Namen derjenigen Unterneh-
men, die ohne einen Härtefall oder Ausnahmetatbestand
nachweisen zu können, gegen die Mindestquoten verstoßen,
soll ergänzend zu den gesetzlichen Sanktionen öffentlichen
Druck auf die Unternehmen aufzubauen helfen. Die Veröf-
fentlichung erfolgt durch das Bundesamt für Justiz und soll
so die Durchsetzung der Mindestquote vorantreiben.

Um den Zweck der Namensliste zu erfüllen ist es unvermeid-
bar, dass Unternehmen, die sich auf einen Härtefall berufen,
welcher nicht vom Bundesamt für Justiz anerkannt wurde,
ebenfalls in die Liste aufgenommen werden. Nur so entsteht
eine Abschreckungswirkung gegen die missbräuchliche Er-
klärung eines Ausnahme- oder Härtefalls im Falle der Nicht-
einhaltung der Mindestquoten, durch die sich die Veröffent-
lichung des Namens beliebig bis zu einer rechtskräftigen
gerichtlichen Entscheidung verzögern ließe. Unternehmen,
die sich auf die Rechtmäßigkeit ihres Quotenverstoßes beru-
fen, sind aber in der Liste entsprechend kenntlich zu machen.
Die negative öffentliche Wahrnehmung dürfte damit deutlich
abgeschwächt werden, ohne dass jedoch der Anschein er-
weckt wird, das Unternehmen erfülle die Mindestquoten.
Zum einen besteht für das Unternehmen durch eine solche
Kennzeichnung die Möglichkeit, öffentlichkeitswirksam die
eigene Rechtsansicht darzustellen und so eine Diskussion
hierüber zu ermöglichen. Zum anderen erfolgt die Qualifi-
zierung nur vorübergehend, bis eine gerichtliche Entschei-
dung über den Ausnahme- oder Härtefall ergangen ist. Weil
liegt die Annahme zugrunde, dass mit zunehmender in § 267
Absatz 1 HGB definierter Größe auch die Führungs- und

ein Widerspruchsverfahren vor dem Bundesamt für Justiz
nicht stattfindet, kann ein Unternehmen, dem ein negativer

Drucksache 17/11139 – 30 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Grundlagenbescheid erteilt wird, sofort den Rechtsweg be-
schreiten.

Weil die Angaben zur Einhaltung der Mindestquoten im La-
gebericht erfolgen, entsteht den Unternehmen für die Erstel-
lung der Statistik kein zusätzlicher Verwaltungs- oder Erklä-
rungsaufwand. Sämtliche Angaben im Sinne des § 289b
HGB-E werden dem Bundesamt für Justiz vom Betreiber des
elektronischen Bundesanzeigers übermittelt (§ 329 Absatz 5
HGB-E), wo sie zum Zwecke der Erstellung der Grundla-
genbescheide verarbeitet werden. Die für die Erstellung der
Statistik nach dem Gesetzentwurf erforderlichen Daten wer-
den anschließend dem Statistischen Bundesamt mitgeteilt.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Aktiengesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 96 Absatz 3 – neu – bis 7 – neu)

§ 96 Absatz 3 bis 7 AktG-E regelt als zentrale Norm die
Höhe der Mindestquote für Aufsichtsräte. Neben der Festle-
gung der einheitlich geltenden Grundstruktur (vgl. die Aus-
führungen in Teil A Abschnitt V Nummer 2 Buchstabe a),
welche das Besetzungsverhältnis für jede Gremiengröße
vorgibt, ordnet sie Ausnahmevorschriften und Festlegungen
hinsichtlich des Anwendungsbereiches an. Darüber hinaus
werden verfahrensrechtliche Anordnungen getroffen. Die
neu anzufügenden Absätze ergänzen die bereits bestehenden
Absätze 1 und 2 und lassen diese unberührt.

Absatz 3 Satz 1 bestimmt grundsätzlich, dass Frauen und
Männer bei der Besetzung von Aufsichtsräten gerecht zu be-
rücksichtigen sind. Gerecht meint dabei eine weitgehend
gleichberechtigte Teilhabe an den zu besetzenden Aufsichts-
ratssitzen. Eine exakte paritätische Aufteilung der Sitze zwi-
schen Frauen und Männern verlangt die Vorschrift dabei
nicht, weil diese vielfach nicht möglich ist. Sie wäre zudem
überall dort nicht mehr verfassungsgemäß weil unverhältnis-
mäßig, wo eine Beteiligung beider Geschlechter vorge-
schrieben werden kann, die dem Unternehmen noch einen
Ermessensspielraum bei der Besetzung einzelner Sitze be-
lässt.

Satz 2 trifft eine grundsätzliche Aussage für der Mitbestim-
mung unterliegende Aufsichtsräte: Dort ist die maßgebliche
Berechnungsgrundlage für die Mindestquoten nicht der ge-
samte Aufsichtsrat, sondern jeweils die Gruppe der Arbeit-
nehmervertreter und die der Anteilseignervertreter. Diese
werden in Satz 2 als Teilgremium legaldefiniert. Die Teilgre-
mien sind getrennt zu betrachten. Dementsprechend muss
sowohl auf Seiten der von den Anteilseignern frei gewählten
als auch auf Seiten der von der Hauptversammlung auf Vor-
schlag der Arbeitnehmer gewählten Aufsichtsratsmitglieder
die gesetzliche Mindestquote gesondert eingehalten werden.
Eine Anrechnung der Mandate beim jeweils anderen Teil-
gremium ist unzulässig. Hierdurch soll verhindert werden,
dass eine Übererfüllung auf einer Seite die andere Seite von
der Pflicht zur Einhaltung der Mindestquoten befreit und da-
durch das bestehende Ungleichgewicht des Frauenanteils
zwischen Anteilseigner- und Arbeitnehmervertretern verfes-
tigt wird.

Die Sätze 3 und 4 bestimmen konkret und abschließend,

stimmten Unternehmen jedes Teilgremium die Vorausset-
zungen ungeachtet des jeweils anderen Teilgremiums zu
erfüllen hat. Satz 4 regelt zunächst die quotalen Vorgaben für
die Übergangsphase, nach deren Ablauf die in Artikel 2 fest-
gelegten Vorgaben für die Endstufe greifen.

Satz 4 nimmt dabei eine konkrete Einteilung nach Köpfen
für eine Gremiengröße bis zu einschließlich acht Mitgliedern
vor und sieht bei Gremien mit neun oder mehr Mitgliedern
eine prozentuale Mindestquote je Geschlecht von in der
Übergangsphase 20 Prozent (und in der Endstufe 40 Prozent,
vgl. Artikel 2) vor. Diese Grundstruktur für kleine Gremien
mit weniger als neun Mitgliedern stellt eine Art Grundregel
für die Gremienbesetzung dar und wird aus Vereinfachungs-
gründen für alle der Mindestquote unterfallenden Gremien
und Teilgremien einheitlich festgelegt. Dies trägt der Tat-
sache Rechnung, dass bei kleinen Gremien die Umsetzung
der angestrebten prozentualen Quotenvorgaben rechnerisch
in vielen Fällen nicht möglich ist.

Die übergangsweise Geltung einer verminderten Quote von
20 Prozent stellt sicher, dass die von der Einführung gesetz-
licher Mindestquoten betroffenen Unternehmen ausreichend
Zeit haben, sich auf den erhöhten Bedarf an weiblichen Füh-
rungskräften einzustellen. Hierfür ist eine Übergangsphase
von sechs Jahren ab Inkrafttreten des Gesetzes vorgesehen,
nach deren Ablauf erst die zweite Regelungsstufe in Höhe
von 40 Prozent ab einer Gremiengröße von mindestens neun
Personen gilt.

Während der Übergangsphase zwischen Inkrafttreten des
Gesetzes und Geltungsbeginn der zweiten Stufe müssen
Gremien ab einer Mitgliederzahl von drei Personen eine
Mindestbeteiligung beider Geschlechter gewährleisten.
Nach der für die Übergangsphase geltenden Grundstruktur
(vgl. die Ausführungen in Teil A Abschnitt V Nummer 2
Buchstabe d) bewegt sich die Mindestbeteiligungsquote
während dieser Zeit im Bereich zwischen 16,7 Prozent im
Sechs-Personen-Gremium (bei einer Mindestbeteiligung
von einem Mitglied je Geschlecht) und 28,6 Prozent im Sie-
ben-Personen-Gremium (dort mindestens zwei Mitglieder je
Geschlecht). Damit wird die sogenannte kritische Masse, die
eine Beteiligung von mindestens einem Drittel als Vorausset-
zung für einen maßgeblichen Einfluss innerhalb des Gre-
miums erfordert, während der Übergangsphase noch nicht
erreicht. Weil aber die Übergangszeit in erster Linie der Vor-
bereitung der Unternehmen auf die möglichst gleichberech-
tigte Teilhabe beider Geschlechter dienen und zudem die
grundsätzliche Akzeptanz beider Geschlechter in den Gre-
mien fördern soll, die bislang rein männlich besetzt waren,
ist die möglicherweise verringerte Durchsetzungskraft der
Mitglieder des sich in der Minderheit befindenden Ge-
schlechts hinnehmbar.

Auch entsandte Mitglieder gemäß § 101 Absatz 2 AktG sind
in die Berechnungsgrundlage für die Einhaltung der Quote
mit einzubeziehen. Dies ergibt sich bereits aus der gewählten
Formulierung, die nicht zwischen entsandten und nichtent-
sandten Mitgliedern unterscheidet. Diese Regelung ist auch
verfassungsgemäß: Nähme man die Entsandten vom An-
wendungsbereich der Mindestquote aus, verbliebe auf Seiten
der Anteilseigner (insbesondere in paritätisch mitbestimm-
ten Aufsichtsräten) ein zu geringer Anwendungsbereich, um
wann eine gerechte Besetzung im Sinne des Satzes 1 vor-
liegt. Dabei macht der Wortlaut deutlich, dass in mitbe-

zu einer spürbaren Erhöhung des Frauenanteils zu gelangen.
Eine Aufteilung der je Geschlecht zu vergebenden Sitze zwi-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 31 – Drucksache 17/11139

schen entsandten und nichtentsandten Mitgliedern nach Ge-
schlechtern haben die Anteilseigner (gegebenenfalls per Sat-
zung) untereinander zu regeln, gesetzlich vorgeschrieben ist
lediglich das Ergebnis. Dadurch findet auch keine unzumut-
bare Einschränkung der Rechte der entsendenden Aktionäre
oder der Hauptversammlung statt; zwar beeinflusst immer
die zeitlich zuerst stattfindende Handlung (Festlegung der
entsandten oder frei gewählten Mitglieder) die jeweils ande-
re, weil die Quote nur bei einer Gesamtbetrachtung einzuhal-
ten ist. Allerdings darf gemäß § 101 Absatz 2 Satz 4 AktG
höchstens ein Drittel der von den Anteilseignern zu beset-
zenden Aufsichtsratsmitglieder von bestimmten Aktionären
entsandt werden, so dass den übrigen Anteilseignern auf-
grund des jeweils verbleibenden Entscheidungsspielraums
von mindestens einem Mitglied je Teilgremium immer noch
ein Rest an Wahlfreiheit verbleibt. Sofern aufgrund vorange-
gangener Wahlen der Hauptversammlung das Entschei-
dungsrecht der entsendenden Aktionäre eingeschränkt wird,
ist dies ebenfalls keine unzumutbare Einschränkung, obwohl
sich hier der Fall ergeben kann, dass die Vertreter der übrigen
Aktionäre ausschließlich demselben Geschlecht angehören
und deswegen die entsandten Mitglieder zur Einhaltung der
Quote dem anderen Geschlecht angehören müssen. Grund-
sätzlich liegt dem Gesetzentwurf nämlich die Annahme zu-
grunde, dass allein die Zugehörigkeit zu einem bestimmten
Geschlecht per se keine schlechtere Eignung zur Besetzung
eines Aufsichtsratspostens begründen kann. Auch kann vor
dem Hintergrund der Aufgaben des Aufsichtsrats, die häufig
als Nebentätigkeit ausgeübt werden, nicht grundsätzlich an-
genommen werden, dass sich hierfür keine hinreichend ge-
eignete Person des jeweils benötigten Geschlechts finden
lasse. Dies gilt auch für Fälle, in denen die öffentliche Hand
zur Entsendung berechtigt ist, der als Grundrechtsverpflich-
teter ohnehin in besonderem Maße die Förderung gleichbe-
rechtigter Teilhabe obliegt; die besondere Verpflichtung, auf
eine gleichberechtigte Teilhabe hinzuwirken, wird aus § 1
BGremBG deutlich und ist in entsprechenden landesgesetz-
lichen Regelung ebenso zu regeln. Sofern Einzelfälle aus-
nahmsweise eine abweichende Beurteilung verlangen (dies
ist möglicherweise denkbar, wenn entsandte Mitglieder per
Satzung einer bestimmten Familie angehören müssen), ist
dies über die Härtefallregelung, nicht aber über eine generel-
le Ausnahme von der Mindestquotenpflicht zu lösen. Aus
diesen Gründen ist die Einbeziehung entsandter Mitglieder
zumutbar.

