BT-Drucksache 16/3233

Entwurf eines Gesetzes über genetische Untersuchungen bei Menschen (Gendiagnostikgesetz - GenDG)

Vom 3. November 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3233
16. Wahlperiode 03. 11. 2006

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Birgitt Bender, Volker Beck (Köln), Markus Kurth,
Hans-Josef Fell, Cornelia Behm, Matthias Berninger, Kai Gehring,
Katrin Göring-Eckardt, Britta Haßelmann, Priska Hinz (Herborn),
Dr. Anton Hofreiter, Renate Künast, Dr. Reinhard Loske, Jerzy Montag,
Omid Nouripour, Krista Sager, Elisabeth Scharfenberg, Christine Scheel,
Irmingard Schewe-Gerigk, Rainder Steenblock, WolfgangWieland, Josef
Philip Winkler und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwurf eines Gesetzes über genetische Untersuchungen bei Menschen
(Gendiagnostikgesetz – GenDG)

A. Problem

An die Untersuchung des menschlichen Genoms und die daraus gewonnenen
Erkenntnisse knüpfen sich große Hoffnungen und Erwartungen auf weitere
Diagnose- und Heilungschancen. Im Rahmen der Humangenomforschung wer-
den immer mehr Veränderungen des Erbguts identifiziert, die mit der Entstehung
von Krankheiten in Verbindung gebracht werden können. Diese Erkenntnisse
werden insbesondere bereits in der genetischen Diagnostik und auch in der
medizinischen Versorgung genutzt.

Genetische Daten sind gleichzeitig hochsensible Daten. Je mehr Informationen
über einen Menschen verfügbar sind, umso größer ist die Gefahr, dass solche
Daten ein Mittel zur Diskriminierung und Selektion werden. Zudem stehen die
Erwartungen an die mit genetischen Untersuchungen verbundenen Heilungs-
möglichkeiten nicht im Verhältnis zu den vorhandenen Interventionsmöglichkei-
ten: Für die meisten genetisch beeinflussten Krankheiten gibt es keine Therapie.
Dies gilt insbesondere dort, wo die Gendiagnostik am aussagekräftigsten ist – bei
den so genannten monogenetischen Krankheiten, bei denen ein Krankheitsaus-
bruch auf Mutationen in nur einem Gen zurückzuführen ist.

Genetische Informationen weisen eine Reihe von Besonderheiten auf, die sie von
konventionellen medizinischen Informationen unterscheiden. Dazu gehört unter
anderem:

● Mit genetischen Untersuchungen können nicht nur manifeste Krankheiten
diagnostiziert werden, sondern sie ermöglichen einen Blick in die Zukunft:
mit ihnen können Krankheiten erkannt werden, die noch nicht ausgebrochen
sind und noch keine Symptome gezeigt haben (prädiktive oder präsympto-
matische Tests).

● In den meisten Fällen sind die Erkenntnisse aus genetischen Untersuchungen,
vor allem wenn es sich um prädiktive Tests handelt, mit sehr großen Unsicher-
heiten verbunden. Bis auf sehr wenige Ausnahmen liefern genetische Unter-

Drucksache 16/3233 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

suchungen keine Gewissheit, ob eine Krankheit ausbrechen wird, wie schwer
sie verlaufen kann und welche weiteren Faktoren Einfluss auf einen Ausbruch
haben (können). Genetische Untersuchungen liefern insofern in den meisten
Fällen lediglich statistische Krankheitswahrscheinlichkeiten.

● Genetische Untersuchungen ermöglichen nicht nur Informationen über die
untersuchte Person, sondern lassen auch Aussagen über Dritte (Angehörige)
zu, so dass auch deren Interessen zu berücksichtigen sind. Zu diesen Rechts-
gütern zählt neben dem informationellen Selbstbestimmungsrecht insbeson-
dere das Recht auf Nichtwissen.

● Trotz der großen Unsicherheiten können genetische Untersuchungen weitrei-
chende Entscheidungen nach sich ziehen und das Leben der Betroffenen und
Angehörigen in hohem Maße beeinflussen, z. B. bei der Lebens- und Fami-
lienplanung, insbesondere, wenn es sich um schwerwiegende Erbkrankheiten
handelt.

Folgende Risiken sind unter anderem beim Einsatz genetischer Untersuchungen
zu beachten:

Zu den medizinischen Risiken prädiktiver genetischer Untersuchungen gehören
die Auswirkungen prophylaktischer Interventionen, deren Nutzen nicht hinrei-
chend bewiesen ist. Die angstbesetzte Situation eines positiven Untersuchungs-
ergebnisses kann Patienten dazu verleiten, sich medizinisch fragwürdigen Ein-
griffen oder Maßnahmen zu unterziehen. Bei prädiktiv-probabilistischen Unter-
suchungen wird darüber hinaus ein beträchtlicher Teil der mit positivem Ergeb-
nis Untersuchten die Krankheit möglicherweise erst in einem fortgeschrittenen
Lebensalter und ein anderer Teil gar nicht entwickeln. Im zuletzt genannten Fall
stünde dem Risiko einer prophylaktischen Intervention kein Nutzen gegenüber.

Zu den psychischen Risiken prädiktiver genetischer Untersuchungen gehören
Lebensängste, die durch ein positives Untersuchungsergebnis verstärkt werden
könnten. Das Untersuchungsergebnis, das ein mehr oder weniger gesichertes
statistisches Risiko benennt, kann wie eine Hypothek erscheinen, die auf dem
Leben des Gesunden lastet. Dies kann als ein durch ärztliches Handeln induzier-
ter Verlust von Hoffnung und Lebensqualität angesehen werden.

Zu den sozialen Risiken prädiktiver genetischer Untersuchungen gehören durch
sie hervorgerufene Beeinträchtigungen im Lebensstil und in der Lebensplanung,
wachsende Erwartungen an das Individuum, präventive Maßnahmen zu ergrei-
fen, die Entstehung von Spannungsverhältnissen zwischen Familienmitgliedern,
Verletzungen des Rechts auf Nichtwissen, die Stigmatisierung von Familien mit
erblichen Krankheitsdispositionen sowie Risiken der Diskriminierung durch pri-
vate Versicherer und durch Arbeitgeber. Nicht zuletzt könnte sich eine Art von
Sozialpflicht zur Offenbarung genetischer Daten oder auch zur Teilnahme an Be-
völkerungsstudien entwickeln, wenn eine solche Teilnahme nach Maßgabe wis-
senschaftlicher Expertisen für erforderlich gehalten wird, um neue genetische
Prädispositionen ausfindig zu machen, die nur durch Massenuntersuchungen
identifiziert werden können.

Genetische Untersuchungen sollen und werden in der ärztlichen Praxis ihren
Stellenwert haben. Dennoch gilt, dass die Verfügbarkeit genetischer Untersu-
chungen nicht die Akzeptanz jeder Untersuchungsvariante, jeder Indikation oder
jedes Anwendungskonzeptes begründet. Es sind nicht nur die spezifischen tech-
nischen Eigenschaften der jeweiligen angewandten genetischen Untersuchungs-
mittel, sondern auch und vor allem der Zweck und die Rahmenbedingungen ihres
Einsatzes sowie die Konsequenzen für die betroffene Person, die über die medi-
zinische Indikation einer genetischen Untersuchung hinaus deren ethische und
gesellschaftliche Vertretbarkeit ausmachen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/3233

B. Lösung

Ziel des Gesetzes ist es, den mit der genetischen Untersuchung menschlicher
genetischer Eigenschaften verbundenen möglichen Gefahren für die Achtung
und den Schutz der Menschenwürde, die Gesundheit und die informationelle
Selbstbestimmung zu begegnen, eine genetische Diskriminierung zu verhindern
und gleichzeitig die Chancen des Einsatzes genetischer Untersuchungen für den
einzelnen Menschen wie auch für die Forschung zu wahren.

Die o. g. Besonderheiten genetischer Daten und die angeführten Risiken machen
es notwendig, den Umgang mit genetischen Informationen und die Durchfüh-
rung genetisicher Untersuchungen gesetzlich zu regeln. Die in dem Gesetz
vorliegenden Regelungen orientieren sich dabei unter anderem an folgenden
Prinzipien:

1. Keine Diskriminierung aufgrund der genetischen Konstitution. Mit einem all-
gemeinen Diskriminierungsverbot wird sichergestellt, dass die genetische
Konstitution nicht zu einem Anknüpfungskriterium für unterschiedliche Be-
handlungen (z. B. im Arbeitsleben oder bei Versicherungen) gemacht werden
kann.

2. Recht des Einzelnen auf Nichtwissen. In dem Gesetz wird sichergestellt, dass
niemand gegen den eigenen Willen seine genetische Disposition zur Kenntnis
nehmen muss und niemand dadurch in seiner freien Persönlichkeitsentfaltung
beeinträchtigt wird.

3. Qualität von genetischen Untersuchungen wird sichergestellt. Das bedeutet,
dass diejenigen, die Gentests herstellen und durchführen, die dazu erforder-
liche Fachkunde und Zuverlässigkeit besitzen. Ebenso werden konkrete
Anforderungen an die Aussagefähigkeit und Zuverlässigkeit von Gentests
gestellt. Dazu sieht das Gesetz unter anderem die Einrichtung einer Gen-
diagnostik-Kommission vor.

4. Umfassende Aufklärung und Beratung vor der Einwilligung in einen geneti-
schen Test. Bei vorgeburtlichen genetischen Untersuchungen muss auf den
Anspruch auf psychosoziale Beratung hingewiesen werden. Wesentlich ist
dabei eine „nicht-direktive“ genetische Beratung, um die Autonomie und
Selbstbestimmung des bzw. der Einzelnen, vor allen Pflichten einer Fürsorge
oder „Führung“ der Ratsuchenden, zu gewährleisten.

5. Verbot von prädiktiven Gentests bei Einstellungsuntersuchung im Arbeits-
leben sowie ein Verbot, Ergebnissen prädiktiver Gentests an Versicherungen
und im Rahmen von Arbeitsschutzuntersuchungen an Arbeitgeber weiter-
zugeben.

6. Schutzregeln für Probanden bei der humangenetischen Forschung. Im Hin-
blick auf genetische Untersuchungen an Minderjährigen und nichteinwilli-
gungsfähigen Menschen sind besonders hohe Schutzstandards zur Wahrung
der Menschenwürde vorgeschrieben. Die Durchführung von ausschließlich
dem Wohl Dritter dienender Gentests an nichteinwilligungsfähigen Personen
ist verboten.

7. Schutz der Privatsphäre – keine Weitergabe von genetischen Untersuchungs-
ergebnissen oder Forschungsergebnissen an Versicherung, Arbeitgeber und
Polizei.

Straf- und Bußgeldbestimmungen sollen die Einhaltung der wesentlichen Be-
stimmungen des Gesetzes sichern.

C. Alternativen

Keine

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Zahlreiche Gremien und Verbände (z. B. Enquete-Kommission Recht und Ethik
in der Medizin, Bundesärztekammer, Deutsche Forschungsgemeinschaft, Spit-
zenverbände der Krankenkassen, Netzwerk gegen Selektion durch Pränataldia-
gnostik, Hebammenverband) mahnen schon seit Jahren ein Gentest-Gesetz an
und haben bereits Stellungnahmen oder – wie die Datenschutzbeauftragten –
einen Gesetzentwurf vorgelegt.

D. Kosten

Durch die Aufklärung der Bevölkerung nach § 5, insbesondere durch die Bun-
deszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), entstehen dem Bund sowie
bei entsprechender Aufklärungsarbeit durch die Länder auch den Ländern Kos-
ten. Die Finanzierung der Kosten für die Aufklärung der Bevölkerung wird auf
rd. 5 Mio. Euro/Jahr geschätzt.

Dem Bund entstehen außerdem Kosten durch die Aufgaben des Robert Koch-
Instituts nach § 34 Abs. 1 und 4 in Bezug auf die Gendiagnostik-Kommission
und deren Aufgaben nach § 34 Abs. 5 bis 7 sowie nach § 18 Abs. 2 (insbesonde-
re Reisekosten, Übernachtungs- und Tagegeld und Sitzungsvergütung der Mit-
glieder der Kommission und Personal- und Sachkosten der Geschäftsstelle der
Kommission). Die Höhe dieser Kosten und des daraus folgenden Mehrbedarfs an
personellen und sächlichen Mitteln im Bundeshaushalt wird auf rd. 500 000 Euro/
Jahr geschätzt.

Für die Haushalte von Gemeinden entstehen keine Kosten.

Auswirkungen auf die Verbraucherpreise und das Verbraucherpreisniveau sind
nicht zu erwarten.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/3233

Entwurf eines Gesetzes über genetische Untersuchungen bei Menschen
(Gendiagnostikgesetz – GenDG)

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das
folgende Gesetz beschlossen:

I nha l t s üb e r s i c h t

Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften

§ 1 Zweck des Gesetzes

§ 2 Anwendungsbereich

§ 3 Begriffsbestimmungen

§ 4 Diskriminierungsverbot

§ 5 Allgemeine Aufklärung der Bevölkerung

§ 6 Qualitätssicherung genetischer Analysen

§ 7 Akkreditierungsstellen

§ 8 Verordnung zur Abgabe genetischer Untersuchungs-
mittel

Abschnitt 2 Genetische Untersuchungen zu medizini-
schen Zwecken

§ 9 Arztvorbehalt

§ 10 Einwilligung

§ 11 Aufklärung

§ 12 Genetische Beratung

§ 13 Mitteilung des Ergebnisses genetischer Untersuchun-
gen und Analysen

§ 14 Aufbewahrung und Vernichtung des Ergebnisses gene-
tischer Untersuchungen und Analysen

§ 15 Aufbewahrung, Verwendung und Vernichtung geneti-
scher Proben

§ 16 Genetische Untersuchungen bei nicht einwilligungs-
fähigen Personen

§ 17 Vorgeburtliche genetische Untersuchungen

§ 18 Genetische Reihenuntersuchungen

§ 19 Ärztliche Vergütung

Abschnitt 3 Genetische Untersuchungen zu Zwecken
der Lebensplanung

§ 20 Genetische Untersuchungen zu Zwecken der Lebens-
planung

Abschnitt 4 Genetische Untersuchungen zur Klärung
der Abstammung

§ 21 Genetische Untersuchungen zur Klärung der Abstam-
mung

Abschnitt 5 Genetische Untersuchungen im Versiche-
rungsbereich

§ 22 Genetische Untersuchungen vor und nach Abschluss
des Versicherungsvertrages

Abschnitt 6 Genetische Untersuchungen im Arbeits-
leben

§ 23 Genetische Untersuchungen vor und nach Begründung
des Beschäftigungsverhältnisses

§ 24 Genetische Untersuchungen zum Arbeitsschutz

§ 25 Arbeitsrechtliches Benachteiligungsverbot

Abschnitt 7 Genetische Untersuchungen zu Zwecken
wissenschaftlicher Forschung

§ 26 Einwilligung

§ 27 Aufklärung

§ 28 Anonymisierung und Pseudonymisierung

§ 29 Ethik-Kommission

§ 30 Auskunftsanspruch der betroffenen Person

§ 31 Aufbewahrung und Vernichtung genetischer Proben,
Aufbewahrung und Löschung genetischer Daten

§ 32 Veröffentlichung der Forschungsergebnisse

§ 33 Besonders schutzbedürftige Personen

Abschnitt 8 Allgemein anerkannter Stand der medizi-
nischenWissenschaft und Technik

§ 34 Richtlinien

§ 35 Kosten und Verordnungsermächtigung

Abschnitt 9 Straf- und Bußgeldvorschriften

§ 36 Strafvorschriften

§ 37 Bußgeldvorschriften

Abschnitt 10 Schlussvorschriften

§ 38 Evaluation

§ 39 Inkrafttreten

Abschnitt 1
Allgemeine Vorschriften

§ 1
Zweck des Gesetzes

Zweck dieses Gesetzes ist es, im Hinblick auf die staat-
liche Verpflichtung, die Menschenwürde, die Gesundheit
und die informationelle Selbstbestimmung zu achten und zu
schützen und die Freiheit der Forschung zu wahren, Voraus-
setzungen für genetische Untersuchungen und Analysen und
die Verwendung genetischer Proben und Daten zu bestim-
men und eine genetische Diskriminierung zu verhindern.

§ 2
Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für

1. genetische Untersuchungen und Analysen bei Menschen
sowie bei Föten und Embryonen während der Schwanger-
schaft,

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2. den Umgang mit

a) genetischen Proben einschließlich ihrer Gewinnung
und mit genetischen Daten von Menschen sowie Föten
und Embryonen während der Schwangerschaft,

b) genetischen Proben und genetischen Daten von Ver-
storbenen sowie toten Föten und Embryonen nach der
Schwangerschaft.

(2) Dieses Gesetz gilt nicht für genetische Untersuchun-
gen und Analysen und den Umgang mit genetischen Proben
und Daten auf Grund von Vorschriften

1. über das Strafverfahren sowie über die internationale
Rechtshilfe in Strafsachen,

2. des Infektionsschutzgesetzes und der auf Grund des In-
fektionsschutzgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen.

Absatz 3 bleibt unberührt.

(3) Nach diesem Gesetz gewonnene genetische Proben
und Ergebnisse genetischer Untersuchungen und Analysen
dürfen nur nach Maßgabe dieses Gesetzes verwendet wer-
den. Eine Übermittlung, Nutzung oder Beschlagnahme der
Proben und Ergebnisse nach anderen Rechtsvorschriften ist
unzulässig. Zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungs-
widrigkeiten ist eine Verwendung der Proben und Ergebnisse
nur zulässig, soweit dies zur Aufklärung der Taten erforder-
lich ist und die verfolgten Straftaten und Ordnungswidrigkei-
ten im Zusammenhang mit der Erhebung oder der Nutzung
der Proben und Ergebnisse stehen. Weitergehende Verwen-
dungsbeschränkungen bleiben unberührt.

§ 3
Begriffsbestimmungen

(1) Im Sinne dieses Gesetzes

1. ist genetische Untersuchung die Vornahme einer gene-
tischen Analyse in Verbindung mit der Beurteilung des
Analyseergebnisses im Hinblick auf den Untersuchungs-
zweck,

2. ist genetische Analyse die Feststellung bestimmter gene-
tischer Eigenschaften unter Verwendung genetischer
Untersuchungsmittel durch

a) Analyse der Zahl und der Struktur der Chromosomen
(zytogenetische Analyse),

b) Analyse der molekularen Struktur der Desoxyribo-
nukleinsäure oder der Ribonukleinsäure (molekular-
genetische Analyse) oder Analyse der unmittelbaren
Genprodukte dieser Nukleinsäuren oder

c) Analyse des äußeren Erscheinungsbildes oder der
beobachtbaren Merkmale, in denen sich bestimmte
genetische Eigenschaften ausprägen (Phänotyp),

3. sind genetische Eigenschaften ererbte oder während der
Befruchtung oder bis zur Geburt erworbene, bei Men-
schen vorkommende Erbinformationen,

4. sind genetische Untersuchungsmittel Medizinprodukte,
Arzneimittel oder sonstige Gegenstände, die in ihrer
konkreten Anwendung dazu dienen, Informationen über
genetische Eigenschaften zur Verfügung zu stellen,

5. ist genetische Untersuchung zu medizinischen Zwecken
eine genetische Untersuchung, die der Feststellung
dient, ob die betroffene Person

a) genetische Eigenschaften hat, die

aa) für eine bei ihr bereits bestehende Erkrankung
oder gesundheitliche Störung ganz oder teilwei-
se ursächlich sind,

bb) eine mögliche Erkrankung oder gesundheitliche
Störung bei ihr ganz oder teilweise verhindern
oder

cc) die Wirkung eines Arzneimittels bei ihr beein-
flussen

(diagnostische genetische Untersuchung), oder

b) genetische Eigenschaften hat, die für eine Erkran-
kung oder gesundheitliche Störung, die erst zukünf-
tig bei ihr oder einer von ihr abstammenden zukünf-
tigen Person auftreten kann, ganz oder teilweise
ursächlich sind (prädiktive genetische Untersu-
chung), und die nicht ausschließlich zu Zwecken
wissenschaftlicher Forschung vorgenommen wird,

6. ist genetische Reihenuntersuchung eine genetische Un-
tersuchung zu medizinischen Zwecken, die systema-
tisch der gesamten Bevölkerung oder bestimmten Per-
sonengruppen in der gesamten Bevölkerung angeboten
wird, ohne dass bei der jeweiligen betroffenen Person
notwendigerweise Grund zu der Annahme besteht, sie
habe die genetischen Eigenschaften, deren Vorhanden-
sein mit der Untersuchung geklärt werden soll,

7. ist genetische Untersuchung zu Zwecken der Lebens-
planung eine genetische Untersuchung mit Gesund-
heitsbezug, aber ohne Bezug oder Bedeutung für eine
Erkrankung oder gesundheitliche Störung, die im Hin-
blick auf eine zukünftige Lebensgestaltung der Feststel-
lung dient, ob die betroffene Person bestimmte geneti-
sche Eigenschaften hat, und die weder zu medizinischen
Zwecken noch zu Zwecken wissenschaftlicher For-
schung vorgenommen wird,

8. ist betroffene Person die Person,

a) bei der eine genetische Untersuchung vorgenommen
werden soll, vorgenommen wird oder vorgenommen
worden ist,

b) von der eine genetische Probe vorliegt oder deren
genetische Daten erhoben oder verwendet werden,

c) bei vorgeburtlichen genetischen Untersuchungen
die Schwangere, ausgenommen die betroffene Per-
son nach Nummer 5 und § 10 Abs. 2 Satz 2; inso-
weit gilt der Fötus oder Embryo als betroffene Per-
son,

9. ist Embryo der menschliche Embryo mit Abschluss sei-
ner Einnistung in der Gebärmutter (Beginn der Schwan-
gerschaft)

10. sind genetische Proben Körpersubstanzen, die zur Ver-
wendung für genetische Analysen vorgesehen sind oder
an denen solche Analysen vorgenommen werden oder
vorgenommen worden sind,

11. sind genetische Daten die durch eine genetische Ana-
lyse, eine genetische Untersuchung, im Rahmen einer

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/3233

medizinischen Untersuchung außerhalb einer gene-
tischen Untersuchung oder auf andere Weise gewonne-
nen Daten über genetische Eigenschaften,

12. sind Beschäftigte

a) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,

b) die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,

c) Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeits-
leben sowie an Abklärungen der beruflichen Eig-
nung oder Arbeitserprobung (Rehabilitanden),

d) die in anerkannten Werkstätten für behinderte Men-
schen Beschäftigten,

e) Personen, die nach dem Gesetz zur Förderung eines
freiwilligen sozialen Jahres oder nach dem Gesetz
zur Förderung eines freiwilligen ökologischen Jah-
res beschäftigt werden,

f) Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbst-
ständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzu-
sehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit
Beschäftigen und die ihnen Gleichgestellten,

g) Beamtinnen und Beamte, Soldatinnen und Soldaten
sowie Zivildienstleistende

13. ist Arbeitgeber (Arbeitgeberin und Arbeitgeber) eine
natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige
Personengesellschaft, die Personen nach Nummer 12
beschäftigt.

(2) Die für Beschäftigte geltenden Vorschriften dieses
Gesetzes finden auch Anwendung auf Bewerberinnen und
Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis sowie Personen,
deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist.

(3) Werden Beschäftigte einem Dritten zur Arbeitsleistung
überlassen, so gilt auch dieser als Arbeitgeber im Sinne von
Absatz 1 Nr. 13. Für die in Heimarbeit Beschäftigten und die
ihnen Gleichgestellten tritt an die Stelle des Arbeitgebers der
Auftraggeber oder Zwischenmeister.

§ 4
Diskriminierungsverbot

Niemand darf wegen seiner genetischen Eigenschaften
oder der genetischen Eigenschaften einer anderen Person,
wegen der Vornahme oder Nichtvornahme einer genetischen
Untersuchung oder Analyse bei sich oder einer anderen Per-
son oder wegen des Ergebnisses einer solchen Untersuchung
oder Analyse benachteiligt werden.

§ 5
Allgemeine Aufklärung der Bevölkerung

Die nach Landesrecht zuständigen Stellen und die Bun-
desbehörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit, insbesondere
die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, klären
die Bevölkerung über die Möglichkeiten und Grenzen, Chan-
cen und Risiken und die Voraussetzungen genetischer Unter-
suchungen in allgemeiner Form auf.

§ 6
Qualitätssicherung genetischer Analysen

(1) Die in § 9 Abs. 1 genannten Ärztinnen und Ärzte sowie
die von ihnen mit der Vornahme genetischer Analysen beauf-
tragten, in § 9 Abs. 2 Satz 1 genannten Personen und Einrich-

tungen, die genetische Analysen im Rahmen von genetischen
Untersuchungen zu medizinischen Zwecken, zu Zwecken
der Lebensplanung oder zur Klärung der Abstammung vor-
nehmen, haben

1. die genetischen Analysen nach dem allgemein anerkann-
ten Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik
durchzuführen, hierfür ein System der Qualitätssicherung
einzurichten und regelmäßig an externen Qualitätssiche-
rungsmaßnahmen teilzunehmen und

2. die Vorschriften zum Schutz des Ergebnisses genetischer
Analysen (§§ 13 und 14) und zum Schutz genetischer
Proben (§ 15) sowie sonstige Vorschriften zum Schutz
personenbezogener Daten, soweit sie auf genetische
Daten Anwendung finden, einzuhalten und hierfür die
erforderlichen technischen und organisatorischen Maß-
nahmen zu treffen.

Sie dürfen zytogenetische und molekulargenetische Analy-
sen im Rahmen von genetischen Untersuchungen zu medizi-
nischen Zwecken, zu Zwecken der Lebensplanung oder zur
Klärung der Abstammung nur vornehmen, wenn ihnen eine
Akkreditierungsstelle (§ 7) die Erfüllung der Anforderungen
nach Satz 1 durch eine Bescheinigung bestätigt hat, die die
Befähigung zur Durchführung der in der Bescheinigung auf-
geführten genetischen Analysen auf den aufgeführten Analy-
segebieten unter Berücksichtigung der Struktur-, Prozess-
und Ergebnisqualität umfasst. Die Bescheinigung ist auszu-
stellen, wenn die Anforderungen nach Satz 1 erfüllt werden.
Die Geltungsdauer der Bescheinigung ist auf längstens drei
Jahre zu befristen.

(2) Es wird vermutet, dass die Anforderungen nach
Absatz 1 Satz 1 für die Durchführung der in einer Bescheini-
gung nach Absatz 1 Satz 2 aufgeführten genetischen Analyse
auf den aufgeführten Analysegebieten während der Gel-
tungsdauer der Bescheinigung erfüllt werden.

(3) Stellt die Akkreditierungsstelle fest, dass die Person
oder Einrichtung die Voraussetzungen für die Ausstellung
der Bescheinigung nach Absatz 1 Satz 2 nicht oder nicht
mehr erfüllt, schränkt sie unter Berücksichtigung des Grund-
satzes der Verhältnismäßigkeit die ausgestellte Bescheini-
gung ein, setzt sie aus oder zieht sie zurück, es sei denn, dass
die Person oder Einrichtung durch geeignete Abhilfemaß-
nahmen die Erfüllung der Voraussetzungen für die Ausstel-
lung der Bescheinigung gewährleistet. Vor der Entscheidung
über eine Maßnahme nach Satz 1 ist die Person oder Einrich-
tung anzuhören, es sei denn, dass eine solche Anhörung an-
gesichts der Dringlichkeit der zu treffenden Entscheidung
nicht möglich ist.

(4) Die Bescheinigung erlischt mit der Aufgabe der von
der Bescheinigung umfassten genetischen Analysegebiete
durch die Person oder Einrichtung oder durch Verzicht. Die
Person oder Einrichtung teilt die Aufgabe oder den Verzicht
unverzüglich der Akkreditierungsstelle schriftlich mit.

(5) Die Akkreditierungsstelle teilt

1. die Bescheinigung und die davon umfassten genetischen
Analysegebiete sowie den Wegfall der Bescheinigung
durch Zeitablauf und

2. das Erlöschen, die Einschränkung, die Aussetzung und
die Zurückziehung der Bescheinigung unter Angabe der
Gründe

Drucksache 16/3233 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

unverzüglich der zuständigen Behörde mit, die diese Anga-
ben unverzüglich den anderen zuständigen Behörden in
Deutschland mitteilt. Die zuständige Behörde teilt zugleich
die Bescheinigung und die davon umfassten genetischen
Analysegebiete, den Wegfall durch Zeitablauf, das Erlö-
schen, die Einschränkung, die Aussetzung und die Zurück-
ziehung der Bescheinigung unverzüglich den übrigen Akkre-
ditierungsstellen sowie dem Bundesministerium für Gesund-
heit schriftlich mit. Das Bundesministerium für Gesundheit
macht diese Angaben mit Ausnahme der Gründe im Sinne
von Nr. 2 im Bundesanzeiger bekannt.

§ 7
Akkreditierungsstellen

Akkreditierungsstellen im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 2
sind die nach Landesrecht zuständigen Behörden.

§ 8
Verordnung zur Abgabe

genetischer Untersuchungsmittel

Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates regeln,
dass bestimmte, in der Rechtsverordnung zu bezeichnende
genetische Untersuchungsmittel, die dazu dienen, genetische
Untersuchungen zu medizinischen Zwecken, zu Zwecken
der Lebensplanung oder zur Klärung der Abstammung vor-
zunehmen, zur Endanwendung nur an Personen und Einrich-
tungen abgegeben werden dürfen, die zu diesen Untersu-
chungen oder zu genetischen Analysen im Rahmen dieser
Untersuchungen nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 oder 2, des
§ 20 Abs. 1, des § 20 Abs. 2 in Verbindung mit § 9 Abs. 2,
des § 21 Abs. 2 Satz 1 oder Abs. 6 Satz 1 oder des § 21
Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Satz 2 oder
Abs. 2 berechtigt sind.

