BT-Drucksache 16/940

Zwischenbilanz für Integrationskurse des Jahres 2005 vorlegen

Vom 14. März 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/940
16. Wahlperiode 14. 03. 2006

Antrag
der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Britta Haßelmann,
Priska Hinz (Herborn), Monika Lazar, Jerzy Montag, Claudia Roth (Augsburg),
Irmingard Schewe-Gerigk, Hans-Christian Ströbele, Wolfgang Wieland und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zwischenbilanz für Integrationskurse des Jahres 2005 vorlegen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, bis Ende April
2006 einen ersten Zwischenbericht zu den im Jahr 2005 durchgeführten Inte-
grationskursen des Zuwanderungsgesetzes vorzulegen.

II. Neben einer allgemeinen Begutachtung der Verfahren zur Feststellung einer
Teilnahmeberechtigung, des Zulassungsverfahrens, der Finanzierung sowie
dem methodisch-didaktischen Vorgehen der Kursträger muss der Zwischen-
bericht der Bundesregierung auch Bewertungen folgender Aspekte beinhal-
ten:

1. Daten über die Anträge für eine Teilnahme an normalen Sprachkursen, Ju-
gendkursen, Eltern- bzw. Frauenkursen sowie Alphabetisierungskursen;

2. Daten über abgelehnte Anträge von bereits 2004 in Deutschland lebenden
Ausländerinnen und Ausländern für eine Teilnahme an den Integrations-
kursen des Zuwanderungsgesetzes;

3. Daten über die Teilnahme an den Integrationskursen (aufgeschlüsselt nach
Neuzuwandererinnen und Neuzuwanderern (hier auch aufgeschlüsselt
nach Aufenthaltsstatus), Aussiedlerinnen und Aussiedlern, bereits 2004 in
Deutschland lebenden Ausländerinnen und Ausländern);

4. Ausgaben für die Integrationskurse 2005 sowie die haushalterischen An-
sätze und Planungen für 2006 und 2007;

5. Aufschlüsselung der Abschlusstestergebnisse nach normalen Sprachkur-
sen, Jugendkursen, Eltern- bzw. Frauenkursen und Alphabetisierungskur-
sen sowie den sich daraus ergebenden Konsequenzen für das Kursstun-
denangebot sowie das Prüfungsniveau;

6. Zahlen über Anträge zur Kostenbefreiung bzw. für Fahrtkostenzuschüsse
sowie zur Befreiung von der Kursteilnahmepflicht aus Gründen der Unzu-
mutbarkeit einer Teilnahme;
7. Situation der kursbegleitenden Kinderbetreuung;

8. Situation der Lehrkräfte unter besonderer Berücksichtigung ihrer Vergü-
tung;

9. Daten über Anträge für eine Teilnahme an und über die Zulassung zu
den Integrationskursen von Personen mit subsidiärem Schutzstatus sowie
Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern;

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10. die zeitliche und inhaltliche Ausgestaltung der Orientierungskurse;

11. das Zertifizierungs- und Zulassungsverfahren für Sprachkursträger so-
wie die Zuweisungspraxis von Teilnehmerinnen und Teilnehmern in die
jeweiligen Sprachkurse;

12. die Erfahrungen über die Zuweisung von Arbeit suchenden Ausländerin-
nen und Ausländern in die Sprachkurse durch die Arbeitsvermittlungs-
agenturen (ARGE).