Klarstellend sei erwähnt, dass auch aufgrund des Ausschei-
dens einzelner Mitglieder erforderliche Nachbestellungen
grundsätzlich unter Berücksichtigung der Mindestquoten zu
erfolgen haben. Dasselbe gilt für Ersatzmitglieder im Sinne
des § 101 Absatz 3 Satz 3 AktG. Sofern sich daraus Kompli-
kationen ergeben, weil Ersatzmitglieder unter Umständen
nicht mehr für ein Mitglied des anderen Geschlechts bestellt
werden können, sind diese im Hinblick auf die sonst mögli-
che Umgehungsgefahr hinzunehmen. Anderenfalls ließen
sich die Mindestquoten problemlos durch die Bestellung von
Ersatzmitgliedern des bevorzugten überrepräsentierten Ge-
schlechts umgehen. Auch hier sind etwaige Härtefälle über
die hierfür vorgesehene Regelung des § 96 Absatz 4 AktG- E
zu lösen.

Satz 5 stellt für sogenannte neutrale Mitglieder, die gemäß

sind, klar, dass diese von der Mindestquotenregelung ausge-
nommen sind. Sie gehören weder dem Anteilseigner- noch
dem Arbeitnehmer-Teilgremium an, deswegen findet eine
Anrechnung bei den Teilgremien auch nicht statt. Dies ergibt
sich bereits aus der konsequenten Anwendung der Grund-
struktur: Auch das neutrale Mitglied ist für sich betrachtet
ein aus einem Mitglied bestehendes Teilgremium, für wel-
ches keine Geschlechtsvorgabe besteht. Damit enthält das
Gesetz keine Festlegung über das Geschlecht des neutralen
Mitglieds.

Satz 6 stellt klar, dass für die Einhaltung der Mindestquoten
in mitbestimmten Aufsichtsräten nur die jeweiligen Teilgre-
mien entscheidend sind. Halten diese die nach der Grund-
struktur vorgegebene Mindestbeteiligung ein, ist eine Ab-
weichung von den Mindestquoten bei Betrachtung des
gesamten Aufsichtsrates unschädlich und teilweise auch
rechnerisch unvermeidbar. Durch die getrennte Betrachtung
beider Teilgremien wählt der Gesetzentwurf eine mildere
Möglichkeit, weil die Grundstruktur bei kleinen Gremien die
40-Prozent-Quote teilweise unterschreitet, was bei Zugrun-
delegung der Gesamtanzahl ab einer Anzahl von neun Mit-
gliedern unzulässig wäre.

Satz 7 regelt einen Ausnahmetatbestand für die Arbeitneh-
mervertreter in Unternehmen, in denen die Arbeitnehmer zu
einem ganz überwiegenden Teil, nämlich zu einem Anteil
von mindestens 90 Prozent, demselben Geschlecht angehö-
ren. Für die Ermittlung der maßgeblichen Beschäftigtenzah-
len ist der Begriff der „in der Regel“ in einem Unternehmen
Beschäftigten zugrunde zu legen, wie er in § 1 Absatz 1
Nummer 2 MitbestG, § 1 Absatz 2 MontanMitbestG, § 1
Absatz 1 Nummer 1 DrittelbG verwendet wird. Hierdurch
wird dem Umstand Rechnung getragen, dass durch eine un-
veränderte Durchsetzung der Mindestquote im Teilgremium
der Arbeitnehmervertreter die Chancen, einen Aufsichtsrats-
sitz zu erlangen, für die wenigen Beschäftigten des stark
unterrepräsentierten Geschlechts überdurchschnittlich gut
wären. Gleichzeitig ist die Auswahl der zur Verfügung ste-
henden und für die Tätigkeit im Aufsichtsrat qualifizierten
Personen des unterrepräsentierten Geschlechts vergleichs-
weise gering, so dass die Gefahr erhöht ist, dass nicht geeig-
nete Personen in den Aufsichtsrat berufen werden müssten,
um die Mindestvorgaben zu erfüllen. Dieses Problem stellt
sich nicht in vergleichbarer Weise auf Seiten der Anteilseig-
ner-Vertreter im Aufsichtsrat, weil diese regelmäßig nicht im
gleichen Maße aus der Mitarbeiterschaft eines Unterneh-
mens rekrutiert werden.

Absatz 4 Satz 1 beinhaltet eine Härtefallklausel für Fälle, in
denen es einem Unternehmen aus einem wichtigen Grund
nicht möglich gewesen ist, den Aufsichtsrat entsprechend
den in Absatz 3 Satz 3, 4 und 6 geregelten Vorschriften zur
Mindestquote zu besetzen. Eine solche Härtefallklausel ist
verfassungsrechtlich geboten, um die Verhältnismäßigkeit
des Gesetzentwurfs zu gewährleisten, weil nie auszuschlie-
ßen ist, dass einem Unternehmen aus bestimmten Gründen,
die verfassungsrechtlich relevant sind, die Einhaltung der
Mindestquote unmöglich ist. Dabei sind Abweichungen von
den quotalen Vorgaben nur zulässig, soweit es der wichtige
Grund rechtfertigt.

Beispielhaft nennt Satz 2 als wichtigen Grund den Fall, dass

§ 4 Absatz 1 Satz 2 Buchstabe c MontanMitbestG oder § 5
Absatz 1 Satz 2 Buchstabe c MontanMitbestErgG bestellt

die quotengerechte Besetzung des Aufsichtsrates einem Un-
ternehmen nicht möglich ist, weil ausnahmsweise keine ge-

Drucksache 17/11139 – 32 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

eignete Person des für die Quotenerfüllung erforderlichen
Geschlechts für den zu besetzenden Posten gefunden werden
konnte. Als Ausnahmevorschrift ist diese Klausel sehr eng
auszulegen. Sie dient ausschließlich der Vermeidung unzu-
mutbarer Härten, die daraus resultieren, dass ein Unterneh-
men, obwohl es rechtzeitig und ernsthaft alle erforderlichen
Anstrengungen unternommen hat, um eine geeignete Person
für den zu besetzenden Posten zu rekrutieren, keinen geeig-
neten Bewerber findet. Hierbei dürfen an die Geeignetheit
keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Der
Kandidat oder die Kandidatin muss insbesondere nicht die-
selben Voraussetzungen erfüllen, wie dies bei bereits vor-
handenen Aufsichtsratsmitgliedern der Fall ist. Hierdurch
wäre nämlich unschwer eine Umgehung der Mindestquote
durch die Formulierung besonders hoher Anforderungen
möglich. Ein Indiz hierfür stellt die Formulierung eines An-
forderungsprofiles dar, dass auch von den bereits vorhande-
nen Gremienmitgliedern nicht erfüllt wird. Insbesondere
müssen die vom Unternehmen formulierten Voraussetzun-
gen die Etablierung des unterrepräsentierten Geschlechts
erlauben; es dürfen also nicht durch die Formulierung von
Eigenschaften oder Erfahrungen, die in aller Regel nur beim
überrepräsentierten Geschlecht vorhanden sind, die beste-
henden Zugangshindernisse für das jeweils andere Ge-
schlecht manifestiert werden. Verglichen mit beispielsweise
der Geschäftsführungstätigkeit des Vorstands erfordern die
Aufgaben des Aufsichtsrats regelmäßig weniger fachspezifi-
sche Kenntnisse; stattdessen zeigt die Besetzung von Auf-
sichtsräten in der Praxis, dass häufig allgemeinere juristische
oder betriebswirtschaftliche Qualifikationen ausreichen, die
keine Erfahrungen in der bestimmten Branche oder im Un-
ternehmen voraussetzen. Die Wahrscheinlichkeit, dass keine
geeigneten Kandidaten oder Kandidatinnen für eine quoten-
gerechte Besetzung von Aufsichtsgremien zur Verfügung
stehen, ist damit als äußerst gering einzustufen.

Das Unternehmen muss alle zumutbaren Maßnahmen ergrif-
fen haben, um eine geeignete Person zu finden. Der Nach-
weis hierfür obliegt dem Unternehmen, welches die Anwen-
dung der Härtefallklausel für sich in Anspruch nimmt. Das
Vorliegen der engen Voraussetzungen ist für jeden Fall ge-
sondert zu bestimmen und nachzuweisen und lässt sich auf-
grund der unterschiedlichen Anforderungen, die sich aus den
konkreten Bedürfnissen des jeweiligen Unternehmens erge-
ben können, nicht einheitlich per Gesetz festlegen. Um sich
auf die Nichtverfügbarkeit von geeigneten Aufsichtsratskan-
didaten berufen zu können, ist jedenfalls die Bekanntma-
chung eines Gesuchs in einem hierzu geeigneten Medium
(beispielsweise Fachpresse und bzw. oder Datenbanken) und
gegebenenfalls die Vergabe an eine auf die Vermittlung von
Führungspersonal spezialisierte Vermittlungsagentur als
Grundvoraussetzung anzusehen. Das Unternehmen darf sich
gerade nicht auf seit jeher verwendete Kommunikations-
wege beschränken, sondern muss sich aktiv bemühen, ge-
eignetes Personal bei Bedarf auch auf neuen Wegen zu
erschließen. Zudem hat das jeweilige Unternehmen bei Gel-
tendmachung eines Härtefalles den Nachweis zu führen,
dass es geeignete und angemessene Maßnahmen zur unter-
nehmensinternen Förderung und Rekrutierung von Füh-
rungspersonal beider Geschlechter rechtzeitig ergriffen und
kontinuierlich fortgeführt hat; insofern ist der Begriff der er-

bildet die finanzielle Überforderung die Grenze für die vom
Unternehmen durchzuführenden Anstrengungen: Weil die
Härtefallklausel dem schutzwürdigen Interesse des Unter-
nehmens an einer fachgerechten und kompetenten Beset-
zung seiner Gremien dient, muss der für die Ermittlung, För-
derung und Rekrutierung der Führungskräfte verlangte
Aufwand zu den übrigen Aufwendungen des Unternehmens
verhältnismäßig bleiben. Eine Konkretisierung der Anforde-
rungen im Einzelfall obliegt hierbei der Rechtsprechung. Die
Härtefallregelung beschränkt die Anwendbarkeit der Quo-
tenregelung nur soweit, wie eine unzumutbare Härte vor-
liegt; damit bezieht sich der Ausnahmetatbestand nur auf den
oder die zu besetzenden Sitze, für die sich keine im Sinne der
Vorschrift geeignete Person hat finden lassen; im übrigen ist
die Mindestquote zu beachten.

Absatz 5 legt den Anwendungsbereich für die festgelegten
Mindestquoten auf börsennotierte und gemäß § 96 Absatz 1
AktG der Mitbestimmung unterliegende Unternehmen fest.
Damit unterfallen der Quotenregelung auch Unternehmen,
die sowohl börsennotiert als auch mitbestimmt sind.

Absatz 6 regelt das Verfahren, nachdem die Überprüfung der
Einhaltung der Mindestquoten erfolgt. Nach Satz 1 erlässt
das Bundesamt für Justiz auf Antrag der den Mindestquoten
unterfallenden Unternehmen einen Bescheid über die Ein-
haltung der Quoten. Dieser ist Grundlagenbescheid im Sinne
des § 171 Absatz 10 AO. Das Bundesamt für Justiz ist ge-
mäß § 334 Absatz 4 und § 335 Absatz 5 HGB bereits zustän-
dige Behörde im Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen
Verletzung einer Vorschrift über den Inhalt des Lageberichts
(vgl. § 334 Absatz 1 Nummer 3 HGB) und bei Verstößen ge-
gen die Offenlegungspflichten. Gemäß § 329 Absatz 1, 4
HGB prüft der Betreiber des elektronischen Bundesanzei-
gers von Amts wegen, ob die einzureichenden Unterlagen
fristgemäß und vollständig beim Bundesanzeiger eingereicht
worden sind und meldet Verstöße dem Bundesamt für Justiz.
Die Erweiterung der Aufgaben um die Erteilung der Grund-
lagenbescheide ist aufgrund der vorhandenen Sachnähe
sinnvoll. Weil sowohl das Bundesamt für Justiz als auch der
elektronische Bundesanzeiger dem Bundesministerium der
Justiz unterstehen, ist eine interne (in § 329 Absatz 5 HGB- E
angeordnete) Weitergabe der für die Veranlagung erforderli-
chen Daten unproblematisch möglich. Bei den Daten aus den
Lageberichten handelt es sich ohnehin um offenlegungs-
pflichtige und damit für jedermann zugängliche Angaben.
Sofern bei Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten ge-
mäß § 340n Absatz 4 und § 341n Absatz 4 HGB abweichend
die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zustän-
dig ist, bleibt es für die Erstellung des Grundlagenbescheides
auch hier bei der Zuständigkeit des Bundesamtes für Justiz.
Dies ist sachgerecht, weil sowohl die Frage nach der Einhal-
tung der Mindestquoten als auch die Beurteilung von Härte-
fällen keiner speziellen finanzrechtlichen Sachkenntnis be-
dürfen. Vielmehr ist hier im Interesse einer einheitlichen
Verbescheidungspraxis die Zuständigkeit einer einzigen Be-
hörde vorzugswürdig.