Abschnitt 2
Genetische Untersuchungen
zu medizinischen Zwecken

§ 9
Arztvorbehalt

(1) Eine diagnostische genetische Untersuchung darf nur
durch Ärztinnen oder Ärzte vorgenommen werden, eine prä-
diktive genetische Untersuchung darf nur durch Fachärztin-
nen oder Fachärzte für Humangenetik und andere Ärztinnen
oder Ärzte, die sich im Rahmen des Erwerbs einer Facharzt-,
Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung für genetische Unter-
suchungen qualifiziert haben, im Rahmen ihres Zuständig-
keitsbereichs vorgenommen werden (verantwortliche ärzt-
liche Person). Den in Satz 1 genannten Ärztinnen und Ärzten
stehen Ärztinnen und Ärzte gleich, die im Besitz eines in
einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen
Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirt-
schaftsraum oder einem Vertragsstaat, dem Deutschland und
die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden
Rechtsanspruch eingeräumt haben, ausgestellten, für den be-
treffenden Bereich gleichwertigen Diploms, Prüfungszeug-
nisses oder sonstigen Befähigungsnachweises sind.

(2) Die genetische Analyse genetischer Proben darf nur im
Rahmen einer genetischen Untersuchung nach Absatz 1
Satz 1 und außer durch die in Absatz 1 genannten Ärztinnen
oder Ärzte selbst auch durch dafür qualifizierte Personen

nach fachlicher Weisung dieser Ärztinnen oder Ärzte unter
deren Aufsicht oder durch von diesen beauftragte, dafür
qualifizierte Personen oder Einrichtungen vorgenommen
werden. Soweit die genetische Analyse durch eine beauftrag-
te, dafür qualifizierte Person oder Einrichtung vorgenommen
wird, sind die genetischen Proben vor ihrer Übergabe an die
beauftragte Person oder Einrichtung zu pseudonymisieren.

(3) Eine genetische Beratung (§ 12) darf nur durch in
Absatz 1 genannte Ärztinnen oder Ärzte mit einer Qualifika-
tion zur genetischen Beratung vorgenommen werden.

(4) Im Rahmen des Neugeborenenscreenings werden
Hebammen für die Durchführung einer diagnostischen gene-
tischen Untersuchung Ärztinnen und Ärzte im Sinne von
Abs. 1 gleichgestellt.

§ 10
Einwilligung

(1) Eine genetische Untersuchung zu medizinischen Zwe-
cken darf nur vorgenommen und eine dafür erforderliche ge-
netische Probe nur gewonnen werden, nachdem die betrof-
fene Person

1. entschieden hat,

a) ob und in welchem Umfang eine genetische Untersu-
chung zu medizinischen Zwecken vorgenommen wer-
den soll,

b) ob und inwieweit das Untersuchungsergebnis ihr zur
Kenntnis zu geben oder zu vernichten ist,

c) ob ihr ein unerwartetes Untersuchungsergebnis zur
Kenntnis zu geben oder zu vernichten ist und

2. in die Untersuchung und eine dafür erforderliche Gewin-
nung einer genetischen Probe schriftlich eingewilligt hat.

Die Verwendung eines genetischen Untersuchungsmittels
der Multiparameterdiagnostik bedarf der Einwilligung nach
Satz 1 Nr. 2. Die Verwendung ist nur zulässig, soweit dies aus
medizinischen Gründen erforderlich ist und wenn die nach
§§ 11 und 12 erforderliche Aufklärung und Beratung hin-
sichtlich aller mit diesem Untersuchungsmittel analysier-
baren genetischen Eigenschaften erfolgt ist. Die Entschei-
dungen und die Einwilligung der betroffenen Person sind von
der verantwortlichen ärztlichen Person vor der genetischen
Untersuchung zu dokumentieren. Die Einwilligung darf aus-
schließlich mit der Dokumentation über die Aufklärung der
betroffenen Person nach § 11 Abs. 3 in einem Schriftstück
verbunden werden; in diesem Fall ist sie besonders hervor-
zuheben.

(2) Die betroffene Person kann ihre Einwilligung jederzeit
mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Der Widerruf hat
zur Folge, dass die genetische Untersuchung nicht begonnen
oder nicht fortgeführt werden darf und eine dafür vorgesehe-
ne oder verwendete genetische Probe der betroffenen Person
unverzüglich zu vernichten ist. Die aus dieser Probe gewon-
nenen genetischen Daten sind, soweit sie der betroffenen Per-
son nicht bereits bekannt sind, unverzüglich zu löschen.

§ 11
Aufklärung

(1) Vor Erteilung der Einwilligung hat die verantwortliche
ärztliche Person die betroffene Person über Wesen, Bedeu-
tung und Tragweite der genetischen Untersuchung aufzuklä-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/3233

ren. Der betroffenen Person ist nach der Aufklärung eine an-
gemessene Bedenkzeit bis zur Untersuchung einzuräumen.

(2) Die Aufklärung umfasst insbesondere

1. Zweck, Art, Umfang und Aussagekraft der genetischen
Untersuchung einschließlich der mit dem vorgesehenen
genetischen Untersuchungsmittel im Rahmen des Unter-
suchungszwecks erzielbaren Ergebnisse; dazu gehören
auch die Bedeutung der zu untersuchenden genetischen
Eigenschaften für eine Erkrankung oder gesundheitliche
Störung, die Häufigkeit des Ausbrechens der Krankheit
sowie entweder die Möglichkeiten, sie zu vermeiden, ihr
vorzubeugen oder sie zu erkennen oder die Möglichkei-
ten, sie zu behandeln,

2. mögliche gesundheitliche Risiken, die mit der geneti-
schen Untersuchung und einer dafür erforderlichen Ge-
winnung einer genetischen Probe für die betroffene Per-
son verbunden sind,

3. ein Hinweis, dass das Testergebnis auch Wissen über Ver-
wandte liefern kann sowie der Hinweis auf mögliche psy-
chische und physische Belastungen auf Grund des Ergeb-
nisses

4. die vorgesehene Verwendung einer genetischen Probe so-
wie des Untersuchungs- oder des Analyseergebnisses,

5. das Recht der betroffenen Person, die Einwilligung jeder-
zeit zu widerrufen,

6. das Recht der betroffenen Person auf Nichtwissen ein-
schließlich des Rechts, das Untersuchungsergebnis oder
Teile davon nicht zur Kenntnis zu nehmen, sondern ver-
nichten zu lassen.

(3) Die Aufklärung ist von der verantwortlichen ärztlichen
Person vor der genetischen Untersuchung zu dokumentieren.

§ 12
Genetische Beratung

(1) Bei einer diagnostischen genetischen Untersuchung
soll die verantwortliche ärztliche Person nach Vorliegen des
Untersuchungsergebnisses der betroffenen Person eine gene-
tische Beratung durch eine Ärztin oder einen Arzt, die oder
der die Voraussetzungen nach § 9 Abs. 1 und 3 erfüllt, anbie-
ten.

(2) Vor einer prädiktiven genetischen Untersuchung hat
eine Ärztin oder ein Arzt, die oder der die Voraussetzungen
nach § 9 Abs. 1 und 3 erfüllt, die betroffene Person genetisch
zu beraten, soweit diese nicht im Einzelfall nach vorheriger
schriftlicher Information über die Beratungsgegenstände auf
die genetische Beratung schriftlich verzichtet. Der betroffe-
nen Person ist nach der Beratung eine angemessene Bedenk-
zeit bis zur Untersuchung einzuräumen. Die verantwortliche
ärztliche Person hat der betroffenen Person nach Vorliegen
des Untersuchungsergebnisses eine genetische Beratung
durch eine Ärztin oder einen Arzt, die oder der die Vorausset-
zungen nach § 9 Abs. 1 und 3 erfüllt, anzubieten, es sei denn,
die betroffene Person hat sich dafür entschieden, dass ihr das
Untersuchungsergebnis unabhängig von der genetischen Be-
ratung nicht zur Kenntnis zu geben ist; § 10 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 Buchstabe c in Verbindung mit Satz 3 über ein uner-
wartetes Untersuchungsergebnis gilt entsprechend.

(3) Die genetische Beratung erfolgt in allgemein verständ-
licher Form und ergebnisoffen. Sie umfasst insbesondere
die eingehende Erörterung der möglichen medizinischen,
psychischen und sozialen Fragen im Zusammenhang mit
einer Vornahme oder Nichtvornahme der genetischen Unter-
suchung und ihren vorliegenden oder möglichen Untersu-
chungsergebnissen sowie der Möglichkeiten zur Unterstüt-
zung bei physischen und psychischen Belastungen der be-
troffenen Person durch die Untersuchung und ihr Ergebnis.
Die beratende Person hat auf die Möglichkeit der Hinzuzie-
hung einer anderen sachverständigen Person als mitberaten-
de Person hinzuweisen. Auf Wunsch der betroffenen Person
ist eine andere sachverständige Person an der genetischen
Beratung zu beteiligen. Ist anzunehmen, dass Verwandte der
betroffenen Person Träger der zu untersuchenden geneti-
schen Eigenschaften mit Bedeutung für eine vermeidbare
oder behandelbare Erkrankung oder gesundheitliche Störung
sind, umfasst die genetische Beratung auch die Empfehlung,
diesen Verwandten eine genetische Beratung zu empfehlen.
Soll die genetische Untersuchung bei einem Fötus oder Em-
bryo vorgenommen werden, gilt Satz 5 entsprechend.

(4) Die Einhaltung der Vorschriften der Absätze 1 bis 3 ist
von der verantwortlichen ärztlichen Person oder der Ärztin
oder dem Arzt, die oder der die Voraussetzungen nach § 9
Abs. 1 und 3 erfüllt, vor der genetischen Untersuchung zu
dokumentieren.

§ 13
Mitteilung des Ergebnisses

genetischer Untersuchungen und Analysen

(1) Das Ergebnis einer genetischen Untersuchung zu me-
dizinischen Zwecken darf vorbehaltlich der Absätze 2 und 3
nur der betroffenen Person und nur durch die verantwortliche
ärztliche Person oder eine Ärztin oder einen Arzt, die oder
der die Voraussetzungen nach § 9 Abs. 1 und 3 erfüllt und die
genetische Beratung im Auftrag der verantwortlichen ärzt-
lichen Person durchgeführt hat, mitgeteilt werden.

(2) Eine nach § 9 Abs. 2 Satz 1 mit der genetischen Analy-
se beauftragte Person oder Einrichtung darf vorbehaltlich des
Absatzes 3 das Ergebnis der genetischen Analyse nur der
verantwortlichen ärztlichen Person mitteilen, die sie mit der
genetischen Analyse beauftragt hat.

(3) Die verantwortliche ärztliche Person oder die nach § 9
Abs. 2 Satz 1 mit der genetischen Analyse beauftragte Person
oder Einrichtung darf das Ergebnis der genetischen Unter-
suchung oder Analyse anderen nur mit ausdrücklicher und
schriftlich erklärter Einwilligung der betroffenen Person mit-
teilen.

(4) Das Ergebnis der genetischen Untersuchung darf der
betroffenen Person nicht mitgeteilt werden, soweit es auf
Grund einer Entscheidung dieser Person nach § 10 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b oder c oder Abs. 2 Satz 1 in Verbin-
dung mit Satz 2 zu vernichten ist. Satz 1 gilt für das Ergebnis
der genetischen Analyse entsprechend.

§ 14
Aufbewahrung und Vernichtung
des Ergebnisses genetischer
Untersuchungen und Analysen

(1) Das Ergebnis einer genetischen Untersuchung zu
medizinischen Zwecken hat die verantwortliche ärztliche

Drucksache 16/3233 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Person mindestens zehn Jahre in den Untersuchungsunter-
lagen über die betroffene Person aufzubewahren. Soweit das
Ergebnis der genetischen Untersuchung auf Grund der Ent-
scheidung einer betroffenen Person nach § 10 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 Buchstabe b oder c oder Abs. 2 Satz 1 in Verbindung
mit Satz 2 zu vernichten ist, hat die verantwortliche ärztliche
Person das Ergebnis unverzüglich in den Untersuchungsun-
terlagen über diese Person zu vernichten. Wird das Ergebnis
der genetischen Untersuchung unter Einsatz von Datenverar-
beitungsanlagen erhoben oder verwendet oder in oder aus
nicht automatisierten Dateien erhoben oder verwendet, gilt
für die technischen und organisatorischen Maßnahmen zum
Schutz der betroffenen genetischen Daten § 9 des Bundesda-
tenschutzgesetzes in Verbindung mit der Anlage zum Bun-
desdatenschutzgesetz entsprechend.

(2) Absatz 1 gilt für die Aufbewahrung oder Vernichtung
des Ergebnisses einer genetischen Analyse durch die nach
§ 9 Abs. 2 Satz 1 beauftragte Person oder Einrichtung ent-
sprechend, soweit das Ergebnis der genetischen Analyse
nicht an die verantwortliche ärztliche Person mitgeteilt wor-
den ist.

(3) Stellt ein genetisches Untersuchungsmittel bei einer
genetischen Analyse Informationen über genetische Eigen-
schaften zur Verfügung, die auf Grund der Entscheidung der
betroffenen Person mit der genetischen Untersuchung nicht
geklärt werden sollten, hat die verantwortliche ärztliche Per-
son oder die nach § 9 Abs. 2 Satz 1 beauftragte Person oder
Einrichtung diese Informationen unverzüglich und vor ihrer
Dokumentation zu vernichten.

§ 15
Aufbewahrung, Verwendung und
Vernichtung genetischer Proben

(1) Eine genetische Probe darf nur für die Zwecke, für die
sie gewonnen worden ist, aufbewahrt und verwendet werden.
Die vorgesehenen Verwendungszwecke sind bei der Gewin-
nung der genetischen Probe zu dokumentieren. Wird die ge-
netische Probe für diese Zwecke nicht mehr benötigt, ist sie
unverzüglich zu vernichten.

(2) Abweichend von Absatz 1 darf die genetische Probe zu
anderen Zwecken nur aufbewahrt und verwendet werden,
wenn zuvor die Person, von der die genetische Probe stammt,
nach Unterrichtung über die anderen Zwecke in die Auf-
bewahrung und Verwendung ausdrücklich und schriftlich
eingewilligt hat. § 26 über die Einwilligung bei genetischen
Untersuchungen zu Zwecken wissenschaftlicher Forschung
bleibt unberührt.

(3) Derjenige, dem die Zustimmung zur Aufbewahrung
oder Verwendung der genetischen Probe zu den anderen
Zwecken gegeben worden ist, darf die genetische Probe dazu
nur aufbewahren oder verwenden, wenn sichergestellt ist,
dass Rückschlüsse auf die Person, von der die genetische
Probe stammt, nicht möglich sind. Satz 1 gilt nicht, wenn die
Person, von der die genetische Probe stammt, die Möglich-
keit des Rückschlusses ausdrücklich und schriftlich gestattet.

(4) Wer eine genetische Probe aufbewahrt oder verwendet,
hat die erforderlichen technischen und organisatorischen
Maßnahmen zu treffen, um einen unbefugten Zugriff auf die
genetische Probe, deren unbefugte Weitergabe an andere,

eine unzulässige Verwendung der genetischen Probe und de-
ren unzulässige Vernichtung auszuschließen.

(5) Für die genetische Probe von einer oder einem Verstor-
benen gelten die Absätze 2 und 3 mit der Maßgabe, dass an
die Stelle der in Absatz 2 und Absatz 3 Satz 2 genannten Per-
son, von der die genetische Probe stammt, die totensorgebe-
rechtigte Person tritt. Für die genetische Probe von einem
lebenden oder toten Fötus oder Embryo gelten die Absätze 2
und 3 mit der Maßgabe, dass an die Stelle der in Absatz 2
Satz 1 und Absatz 3 Satz 2 genannten Person, von der die ge-
netische Probe stammt, die Frau tritt, die mit dem Fötus oder
Embryo schwanger ist oder war.

§ 16
Genetische Untersuchungen

bei nicht einwilligungsfähigen Personen

(1) Bei einer Person, die nicht in der Lage ist, Wesen,
Bedeutung und Tragweite der genetischen Untersuchung zu
erkennen und ihren Willen hiernach auszurichten, darf eine
genetische Untersuchung sowie eine dafür erforderliche Ge-
winnung einer genetischen Probe nur zu medizinischen
Zwecken und nur vorgenommen werden, wenn

1. die Untersuchung nach dem allgemein anerkannten Stand
der medizinischen Wissenschaft und Technik erforderlich
ist, um bei dieser Person den Ausbruch einer genetisch
bedingten Erkrankung oder gesundheitlichen Störung zu
vermeiden oder eine solche Erkrankung oder gesundheit-
liche Störung zu behandeln, oder wenn eine Behandlung
mit einem Arzneimittel vorgesehen ist, dessen Wirkung
durch genetische Eigenschaften beeinflusst wird,

2. die Untersuchung zuvor dieser Person in einer ihr gemä-
ßen Weise so weit als möglich verständlich gemacht wor-
den ist und sie die Vornahme der Untersuchung oder eine
dafür erforderliche Gewinnung oder Verwendung einer
genetischen Probe nicht ablehnt,

3. die Untersuchung für diese Person mit möglichst wenig
Risiken und Belastungen verbunden ist und

4. der Vertreter dieser Person gemäß § 11 aufgeklärt worden
ist, die Vorschriften über die genetische Beratung nach
§ 12 gegenüber dem Vertreter eingehalten worden sind
und dieser gemäß § 10 Abs. 1 entschieden und eingewil-
ligt hat.

(2) Eine genetische Untersuchung bei einer in Absatz 1
bezeichneten Person darf abweichend von Absatz 1 auch
vorgenommen werden, wenn

1. bei einer anderen Person im Hinblick auf eine geplante
Schwangerschaft sich nach dem allgemein anerkannten
Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik auf
andere Weise nicht klären lässt, ob eine bestimmte gene-
tisch bedingte Erkrankung oder gesundheitliche Störung
bei einer von dieser Person abstammenden zukünftigen
Person auftreten kann,

2. die Voraussetzungen nach Absatz 1 Nr. 2 und 4 vorliegen,

3. die in Absatz 1 bezeichnete Person voraussichtlich nicht
oder nur geringfügig und nicht über die mit der Untersu-
chung und einer dafür erforderlichen Gewinnung einer
genetischen Probe in der Regel verbundenen Risiken hin-
aus gesundheitlich beeinträchtigt wird und

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/3233

4. diese Person durch das Untersuchungsergebnis voraus-
sichtlich weder physisch noch psychisch belastet wird.

Es dürfen nur die zur Klärung nach Satz 1 Nr. 1 erforderli-
chen Untersuchungen an der genetischen Probe in Auftrag
gegeben und vorgenommen werden. Andere Feststellungen
über genetische Eigenschaften der in Absatz 1 bezeichneten
Person, als sie zur Klärung nach Satz 1 Nr. 1 erforderlich
sind, dürfen nicht getroffen werden; hierauf gerichtete Unter-
suchungen sind unzulässig. § 1627 und § 1901 Abs. 2 und 3
des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden Anwendung.

§ 17
Vorgeburtliche genetische Untersuchungen

(1) Eine vorgeburtliche genetische Untersuchung darf nur
zu medizinischen Zwecken und nur vorgenommen werden,
soweit mit der Untersuchung geklärt werden soll, ob der
Fötus oder Embryo genetische Eigenschaften hat, die nach
dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wis-
senschaft und Technik seine Gesundheit während der
Schwangerschaft oder nach der Geburt beeinträchtigen, oder
wenn eine Behandlung des Fötus oder Embryos mit einem
Arzneimittel vorgesehen ist, dessen Wirkung durch gene-
tische Eigenschaften beeinflusst wird. Satz 1 gilt nicht für die
Feststellung des Geschlechts eines Fötus oder Embryos wäh-
rend einer Schwangerschaft anlässlich einer Untersuchung
nach Satz 1 oder einer sonstigen vorgeburtlichen Untersu-
chung.

(1a) Eine vorgeburtliche genetische Untersuchung, die
darauf abzielt, eine genetische Eigenschaften des Embryos
oder des Fötus für eine Erkrankung festzustellen, die nach
dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wis-
senschaft und Technik in der Regel erst im Erwachsenenalter
ausbricht, darf nicht vorgenommen werden.

(2) Die Aufklärung der Schwangeren nach § 11 umfasst
auch mögliche gesundheitliche Risiken, die mit der vorge-
burtlichen genetischen Untersuchung und einer dafür erfor-
derlichen Gewinnung einer genetischen Probe für den Fötus
oder Embryo verbunden sind.

(3) Eine vorgeburtliche genetische Untersuchung darf ab-
weichend von § 12 nur vorgenommen werden, wenn zuvor
eine Ärztin oder ein Arzt, die oder der die Voraussetzungen
nach § 9 Abs. 1 und 3 erfüllt, die Schwangere gemäß § 12
Abs. 2 und 3 genetisch beraten und ergänzend auf den
Rechtsanspruch der schwangeren Frau auf eine psychosoziale
Beratung nach § 2 des Schwangerschaftkonfliktgesetzes hin-
gewiesen hat.

(4) Wird die vorgeburtliche genetische Untersuchung bei
einer Schwangeren vorgenommen, die nicht in der Lage ist,
Wesen, Bedeutung und Tragweite der vorgeburtlichen gene-
tischen Untersuchung zu erkennen und ihren Willen hiernach
auszurichten, findet § 16 mit Ausnahme von Absatz 1 Nr. 2
und 3 und Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 keine Anwendung. Die ge-
netische Untersuchung darf nur vorgenommen werden, wenn
zuvor der Vertreter der Schwangeren gemäß § 11 aufgeklärt
worden ist, eine Ärztin oder ein Arzt, die oder der die Voraus-
setzungen nach § 9 Abs. 1 und 3 erfüllt, den Vertreter ent-
sprechend Absatz 3 genetisch beraten und dieser gemäß § 10
Abs. 1 entschieden und eingewilligt hat.

§ 18
Genetische Reihenuntersuchungen

(1) Eine genetische Reihenuntersuchung darf nur vorge-
nommen werden, wenn mit der Untersuchung geklärt werden
soll, ob die betroffenen Personen genetische Eigenschaften
mit Bedeutung für eine Erkrankung oder gesundheitliche
Störung haben, deren Ausbruch bei diesen Personen, falls sie
die gesuchten genetischen Eigenschaften haben, nach dem
allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissen-
schaft und Technik vermeidbar ist oder die nach diesem
Stand behandelbar ist.

(2) Mit einer genetischen Reihenuntersuchung nach
Absatz 1 darf nur begonnen werden, wenn die Gendiagnos-
tik-Kommission die Untersuchung in einer schriftlichen Stel-
lungnahme bewertet hat. Die Gendiagnostik-Kommission
prüft und bewertet anhand der ihr vorgelegten Unterlagen, ob
die Voraussetzungen nach Absatz 1 vorliegen, das Anwen-
dungskonzept für die Durchführung der Untersuchung dem
allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissen-
schaft und Technik entspricht und die Untersuchung in die-
sem Sinne ethisch vertretbar ist.

(3) Die Aufklärung der von der angebotenen genetischen
Reihenuntersuchung betroffenen Personen umfasst auch die
Unterrichtung über das Ergebnis der Bewertung der Untersu-
chung durch die Gendiagnostik-Kommission nach Absatz 2.

(4) Soweit bei der genetischen Analyse genetische Eigen-
schaften festgestellt werden, die für die betroffene Person
keine Bedeutung für eine Erkrankung oder gesundheitliche
Störung haben, sind diese Informationen unverzüglich und
vor ihrer Dokumentation zu vernichten. Dies gilt nicht, wenn
die betroffene Person im Einzelfall entschieden hat, dass ihr
diese Informationen zur Kenntnis zu geben sind.

§ 19
Ärztliche Vergütung

Entscheidet sich die betroffene Person, nachdem sie ge-
mäß den Vorschriften dieses Gesetzes aufgeklärt worden ist
und ihr gegenüber die Vorschriften dieses Gesetzes über die
genetische Beratung eingehalten worden sind, gegen die Vor-
nahme einer genetischen Untersuchung zu medizinischen
Zwecken, ist eine Vergütung für die Aufklärung und geneti-
sche Beratung bis zur Höhe der ärztlichen Vergütung für die
Vornahme der genetischen Untersuchung einschließlich der
Aufklärung und genetischen Beratung ohne Berücksichti-
gung der Sachkosten für genetische Untersuchungsmittel zu-
lässig. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermäch-
tigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundes-
rates die gebührenpflichtigen Tatbestände zu bestimmen und
dabei feste Sätze oder Rahmensätze vorzusehen.

Abschnitt 3
Genetische Untersuchungen

zu Zwecken der Lebensplanung

§ 20
Genetische Untersuchungen
zu Zwecken der Lebensplanung

(1) Eine genetische Untersuchung zu Zwecken der Le-
bensplanung darf nur durch Ärztinnen oder Ärzte vorgenom-
men werden.

Drucksache 16/3233 – 12 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

(2) § 9 über den Arztvorbehalt, § 10 über die Einwilli-
gung, § 11 über die Aufklärung, § 13 über die Mitteilung des
Ergebnisses, § 14 über die Aufbewahrung und Vernichtung
des Ergebnisses und § 15 Abs. 1 bis 4 und Abs. 5 Satz 1 über
Aufbewahrung, Verwendung und Vernichtung der Proben
gelten entsprechend.

Abschnitt 4
Genetische Untersuchungen

zur Klärung der Abstammung

§ 21
Genetische Untersuchungen
zur Klärung der Abstammung

(1) Eine genetische Untersuchung zur Klärung der Ab-
stammung darf nur in Auftrag gegeben oder vorgenommen
werden, wenn die Personen, von denen eine genetische Probe
untersucht werden soll, in die Untersuchung und eine dafür
bei ihnen erforderliche Gewinnung einer genetischen Probe
eingewilligt haben.

Es dürfen nur die zur Klärung der Abstammung erforder-
lichen Untersuchungen an der genetischen Probe in Auftrag
gegeben und vorgenommen werden. Feststellungen über an-
dere Tatsachen dürfen nicht getroffen werden; hierauf gerich-
tete Untersuchungen sind unzulässig.

(2) Eine genetische Untersuchung zur Klärung der Ab-
stammung darf nur durch Ärztinnen oder Ärzte oder durch
auf dem Gebiet der Abstammungsbegutachtung erfahrene
nichtärztliche Sachverständige mit abgeschlossener natur-
wissenschaftlicher Hochschulausbildung vorgenommen
werden. § 9 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 über den Arztvorbehalt
gilt entsprechend.

(3) Eine genetische Untersuchung zur Klärung der Ab-
stammung darf nur vorgenommen werden, nachdem die für
die Vornahme der Untersuchung verantwortliche Person
nach Absatz 2 Satz 1 diejenigen Personen, deren Einwilli-
gung nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist, über die geneti-
sche Untersuchung aufgeklärt hat und diese Personen schrift-
lich eingewilligt haben. § 11 Abs. 2 Nr. 1 erster Halbsatz und
Nr. 2 bis 5 und Abs. 3 über die Aufklärung gilt entsprechend.

(4) § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a und b und Satz 3
und Abs. 2 über die Einwilligung, § 13 Abs. 2 bis 4 über die
Mitteilung des Ergebnisses, § 14 über die Aufbewahrung und
Vernichtung des Ergebnisses und § 15 Abs. 1 bis 4 und
Abs. 5 Satz 1 über Aufbewahrung, Verwendung und Ver-
nichtung der Proben gelten entsprechend.

(5) Eine genetische Untersuchung bei einer Person, die
nicht in der Lage ist, Wesen, Bedeutung und Tragweite der
genetischen Untersuchung zu erkennen und ihren Willen
hiernach auszurichten, darf abweichend von § 16 Abs. 1
auch zur Klärung der Abstammung dieser Person vorgenom-
men werden. § 16 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4, soweit er auf § 10
Abs. 1 und § 11 verweist, und Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 über gene-
tische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken bei nicht
einwilligungsfähigen Personen gilt entsprechend.

(6) Eine vorgeburtliche genetische Untersuchung darf
abweichend von § 17 Abs. 1 Satz 1 auch zur Klärung der
Abstammung eines Fötus oder Embryos und abweichend von
Absatz 2 Satz 1 nur durch Ärztinnen oder Ärzte vorgenom-

men werden, wenn nach ärztlicher Erkenntnis an der
Schwangeren eine rechtswidrige Tat nach den §§ 176 bis 179
des Strafgesetzbuchs begangen worden ist und dringende
Gründe für die Annahme sprechen, dass die Schwangerschaft
auf der Tat beruht. Bei einer nach Satz 1 zulässigen gene-
tischen Untersuchung gilt der Fötus oder Embryo als Person
und Kind nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und die Schwangere
als Mutter nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2. Abweichend von
Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 ist die Einwilligung des Mannes, des-
sen genetische Probe infolge der nach ärztlicher Erkenntnis
an der Schwangeren begangenen rechtswidrigen Tat nach
den §§ 176 bis 179 des Strafgesetzbuchs vorhanden ist, nicht
erforderlich. § 16 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 über
genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken bei
nicht einwilligungsfähigen Personen gilt entsprechend.

(7) Die Vorschriften über die Feststellung der Abstam-
mung im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens bleiben un-
berührt.

(8) Auf genetische Untersuchungen an einem im Ausland
gewonnenen Mundschleimhautabstrich, die im Rahmen
eines Verfahrens zur Erteilung eines Visums für eine Fami-
lienzusammenführung auf Antrag des Visumsantragstellers
zur Klärung eines behaupteten Verwandtschaftsverhältnisses
vorgenommen werden, finden keine Anwendung:

1. Absatz 3 Satz 2, soweit er auf § 11 Abs. 2 Nr. 2 und 5 ver-
weist,

2. Absatz 4, soweit er auf § 14 Abs. 1 Satz 1 verweist, und

3. Absatz 5 Satz 2, soweit er auf § 16 Abs. 1 Nr. 2 verweist.

Auf die Aufklärung des Vertreters nach Absatz 5 Satz 2
findet § 16 Abs. 1 Nr. 4 keine Anwendung, soweit er auf
§ 11 Abs. 2 Nr. 2 und 5 verweist. Die Aufklärung nach den
Absätzen 3 und 5 kann auch von einer anderen als der für die
Untersuchung verantwortlichen Person vorgenommen wer-
den, die nicht die Anforderungen nach Absatz 2 erfüllen
muss. Ergibt sich der Verdacht einer Straftat nach § 95 Abs. 2
des Aufenthaltsgesetzes, dürfen abweichend von Absatz 4
und § 2 Abs. 3 das Ergebnis der genetischen Untersuchung
und die genetische Probe auch nach einem Widerruf der Ein-
willigung zum Zwecke der Strafverfolgung übermittelt wer-
den; § 13 Abs. 4 und § 14 Abs. 1 Satz 2 finden in diesem Fall
keine Anwendung.