Berlin, den 14. März 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

Begründung

Vorbemerkung

Am 1. Januar 2005 ist das Zuwanderungsgesetz in Kraft getreten. Ein Kern-
anliegen dieses Gesetzes der damaligen rot-grünen Bundesregierung war die si-
gnifikante Verbesserung von Integrationsmöglichkeiten sowohl für Neuzuwan-
derinnen und Neuzuwanderer als auch für bereits in Deutschland lebende Aus-
länderinnen und Ausländer. Für die Sprachkurse des Zuwanderungsgesetzes
waren im Bundeshaushalt für das letzte Jahr 208 Mio. Euro eingestellt. Vorher
wurden Deutschkurse für Neuzuwanderinnen und Neuzuwanderer mit lediglich
34 Mio. DM im Jahr durch den Bund gefördert.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat in den Verhandlungen um den
sog. Zuwanderungsgesetz-Kompromiss immer allergrößten Wert auf folgende
Aspekte gelegt:

● Das Ziel des Gesetzgebers war es, dass alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer
in den Sprachkursen des Zuwanderungsgesetzes die tatsächliche Möglichkeit
erhalten, nach ihren individuellen Möglichkeiten, die für die Erteilung einer
Niederlassungserlaubnis erforderlichen ausreichenden Deutschkenntnisse zu
erwerben. Den Bedürfnissen besonderer Personengruppen, wie z. B. Perso-
nen mit Erziehungspflichten, Analphabeten (bzw. Personen, die einer Um-
alphabetisierung bedürfen) sowie von Menschen mit Behinderungen bzw.
von bildungsfernen oder lernschwachen Personen, sollte in einer Weise
Rechnung getragen werden, welche die Erreichung des Kursziels (nämlich
die Erlangung ausreichender Deutschkenntnisse im Rahmen des Sprachkur-
ses) nicht einschränkt.

● Sollte sich herausstellen, dass eine signifikante Zahl von Kursteilnehme-
rinnen und -teilnehmern das geforderte Sprachniveau nicht erreicht, wäre
dies ein Hinweis auf Schwachstellen bei der finanziellen und organisatori-
schen Ausgestaltung der Integrationskurse. Die Beseitigung dieser Schwach-
stellen darf nicht zu Lasten der Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer gehen.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatte in den Verhandlungen um
den sog. Zuwanderungsgesetz-Kompromiss erstens immer wieder warnend
auf das extrem anspruchsvolle Prüfungsniveau hingewiesen (Stufe B1 des
Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens des Europarates für Spra-
chen). Und zweitens hatte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stets
eine Ausweitung sowie eine Flexibilisierung des starren Angebotes von 600
Sprachkursstunden empfohlen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/940

● Zudem hatte sich die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowohl für
ein möglichst unbürokratisches Integrationskursverfahren eingesetzt als auch
für die Zugangsmöglichkeiten von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern
bzw. von Personen mit einem subsidiären Schutzstatus nach § 25 Abs. 3
AufenthG. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatte zudem für eine
angemessene Regelung zur Kostenbefreiung für einkommensschwache Aus-
länderinnen und Ausländer, für ein tragfähiges Angebot kursbegleitender
Kinderbetreuungsplätze sowie für Zumutbarkeits- und Sanktionsregelungen
plädiert, die die Integrationsmöglichkeiten nicht unzulässig einschränken.

● Die Teilnahme gerade auch von langjährig in Deutschland lebenden Auslän-
derinnen und Ausländern war der erklärte Wille des Gesetzgebers. Niedrige
Zugangszahlen von Neuzuwanderinnen und Neuzuwanderern dürfen nicht
zu Lasten der integrationswilligen sog. Bestandsausländerinnen und -aus-
länder gehen. Im Gegenteil würde eine solche Entwicklung in der Anlauf-
phase die zusätzliche Chance bieten, langjährig in Deutschland lebenden
Ausländerinnen und Ausländern überplanmäßige Zugangsmöglichkeiten in
die Sprachkursangebote des Zuwanderungsgesetzes anzubieten.

I. Die Fraktionen FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben
mit drei Kleinen Anfragen versucht, von der Bundesregierung erste Ergeb-
nisse über die Umsetzungspraxis der Integrationskurse des Zuwanderungsge-
setzes im Jahr 2005 zu ermitteln (Bundestagsdrucksachen 16/592, 16/639
und 16/725).