Die Verbescheidung erfolgt auf Antrag, weil eine Verbe-
scheidung von Amts wegen aufgrund der großen Zahl von
körperschaftsteuerpflichtigen Unternehmen, die allerdings
mangels Börsennotierung oder Mitbestimmung gar nicht in
heblichen Anstrengungen weit zu fassen und bezieht sich
nicht ausschließlich auf kurzfristige Bemühungen. Dabei

den Anwendungsbereich der Quote fallen, nicht praktikabel
wäre. Damit haben grundsätzlich nur solche Unternehmen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33 – Drucksache 17/11139

einen Anspruch auf Verbescheidung, die gemäß § 96 Absatz 5
AktG-E in den Anwendungsbereich der Mindestquoten fal-
len, die also börsennotiert oder mitbestimmt im Sinne der
Vorschrift sind. Unternehmen, für die die Mindestquoten
nicht gesetzlich festgelegt sind, haben grundsätzlich keinen
Anspruch auf Erlass eines Bescheides; dies ist folgerichtig,
weil die Vermutung eines Verstoßes bei diesen Unternehmen
bereits durch die Vorlage des Lageberichtes widerlegt wer-
den kann und deswegen eine Versagung der körperschaft-
steuerlichen Abzugsfähigkeit der Aufsichtsratsaufwendun-
gen nach dem Wortlaut des § 10 Nummer 5 Satz 1 Halbsatz 1
KStG-E nicht in Betracht kommt. Etwas anderes gilt ledig-
lich in dem Sonderfall kleiner Kapitalgesellschaften im Sin-
ne des § 267 Absatz 1 HGB, sofern diese einerseits über ein
in § 10 Nummer 4 KStG genanntes Aufsichtsgremium oder
eine Überwachungsperson im Sinne der Vorschrift verfügen,
andererseits aber mangels Börsennotierung oder Mitbestim-
mung im Sinne des § 96 Absatz 5 AktG- E nicht in den An-
wendungsbereich der Mindestquoten fallen. Auch sie haben
Anspruch auf Erlass eines Grundlagenbescheides, aus dem
hervorgeht, dass sie der Quote nicht unterfallen, um den ver-
muteten Quotenverstoß gegenüber dem Finanzamt widerle-
gen zu können.

Die für die Verbescheidung erforderlichen Daten entnimmt
das Bundesamt für Justiz grundsätzlich den Lageberichten
der Unternehmen. Sofern ein Unternehmen nämlich der
Quote unterfällt, hat es dort gemäß § 289b HGB-E anzuge-
ben, wie seine Geschäftsführungs- und Aufsichtsgremien
besetzt sind. Eine Übereinstimmung mit den Vorgaben des
§ 96 Absatz 3 bis 5 AktG-E ist zu bejahen, wenn die Gre-
mienbesetzung entweder den quotalen Vorgaben der Grund-
struktur entspricht (§ 96 Absatz 3 AktG-E), der Verstoß in
einem Fall des § 96 Absatz 3 Satz 7 AktG-E lediglich im mit
Arbeitnehmervertretern besetzten Teilgremium erfolgt oder
ein Härtefall nachgewiesen ist (§ 96 Absatz 4 AktG-E).

Satz 2 legt fest, dass das Verbescheidungsverfahren ein Jus-
tizverwaltungsverfahren ist. Es fällt damit in den in § 2 Ab-
satz 1 BfJG definierten Aufgabenbereich des Bundesamtes
für Justiz.

Satz 3 bestimmt für die Antragstellung eine Ausschlussfrist
bis zum 31. Mai des auf den Bilanzstichtag, zu welchem die
Verbescheidung erfolgt, folgenden Jahres. Diese Frist kor-
respondiert mit der allgemeinen Frist für die Abgabe der
Körperschaftsteuererklärung, für welche die Kapitalgesell-
schaften den Grundlagenbescheid benötigen. Eine Sonder-
regelung für Unternehmen, für die beispielsweise aufgrund
einer Dauerfristverlängerung abweichende Fristen für die
Abgabe der Steuererklärung gelten, ist hier nicht gewollt und
auch nicht erforderlich. Die Aufsichtsratsbesetzung am Bi-
lanzstichtag steht bereits mit dessen Ablauf fest, so dass eine
Verbescheidung über die Einhaltung der Quote unproblema-
tisch zeitnah beantragt werden kann. Dies dient auch einer
zeitnahen Erstellung von Statistik und Namensliste. Nach
Ablauf der Frist besteht kein Anspruch auf Erlass eines
Grundlagenbescheides mehr, so dass die Versagung der steu-
erlichen Abzugsfähigkeit bei den der Mindestquote unterfal-
lenden Unternehmen die Folge ist.

Satz 4 bestimmt den für die Beurteilung der ordnungsgemä-
ßen Gremienbesetzung relevanten Zeitpunkt: Entscheidend

diesem Tag vorhandene Anzahl an Gremienmitgliedern hat
den Vorgaben des § 96 Absatz 3 AktG-E zu entsprechen, so-
fern nicht ein Ausnahme- oder Härtefall nachgewiesen wird.
Dabei ist zu beobachten, ob es zu Missbrauchsfällen kommt,
etwa durch gehäufte Nichtbesetzung von Posten zu diesem
Zeitpunkt, um aufgrund geringerer Mitgliederzahl einer ge-
ringeren Mindestquote zu unterfallen. Zum gegenwärtigen
Zeitpunkt ist aufgrund der mehrjährigen Amtszeiten und des
aufwendigen Wahlverfahrens hier allerdings kein gesetzge-
berischer Handlungsbedarf erkennbar.

Satz 5 stellt sicher, dass Verstöße gegen die Mindestquote im
ausschließlich mit Arbeitnehmervertretern besetzten Teil-
gremium nicht zu einem negativen Bescheid führen. Ein sol-
cher Verstoß führt also nicht zur Versagung der steuerlichen
Abzugsfähigkeit; anderenfalls würde ein von Arbeitnehmer-
seite zu vertretendes Fehlverhalten beim Unternehmen sank-
tioniert, ohne dass dieses auf die Besetzung der Arbeitneh-
merseite hätte Einfluss nehmen können.

Satz 6 regelt die Rechtsschutzmöglichkeit gegen den Grund-
lagenbescheid. Gegen ihn kann ohne Durchführung eines be-
hördlichen Vorverfahrens binnen eines Monats nach Be-
kanntgabe Klage bei dem gemäß § 335 Absatz 5 Satz 1 bis 3
HGB für die Beschwerde gegen die Festsetzung von Ord-
nungsgeldern zuständigen Landgericht erhoben werden. Die
Vorschrift ordnet die ausschließliche Zuständigkeit an. Dies
ist sinnvoll, um hier Sachverstand zu konzentrieren und
dient sowohl einer Vereinheitlichung der Rechtsprechung
als auch einer Abkürzung der Verfahrensdauer. Die Verwei-
sung auf die Sätze 1 bis 3 stellt sicher, dass – anders als bei
den Ordnungsgeldverfahren des § 335 HGB – nicht die
Kammer für Handelssachen entscheidet. Anders als dort
handelt es sich bei Rechtsmitteln gegen den Grundlagenbe-
scheid nämlich in aller Regel um die tatsächliche und damit
materiell-rechtliche Frage, ob ein Ausnahme- oder Härtefall
vorliegt. Hierzu bedarf es keiner besonderen handelsrechtli-
chen oder kaufmännischen Kenntnisse. Auch eine Entschei-
dung durch den Einzelrichter ist hier nicht gewollt. Dadurch
ist die Bündelung von Sachverstand bei dem Gericht mög-
lich, welches bereits über die Ordnungsgeldverfahren bei
Verstößen gegen die handelsrechtlichen Offenlegungspflich-
ten zuständig ist. Gemäß § 68 Absatz 1 Satz 1 OWiG i. V. m.
§ 334 Absatz 4 HGB ist für die Bußgeldverfahren wegen fal-
scher Lageberichte auch das Amtsgericht zuständig, in des-
sen Bezirk das Bundesamt für Justiz seinen Sitz hat. Die
Zuständigkeitsanordnung erfolgt aus Gründen der Einheit-
lichkeit im Aktiengesetz im Anschluss an die die Verbe-
scheidung anordnenden Vorschriften, dies entspricht dem
Aufbau des § 335 Absatz 5 HGB.

Satz 7 stellt eine Sondervorschrift für kleine Kapitalgesell-
schaften im Sinne des § 267 Absatz 1 HGB dar. Sofern diese
über ein Aufsichtsorgan oder eine entsprechende Überwa-
chungsperson im Sinne des § 10 Nummer 4 KStG verfügen,
gilt auch für diese Kapitalgesellschaften die Vermutung
eines Quotenverstoßes (§ 10 Nummer 5 Satz 1 Halbsatz 2
KStG-E). Sie sind nicht verpflichtet, einen Lagebericht zu
erstellen, durch dessen Vorlage sie die Vermutung widerle-
gen könnten. Deswegen müssen auch diese Gesellschaften
Anspruch auf Erlass eines Grundlagenbescheides haben,
durch den sie nachweisen können, dass sie nicht unter die
ist hier der Bilanzstichtag, also der letzte Tag des für die steu-
erliche Veranlagung maßgeblichen Wirtschaftsjahres. Die an

Mindestquoten fallen. Dies stellt die einzige Ausnahme von
dem Grundsatz dar, dass nur solche Unternehmen, die gemäß

Drucksache 17/11139 – 34 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Absatz 5 in den Anwendungsbereich der Quote fallen, An-
spruch auf Erteilung einer Bescheinigung durch das Bundes-
amt für Justiz haben. Das Unternehmen hat durch geeignete
Nachweise darzulegen, dass es weder im Sinne des
Absatzes 5 börsennotiert ist noch der Mitbestimmung unter-
liegt. Die Sätze 2 bis 6 sind auf Grundlagenbescheide im
Sinne des Satzes 7 entsprechend anwendbar.

Absatz 7 regelt die Veröffentlichung einer Liste mit den Na-
men derjenigen Unternehmen, die gegen die Mindestquoten
verstoßen. Gemäß Satz 1 erstellt diese Liste das Bundesamt
für Justiz, welches aufgrund seiner Zuständigkeit für die Er-
teilung der Grundlagenbescheide Kenntnis darüber hat, wel-
che Unternehmen gegen die Mindestquoten verstoßen und
deswegen negativ beschieden wurden. Dabei sind nur solche
Unternehmen zu nennen, die in den Anwendungsbereich der
Mindestquoten fallen und deren Aufsichtsrat nicht den Min-
destbesetzungsvorschriften entspricht, ohne dass ein Aus-
nahmetatbestand oder Härtefall (§ 96 Absatz 3 Satz 7, Ab-
satz 4 AktG-E) vorliegt.

Gemäß Satz 2 hat die Liste Auskunft darüber zu geben, ob
die Einstufung als gegen die Mindestquote verstoßendes Un-
ternehmen rechtskräftig ist. Dies ist entweder dann der Fall,
wenn der über die Rechtmäßigkeit der Gremienbesetzung be-
findende Grundlagenbescheid nach den allgemeinen Vor-
schriften bestandskräftig ist oder aber das zuständige Gericht
rechtskräftig dessen Rechtmäßigkeit festgestellt hat. Dadurch
wird sichergestellt, dass Unternehmen, die Rechtsmittel ge-
gen die Feststellung der Nichteinhaltung der Mindestquoten
eingelegt haben, auch als solche erkennbar sind. Dadurch
wird ihr Interesse daran gewahrt, nicht aufgrund einer undif-
ferenzierten Nennung in der Liste ungerechtfertigte Einbußen
in der öffentlichen Wahrnehmung zu erleiden.

Satz 3 ordnet an, dass die Liste im elektronischen Bundes-
anzeiger einmal jährlich bekannt zu machen ist.

Satz 4 sieht als Rechtsmittel gegen die Veröffentlichung des
Namens ebenfalls eine Klage beim für die Entscheidung
über die Rechtmäßigkeit des Grundlagenbescheids zuständi-
gen Gericht vor. Es verweist insofern auf Absatz 6 Satz 6.
Allerdings darf in der Klage nur gerügt werden, dass die
Aufnahme in die Liste irrtümlich erfolgt sei. Dadurch soll
verhindert werden, dass neben dem Verfahren, in welchem
der Grundlagenbescheid überprüft wird, ein weiteres Verfah-
ren mit praktisch derselben Fragestellung möglich ist. Nur in
Fällen, in denen ohne eine inhaltliche Überprüfung der Ent-
scheidung des Bundeamtes für Justiz erkennbar ist, dass eine
Aufnahme in die Namensliste fehlerhafterweise erfolgte,
soll dies gesondert gerichtlich geltend gemacht werden kön-
nen. Dadurch werden berechtigte Interessen der Unterneh-
men ausreichend gewahrt.

Zu Nummer 2 (§ 104 Absatz 4a – neu)

§ 104 Absatz 4a AktG-E stellt in Ergänzung zu § 104 Ab-
satz 4 Satz 3 AktG klar, dass im Falle gerichtlicher Ergän-
zungsbestellungen gemäß § 104 Absatz 1 bis 4 AktG das Ge-
richt ebenfalls an die Einhaltung der Mindestquoten gemäß
§ 96 Absatz 3 bis 5 AktG-E gebunden ist.