Abschnitt 5
Genetische Untersuchungen

im Versicherungsbereich

§ 22
Genetische Untersuchungen vor und nach Abschluss des

Versicherungsvertrages

Der Versicherer darf von Versicherungsnehmern weder
vor noch nach Abschluss des Versicherungsvertrages

1. die Vornahme genetischer Untersuchungen oder Analy-
sen verlangen oder

2. die Offenbarung von Ergebnissen bereits vorgenomme-
ner prädiktiver genetischer Untersuchungen oder Analy-
sen verlangen, solche Ergebnisse entgegennehmen oder
verwenden.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 13 – Drucksache 16/3233

Abschnitt 6
Genetische Untersuchungen

im Arbeitsleben

§ 23
Genetische Untersuchungen
vor und nach Begründung

des Beschäftigungsverhältnisses

Der Arbeitgeber darf von Beschäftigten weder vor noch
nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses

1. die Vornahme genetischer Untersuchungen oder Analy-
sen verlangen oder

2. die Ergebnisse bereits vorgenommener genetischer Un-
tersuchungen oder Analysen erfragen, solche Ergebnisse
entgegennehmen oder verwenden.

§ 24
Genetische Untersuchungen

zumArbeitsschutz

(1) Im Rahmen arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersu-
chungen dürfen weder

1. genetische Untersuchungen oder Analysen vorgenom-
men werden noch

2. die Ergebnisse bereits vorgenommener genetischer Un-
tersuchungen oder Analysen erfragt, solche Ergebnisse
entgegengenommen oder verwendet werden.

(2) Abweichend von Absatz 1 dürfen im Rahmen arbeits-
medizinischer Vorsorgeuntersuchungen genetische Untersu-
chungen durch proteinchemische Analyse des Genprodukts
angeboten werden, soweit sie zur Feststellung genetischer
Eigenschaften erforderlich sind, die für schwerwiegende
Erkrankungen oder schwerwiegende gesundheitliche Stö-
rungen, die bei einer Beschäftigung an einem bestimmten
Arbeitsplatz oder mit einer bestimmten Tätigkeit entstehen
können, ursächlich oder mitursächlich sind. Beschäftigungs-
verbote dürfen wegen der Ablehnung des Angebotes nicht
verfügt werden. Genetische Untersuchungen sind als indivi-
duelle Maßnahmen des Arbeitsschutzes nachrangig zu ande-
ren Maßnahmen des Arbeitsschutzes.

(3) Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung
ohne Zustimmung des Bundesrates regeln, dass abweichend
von Absatz 1 und 2 genetische Untersuchungen durch zyto-
genetische und molekulargenetische Analysen bei bestimm-
ten gesundheitsgefährdenden Tätigkeiten von Beschäftigten
im Rahmen arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen
vorgenommen werden dürfen, soweit nach dem allgemein
anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft und
Technik

1. durch die jeweilige genetische Untersuchung genetische
Eigenschaften festgestellt werden können, die für be-
stimmte, in der Rechtsverordnung zu bezeichnende Er-
krankungen oder gesundheitliche Störungen, die bei einer
Beschäftigung an einem bestimmten Arbeitsplatz oder
mit einer bestimmten Tätigkeit entstehen können, ursäch-
lich oder mitursächlich sind,

2. die Wahrscheinlichkeit, dass die Erkrankung oder ge-
sundheitliche Störung bei der Beschäftigung an dem be-
stimmten Arbeitsplatz oder mit der bestimmten Tätigkeit
entsteht, hoch ist,

3. die Erkrankung oder gesundheitliche Störung mit der Ge-
fahr einer schwerwiegenden Schädigung der Gesundheit
verbunden ist und

4. die jeweilige genetische Untersuchung eine geeignete
und die für die Beschäftigte oder den Beschäftigen scho-
nenste Untersuchungsmethode ist, um die genetischen
Eigenschaften festzustellen.

Absatz 2 Satz 2 und 3 gelten entsprechend.

(4) Die Vorschriften der Abschnitte 1 und 2 finden auf ge-
netische Untersuchungen nach Absatz 2 und 3 Anwendung.

§ 25
Arbeitsrechtliches Benachteiligungsverbot

(1) Der Arbeitgeber darf Beschäftigte bei einer Vereinba-
rung oder Maßnahme, insbesondere bei der Begründung des
Beschäftigungsverhältnisses, beim beruflichen Aufstieg, bei
einer Weisung oder einer Kündigung, nicht wegen ihrer
genetischen Eigenschaften oder der genetischen Eigenschaf-
ten einer anderen Person benachteiligen, oder weil sie sich
weigern, genetische Untersuchungen oder Analysen bei sich
vornehmen zu lassen oder die Ergebnisse bereits vorgenom-
mener genetischer Untersuchungen oder Analysen zu offen-
baren.

(2) Verstößt der Arbeitgeber gegen das Benachteiligungs-
verbot in Absatz 1, so kann der oder die Beschäftigte zum
Ausgleich des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist,
eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Der An-
spruch muss innerhalb einer Frist von sechs Monaten
schriftlich geltend gemacht werden. Die Frist beginnt im
Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit
dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer
Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die
Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(3) Verstößt der Arbeitgeber gegen das Benachteiligungs-
verbot in Absatz 1, so ist er verpflichtet, den hierdurch ent-
standenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der
Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Im
Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich
aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(4) Der oder die Benachteiligte kann bei einem Verstoß
gegen das Benachteiligungsverbot in Absatz 1 unbeschadet
weiterer Ansprüche die Beseitigung der Beeinträchtigung
verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so
kann er oder sie auf Unterlassung klagen.

(5) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachtei-
ligungsverbot in Absatz 1 begründet keinen Anspruch auf
Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsaus-
bildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei
denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(6) Wenn im Streitfall Beschäftigte Tatsachen glaubhaft
machen, die eine Benachteiligung wegen eines in Absatz 1
genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Seite
die Beweislast dafür, dass andere sachliche Gründe die unter-
schiedliche Behandlung rechtfertigen.

§ 25 a
Anwendungsbereich des Abschnitts 6

Die Vorschriften des Abschnitts 6 gelten nicht für dia-
gnostische genetische Untersuchungen auf der Ebene des
Phänotyps.

Drucksache 16/3233 – 14 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Abschnitt 7
Genetische Untersuchungen

zu Zwecken wissenschaftlicher Forschung

§ 26
Einwilligung

(1) Eine genetische Untersuchung oder Analyse personen-
bezogener genetischer Proben und Daten zu Zwecken wis-
senschaftlicher Forschung und Lehre (wissenschaftliche For-
schung) darf nur vorgenommen werden, nachdem die betrof-
fene Person

1. entschieden hat, ob und in welchem Umfang

a) personenbezogene genetische Proben gewonnen und
verwendet,

b) genetische Untersuchungen oder Analysen personen-
bezogener genetischer Proben vorgenommen,

c) personenbezogene genetische Daten erhoben und ver-
wendet,

d) personenbezogene genetische Proben und Daten auf-
bewahrt werden dürfen und

2. in die Untersuchung oder Analyse und eine dafür erfor-
derliche Gewinnung einer genetischen Probe eingewilligt
hat.

Die Einwilligung kann für bestimmte Forschungsvorhaben,
Forschungszwecke oder Forschungsbereiche oder allgemein
zu Zwecken wissenschaftlicher Forschung erteilt werden.
Die Erteilung der Einwilligung setzt eine Aufklärung gemäß
§ 27 voraus. Die Entscheidungen und die Einwilligung der
betroffenen Person sind von der verantwortlichen Forscherin
oder dem verantwortlichen Forscher vor Durchführung der
Forschungsarbeiten zu dokumentieren.

(2) Die Einwilligung bedarf der Schriftform, soweit nicht
wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen
ist. Ein besonderer Umstand im Sinne von Satz 1 liegt auch
dann vor, wenn durch die Schriftform der Forschungszweck
erheblich beeinträchtigt würde; in diesem Fall sind die
Gründe, aus denen sich die erhebliche Beeinträchtigung des
Forschungszwecks ergibt, schriftlich festzuhalten. Ist in der
Einwilligung eine Einwilligung allgemein zu Zwecken wis-
senschaftlicher Forschung vorgesehen, so müssen die mög-
lichen Einwilligungsbeschränkungen auf Forschungsvor-
haben, Forschungszwecke oder Forschungsbereiche konkre-
tisiert und zur Auswahl gestellt werden. Wird die Einwilli-
gung zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt,
ist sie besonders hervorzuheben.

(3) Die betroffene Person kann ihre Einwilligung jederzeit
mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Der Widerruf hat
zur Folge, dass die genetische Probe der betroffenen Person
unverzüglich zu vernichten ist und die gespeicherten perso-
nenbezogenen Daten unverzüglich zu löschen sind, es sei
denn, die betroffene Person erklärt sich mit einer Weiterver-
wendung der Probe oder der Daten in anonymisierter Form
einverstanden.

(4) Ist die Einholung einer Einwilligung im Einzelfall
nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich,
so ist eine Verwendung bereits vorhandener personenbezoge-
ner genetischer Proben und Daten zu Zwecken wissenschaft-
licher Forschung in anonymisierter Form zulässig, wenn dies
zur Durchführung wissenschaftlicher Forschung erforderlich
ist, das wissenschaftliche Interesse an der Durchführung des

Forschungsvorhabens das Interesse der betroffenen Person
an dem Ausschluss der genetischen Untersuchung oder Ana-
lyse erheblich überwiegt und der Zweck der Forschung auf
andere Weise nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Auf-
wand erreicht werden kann.

(5) Sind die genetischen Proben und Daten der betroffenen
Person bereits anonymisiert, finden die Absätze 1 bis 4 und
die §§ 27 bis 33 mit Ausnahme von § 28, Abs. 1 Satz 4 und
§ 29 keine Anwendung.

§ 27
Aufklärung

(1) Vor Erteilung der Einwilligung hat die verantwortliche
Forscherin oder der verantwortliche Forscher, die von ihr
oder ihm damit beauftragte Person oder die behandelnde
Ärztin oder der behandelnde Arzt die betroffene Person über
mögliche Verwendungen der personenbezogenen geneti-
schen Probe und der personenbezogenen genetischen Daten
zu Zwecken wissenschaftlicher Forschung in allgemein ver-
ständlicher Form aufzuklären. Sind bei der geplanten For-
schungsarbeit für die Gesundheit der betroffenen Person
wesentliche Erkenntnisse zu erwarten, muss die Aufklärung
durch eine Ärztin oder einen Arzt oder unter Hinzuziehung
einer Ärztin oder eines Arztes erfolgen. Wird die Einwilli-
gung nicht auf bestimmte Forschungszwecke begrenzt, ist
die betroffene Person in besonderer Weise über die Tragweite
ihrer Einwilligung aufzuklären.

(2) Die Aufklärung umfasst insbesondere, soweit dies
nach dem zum Zeitpunkt der Aufklärung bestehenden Pla-
nungs- und Erkenntnisstand möglich ist,

1. gesundheitliche Risiken, die mit der genetischen Unter-
suchung oder Analyse und einer dafür erforderlichen Ge-
winnung einer genetischen Probe für die betroffene Per-
son verbunden sind,

2. die Ziele der Forschung und die vorgesehene Dauer der
Aufbewahrung der personenbezogenen genetischen Pro-
be und der personenbezogenen genetischen Daten,

3. den verantwortlichen Träger des Forschungsvorhabens,
die Herkunft der Mittel zur Finanzierung des Forschungs-
vorhabens und die vorgesehenen Kooperationspartner,

4. die Möglichkeit der Weitergabe der personenbezogenen
genetischen Proben und Daten an Dritte zu Zwecken wis-
senschaftlicher Forschung nach § 28a,

5. vorgesehenen Maßnahmen zur Sicherung des Schutzes
personenbezogener genetischer Proben und Daten,

6. das Recht der betroffenen Person, gemäß § 26 Abs. 3 die
Einwilligung zu widerrufen, sowie darüber, dass durch
eine Verweigerung der Einwilligung oder einen Widerruf
der Einwilligung für die betroffene Person, insbesondere
für ihre medizinische Behandlung, keine Nachteile ent-
stehen, sowie den Hinweis darauf, dass nach Anonymi-
sierung der genetischen Proben und Daten ein Widerruf
ausgeschlossen ist,

7. das Recht der betroffenen Person, über die Erkenntnisse
der Forschungsarbeiten gemäß § 30 auf Verlangen Aus-
kunft zu erhalten, das Recht, diese Erkenntnisse nicht zur
Kenntnis zu nehmen, sowie den Hinweis darauf, dass
nach Anonymisierung der genetischen Proben und Daten
eine Auskunftserteilung nach § 30 ausgeschlossen ist,

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 15 – Drucksache 16/3233

8. das Recht der betroffenen Person, nach Maßgabe der
Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten auf
Verlangen Auskunft zu erhalten, sowie den Hinweis
darauf, dass nach Anonymisierung der genetischen Pro-
ben und Daten eine solche Auskunftserteilung ausge-
schlossen ist,

9. eine vorgesehene Veröffentlichung der Forschungser-
gebnisse unter Verwendung personenbezogener geneti-
scher Daten der betroffenen Person,

10. eine vorgesehene kommerzielle Verwertung von unter
Verwendung der personenbezogenen genetischen Pro-
ben und Daten erzielten Forschungsergebnissen,

11. das Ergebnis der Bewertung des Forschungsvorhabens
durch die Ethik-Kommission nach § 29.

(3) Sollen die personenbezogenen genetischen Proben und
Daten allgemein zu Zwecken wissenschaftlicher Forschung
und nicht für bestimmte Forschungsbereiche und nicht nur
für ein bestimmtes Forschungsvorhaben oder für bestimmte
Forschungszwecke verwendet werden, ist die betroffene
Person in besonderer Weise über die Tragweite ihrer Ein-
willigung aufzuklären. Die Aufklärung umfasst auch das
Wahlrecht über die bestehenden Möglichkeiten, die Einwilli-
gung auf bestimmte Forschungsbereiche, ein bestimmtes
Forschungsvorhaben oder auf bestimmte Forschungszwecke
zu beschränken. Zur Aufklärung über die Tragweite der Ein-
willigung sind in Betracht kommende Forschungszwecke
und Forschungsbereiche aufzuführen.

(4) Die Aufklärung der betroffenen Person ist von der
verantwortlichen Forscherin oder dem verantwortlichen
Forscher vor Durchführung der Forschungsarbeiten zu
dokumentieren.

§ 28
Anonymisierung und Pseudonymisierung

(1) Personenbezogene genetische Proben und Daten sind
zu anonymisieren, soweit und sobald dies nach dem For-
schungszweck möglich ist. Bis dahin sind die Merkmale ge-
sondert zu speichern, mit denen Einzelangaben über persön-
liche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder be-
stimmbaren Person zugeordnet werden können. Sie dürfen
mit den Einzelangaben nur zusammengeführt werden, soweit
der Forschungszweck dies erfordert. Nach erfolgter Anony-
misierung der genetischen Proben und Daten ist ein Abgleich
dieser Proben und Daten mit personenbezogenen Referenz-
material mit dem Ziel einer Re-Identifizierung unzulässig,
sofern dies nicht mit Einwilligung der betroffenen Person er-
folgt.

(2) Personenbezogene genetische Proben und Daten sind,
soweit eine Anonymisierung nach Absatz 1 nicht möglich
ist, zu pseudonymisieren, soweit und sobald dies nach dem
Forschungszweck möglich ist. Die Merkmale, mit denen
Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse
einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet
werden können, sind bis zur Vernichtung der genetischen
Proben und Löschung der genetischen Daten gesondert zu
speichern. Sie dürfen mit den Einzelangaben nur zusammen-
geführt werden, soweit der Forschungszweck dies erfordert.

(3) Die Bundesregierung hat innerhalb von sechs Mona-
ten nach Inkrafttreten des Gesetzes das Verfahren der Pseu-
donymisierung und Anonymisierung genetischer Proben und

Daten durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bun-
desrates zu regeln.

§ 28a
Übermittlung personenbezogener genetischer Proben

und Daten an Dritte

Eine Übermittlung personenbezogener genetischer Pro-
ben und Daten an Dritte ist nur mit Einwilligung der betroffe-
nen Person gemäß § 26 Abs. 1 zulässig. Sie darf nur zu Zwe-
cken wissenschaftlicher Forschung und nur in pseudonymi-
sierter Form erfolgen. Durch Vereinbarung zwischen dem
Dritten und der übermittelnden Stelle werden unter Beach-
tung der Rechte der betroffenen Person Anlässe und Verfah-
ren zur Wiederherstellung des Personenbezugs geregelt. In
der Vereinbarung kann auch vorgesehen werden, dass der
Dritte weitere Daten bei der betroffenen Person erheben
kann, wenn diese gegenüber der übermittelnden Stelle hierzu
ihre Einwilligung erklärt hat. Sind bei der geplanten
Forschungsarbeit für die Gesundheit der betroffenen Person
wesentliche Erkenntnisse zu erwarten, muss vor der Ertei-
lung der Einwilligung eine Aufklärung durch eine Ärztin
oder einen Arzt oder unter Hinzuziehung einer Ärztin oder
eines Arztes erfolgen.

§ 29
Ethik-Kommission

Mit einer genetischen Untersuchung oder Analyse zu
Zwecken wissenschaftlicher Forschung an genetischen Pro-
ben und Daten darf nur begonnen werden, wenn eine nach
Landesrecht zuständige, interdisziplinär zusammengesetzte,
unabhängige Ethik-Kommission das Forschungsvorhaben in
einer schriftlichen Stellungnahme bewertet hat. Die Bewer-
tung erstreckt sich auch auf die Beachtung der anwendbaren
Rechtsvorschriften, insbesondere der Vorschriften zum
Schutz personenbezogener Daten sowie der Vorschriften zur
Erteilung der Einwilligung oder der Voraussetzungen des
§ 26 Abs. 4. Die Ethik-Kommission bewertet auch die Frage,
ob und inwieweit das Forschungsvorhaben mit personenbe-
zogenen genetischen Proben und Daten durchgeführt werden
muss, oder mit anonymisierten genetischen Proben und
Daten durchgeführt werden kann. Stellt die Ethik-Kommis-
sion im Rahmen ihrer Stellungnahme fest, dass das For-
schungsvorhaben die datenschutzrechtlichen Voraussetzun-
gen nicht erfüllt, oder ist sie im Zweifel, ob die datenschutz-
rechtlichen Voraussetzungen erfüllt werden, informiert sie
hierüber die zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde. Die
eigenständigen Prüfungskompetenzen der zuständigen Da-
tenschutzbehörde bleiben unberührt. Das Nähere zur Bil-
dung, Zusammensetzung, Finanzierung und Arbeit der
Ethik-Kommission wird durch Landesrecht bestimmt.

§ 30
Auskunftsanspruch der betroffenen Person

und Informationspflichten

(1) Die verantwortliche Forscherin oder der verantwortli-
che Forscher oder die von ihr oder von ihm beauftragte Per-
son hat der betroffenen Person auf Verlangen Auskunft über
die wesentlichen, auf ihre Gesundheit bezogenen Erkenntnis-
se der Forschungsarbeiten zu erteilen. Die Auskunft gebende
Person muss Ärztin oder Arzt sein oder eine Ärztin oder
einen Arzt hinzuziehen.

Drucksache 16/3233 – 16 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

(2) Die verantwortliche Forscherin oder der verantwort-
liche Forscher hat die unter Verwendung von personenbezo-
genen Daten erzielten wesentlichen Forschungsergebnisse
regelmäßig in allgemeinen forschungsbegleitenden Ergeb-
nisberichten in geeigneter Weise zu veröffentlichen.

§ 31
Aufbewahrung und Vernichtung
genetischer Proben, Aufbewahrung
und Löschung genetischer Daten

(1) Forscherinnen und Forscher dürfen personenbezogene
genetische Proben, die zu Zwecken wissenschaftlicher For-
schung verwendet worden sind und nicht nach § 26 Abs. 3
Satz 3 zu vernichten sind, zehn Jahre ab dem Zeitpunkt ihrer
Entnahme, aufbewahren, sofern sie mit Einwilligung der be-
troffenen Person gewonnen wurden oder die Voraussetzun-
gen des § 26 Abs. 4 Satz 1 und 2 vorliegen. Die personen-
bezogenen genetischen Proben sind nach Ablauf dieser Frist
zu vernichten, wenn nicht eine erneute Einwilligung der be-
troffenen Person eingeholt wird oder die Voraussetzungen
des § 26 Abs. 4 vorliegen. Die Frist beginnt mit Erteilung der
Einwilligung erneut zu laufen.

(2) Für die Aufbewahrung und Löschung personenbezo-
gener genetischer Daten, die zu Zwecken wissenschaftlicher
Forschung verwendet worden sind und nicht nach § 26
Abs. 3 Satz 2 zu löschen sind, gilt Absatz 1 entsprechend.

§ 32
Veröffentlichung der Forschungsergebnisse

Personenbezogene genetische Daten dürfen im Rahmen
einer Veröffentlichung von Forschungsergebnissen nur mit
ausdrücklicher Einwilligung der betroffenen Person veröf-
fentlicht werden.

§ 33
Besonders schutzbedürftige Personen

(1) Bei einer Person, die nicht in der Lage ist, Wesen,
Bedeutung und Tragweite der genetischen Untersuchung
oder Analyse zu erkennen und ihren Willen hiernach aus-
zurichten, darf eine genetische Untersuchung oder Analyse
personenbezogener genetischer Proben und Daten sowie eine
dafür erforderliche Gewinnung einer genetischen Probe
abweichend von § 16 Abs. 1 auch zu Zwecken wissenschaft-
licher Forschung vorgenommen werden, wenn

1. die erwarteten Forschungsergebnisse dazu beitragen kön-
nen, bei dieser Person den Ausbruch einer Erkrankung
oder gesundheitlichen Störung zu vermeiden oder eine
Erkrankung oder gesundheitliche Störung zu verhindern
oder zu behandeln,

2. Forschung von vergleichbarer Wirksamkeit mit geneti-
schen Proben und Daten einwilligungsfähiger Personen
nicht möglich ist,

3. die Untersuchung oder Analyse zuvor dieser Person in
einer ihr gemäßen Weise so weit als möglich verständlich
gemacht worden ist und sie die Vornahme der Untersu-
chung oder Analyse oder eine dafür erforderliche Gewin-
nung oder Verwendung einer genetischen Probe nicht ab-
lehnt,

4. die Untersuchung oder Analyse für diese Person mit mög-
lichst wenig Risiken und Belastungen verbunden ist und

5. der Vertreter dieser Person gemäß § 27 aufgeklärt worden
ist und gemäß § 26 Abs. 1 und 2 entschieden und einge-
willigt hat.

(2) Bei einer minderjährigen Person darf eine genetische
Untersuchung oder Analyse personenbezogener genetischer
Proben und Daten sowie eine dafür erforderliche Gewinnung
einer genetischen Probe zu Zwecken wissenschaftlicher For-
schung abweichend von Absatz 1 auch vorgenommen wer-
den, wenn

1. die Forschung zum Ziel hat, durch eine wesentliche
Erweiterung des wissenschaftlichen Verständnisses, der
Krankheit oder der gesundheitlichen Störung dieser Per-
son zu Ergebnissen beizutragen, die dieser Person oder
anderen Personen nützen können, die derselben Alters-
gruppe angehören und an derselben Krankheit oder ge-
sundheitlichen Störung leiden,

2. das Forschungsziel mit genetischen Proben und Daten
einwilligungsfähiger Erwachsener nicht erreicht werden
kann,

3. die Voraussetzungen nach Absatz 1 Nr. 3 und 5 vorliegen,

4. die Forschung für die betroffene Person nur mit einem
minimalen Risiko und einer minimalen Belastung ver-
bunden ist und

5. diese Person, wenn sie in der Lage ist, Wesen, Bedeutung
und Tragweite der Untersuchung oder Analyse zu erken-
nen und ihren Willen hiernach auszurichten, gemäß § 27
aufgeklärt worden ist und gemäß § 26 Abs. 1 und 2 ent-
schieden und eingewilligt hat.

Abweichend von Satz 1 Nr. 1 darf, soweit dies zur Erfor-
schung multifaktoriell bedingter Erkrankungen unerlässlich
ist, eine genetische Analyse bereits vorhandener personenbe-
zogener Proben und Daten auch von anderen Minderjährigen
vorgenommen werden, die derselben Altersgruppe ange-
hören oder an derselben Krankheit oder gesundheitlichen
Störung leiden oder sich in demselben Zustand befinden.

(3) Für Minderjährige, bei denen nach Erreichen der Voll-
jährigkeit Absatz 1 Anwendung finden würde, gilt nur Ab-
satz 1.

(4) Bei einer Person, die auf gerichtliche oder behördliche
Anordnung in einer Anstalt untergebracht ist, darf eine gene-
tische Untersuchung oder Analyse personenbezogener gene-
tischer Proben und Daten zu Zwecken der wissenschaftlichen
Forschung nicht vorgenommen werden.

Abschnitt 8
Allgemein anerkannter Stand der

medizinischen Wissenschaft und Technik

§ 34
Richtlinien

(1) Beim Robert Koch-Institut wird eine interdisziplinär
zusammengesetzte, unabhängige Gendiagnostik-Kommis-
sion eingerichtet, die sich aus 19 Sachverständigen der Fach-
richtungen Medizin, Biologie, Ethik und Recht zusammen-
setzt. 15 der Sachverständigen werden aus den Fachrichtun-
gen Medizin und Biologie, 4 der Sachverständigen aus den
Fachrichtungen Ethik und Recht berufen. Die Kommission
wählt aus ihrer Mitte Vorsitz und Stellvertretung.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 17 – Drucksache 16/3233

(2) Die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder der
Gendiagnostik-Kommission werden vom Bundesministerium
für Gesundheit für die Dauer von drei Jahren berufen. Die
Wiederberufung ist zulässig. Für jedes Mitglied wird in der
Regel ein stellvertretendes Mitglied bestellt. Die nach der auf
§ 140g SGB V basierenden Rechtsverordnung anerkannten
maßgeblichen, bundesweit organisierten Organisationen für
die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Pa-
tienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter
Menschen haben ein gemeinsames Vorschlagsrecht für einen
Sachverständigen sowie ein stellvertretendes Mitglied aus
den Bereichen Medizin und Biologie.

(3) Die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder der
Gendiagnostik-Kommission sind unabhängig und an Wei-
sungen nicht gebunden. Für die Beratung und Beschlussfas-
sung über eine Stellungnahme nach § 18 Abs. 2 finden die
§§ 20, 21 und 30 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ent-
sprechende Anwendung.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermäch-
tigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über die Berufung
und das Verfahren der Gendiagnostik-Kommission, die He-
ranziehung externer Sachverständiger, die Erstellung und
Veröffentlichung eines jährlichen Tätigkeitsberichts sowie
die Zusammenarbeit mit dem Robert Koch-Institut ein-
schließlich der Unterstützung der Kommission bei der Wahr-
nehmung ihrer Aufgaben durch eine Geschäftsstelle beim
Robert Koch-Institut zu regeln.

(5) Die Gendiagnostik-Kommission stellt den allgemein
anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft und
Technik in Richtlinien fest, insbesondere für

1. die Beurteilung genetischer Eigenschaften hinsichtlich

a) ihrer Bedeutung für Erkrankungen oder gesundheit-
liche Störungen, die Vermeidbarkeit ihres Ausbruchs,
das Lebensalter, in dem sie ausbrechen, und ihre
Behandelbarkeit (§ 11 Abs. 2 Nr. 1; § 17 Abs. 1a, § 18
Abs. 1),

b) der Erforderlichkeit einer genetischen Untersuchung
zur Vermeidung des Ausbruchs oder zur Behandlung
einer genetisch bedingten Erkrankung oder gesund-
heitlichen Störung (§ 16 Abs. 1 Nr. 1) oder zur Klä-
rung des Vorliegens oder eines möglichen zukünftigen
Auftretens einer genetisch bedingten Erkrankung oder
gesundheitlichen Störung (§ 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1),

c) ihrer Bedeutung für eine Beeinträchtigung der Ge-
sundheit des Fötus oder des Embryos während der
Schwangerschaft oder nach der Geburt (§ 17 Abs. 1
Satz 1),

d) ihrer Bedeutung für die nach § 24 Abs. 3 maßgeb-
lichen Voraussetzungen zum Erlass einer Rechtsver-
ordnung,

2. die Anforderungen an die Qualifikation

a) der in § 9 Abs. 1 genannten Ärztinnen oder Ärzte zur
genetischen Beratung (§ 9 Abs. 3),

b) der auf dem Gebiet der Abstammungsbegutachtung
erfahrenen nichtärztlichen Sachverständigen zu gene-
tischen Untersuchungen zur Klärung der Abstam-
mung (§ 21 Abs. 2 Satz 1),

3. die Anforderungen an die Inhalte der Aufklärung und der
genetischen Beratung (§ 11; § 12; § 16 Abs. 1 Nr. 4; § 17
Abs. 2 bis 4; § 20 Abs. 2; § 21 Abs. 3, Abs. 5 Satz 2 und
Abs. 6 Satz 4), an das Verfahren zu ihrer Durchführung
einschließlich ihrer Dokumentation sowie an die erfor-
derlichen Maßnahmen zur Qualitätssicherung,

4. die Anforderungen an die Durchführung von genetischen
Analysen genetischer Proben (§ 9 Abs. 2; § 20 Abs. 2;
§ 21 Abs. 2 Satz 2), insbesondere an die Eignung und
Zuverlässigkeit der Analysemethoden, die Verlässlichkeit
der Analyseergebnisse und den Befundbericht sowie an
die erforderlichen Maßnahmen zur Qualitätssicherung
einschließlich Art, Umfang und Häufigkeit externer Qua-
litätssicherungsmaßnahmen,

5. die Anforderungen an genetische Reihenuntersuchungen
(§ 18 Abs. 1), insbesondere im Hinblick auf Krankheiten,
die in die Untersuchungsprogramme aufgenommen wer-
den, und den Zeitpunkt ihrer Untersuchung, die Untersu-
chungsmethoden und die Behandlungs- und Organisa-
tionsstrukturen, und gibt entsprechende Empfehlungen
für die Durchführung dieser Untersuchungen einschließ-
lich ihrer Dokumentation und der erforderlichen Maßnah-
men zur Qualitätssicherung.

(6) Das Robert Koch-Institut macht die Richtlinien und
Empfehlungen der Gendiagnostik-Kommission sowie ihre
Stellungnahmen nach § 18 Abs. 2 zu den genetischen Rei-
henuntersuchungen, mit denen begonnen wird, im Bundes-
anzeiger bekannt.