Viele Fragen blieben in den Antworten der Bundesregierung jedoch unbeant-
wortet und die Bundesregierung weigert sich, „neue Anforderungen für statis-
tische Mitteilungen [zu] veranlassen“ (Bundestagsdrucksache 16/639, S. 7).

Vor diesem Hintergrund ist die Vorlage eines Zwischenberichts der Bundes-
regierung zur Evaluierung der Integrationskurse notwendig, so wie er in der
Begründung zu § 21 der Integrationsverordnung „nach Jahresfrist, d. h. An-
fang 2006“ ohnehin vorgesehen ist.

II. Mit der Evaluierung der Integrationskurse des Zuwanderungsgesetzes wurde
die Beratungsfirma Rambøll Management vom Bundesamt für Migration
und Flüchtlinge (BAMF) beauftragt. Sie soll erst Ende 2006 einen umfassen-
den Evaluierungsbericht vorlegen.

Rambøll Management soll ganz allgemein

● die Verfahren zur Feststellung einer Teilnahmeberechtigung,

● das Zulassungsverfahren,

● die Finanzierung der Sprachkurse sowie

● das methodisch-didaktische Vorgehen der Kursträger

begutachten und ggf. Verbesserungsvorschläge unterbreiten.

Weitere Einzelheiten des Evaluierungsauftrages sind nicht bekannt. Aus den
Antworten der Bundesregierung zu den o. g. Kleinen Anfragen ergibt sich
diesbezüglich zumindest jedoch, dass Rambøll Management zusätzlich be-
reits folgende Aspekte untersucht:

● Effizienz des Kursstundenangebots,

● Vor- und Nachteile von heterogenen Lerngruppen,

● Ausmaß der Verweigerung einer Kursteilnahme bzw. eines Kursabbruchs
sowie
● Erlass sozial- bzw. aufenthaltsrechtlicher Sanktionen.

Drucksache 16/940 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Dies reicht jedoch nicht aus. Zudem ergibt sich aus den Antworten der Bun-
desregierung, dass eine Reihe von Parametern für die geplante statistische
Evaluierung der Integrationskurse lückenhaft ist.

Dies zu verhindern ist der Anlass für den beantragten Zwischenbericht. Die Not-
wendigkeit ergänzender Daten wird wie folgt begründet:

1. Aus den Antworten der Bundesregierung in Bundestagsdrucksache 16/725
(auf die Fragen 9, Buchstabe a bis c, 10, Buchstabe a bis c sowie 11, Buch-
stabe a bis c) ergibt sich, dass das BAMF keine Angaben erhebt über ge-
stellte, gebilligte bzw. abgelehnte Anträge für eine Teilnahme an normalen
Sprachkursen, Jugendkursen, Eltern- und Frauenkursen bzw. Alphabetisie-
rungskursen. Damit wird die Nachfrageseite nicht erfasst. Dies ist aber für
eine Bewertung des Integrationkursangebotes unerlässlich.

2. Die Bundesregierung hat in Bundestagsdrucksache 16/725 auf die Frage 4b
geantwortet, dass das BAMF keine Statistik führt über abgelehnte Anträge
von sog. Bestandsausländern. Wenn man jedoch die Zahl der Teilnahme-
anträge aus diesem Personenkreis (126 959) mit der Zahl derjenigen, die zum
Integrationskurs zugelassen worden sind (121 476) verrechnet, ergibt sich
eine Lücke von rund 5 500 Personen – eine beachtliche Zahl, die erklärungs-
bedürftig ist.

3. ● Aus den Antworten der Bundesregierung zu den drei o. g. Kleinen Anfra-
gen wird nicht deutlich, wie sich die Zahl der 125 658 Personen, die in
2005 an einem Integrationskurs teilnahmen, zusammensetzt (Neuzuwan-
dererinnen und Neuzuwanderer, Aussiedlerinnen und Aussiedler, sog. Be-
standsausländerinnen und -ausländer). Bei Addition der Angaben in Bun-
destagsdrucksache 16/725 (Antworten auf die Fragen 1 Buchstabe a und b
sowie 4 Buchstabe c und d), ergibt sich eine Zahl von lediglich 113 703
Personen – also eine Diskrepanz von rund 12 000 Personen.

