BT-Drucksache 17/1084

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -17/200, 17/201, 17/613, 17/623, 17/624, 17/625- Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2010 (Haushaltsgesetz 2010) hier: Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verteidigung

Vom 15. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1084
17. Wahlperiode 15. 03. 2010

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Inge Höger, Paul Schäfer (Köln), Jan van Aken, Dr. Gesine
Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, Karin Binder, Heidrun Bluhm,
Steffen Bockhahn, Christine Buchholz, Roland Claus, Sevim Dag˘delen, Dr. Diether
Dehm, Wolfgang Gehrcke, Annette Groth, Heike Hänsel, Andrej Hunko, Harald
Koch, Katrin Kunert, Caren Lay, Sabine Leidig, Michael Leutert, Stefan Liebich,
Thomas Lutze, Kornelia Möller, Niema Movassat, Thomas Nord, Ingrid Remmers,
Dr. Ilja Seifert, Kersten Steinke, Sabine Stüber, Alexander Süßmair, Dr. Kirsten
Tackmann, Alexander Ulrich, Katrin Werner und der Fraktion DIE LINKE.

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 17/200, 17/201, 17/613, 17/623, 17/624, 17/625 –

Entwurf eines Gesetzes
über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2010
(Haushaltsgesetz 2010)

hier: Einzelplan 14
Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Der Einzelplan 14 des Bundeshaltsentwurfs für das Hauhaltsjahr 2010 steht
für die Kontinuität einer kompromisslosen Auf- und Umrüstungspolitik der
Bundeswehr zur Interventionsarmee seit den 90er-Jahren.

Der Verteidigungshaushaltsentwurf umfasst über 31 Mrd. Euro; gemäß
NATO-Kriterien, sogar über 34 Mrd. Euro. Das entspricht einem Anteil von
11 Prozent am gesamten Bundeshaushaltsentwurf.

Die „verteidigungsinvestiven Ausgaben“ („Forschung, Entwicklung, Erpro-
bung“, „Beschaffung“ und „sonstige Investitionen“) bleiben im Haushalts-
jahr 2010 mit etwa 7,65 Mrd. Euro (7,62 Mrd. Euro in 2009) auf hohem
Niveau trotz Wirtschafts- und Finanzkrise und der damit einhergehenden Be-
lastung der öffentlichen Haushalte aufgrund der Steuerausfälle.
Die transatlantische Verbundenheit, institutionalisiert über die NATO, kostet
die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in diesem Haushaltsjahr über 400 Mio.
Euro.

Hinzu kommen 1,2 Mrd. Euro für die „Auslandseinsätze der Bundeswehr“,
damit Deutschland seiner angeblich „gewachsenen Verantwortung in der in-
ternationalen Politik“ gerecht werden kann.

Drucksache 17/1084 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Der Entwurf des Einzelplans 14 ist eine Makulatur:

● Die Globale Minderausgabe in Höhe von 200 Mio. Euro wird nicht er-
läutert.

● Die Kosten für die Auslandseinsätze auf insgesamt 605 Mio. Euro zu be-
ziffern, zeugt von unseriöser Haushaltsplanung. Bereits zum Zeitpunkt der
Erarbeitung des Einzelplans 14 standen die jeweiligen Ausgaben für die
„Auslandseinsätze der Bundeswehr“, deren Mandate sich in das Hauhalts-
jahr 2010 erstrecken, der Bundesregierung zur Verfügung. Die Gesamt-
kosten betrugen seinerzeit bereits 982 Mio. Euro. Hinzu kommen nun an-
gesichts des neuen ISAF-Mandats zusätzliche 226 Mio. Euro. Damit liegen
die Ausgaben für die Bundeswehrauslandseinsätze gemäß der in den Man-
daten aufgeführten Soll-Kosten bei über 1,2 Mrd. Euro und somit das
Doppelte dessen, was im Haushaltsplan veranschlagt wurde.

● Der Schützenpanzer Puma, der Eurofighter sowie der A400M stehen nicht
nur für eine Absage an eine glaubwürdige Friedenspolitik. Sie stehen da-
rüber hinaus auch für eine rüstungs- und haushaltspolitische Bankrott-
erklärung sämtlicher Bundesregierungen gegenüber der Rüstungsindus-
trie seitdem diese Beschaffungsprojekte in Auftrag gegeben worden sind.
Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler müssen nach gegenwärtigem
Stand der Berechnungen über 40 Mrd. Euro für diese drei Waffensysteme
zahlen – angefangen bei der Entwicklung und aufhörend mit der Beschaf-
fung des letzten Produkts. Auf das Haushaltsjahr 2010 entfallen hierfür
nahezu 1,7 Mrd. Euro. Die Alimentierung der volkswirtschaftlich unpro-
duktiven Rüstungsindustrie ist nicht im Interesse der Bürgerinnen und
Bürger.

● Die Bundesregierung ist im Haushaltsjahr 2010 Verpflichtungsermächti-
gen in Höhe von 7,1 Mrd. Euro eingegangen. Hinzu kommen die Ver-
pflichtungsermächtigungen aus den vergangenen Haushaltsjahren von
42,5 Mrd. Euro. Damit haben die Bundesregierung sowie ihre Vorgänger-
regierungen Gelder, die noch nicht einmal steuerlich erhoben sind, in
Höhe von 50 Mrd. Euro für die nächsten Jahre bereits für militärische
Maßnahmen vertraglich fest verplant. Auf diese Weise werden den Bür-
gerinnen und Bürgern ungeachtet der künftigen Steuereinnahmenhöhe
Finanzen entwendet, die für soziale und zivile ökonomische Projekte sinn-
voller wären.