(7) Die Gendiagnostik-Kommission kann auf Anfrage von
Personen oder Einrichtungen, die genetische Untersuchun-
gen oder Analysen vornehmen, gutachtliche Stellungnahmen
zu Einzelfragen der Auslegung und Anwendung ihrer Richt-
linien und Empfehlungen abgeben.

§ 35
Kosten und Verordnungsermächtigung

(1) Für Stellungnahmen der Gendiagnostik-Kommission
nach § 18 Abs. 2 und § 34 Abs. 7 sind durch das Robert
Koch-Institut Kosten (Gebühren und Auslagen) zu erheben.

(2) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermäch-
tigt, durch Rechtsverordnung die gebührenpflichtigen Tatbe-
stände zu bestimmen und dabei feste Sätze oder Rahmensät-
ze vorzusehen. Dabei ist die Bedeutung, der wirtschaftliche
Wert oder der sonstige Nutzen für die Gebührenschuldner an-
gemessen zu berücksichtigen.

Abschnitt 9
Straf- und Bußgeldvorschriften

§ 36
Strafvorschriften

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geld-
strafe wird bestraft, wer

1. entgegen § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ohne schriftliche
Einwilligung der betroffenen Person oder entgegen § 11
Abs. 1 ohne die erforderliche Aufklärung eine genetische
Untersuchung zu medizinischen Zwecken vornimmt oder
entgegen § 10 Abs. 2 Satz 2 eine solche genetische Unter-
suchung beginnt oder fortführt,

Drucksache 16/3233 – 18 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

2. entgegen § 13 Abs. 1 das Ergebnis einer genetischen Un-
tersuchung zu medizinischen Zwecken oder entgegen
§ 13 Abs. 2 das Ergebnis einer im Rahmen einer geneti-
schen Untersuchung zu medizinischen Zwecken erfolg-
ten genetischen Analyse oder entgegen § 13 Abs. 3 das
Ergebnis einer solchen genetischen Untersuchung oder
Analyse mitteilt, wenn die Tat nicht in § 203 des Strafge-
setzbuchs mit Strafe bedroht ist,

3. entgegen § 16 Abs. 1 eine genetische Untersuchung bei
einer nicht einwilligungsfähigen Person vornimmt, so-
weit die Untersuchung nicht gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1
gestattet ist,

4. entgegen § 16 Abs. 2 Satz 2 eine nicht zur Klärung nach
§ 16 Abs. 2 Satz 1 erforderliche Untersuchung bei einer
solchen Person vornimmt oder entgegen § 16 Abs. 2 Satz
3 eine andere Feststellung über eine genetische
Eigenschaft einer in § 16 Abs. 1 bezeichneten Person
trifft, als sie zur Klärung nach § 16 Abs. 2 Satz 1 erforder-
lich ist, oder eine hierauf gerichtete Untersuchung vor-
nimmt,

5. entgegen § 17 Abs. 1 oder Abs. 1a eine vorgeburtliche
Untersuchung vornimmt oder entgegen § 17 Abs. 4 Satz 2
eine vorgeburtliche Untersuchung vornimmt, ohne den
Vertreter der Schwangeren zuvor gemäß § 11 aufgeklärt
zu haben und dessen Entscheidung und Einwilligung
nach § 10 Abs. 1 eingeholt zu haben,

6. entgegen § 20 Abs. 1 eine genetische Untersuchung zum
Zwecke der Lebensplanung vornimmt, entgegen § 20
Abs. 2 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 die Un-
tersuchung ohne die erforderliche Einwilligung der be-
troffenen Person oder ohne die nach § 20 Abs. 2 in Ver-
bindung mit § 11 erforderlichen Aufklärung eine geneti-
sche Untersuchung zu medizinischen Zwecken vornimmt
oder entgegen § 20 Abs. 2 in Verbindung mit § 10 Abs. 2
Satz 2 eine solche genetische Untersuchung beginnt oder
fortführt,

7. entgegen § 20 Abs. 2. in Verbindung mit § 13 Abs. 1 das
Ergebnis einer genetischen Untersuchung zu medizini-
schen Zwecken oder entgegen § 20 Abs. 2. in Verbindung
mit § 13 Abs. 2 das Ergebnis einer im Rahmen einer gene-
tischen Untersuchung zu medizinischen Zwecken erfolg-
ten genetischen Analyse oder entgegen § 20 Abs. 2. in
Verbindung mit § 13 Abs. 3 das Ergebnis einer solchen
genetischen Untersuchung oder Analyse mitteilt, wenn
die Tat nicht in § 203 des Strafgesetzbuchs mit Strafe be-
droht ist,

8. entgegen § 21 Abs. 1 Satz 1 eine genetische Untersu-
chung zur Klärung der Abstammung einer Person ohne
deren Einwilligung vornimmt oder entgegen § 21 Abs. 1
Satz 2 oder 3 andere als zur Klärung der Abstammung er-
forderliche Untersuchungen vornimmt oder Feststellun-
gen über andere Tatsachen trifft, soweit nicht ein Fall der
Nummer 9 vorliegt,

9. entgegen § 21 Abs. 1 Satz 1 eine genetische Untersu-
chung zur Klärung der Abstammung einer Person ohne
deren Einwilligung vornimmt, um einer oder einem Drit-
ten Gewissheit über ein sie oder ihn betreffendes Ver-
wandtschaftsverhältnis ersten Grades zu verschaffen,

10. als für die Durchführung der genetischen Untersuchung
verantwortliche Person oder entgegen § 21 Abs. 4 in
Verbindung mit § 13 Abs. 2 das Ergebnis einer im
Rahmen einer genetischen Untersuchung zur Klärung
der Abstammung einer Person erfolgten genetischen
Analyse oder entgegen § 21 Abs. 4 in Verbindung mit
§ 13 Abs. 3 das Ergebnis einer solchen genetischen
Untersuchung oder Analyse mitteilt, wenn die Tat nicht
in § 203 des Strafgesetzbuchs mit Strafe bedroht ist oder
es sich um eine Mitteilung über eine sie oder ihn betref-
fende Verwandtschaftsbeziehung ersten Grades handelt,

11. entgegen § 24 Abs. 1 Nr. 1 genetische Untersuchungen
oder Analysen im Rahmen arbeitsmedizinischer Vor-
sorgeuntersuchungen ohne Einwilligung der betroffe-
nen Person vornimmt,

12. entgegen § 26 Abs. 1 eine genetische Untersuchung
oder Analyse personenbezogener genetischer Proben
oder Daten zu Zwecken wissenschaftlicher Forschung
vornimmt, soweit sich nicht aus § 26 Abs. 4 etwas ande-
res ergibt,

13. entgegen § 28a Satz 1 oder Satz 2 personenbezogene ge-
netische Proben oder Daten an Dritte übermittelt,

14. entgegen § 33 eine genetische Untersuchung bei einer
nicht einwilligungsfähigen bzw. minderjährigen Person
vornimmt.

(2) Die Tat nach Nummer 9 wird nur auf Antrag verfolgt,
es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des be-
sonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein
Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

§ 37
Bußgeldvorschriften

(1) Ordnungswidrig handelt, wer

1. entgegen § 9 Abs. 1 eine genetische Untersuchung zu
medizinischen Zwecken vornimmt oder entgegen § 9
Abs. 2 eine genetische Analyse genetischer Proben im
Rahmen einer genetischen Untersuchung zu medizi-
nischen Zwecken vornimmt oder entgegen § 9 Abs. 3 eine
genetische Beratung vornimmt,

2. entgegen § 12 Abs. 2 Satz 1 eine prädiktive genetische
Untersuchung vornimmt oder entgegen § 12 Abs. 2 Satz 3
eine genetische Beratung nicht anbietet,

3. entgegen § 13 Abs. 4 Satz 1 das Ergebnis einer zu medizi-
nischen Zwecken erfolgten genetischen Untersuchung
oder entgegen § 13 Abs. 4 Satz 2 das Ergebnis einer zu me-
dizinischen Zwecken im Rahmen einer genetischen Un-
tersuchung durchgeführten genetischen Analyse mitteilt,

4. entgegen § 14 Abs. 1 Satz 1 das Ergebnis einer zu medi-
zinischen Zwecken erfolgten genetischen Untersuchung
nicht aufbewahrt oder entgegen § 14 Abs. 1 Satz 2 das Er-
gebnis einer solchen genetischen Untersuchung nicht ver-
nichtet oder entgegen § 14 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit
Abs. 1 Satz 1 das Ergebnis einer im Rahmen einer geneti-
schen Untersuchung zu medizinischen Zwecken erfolgten
genetischen Analyse nicht aufbewahrt oder entgegen § 14
Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 2 das Ergebnis
einer solchen genetischen Analyse nicht vernichtet,

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 19 – Drucksache 16/3233

5. entgegen § 15 Abs. 1 Satz 1 eine genetische Probe aufbe-
wahrt oder verwendet oder entgegen § 15 Abs. 1 Satz 2
eine genetische Probe nicht vernichtet, soweit dies nicht
gemäß § 15 Abs. 2, 3 oder 5 gestattet ist,

6. entgegen § 17 Abs. 3 eine vorgeburtliche Untersuchung
vornimmt, ohne die Schwangere zuvor gemäß § 12 Abs.
2 und 3 genetisch beraten zu haben oder entgegen § 17
Abs. 4 Satz 2 eine genetische Untersuchung vornimmt,
ohne dass der Vertreter der Schwangeren entsprechend
§ 12 Abs. 2 und 3 genetisch beraten wurde,

7. entgegen § 18 Abs. 2 Satz 1 mit einer genetischen Rei-
henuntersuchung zu medizinischen Zwecken beginnt,

8. entgegen § 20 Abs. 2 in Verbindung mit § 10 Abs. 2
Satz 3 die genetischen Daten nicht löscht oder entgegen
§ 20 Abs. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 4 Satz 1 das Er-
gebnis einer zu medizinischen Zwecken erfolgten gene-
tischen Untersuchung oder entgegen § 20 Abs. 2 in Ver-
bindung mit § 13 Abs. 4 Satz 2 das Ergebnis einer zu
medizinischen Zwecken im Rahmen einer genetischen
Untersuchung durchgeführten genetischen Analyse
mitteilt,

9. entgegen § 20 Abs. 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1
Satz 1 das Ergebnis einer zu medizinischen Zwecken er-
folgten genetischen Untersuchung nicht aufbewahrt
oder entgegen § 20 Abs. 2 in Verbindung mit § 14
Abs. 1 Satz 2 das Ergebnis einer solchen genetischen
Untersuchung nicht vernichtet oder entgegen § 20
Abs. 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 2 Satz 1 in Verbin-
dung mit Abs. 1 Satz 1 das Ergebnis einer im Rahmen
einer genetischen Untersuchung zu medizinischen
Zwecken erfolgten genetischen Analyse nicht aufbe-
wahrt oder entgegen § 20 Abs. 2 in Verbindung mit § 14
Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 2 das Ergeb-
nis einer solchen genetischen Analyse nicht vernichtet,

10. entgegen § 20 Abs. 2 in Verbindung mit § 15 Abs. 1
Satz 1 eine genetische Probe aufbewahrt oder verwen-
det oder entgegen § 20 Abs. 2 in Verbindung mit § 15
Abs. 1 Satz 2 eine genetische Probe nicht vernichtet, so-
weit dies nicht gemäß § 15 Abs. 2, 3 oder 5 gestattet ist,

11. entgegen § 21 Abs. 2 Satz 1 eine genetische Untersu-
chung zur Klärung der Abstammung vornimmt oder
entgegen § 21 Abs. 2 Satz 2 eine genetische Analyse
einer genetischen Probe im Rahmen einer genetischen
Untersuchung zur Klärung der Abstammung einer Per-
son vornimmt,

12. entgegen § 21 Abs. 4 in Verbindung mit § 14 Abs. 1
Satz 1 das Ergebnis einer Untersuchung zur Klärung der
Abstammung nicht aufbewahrt oder entgegen § 21
Abs. 4 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Satz 2 das Ergeb-
nis einer solchen genetischen Untersuchung nicht ver-
nichtet oder entgegen § 21 Abs. 4 in Verbindung mit
§ 14 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 das Ergeb-
nis einer im Rahmen einer genetischen Untersuchung
zur Klärung der Abstammung einer Person erfolgten ge-
netischen Analyse einer genetischen Probe nicht aufbe-
wahrt oder entgegen § 21 Abs. 4 in Verbindung mit § 14
Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 2 das Ergebnis
einer solchen genetischen Analyse nicht vernichtet,

13. entgegen § 21 Abs. 3 Satz 1 eine genetische Untersu-
chung zur Klärung der Abstammung vornimmt ohne der
oder dem Dritten dadurch Gewissheit über ein Ver-
wandtschaftsverhältnis ersten Grades verschaffen zu
wollen oder entgegen § 21 Abs. 4 in Verbindung mit
§ 13 Abs. 4 das Ergebnis einer zur Klärung der Abstam-
mung einer Person erfolgten genetischen Untersuchung
mitteilt, soweit sich die Mitteilung nicht auf ein sie oder
ihn betreffendes Verwandtschaftsverhältnis ersten Gra-
des bezieht,

14. entgegen § 22 vor oder nach Abschluss eines Versiche-
rungsvertrages genetische Untersuchungen oder Analy-
sen oder die Offenbarung von Ergebnissen oder Analy-
sen bereits vorgenommener genetischer Untersuchun-
gen verlangt, solche Ergebnisse annimmt oder in ande-
rer Weise verarbeitet oder nutzt,

15. entgegen § 23 Nr. 1 vor oder nach Begründung eines
Beschäftigungsverhältnisses die Vornahme genetischer
Untersuchungen oder Analysen verlangt oder entgegen
§ 23 Nr. 2 die Ergebnisse bereits vorgenommener gene-
tischer Untersuchungen oder Analysen erfragt, solche
Ergebnisse entgegennimmt oder verwendet,

16. entgegen § 24 Abs. 1 Nr. 1 genetische Untersuchungen
oder Analysen im Rahmen arbeitsmedizinischer Vor-
sorgeuntersuchungen vornimmt oder entgegen § 24
Abs. 1 Nr. 2 in diesem Rahmen die Ergebnisse bereits
vorgenommener genetischer Untersuchungen oder
Analysen erfragt, solche Ergebnisse entgegennimmt
oder verwendet, soweit dies nicht nach § 24 Abs. 2 oder
Abs. 3 gestattet ist,

17. entgegen § 26 Abs. 3 Satz 2 eine genetische Probe nicht
vernichtet oder die gespeicherten personenbezogenen
Daten nicht löscht,

18. entgegen § 28 Abs. 1 Satz 3 anonymisierte genetische
Proben oder Daten mit personenbezogenem Referenz-
material zum Zwecke einer Re-Identifizierung ab-
gleicht,

19. entgegen § 29 Satz 1 mit einer genetischen Untersu-
chung zu Zwecken wissenschaftlicher Forschung be-
ginnt,

20. entgegen § 31 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1
genetische Proben nicht vernichtet oder entgegen § 31
Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 2 personenbezoge-
ne Daten nicht löscht,

21. einer Vorschrift einer auf Grund von § 8 erlassenen
Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit sie für einen
bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift
verweist.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis
zu einhunderttausend Euro geahndet werden.

Abschnitt 10
Schlussvorschriften

§ 38
Evaluation

Die Bundesregierung wird zwei Jahre nach Verkündung
des Gesetzes eine unabhängige Forschungsgruppe mit der
Evaluation des Gesetzes beauftragen und deren Bericht sechs
Monate nach Beauftragung dem Bundestag vorlegen.

Drucksache 16/3233 – 20 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

§ 39
Inkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt am [ersten Tag des sechsten auf die
Verkündung folgenden Kalendermonats] in Kraft.

(2) Abweichend von Absatz 1 treten in Kraft:

1. die §§ 34 und 35 am Tag nach der Verkündung,

2. die §§ 6 und 7 am [ersten Tag des zwölften auf die Ver-
kündung folgenden Kalendermonats].

Berlin, den 3. November 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 21 – Drucksache 16/3233

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I.

An die Untersuchung des menschlichen Genoms und die
daraus gewonnenen Erkenntnisse knüpfen sich große Hoff-
nungen und Erwartungen auf weitere Diagnose- und Hei-
lungschancen. Im Rahmen der Humangenomforschung wer-
den immer mehr Veränderungen des Erbguts identifiziert, die
mit der Entstehung von Krankheiten in Verbindung gebracht
werden können. Diese Erkenntnisse werden insbesondere be-
reits in der genetischen Diagnostik und auch in der medizini-
schen Versorgung genutzt.

Genetische Daten sind gleichzeitig hochsensible Daten. Je
mehr Informationen über einen Menschen verfügbar sind,
umso größer ist die Gefahr, dass solche Daten ein Mittel zur
Diskriminierung und Selektion werden. Zudem stehen die
Erwartungen an die mit genetischen Untersuchungen ver-
bundenen Heilungsmöglichkeiten nicht im Verhältnis zu den
vorhandenen Interventionsmöglichkeiten: Für die meisten
genetisch beeinflussten Krankheiten gibt es keine Therapie.
Dies gilt insbesondere dort, wo die Gendiagnostik am aus-
sagekräftigsten ist – bei den so genannten monogenetischen
Krankheiten, bei denen ein Krankheitsausbruch auf Mutatio-
nen in nur einem Gen zurückzuführen ist.

Ziel des Gesetzes ist es, den mit der genetischen Untersu-
chung menschlicher genetischer Eigenschaften verbundenen
möglichen Gefahren für die Achtung und den Schutz der
Menschenwürde, die Gesundheit und die informationelle
Selbstbestimmung zu begegnen, eine genetische Diskrimi-
nierung zu verhindern und gleichzeitig die Chancen des Ein-
satzes genetischer Untersuchungen für den einzelnen Men-
schen wie auch für die Forschung zu wahren.

Genetische Informationen weisen eine Reihe von Besonder-
heiten auf, die sie von konventionellen medizinischen Infor-
mationen unterscheiden. Dazu gehört unter anderem:

● Mit genetischen Untersuchungen können nicht nur mani-
feste Krankheiten diagnostiziert werden, sondern sie er-
möglichen einen Blick in die Zukunft: mit ihnen können
Krankheiten erkannt werden, die noch nicht ausgebro-
chen sind und noch keine Symptome gezeigt haben (prä-
diktive oder präsymptomatische Tests).

● In den meisten Fällen sind die Erkenntnisse aus geneti-
schen Untersuchungen, vor allem wenn es sich um prä-
diktive Tests handelt, mit sehr großen Unsicherheiten ver-
bunden. Bis auf sehr wenige Ausnahmen liefern geneti-
sche Untersuchungen keine Gewissheit, ob eine Krank-
heit ausbrechen wird, wie schwer sie verlaufen kann und
welche weiteren Faktoren Einfluss auf einen Ausbruch
haben (können). Genetische Untersuchungen liefern inso-
fern in den meisten Fällen lediglich statistische Krank-
heitswahrscheinlichkeiten.

● Genetische Untersuchungen ermöglichen nicht nur Infor-
mationen über die untersuchte Person, sondern lassen
auch Aussagen über Dritte (Angehörige) zu, so dass auch
deren Interessen zu berücksichtigen sind. Zu diesen

Rechtsgütern zählt neben dem informationellen Selbstbe-
stimmungsrecht insbesondere das Recht auf Nichtwissen.

● Trotz der großen Unsicherheiten können genetische Un-
tersuchungen weitreichende Entscheidungen nach sich
ziehen und das Leben der Betroffenen und Angehörigen
in hohem Maße beeinflussen, z. B. bei der Lebens- und
Familienplanung, insbesondere, wenn es sich um schwer-
wiegende Erbkrankheiten handelt.

Folgende Risiken sind unter anderem beim Einsatz geneti-
scher Untersuchungen zu beachten:

Zu den medizinischen Risiken prädiktiver genetischer Unter-
suchungen gehören die Auswirkungen prophylaktischer In-
terventionen, deren Nutzen nicht hinreichend bewiesen ist.
Die angstbesetzte Situation eines positiven Untersuchungs-
ergebnisses kann Patienten dazu verleiten, sich medizinisch
fragwürdigen Eingriffen oder Maßnahmen zu unterziehen.
Bei prädiktiv-probabilistischen Untersuchungen wird da-
rüber hinaus ein beträchtlicher Teil der mit positivem Ergeb-
nis Untersuchten die Krankheit möglicherweise erst in einem
fortgeschrittenen Lebensalter und ein anderer Teil gar nicht
entwickeln. Im zuletzt genannten Fall stünde dem Risiko
einer prophylaktischen Intervention kein Nutzen gegenüber.

Zu den psychischen Risiken prädiktiver genetischer Unter-
suchungen gehören Lebensängste, die durch ein positives
Untersuchungsergebnis verstärkt werden könnten. Das
Untersuchungsergebnis, das ein mehr oder weniger gesicher-
tes statistisches Risiko benennt, kann wie eine Hypothek
erscheinen, die auf dem Leben des Gesunden lastet. Dies
kann als ein durch ärztliches Handeln induzierter Verlust von
Hoffnung und Lebensqualität angesehen werden.

Zu den sozialen Risiken prädiktiver genetischer Untersu-
chungen gehören durch sie hervorgerufene Beeinträchtigun-
gen im Lebensstil und in der Lebensplanung, wachsende
Erwartungen an das Individuum, präventive Maßnahmen zu
ergreifen, die Entstehung von Spannungsverhältnissen zwi-
schen Familienmitgliedern, Verletzungen des Rechts auf
Nichtwissen, die Stigmatisierung von Familien mit erblichen
Krankheitsdispositionen sowie Risiken der Diskriminierung
durch private Versicherer und durch Arbeitgeber. Nicht zu-
letzt könnte sich eine Art von Sozialpflicht zur Offenbarung
genetischer Daten oder auch zur Teilnahme an Bevölke-
rungsstudien entwickeln, wenn eine solche Teilnahme nach
Maßgabe wissenschaftlicher Expertisen für erforderlich ge-
halten wird, um neue genetische Prädispositionen ausfindig
zu machen, die nur durch Massenuntersuchungen identi-
fiziert werden können.

Genetische Untersuchungen sollen und werden in der ärztli-
chen Praxis ihren Stellenwert haben. Dennoch gilt, dass die
Verfügbarkeit genetischer Untersuchungen nicht die Akzep-
tanz jeder Untersuchungsvariante, jeder Indikation oder je-
des Anwendungskonzeptes begründet. Es sind nicht nur die
spezifischen technischen Eigenschaften der jeweiligen ange-
wandten genetischen Untersuchungsmittel, sondern auch
und vor allem der Zweck und die Rahmenbedingungen ihres
Einsatzes sowie die Konsequenzen für die betroffene Person,
die über die medizinische Indikation einer genetischen

Drucksache 16/3233 – 22 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Untersuchung hinaus deren ethische und gesellschaftliche
Vertretbarkeit ausmachen.

Die o. g. Besonderheiten genetischer Daten und die ange-
führten Risiken machen es notwendig, den Umgang mit ge-
netischen Informationen und die Durchführung genetisicher
Untersuchungen gesetzlich zu regeln. Die in dem Gesetz vor-
liegenden Regelungen orientieren sich dabei unter anderem
an folgenden Prinzipien:

8. Keine Diskriminierung aufgrund der genetischen Kons-
titution. Mit einem allgemeinen Diskriminierungsver-
bot wird sichergestellt, dass die genetische Konstitution
nicht zu einem Anknüpfungskriterium für unterschied-
liche Behandlungen (z. B. im Arbeitsleben oder bei Ver-
sicherungen) gemacht werden kann.

9. Recht des Einzelnen auf Nichtwissen. In dem Gesetz
wird sichergestellt, dass niemand gegen den eigenen
Willen seine genetische Disposition zur Kenntnis neh-
men muss und niemand dadurch in seiner freien Persön-
lichkeitsentfaltung beeinträchtigt wird.

10. Qualität von genetischen Untersuchungen wird sicher-
gestellt. Das bedeutet, dass diejenigen, die Gentests her-
stellen und durchführen, die dazu erforderliche Fach-
kunde und Zuverlässigkeit besitzen. Ebenso werden
konkrete Anforderungen an die Aussagefähigkeit und
Zuverlässigkeit von Gentests gestellt. Dazu sieht das
Gesetz unter anderem die Einrichtung einer Gendiag-
nostik-Kommission vor.

11. Umfassende Aufklärung und Beratung vor der Einwilli-
gung in einen genetischen Test. Bei vorgeburtlichen ge-
netischen Untersuchungen muss auf den Anspruch auf
psychosoziale Beratung hingewiesen werden. Wesent-
lich ist dabei eine „nicht-direktive“ genetische Bera-
tung, um die Autonomie und Selbstbestimmung des
bzw. der Einzelnen, vor allen Pflichten einer Fürsorge
oder „Führung“ der Ratsuchenden, zu gewährleisten.

12. Verbot von prädiktiven Gentests bei Einstellungs-
untersuchung im Arbeitsleben sowie ein Verbot, Ergeb-
nissen prädiktiver Gentests an Versicherungen und im
Rahmen von Arbeitsschutzuntersuchungen an Arbeit-
geber weiterzugeben.

13. Schutzregeln für Probanden bei der humangenetischen
Forschung. Im Hinblick auf genetische Untersuchungen
an Minderjährigen und nichteinwilligungsfähigen Men-
schen sind besonders hohe Schutzstandards zur Wah-
rung der Menschenwürde vorgeschrieben. Die Durch-
führung von ausschließlich dem Wohl Dritter dienender
Gentests an nichteinwilligungsfähigen Personen ist ver-
boten.

14. Schutz der Privatsphäre – keine Weitergabe von geneti-
schen Untersuchungsergebnissen oder Forschungser-
gebnissen an Versicherung, Arbeitgeber und Polizei.

Straf- und Bußgeldbestimmungen sollen die Einhaltung der
wesentlichen Bestimmungen des Gesetzes sichern.

II.

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich vor-
rangig aus der konkurrierenden Gesetzgebung auf dem Ge-
biet der Untersuchung von Erbinformationen (Artikel 74

Abs. 1 Nr. 26 des Grundgesetzes – GG). Die Gesetzgebungs-
kompetenz des Bundes für Straf- und Bußgeldvorschriften
ergibt sich aus der konkurrierenden Gesetzgebungskompe-
tenz nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (Strafrecht, welches
auch das Recht der Ordnungswidrigkeiten umfasst; vgl.
BVerfGE 27.18.); die Kompetenz des Bundes zur Schaffung
von Vorschriften im Bereich des privatrechtlichen Versiche-
rungswesens kann auch auf Artikel 74 Abs. 1 Nr. 11 GG ge-
stützt werden. In den Schutzbereich des Gesetzes sind neben
Arbeitnehmern (zusätzliche Kompetenz: Artikel 74 Abs. 1
Nr. 12 GG) und Beamten des Bundes (zusätzliche Kompe-
tenz: Artikel 73 Nr. 8 GG) auch Landesbeamte und Landes-
beamtinnen einbezogen. Auch hierfür ist Kompetenzgrund-
lage Artikel 74 Abs. 1 Nr. 26 GG. Zwar stand dem Bund auf
dem Gebiet der Rechtsverhältnisse der im öffentlichen
Dienst der Länder stehenden Personen – bis zur Föderalis-
musreform – auch eine Rahmengesetzgebungskompetenz
(Artikel 75 Abs. 1 Nr. 1 GG a. F.) zur Verfügung; diese Kom-
petenz ist nunmehr weitgehend auf die Länder übergegangen
(siehe aber Artikel 74 Abs. 1 Nr. 27 GG). Unzweifelhaft
sollte und soll die Gesetzgebungskompetenz des Artikels 74
Abs. 1 Nr. 26 GG jedoch dem Bund die Möglichkeit geben,
die Zulassung und Behandlungen genetischer Untersuchun-
gen in der Rechtsordnung umfassend zu regeln. Schon dieser
Aspekt spricht dafür, der Kompetenz des Artikels 74 Abs. 1
Nr. 26 GG den Vorrang zu geben. Überdies ist der Schwer-
punkt der Regelungen des GenDG ersichtlich nicht die Rege-
lung der Rechtsverhältnisse der Landesbeamten, sondern
eine umfassende Regelung genetischer Untersuchungen, die
auch den Bereich des Arbeitslebens möglichst weitgehend
umfasst. Bei miteinander konkurrierenden Gesetzgebungs-
kompetenzen kommt es aber entscheidend auf den Schwer-
punkt der gesetzlichen Regelung an (vgl. BVerfGE 80, 124,
132), der hier im Bereich des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 26 GG
liegt.

Die Wahrnehmung der Gesetzgebungskompetenz des Bun-
des ist zur Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen
Interesse nach Artikel 72 Abs. 2 GG erforderlich, da die Ge-
fahr besteht, dass es bei unterschiedlichen oder unterbleiben-
den landesgesetzlichen Regelungen zu einer Rechtszersplit-
terung kommt. Unterschiedliche Behandlungen desselben
Lebenssachverhalts im Hinblick auf die Zulässigkeit und die
Rahmenbedingungen genetischer Untersuchungen und den
Umgang mit genetischen Daten und genetischen Proben wür-
de erhebliche Rechtsunsicherheiten und damit unzumutbare
Behinderungen für den länderübergreifenden Rechtsverkehr
zur Folge haben (vgl. dazu BVerfGE 106, 62, 145 f.) Die Ge-
fahr einer solchen Rechtszersplitterung kann weder vom
Bund noch von den Ländern hingenommen werden, die bun-
deseinheitliche Regelung liegt daher im gesamtstaatlichen
Interesse.

B. Einzelbegründung

ZumErsten Abschnitt (Allgemeine Vorschriften)

Zu § 1 (Zweck des Gesetzes)

Mit der gesetzlichen Regelung genetischer Untersuchungen
und Analysen kommt der Staat seiner sich aus der staatlichen
Schutzpflicht hinsichtlich der Grundrechte ergebenden Ver-
pflichtung zum Schutz der Menschenwürde, der informatio-
nellen Selbstbestimmung und der Forschungsfreiheit sowie

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 23 – Drucksache 16/3233

der Wahrung des Gleichheitssatzes durch die Verhinderung
genetischer Diskriminierung nach. Es gilt, den Missbrauchs-
gefahren und Risiken durch den Einsatz genetischer Unter-
suchungen bei Menschen zu begegnen und gleichzeitig die
Chancen des Einsatzes zu nutzen.