● Aus den Antworten der Bundesregierung zu den Fragen 1 und 1 Buch-
stabe a in Bundestagsdrucksache 16/725 wird im Hinblick auf die am In-
tegrationskurs teilnehmenden Neuzuwandererinnen und Neuzuwanderer
nicht nach ihrem jeweiligen Aufenthaltsstatus unterschieden. Dies ist aber
notwendig, um z. B. die Inanspruchnahme der Integrationskurse durch
nachziehende Ehegatten zu bewerten.

4. Die ehemalige rot-grüne Bundesregierung hatte für die Durchführung der
Integrationskurse des Zuwanderungsgesetzes Mittel in Höhe von 208 Mio.
Euro in den Bundeshaushalt eingestellt (Einzelplan 06 Titel 684 02-219). Der
Integrationskursverordnung zufolge sollte hiermit pro Jahr 138 000 an-
spruchsberechtigten Neuzuwandererinnen und Neuzuwanderern und 56 000
bereits in Deutschland lebenden Migrantinnen und Migranten – zusammen
also 194 000 Personen – die Teilnahme an einem Integrationskurs ermöglicht
werden. Tatsächlich haben in 2005 aber „nur“ 125 000 Menschen diese
Kurse besucht – ein Minus von 36 Prozent (69 000 Personen). Die Bun-
desregierung hat in ihrem Entwurf für den Bundeshaushalt 2006 eine
Kürzung der Haushaltsmittel für die Integrationskurse des Zuwanderungs-
gesetzes von 208 Mio. Euro auf 141 Mio. Euro vorgeschlagen – also ein
Minus von 32 Prozent (67 Mio. Euro).

Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, dass der Zwischenbericht der Bun-
desregierung

● den Mittelabfluss für 2005 darstellt,

● eine mittelfristige Planung über Teilnahmezahlen und die Zusammen-
setzung der teilnehmenden Personengruppen enthält sowie
● die Planungen für die Bundeshaushalte 2006 und 2007 darlegt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/940

Es ist nicht damit zu rechnen, dass die Zahl der Neuzuwandererinnen und
Neuzuwanderer auf dem Niveau von 2005 verbleibt. Gleichzeitig ist zu fra-
gen, wie mit der großen Nachfrage von bereits in Deutschland lebenden Mi-
grantinnen und Migranten in Zukunft umgegangen werden soll (immerhin
konnten von den 121 476 in 2005 zugelassenen sog. Bestandsausländern im
letzten Jahr 56 325 nicht an den Kursen teilnehmen).

5. Aus den Antworten der Bundesregierung in Bundestagsdrucksache 16/725
(auf die Fragen 9 Buchstabe d i. V. m. 9 Buchstabe f, 10 Buchstabe d
i. V. m. 10 Buchstabe g sowie 11 Buchstabe e i. V. m. 11 Buchstabe f) ergibt
sich, dass das BAMF lediglich erfasst, ob ein Jugendsprachkurs, Eltern- bzw.
Frauenkurse bzw. ein Alphabetisierungskurs beendet worden ist – nicht aber
mit welchem Ergebnis. Diese Informationen sind aber unerlässlich, um zu
prüfen, inwieweit die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in diesen speziellen
Kursangeboten das Kursziel auch tatsächlich erreichen konnten.

Im Übrigen ist dazulegen, warum in den Prüfungsergebnissen nicht erfasst
wird, wenn Teilnehmerinnen und Teilnehmer z. B. das Niveau A1 oder A2
des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens des Europarates für
Sprachen erreicht haben. Dies im Abschlusszertifikat auszuweisen ist aber
erforderlich, um für die Betroffenen eine sinnvolle Anschlussförderung zu
ermöglichen.