Zu Nummer 3 (§ 108 Absatz 2a – neu)

wird, dass seine Besetzung nicht der gesetzlichen Mindest-
quote des § 96 Absatz 3 AktG-E entspricht. Dabei ist der
Begriff „Beschlüsse“ weit auszulegen; dadurch wird sicher-
gestellt, dass die Handlungsfähigkeit der von der Quoten-
regelung betroffenen Unternehmen nicht beeinträchtigt wird
und so Rechtsunsicherheiten vermieden werden.

Zu Nummer 4 (§ 251 Absatz 4 – neu)

§ 251 Absatz 4 AktG-E stellt klar, dass eine Anfechtung der
Wahl eines quotenwidrig besetzten Aufsichtsrates nicht
möglich ist. Diese ist wirksam. Dadurch wird vermieden,
dass durch den rückwirkenden Eintritt der Anfechtungswir-
kung Rechtsunsicherheiten über vom Aufsichtsrat getroffe-
ne Maßnahmen entstehen. Hierdurch ergibt sich, dass die
Nichtigkeit der Wahl erst recht ausscheidet.

Zu Artikel 2 (Weitere Änderung des Aktien-
gesetzes)

Artikel 2 (§ 96 Absatz 3 Satz 4) tritt nach Ablauf der sechs-
jährigen Übergangsfrist in Kraft (vgl. zu Artikel 16) und legt
die endgültige Fassung der Grundstruktur fest.

Die Vorschrift des Absatzes 3 Satz 4 Nummer 1 sieht für
(Teil-)Gremien mit zwei bis vier Mitgliedern jeweils eine
Mindestbeteiligung von einem Mitglied jeden Geschlechts
vor. Dadurch tritt im Zwei-Personen-Teilgremium der einzi-
ge Fall auf, in dem das Gesetz eine Beteiligungsquote von
50 Prozent und damit die paritätische Beteiligung beider
Geschlechter vorschreibt. Obwohl dem Unternehmen hin-
sichtlich des Geschlechts hier kein Entscheidungsspielraum
verbleibt, ist die hälftige Beteiligung an dieser Stelle zulässig
und verhältnismäßig. Die einzig mögliche Alternative wäre
nämlich, eine Beteiligung beider Geschlechter im Zwei-Per-
sonen-Teilgremium nicht zu verlangen, was gesetzgeberisch
vor dem Hintergrund einer angestrebten gleichberechtigten
Teilhabe nicht gewollt ist. Letztlich kann aufgrund der ge-
setzlichen Mindestanzahl von drei Personen in Aufsichts-
räten (§ 95 Absatz 1 Satz 1 AktG) ein Gremium mit zwei
Mitgliedern immer nur Teilgremium eines mit mindestens
drei Personen besetzten Gremiums sein; bei dessen Betrach-
tung wird die 50-Prozent-Schwelle aber wieder unterschrit-
ten, sodass eine paritätische Besetzung des gesamten Gre-
miums nach dem vorliegenden Gesetzentwurf in keinem Fall
vorgesehen ist.

Im Drei-Personen-Gremium entspricht die von der Grund-
struktur vorgegebene Kopfzahl einer Beteiligungsquote von
33 Prozent und im Vier-Personen-Gremium von 25 Prozent.
Im Drei-Personen-Gremium bietet sich die Beteiligung im
Verhältnis 1:2 an, weil dadurch die sogenannte kritische
Masse von einem Drittel erreicht wird, nach der eine spür-
bare Auswirkung der Beteiligung des unterrepräsentierten
Geschlechts möglich ist (vgl. die Ausführungen in Teil A
Abschnitt I Nummer 4). Weil im Vier-Personen-Gremium
nur die Wahl zwischen einer Mindestbeteiligungsquote von
einem Viertel oder der Hälfte besteht, stellt die gewählte
Quote hier das mildere Mittel dar. Damit soll im Hinblick auf
das relativ kleine Gremium eine Beteiligung erfolgen, ohne
die Wahlfreiheit zu stark einzuschränken, was, anders als
beim Zwei-Personen-Gremium, auch tatsächlich möglich
ist. Gleichzeitig steht die Verwirklichung einer gleichberech-
§ 108 Absatz 2a AktG-E stellt klar, dass die Wirksamkeit
von Beschlüssen des Aufsichtsrates nicht dadurch berührt

tigten Teilhabe beider Geschlechter durch die freiwillige
paritätische Besetzung mit zwei Frauen und zwei Männern

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 35 – Drucksache 17/11139

dem betroffenen Unternehmen frei. Durch die Festlegung
von mindestens je einem Mitglied pro Geschlecht ist das
Vier-Personen-Gremium das einzige Gremium, in dem kein
Unterschied zwischen der Vorgabe für die Übergangsphase
und der Endstufe besteht. Dies ist allerdings nicht als zusätz-
liche Belastung, sondern als Entgegenkommen des Gesetz-
gebers auf der Endstufe zu sehen. Weil dort die einzige
Alternative zur 25- Prozent-Beteiligung die paritätische Be-
setzung ist, verbleibt es auch für die Endstufe bei dem gerin-
geren, schon in der Übergangsphase geltenden Mindestwert.

Absatz 3 Satz 4 Nummer 2 sieht eine Besetzung mit mindes-
tens zwei Mitgliedern je Geschlecht im Fünf- und im Sechs-
Personen-Gremium vor. Damit wird im Fünf-Personen-Gre-
mium im Ergebnis die Mindestquote von 40 Prozent für ein
Gremium vorgeschrieben. Im Sechs-Personen-Gremium
entspricht die festgelegte Kopfzahl einer Mindestquote von
einem Drittel, was wiederum die mildere Alternative im Ver-
gleich zur rechnerisch möglichen 50-Prozent-Beteiligung
darstellt.

Absatz 3 Satz 4 Nummer 3 legt für Sieben- und Acht-Perso-
nen-Gremien eine Mindestbeteiligung von drei Mitgliedern
je Geschlecht fest. Im Sieben-Personen-Gremium wird dabei
mit 42,9 Prozent eine Mindestbeteiligungsquote erreicht, die
den Zielwert von 40 Prozent geringfügig übersteigt. Dies ist
aber vor dem Hintergrund hinnehmbar, dass der Gesetzent-
wurf eine gleichberechtigte Teilhabe grundsätzlich anstrebt,
welche exakt umgesetzt 50 Prozent betrüge. Weil eine solche
Quote aber in mit ungerader Mitgliederzahl besetzten Gre-
mien nicht durchsetzbar ist und dem Unternehmen keinerlei
Entscheidungsspielraum mehr beließe, stellt die grundsätz-
liche Festlegung auf 40 Prozent insofern ein Entgegenkom-
men an die unternehmerische Entscheidungsfreiheit dar. Sie
ist aber nicht als absolute Obergrenze zu verstehen. Die Al-
ternative im Sieben-Personen-Gremium wäre eine Mindest-
beteiligung von zwei Mitgliedern jeden Geschlechts, was
allerdings nur noch einer Quote von 28,6 Prozent entspräche.
Damit würde wiederum die relevante Mindestbeteiligungs-
quote von etwa einem Drittel unterschritten. Anders als im
Vier-Personen-Gremium, bei dem die Alternative die jede
Entscheidungsfreiheit ausschließende 50-Prozent-Quote ist,
kann hier durch geringfügige Überschreitung der 40-Pro-
zent-Grenze eine annähernd gleichberechtigte Teilhabe
hergestellt werden, ohne dass dem Unternehmen jeder Ent-
scheidungsspielraum versagt würde; denn hinsichtlich eines
Mitgliedes ist das zu besetzende Organ in seiner Entschei-
dung frei. Auch die Festlegung auf eine Mindestbesetzung
von drei Mitgliedern je Geschlecht im Acht-Personen-Gre-
mium ist bei geringfügiger Unterschreitung der 40- Prozent-
Grenze das mildere Mittel im Vergleich zu einer paritäti-
schen Besetzung, weil sie Entscheidungsfreiheit im Bezug
auf zwei Mitglieder belässt.

Absatz 3 Satz 4 Nummer 4 legt für Gremien ab der Größe
von neun Personen die verbindliche Mindestquote von
40 Prozent fest. Damit ist in allen Fällen, in denen eine exak-
te Umsetzung der Quote rechnerisch nicht möglich ist, auf-
grund der Formulierung als Mindestquote eine Überschrei-
tung der 40-Prozent-Quote zwingend. In allen Fällen
verbleibt dem Unternehmen aber ein Entscheidungsspiel-
raum bei der Besetzung von mindestens einem Gremienmit-
glied. Damit sind auch die die 40- Prozent-Schwelle überstei-

genden Quoten (46,2 Prozent im 13-Personen-Gremium und
45,5 Prozent im Elf-Personen-Gremium) zumutbar.

Zu Artikel 3 (Änderung des Mitbestimmungs-
gesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 6 Absatz 2 Satz 1)

Durch den Verweis auf die neu im Aktiengesetz verorteten
Quotenbestimmungen wird die Anwendbarkeit auf Unter-
nehmen geregelt, die dem Mitbestimmungsgesetz unterlie-
gen. § 6 Absatz 2 MitbestG regelt die Zusammensetzung des
Aufsichtsrates in den dem Mitbestimmungsgesetz unterfal-
lenden Unternehmen durch Verweis auf die speziellen Vor-
schriften der §§ 7 bis 24 MitbestG sowie subsidiär nach § 96
Absatz 2, den §§ 97 bis 101 Absatz 1 und 3 und den §§ 102
bis 106 AktG. Durch die Erweiterung der Verweisung wer-
den auch die vom Gesetzentwurf neu eingefügten Vorschrif-
ten einbezogen. Damit sind sowohl die in § 96 Absatz 3
AktG-E formulierte Mindestquote einschließlich der Grund-
struktur als auch die dort und in § 96 Absatz 4 AktG-E ge-
regelten Ausnahmetatbestände sowie die Härtefallklausel
anwendbar. Durch die bereits bestehende Verweisung auf
die §§ 102 bis 106 AktG wird auch die in § 104 Absatz 4a
AktG-E neu geregelte Anweisung an die Gerichte, die Min-
destquote zu befolgen, auf mitbestimmte Gesellschaften
übertragen. Der Verweis auf § 108 Absatz 2a AktG-E, der
die Wirksamkeit der Beschlüsse quotenwidrig besetzter Auf-
sichtsräte klarstellt, ist durch entsprechenden Verweis eben-
falls auf mitbestimmte Gesellschaften anwendbar. Dasselbe
gilt für den Verweis auf die Klarstellung des § 251 Absatz 4
AktG-E.

Zu Nummer 2 (§ 39 Satz 2 – neu)

Der neu anzufügende Satz 2 enthält eine Verordnungser-
mächtigung an die Bundesregierung. Damit wird die bereits
in § 39 MitbestG bestehende Verordnungsermächtigung um
eine Ermächtigung erweitert, die speziell auf die Gewähr-
leistung und Umsetzung der gesetzlichen Mindestquote bei
den Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmerseite gerich-
tet ist. Die Rechtsverordnung hat dabei sicherzustellen, dass
die Voraussetzungen nur für solche Unternehmen gelten, die
auch in den Geltungsbereich der Mindestquote fallen. Dies
ist beispielsweise bei Genossenschaften, die gemäß § 1 Ab-
satz 1 Nummer 1 Variante 4 MitbestG verpflichtet sein kön-
nen, einen Aufsichtsrat zu bestellen, nicht der Fall. Parallel-
normen finden sich in § 13 Satz 2 DrittelbG-E, § 15 Satz 2
MontanMitbestG-E und § 17 Satz 2 MontanMitbestErgG-E.

Zu Artikel 4 (Änderung des Drittelbeteiligungs-
gesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 1 Absatz 1 Nummer 3)

Die Ergänzung der bereits vorhandenen Verweisung auf das
Aktiengesetz zur Besetzung eines Aufsichtsrates um den
Verweis auf § 251 Absatz 4 AktG-E stellt sicher, dass eine
quotenwidrige Besetzung des nach dem Drittelbeteiligungs-
gesetz zu bildenden Aufsichtsrates auch in dem Drittelbetei-
ligungsgesetz unterliegenden Unternehmen keinen Anfech-
tungsgrund darstellt.

Drucksache 17/11139 – 36 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Zu Nummer 2 (§ 4 Absatz 4)

§ 4 Absatz 4 DrittelbG-E stellt klar, dass die bisher bestehen-
de Soll-Vorschrift über die Besetzung des Aufsichtsrates mit
Frauen und Männern für solche Gesellschaften, die nicht der
gesetzlichen Mindestquote des § 96 Absatz 3 bis 5 AktG-E
unterliegen (wie beispielsweise Genossenschaften im Sinne
des § 1 Absatz 1 Nummer 5 DrittelbG), weiterhin gilt.