Zu § 2 (Anwendungsbereich)

ZuAbsatz 1

Zu Nummer 1

Das Gesetz regelt genetische Untersuchungen und Analysen
bei Menschen, also bei Lebenden. Darüber hinaus sind in den
Anwendungsbereich einbezogen lebende Föten und Em-
bryonen während der Schwangerschaft. Die genetische Ana-
lyse, die als technisches Untersuchungsverfahren unter Ver-
wendung genetischer Untersuchungsmittel vorgenommen
wird, ist integraler Bestandteil der genetischen Untersu-
chung. Wegen der Begriffsbestimmungen wird auf die Be-
gründung zu § 3 verwiesen.

Ebenfalls in den Anwendungsbereich (z. B. § 4) würden – so-
weit sie auf den Markt gebracht werden – so genannte „life
style“-Tests fallen wie z. B. Gentests zur Untersuchung einer
Veranlagung zur Musikalität oder Homosexualität.

Derartige genetische Untersuchungen können zwar aus ver-
fassungsrechtlichen Gründen nicht verboten werden. Im
Rahmen dieses Gesetzes sind aber nun die Anforderungen an
Qualität und Aussagefähigkeit derartiger genetischer Unter-
suchungen geregelt. Nicht vom Anwendungsbereich des Ge-
setzes erfasst sind genetische Untersuchungen und Analysen
an in der Petrischale erzeugten und sich (noch) außerhalb des
Mutterleibes befindenden Embryonen wie die aufgrund des
Embryonenschutzgesetzes nicht zulässige Präimplantations-
diagnostik und die präkonzeptionelle Polkörperdiagnostik.
Hier handelt es sich um diagnostische Verfahren im Rahmen
einer künstlichen Befruchtung, bei denen weitere Techniken
der künstlichen Befruchtung berührt sind und die sich in den
Zielen, Mitteln und Folgen – vor allem für die Frau – grund-
sätzlich von den in diesem Gesetz geregelten genetischen
Untersuchungen unterscheiden.

Genetische Untersuchungen bei Verstorbenen sowie bei to-
ten Föten und Embryonen einschließlich der Probengewin-
nung werden vom Gesetz nicht erfasst; insoweit gilt Landes-
recht.

ZuNummer 2

Vom Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst wird darüber
hinaus der Umgang mit genetischen Proben, also dem Unter-
suchungsmaterial, einschließlich ihrer Gewinnung sowie mit
genetischen Daten, also dem aus einer genetischen Untersu-
chung oder genetischen Analyse gewonnenen Ergebnis und
mit den auf andere Weise gewonnenen Daten über genetische
Eigenschaften.

Zu Buchstabe a

Durch Buchstabe a wird der Umgang mit genetischen Proben
und genetischen Daten einschließlich ihrer Gewinnung bei
Menschen sowie Föten und Embryonen während der
Schwangerschaft, also bei lebenden Föten und Embryonen in
den Anwendungsbereich einbezogen.

Zu Buchstabe b

Anders als für genetische Untersuchungen oder Analysen be-
zieht das Gesetz im Hinblick auf den Umgang mit gene-
tischen Proben und den Schutz genetischer Daten neben
Menschen sowie Föten und Embryonen während der
Schwangerschaft auch Verstorbene sowie tote Föten und Em-
bryonen nach der Schwangerschaft in den Anwendungsbe-
reich ein. Die Erstreckung des Anwendungsbereichs auf
Föten oder Embryonen nach einer Schwangerschaft soll auch
tote Föten und Embryonen erfassen, die sich außerhalb des
Mutterleibes befinden. Die lebenden oder toten Föten und
Embryonen außerhalb des Mutterleibes, sofern sie vor Be-
ginn einer Schwangerschaft beispielsweise zum Zweck einer
Präimplantationsdiagnostik ausgespült wurden oder sich nie-
mals im Körper einer Frau befunden haben, sind nicht vom
Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst.

ZuAbsatz 2

Satz 1 stellt klar, dass die Regelungen des vorliegenden Ent-
wurfs nicht für bestimmte Regelungsbereiche gelten, in de-
nen staatliche Behörden – je nach Regelung in dem spezi-
fischen Bereich – auf spezialgesetzlicher Grundlage tätig
werden. Soweit in Visumsverfahren Betroffene selbst geneti-
sche Untersuchungen als Beweismittel anbieten, enthält § 21
Abs. 8 eine Regelung.

ZuNummer 1

Ausgenommen vom Anwendungsbereich des Gesetzes sind
genetische Untersuchungen und Analysen sowie der Um-
gang mit genetischen Daten und genetischen Proben auf-
grund von Vorschriften über das Strafverfahren und damit
auch der Vorschriften des DNA-Identitätsfeststellungsgeset-
zes. Ebenso bleiben vom Anwendungsbereich ausgenommen
genetische Untersuchungen und Analysen sowie der Um-
gang mit genetischen Daten und genetischen Proben auf-
grund von Vorschriften über die internationale Rechtshilfe in
Strafsachen

ZuNummer 2

Ausgenommen vom Anwendungsbereich des Gesetzes sind
ferner genetische Untersuchungen und Analysen, die auf-
grund von Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes und der
darauf gestützten Rechtsverordnungen vorgenommen wer-
den. Auch der Umgang mit genetischen Daten und gene-
tischen Proben wird vom Anwendungsbereich des Gesetzes
nicht erfasst, soweit die Vorschriften des Infektionsschutz-
gesetzes und der darauf gestützten Rechtsverordnungen
Anwendung finden, gleichgültig auf welcher Grundlage die
genetischen Daten erhoben und die genetischen Proben ge-
wonnen worden sind. Dies ist insbesondere von Bedeutung
im Zusammenhang mit gesetzlichen Meldepflichten für be-
stimmte Krankheiten und Nachweise bestimmter Krank-
heitserreger nach dem Infektionsschutzgesetz. Ferner blei-
ben sämtliche Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes und
der darauf gestützten Rechtsverordnungen unberührt.

Zu Satz 2

Satz 2 stellt klar, dass das Verbot des Absatzes 3 – kein Zu-
griff auf nach dem GenDG erhobene Daten – auch für die von
Absatz 2 begünstigten Stellen gilt.

Drucksache 16/3233 – 24 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

ZuAbsatz 3

Ziel des GenDG ist es auch, dass Menschen die ihre gene-
tischen Daten ermitteln und speichern lassen, sich in allen in
diesem Gesetz geregelten Bereichen – Medizin, Lebens-
planung, Abstammungsuntersuchungen, Arbeitsleben, Ver-
sicherungen und Forschung – sicher sein können, dass diese
Daten ausschließlich zu den Zwecken genutzt werden, in die
die Betroffenen eingewilligt haben. Insbesondere die Akzep-
tanz von Forschungsvorhaben wäre gefährdet, wenn nicht
ausgeschlossen wäre, dass andere Behörden auf nach dem
GenDG ermittelte Daten zugreifen. Deshalb schließt die Vor-
schrift einen solchen Zugriff aus. Eine Ausnahme lässt Satz 2
nur für den Fall zu, dass auf die Informationen zugegriffen
werden muss, um Verstöße gegen das GenDG selbst zu ahn-
den. Strengere Vorschriften in anderen Gesetzen bleiben un-
berührt.

Zu § 3 (Begriffsbestimmungen)

ZuAbsatz 1

Zu Nummer 1

Die gesetzliche Regelung erfasst grundsätzlich alle Unter-
suchungen, die zur Feststellung menschlicher genetischer
Eigenschaften unter Verwendung genetischer Untersu-
chungsmittel vorgenommen werden. Die genetische Unter-
suchung zielt ab auf genetische Eigenschaften, die ererbt
oder während der Befruchtung oder bis zur Geburt erworben,
also bei der betroffenen Person in der Embryonalentwicklung
neu entstanden sind, und ist unabhängig von der Untersu-
chungsmethode und dem Zweck der Untersuchung. Der Be-
griff der genetischen Untersuchung setzt jedoch neben der
genetischen Analyse, als der Befunderhebung, immer auch
die Interpretation des Ergebnisses des Befundes im Hinblick
auf den Untersuchungszweck voraus. Bei der Untersuchung
kann es sich um die sichere Feststellung bestimmter gene-
tischer Eigenschaften handeln, aber auch um eine Wahr-
scheinlichkeitsaussage über das Vorliegen solcher Eigen-
schaften. Damit ist grundsätzlich auch eine Analyse auf der
Ebene des Phänotyps, d. h. der organbezogenen Ausprägung
genetischer Eigenschaften in den Anwendungsbereich des
Gesetzes einbezogen. Die regelungsbedürftige genetische
Untersuchung zu medizinischen Zwecken ist die Feststellung
genetischer Eigenschaften im Hinblick auf die Klärung
medizinisch-genetischer Fragestellungen und deren Interpre-
tation. Ist dafür eine Phänotypanalyse, z. B. mittels einer
Ultraschalluntersuchung, ausreichend, so ist dies bereits eine
genetische Untersuchung im Sinne des Gesetzes. Ausgangs-
punkt für diese Festlegung ist, dass es keinen Grund gibt, ge-
netische Befunde im Hinblick auf den Weg ihrer Erhebung
jeweils unterschiedlich zu bewerten. Wesentlich ist vielmehr
die Qualität des erhobenen Befundes. Eine andere Sichtweise
würde eine unzulässige, weil nicht begründbare Methoden-
diskriminierung darstellen.

Die Gewinnung der für eine genetische Untersuchung erfor-
derlichen genetischen Probe (in der Regel eine Blutprobe,
teilweise aber auch andere Körpersubstanzen) wird nicht von
der in § 3 Nr. 1 des Gesetzes definierten genetischen Unter-
suchung erfasst. Sie erfolgt im Vorfeld und dient der Gewin-
nung des für die genetische Analyse erforderlichen Untersu-
chungssubstrats, an dem die genetische Analyse dann durch-
geführt wird. Sie wird jedoch durch § 2 Abs. 1 Nr. 2a vom

Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst. Insoweit schreibt
das Gesetz z. B. vor, dass im Rahmen der Aufklärung auch
über die mit der Gewinnung einer genetischen Probe verbun-
denen Risiken aufzuklären ist. Soweit das Gesetz im Zusam-
menhang mit der Gewinnung einer genetischen Probe keine
Regelungen enthält, gilt allgemeines Arztrecht. So richtet
sich, wie bei zu anderen Zwecken gewonnenen Proben, bei-
spielsweise die Frage, wer diese entnehmen darf und inwie-
weit diese Aufgabe vom Arzt an nichtärztliche Mitarbeiter
delegiert werden darf, nach allgemeinen Grundsätzen. Auf-
grund des Behandlungsvertrages ist der Arzt grundsätzlich
verpflichtet, die ärztliche Behandlung als Dienstleistung ge-
mäß § 613 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) persönlich
zu erbringen. Die persönliche Erbringung ist jedoch nicht
zwingend mit eigenhändiger Erbringung identisch. So ist
z. B. die Entnahme einer Blutprobe im Einzelfall an quali-
fizierte, zuverlässige und erfahrene nichtärztliche Mitarbei-
ter delegierbar.

Ebenfalls begrifflich nicht erfasst sind Leistungsbewertungs-
prüfungen von Medizinprodukten, Arzneimitteln und ande-
ren genetischen Untersuchungsmitteln im Sinne von § 3
Nr. 4 des Gesetzes, gleichgültig in welchem Entwicklungs-
stadium der Produkte solche Prüfungen vorgenommen wer-
den. Die Prüfungen erfolgen anhand einer bereits vorhande-
nen und untersuchten genetischen Probe zu dem Zweck der
Qualitätssicherung des Produkts. Es handelt sich daher nicht
um genetische Untersuchungen im Sinne von § 3 Nr. 1 des
Gesetzes. Die dazu verwendete genetische Probe wird nicht
untersucht, um abzuklären, ob die Person, von der sie
stammt, bestimmte genetische Eigenschaften hat. Diese sind
aufgrund einer bei dieser Person bereits erfolgten geneti-
schen Untersuchung nach § 3 Nr. 1 des Gesetzes bekannt.
Die genetische Probe wird nur dazu verwendet um festzustel-
len, ob das Produkt für genetische Untersuchungen geeignet
ist und diese bestimmten genetischen Eigenschaften anhand
der genetischen Probe mit der erforderlichen Sensitivität und
Spezifität identifiziert und entsprechende Informationen zur
Verfügung stellt.

ZuNummer 2

Eine genetische Analyse ist der technische bzw. apparative
Teil einer genetischen Untersuchung. Eine genetische Ana-
lyse ist im Rahmen einer genetischen Untersuchung zu medi-
zinischen Zwecken, zu Zwecken der Lebensplanung, zur
Klärung der Abstammung sowie im Forschungsbereich zu-
lässig (vgl. § 9 Abs. 2, auch in Verbindung mit § 20 Abs. 2
und § 21 Abs. 2). Die genetischen Analysen, mit denen gene-
tische Eigenschaften der Untersuchten mit Hilfe genetischer
Untersuchungsmittel festgestellt werden können, können an-
hand folgender verschiedener Untersuchungsmethoden vor-
genommen werden:

Mit der zytogenetischen Analyse oder auch Chromosomen-
analyse werden lichtmikroskopisch Abweichungen von An-
zahl, Größe und Form ganzer Chromosomen festgestellt
(Buchstabe a).

Auf der molekularen Ebene des zu untersuchenden Gens und
des Genoms, zählt das Gesetz die Untersuchung der Ribonu-
kleinsäure (RNA), einem Zwischenprodukt bei der Übertra-
gung des genetischen Codes in ein Protein und des gene-
tischen Codes, der Desoxyribonukleinsäure (DNA) selbst zu

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 25 – Drucksache 16/3233

den molekulargenetischen Analysen. Mit dieser Analyseme-
thode kann jede einmal beschriebene DNA-Sequenz und ihre
Veränderungen erkannt werden, wobei nicht jede Verände-
rung krankheitsrelevant sein muss. Sie ist die einzige Form
der genetischen Analyse, die es auch erlaubt, Krankheiten
lange bevor sie ausbrechen festzustellen (prädiktiv). Auch
die Analyse der unmittelbaren Genprodukte von DNA und
RNA, der Proteine werden im Gesetz ausdrücklich erwähnt.
Bei diesen Analysen kann es sich um strukturelle Analysen,
Aktivitätsdarstellungen (Expressionsmuster und funktionel-
le Proteinuntersuchungen) und andere biochemische und
proteinchemische Analysen handeln. Auch die Tandem-
massenspektrometrie, mit der Gen- und Stoffwechselproduk-
te nachgewiesen werden, gehört in diese Kategorie (Buch-
stabe b).

Die Analyse auf der Phänotyp-Ebene beruht auf der Erfah-
rung, dass bestimmte genetische Abweichungen mit charak-
teristischen sichtbaren äußeren Merkmalen verbunden sind.
Dies trifft z. B. auf das Down-Syndrom (Trisomie 21) zu.
Wird bei einer pränatalen Ultraschalldiagnose nach der für
Trisomie 21 charakteristischen Nackenfalte gesucht, handelt
es sich um eine genetische Untersuchung auf Phänotypebene.
Auch die Ultraschalluntersuchung zur Feststellung von Zys-
tennieren ist eine genetische Analyse im Sinne dieses Geset-
zes, ebenso wie die Feststellung der Farbtüchtigkeit mit
Ishihara-Tafeln.

ZuNummer 3

Genetische Eigenschaften sind nur die ererbten oder während
der Befruchtung oder bis zur Geburt erworbenen, also bei der
betroffenen Person während der Embryonalentwicklung neu
entstandenen menschlichen Erbinformationen. Das Gesetz
erfasst daher keine genetischen Untersuchungen auf im
Lebenslauf erworbene genetische Veränderungen. Dies er-
langt insbesondere im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz-
monitoring besondere Bedeutung.

ZuNummer 4

Die Definition genetischer Untersuchungsmittel ist weit ge-
fasst. Entscheidend abzustellen ist insoweit auf die konkrete
individuelle Zweckbestimmung und die Zurverfügungstel-
lung von Informationen über genetische Eigenschaften.
Utensilien, wie sie etwa bei der Gewinnung und Sammlung
genetischer Proben, die anschließend analysiert werden sol-
len, verwendet werden, z. B. Spritzen zur Entnahme von Blut
oder Spatel oder Wattestäbchen zur Gewinnung von Zellen
der Wangenschleimhaut, werden nicht erfasst. Sie stellen
keine Informationen über genetische Eigenschaften zur Ver-
fügung, sondern dienen lediglich der Gewinnung des für eine
genetische Untersuchung erforderlichen Untersuchungs-
substrats. Produktbezogene Anforderungen werden von der
Definition nicht umfasst.

ZuNummer 5

Nummer 5 definiert die genetischen Untersuchungen zu me-
dizinischen Zwecken als diagnostische (Buchstabe a) oder
prädiktive (Buchstabe b) genetische Untersuchungen.

Zu Buchstabe a

Zu Doppelbuchstabe aa

Die Konstellation in Doppelbuchstabe aa erfasst die Fälle, in
denen durch die genetische Untersuchung festgestellt werden
soll, ob bestimmte genetische Eigenschaften für eine bereits
bestehende Erkrankung oder gesundheitliche Störung ur-
sächlich oder mitursächlich sind. Dies soll durch die Erfas-
sung von genetischen Veränderungen geklärt werden. Bei
diesen genetischen Veränderungen kann es sich um solche
handeln, die für eine genetisch bedingte Erkrankung oder ge-
sundheitliche Störung verantwortlich sind. Es kann jedoch
auch um genetische Veranlagungen gehen, also um Risiko-
faktoren, Prädispositionen oder Überempfindlichkeiten, die
die bereits erfolgte Manifestation einer Erkrankung oder ge-
sundheitlichen Störung ausgelöst oder jedenfalls neben ande-
ren Faktoren mitausgelöst haben.

ZuDoppelbuchstabe bb

Bei einer diagnostischen genetischen Untersuchung kann das
Ziel im Gegensatz zu Doppelbuchstabe aa auch darin beste-
hen festzustellen, ob eine genetische Eigenschaft vorliegt,
die ursächlich oder mitursächlich dafür ist, dass eine mög-
liche Erkrankung oder gesundheitliche Störung nicht auftritt;
z. B. bei Resistenz gegen das HI-Virus.

ZuDoppelbuchstabe cc

Die diagnostische genetische Untersuchung kann als so ge-
nannte pharmakogenetische Untersuchung auch dem Ziel
dienen, genetische Eigenschaften festzustellen, die die Wir-
kung von Arzneimitteln ganz oder teilweise beeinflussen, um
bei den betroffenen Personen auf diese Weise eine Optimie-
rung der Arzneimitteltherapie zu ermöglichen.

Zu Buchstabe b

Eine prädiktive genetische Untersuchung zielt darauf ab, ge-
netische Veränderungen (Mutationen) zu identifizieren, die
in späteren Lebensstadien mit erhöhter oder mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer Krankheit führen
(z. B. familiärer Brustkrebs, Chorea Huntington). Eine prä-
diktive genetische Untersuchung betrifft daher die Feststel-
lung, ob genetische Eigenschaften vorliegen, die für eine Er-
krankung oder gesundheitliche Störung ursächlich oder
mitursächlich sind, die erst zukünftig bei der betroffenen Per-
son oder einer von ihr abstammenden Person – so im Fall der
bloßen Anlageträgerschaft – auftreten kann. Zu prädiktiven
Zwecken eingesetzte genetische Untersuchungen lassen sich
wiederum unterscheiden in prädiktiv-deterministische und
prädiktiv-probabilistische.

Prädiktiv-deterministische Untersuchungen erfassen Gen-
veränderungen, die mit an Sicherheit grenzender Wahr-
scheinlichkeit im späteren Leben zur Entwicklung eines
Krankheitsbildes führen. Als beispielhafter Fall kann hier die
Chorea Huntington genannt werden, die in der Regel im mitt-
leren Erwachsenenalter ausbricht.

Prädiktiv-probabilistische Untersuchungen identifizieren ge-
netische Veränderungen, die eine weitaus geringere Durch-
schlagskraft (Penetranz) haben. Auf der Grundlage solcher
Untersuchungen sind bestenfalls Aussagen über die Wahr-

Drucksache 16/3233 – 26 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

scheinlichkeit des späteren Auftretens einer Krankheit mög-
lich, aber keinesfalls sichere, individuelle Prognosen.

Eine genetische Untersuchung, die darauf abzielt festzustel-
len, ob genetische Veranlagungen genetische Risikofaktoren,
Prädispositionen oder Überempfindlichkeiten vorliegen, die
für zukünftige Erkrankungen oder gesundheitliche Störun-
gen ganz oder teilweise ursächlich sind, ist insbesondere im
Zusammenhang mit emittierenden Arbeitsplätzen unter Ar-
beitsschutzgesichtspunkten von Bedeutung, aber auch im
Rahmen der Prüfung der Verträglichkeit oder Wirkung ande-
rer Stoffe (z. B. Medikamente und Lebensmittel).

ZuNummer 6

Genetische Reihenuntersuchungen sind Untersuchungen, die
systematisch der gesamten Bevölkerung oder bestimmten
Personengruppen in der gesamten Bevölkerung angeboten
werden, ohne dass bei der einzelnen Person ein Verdacht be-
steht, dass die gesuchten Eigenschaften vorhanden sind.
Auch das bereits etablierte Neugeborenen-Screening, mit
dem auf Genprodukte-Ebene auf behandelbare Stoffwech-
selerkrankungen wie Phenylkentonurie und andere unter-
sucht wird, ist eine genetische Reihenuntersuchung im Sinne
des § 3 Nr. 6.

ZuNummer 7

Genetische Untersuchungen zu Zwecken der Lebensplanung
sind nach der gesetzlichen Definition nur die gesundheit-
lichen Zwecken dienenden genetischen Untersuchungen im
Hinblick auf die künftige Lebensgestaltung. Unter die Defi-
nition fiele beispielsweise eine genetische Untersuchung auf
besondere Eignung für Leistungssport; so ist bekannt, dass
Gene einen deutlichen Einfluss auf die sportliche Leistungs-
fähigkeit haben können, da sie die maximale Sauerstoffauf-
nahme beeinflussen und damit die Möglichkeit, inwieweit
die Person von regelmäßigem Training profitieren kann. Ge-
netische Untersuchungen zu Zwecken der Lebensplanung
fallen nicht unter die Definition, wenn sie zugleich zu medi-
zinischen Zwecken im Sinne von Nummer 5 vorgenommen
werden. Ein Beispiel hierfür ist eine genetische Untersu-
chung, die darauf abzielt festzustellen, ob bei der oder dem
Untersuchten eine Anlageträgerschaft (Heterozygotie) vor-
liegt, um im Rahmen der Familienplanung das Risiko der
Weitergabe bestimmter Erkrankungen an Nachkommen ein-
schätzen zu können. Ebenfalls nicht unter genetische Unter-
suchungen zu Zwecken der Lebensplanung fallen solche ge-
netischen Untersuchungen, die zugleich auch zu Zwecken
wissenschaftlicher Forschung vorgenommen werden.

ZuNummer 8

Betroffene Person im Sinne des Gesetzes ist die Person, bei
der eine genetische Untersuchung oder Analyse bereits vor-
genommen wurde, gerade vorgenommen wird oder vorge-
nommen werden soll (Buchstabe a). Betroffene Person ist
aber auch diejenige Person, von der eine genetische Probe
vorliegt oder deren genetische Daten erhoben oder verwen-
det werden (Buchstabe b). Bei vorgeburtlichen genetischen
Untersuchungen ist, soweit es um die betroffene Person in
dem Sinne geht, dass es auf ihre Einwilligungsfähigkeit an-
kommt, die Schwangere betroffene Person, soweit es um die
physische Betroffenheit im Hinblick auf einen invasiven Ein-

griff, sei es durch die Untersuchung selbst oder die Gewin-
nung einer dafür erforderlichen genetischen Probe, geht, ist
betroffene Person der Fötus oder Embryo (Buchstabe c).

ZuNummer 9

Als Embryo im Sinne dieses Gesetzes wird der menschliche
Embryo mit dem Abschluss der Einnistung in der Gebärmut-
ter verstanden. Bis zum Entwicklungsstadium eines Fötus
(ab dem dritten Schwangerschaftsmonat) handelt es sich um
einen Embryo.

ZuNummer 10

Genetische Probe im Sinne des Gesetzes kann jede mensch-
liche Körpersubstanz sein. In erster Linie kommen jedoch
Blut oder andere Körperflüssigkeiten sowie Haut, Haare oder
Nägel in Betracht. Abzustellen ist in dem Zusammenhang auf
ihren Verwendungszweck. Es geht entweder um Substanzen,
die bereits für eine genetische Analyse verwendet worden
sind, gerade verwendet werden oder für eine solche Verwen-
dung vorgesehen sind. Dabei kann es sich zum einen um
eigens zu diesen Zwecken gewonnenes, aber zum anderen
auch um genetisches Material handeln, dass zunächst zu ganz
anderen Untersuchungszwecken oder ohne bestimmten Ver-
wendungszweck gewonnen wurde und erst im Nachhinein
zur Verwendung für eine genetische Analyse dienen soll.

ZuNummer 11

Als genetische Daten werden zum einen alle durch geneti-
sche Untersuchungen oder Analysen gewonnenen Informa-
tionen über genetische Eigenschaften, aber auch die im Rah-
men einer medizinischen Untersuchung außerhalb einer ge-
netischen Untersuchung, z. B. durch Blickdiagnose oder als
sogenannter „Zufallsbefund“, sowie auf andere Weise ge-
wonnenen Informationen über genetische Eigenschaften ver-
standen. Genetische Daten werden damit umfassend erfasst
und nach Maßgabe des Gesetzes geschützt.

ZuNummer 12

Beschäftigte im Sinne des Gesetzes sind alle in der Vorschrift
im Einzelnen aufgezählten Personen. Erfasst werden neben
allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der Privat-
wirtschaft und im öffentlichen Dienst auch Personen, denen
aufgrund des SGB IX eine arbeitnehmerähnliche Stellung
zukommt, insbesondere die in Werkstätten für behinderte
Menschen Beschäftigten und Rehabilitanden sowie Perso-
nen, die Dienst im Rahmen eines freiwilligen sozialen oder
ökologischen Jahres leisten. Ferner werden (vgl. g) Soldatin-
nen und Soldaten, Wehrdienstleistende sowie Beamtinnen
und Beamte erfasst. Die Regelung für die im öffentlichen
Dienst Beschäftigten gilt dabei sowohl für den Bundes- als
auch für den Landesbereich (zur Kompetenzgrundlage:
Allgemeiner Teil der Begründung, III.)

ZuNummer 13

Als Arbeitgeber werden in diesem Gesetz die natürlichen
oder juristischen Personen oder rechtsfähige Personengesell-
schaften bezeichnet, die Personen nach Nummer 12 beschäf-
tigen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 27 – Drucksache 16/3233

ZuAbsatz 2

Absatz 2 stellt ausdrücklich klar, dass der Geltungsbereich
des Gesetzes auch Bewerber und Bewerberinnen um ein Be-
schäftigungsverhältnis sowie solche Personen umfasst, deren
Beschäftigungsverhältnis bereits beendet ist, bei denen aber
durch eine Berücksichtigung genetischer Eigenschaften oder
genetischer Risikofaktoren noch nachwirkende Folgen ein-
treten können. Die Regelung verhindert damit z. B. den Aus-
schluss von ehemaligen Beschäftigten von Leistungen be-
trieblicher Versorgungssysteme aufgrund eines genetisch
bedingten höheren Erkrankungsrisikos.

ZuAbsatz 3

Absatz 3 Satz 1 berücksichtigt die Situation von Beschäftig-
ten, die zur Arbeitsleistung an einen anderen Arbeitgeber
überlassen werden, indem der entleihende Arbeitgeber neben
dem die Beschäftigten überlassenden Arbeitgeber auch als
Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes gilt. Satz 2 betrifft die
Besonderheiten des Heimarbeitsverhältnisses.

Zu § 4 (Diskriminierungsverbot)

In Anlehnung an die Begriffsbestimmung im Entwurf zum
Antidiskriminierungsgesetz wird als Diskriminierung eine
ungerechtfertigte Benachteiligung verstanden (vgl. Bundes-
tagsdrucksache 15/4538 Seite 28). Durch die Überschrift
„Diskriminierungsverbot“ und das im Text folgende Benach-
teiligungsverbot soll zum Ausdruck gebracht werden, dass
jede Form von Benachteiligung aufgrund von genetischen
Merkmalen ungerechtfertigt ist. Niemand darf wegen des Er-
gebnisses einer bei sich oder einem Dritten, beispielsweise
Blutsverwandten, vorgenommenen genetischen Untersu-
chung oder Analyse oder der Vornahme oder der Nichtvor-
nahme einer solchen genetischen Untersuchung oder Analy-
se benachteiligt werden. Denn die genetischen Eigenschaften
sind dem Menschen „in die Wiege gelegt“ und daher von die-
sem nicht zu verantworten. Nicht vom Diskriminierungsver-
bot erfasst sind hingegen Benachteiligungen, die sich auf
ausgeprägte (phänotypische) Eigenschaften beziehen (z. B.
eine bestehende Rot-Grün-Blindheit), da sich die Benachtei-
ligung in diesem Fall nicht auf eine genetische Disposition,
sondern eine beobachtbare Einschränkung bezieht, für die es
einen sachlichen Grund geben kann. Vgl. hierzu auch die Be-
gründung zu § 2 Abs. 4. Das allgemeine Diskriminierungs-
verbot wird in Abschnitt 5 für den Versicherungsbereich und
in Abschnitt 6 für das Arbeitsleben konkretisiert.

Zu § 5 (Allgemeine Aufklärung der Bevölkerung)

Die Bevölkerung ist über die Möglichkeiten und Grenzen,
Chancen und Risiken und die rechtlichen Voraussetzungen
genetischer Untersuchungen in allgemeiner Form aufzuklä-
ren. Mit einer verbesserten und erweiterten Information wird
u. a. dazu beigetragen, dass die Öffentlichkeit auf Angebote
zur Vornahme genetischer Untersuchungen besser vorberei-
tet ist (z. B. Angebote im Internet). Um ein qualitativ hoch-
stehendes Informationsangebot bezüglich genetischer Unter-
suchungen bei Menschen entsprechend den Intentionen des
Gendiagnostikgesetzes sicherzustellen und um die Bürgerin-
nen und Bürger vor missbräuchlicher Anwendung geneti-
scher Untersuchungen zu schützen, soll auf der Grundlage
des Gesetzes u. a. für entsprechende Kommunikationsstruk-
turen gesorgt werden. Damit entspricht der deutsche Gesetz-

geber auch dem Aktionsplan der Europäischen Kommission
(„Biowissenschaften und Biotechnologie – eine Strategie für
Europa“), für einen intregativen, informierten und struktu-
rierten Dialog zu den komplexen Fragen der Biomedizin in
der Gesellschaft zu sorgen.