6. Aus den Antworten der Bundesregierung in Bundestagsdrucksache 16/725
auf die Fragen 12, 13 und 15 ergibt sich, dass das BAMF keine Zahlen über
gestellte bzw. abgelehnte Anträge zur Kostenbefreiung, für Fahrtkosten-
zuschüsse sowie zur Befreiung von der Kursteilnahmepflicht aus Gründen
der Unzumutbarkeit einer Teilnahme erhebt. Diese Daten sind aber erforder-
lich, um die Nachfrageseite zu erfassen und z. B. nachzuvollziehen, in-
wieweit sich die Ablehnung eines solchen Antrags auf die tatsächliche Kurs-
teilnahme ausgewirkt hat.

7. Der Antwort der Bundesregierung in Bundestagsdrucksache 16/725 zu
Frage 10 Buchstabe f zufolge wurden im letzten Jahr 1 276 Kinder während
der Integrationskurse betreut. Diese Zahl überrascht, insbesondere wenn man
sich vergegenwärtigt, dass in diesem Zeitraum 76 690 Frauen (Neuzuwande-
rinnen, Spätaussiedlerinnen und sog. Bestandsausländerinnen) an den Inte-
grationskursen teilnahmen. Im Hinblick auf das Thema „Angebote zur Kin-
derbetreuung“ – dem während der Verhandlungen um den Zuwanderungsge-
setz-Kompromiss große Bedeutung beigemessen wurde – besteht erheblicher
Erläuterungsbedarf:

● Wie sehen die ggf. unterschiedlichen Zugangsmöglichkeiten der verschie-
denen Teilnehmerinnengruppen (Neuzuwandererinnen, Aussiedlerinnen
und sog. Bestandsausländerinnen) zur kursbegleitenden Kinderbetreuung
aus?

● Wurden die 1 276 Kinder im Rahmen von speziellen Eltern- und Frauen-
sprachkursen betreut oder begleitend zu „normalen“ Sprachkursen?

Auch hier muss der Zwischenbericht der Bundesregierung die Nachfrage-
seite abbilden und darlegen, inwieweit sich die Ablehnung eines Antrags auf
eine kursbegleitende Kinderbetreuung auf die tatsächliche Sprachkursteil-
nahme ausgewirkt hat.

8. Aus den Antworten der Bundesregierung in Bundestagsdrucksache 16/725
auf die Fragen 19a und 19b geht hervor, dass dem BAMF keine Informatio-
nen über die Vergütung der Lehrkräfte in den Integrationskursen des Zuwan-
derungsgesetzes vorliegen. Ohnehin sei die Vergütung lediglich eine Frage
zwischen Kursträgern und Lehrkräften. Damit wird die Bundesregierung ih-

rer Verantwortung nicht gerecht, für die von ihr durch die Integrationskurs-
verordnung gesetzten Rahmenbedingungen für die Finanzierung der Sprach-
kurse zu achten.

Drucksache 16/940 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Lehrkräfte beklagen zu Recht ihre zum Teil völlig unzureichende Vergü-
tung. Während im Rahmen der vom damaligen Bundesministerium für
Wirtschaft und Arbeit geförderten „Deutschkurse für ausländische Arbeit-
nehmer“ bislang ein Honorar von 25 Euro pro Unterrichtsstunde festgesetzt
worden war, liegen die Honorare nunmehr oft bei ca. 10 Euro – zum Teil so-
gar bei 7 Euro pro Stunde. Dies hat damit zu tun, dass mit dem Zuwande-
rungsgesetz von einer Kurs- auf eine Teilnehmerfinanzierung umgestellt
worden ist. Und da die Sprachkursträger mit der Teilnehmerfinanzierung
von 2,05 Euro pro Teilnehmer und Unterrichtsstunde sämtliche Kosten de-
cken müssen, wird nun zunehmend an der Vergütung der Lehrkräfte gespart
– bis dahin, dass angeblich jetzt sogar Lehrkräfte aus dem Ausland ange-
stellt werden, weil bei den niedrigen Honorarsätzen in Deutschland keine
Lehrkräfte zu finden seien.