Zu Nummer 3 (§ 13 Satz 2 – neu)

Der neu anzufügende Satz 2 ist die Parallelvorschrift zu § 39
Satz 2 MitbestG-E, § 15 Satz 2 MontanMitbestG-E, § 17
Satz 2 MontanMitbestErgG-E; auch hier wird die Bundes-
regierung ermächtigt, die für die Durchsetzung der Mindest-
quote erforderlichen Verordnungen für solche Aufsichtsräte
zu erlassen, für die die Quote nach dem Drittelbeteiligungs-
gesetz in Verbindung mit dem Aktiengesetz gilt.

Zu Artikel 5 (Änderung des Montan-Mitbestim-
mungsgesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 10 Satz 2)

Weil für Aufsichtsräte in den dem Montan-Mitbestimmungs-
gesetz unterfallenden Gesellschaften gemäß den §§ 2, 3 Ab-
satz 2 MontanMitbestG grundsätzlich die Vorschriften des
Aktiengesetzes Anwendung finden, ist eine Anpassung des
Verweises in § 10 Satz 2 MontanMitbestG erforderlich.
Durch die ergänzende Verweisung auf § 108 Absatz 2a
AktG-E wird sichergestellt, dass die Beschlussfähigkeit des
quotenwidrig besetzten Aufsichtsrates auch für nach dem
Montan-Mitbestimmungsgesetz zu bildende Aufsichtsräte
nicht beeinträchtigt wird.

Zu Nummer 2 (§ 15 Satz 2 – neu)

Der neu anzufügende Satz 2 ist die Parallelvorschrift zu § 39
Satz 2 MitbestG-E, § 13 Satz 2 DrittelbG-E, § 17 Satz 2
MontanMitbestErgG-E; auch hier wird die Bundesregierung
ermächtigt, die für die Durchsetzung der Mindestquote er-
forderlichen Verordnungen für solche Aufsichtsräte zu erlas-
sen, für die die Quote nach dem Montan-Mitbestimmungs-
gesetz in Verbindung mit dem Aktiengesetz gilt.

Zu Artikel 6 (Änderung des Montan-Mitbestim-
mungsergänzungsgesetzes)

Der in § 17 neu einzufügende Satz 2 ist die Parallelvorschrift
zu § 39 Satz 2 MitbestG-E, § 13 Satz 2 DrittelbG-E, § 15
Satz 2 MontanMitbestG-E; auch hier wird die Bundesregie-
rung ermächtigt, die für die Durchsetzung der Mindestquote
erforderlichen Verordnungen für solche Aufsichtsräte zu
erlassen, für die die Quote nach dem Montan-Mitbestim-
mungsergänzungsgesetz in Verbindung mit dem Aktien-
gesetz gilt.

Zu Artikel 7 (Änderung des Gesetzes über die
Mitbestimmung der Arbeitnehmer
bei einer grenzüberschreitenden
Verschmelzung)

Zu Nummer 1 (§ 22 Absatz 5 – neu)

sätzlich zwei Möglichkeiten der Regelung der unternehmeri-
schen Mitbestimmung vor: Entweder ein Verhandlungsgre-
mium einigt sich mit den Leitungen des Unternehmens, also
den zur Geschäftsführung und Vertretung befugten Organen
der aus der grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorge-
gangenen Gesellschaft auf eine Vereinbarung über die unter-
nehmerische Mitbestimmung, oder die gesetzlichen Mitbe-
stimmungsregelungen des Mitgliedstaates, in dem die aus
der Verschmelzung hervorgegangene Gesellschaft ihren Sitz
hat, finden Anwendung. Letzteres ist auch möglich aufgrund
eines Beschlusses der Leitungen. § 22 Absatz 5 MgVG-E
stellt klar, dass eine Vereinbarung zwischen Leitungen und
Verhandlungsgremium inhaltlich den Vorgaben des § 96 Ab-
satz 3 bis 5 AktG-E zu entsprechen hat. Danach muss auch
die aus der Verhandlung hervorgehende Besetzung des Auf-
sichtsrates mit Arbeitnehmervertretern die Vorgaben der
Grundstruktur berücksichtigen.

Zu Nummer 2 (§ 24 Absatz 2 Satz 2)

§ 24 Absatz 2 MgVG-E ergänzt die bereits vorhandene Ver-
weisung für die zu bildenden Aufsichtsräte um einen Ver-
weis auf § 251 Absatz 4 AktG-E. Damit wird sichergestellt,
dass auch bei der aus einer grenzüberschreitenden Ver-
schmelzung hervorgegangenen mitbestimmten Gesellschaft
mit beschränkter Haftung eine Anfechtung von Beschlüssen,
die ein quotenwidrig besetzter Aufsichtsrat gefasst hat, aus-
geschlossen ist. Dies dient der Verhinderung von Rechtsun-
sicherheiten.

Zu Artikel 8 (Änderung des Versicherungs-
aufsichtsgesetzes)

In § 35 Absatz 3 Satz 1 VAG-E wird die bereits bestehende
Verweisung auf die Vorschriften des Aktiengesetzes um
einen Verweis auf den die Mindestquote und das zugehörige
Verfahren regelnden § 96 Absatz 3 bis 7 AktG-E sowie auf
§ 251 Absatz 4 AktG-E, der den Ausschluss der Anfechtbar-
keit aufgrund von Quotenverstößen regelt, ergänzt.

Zu Artikel 9 (Änderung des SE-Ausführungs-
gesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 17 Absatz 5 – neu)

§ 17 Absatz 5 SEAG-E hat klarstellende Funktion: Nach Ar-
tikel 9 Absatz 1 Buchstabe c Nummer ii der SE-Verordnung
unterliegt die Europäische Gesellschaft in nicht von der
SE- Verordnung geregelten Bereichen oder Teilbereichen
den Regelungen, die für eine nach dem Recht des Sitzstaates
der Europäischen Gesellschaft gegründete Aktiengesell-
schaft gelten. Damit unterliegt die dualistisch organisierte
Europäische Gesellschaft hinsichtlich der nicht von der
SE- Verordnung geregelten Zusammensetzung des Auf-
sichtsorgans dem Aktiengesetz. Die Verweisung des § 17
Absatz 5 SEAG-E stellt klar, dass dies auch für die die Min-
destquote regelnden Vorschriften gilt.

Zu Nummer 2 (§ 20)

§ 20 SEAG-E verändert die bisherige ausdrückliche Aus-
nahme der Geltung des Aktiengesetz für den in den §§ 20 ff.
SEAG geregelten Verwaltungsrat einer monistisch organi-
Das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei
einer grenzüberschreitenden Verschmelzung sieht grund-

sierten Europäischen Gesellschaft dahingehend, dass die
Vorschriften des Aktiengesetzes, die die Mindestquote für

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37 – Drucksache 17/11139

Aufsichtsräte regeln, auch für den Verwaltungsrat anwend-
bar sind. Ausgenommen von der bisherigen Fassung des
§ 20 SEAG sind nunmehr § 96 Absatz 3 bis 5 AktG-E (Be-
setzungsvorschriften für Aufsichtsräte), § 104 Absatz 4a
AktG-E (Beachtung der Mindestquoten durch das Gericht
im Falle von Ergänzungsbestellungen des Aufsichtsrates),
§ 108 Absatz 2a AktG-E (Wirksamkeit von Beschlüssen des
Aufsichtsrates trotz quotenwidriger Besetzung) und § 251
Absatz 4 AktG-E (Ausschluss der Anfechtung bei quoten-
widriger Besetzung). Dadurch wird hinreichend klargestellt,
dass diese Vorschriften, im Gegensatz zu den in § 20
SEAG- E ausdrücklich genannten und damit nicht für den
Verwaltungsrat der monistischen Europäischen Gesellschaft
geltenden Vorschriften, anwendbar sind.

Zu Nummer 3 (§ 24 Absatz 3 – neu)

§ 24 Absatz 3 SEAG-E ist die Parallelnorm zu § 17 Absatz 5
SEAG-E und verweist klarstellend auf die die Mindestquote
regelnden Vorschriften, soweit sie für den Verwaltungsrat
von Bedeutung sind.

Zu Artikel 10 (Änderung des SE-Beteiligungs-
gesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 21 Absatz 1 Satz 2 – neu)

Das SE-Beteiligungsgesetz sieht grundsätzlich zwei Mög-
lichkeiten der Regelung der unternehmerischen Mitbestim-
mung vor: Entweder ein Verhandlungsgremium einigt sich
mit den Leitungen des Unternehmens, also den zur Ge-
schäftsführung und Vertretung berechtigten Organen der
Europäischen Gesellschaft auf eine Vereinbarung über die
unternehmerische Mitbestimmung oder die gesetzlichen
Mitbestimmungsregelungen des Mitgliedstaates, in dem die
Europäische Gesellschaft ihren Sitz hat, finden Anwendung.
Dies sind bei einer Europäischen Gesellschaft mit Sitz in
Deutschland die Mitbestimmungsregeln des Mitbestim-
mungsgesetzes, des Montan-Mitbestimmungsgetzes, des
Montan-Mitbestimmungsergänzungsgesetzes und des Drit-
telbeteiligungsgesetzes.

§ 21 Absatz 1 Satz 2 SEBG-E legt fest, dass auch für den Fall
einer Vereinbarung über die Mitbestimmung zwischen Lei-
tungen und Verhandlungsgremium die Vereinbarung nicht
von den Vorgaben der gesetzlichen Mindestquoten hinsicht-
lich der Besetzung mit Frauen und Männern abweichen darf.

Zu Nummer 2 (§ 36)

Zu Buchstabe a (Absatz 3a – neu)

Durch den Verweis auf die die Mindestquoten für den
Aufsichtsrat regelnden Vorschriften stellt § 36 Absatz 3a
SEBG-E klar, dass diese auch für die Arbeitnehmervertreter
des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans einzuhalten sind.
Dies ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass für diese die
gesetzlichen Mitbestimmungsvorschriften gelten (vgl. die
Einzelbegründung zu Nummer 1).

Zu Buchstabe b (Absatz 4)

Die Ergänzung der Verweisung in § 36 Absatz 4 SEBG-E er-
fasst auch den neu eingefügten § 36 Absatz 3a SEBG-E, weil

Zu Artikel 11 (Änderung des Handelsgesetzbuchs)

Zu Nummer 1 (§ 264 Absatz 1 Satz 4)

§ 264 Absatz 1 Satz 4 HGB nimmt kleine Kapitalgesell-
schaften im Sinne des § 267 Absatz 1 HGB von der Pflicht
zur Erstellung eines Lageberichtes aus. Weil aber die Be-
richtspflicht über eine Angabe im Lagebericht zu erfüllen ist,
muss eine gesetzliche Ausnahme für die Fälle normiert wer-
den, in denen kleine Kapitalgesellschaften der Pflicht zur
Einhaltung von Mindestquoten in Führungsgremien unter-
fallen, da eine Überprüfung der Einhaltung der Mindestquo-
ten sonst nicht praktikabel wäre. Auf diese Ausnahme in
§ 289b Satz 2 HGB-E weist § 264 Absatz 1 Satz 4 HGB-E
hin.

Zu Nummer 2 ( § 289b – neu)

§ 289b HGB-E regelt die Berichtspflicht hinsichtlich der Be-
setzung von Führungsgremien mit Frauen und Männern und
der Einhaltung der Quote; er tritt abweichend von den quo-
talen Mindestvorgaben bereits unmittelbar nach Verkündung
des Gesetzes zu Beginn der Übergangsfrist in Kraft (vgl. zu
Artikel 16). Davon erfasst sind Unternehmen, die gemäß
§ 264 HGB einen Lagebericht zu erstellen haben, also nach
bisheriger Rechtslage mittlere und große Kapitalgesellschaf-
ten im Sinne des § 267 Absatz 2 und 3 HGB. Darüber hinaus
stellt Satz 2 sicher, dass auch kleine Kapitalgesellschaften
(die nach bisheriger Rechtslage gemäß § 264 Absatz 1 Satz 4
HGB von der Pflicht zur Aufstellung ausgenommen waren)
einen Lagebericht erstellen müssen, der als Mindestanforde-
rungen die Angaben zur Erfüllung der Quote enthalten muss,
die auch mittlere und große Kapitalgesellschaften machen
müssen. Alle darüberhinausgehenden Angaben sind für
kleine Kapitalgesellschaften weiterhin freiwillig.