Zu § 6 (Qualitätssicherung genetischer Analysen)

Diese Bestimmung enthält Anforderungen zur Qualitäts-
sicherung genetischer Analysen. Es wird ein in der Praxis
bereits etabliertes und gut funktionierendes System der
Qualitätssicherung genetischer Analysen, das auf interna-
tional anerkannten Standards und Normen wie der DIN ISO
15 189 beruht, gesetzlich festgeschrieben.

ZuAbsatz 1

Für genetische Analysen enthält das Gesetz Anforderungen
an die Qualitätssicherung, da deren Durchführung besondere
Anforderungen stellt. Genetische Analysen im Rahmen von
genetischen Untersuchungen zu medizinischen Zwecken, zu
Zwecken der Lebensplanung oder zur Klärung der Abstam-
mung dürfen nur durch in § 9 Abs. 1 genannte Ärztinnen und
Ärzte sowie durch in § 9 Abs. 2 genannte Personen oder Ein-
richtungen vorgenommen werden, die von den Ärztinnen
und Ärzten mit der Vornahme der genetischen Analysen
beauftragt sind.

Zu Satz 1

Von den in Satz 1 aufgestellten Anforderungen an die Quali-
tät der Durchführung genetischer Analysen sind alle Perso-
nen und Einrichtungen, die genetische Analysen durchführen
– unabhängig von der Untersuchungsmethode – erfasst.

ZuNummer 1

Nummer 1 regelt das Erfordernis der Einhaltung des allge-
mein anerkannten Standes der medizinischen Wissenschaft
und Technik hinsichtlich der Durchführung genetischer
Analysen einschließlich einer diese Anforderung sichernden
regelmäßigen Teilnahme an externen Qualitätssicherungs-
maßnahmen. Einschlägig ist hier insbesondere die Norm
DIN ISO 15 189 Medizinische Laboratorien.

ZuNummer 2

Nummer 2 verpflichtet die Personen oder Einrichtungen, die
genetische Analysen durchführen, zur Einhaltung der im
GenDG vorgesehenen Bestimmungen sowie einschlägiger
Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes zum Schutz
genetischer Daten und genetischer Proben unter Einrichtung
eines dafür erforderlichen Systems technischer und organi-
satorischer Maßnahmen.

Zu Satz 2

Personen oder Einrichtungen, die zytogenetische und mole-
kulargenetische Analysen im Rahmen genetischer Unter-
suchungen zu medizinischen Zwecken, zu Zwecken der
Lebensplanung oder zur Klärung der Abstammung vorneh-
men, dürfen dies nach Satz 2 über die inhaltlichen in Satz 1
formulierten Voraussetzungen nur dann, wenn ihnen eine
Akkreditierungsstelle nach § 7 die Erfüllung der Vorausset-
zungen nach Satz 1 bescheinigt hat. Gegenstand der Beschei-
nigung ist die Befähigung zur Durchführung bestimmter auf-

Drucksache 16/3233 – 28 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

geführter genetischer Analysen auf den aufgeführten Analy-
segebieten unter Berücksichtigung der Struktur-, Prozess-,
und Ergebnisqualität.

Zu Satz 3

Liegen die Voraussetzungen nach Satz 1 vor, hat die Person
oder Einrichtung, die um die Bescheinigung nachsucht, da-
rauf einen Anspruch.

Zu Satz 4

Die Geltungsdauer der Bescheinigung ist aus Gründen der
einheitlichen Vergabepraxis zeitlich begrenzt. Darüber hi-
naus wird so gewährleistet, dass im Zuge einer Erneuerung
jeder Bescheinigung nach einer bestimmten Zeit das Vorlie-
gen der Voraussetzungen für ihre Erteilung turnusmäßig
überprüft und gegebenenfalls an einen neueren allgemein an-
erkannten Stand der medizinischen Wissenschaft und Tech-
nik angepasst wird.

ZuAbsatz 2

Absatz 2 enthält aus Gründen der Rechtssicherheit und
Rechtsklarheit eine widerlegbare Vermutungsregelung der-
gestalt, dass die in Absatz 1 Satz 1 formulierten Vorausset-
zungen während der Geltungsdauer einer Bescheinigung als
erfüllt gelten, soweit die Akkreditierungsstelle nicht gemäß
Absatz 3 das Gegenteil feststellt.

ZuAbsatz 3

Zu Satz 1

Satz 1 enthält die Verpflichtung der Akkreditierungsstelle,
die Bescheinigung zurückzuziehen, auszusetzen oder einzu-
schränken, wenn die Akkreditierungsstelle feststellt, dass die
Voraussetzungen für die Erteilung der Bescheinigung nicht
oder nicht mehr vorliegen. Im Hinblick auf die Wahrung der
Verhältnismäßigkeit gilt dies nicht, wenn die betreffende Per-
son oder Einrichtung, der die Bescheinigung ausgestellt wur-
de, geeignete Abhilfemaßnahmen ergreifen kann und dies
auch tut.

Zu Satz 2

Satz 2 sieht vor, dass in der Regel die Person oder Einrich-
tung, die von der Maßnahme nach Satz 1 betroffen ist, anzu-
hören ist. Nur im Ausnahmefall – wenn nämlich für eine sol-
che Anhörung angesichts der Dringlichkeit der zu treffenden
Entscheidung kein Raum ist – kann von einer Anhörung ab-
gesehen werden.

ZuAbsatz 4

Absatz 4 regelt das Erlöschen der Bescheinigung.

Zu Satz 1

Die Bescheinigung erlischt zum einen mit der Aufgabe der
Tätigkeit, für die die Bescheinigung erteilt wurde, zum ande-
ren durch Verzicht seitens der Person oder Einrichtung, der
die Bescheinigung erteilt wurde.

Zu Satz 2

Die Aufgabe der von der Bescheinigung umfassten Analyse-
gebiete oder der Verzicht sind seitens der jeweiligen Person
oder Einrichtung der Akkreditierungsstelle unverzüglich, al-
so ohne schuldhaftes Zögern, schriftlich mitzuteilen.

ZuAbsatz 5

Absatz 5 normiert Mitteilungspflichten der Akkreditierungs-
stelle gegenüber den übrigen Akkreditierungsstellen und
dem Bundesministerium für Gesundheit.

Zu Satz 1

Zu Nummer 1

Mitteilungspflichtig sind die Erteilung der Bescheinigung an
sich einschließlich der davon umfassten Analysegebiete so-
wie der Wegfall der Bescheinigung durch Zeitablauf infolge
ihrer Befristung.

ZuNummer 2

Das Erlöschen, die Einschränkung, Aussetzung oder Zurück-
ziehung der Bescheinigung (Absatz 3 und 4) sind unter An-
gabe der jeweiligen Gründe den übrigen Akkreditierungs-
stellen und dem Bundesministerium für Gesundheit ebenfalls
mitzuteilen.

Die Angaben nach Nummer 1 und Nummer 2 sind schriftlich
mitzuteilen.

Zu Satz 2

Das Bundesministerium für Gesundheit hat aus Gründen der
Transparenz die in Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Tatsachen,
jedoch ohne Angabe der Gründe zu Nummer 2, im Bundes-
anzeiger bekannt zu machen.

Zu § 7 (Akkreditierungsstellen)

Akkreditierungsstellen sind die nach Landesrecht zustän-
digen Behörden. Die Bundesregierung hat die Möglichkeit,
mit Zustimmung des Bundesrates die Verwaltungspraxis der
Länder durch allgemeine Verwaltungsvorschriften zu kon-
kretisieren (Artikel 84 Abs. 2 GG).

Zu § 8 (Verordnung zur Abgabe genetischer Untersu-
chungsmittel)

§ 8 enthält eine Verordnungsermächtigung für eine Vertriebs-
wegregelung für genetische Untersuchungsmittel. Mit einer
solchen Rechtsverordnung würden weder produktbezogene
Anforderungen an genetische Untersuchungsmittel statuiert,
noch die Vermarktung der genetischen Untersuchungsmittel
geregelt, sondern es könnten lediglich Bestimmungen erlas-
sen werden, an welchen Personenkreis bestimmte genetische
Untersuchungsmittel zur Endanwendung für genetische Un-
tersuchungen zu medizinischen Zwecken, zu Zwecken der
Lebensplanung oder zur Klärung der Abstammung abgege-
ben werden dürfen. Die produktbezogenen Anforderungen
für genetische Untersuchungsmittel sind, soweit sie als
Medizinprodukte einzustufen sind, im Medizinprodukterecht
EU-rechtlich harmonisiert geregelt; eine nationale Sonder-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 29 – Drucksache 16/3233

regelung, etwa für Genchips zur Vornahme genetischer
Untersuchungen zu medizinischen Zwecken, ist deshalb
nicht möglich.

Derzeit wird kein Regelungsbedarf gesehen, die Vermark-
tung genetischer Untersuchungsmittel zu beschränken. Da
genetische Untersuchungen unter Verwendung genetischer
Untersuchungsmittel – insbesondere auch die mit Hilfe von
sogenannten Genchips durchgeführten – nicht ohne aufwen-
dige Aufbereitung der genetischen Probe und nur unter Hin-
zuziehen verschiedener Apparaturen und damit nicht für den
Laien auswertbar sind, besteht insoweit derzeit kein gesetz-
licher Handlungsbedarf. Für den Fall, dass sich künftig Be-
darf für eine Vertriebswegregelung ergeben sollte, sieht das
Gesetz vor, dass das Bundesministerium für Gesundheit eine
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates erlässt,
mit der bestimmt werden kann, dass in der Rechtsverordnung
zu bezeichnende genetische Untersuchungsmittel, die nach
ihrer individuellen Zweckbestimmung dazu dienen, gene-
tische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken, zu
Zwecken der Lebensplanung und zur Klärung der Abstam-
mung vorzunehmen, zur Endanwendung, also bei Menschen,
nur an nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 oder 2, des § 20 Abs. 1,
des § 20 Abs. 2 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Satz 2 oder
Abs. 2, des § 21 Abs. 2 Satz 1 oder Abs. 6 Satz 1 oder des
§ 21 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Satz 2 oder
Abs. 2 berechtigte Personen und Einrichtungen abgegeben
werden dürfen. Davon nicht betroffen ist der Vertrieb des
Herstellers an etwaige Zwischenhändler. Denn selbst wenn
zukünftig „lesbare Selbsttests“ entwickelt werden sollten,
bestünde kein Bedarf für eine Vertriebswegregelung außer
für die Abgabe an Endanwender.

ZumZweiten Abschnitt (Genetische Untersuchun-
gen zu medizinischen
Zwecken)

Zu § 9 (Arztvorbehalt)

Das Gesetz sieht in § 9 einen umfassenden Arztvorbehalt vor,
der für alle genetischen Untersuchungen zu medizinischen
Zwecken gilt. Durch den Arztvorbehalt wird abgesichert,
dass genetische Untersuchungen nicht durch dazu nicht
qualifizierte Personen vorgenommen werden. Der Arztvor-
behalt stellt zwar einen Eingriff in die Berufsausübungsfrei-
heit derer dar, die, ohne Ärztin oder Arzt zu sein, genetische
Untersuchungen durchführen wollen. Diese Beschränkung
ist jedoch durch den mit dem Arztvorbehalt bezweckten
Schutz der ebenfalls grundrechtlich geschützten Rechtsgüter
der Gesundheit und der informationellen Selbstbestimmung
gerechtfertigt. Unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der
Bevölkerung wird so die Entstehung eines „freien Marktes“
für genetische Untersuchungen, auf dem Diagnoseleistungen
nach rein kommerziellen Gesichtspunkten angeboten wer-
den, weitgehend ausgeschlossen.

Der Arztvorbehalt gewährleistet, dass die Untersuchung ein-
schließlich der Aufklärung und genetischen Beratung sowie
der Befundmitteilung angemessen und kompetent durchge-
führt wird. Gerade im Hinblick auf prädiktive genetische
Untersuchungen kommt der genetischen Beratung und deren
Qualität ganz wesentliche Bedeutung zu.

ZuAbsatz 1

Zu Satz 1

Die Qualifikation der Ärztinnen und Ärzte für diese Auf-
gaben wird dadurch gewährleistet, dass nur Fachärztinnen
oder Fachärzte für Humangenetik oder Ärztinnen oder Ärzte,
die sich im Rahmen des Erwerbs einer Facharzt-, Schwer-
punkt-, oder Zusatzbezeichnung für genetische Untersuchun-
gen im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereichs qualifiziert
haben, prädiktive genetische Untersuchungen vornehmen
dürfen. Danach darf jede Ärztin oder jeder Arzt, zu deren be-
ziehungsweise dessen Ausbildungsinhalten nach der jewei-
ligen für sie beziehungsweise ihn geltenden Weiterbildungs-
ordnung Kenntnisse über erbliche Krankheiten gehören, eine
prädiktive genetische Untersuchung in dem jeweiligen Zu-
ständigkeitsbereich durchführen. Dies ist beispielsweise im
Hinblick auf pränatale genetische Untersuchungen, also für
Gynäkologen von Bedeutung, aber auch beispielsweise für
Pädiater. Die Überweisung zu einer Ärztin oder einem Arzt,
die oder der gegebenenfalls die Indikation für eine genetische
Untersuchung stellt und die genetische Untersuchung gege-
benenfalls vornimmt, darf selbstverständlich durch eine
Hausärztin oder einen Hausarzt oder sonst eine andere Ärztin
oder einen anderen Arzt erfolgen. Ebenso darf eine diagnosti-
sche genetische Untersuchung von jeder Ärztin beziehungs-
weise von jedem Arzt vorgenommen werden.

Zu Satz 2

Den Ärztinnen und Ärzten nach Satz 1 gleichgestellt sind
Ärztinnen und Ärzte aus einem Mitgliedstaat der Europäi-
schen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens
über den Europäischen Wirtschaftsraum oder einem Ver-
tragsstaat, dem Deutschland und die Europäische Union ver-
traglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt
haben, sofern sie im Besitz eines gleichwertigen Befähi-
gungsnachweises sind.

ZuAbsatz 2

Die genetische Analyse genetischer Proben ist nach § 9
Abs. 2 nur im Rahmen genetischer Untersuchungen zulässig.
Das darin enthaltene Verbot, genetische Analysen außerhalb
dieses Rahmens, d. h. ohne die anschließend vorgesehene
Interpretation des Befundes im Hinblick auf den Untersu-
chungszweck, vorzunehmen, dient dem Schutz der betroffe-
nen Patientinnen und Patienten.

Die Vornahme der genetischen Analyse von genetischen Pro-
ben im Rahmen genetischer Untersuchungen kann von der
Ärztin oder dem Arzt an andere, dafür qualifizierte Personen
(z. B. Laborärzte oder Fachhumangenetiker) oder Einrich-
tungen delegiert werden. Zu den Anforderungen an die je-
weiligen Qualifikationen werden darüber hinaus durch die
Gendiagnostik-Kommission Richtlinien erstellt. Die delegie-
rende Ärztin oder der delegierende Arzt bleibt dabei die ver-
antwortliche ärztliche Person. Es wird lediglich der techni-
sche Teil der genetischen Untersuchung ausgelagert, ohne
dass ein Behandlungs- oder anderes Vertragsverhältnis zwi-
schen dem Patienten und der anderen Person oder Einrich-
tung begründet wird.

Im Fall der Delegation müssen die genetischen Proben vor
der Übergabe pseudonymisiert werden. Dadurch wird sicher-
gestellt, dass die Ergebnisse einer genetische Analyse nicht

Drucksache 16/3233 – 30 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

von einer beauftragten Person oder Einrichtung einer be-
stimmten Person zugeordnet werden können. Auf diese Wei-
se kann auch sichergestellt werden, dass ungewollte und
unerwartete Untersuchungsergebnisse und Nebenbefunde,
die zur Vernichtung bestimmt sind (§ 11), nur dem Arzt/der
Ärztin, der/die die Untersuchung angeordnet hat, zur Kennt-
nis gelangen und ausgeschlossen wird, dass beauftragte Per-
sonen oder Einrichtungen das Untersuchungsergebnis einer
bestimmten Person zuordnen können.

ZuAbsatz 3

Auch die genetische Beratung muss nicht zwingend von der
verantwortlichen ärztlichen Person selbst durchgeführt wer-
den. Sie kann auch durch eine andere für eine genetische Be-
ratung qualifizierte ärztliche Person erfolgen. Im Gegensatz
zur Delegation der genetischen Analyse wird hier jedoch eine
eigene rechtliche Beziehung zum Patienten begründet, die
selbstständig neben das Behandlungsverhältnis des Patienten
zur verantwortlichen ärztlichen Person tritt. Die ärztliche
Person, die die genetische Beratung durchführt, wird dadurch
jedoch nicht auch zur verantwortlichen ärztlichen Person.

ZuAbsatz 4

Bei den im Rahmen des Neugeborenscreenings durchgeführ-
ten Untersuchungen ist zum aktuellen Zeitpunkt auch eine
diagnostische genetische Untersuchung enthalten. Mit der
hier vorgenommenen Regelung soll die bestehende Praxis,
dass der/die die Schwangere bzw. Mutter und Kind betreuen-
de Arzt/betreuende Ärztin oder die die Schwangere bzw.
Mutter und Kind betreuende Hebamme im Rahmen des Neu-
geborenenscreenings für die Aufklärung, Blutentnahme,
Einsendung an die Screeninglaboratorien, Befundrücklauf,
Information der Eltern und falls notwendig Einleitung der er-
forderlichen Maßnahmen (Organisation von Wiederholungs-
untersuchungen und/oder Veranlassung einer Behandlung)
zuständig sind, weiterhin ermöglicht werden (Details siehe
Leitlinie der Gesellschaft für Neonatologie und Pädiatrische
Intensivmedizin (GNPI) und der Deutschen Gesellschaft für
Neugeborenen-Screening (DGNS) in Zusammenarbeit mit
der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburts-
hilfe (DGGG) und der Deutschen Gesellschaft für Perinatale
Medizin). Hintergrund für diese Regelung ist, dass Hebam-
men im Rahmen der Hebammenhilfe die Betreuung der
Schwangeren während der Schwangerschaft, und Geburt so-
wie von Mutter und Kind im Wochenbett und der Stillzeit
selbstverantwortlich durchführen. Hebammen sind in ihrer
Tätigkeit unabhängig von Weisungen von Ärzten und Ärztin-
nen. Leistungen von Geburtshilfe müssen abgesehen von
Notfällen immer von Hebammen erbracht werden. Ärztinnen
und Ärzte dagegen sind verpflichtet Hebammen hinzuzuzie-
hen. Die in diesem Absatz vorgesehene Regelung ermöglicht
es weiterhin insbesondere bei Hausgeburten, Geburten in Ge-
burtshäusern oder nur sehr kurzfristigen Krankenhausaufent-
halten die in der Regel am 3. Lebenstag durchzuführende
Probenentnahme für das Neugeborenenscreening ohne zu-
sätzliche Belastungen für Mutter und Kind zu gewährleisten.

Zu § 10 (Einwilligung)

Eine genetische Untersuchung zu medizinischen Zwecken
einschließlich der Gewinnung einer dafür erforderlichen ge-

netischen Probe darf nur mit Einwilligung der betroffenen
Person vorgenommen werden.

ZuAbsatz 1

Die betroffene Person trifft die freie Entscheidung darüber,
ob und inwieweit sie sich einer genetischen Untersuchung
einschließlich der Gewinnung einer dafür erforderlichen ge-
netischen Probe unterziehen will und was mit den Ergebnis-
sen geschehen soll.

Zu Satz 1

Entsprechend dem vom Bundesverfassungsgericht statuier-
ten Recht auf informationelle Selbstbestimmung hat jede
Person die Freiheit, über die Erhebung und Verbreitung eige-
ner persönlicher Daten selbst zu entscheiden.

ZuNummer 1

Zu Buchstabe a

Hier wird das Recht der betroffenen Person, selbst über die
Vornahme und den Umfang einer genetischen Untersuchung
zu medizinischen Zwecken zu entscheiden, deklaratorisch
festgeschrieben. Dieses Recht ergibt sich bereits aus allge-
meinen arztrechtlichen Grundsätzen und gegebenenfalls
– nämlich soweit die genetische Probe invasiv gewonnen
wird – auch aus dem allgemeinen Strafrecht. Die Entschei-
dung der betroffenen Person erstreckt sich auch darauf, wel-
che der mit dem vorgesehenen genetischen Untersuchungs-
mittel erzielbaren Informationen über genetische Eigen-
schaften sowie ob und gegebenenfalls welche bei der
Aufklärung benannten möglichen unerwarteten Untersu-
chungsergebnisse in die genetische Untersuchung einbezo-
gen werden sollen und damit vom Untersuchungsergebnis
umfasst sind, das nach Buchstabe b und gegebenenfalls
nach Buchstabe c Gegenstand der Entscheidung der betrof-
fenen Person ist.

Zu Buchstabe b

Die Patientin oder der Patient entscheidet, ob und inwieweit
ihr beziehungsweise ihm das Ergebnis der genetischen Un-
tersuchung zur Kenntnis zu geben oder zu vernichten ist. Die
Entscheidungsoption der Vernichtung kann sich dabei nur
auf die Feststellungen beziehen, die in den für die jeweilige
Person erstellten Unterlagen enthalten sind. Wird also z. B.
im Rahmen der Erstellung einer Familienanamnese eine ge-
netische Untersuchung des Bruders der bereits untersuchten
ratsuchenden Person vorgenommen, kann auch die Vernich-
tung der Ergebnisse nur in den jeweils eigenen Unterlagen
verlangt werden, die dann unverzüglich zu erfolgen hat. Es
besteht jedoch nur die Wahl zwischen Kenntnisnahme und
Vernichtung der Ergebnisse. Dies bringt zum Ausdruck, dass
es nicht möglich ist, die Befunde erst zur Kenntnis zu nehmen
und dann vernichten zu lassen mit der Folge, dass sie nicht
Bestandteil der Behandlungsunterlagen wären. Einmal mit-
geteilte Untersuchungsergebnisse werden im Hinblick auf
das jeweilige Arzt-Patienten-Verhältnis als existent betrach-
tet. Auch insoweit hat die betroffene Person die Entschei-
dungsfreiheit, das Untersuchungsergebnis insgesamt zur
Kenntnis zu nehmen oder vernichten zu lassen oder nur Teile
des Untersuchungsergebnisses zur Kenntnis zu nehmen und
die anderen Teile vernichten zu lassen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 31 – Drucksache 16/3233

Zu Buchstabe c

Die Vorschrift erfasst sowohl unerwartete Untersuchungser-
gebnisse, die aufgrund der Entscheidung der betroffenen Per-
son nach entsprechender Aufklärung in die genetische Unter-
suchung einbezogen wurden, als auch unerwartete Unter-
suchungsergebnisse, die mangels entsprechender, nach dem
allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissen-
schaft und Technik nicht möglicher Aufklärung auch nicht
aufgrund einer Entscheidung der betroffenen Person in die
genetische Untersuchung einbezogen werden konnten. Dass
die betroffene Person im zweiten Fall insoweit nachträglich
über die Kenntnisnahme oder Vernichtung des Untersu-
chungsergebnisses zu entscheiden hat, folgt aus ihrem Recht
auf informationelle Selbstbestimmung.

Die ausdrücklich erwähnten Gegenstände der selbstbe-
stimmten Entscheidung sind nicht abschließend zu verste-
hen; so sollen insbesondere nicht das Recht der betroffenen
Person, z. B. eine Aufklärung oder genetische Beratung nicht
in Anspruch nehmen zu wollen, dadurch ausgeschlossen
werden. Eine Zwangsaufklärung oder Zwangsberatung ge-
gen den Willen des Patienten findet nicht statt.

ZuNummer 2

Neben der Entscheidung der betroffenen Person muss diese
auch – nach erfolgter Entscheidung – in die genetische Unter-
suchung und eine dafür erforderlich Gewinnung einer geneti-
schen Probe schriftlich eingewilligt haben. Das Schriftform-
erfordernis für die Einwilligung soll insbesondere sicherstel-
len, dass kein Dritter unbefugt an genetischen Proben der be-
troffenen Person genetische Untersuchungen vornimmt oder
vornehmen lässt.

Zu den Sätzen 2 und 3

Die Regelung zur Multiparameterdiagnostik soll gewährleis-
ten, dass die Voraussetzungen der §§ 11 und 12 nicht durch
die Wahl eines Untersuchungsmittels, mit dem eine Vielzahl
von im konkreten Fall nicht benötigten genetischen Informa-
tionen erhoben werden können, umgangen werden kann. Es
soll damit auch vorgebeugt werden, dass – etwa aus tech-
nischen oder ökonomischen Gründen – unnötig viele sen-
sible personenbezogene Daten erhoben werden, ohne dass
eine medizinische Notwendigkeit bzw. Indikation dafür be-
steht.

Zu Satz 4

Zum Schutz der Entscheidungsfindung der betroffenen Per-
son sind hier besondere formale Anforderungen an die
schriftliche Einwilligungserklärung geregelt. Die Einwilli-
gung soll aus Gründen der Verständlichkeit möglichst separat
von anderen, der betroffenen Person vorgelegten Schrift-
stücken erfolgen. Sie darf daher nur mit der Dokumentation
der Aufklärung und nicht mit anderen Schriftstücken verbun-
den werden. In diesem Fall ist sie besonders hervorzuheben.

Zu Satz 5

Um sicher gehen zu können, dass die betroffene Person sich
des Umfangs und der Tragweite ihrer Entscheidung auch voll
bewusst ist, sieht das Gesetz vor, dass die Erklärung über die
Einwilligung, wenn sie mit anderen schriftlichen Erklärun-

gen – beispielsweise der Dokumentation der Aufklärung –
verbunden ist, besonders hervorzuheben ist.

ZuAbsatz 2

Absatz 2 regelt den Widerruf der Einwilligung.

Zu Satz 1

Satz 1 stellt klar, dass die Einwilligung jederzeit, und zwar
mit Wirkung für die Zukunft, widerrufen werden kann. Dies
ist eine zwingende Ausprägung des informationellen Selbst-
bestimmungsrechts.

Zu Satz 2

Infolge des Widerrufs hat – soweit noch nicht begonnen – die
genetische Untersuchung zu unterbleiben; hat sie bereits be-
gonnen, ist aber noch nicht abgeschlossen, darf sie nicht fort-
geführt werden. Eine für eine von dem Widerruf erfasste ge-
netische Untersuchung bestimmte genetische Probe muss
ebenso wie eine bereits für eine genetische Untersuchung
verwendete genetische Probe umgehend vernichtet werden.

Zu Satz 3

Die Pflicht zur unverzüglichen Vernichtung bedeutet hin-
sichtlich der aus dieser genetischen Probe bereits gewonne-
nen genetischen Daten, dass diese zu löschen sind; dies je-
doch wiederum nur, soweit sie der betroffenen Person nicht
bereits bekannt sind.

Zu § 11 (Aufklärung)

ZuAbsatz 1

Zu Satz 1

Vor Erteilung der Einwilligung hat die verantwortliche ärzt-
liche Person die betroffene Person aufzuklären. Die Aufklä-
rung der betroffenen Person vor genetischen Untersuchun-
gen ist Voraussetzung für die Ausübung des Selbstbestim-
mungsrechts und eine wirksame Einwilligung der betroffe-
nen Person in die genetische Untersuchung. Dies schließt
nicht aus, dass die betroffene Person im Einzelfall auf die
Aufklärung oder Teile davon verzichten kann; dies ergibt
sich aus allgemeinem Arztrecht und ist eine Ausprägung des
Selbstbestimmungsrechts der Person.

Über die die betroffenen Personen selbst tangierenden
Aspekte hinaus ist unter sozialethischen Aspekten zu berück-
sichtigen, dass auch die Rechte Anderer auf Selbstbestim-
mung, Hilfe oder Schadensvermeidung betroffen sein kön-
nen. Dazu gehören Konflikte um die Vertraulichkeit von
Daten, die die Gesundheit Dritter (Verwandter) betreffen.

Zu Satz 2

Bei genetischen Untersuchungen zu medizinischen Zwecken
hat die Aufklärung mit angemessenem zeitlichen Abstand zu
der geplanten Untersuchung selbst zu erfolgen, so dass der
betroffenen Person noch eine ausreichende Bedenkzeit
bleibt. Welches der angemessene zeitliche Abstand ist, be-
stimmt sich, wie auch sonst bei ärztlichen Eingriffen, nach
den Umständen des Einzelfalls. Je weitreichender eine be-
fürchtete Diagnose ist, desto größer wird der angemessene
zeitliche Abstand sein. In Anlehnung an die Aufklärungs-

Drucksache 16/3233 – 32 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hängt die Beantwor-
tung der Frage nach der Angemessenheit also von der Art und
Bedeutung der unter Umständen zu erwartenden Diagnose
und den Auswirkungen auf die von der Untersuchung betrof-
fenen Person und deren Familie ab.

ZuAbsatz 2

Aus Gründen der Qualitätssicherung der Aufklärung sind im
Gesetz bestimmte wesentliche Aufklärungsinhalte exempla-
risch ausdrücklich aufgeführt. Die nähere Bestimmung der
Anforderungen an den Inhalt der Aufklärung erfolgt durch
Richtlinien der Gendiagnostik-Kommission nach § 34
Abs. 5 Nr. 3.