9. Aus der Antwort der Bundesregierung in Bundestagsdrucksache 16/725 zu
Frage 5 geht hervor, dass das BAMF keine Zahlen darüber erfasst, wie viele
Personen mit einem subsidiären Schutzstatus nach § 25 Abs. 3 AufenthG
und wie viele Unionsbürgerinnen und Unionsbürger eine Teilnahme am In-
tegrationskurs beantragen bzw. zugelassen werden. Diese beiden Personen-
gruppen spielten aber bei den Verhandlungen um den Zuwanderungsgesetz-
Kompromiss eine ganz herausgehobene Rolle. Die Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatten stets klargestellt, dass gesetzlicher Än-
derungsbedarf besteht, wenn diesen Personen die Teilnahme am Sprachkurs
nicht ermöglicht wird. Dann müssten Personen mit einem subsidiären
Schutzstatus nach § 25 Abs. 3 AufenthG in den Kreis der nach § 44 Abs. 1
Nr. 1 Buchstabe c AufenthG teilnahmeberechtigten Neuzuwanderinnen und
Neuzuwanderer aufgenommen werden. Dies empfiehlt auch Artikel 33 der
sog. Qualifikationsrichtlinie der EU.

10. Der Umfang und die inhaltliche Ausgestaltung der Orientierungskurse sind
Gegenstand der öffentlichen Debatte, z. B. im Hinblick darauf, ob künftig
vermehrt Einbürgerungskurse angeboten werden sollten. Ein Zwischen-
stand bezogen auf die Praxis der Orientierungskurse ist daher jetzt notwen-
dig und darf nicht erst im Zuge der eigentlichen Evaluierung im Jahr 2007
erfolgen.

11. Einer Übersicht des BAMF zufolge waren am 1. März 2006 ca. 2 000
Sprachkursträger zertifiziert und zugelassen worden – ein offenkundiges
Überangebot bei gerade einmal 125 000 Teilnehmenden (63 Personen pro
Kursträger). Zu klären ist daher,

● wie viele der lizensierten Kursträger in 2005 tatsächlich auch Kurse an-
geboten haben

● inwieweit sich im Hinblick auf die tatsächlich durchgeführten Kurse eine
Konzentration auf einzelne Kursanbieter erkennen lässt;

● inwieweit ein flächendeckendes und zumutbar erreichbares Kursangebot
gerade im ländlichen Raum existiert;

● wie in Ballungszentren mit den Überkapazitäten durch das BAMF bzw.
durch die Kursträger untereinander umgegangen wird und

● ob das BAMF willens bzw. in der Lage ist, Klagen über ein allzu büro-
kratisches Zuweisungsverfahren selbst zu lösen bzw. inwieweit unbüro-
kratischere Verfahrensabläufe (wie sie z. B. von der Bundeskonferenz
der Integrations- und Ausländerbeauftragten am 22. April 2004 vorge-
schlagen worden sind) Gegenstand des Evaluierungsprozess sind, und
wenn nein, warum nicht.

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12. Die Arbeitsvermittlungsagenturen können Ausländerinnen und Ausländer
durch eine Eingliederungsvereinbarung – vorbehaltlich einer späteren Ge-
nehmigung durch die Ausländerbehörde – zur Teilnahme an dem Integra-
tionskurs verpflichten. Die Antwort der Bundesregierung in Bundestags-
drucksache 16/725 auf Frage 14 war nicht geeignet, die Probleme bei der
Kooperation zwischen den Arbeitsvermittlungsagenturen und den Auslän-
derbehörden nachzuvollziehen. Daher muss auch dieser Aspekt Gegenstand
des Zwischenberichts sein.

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