Die Berichtspflicht umfasst gemäß § 289b Satz 1 Nummer 1
HGB-E Angaben darüber, wieviele Mitglieder jeden Ge-
schlechts in den Führungsorganen vertreten sind. Sie bezieht
sich damit auch auf derzeit nicht der Mindestquote unterfal-
lende Geschäftsführungsgremien wie beispielsweise den
Vorstand. Dies ist sinnvoll, weil der Frauenanteil in Vorstän-
den mit derzeit knapp über 3 Prozent noch deutlich unter
demjenigen in Aufsichtsräten liegt. Die Entwicklungen der
letzten Jahre haben zu kaum relevanten Steigerungen ge-
führt. Nach einer Studie des Deutschen Instituts für
Wirtschaftsforschung (DIW) waren Ende 2010/Anfang 2011
bei den 200 umsatzstärksten deutschen Wirtschaftsunterneh-
men (außerhalb des Finanzsektors) nur 3,2 Prozent der Vor-
standspositionen von Frauen besetzt. Für die 160 in den
ersten deutschen Börsenindizes notierten Unternehmen (Dax,
MDax, SDax und TecDax) wurde eine Frauenbeteiligung
von 3,1 Prozent für Anfang 2011 ermittelt (Hans-Böckler-
Stiftung; Women-on-Board-Index des FidAR). Eine Studie
der Universität Karlsruhe über die 600 wichtigsten börsen-
notierten Unternehmen in Deutschland hat für 2008 einen
Frauenanteil in Vorstandspositionen von 2,4 Prozent und seit
2005 sogar einen eher rückläufigen Trend belegt. Auch in
Bereichen, in denen Frauen einen großen Anteil der Beschäf-
tigten ausmachen, wie z. B. im Finanz- und Versicherungs-
sektor, liegen die Anteile weiblicher Führungskräfte in einer
vergleichbaren Größenordnung. Durch die Berichtspflicht
auch dieser der Ermittlung der Arbeitnehmervertreter zu-
grundeliegt.

lassen sich die Auswirkungen der Mindestquote für Auf-
sichtsräte auf die Besetzung der Vorstände nachvollziehen.

Drucksache 17/11139 – 38 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Diese Angaben sind von allen mittleren und großen Kapital-
gesellschaften zu machen, unabhängig davon, ob sie den
Quotenregelungen unterfallen oder nicht.

§ 289b Satz 1 Nummer 2 HGB-E ordnet eine Angabe darü-
ber an, ob § 96 Absatz 5 AktG-E für die Gesellschaft auf-
grund ihrer Börsennotierung oder Mitbestimmung Mindest-
zahlen für die Besetzung ihres Aufsichtsgremiums
vorschreibt.

§ 289b Satz 1 Nummer 3 HGB-E verlangt darüber hinaus
von allen Unternehmen, die der Quote unterfallen (dies kön-
nen auch kleine Kapitalgesellschaften sein, sofern sie bör-
sennotiert und bzw. oder mitbestimmt sind), eine Angabe
darüber, ob die quotalen Mindestvorgaben eingehalten wur-
den. Dabei gilt die Quote nur dann als eingehalten, wenn die
gesetzlichen Vorgaben für die Mindestbesetzungen objektiv
gewahrt sind. Ist dies nicht der Fall, muss eine entsprechende
Angabe unabhängig von der Frage erfolgen, ob ein Härtefall
oder ein Ausnahmetatbestand vorliegt oder nicht. Anderen-
falls hätten Unternehmen, die hinter den Quotenvorgaben
zurückbleiben nämlich die Möglichkeit, zunächst einmal zu
behaupten, dass ein Härtefall vorliege oder sie aufgrund ihrer
Mitarbeiterstruktur nicht in den Anwendungsbereich der
Quote fielen; sie könnten dann angeben, dass sie den gesetz-
lichen Quotenvorgaben aufgrund des Härtefalls entsprechen.
Bis zur Feststellung eines Härtefalls muss das Unternehmen
aber als nicht die Mindestvorgabe einhaltend eingestuft wer-
den, um Umgehungsmöglichkeiten zu vermeiden. Damit ge-
ben die Angaben im Lagebericht ausschließlich Auskunft
darüber, ob die Quoten eingehalten werden oder nicht. Sie
treffen keine Aussage darüber, ob die Nichteinhaltung we-
gen des Eingreifens eines Ausnahmetatbestandes oder des
Vorliegens eines Härtefalles berechtigterweise erfolgte. Das
dadurch entstehende Risiko, dass Unternehmen in der öf-
fentlichen Wahrnehmung herabgesetzt werden, weil sie die
Quote nicht eingehalten haben ohne gleichzeitig darüber
Auskunft zu geben, ob dies gerechtfertigt ist, ist hinnehmbar
und als Gegengewicht zur relativ milden drohenden Sank-
tionierung von Quotenverstößen zu sehen. Durch eine ent-
sprechende Kenntlichmachung in der zu veröffentlichenden
Bundesstatistik ist aber nach außen erkennbar, wenn sich ein
Unternehmen auf das Vorliegen eines Ausnahme- oder Här-
tefalles beruft. Ob ein solcher Fall tatsächlich vorlag, kann
möglicherweise erst im Nachhinein im Rahmen eines ge-
richtlichen Verfahrens abschließend beurteilt werden. Durch
diese Regelung werden die Voraussetzungen für die Aner-
kennung von Ausnahmen und Härtefällen jedenfalls in der
öffentlichen Wahrnehmung erschwert. Es obliegt damit zu-
nächst den Unternehmen, die Rechtfertigung darüber, war-
um sie die Mindestvorgaben nicht eingehalten haben, in ge-
eigneter Form selber zu publizieren, jedenfalls bis dies vom
Statistischen Bundesamt verbindlich anerkannt wurde.

Satz 2 legt fest, dass kleine Kapitalgesellschaften, die der
Quote unterfallen, ebenfalls dieselben Angaben zu machen
haben wie die Gesellschaften, die einen vollumfänglichen
Lagebericht zu erstellen haben. Anderenfalls wäre eine
Sanktionierung dieser Unternehmen mangels effektiver
Überprüfungsmöglichkeit nicht durchführbar.

Zu Nummer 3 (§ 326 Satz 3 – neu)

haben diese nur Bilanz und Anhang beim Betreiber des elek-
tronischen Bundesanzeigers einzureichen, nicht aber den La-
gebericht (sofern sie einen erstellen). Weil § 289b Satz 2
HGB-E aber vorsieht, dass ausnahmsweise auch kleine Ka-
pitalgesellschaften einen Lagebericht mit den Angaben ge-
mäß § 289b Satz 1 HGB-E zu erstellen haben wenn sie den
Mindestquoten unterfallen, muss in diesen Fällen auch eine
Offenlegung dieser Angaben erfolgen, um die Einhaltung
der Mindestquoten nachvollziehbar machen zu können.

Zu Nummer 4 (§ 329 Absatz 5 – neu)

§ 329 Absatz 5 HGB-E enthält eine Ermächtigung an den
Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers zur Weiter-
gabe der gesammelten Daten an das Bundesamt für Justiz.
Dies ist erforderlich, damit das Bundesamt für Justiz über die
für die Erstellung der Grundlagenbescheide sowie für die
Überwachung der Einhaltung der Offenlegungspflichten er-
forderlichen Daten verfügt.

Zu Nummer 5 (§ 334)

Zu Buchstabe a (Absatz 1 Nummer 3)

Die Ergänzung der Vorschrift um einen Verweis auf § 289b
HGB-E ist notwendig, um auch Verstöße gegen die neuen
Erklärungspflichten zur Geschlechterverteilung in den Füh-
rungsgremien und Mindestquoten als Ordnungswidrigkeit
zu klassifizieren. Falsche Angaben hierzu können dadurch
seitens des Bundesamtes für Justiz sanktioniert werden.

Zu Buchstabe b (Absatz 1a – neu)

Die Vorschrift legt den für Verstöße gegen die Erklärungs-
pflicht zur Geschlechterverteilung in den Führungsgremien
und Mindestquoten im Sinne des § 289b HGB- E maßgeb-
lichen Verschuldensmaßstab fest; für die Begehung einer
Ordnungswidrigkeit ist demnach Fahrlässigkeit ausreichend.
Dieser Maßstab ist zwar strenger als dies bei den übrigen
Verstößen im Sinne des § 334 HGB der Fall ist. Dennoch ist
der Verschuldensmaßstab sachgerecht. Die Verschärfung des
Verschuldensmaßstabs für Ordnungswidrigkeiten ist in § 10
OWiG ausdrücklich vorgesehen. Außerdem ist die Verschär-
fung im Zusammenhang mit der insgesamt milden Sanktio-
nierung von Quotenverstößen zu sehen. Die im Lagebericht
verankerte Berichtspflicht ist Grundlage für die Verhängung
steuerlicher Sanktionen. Die Sanktionen können ihr Ziel nur
dann erreichen, wenn die Erklärung zutreffend ist. Aus die-
sem Grund ist bereits Fahrlässigkeit für eine Sanktionierung
ausreichend.

Zu Buchstabe c (Absatz 4a – neu)

Durch diese Vorschrift wird eine Berichtspflicht des Bundes-
amtes für Justiz an die Finanzämter begründet. Dadurch wird
sichergestellt, dass durch das Bundesamt für Justiz festge-
stellte Verstöße bei der steuerlichen Veranlagung Berück-
sichtigung finden können. Verneint beispielsweise ein Un-
ternehmen wahrheitswidrig, unter die Mindestquoten zu
fallen, muss das Finanzamt hiervon Kenntnis erlangen, weil
sich das Finanzamt auf die Richtigkeit der Angabe im Lage-
bericht verlässt und nicht die inhaltliche Richtigkeit der An-
gabe im Lagebericht überprüft. Nach erfolgter Mitteilung
§ 326 Satz 3 HGB-E normiert eine Offenlegungspflicht für
kleine Kapitalgesellschaften. Gemäß § 326 Satz 1 HGB

durch das Bundesamt für Justiz weiß das Finanzamt hin-
gegen, dass es für die steuerliche Veranlagung die Vorlage

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 39 – Drucksache 17/11139

eines Grundlagenbescheids verlangen muss. Die Melde-
pflicht bezieht sich lediglich auf die Verletzung der Berichts-
pflicht aus § 289b Satz 1 Nummer 2 und 3 HGB-E, also fal-
sche Angaben zur Einhaltung der Mindestquoten. Verstöße
gegen § 289b Satz 1 Nummer 1 HGB-E (also die Angabe,
wie Geschäftsführungs- und Aufsichtsgremien besetzt sind)
sind nicht meldepflichtig, weil sie auch von solchen Unter-
nehmen begangen werden können, die den Mindestquoten
nicht unterfallen. Für diesen Fall hat das Finanzamt auch
kein Interesse an der Kenntnis des Verstoßes, weil die mate-
riell-rechtliche Prüfung der Besetzungszahlen nur durch das
Bundesamt für Justiz erfolgt; von den Ergebnissen dieser
Prüfung erhält das Finanzamt lediglich in Form des Grund-
lagenbescheids Kenntnis. Adressat der Mitteilung ist das je-
weils gemäß § 20 der Abgabenordnung zuständige Finanz-
amt.

Zu Buchstabe d (Absatz 5)

Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung; sie stellt
klar, dass auch der neu eingefügte Absatz 4a auf Kreditinsti-
tute und Versicherungsunternehmen im Sinne der Vorschrift
keine Anwendung findet.

Zu Nummer 6 (§ 340n)

Zu Buchstabe a (Absatz 1 Nummer 3)

Es handelt sich um die Artikel 11 Nummer 5 Buchstabe a
entsprechende Regelung, die gleichermaßen für das Ord-
nungswidrigkeitenverfahren bei Kreditinstituten und Fi-
nanzdienstleistungsinstituten im Sinne des § 340 HGB zu er-
gänzen ist.

Zu Buchstabe b (Absatz 1a – neu)

Es handelt sich um die Artikel 11 Nummer 5 Buchstabe b
entsprechende Regelung, die gleichermaßen für das Ord-
nungswidrigkeitenverfahren bei Kreditinstituten und Fi-
nanzdienstleistungsinstituten im Sinne des § 340 HGB zu er-
gänzen ist.

Zu Buchstabe c (Absatz 5 – neu)

Satz 1 regelt eine gegenseitige Mitteilungspflicht, wonach
das Bundesamt für Justiz und die Bundesanstalt für Finanz-
dienstleitungsaufsicht einander unterrichten, wenn ein Kre-
ditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut im Sinne des
§ 340 HGB seine sich aus § 289b HGB-E ergebenden Erklä-
rungspflichten verletzt. So wird der jeweils anderen Behörde
eine Berücksichtigung ermöglicht, also eine entsprechende
Beachtung bei der Erteilung eines Grundlagenbescheides
oder eine mögliche Sanktionierung der Ordnungswidrigkeit
bei falscher Erklärung.

Bei Satz 2 handelt es sich um die Artikel 11 Nummer 5
Buchstabe c entsprechende Regelung, die eine Mitteilungs-
pflicht für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsauf-
sicht gegenüber den Finanzämtern regelt.

Zu Nummer 7 (§ 341n)

Zu Buchstabe a (Absatz 1 Nummer 3)

nungswidrigkeitenverfahren bei Versicherungsunternehmen
im Sinne des § 341 Absatz 1 HGB zu ergänzen ist.

Zu Buchstabe b (Absatz 1a – neu)

Es handelt sich um die Artikel 11 Nummer 5 Buchstabe b
entsprechende Regelung, die gleichermaßen für das Ord-
nungswidrigkeitenverfahren bei Versicherungsunternehmen
im Sinne des § 341 Absatz 1 HGB zu ergänzen ist.