ZuNummer 1

Es ist zunächst über Zweck, Art, Umfang und Aussagekraft
der genetischen Untersuchung einschließlich der mit dem
Untersuchungsmittel, das für die genetische Untersuchung
verwendet werden soll, im Rahmen des Untersuchungs-
zwecks erzielbaren Ergebnisse aufzuklären. Die Aufklärung
über die Aussagekraft beinhaltet auch die Aufklärung über
die Häufigkeit des Auftretens, die Zuverlässigkeit der vorge-
sehenen Analysemethode für den Untersuchungszweck so-
wie über die Verlässlichkeit des Analyseergebnisses. Die
Aufklärung über die mit dem vorgesehenen genetischen
Untersuchungsmittel erzielbaren Ergebnisse beschränkt sich
auf den Untersuchungszweck, d. h. die mit der Untersuchung
abzuklärenden genetischen Eigenschaften. Soweit das vorge-
sehene genetische Untersuchungsmittel, z. B. ein Multichip,
bei der genetischen Analyse weitere als die mit der gene-
tischen Untersuchung abzuklärenden genetischen Eigen-
schaften zur Verfügung stellt, ist über solche Überschuss-
informationen, die nicht Gegenstand der vereinbarten gene-
tischen Untersuchung sind, auch nicht aufzuklären. Solche
Überschussinformationen sind nach § 14 Abs. 3 unverzüg-
lich und vor ihrer Dokumentation zu vernichten. Die betrof-
fene Person ist jedoch im Falle der vorgesehenen Verwen-
dung eines genetischen Untersuchungsmittels, das solche
Überschussinformationen zur Verfügung stellt, darauf und
auf die Vernichtung der Überschussinformationen nach § 14
Abs. 3 hinzuweisen. Damit wird der betroffenen Person zu-
gleich die Möglichkeit eröffnet, darüber zu entscheiden, ob
und gegebenenfalls in welchem Umfang die mit einem sol-
chen genetischen Untersuchungsmittel erzielbaren Informa-
tionen über genetische Eigenschaften in die Untersuchung
einbezogen werden sollen. Gegenstand der Aufklärung kann
in diesem Zusammenhang auch der Hinweis auf Dringlich-
keit und mögliche Alternativen zu der genetischen Untersu-
chung sein. Die Ärztin oder der Arzt hat den Patienten auch
über die Bedeutung der untersuchten genetischen Eigen-
schaften für eine Erkrankung oder gesundheitliche Störung
aufzuklären einschließlich etwaiger diagnostischer, prophy-
laktischer oder therapeutischer Möglichkeiten. Zu der Auf-
klärung kann gegebenenfalls auch ein Hinweis darauf gehö-
ren, dass im Fall der Diagnose bestimmter Krankheiten oder
des Nachweises bestimmter Krankheitserreger diese nach
dem Infektionsschutzrecht meldepflichtig sind. Angezeigt
sein kann auch die Aufklärung über mögliche Alternativen
zu der vorgesehenen genetischen Analysemethode sowie zu
der genetischen Untersuchung überhaupt.

ZuNummer 2

Die Aufklärung erstreckt sich auch auf mögliche gesundheit-
liche Risiken, die mit der genetischen Untersuchung selbst,
aber auch der dafür erforderlichen Gewinnung einer geneti-
schen Probe verbunden sind.

ZuNummer 3

Es ist darüber zu unterrichten, dass das Testergebnis Wissen
über Verwandte liefern kann sowie darüber, dass psychische
oder physische Belastungen möglich sein können.

ZuNummer 4

Schließlich ist über die vorgesehene Verwendung sowohl der
genetischen Probe, also des Untersuchungssubstrats, als auch
des Ergebnisses der genetischen Untersuchung oder Analyse,
also der genetischen Daten, zu unterrichten. Vor dem Hinter-
grund, dass die humangenetische Forschung die hierfür not-
wendigen Materialien überwiegend aus dem Kontext der me-
dizinischen Behandlung bezieht, ist es zweckmäßig, die be-
troffene Person gegebenenfalls auf eine in Betracht kommen-
de Möglichkeit einer weiteren Verwendung dieser Probe und/
oder der Daten zu Zwecken wissenschaftlicher Forschung in
Betracht kommen. Insoweit steht es der betroffenen Person
frei, ihre Einwilligung in diese weitere Verwendung zu ertei-
len. Die einzelnen Anforderungen insoweit richten sich dann
nach Abschnitt 7.

ZuNummer 5

Im Rahmen jeder Aufklärung ist darauf hinzuweisen, dass
die betroffene Person die erteilte Einwilligung in die gene-
tische Untersuchung jederzeit widerrufen kann. Die Folgen
des Widerrufs sind in § 10 Abs. 2 Satz 2 und 3, § 13 Abs. 4
und § 14 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 2 geregelt.

ZuNummer 6

Ausdrücklicher Aufklärungsinhalt ist auch die Mitteilung an
die betroffene Person, dass sie das Recht auf Nichtwissen hat,
d. h. jederzeit jede weitere Information ablehnen und inso-
weit die Vernichtung dieser ihr nicht bekannten Informatio-
nen verlangen kann.

ZuAbsatz 3

Absatz 3 enthält die Verpflichtung der verantwortlichen ärzt-
lichen Person zur Dokumentation der Aufklärung vor der ge-
netischen Untersuchung.

Zu § 12 (Genetische Beratung)

§ 12 regelt Anforderungen an die genetische Beratung, die in
Absatz 3 konkretisiert wird. Die in diesem Gesetz geregelte
genetische Beratung ist nicht grundsätzlich gleichzusetzen
mit der, die nach den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft
für Humangenetik von Fachärztinnen und Fachärzten für
Humangenetik als Leistung erbracht wird. In § 12 ist eine
Abstufung der Beratungspflichten der Ärztin und des Arztes
entsprechend den unterschiedlichen Beratungsanforderun-
gen bei diagnostischen und prädiktiven genetischen Unter-
suchungen vorgesehen. Die genetische Beratung bei prä-
diktiven genetischen Untersuchungen verpflichtend durch-
zuführen, ist neben der Aufklärung Voraussetzung für die

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 33 – Drucksache 16/3233

Ausübung des Selbstbestimmungsrechts. Anders als die Auf-
klärung ist sie jedoch selbst eine ärztliche Leistung. Die Be-
ratung geht über die für die Aufklärung erforderliche Ver-
mittlung von Informationen über die vorgesehene Unter-
suchungsmethode, die möglichen Untersuchungsergebnisse
und ihre medizinische Bedeutung hinaus. Anders als bei der
Aufklärung, die, um zu einer rechtswirksamen Einwilligung
in die genetische Untersuchung zu führen, inhaltlicher Über-
prüfung standhalten muss, genügt hinsichtlich der geneti-
schen Beratung, dass eine solche gemäß den Vorschriften des
§ 12 erfolgt ist bzw. angeboten wurde. Dementsprechend
kann es rechtlich eine Beratungsrüge, entsprechend der Auf-
klärungsrüge, nicht geben. Da die genetische Beratung selbst
eine ärztliche Leistung ist, ist sie im rechtlichen Sinne keine
ergänzende Aufklärung. Die nähere Konkretisierung der An-
forderungen an den Inhalt der genetischen Beratung erfolgt
durch Richtlinien der Gendiagnostik-Kommission nach § 34
Abs. 5 Nr. 3.

ZuAbsatz 1

Bei einer diagnostischen genetischen Untersuchung soll die
verantwortliche ärztliche Person nach Vorliegen des Unter-
suchungsergebnisses der betroffenen Person eine genetische
Beratung durch eine dafür qualifizierte Ärztin oder einen
dafür qualifizierten Arzt anbieten. Es besteht keine generelle,
sondern eine grundsätzliche Verpflichtung, nach Vorliegen
des Untersuchungsergebnisses ein Beratungsangebot zu
machen. Es obliegt also der ärztlichen Entscheidung der ver-
antwortlichen ärztlichen Person, im Fall diagnostischer gene-
tischer Untersuchungen, der des approbierten Arztes, ob er
im Ausnahmefall von dem Angebot einer genetischen Bera-
tung durch einen dafür qualifizierten Arzt absieht. Wichtig ist
jedoch, dass grundsätzlich, d. h. im Regelfall, jeder unter-
suchten Person, nachdem bei ihr genetische Eigenschaften
festgestellt wurden, das Angebot einer genetischen Beratung
gemacht wird, in der sie sich umfassend über alle Implikatio-
nen dieser genetischen Eigenschaften informieren kann. Das
Angebot der genetischen Beratung kann das Aufklärungsge-
spräch über das Analyseergebnis durch den verantwortlichen
Arzt nicht ersetzen.

ZuAbsatz 2

Zu Satz 1

Bei prädiktiven genetischen Untersuchungen ist die gene-
tische Beratung durch einen dafür qualifizierten Arzt oder
eine dafür qualifizierte Ärztin vor der genetischen Untersu-
chung obligatorisch. Es handelt sich also um eine Beratungs-
pflicht. Eine Ausnahme gilt lediglich dann, wenn die betrof-
fene Person im Einzelfall schriftlich auf die Beratung verzich-
tet, nachdem sie schriftlich über die Beratungsgegenstände
informiert wurde. Ebenso wie dies beim Aufklärungsverzicht
der Fall ist, wird dies jedoch die Ausnahme sein.

Zu Satz 2

Die genetische Beratung hat mit entsprechend angemesse-
nem zeitlichen Abstand zu der geplanten Untersuchung zu
erfolgen. Der Abstand wird um so größer sein je schwerwie-
gender ein unter Umständen zu erwartender Befund für den
Betroffenen ist. Dies gilt in besonderem Maße für auf nicht
behandelbare Erkrankungen oder gesundheitliche Störungen
gerichtete prädiktive genetische Untersuchungen.

Zu Satz 3

Nach Vorliegen des Untersuchungsergebnisses hat der ver-
antwortliche Arzt der betroffenen Person eine genetische Be-
ratung durch einen dafür qualifizierten Arzt oder eine dafür
qualifizierte Ärztin anzubieten, es sei denn die betroffene
Person hat sich unabhängig von dem Ergebnis der gene-
tischen Beratung dafür entschieden, das Untersuchungser-
gebnis nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen. Dann gelten die
Vorschriften des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b in Ver-
bindung mit Satz 3 entsprechend, d. h., dass soweit das
Untersuchungsergebnis nicht zur Kenntnis genommen wird,
es zu vernichten und dies entsprechend zu dokumentieren ist.

ZuAbsatz 3

Absatz 3 formuliert einige Einzelheiten für die Durchfüh-
rung der genetischen Beratung. Die Beratung geht über die
für die Aufklärung notwendige Vermittlung von Informatio-
nen über die Eigenschaften der angewandten Untersuchungs-
methode, die möglichen Untersuchungsergebnisse und ihre
medizinische und psychische Bedeutung hinaus. Die bera-
tende Person muss bei der Beratung explizit auch auf die
Möglichkeit hinweisen, dass eine andere sachverständige
Person (z. B. mit psychosozialer Beratungskompetenz) mit-
beratend hinzugezogen werden kann. Die Entscheidung, ob
eine solche Person mit hinzugezogen wird, liegt bei der/dem
Betroffenen.

Die in § 12 festgelegten Anforderungen und die Konkretisie-
rungen der genetischen Beratung in Absatz 3 sollen gewähr-
leisten, dass die von der genetischen Untersuchung betroffe-
ne Person in die Lage versetzt wird, eine informierte Ent-
scheidung zu treffen und insbesondere ihr Recht auf Nicht-
wissen zu wahren. Dieses Prinzip wird besonders bei
prädiktiven genetischen und bei vorgeburtlichen genetischen
Untersuchungen für wichtig erachtet.

Zu Satz 1

Satz 1 umschreibt zwei allgemeine Grundsätze zur Durch-
führung der genetischen Beratung. Hervorgehoben wird
neben der Allgemeinverständlichkeit und Wertneutralität
auch das Postulat einer nicht-direktiven Beratung, also einer
Beratung, die Informationen vermittelt, ohne jedoch die Ent-
scheidung in eine bestimmte Richtung zu lenken. Die Bera-
tung soll dem Patienten den erforderlichen Hintergrund hin-
sichtlich der jeweiligen genetischen Eigenschaften vermit-
teln, aber auch Aufschluss geben über aus der Untersuchung
zu ziehende Folgerungen.

Zu Satz 2

Es wird insbesondere klargestellt, dass über die medizini-
schen Aspekte hinaus auch die psychischen und sozialen Ge-
sichtspunkte hinsichtlich der befürchteten oder – bei nach-
träglicher Beratung – auch der bestätigten Diagnose, aber
auch der Abstandnahme von der Durchführung einer gene-
tischen Untersuchung eingehend zu erörtern sind. Darüber
hinaus kann es angezeigt sein, über die Möglichkeit eines un-
erwarteten Untersuchungsergebnisses zu informieren. Dies
kommt dann zum Tragen, wenn es nach dem allgemein aner-
kannten Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik
möglich ist, dass bei der Abklärung der mit der vorgesehe-
nen genetischen Untersuchung abzuklärenden genetischen

Drucksache 16/3233 – 34 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Eigenschaften bestimmte unerwartete genetische Eigen-
schaften festgestellt werden, die nicht vom Untersuchungs-
zweck umfasst sind, wie z. B. neue genetische Eigenschaften
der betroffenen Person oder der Ausschluss einer Vaterschaft
als Nebenbefund der genetischen Untersuchung.

Weiter ist die betroffene Person über Möglichkeiten der
Unterstützung und Hilfe bei der Bewältigung der körper-
lichen wie seelischen Belastungen durch die genetische Un-
tersuchung und ihr Ergebnis zu informieren.

Zu den Sätzen 3 und 4

Dies kann unter Umständen auch bedeuten, dass auf Wunsch
der Betroffenen auch andere sachverständige Personen, wie
z. B. Psychologen oder psychologische Psychotherapeuten,
hinzugezogen werden können.

Zu Satz 5

Zwar verwehrt die informationelle Selbstbestimmung der
ratsuchenden Person es der behandelnden Ärztin oder dem
behandelnden Arzt nicht nur, eine aktive, gegebenenfalls auf-
drängende Beratung zu leisten, sondern auch unaufgefordert
Dritten (z. B. Verwandten) Informationen über genetische
Daten zu vermitteln. Wenn aufgrund der vermuteten oder be-
reits diagnostizierten Erkrankung oder gesundheitlichen Stö-
rung anzunehmen ist, dass Verwandte der betroffenen Person
ebenfalls selbst betroffen sind und es Therapie- oder Vorbeu-
gemaßnahmen gibt, so hat die ärztliche Person, die die gene-
tische Beratung durchführt, der betroffenen Person jedoch zu
empfehlen, dass sie diesen Verwandten eine genetische Bera-
tung empfiehlt. Ein direktes Zugehen der ärztlichen Person
auf diese Verwandten wird damit von der Regelung nicht um-
fasst und wäre rechtlich auch nicht zulässig. Dies verböte
sich, jedenfalls ohne Zustimmung, zum einen aufgrund des
Selbstbestimmungsrechts des Patienten, zum anderen jedoch
auch wegen des Selbstbestimmungsrechts der potenziell be-
troffenen Verwandten.

Zu Satz 6

Satz 6 regelt, dass die Empfehlung an Patienten, gegebenen-
falls auch ihren Verwandten, sofern sie von dem Ergebnis
selbst unmittelbar betroffen sein können und es um eine be-
handelbare Erkrankung oder gesundheitlichen Störung geht,
eine genetische Beratung zu empfehlen, auch gilt, wenn der
Befund bei einem Embryo oder Fötus erhoben wurde.

ZuAbsatz 4

Absatz 4 stellt sicher, dass die Einhaltung der Anforderungen
von Absatz 1 bis 3 dokumentiert werden und damit nach-
weisbar sind.

Zu § 13 (Mitteilung des Ergebnisses genetischer Untersu-
chungen und Analysen)

ZuAbsatz 1

Die Ergebnisse genetischer Untersuchungen dürfen vorbe-
haltlich der Regelungen in den Absätzen 2 und 3 im Hinblick
auf die Wahrung des informationellen Selbstbestimmungs-
rechts nur der betroffenen Person selbst mitgeteilt werden.
Dass die Mitteilung nur durch die verantwortliche Ärztin
oder den verantwortlichen Arzt oder die ärztliche Person, die

die genetische Beratung in deren Auftrag durchgeführt hat,
erfolgen darf, soll gewährleisten, dass der betroffenen Person
der Befund von kompetenter Seite überbracht wird. Das
Ergebnis einer genetischen Untersuchung besteht in dem Er-
gebnis der genetischen Analyse einschließlich deren Inter-
pretation im Hinblick auf den Untersuchungszweck unter
Berücksichtigung individueller Gegebenheiten.

ZuAbsatz 2

Eine mit der Vornahme der Analyse der genetischen Probe
nach § 9 Abs. 2 beauftragte Einrichtung darf – abgesehen
von den durch Absatz 3 Satz 1 erfassten Fällen – das Ergeb-
nis der genetischen Analyse nur derjenigen verantwortlichen
ärztlichen Person mitteilen, die sie mit der Analyse beauf-
tragt hat. Diese Bestimmung dient, soweit sie die Mitteilung
an Dritte verbietet, dem Datenschutz und, soweit damit auch
die Mitteilung des Befundes an die betroffene Person unter-
bunden wird, deren Schutz vor Befundmitteilung ohne
gleichzeitige fachkompetente Aufklärung und genetische
Beratung. Anders als Absatz 1 erfasst Absatz 2 nur das Er-
gebnis der genetischen Analyse.

ZuAbsatz 3

Das Ergebnis der genetischen Analyse darf ebenso wie das
Ergebnis der genetischen Untersuchung insgesamt nur mit
ausdrücklicher und schriftlicher oder elektronischer Einwil-
ligung der Patienten Dritten mitgeteilt werden. Diese Bestim-
mung dient der Wahrung des informationellen Selbstbestim-
mungsrechts der betroffenen Person.

Die Einwilligung der betroffenen Person ist in solchen Fällen
nicht erforderlich, in denen die Weitergabe der genetischen
Daten anderweitig gesetzlich vorgeschrieben ist. Die Aus-
nahme von dem Einwilligungserfordernis betrifft z. B. Fälle,
bei denen sich virale DNA – wie beispielsweise beim
HI-Virus – in das menschliche Genom integriert hat. Ist dies
bis zur Geburt geschehen und erfolgt der Nachweis der Inte-
gration durch eine genetische Untersuchung, handelt es sich
um eine genetische Untersuchung nach § 3 Nr. 1. In diesem
Fall findet § 13 keine Anwendung, sondern es gelten die
Meldevorschriften des Infektionsschutzgesetzes. Dies folgt
aus § 2 Abs. 2 Nr. 2.

ZuAbsatz 4

Zu Satz 1

Absatz 4 Satz 1 stellt klar, dass in all den Fällen, in denen die
betroffene Person sich dafür entschieden hat, das Unter-
suchungsergebnis nicht zur Kenntnis zu nehmen, sondern
vernichten zu lassen oder ihre Einwilligung widerrufen hat,
ihr das Untersuchungsergebnis nicht mitgeteilt werden darf.
Eine Ausnahme von dem Verbot, der betroffenen Person das
Untersuchungsergebnis mitzuteilen, besteht z. B., soweit
nach dem Infektionsschutzgesetz und den darauf gestützten
Rechtsverordnungen bestimmte Krankheiten und Nachweise
bestimmter Krankheitserreger zu melden sind und in diesem
Fall die zuständige Behörde im Rahmen der notwendigen
Maßnahmen zur Abwendung der mit der Krankheit oder dem
Krankheitserreger verbundenen Gefahren auch die betroffe-
ne Person über die Tatsache ihrer Erkrankung oder ihrer In-
fektion mit dem Krankheitserreger informiert. Dies folgt aus
§ 2 Abs. 2 Nr. 2. Diese Information ist entscheidend für die

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 35 – Drucksache 16/3233

Verhinderung der Weiterverbreitung der Infektion, da die
betroffene Person aufgrund der Information durch eigenes
Verhalten zur Nichtweiterverbreitung beitragen kann.

Zu Satz 2

Satz 2 stellt klar, dass Satz 1 für das Ergebnis einer geneti-
schen Analyse entsprechend gilt.

Zu § 14 (Aufbewahrung und Vernichtung des Ergebnisses
genetischer Untersuchungen und Analysen)

ZuAbsatz 1

Zu Satz 1

Die gesetzliche Aufbewahrungspflicht für die Ergebnisse
genetischer Untersuchungen, sofern diese nicht nach dem
Willen der betroffenen Person zu vernichten sind, entspricht
der allgemeinen Aufbewahrungspflicht für ärztliche Unter-
lagen nach der (Muster-)Berufsordnung für die deutschen
Ärztinnen und Ärzte. Die zehnjährige Mindestaufbewah-
rungsfrist lässt eine längere Aufbewahrung generell und ins-
besondere in Fällen, in denen sie angezeigt ist, zu.

Zu Satz 2

Satz 2 hebt die Pflicht der verantwortlichen ärztlichen Person
hervor, das Ergebnis einer genetischen Untersuchung oder
Analyse nur in den Behandlungsunterlagen über diejenige
betroffene Person zu vernichten, die sich im Rahmen der Be-
stimmungen dieses Gesetzes, also vor Kenntnisnahme, für
die Vernichtung der sie betreffenden Ergebnisse entschieden
hat. Die Vernichtung erfolgt also nur in den die jeweilige Per-
son betreffenden Behandlungsunterlagen. Wurde also bei-
spielsweise im Rahmen einer genetischen Untersuchung im
Hinblick auf die Familienplanung außer dem betroffenen
Paar ein weiteres Familienmitglied untersucht, und entschei-
det sich dieses Familienmitglied dafür, dass der Befund dem
Paar, nicht jedoch ihm selbst zur Kenntnis zu geben ist, so ist
der Befund nur in seinen Unterlagen zu vernichten, nicht aber
in den Behandlungsunterlagen über das ratsuchende Paar.
Entsprechendes gilt, falls der Befund noch nicht in die Unter-
lagen aufgenommen wurde. Eine Ausnahme von der Pflicht
zur unverzüglichen Vernichtung des Ergebnisses der gene-
tischen Untersuchung gilt, soweit die Vorschriften des Infek-
tionsschutzgesetzes und der darauf gestützten Rechtsverord-
nungen der Vernichtung entgegenstehen. Dies folgt aus § 2
Abs. 2 Nr. 2.

Zu Satz 3

Für die technischen und organisatorischen Maßnahmen zum
Schutz der im Rahmen einer genetischen Untersuchung ge-
wonnenen genetischen Daten gilt nach § 14 Abs. 1 Satz 3 der
umfassende Schutz des § 9 des Bundesdatenschutzgesetzes
in Verbindung mit der Anlage zum Bundesdatenschutzgesetz
auch dann, wenn das Ergebnis einer genetischen Untersu-
chung unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen erhoben
oder verwendet oder in oder aus nicht automatisierten Datei-
en erhoben oder verwendet, sondern in oder aus anderen
Dokumentationen, z. B. Akten. Das Gesetz sieht mit dieser
Ergänzung einen umfassenden Schutz im Rahmen gene-
tischer Untersuchungen gewonnener genetischer Daten vor.
Die Vorschriften der Datenschutzgesetze des Bundes und der

Länder zum Schutz personenbezogener Daten, soweit sie für
genetische Untersuchungen gelten, finden Anwendung.

ZuAbsatz 2

Absatz 2 sieht die entsprechende Anwendung des Absatzes 1
für die Aufbewahrung oder Vernichtung der Ergebnisse ge-
netischer Analysen vor, die durch nach § 9 Abs. 2 beauftragte
Personen oder Einrichtungen vorgenommen werden, aller-
dings nur soweit das Ergebnis der genetischen Analyse nicht
an die verantwortliche ärztliche Person mitgeteilt worden ist;
dies deshalb, um eine überflüssige doppelte Archivierung zu
vermeiden. Eine Ausnahme von der entsprechend Absatz 1
Satz 2 bestehenden Pflicht zur unverzüglichen Vernichtung
des Ergebnisses einer genetischen Analyse gilt, soweit die
Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes und der darauf ge-
stützten Rechtsverordnungen der Vernichtung entgegenste-
hen. Dies folgt aus § 2 Abs. 2 Nr. 2.

ZuAbsatz 3

Die dem Schutz der informationellen Selbstbestimmung der
betroffenen Person dienende Vorschrift erfasst alle Fälle, in
denen ein für die genetische Untersuchung verwendetes ge-
netisches Untersuchungsmittel bei der genetischen Analyse
Informationen über genetische Eigenschaften zur Verfügung
stellt, die aufgrund der durch die betroffene Person vor der
genetischen Untersuchung getroffenen Entscheidung nicht in
die Untersuchung einbezogen und damit nicht abgeklärt wer-
den sollten. Dies betrifft bei Verwendung von Multichips an-
fallende Überschussinformationen ebenso wie Informatio-
nen über unerwartete genetische Eigenschaften. Nicht erfasst
ist der Fall, dass Informationen über unerwartete genetische
Eigenschaften anfallen, über deren Einbeziehung in die gene-
tische Untersuchung die betroffene Person mangels entspre-
chender Aufklärung keine Entscheidung treffen konnte. In
diesem Fall sind die Informationen zunächst zu dokumentie-
ren und die betroffene Person hat insoweit nachträglich ge-
mäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe c über die Kenntnis-
nahme oder Vernichtung des Untersuchungsergebnisses zu
entscheiden. Eine Ausnahme von der Pflicht zur Vernichtung
von Informationen über genetische Eigenschaften vor ihrer
Dokumentation besteht, soweit die Vorschriften des Infek-
tionsschutzgesetzes und der darauf gestützten Rechtsverord-
nungen der Vernichtung entgegenstehen. Dies folgt aus § 2
Nr. 2.

Zu § 15 (Aufbewahrung, Verwendung und Vernichtung
genetischer Proben)

Das Gesetz enthält eine gesonderte Bestimmung für die Auf-
bewahrung, Verwendung und Vernichtung genetischer Pro-
ben einschließlich der erforderlichen technischen und organi-
satorischen Maßnahmen zum Schutz vor unbefugtem Zugriff
auf die genetischen Proben, vor deren unbefugter Weitergabe
an andere sowie vor einer unzulässigen Verwendung der ge-
netischen Proben und deren unzulässiger Vernichtung.

ZuAbsatz 1

Zu Satz 1

Satz 1 dient dem Schutz der betroffenen Person vor einer
Aufbewahrung oder Verwendung der genetischen Probe

Drucksache 16/3233 – 36 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

außerhalb ihrer bei Gewinnung der genetischen Probe festge-
legten Zweckbestimmung.

Zu Satz 2

Satz 2 dient der Gewährleistung und Einhaltung der Bestim-
mung des Satzes 1, indem die Verwendungszwecke bei Ge-
winnung der genetischen Probe zu dokumentieren sind.

Zu Satz 3

Durch Satz 3 soll die unbefugte Weiterverwendung der gene-
tischen Probe ausgeschlossen werden.

ZuAbsatz 2

Zu Satz 1

Satz 1 lässt zum Schutz der Person, von der die genetische
Probe stammt, eine Aufbewahrung und Verwendung der
genetischen Probe zu anderen Zwecken nur zu, wenn diese
Person zuvor darüber unterrichtet wurde und darin ausdrück-
lich und schriftlich eingewilligt hat. Eine Verwendung zu
anderen Zwecken liegt insbesondere auch dann vor, wenn
eine bereits vorhandene genetische Probe für eine andere ge-
netische Untersuchung oder Analyse verwendet werden soll.

Zu Satz 2

Satz 2 stellt klar, dass Satz 1 nicht für die Einwilligung in ge-
netische Untersuchungen zu Zwecken wissenschaftlicher
Forschung im Hinblick auf § 26 gilt.

ZuAbsatz 3

Zu Satz 1

Vorausgesetzt die Zustimmung desjenigen, von dem die ge-
netische Probe stammt, ist zu deren weiterer Aufbewahrung
oder Verwendung zu anderen Zwecken, und zwar schriftlich
gegeben worden, so darf eine weitere Aufbewahrung oder
Verwendung der Probe nur erfolgen, wenn Rückschlüsse auf
die Person nicht möglich sind. Die Probe muss also in anony-
misierter Form aufbewahrt werden, ebenso die aus ihrer Ver-
wendung gewonnenen Ergebnisse.

Zu Satz 2

Für den Fall, dass die Person, von der die Probe stammt, ihre
Zustimmung ausdrücklich und schriftlich erklärt hat, darf die
Probe zu den anderen Zwecken auch weiter aufbewahrt oder
verwendet werden, ohne dass die Möglichkeit des Rück-
schlusses ausgeschlossen ist. Die Proben müssen in diesem
Fall also nicht anonymisiert werden, ebenso nicht die Ergeb-
nisse der weiteren Verwendung, also die Analyse- oder Un-
tersuchungsergebnisse.

ZuAbsatz 4

Absatz 4 sieht eine Bestimmung zum umfassenden Schutz
der genetischen Proben vor. Sowohl hinsichtlich der Aufbe-
wahrung als auch der Verwendung genetischer Proben sind
die jeweils erforderlichen technischen und organisatorischen
Maßnahmen zu treffen, um einen unbefugten Zugriff auf die
genetische Probe zu verhindern. Aber auch die unbefugte
Weitergabe an andere – auch nach einem möglicherweise be-
fugten Zugriff – soll verhindert werden, ebenso wie eine un-

zulässige Verwendung, unabhängig davon, ob sie durch
grundsätzlich Befugte oder Unbefugte erfolgt, und auch die
unzulässige, nämlich vorzeitige oder durch Unbefugte erfol-
gende Vernichtung der genetischen Probe.

ZuAbsatz 5

Die Vorschrift erweitert den Anwendungsbereich der Rege-
lungen der Absätze 2 und 3 über die Aufbewahrung, Verwen-
dung und Vernichtung genetischer Proben.

Zu Satz 1

Satz 1 bezieht insoweit auch Verstorbene in den Schutzbe-
reich dieser Regelungen ein. Die der Wahrung des Rechts auf
informationelle Selbstbestimmung dienenden Entscheidun-
gen im Rahmen des § 15 Abs. 2 und 3 trifft in diesem Fall die
totensorgeberechtigte Person. Die Regelung erfasst vorhan-
dene genetische Proben einer verstorbenen Person sowie vor-
handene Körpersubstanzen einer verstorbenen Person, so-
weit die Körpersubstanzen als genetische Probe, d. h. für ge-
netische Analysen verwendet werden sollen. Dadurch wird
inhaltlich auch eine Regelung genetischer Analysen bei Ver-
storbenen getroffen. Dies kann insbesondere im Zusammen-
hang mit in der Pathologie aus vorhergehenden Untersuchun-
gen noch vorhandenen Körpersubstanzen Verstorbener Be-
deutung erlangen. Anders als bei der genetischen Analyse ge-
netischer Proben von Menschen handelt es sich dabei um
genetische Analysen, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 nicht dem An-
wendungsbereich des Gesetzes unterfallen.