3. Aktive Friedenspolitik bedeutet nicht mehr, sondern weniger Waffen. Glo-
bale Herausforderungen können nur mit zivilen Instrumenten erfolgreich be-
arbeitet werden. Das Jahr 2008 war erneut ein Rekordjahr für weltweite mi-
litärische Ausgaben. Das Stockholmer Institut für Friedensforschung (SIPRI)
errechnete für das Jahr 2008 globale Militärausgaben in Höhe von 1 056 Mrd.
Euro (1 464 Mrd. US-Dollar) und somit eine Steigerung um 4 Prozent zum
Vorjahr. Deutschland lag, laut SIPRI, im globalen Vergleich im Jahr 2008 an
sechster Stelle. Zugleich belegte Deutschland im Zeitraum 2004 bis 2008 mit
10 Prozent der globalen Rüstungsexporte den dritten Platz nach den USA und
Russland. Der Einzelplan 14 stellt eine friedens- und wirtschaftspolitische
Fehlinvestition dar. Es gilt umzusteuern.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

die im Haushaltsplan 2010 vorgesehene Ausgaben des Einzelplans 14 deutlich
zu reduzieren. Die Bundesregierung soll ein abrüstungs- und friedenspolitisches
Signal aussenden, in dem sie den Einzelplan 14 um 4 Mrd. Euro (13 Prozent des
Einzelplans 14 unter Berücksichtigung der Versorgungsausgaben) kürzt.
Die so möglichen Einsparungen sind in Konversions- sowie in entwicklungs-,
sozial-, bildungs- und umweltpolitische Projekte zu investieren.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1084

1. Es sind insbesondere die Beendigungen der Auslandseinsätze der Bundes-
wehr, die Beendigungen der deutschen Beteiligungen an der NATO Response
Force, an den EU-Battle Groups und an der Europäischen Verteidigungs-
agentur sowie die Abschaffung der Wehrpflicht friedens- und haushalts-
politisch von hoher Relevanz.

2. Es sind sämtliche Auslandseinsätze der Bundeswehr, insbesondere der
ISAF-Einsatz in Afghanistan im Haushaltsjahr 2010 zu beenden und hierfür
dem Deutschen Bundestag zeitnah eine neue Kostenkalkulation für die voll-
ständige Rückverlegung der Bundeswehr vorzulegen.

3. Es sind die in den Kapiteln 14 16 und 14 20 aufgeführten Beschaffungs- und
Entwicklungsmaßnahmen, die im Besonderen der interventions- und Kriegs-
führungsfähigkeit dienen, zu streichen,

a) insbesondere im Bereich der Luftwaffe

● den sofortigen Abbruch der Produktion und Lieferung der zweiten
Tranche des EF 2000 und damit die angesetzten Beschaffungs- und
Entwicklungskosten für 2010 in Höhe von knapp 1,3 Mrd. Euro einzu-
sparen sowie aus dem EF 2000 Projekt (einschließlich der Bewaff-
nungsmodule) in Gänze auszusteigen;

● auf die Beschaffung des Militärtransporters A400M gänzlich zu ver-
zichten und damit die anfallenden Kosten für das Haushaltsjahr 2010
in Höhe von 150 Mio. Euro (Beschaffung) sowie die derzeit unbere-
chenbaren weiteren Beschaffungskosten von mindestens 9 Mrd. Euro
einzusparen.

b) insbesondere im Bereich der Marine

● auf die Beschaffung der Fregatte Kl. 125 gänzlich zu verzichten und
aus dem Projekt sofort auszusteigen. Die damit verbundenen Ein-
sparungen für das Haushaltsjahr 2010 betrügen 150 Mio. Euro und ab
2011 nahezu 2 Mrd. Euro;

● auf die Beschaffung des zweiten Loses (Stückzahl 1) des Einsatzgrup-
penversorgers Kl. 702 zu verzichten.

c) im Heer auf die Beschaffung und Entwicklung des Schützenpanzers
Pumas zu verzichten und damit die Kosten in Höhe von über 112 Mio.
Euro für das Haushaltsjahr 2010 sowie die verbleibenden Gesamtkosten
einzusparen.

d) auf die deutsche Beteiligung an der Entwicklung und der Erprobung re-
spektive auf die spätere Beschaffung des Waffensystems MEADS gänz-
lich zu verzichten und aus dem Projekt sofort auszusteigen.

e) die Investitionen in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Erpro-
bung von Waffensystemen auf den Bereich der reinen Defensivwaffensys-
teme für die territorialgebundene Verteidigungskapazitäten einzuschrän-
ken.

4. Es ist ein zusätzlicher Haushaltsvermerk (Nummer 8) in Kapitel 14 12, Titel-
gruppe 01 – Titel 519 11 mit folgendem Wortlaut einzustellen: „In 2010 sind
18,3 Mio. Euro für die Kampfmittel- und Munitionsberäumung in der
Kyritz-Ruppiner Heide vorgesehen.“

Berlin, den 15. März 2010
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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