Zu Buchstabe c (Absatz 5 – neu)

Satz 1 regelt eine gegenseitige Mitteilungspflicht, wonach
das Bundesamt für Justiz und die Bundesanstalt für Finanz-
dienstleitungsaufsicht einander unterrichten, wenn ein Versi-
cherungsunternehmen im Sinne des § 341 Absatz 1 HGB
seine sich aus § 289b HGB-E ergebenden Erklärungspflich-
ten verletzt. So wird der jeweils anderen Behörde eine Be-
rücksichtigung ermöglicht, also eine entsprechende Beach-
tung bei der Erteilung eines Grundlagenbescheides oder eine
mögliche Sanktionierung der Ordnungswidrigkeit bei fal-
scher Erklärung.

Bei Satz 2 handelt es sich um die Artikel 11 Nummer 5
Buchstabe c entsprechende Regelung, die eine Mitteilungs-
pflicht für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsauf-
sicht gegenüber den Finanzämtern regelt.

Zu Artikel 12 (Änderung des Einführungsgesetzes
zum Handelsgesetzbuch)

Die Übergangsvorschrift (Artikel 70 – neu) im Einführungs-
gesetz zum Handelsgesetzbuch stellt klar, dass erst in den
Lageberichten, die für das auf die Verkündung des Gesetzes
folgende Geschäftsjahr erstellt werden, die Berichtspflicht
des § 289b HGB- E gilt. Dadurch ist sichergestellt, dass keine
Abgrenzung für Zeiträume erfolgen muss, die in die Zeit vor
der Verkündung des Gesetzes fallen. Damit greift die Be-
richtspflicht bereits für Zeiträume, in denen die Mindestquo-
ten noch nicht in Kraft getreten sind. Sie bezieht sich für den
Zeitraum zwischen Verkündung und Inkrafttreten des Geset-
zes auch nur auf die in § 2 Absatz 1 TeilhStatG- E verlangten
Angaben, weil es noch keine Unternehmen geben kann, die
zur Einhaltung einer Mindestquote bei der Besetzung ihrer
Gremien verpflichtet sind.

Zu Artikel 13 (Änderung des Körperschaftsteuer-
gesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 10 Nummer 4)

Hierbei handelt es sich um eine redaktionelle Folgeände-
rung, die aus der Einfügung einer weiteren Nummer resul-
tiert.

Zu Nummer 2 ( § 10 Nummer 5 – neu)

Durch die Einfügung einer weiteren Position nicht abziehba-
rer Aufwendungen im Katalog des § 10 KStG wird eine mil-
de Sanktion geschaffen, die das Unternehmen, welches bei
der Besetzung seiner Führungsgremien gegen die gesetz-
lichen Mindestquoten verstoßen hat, in einer Höhe sanktio-
niert, die letztlich das Unternehmen selbst durch die Festle-
gung der Vergütungen bestimmt hat. Das Abzugsverbot des
Es handelt sich um die Artikel 11 Nummer 5 Buchstabe a
entsprechende Regelung, die gleichermaßen für das Ord-

Satzes 1 umfasst alle Vergütungsbestandteile, also auch
Boni, Einmalzahlungen und sonstige Vergütungen jeglicher

Drucksache 17/11139 – 40 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Art. Damit wird sichergestellt, dass eine Flucht in die Ge-
währung niedriger fixer Vergütungen bei Erhöhung der
variablen Anteile nicht erfolgversprechend ist. Dem Ab-
zugsverbot unterfallen die Aufwendungen für das gesamte
Gremium, welches gegen die Mindestbesetzungsvorschrif-
ten verstößt, unabhängig davon, ob die Voraussetzungen
ganz oder nur zum Teil verletzt werden. Auch an die Arbeit-
nehmervertreter geleistete Vergütungen fallen darunter, so-
fern auf Seiten der Anteilseignervertreter gegen die Mindest-
vorgaben verstoßen wird. Das Abzugsverbot gilt nur für
solche Unternehmen, die gemäß § 96 Absatz 5 AktG- E in
den Anwendungsbereich der Mindestquoten fallen. Ob das
jeweilige Unternehmen diesen Quoten unterfällt, hat es in
seinem Lagebericht anzugeben, vgl. § 289b Satz 1 Nummer 2
HGB-E.

Satz 2 bestimmt, wann ein Verstoß im Sinne des Satzes 1
vorliegt. Danach wird bei allen Gesellschaften, die über
einen Aufsichtsrat oder ein anderes von Satz 1 erfasstes
Überwachungsorgan verfügen, ein solcher Verstoß vermutet,
soweit das Unternehmen die Vermutung nicht widerlegt.
Eine solche Vermutung ist erforderlich, weil für das veranla-
gende Finanzamt nicht ohne weiteres ersichtlich ist, ob ein
Unternehmen, welches über einen Aufsichtsrat oder ein ent-
sprechendes Gremium verfügt, aufgrund seiner Börsennotie-
rung oder Mitbestimmung in den Anwendungsbereich der
Quote fällt. Die Widerlegung der Vermutung ist auf zwei Ar-
ten möglich: Buchstabe a sieht für Unternehmen, die gemäß
§ 96 Absatz 5 AktG-E mangels Börsennotierung oder Mitbe-
stimmung nicht in den Anwendungsbereich der Mindestquo-
ten fallen, einen Nachweis durch Vorlage der entsprechen-
den Erklärung im Rahmen des Lageberichts vor. Etwas
anderes gilt nur, wenn das Finanzamt Kenntnis von der Un-
richtigkeit der Angaben hat (eine Prüfungspflicht hinsicht-
lich der tatsächlichen Verhältnisse trifft das Finanzamt nicht,
dies ist Aufgabe des Bundesamtes für Justiz); in solchen Fäl-
len kann der Lagebericht die Vermutung selbstverständlich
nicht widerlegen und es ist ein Grundlagenbescheid erfor-
derlich. Ist der Nachweis über die Vorlage des Lageberichts
nicht möglich, weil das Unternehmen der Quote unterfällt
(und dies folglich auch entsprechend in seinem Lagebericht
kenntlich zu machen hat), kann es die Vermutung des Quo-
tenverstoßes nur durch Vorlage der vom Bundesamt für Jus-
tiz erteilten Bescheinigung – diese ist Grundlagenbescheid
im Sinne des § 171 Absatz 10 der Abgabenordnung – über
die Einhaltung der Mindestvorgaben nachweisen (vgl. die
Einzelbegründung zu § 96 Absatz 6 AktG- E). Hierdurch ist
der bei den Finanzämtern entstehende Prüfungsaufwand ge-
ring. Aufgrund der bereits bestehenden Versagung der steu-
erlichen Abzugsfähigkeit für die hälftigen Aufsichtsratsver-
gütungen hat das Finanzamt ohnehin zu prüfen, ob die
Kapitalgesellschaften einen Aufsichtsrat oder ein entspre-
chendes Überwachungsgremium haben. Ist dies der Fall,
muss das Finanzamt die Vorlage eines in Satz 2 genannten
Nachweises verlangen. Unternehmen, die in den Anwen-
dungsbereich des § 96 Absatz 3 und 4 AktG-E fallen, sind
danach gehalten, den Erlass eines Grundlagenbescheides
beim Bundesamt für Justiz zu beantragen.

Satz 3 erlaubt dem für die körperschaftsteuerliche Veranla-
gung zuständigen Finanzamt, dem Bundesamt für Justiz Ver-
stöße gegen die Berichtspflicht des § 289b HGB-E mitzutei-

grund der zeitversetzt durchgeführten Betriebsprüfungen die
falschen Angaben nicht in jedem Fall Eingang in die Statistik
sowie in die Namensliste werden finden können, ist die Vor-
schrift lediglich als Kann-Vorschrift formuliert. So müssen
Unternehmen, die aufgrund falscher Angaben zunächst kei-
ne Einbußen in der öffentlichen Wahrnehmung erleiden,
auch im Nachhinein noch mit einer Veröffentlichung zurück-
liegender Verstöße und Umgehungsversuche rechnen. Sollte
die Praxis zeigen, dass Verstöße aufgrund ihrer Häufigkeit
hier einer zwingenden Meldung bedürfen, ist dies in der Zu-
kunft entsprechend anzupassen.

Zu Artikel 14 (Teilhabestatistikgesetz)

§ 1 enthält die gesetzliche Anordnung einer Bundesstatistik
im Sinne des § 5 Absatz 1 BStatG. Danach bedarf jede Bun-
desstatistik vorbehaltlich anderweitiger, hier nicht einschlä-
giger, Regelungen einer gesetzlichen Anordnung. Eine sol-
che Bundesstatistik ist erforderlich, um eine effektive
öffentliche Darstellung und Kontrolle der Entwicklung des
Frauenanteils in Führungsgremien unter dem Einfluss der
Mindestquoten zu ermöglichen. Dies hat durch eine eigene
Statistik zu erfolgen, weil nur so die herausgehobene Bedeu-
tung der Berichtspflicht und nicht zuletzt der Quoten selbst
deutlich wird. Durch die Beschränkung auf die bereits bei-
spielsweise zu steuerlichen Daten erhobenen Statistiken
würde nicht derselbe Effekt erzielt. Zum einen erfasst die
Berichtspflicht auch Unternehmen, die nicht der Körper-
schaftsteuerpflicht unterliegen, zum anderen ist gerade die
gesammelte Erfassung und Veröffentlichung der die Quoten
betreffenden Daten zu einer wirksamen Kontrolle erforder-
lich.

§ 2 Absatz 1 ist die zentrale Norm des Gesetzes, die Inhalt
und Umfang der zu erstellenden Statistik festlegt. Nach Ab-
lauf der Übergangsfrist wird Absatz 1 um den in Artikel 15
festgelegten Wortlaut ergänzt; dadurch bezieht sich die
Berichtspflicht zunächst nur auf die tatsächlichen Anteile
weiblicher und männlicher Führungskräfte in den zur Be-
richterstattung verpflichteten Unternehmen, bevor sie nach
Inkrafttreten der Mindestquoten um Angaben zur Einhaltung
der Mindestquoten erweitert wird (vgl. zu Artikel 15). Ab-
satz 1 ordnet die Erfassung aller Daten an, die sich aus der in
§ 289b HGB-E geregelten Berichtspflicht ergeben. Dadurch
wird eine Statistik angeordnet, die für Führungsgremien aller
mittleren und großen Kapitalgesellschaften im Sinne des
§ 267 HGB das zahlenmäßige Verhältnis von Frauen und
Männern ermittelt und damit einen Überblick über die tat-
sächliche Teilhabe der Geschlechter in Führungsgremien
eröffnet. Erfasst sind auch Vorstände und sonstige Leitungs-
organe, die nach dem vorliegenden Gesetzentwurf keiner
Mindestquote unterworfen werden. Zusätzlich erfolgt die
Erhebung dieser Daten bei kleinen Kapitalgesellschaften,
die der Berichtspflicht gemäß § 289b Satz 2 HGB-E ab deren
Inkrafttreten unterliegen, weil aufgrund ihrer Börsennotie-
rung oder Mitbestimmung die Mindestquoten in Führungs-
gremien dann Anwendung finden. Wegen der Anknüpfung
an die Pflicht zur Erstellung des Lageberichts werden auch
mittlere und große Kapitalgesellschaften erfasst, die man-
gels Mitbestimmung und Börsennotierung nicht in den An-
wendungsbereich der Quote fallen können. Dies ist erforder-
lich, um die Auswirkungen der gesetzlichen Neuregelungen
len, von denen es Kenntnis erlangt. Dies kann beispielsweise
im Rahmen einer Betriebsprüfung der Fall sein. Weil auf-

auf die tatsächliche Situation in Deutschland beurteilen zu
können und dient auf mittlere Sicht auch der Beurteilung der

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41 – Drucksache 17/11139

Fragen, ob eine Ausdehnung der Mindestquoten auch auf
Geschäftsleitungsgremien erforderlich beziehungsweise
wann eine Abschaffung der Mindestquote gerechtfertigt ist.
Die Berichtspflicht unterscheidet dabei nach Vorständen be-
ziehungsweise Leitungsorganen, wozu beispielsweise auch
die Geschäftsführungen von Gesellschaften mit beschränk-
ter Haftung zu zählen sind, und Aufsichtsräten und sonstigen
Aufsichtsorganen.

§ 2 Absatz 2 sieht für die Erhebung und Darstellung der Sta-
tistik zwei unterschiedliche, nebeneinander zu erstellende
Formen vor: § 2 Absatz 2 Alternative 1 verlangt eine Über-
sicht über alle von der Statistik erfassten Unternehmen, § 2
Absatz 2, Alternative 2 sieht eine nach Rechtsformen ge-
trennte Darstellung vor. Dies gilt für alle in § 2 angeordneten
Angaben. Dadurch wird gewährleistet, dass sich die Auswir-
kungen der Mindestquoten sachgerecht beurteilen lassen und
die Abschaffung oder Ergänzung der Mindestquote je nach
Erforderlichkeit unter Umständen auch für die jeweiligen
Rechtsformen getrennt erfolgen kann.

§ 2 Absatz 3 bestimmt als für die Erfassung der Daten erfor-
derliche Hilfsmerkmale im Sinne des § 10 Absatz 1 Satz 3
BStatG Namen und Anschriften der von der Berichtspflicht
erfassten Unternehmen.

§ 3 Absatz 1 legt fest, dass das Bundesamt für Justiz zur Aus-
kunftserteilung verpflichtet ist und entspricht damit den An-
forderungen von § 15 Absatz 1 BStatG. Weil das Bundesamt
für Justiz bei Verstößen von Kreditinstituten und Versiche-
rungsunternehmen im Sinne des § 334 Absatz 5 HGB unter-
richtet wird, verfügt es über alle Informationen, die das Sta-
tistische Bundesamt für die Erstellung der Statistik benötigt.

§ 3 Absatz 2 legt fest, dass die Statistik jährlich zu erheben
ist. Gerade im Hinblick darauf, dass die Bestellung von Vor-
ständen nicht an den Zyklen bei Aufsichtsräten vergleichba-
re Zeiträume gebunden ist, ist eine zeitnahe Erfassung von
Veränderungen hierdurch möglich. Zudem wird so nachvoll-
ziehbar, inwieweit sich die einzuführenden Quoten in der
Praxis auswirken.

§ 4 bestimmt eine Veröffentlichungspflicht für die zu erstel-
lende Statistik. Nur so ist gewährleistet, dass die erfassten
Daten der Öffentlichkeit zur Kenntnis gelangen und eine
Meinungsbildung über das Verhalten der von der Pflicht zur
Einhaltung der Mindestquoten erfassten Unternehmen statt-
finden kann. Diese öffentliche Meinungsbildung ist Teil des
vergleichsweise milden Sanktionssystems, weil durch ein
verändertes Bewusstsein ein erhöhter Rechtfertigungsdruck
der gegen die Quote verstoßenden Unternehmen entstehen
soll. Dies ist nur durch eine ausreichende Publizität der Ein-
haltung der Mindestquoten zu erreichen. Hierfür ist auf die
für Bundesstatistiken üblichen Veröffentlichungsmethoden
zurückzugreifen.

Zu Artikel 15 (Änderung des Teilhabestatistik-
gesetzes)

§ 2 Absatz 1 regelt die Berichtspflicht ab Inkrafttreten der
ersten Stufe der Mindestquote. Er ergänzt die während der
ersten Übergangsphase geltende Berichtspflicht um detail-

Nummer 1 regelt die gemäß Artikel 14 (vgl. oben) bereits
unmittelbar nach Verkündung des Gesetzes geltenden Be-
richtspflichten über den Anteil weiblicher Führungskräfte,
ungeachtet der Mindestquoten.

Nummer 2 knüpft an die Pflicht zur Einhaltung der gesetzli-
chen Mindestquoten an und tritt gleichzeitig mit ihr in Kraft
(vgl. zu Artikel 16). Danach erfolgt zunächst eine generelle
Erfassung des Anteils quotengemäß besetzter (Teil-)Gre-
mien (Buchstabe a), während zusätzlich (Buchstaben b und
c) berücksichtigt wird, ob eine Nichteinhaltung möglicher-
weise rechtmäßig ist. Die zu erstellende Statistik hat zwi-
schen Anteilseigner- und Arbeitnehmer-Teilgremium zu
unterscheiden, sofern es sich bei dem erfassten Unternehmen
um ein mitbestimmtes Unternehmen handelt. Damit sind
beide Teilgremien getrennt darzustellen, so dass für jede
Seite die Einhaltung der Quote gesondert nachvollziehbar
ist.

Nummer 2 Buchstabe a ordnet danach die Erfassung der
Angaben darüber an, wie viele der aufgrund ihrer Börsen-
notierung oder Mitbestimmung der Quote unterfallenden
Aufsichtsräte beziehungsweise sonstigen Aufsichtsorgane
quotengerecht besetzt sind. Dabei hat die Beurteilung, ob
eine quotengerechte Besetzung vorliegt, lediglich danach zu
erfolgen, ob die von § 96 Absatz 3 und 5 AktG-E vorgegebe-
ne Besetzung eingehalten ist. Ob eine Befreiung von dieser
Pflicht aufgrund des Vorliegens eines Härtefalles oder Ein-
greifens eines Ausnahmetatbestandes gemäß § 96 Absatz 3
Satz 7, Absatz 4 AktG-E gegeben ist, bleibt im Rahmen von
Nummer 2 Buchstabe a außer Betracht.

Nummer 2 Buchstabe b verlangt über Nummer 2 Buchstabe a
hinausgehend eine Angabe darüber, wieviele der (obwohl
aufgrund von Mitbestimmung oder Börsennotierung grund-
sätzlich zur Einhaltung der Quote verpflichteten) nicht quo-
tengerecht besetzten (Teil-)Gremien sich auf das Vorliegen
eines Härtefalles oder – im Arbeitnehmer-Teilgremium – auf
den Ausnahmetatbestand des § 96 Absatz 3 Satz 7 AktG-E
berufen. Diese Information liegt dem Bundesamt für Justiz
aufgrund der durchgeführten Verbescheidung vor, es leitet
sie im Rahmen seiner Auskunftspflicht an das Statistische
Bundesamt weiter. Diese Information sagt nichts darüber
aus, ob die Voraussetzungen eines Härtefalles tatsächlich er-
füllt sind, sondern macht nur deutlich, dass das betreffende
Unternehmen nach eigenen Angaben die Quote in der Über-
zeugung nicht erfüllt, hierzu nicht verpflichtet zu sein.

Erst Nummer 2 Buchstabe c trifft eine Aussage darüber, wie
hoch der Anteil derjenigen Unternehmen in der Vergangen-
heit war, die, obwohl sie in den Anwendungsbereich der
Quote fielen, diese berechtigterweise nicht eingehalten ha-
ben. Maßgeblich ist dabei die abschließende Entscheidung
der zuständigen Stelle, also des Bundesamtes für Justiz. Sie
hat unter Angabe des jeweiligen Jahres, für das das Vorlie-
gen eines Ausnahmetatbestandes oder Härtefalles anerkannt
wurde, zu erfolgen und ist für einen die tatsächlichen Ver-
hältnisse in geeigneter Weise darstellenden Zeitraum auf-
zuführen. Inwieweit Rechtsmittel gegen die Grundlagen-
bescheide und damit vor allem gegen die Versagung der
Anerkennung von Härtefällen ergriffen werden, ist zunächst
abzuwarten. Nur für den Fall, dass sich die Statistik aufgrund
abändernder Urteile als nicht nur unerheblich korrekturbe-
lierte Angaben zur Einhaltung der Mindestquoten durch die
ihr unterfallenden Unternehmen.

dürftig erweist, ist insofern auch eine Korrekturmöglichkeit
der Statistik im Nachhinein durch den Gesetzgeber zu ergän-

Drucksache 17/11139 – 42 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

zen. Aufgrund der vom Gesetz vorgesehen langen Über-
gangsfristen ist aber davon auszugehen, dass von der Härte-
fallklausel nur in seltenen Einzelfällen Gebrauch gemacht
werden wird und dementsprechend eine signifikante Beein-
trächtigung der Statistik durch nachträgliche Korrekturen
seitens der Rechtsprechung nicht zu befürchten ist.

Zu Artikel 16 (Inkrafttreten)

auch diesen Gesellschaften hinreichend Zeit zur Vorberei-
tung vor der Einführung der ersten Stufe verbleibt.

Damit ist eine Neubesetzung des Aufsichtsorgans ohnehin
im Zeitraum zwischen Verkündung und Inkrafttreten des Ge-
setzes erforderlich. So wird vermieden, dass die Organe le-
diglich aufgrund der Gesetzänderung neu zu besetzen sind.
Zudem hat jedes Unternehmen im Zeitpunkt der Bestellung
Die in mehreren Stufen eintretende Wirkung der Berichts-
pflicht und der Mindestquoten wird durch ein gestaffeltes In-
krafttreten der unterschiedlichen Regelungen erreicht. So
tritt zunächst unmittelbar nach Verkündung des Gesetzes die
generelle Berichtspflicht zum Frauenanteil in Führungsgre-
mien in Kraft, daneben der erste Teil der Vorschriften des
Teilhabestatistikgesetzes (vgl. zu Artikel 14). Sechs Jahre
nach Verkündung tritt die erste Stufe der gesetzlichen Min-
destquoten in Höhe von 20 Prozent in Kraft, daneben werden
die Berichts- und Veröffentlichungspflicht um die Angaben
zur Einhaltung der Mindestquoten ergänzt. Weitere fünf Jah-
re später läuft die Übergangsphase aus und die Endstufe mit
einer Mindestquote von 40 Prozent tritt in Kraft.

Der Gesetzentwurf sieht einen verhältnismäßig langen Zeit-
raum von sechs Jahren zwischen Verkündung und Inkrafttre-
ten des Gesetzes vor. Dadurch ist sichergestellt, dass wäh-
rend einer Dauer von sechs Jahren ab Verkündung noch
keine Pflicht zur Einhaltung gesetzlicher Mindestquoten be-
steht. Stattdessen kann und soll diese Zeit den Unternehmen
zur Vorbereitung und Rekrutierung weiblicher Führungs-
kräfte dienen, damit bei Inkrafttreten des Gesetzes nach Ab-
lauf von sechs Jahren ausreichend personelle Kapazitäten
zur quotengerechten Besetzung der Führungsgremien zur
Verfügung stehen.

Die Zeitspanne zwischen Verkündung und Inkrafttreten des
Gesetzes orientiert sich an der Amtszeit von Aufsichtsräten
einer Aktiengesellschaft. Gemäß § 102 Absatz 1 AktG reicht
diese bis zur Beendigung der über die Entlastung für das
vierte Geschäftsjahr nach Beginn der Amtszeit des Auf-
sichtsrates beschließenden Hauptversammlung. Diese Ent-
lastung hat gemäß § 120 Absatz 1 Satz 1 AktG innerhalb von
acht Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres zu erfolgen.
Deswegen können Aufsichtsräte eine Amtszeit erreichen,
die einen Zeitraum von fünf Jahren um bis zu acht Monate
übersteigt. Die vorgesehene Frist von sechs Jahren ab Ver-
kündung des Gesetzes bis zu dessen Inkrafttreten stellt si-
cher, dass den Unternehmen eine komplette Amtszeit zur
Vorbereitung zur Verfügung steht. Die Erhöhung auf volle
sechs Jahre dient wiederum der Gesetzesklarheit im Interes-
se des Gesetzanwenders. Damit steht die Frist im Einklang
mit der in Artikel 46 Absatz 1 SE-VO festgelegten Höchst-
amtszeit von sechs Jahren für Gesellschaftsorgane, so dass

des bei Inkrafttreten des Gesetzes im Amt befindlichen Auf-
sichtsgremiums die Möglichkeit der Kenntnis von den quo-
talen Anforderungen, so dass sich kein Unternehmen darauf
berufen kann, dass ein quotenwidrig besetzter Aufsichtsrat
bereits im Amt und eine vorzeitige Neubesetzung unzumut-
bar sei.

Mit Geltung der ersten Stufe finden auch die erweiterten An-
forderungen des Entwurfs des Teilhabestatistikgesetzes (vgl.
Artikel 15) Anwendung, die über die Einhaltung der nun-
mehr eingeführten Quoten Auskunft geben.

Satz 2 legt fest, dass die in Artikel 2 festgelegten Mindest-
quoten der Endstufe erst weitere fünf Jahre später, also elf
Jahre nach Verkündung des Gesetzes in Kraft treten, wo-
durch nahezu eine vollständige weitere Wahlperiode zur
Vorbereitung auf die 40- Prozent-Vorgabe zur Verfügung
steht. Sofern die Übergangsfristen bei der Europäischen Ge-
sellschaft aufgrund festgelegter Amtszeiten der Führungs-
gremien von sechs Jahren nicht zwei vollständige Amts-
zeiten umfassen, ist dies vor dem Hintergrund ihrer ver-
gleichsweise geringen Anzahl zumutbar, weil anderenfalls
die Übergangsfristen für die übrigen Rechtsformen unange-
messen lang würden.

Satz 3 bestimmt, dass die die Berichtspflicht betreffenden
Artikel 11 und 12 sowie der die Erstellung einer Bundes-
statistik über den Anteil weiblicher Mitglieder in Führungs-
gremien betreffende Artikel 14 (abweichend von den übri-
gen Artikeln des Gesetzentwurfs) bereits am Tag nach der
Verkündung des Gesetzes in Kraft treten. Dadurch gilt die
Berichtspflicht, die sich zunächst nur auf den Anteil weib-
licher Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der berichts-
pflichtigen Unternehmen bezieht, bereits während der Vor-
bereitungszeit. Dies dient einer verstärkten Wahrnehmung
der Mindestquoteneinführung bei den Unternehmen (unab-
hängig davon, ob sie den Mindestquoten ab deren Geltung
unterfallen oder nicht). Weil an die Berichtsplicht als solche
keine rechtlichen Konsequenzen geknüpft sind, ist hierfür
keine Vorbereitungsphase erforderlich. Nur so lässt sich die
Entwicklung des Anteils beider Geschlechter in Führungs-
gremien unter dem Einfluss der einzuführenden Quoten
nachvollziehen. Daneben treten auch die Vorschriften zur zu
erstellenden Bundesstatistik (vgl. zu Artikel 14) in Kraft, so
dass eine öffentliche Wahrnehmung der Entwicklung mög-
lich ist.

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