Zu Satz 2

Satz 2 bezieht insoweit neben lebenden auch tote Föten und
Embryonen in den Schutzbereich dieser Regelungen ein. Die
der Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestim-
mung dienenden Entscheidungen im Rahmen des § 15 Abs. 2
und 3 trifft in diesem Fall die Schwangere oder – sofern es
sich um tote Föten oder Embryonen handelt – die Frau, die
mit dem Fötus oder Embryo schwanger gewesen ist. Die Re-
gelung erfasst vorhandene genetische Proben von lebenden
und toten Föten und Embryonen während oder nach der
Schwangerschaft sowie vorhandene Körpersubstanzen sol-
cher Föten und Embryonen, soweit die Körpersubstanzen als
genetische Probe, d. h. für genetische Analysen verwendet
werden sollen. Dadurch wird inhaltlich auch eine Regelung
genetischer Analysen bei toten Föten und Embryonen getrof-
fen. Dies kann insbesondere im Zusammenhang mit aus
Schwangerschaftsabbrüchen noch vorhandenen Körpersub-
stanzen toter Föten und Embryonen Bedeutung erlangen. An-
ders als bei der genetischen Analyse genetischer Proben von
lebenden Föten und Embryonen während der Schwanger-
schaft handelt es sich bei der genetischen Analyse gene-
tischer Proben von toten Föten und Embryonen nach einer
Schwangerschaft um genetische Analysen, die nach § 2
Abs. 1 Nr. 1 nicht dem Anwendungsbereich des Gesetzes un-
terfallen.

Zu § 16 (Genetische Untersuchungen bei nicht einwilli-
gungsfähigen Personen)

Bei einer Reihe genetisch bedingter Krankheiten ermöglicht
eine frühe Diagnose eine therapeutische Konsequenz. Ent-
sprechendes gilt für genetisch bedingte gesundheitliche Stö-
rungen. Genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwe-

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 37 – Drucksache 16/3233

cken bei nicht einwilligungsfähigen Personen dürfen deshalb
nicht verboten werden; sie sind vielmehr unter den in § 16
Abs. 1 formulierten eingeschränkten Voraussetzungen zuläs-
sig. Die Frage, ob eine Person einwilligungsfähig ist, beur-
teilt sich – wie auch sonst im Rahmen von Behandlungsver-
hältnissen – weder abstrakt generell noch anhand einer festen
Altersgrenze, sondern nach dem Einsichts- und Einwilli-
gungsvermögen der Person in die konkret beabsichtigte ge-
netische Untersuchung.

ZuAbsatz 1

Zu Nummer 1

Die Vorschrift lässt eine diagnostische oder prädiktive gene-
tische Untersuchung einschließlich der Gewinnung einer da-
für erforderlichen genetischen Probe bei einer nicht einwilli-
gungsfähigen Person nur zu, wenn sie im Hinblick auf eine
Erkrankung oder gesundheitliche Störung Präventionsmög-
lichkeiten oder therapeutische Interventionsmöglichkeiten
eröffnet oder die Behandlung mit einem Arzneimittel vorge-
sehen ist, dessen Wirkung durch die genetischen Eigenschaf-
ten beeinflusst wird. In beiden Konstellationen muss die ge-
netische Untersuchung mit einem unmittelbaren Nutzen für
die betroffene Person verbunden sein und die genetische Un-
tersuchung nach dem allgemein anerkannten Stand der medi-
zinischen Wissenschaft und Technik erforderlich sein, d. h.
die einzige Möglichkeit der Diagnostik darstellen.

ZuNummer 2

Weitere Voraussetzung ist, dass die genetische Untersuchung
der nicht einwilligungsfähigen Person zuvor so weit als mög-
lich verständlich gemacht wurde und von ihr kein Veto gegen
die Untersuchung oder eine dafür erforderliche Gewinnung
oder Verwendung einer genetischen Probe eingelegt wird.

ZuNummer 3

Die Untersuchung darf darüber hinaus für die nicht einwilli-
gungsfähige Person nur mit möglichst wenig Risiken und Be-
lastungen verbunden sein.

ZuNummer 4

Schließlich muss die Vertreterin oder der Vertreter, d. h. die
Vertretungsperson, gemäß § 11 aufgeklärt worden sein und
gemäß § 10 über den Umfang der genetischen Untersuchung
und der Kenntnisnahme ihrer Ergebnisse entschieden und in
die Untersuchung eingewilligt haben. Weitere Voraussetzung
ist, dass die Vorschriften des § 12 über die genetische Bera-
tung eingehalten worden sind. Das bedeutet, dass im Fall
einer diagnostischen genetischen Untersuchung die Ärztin
oder der Arzt nach Vorliegen des Untersuchungsergebnisses
der Vertreterin oder dem Vertreter eine genetische Beratung
anbieten soll (§ 12 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3). Bei
einer prädiktiven genetischen Untersuchung ist Vorausset-
zung, dass die Ärztin oder der Arzt vor der genetischen Un-
tersuchung die Vertreterin oder den Vertreter genetisch berät
– es sei denn diese oder dieser hat im Einzellfall schriftlich
darauf verzichtet – und ihr oder ihm eine angemessene Be-
denkzeit zwischen der Beratung und der Untersuchung ein-
räumt (§ 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 in Verbindung mit Abs. 3).
Nach Vorliegen des Untersuchungsergebnisses hat die Ärztin
oder der Arzt der Vertreterin oder dem Vertreter eine gene-

tische Beratung anzubieten; es sei denn, die Vertreterin oder
der Vertreter hat sich unabhängig von dem Ergebnis der gene-
tischen Beratung dafür entscheiden, das Untersuchungser-
gebnis nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen (§ 12 Abs. 2
Satz 3 in Verbindung mit Abs. 3).

Vertretungsperson einer minderjährigen nicht einwilligungs-
fähigen Person bei der Entscheidung über eine Einwilligung
in die Vornahme der genetischen Untersuchung ist ihr gesetz-
licher Vertreter, bei einer volljährigen nicht einwilligungsfä-
higen Person ihr gesetzlicher oder wirksam bevollmächtigter
Vertreter. Die Vertretung minderjähriger nicht einwilligungs-
fähiger Personen richtet sich nach den Vorschriften des Bür-
gerlichen Gesetzbuchs. Danach wird ein minderjähriges
Kind durch seine sorgeberechtigten Eltern (§ 1629 BGB)
oder gegebenenfalls durch einen Vormund (§ 1793 Abs. 1
Satz 1 BGB) oder Pfleger (§ 1915 Abs. 1, § 1793 Abs. 1
Satz 1 BGB) vertreten. Diese haben die Entscheidung da-
rüber, ob sie die Einwilligung erteilen, am Kindeswohl aus-
zurichten (§ 1627 BGB). Können sich gemeinsam sorgebe-
rechtigte Eltern über die Abgabe der Einwilligung für das
Kind nicht einigen, kann jeder Elternteil beim Familien-
gericht beantragen, ihm insoweit die Alleinentscheidungs-
befugnis zu übertragen (§ 1628 BGB). Besteht hinsichtlich
der Vornahme einer genetischen Untersuchung zwischen den
Eltern und dem Kind ein erheblicher Interessengegensatz,
kann das Familiengericht den Eltern unter den Voraussetzun-
gen des § 1629 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 1796 BGB
die Vertretungsmacht für die Entscheidung über die Einwilli-
gung des Kindes entziehen und auf einen Ergänzungspfleger
übertragen (§ 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Ist für die von einer genetischen Untersuchung betroffene
nicht einwilligungsfähige volljährige Person ein Betreuer be-
stellt worden, kann dieser bei entsprechendem Aufgaben-
kreis als gesetzlicher Vertreter (§ 1902 BGB) einwilligen. Er
hat sich bei seiner Entscheidung an Wohl und Wünschen des
Betreuten zu orientieren (§ 1901 Abs. 2 und 3 BGB). Auch
ein gewillkürter Vertreter, insbesondere ein Vorsorgebevoll-
mächtigter, kann für den Betreuten einwilligen, wenn die Be-
vollmächtigung auch diesen Fall erfasst. Für diesen Vertreter
sind die Abreden im Innenverhältnis maßgebend.

Die Vertretungsperson nimmt darüber hinaus die Interessen
der nicht einwilligungsfähigen Person im Rahmen der Auf-
klärung nach § 11 und der genetischen Beratung nach § 12
sowie der Entscheidungen und der Einwilligung der betroffe-
nen Person nach den §§ 10, 13, 15 und 17 wahr.

ZuAbsatz 2

Die einzige Ausnahme von dem Erfordernis des unmittel-
baren Nutzens der genetischen Untersuchung für die nicht
einwilligungsfähige Person wird entsprechend einem Be-
dürfnis der akzeptierten und angewandten Praxis unter dem
Gesichtspunkt des familiären Nutzens in § 16 Abs. 2 zuge-
lassen, wenn die genetische Untersuchung der nicht einwilli-
gungsfähigen Person nach dem allgemein anerkannten Stand
der medizinischen Wissenschaft und Technik notwendig ist,
um im Hinblick auf eine geplante Schwangerschaft einer an-
deren Person das Risiko der Vererbung einer bestimmten ge-
netischen Erkrankung oder gesundheitlichen Störung abzu-
klären.

Drucksache 16/3233 – 38 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Die Ausnahmeregelung des § 16 Abs. 2 ist für Familien von
Bedeutung, in denen eine genetische Erkrankung bekannt ist
und im Rahmen der Familienplanung geklärt werden muss,
ob die genetische Erkrankung auf eine Spontanmutation oder
auf eine Vererbung zurückzuführen ist. Es muss aber nach
dem allgemeinen Stand der medizinischen Wissenschaft und
Technik immer zuerst versucht werden, den Nachweis einer
Anlageträgerschaft direkt bei den Eltern zu führen. Nur wenn
diese Untersuchungen wissenschaftlich unsichere Ergebnis-
se liefern, kann die Untersuchung insbesondere eines nicht
einwilligungsfähigen Kindes unabdingbar sein, um eine gesi-
cherte Aussage über den Überträgerstatus oder die Erkran-
kungswahrscheinlichkeit eines Familienangehörigen treffen
zu können. Eines der wenigen Beispiele für diesen Fall ist
die genetisch bedingte Erkrankung Muskeldystrophie Typ
Duchenne. Diese Muskelerkrankung wird geschlechtsgebun-
den (x-chromosomal rezessiv) vererbt. In der Regel sind für
die Erkrankung Deletionen unterschiedlicher Größe, also das
Fehlen von DNA-Sequenzen, verantwortlich. Ist ein Sohn
der Familie bereits betroffen, lässt sich bei ihm auf dessen
X-Chromosom der direkte Nachweis der krankheitsverur-
sachenden Mutation führen. Bei der Mutter kann eine Unter-
suchung nicht immer wissenschaftlich sichere Ergebnisse
liefern. Erst die Einbeziehung weiterer Familienmitglieder,
z. B. eines gesunden Bruders des betroffenen Sohnes, in die
genetische Untersuchung kann Klarheit darüber bringen, ob
die Mutter Anlageträgerin für die Muskelerkrankung ist oder
ob es sich bei der Erkrankung des betroffenen Sohnes nicht
um eine ererbte, sondern um eine Spontanmutation handelt.

Zu Satz 1

Voraussetzung für die Zulässigkeit der genetischen Untersu-
chung ist in diesem Fall, dass eine Diagnose der genetischen
Erkrankung oder gesundheitlichen Störung in der Familie
nur durch die genetische Mituntersuchung der nicht einwilli-
gungsfähigen Person möglich ist (Nummer 1), die Untersu-
chung ihr zuvor so weit als möglich verständlich gemacht
wurde, von ihr kein Veto gegen die Untersuchung oder eine
dafür erforderliche Gewinnung einer genetischen Probe ein-
gelegt wird und die Vertreterin oder der Vertreter der nicht
einwilligungsfähigen Person gemäß § 11 aufgeklärt worden
ist und in die Untersuchung eingewilligt hat sowie die Vor-
schriften des § 12 über die genetische Beratung eingehalten
worden sind (Nummer 2).

Weitere Voraussetzungen zum Schutz der nicht einwilli-
gungsfähigen Person ist, dass sie durch die Untersuchung
und eine dafür erforderliche Gewinnung einer genetischen
Probe voraussichtlich nicht oder nur geringfügig und nicht
über die mit der Untersuchung und einer etwaigen Proben-
gewinnung normalerweise verbundenen Risiken hinaus ge-
sundheitlich beeinträchtigt wird (Nummer 3) und dass sie
durch das Untersuchungsergebnis voraussichtlich weder
physisch noch psychisch belastet wird (Nummer 4). Die
diesbezüglichen Risiken sind in die Aufklärung und die ge-
netische Beratung der Vertreterin oder des Vertreters der
nicht einwilligungsfähigen Person einzubeziehen und zuvor
mit der nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft ge-
botenen Sorgfalt prognostisch abzuklären. Ergibt sich nach
der genetischen Untersuchung, dass die nicht einwilligungs-
fähige Person dennoch durch die genetische Untersuchung
oder eine dafür erfolgte Gewinnung einer genetischen Probe
in größerem Maße gesundheitlich beeinträchtigt oder durch

das Untersuchungsergebnis physisch oder psychisch belastet
worden ist, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der geneti-
schen Untersuchung.

Zu den Sätzen 2 und 3

Die Vorschriften beschränken zum Schutz des Rechts auf in-
formationelle Selbstbestimmung der nicht einwilligungsfä-
higen Person den Umfang der genetischen Untersuchung auf
die zur Klärung nach Satz 1 Nr. 1 erforderlichen Untersu-
chungen an der genetischen Probe und die dafür erforderli-
chen Feststellungen über genetische Eigenschaften.

Zu Satz 4

Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 enthebt
den Vertreter der einwilligungsunfähigen Person nicht da-
von, dass er bei seiner Entscheidung über die Einwilligung
zivilrechtlich an deren Wohl gebunden ist. Mit der Verwei-
sung auf § 1627 (Kindeswohl) und § 1901 Abs. 2 und 3 BGB
(Betreutenwohl) wird dies ausdrücklich klargestellt. Bei der
Beurteilung des Wohls der einwilligungsunfähigen Person
hat der Vertreter sowohl die subjektive Sicht des Kindes oder
Betreuten als auch objektiv normative Gesichtspunkte (z. B.
Zukunftsperspektiven) zu berücksichtigen (vgl. Staudinger/
Peschel-Gutzeit, BGB, 13. Auflage, § 1627 Rdnr. 20). Der
Bindung an das Kindes- oder Betreutenwohl kann die gene-
tische Untersuchung zugunsten eines Familienangehörigen
daher entsprechen, wenn sie gegenwärtig oder in Zukunft
dem seelischen Wohl des Kindes oder Betreuten dient. Die
Interessenlage ist mit der einer Knochenmarkspende eines
minderjährigen Kindes für sein leukämiekrankes Geschwis-
ter vergleichbar, die ebenfalls dem (seelischen) Wohl des
Kindes dienen kann.

Zu § 17 (Vorgeburtliche genetische Untersuchungen)

ZuAbsatz 1

Zu Satz 1

Die vorgeburtliche genetische Untersuchung ist auf medizi-
nische Zwecke beschränkt. Genetische Untersuchungen zu
Zwecken der Lebensplanung, also solche, mit denen das Vor-
liegen genetischer Eigenschaften des Fötus oder Embryos,
die ohne Bedeutung für eine Erkrankung oder gesundheit-
liche Störung des Fötus oder Embryos sind, geklärt werden
soll, sind unzulässig. Das gilt erst recht für die durch dieses
Gesetz nicht näher geregelten, von seinem Anwendungsbe-
reich jedoch erfassten Lebensplanungsuntersuchungen ohne
Gesundheitsbezug. Zulässig ist eine vorgeburtliche geneti-
sche Untersuchung eines Embryos oder Fötus während der
Schwangerschaft nur dann, wenn die Untersuchung darauf
gerichtet ist, genetische Eigenschaften festzustellen, die die
Gesundheit des Fötus oder Embryos vor oder nach der Ge-
burt beeinträchtigen oder darauf, im Hinblick auf eine vorge-
sehene medikamentöse Behandlung des Embryos oder Fötus
festzustellen, ob die Wirkung eines Arzneimittels durch ge-
netische Eigenschaften beeinflusst wird, also zur Ermög-
lichung einer optimalen medikamentösen Therapie. Zu den
vorgeburtlichen genetischen Untersuchungen zählen alle in-
vasiven Untersuchungsmethoden wie Fruchtwasseruntersu-
chung (Amniozentese), Untersuchung an Chorionzotten oder
an fetalem Nabelschnurblut. Aber auch Untersuchungen, die
nur eine Wahrscheinlichkeitsangabe zulassen, ob bei dem

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 39 – Drucksache 16/3233

Embryo oder Föten bestimmte genetische Eigenschaften
vorliegen, gehören zu den vorgeburtlichen genetischen Un-
tersuchungen. Dazu gehören der so genannte Triple-Test
oder die Ultraschallbestimmung der Nackenfalte, mit denen
die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines kindlichen
Down-Syndroms abgeleitet werden soll.

Die Ausweitung des Angebots pränataler genetischer Unter-
suchungen stellt eine neue Herausforderung dar. Jede Frau
wird heute im Rahmen der ärztlichen Schwangerschaftsvor-
sorge mit einem breiten Spektrum von Untersuchungsmetho-
den konfrontiert, die – neben der Kontrolle des allgemeinen
Schwangerschaftsverlaufs – auch die gezielte Suche nach
Fehlbildungen bzw. chromosomalen Auffälligkeiten des Un-
geborenen beinhalten. Bei einigen Diagnosen bestehen we-
der während der Schwangerschaft noch nach der Geburt des
Kindes Therapiemöglichkeiten. Die Vorschrift sieht jedoch
davon ab, einen Katalog pränatal zulässiger genetischer Un-
tersuchungen bezogen auf bestimmte Krankheitsbilder zu
normieren. Im Übrigen verböte sich dies auch im Hinblick
auf die geltenden Regelungen zum Schwangerschafts-
abbruch, wonach – im Gegensatz zur früheren Regelung –
nicht der Gesundheitszustand des Ungeborenen einen Grund
zum Schwangerschaftsabbruch darstellen kann, sondern eine
durch diesen Gesundheitszustand unter Umständen hervor-
gerufene Gefahr für das Leben oder Gefahr einer schwerwie-
genden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen
Gesundheitszustandes der schwangeren Frau im Sinne des
§ 218a Abs. 2 des Strafgesetzbuchs (StGB).

Zu Satz 2

Eine Ausnahme davon, dass vorgeburtliche genetische Un-
tersuchungen nur zur Klärung genetischer Eigenschaften mit
Bedeutung für eine Krankheit oder gesundheitliche Störung
des Fötus oder des Embryos vorgenommen werden dürfen,
bildet die anlässlich einer solchen Untersuchung oder einer
sonstigen vorgeburtlichen Untersuchung, z. B. im Rahmen
der Schwangerenvorsorge, erfolgende Feststellung des Ge-
schlechts des Fötus oder Embryos. Dabei wird jedoch davon
ausgegangen, dass die zu unterstützende bisherige Praxis,
das Geschlecht nicht vor Ablauf der 12. Schwangerschafts-
woche mitzuteilen, beibehalten wird.

ZuAbsatz 1a

Die Vorgeburtliche Diagnostik darf nicht zu einer Umgehung
des § 16, der genetische medizinische Untersuchungen bei
nicht einwilligungsfähigen Personen regelt, führen. Die
Durchführung von genetischen Untersuchungen im Rahmen
der Pränataldiagnostik, die spätmanifestierende Krankheiten
betreffen, sind untersagt, wenn die Krankheiten nach dem all-
gemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft
und Technik in der Regel erst im Erwachsenenalter ausbre-
chen (Feststellung durch die Gendiagnostik-Kommission
nach § 34). In diesen Fällen wäre weder die Lebenssituation
der Mutter unmittelbar betroffen, noch können die Ergebnis-
se der genetischen Untersuchungen therapeutische oder prä-
ventive Konsequenzen nach sich ziehen. Zudem ist das Wohl
des Kindes mit zu berücksichtigen. Denn das Wissen der
Mutter und des Vaters über eine mögliche Erkrankung des
Kindes im Erwachsenenalter kann nach der Geburt des Kin-
des zu schwer zu lösenden familiären Problemen führen
(z. B. ob die Mutter und/oder der Vater dem Kind das Wissen

mitteilen sollen/dürfen). Durch diese Regelung wird das
Recht des heranwachsenden Kindes bzw. später erwachsen-
den Kindes auf Nichtwissen gewährleistet.

ZuAbsatz 2

Die Vorschrift erweitert den Umfang der Aufklärungspflicht
für die pränatalen genetischen Untersuchungen auf die Ver-
pflichtung, die Schwangere auch über mögliche gesundheit-
liche Risiken, die mit der vorgeburtlichen genetischen Unter-
suchung und der Gewinnung einer dafür erforderlichen Pro-
be für den Fötus oder Embryo verbunden sind, aufzuklären.

ZuAbsatz 3

Absatz 3 macht die genetische Beratung – abweichend von
den allgemeinen Vorschriften des § 12 – auch für eine dia-
gnostische vorgeburtliche genetische Untersuchung ver-
pflichtend. Auch insoweit gilt jedoch, dass entsprechend den
Vorschriften des § 12 die Schwangere im Einzelfall von einer
Beratung Abstand nehmen kann.

Da Schwangere regelmäßig mit der Thematik vorgeburt-
licher Diagnostik betraut werden, die eine Auseinanderset-
zung mit unterschiedlichen Handlungsoptionen erforderlich
machen kann, ist ein Beratungsangebot hilfreich, dass über
die genetische Aufklärung und Beratung hinausgeht und die
Schwangere in der eigenen Urteilsbildung und Entschei-
dungsfindung unterstützt. Daher hat die Ärztin oder der Arzt
die Schwangere auf den Rechtsanspruch der Inanspruchnah-
me einer unabhängigen qualifizierten Beratung nach § 2 des
Schwangerschaftskonfliktgesetzes hinzuweisen. Dieser um-
fasst u. a. Beratung zu Lösungsmöglichkeiten für psycho-
soziale Konflikte im Zusammenhang mit einer Schwanger-
schaft als auch zu Hilfen für behinderte Menschen und ihre
Familien, die vor und nach der Geburt eines in seiner körper-
lichen, geistigen oder seelischen Gesundheit geschädigten
Kindes zur Verfügung stehen.

Damit wird den besonderen Anforderungen an die genetische
Beratung für den Schutz des Ungeborenen und der Schwan-
geren im Hinblick auf mögliche Ergebnisse der vorgeburtli-
chen genetischen Untersuchung Rechnung getragen.

Neben der in diesem Gesetz geregelten genetischen Beratung
müssen Ärzte und Ärztinnen selbstverständlich, die nach all-
gemeinem Medizinrecht erforderliche allgemein medizini-
sche/ärztliche Beratung durchführen.

ZuAbsatz 4

Die Vorschriften dienen dem Schutz der nicht einwilligungs-
fähigen Schwangeren. Eine spezielle Regelung ist notwen-
dig, da im Gegensatz zu § 16 nicht die Schwangere sondern
der Fötus oder das Embryo genetisch untersucht wird. Diese
Regelung ist notwendig, da anderenfalls – bedingt durch die
weite Definition von genetischen Untersuchungen – z. B.
einige Ultraschalluntersuchungen bei nicht einwilligungs-
fähigen Schwangeren nicht angewendet werden dürfte.

Zu Satz 1

Die genetische Untersuchung darf nur vorgenommen wer-
den, wenn sie zuvor der Schwangeren – wie auch sonst im
Falle genetischer Untersuchungen bei nicht einwilligungs-
fähigen Personen – in einer ihr gemäßen Weise so weit als

Drucksache 16/3233 – 40 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

möglich verständlich gemacht wurde und von ihr kein Veto
gegen die Untersuchung oder eine dafür erforderliche Ge-
winnung oder Verwendung einer genetischen Probe des Fö-
tus oder Embryos eingelegt wird. Weitere Voraussetzungen
sind, dass die Untersuchung für die Schwangere mit mög-
lichst wenig Risiken und Belastungen verbunden ist und dass
die Schwangere durch die Untersuchung und eine dafür er-
forderliche Gewinnung einer genetischen Probe des Fötus
oder Embryos voraussichtlich nicht oder nur geringfügig und
nicht über die mit der Untersuchung und einer Probengewin-
nung normalerweise verbundenen Risiken hinaus gesund-
heitlich beeinträchtigt wird. Die diesbezüglichen Risiken
sind in die Aufklärung und die genetische Beratung der Ver-
treterin oder des Vertreters der Schwangeren einzubeziehen
und zuvor mit der nach dem Stand der medizinischen Wis-
senschaft gebotenen Sorgfalt prognostisch abzuklären.

Zu Satz 2

Schließlich muss die Vertreterin oder der Vertreter vor der ge-
netischen Untersuchung gemäß § 11 aufgeklärt worden sein,
gemäß § 10 entschieden und in die Untersuchung eingewil-
ligt haben und – in gleicher Weise wie eine einwilligungs-
fähige Schwangere nach den Vorschriften des Absatzes 3 –
gemäß § 12 Abs. 3 genetisch beraten worden sein. Auch die
Vertreterin oder der Vertreter kann deshalb auf die genetische
Beratung nicht verzichten.

Zu § 18 (Genetische Reihenuntersuchungen)

Genetische Reihenuntersuchungen (§ 3 Nr. 6) sind bereits
jetzt fester Bestandteil der Krankheitsfrüherkennung. So ge-
hört das Neugeborenen-Screening, mit dem auf Genpro-
dukte-Ebene auf behandelbare Stoffwechselerkrankungen
wie Phenylketonurie und andere untersucht wird, ebenfalls
zu den genetischen Reihenuntersuchungen im Sinne des § 3
Nr. 6. Grundsätzlich sollen Reihenuntersuchungen nur zuge-
lassen sein, um in Gruppen oder Populationen mit durch-
schnittlichem oder leicht erhöhtem Krankheitsrisiko nach
Risikopersonen für Krankheitsveranlagungen (z. B. Fett-
stoffwechselstörungen) zu suchen und den identifizierten
Risikopersonen Möglichkeiten einer Frühbehandlung oder
Prävention zu eröffnen. Ein Screening im Hinblick auf Anla-
geträger für rezessive Erkrankungen (z. B. β-Thalassämie,
zystische Fibrose) – wie dieses in einigen Ländern durchge-
führt wird, ist nach § 18 in Deutschland nicht zulässig. Eine
genetische Untersuchung auf Anlageträgerschaft ist jedoch
als prädiktive genetische Untersuchung zu medizinischen
Zwecken (s. § 3 Nr. 5b) möglich.

ZuAbsatz 1

Zu Satz 1

In der Regel liegt bei einer genetischen Untersuchung eine
individuelle Indikation vor. Bei einer genetischen Reihen-
untersuchung ist dagegen meist nur ein erhöhtes Erkran-
kungsrisiko der Untersuchungsgruppe gegeben. Da in die-
sem Fall das öffentliche Interesse an der Reihenuntersuchung
über das individuelle Interesse der untersuchten Personen ge-
stellt wird, ist diese Untersuchung nur zulässig, wenn der
Ausbruch der mit der Untersuchung zu diagnostizierenden
Erkrankung oder gesundheitlichen Störung bei den unter-
suchten Personen, falls sie die betreffenden genetischen Ei-

genschaften haben, nach dem allgemein anerkannten Stand
der medizinischen Wissenschaft und Technik vermeidbar
oder die Krankheit oder gesundheitliche Störung zumindest
behandelbar ist, d. h. die Untersuchung für die untersuchten
Personen mit einem direkten Nutzen verbunden ist. Ausge-
schlossen sind damit auch Heterozygoten-Screenings, also
genetische Reihenuntersuchungen auf Anlageträgerschaften,
die sich bei den Untersuchten selbst gesundheitlich nicht aus-
wirken.

ZuAbsatz 2

Zu Satz 1

Da bei genetischen Reihenuntersuchungen das öffentliche
Interesse an der Untersuchung über das individuelle Interesse
der untersuchten Personen gestellt wird und damit besondere
Risiken wie die Gefahr einer Druckausübung auf Teilnahme
oder einer Stigmatisierung von Personen, die sich der Teil-
nahme verweigert haben, verbunden sind, ist es geboten, eine
solche Untersuchung einer vorherigen Prüfung und Bewer-
tung zu unterwerfen. Das Gesetz überträgt diese Aufgabe der
Gendiagnostik-Kommission. Deren Votum ist rechtlich nicht
bindend, sondern hat lediglich empfehlenden Charakter, ähn-
lich wie die Stellungnahme der nach Landesrecht zustän-
digen Lebenspendekommission nach § 8 des Transplanta-
tionsgesetzes.

Zu Satz 2

Ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine zulässige gene-
tische Reihenuntersuchung nach Absatz 1 vorliegen, prüft
und bewertet die Gendiagnostik-Kommission anhand der ihr
vorgelegten Unterlagen, sowie weiter auch, ob das Anwen-
dungskonzept dem allgemein anerkannten Stand der medizi-
nischen Wissenschaft und Technik entspricht und die Unter-
suchung in diesem Sinne ethisch vertretbar ist.

ZuAbsatz 3

Im Fall einer genetischen Reihenuntersuchung ist jede zu un-
tersuchende Person über die insoweit erforderliche Bewer-
tung durch die Gendiagnostik-Kommission und ihre Stel-
lungnahme vor Durchführung der genetischen Untersuchung
aufzuklären.

ZuAbsatz 4

Reihenuntersuchungen mit dem Ziel der Feststellung von
Anlageträgerschaften sind nach § 18 unzulässig, da es sich
dabei nicht um genetische Eigenschaften mit Bedeutung für
eine Erkrankung oder gesundheitliche Störung handelt, deren
Ausbruch bei den betroffenen Personen vermeidbar oder be-
handelbar ist. Die Information über eine Anlageträgerschaft
fällt bei genetischen Reihenuntersuchungen jedoch zwangs-
läufig mit an. Mit dieser Regelung wird sichergestellt, dass
Ergebnisse genetischer Reihenuntersuchungen über eine An-
lageträgerschaft im Regelfall nicht festgehalten werden.
Gleichzeitig wird dem Umstand Rechnung getragen, dass im
Einzelfall ein Bedürfnis bestehen kann, so z. B. im Hinblick
auf eine anstehende Familienplanung, auch das Ergebnis ei-
ner Anlageträgerschaft erfahren zu wollen. Auf diese Weise
können unnötige Doppeluntersuchungen vermieden werden.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 41 – Drucksache 16/3233

Zu § 19 (Ärztliche Vergütung)

Die Vorschriften über die ärztliche Vergütung dienen der
Qualitätssicherung der Aufklärung und der genetischen Be-
ratung.

Zu Satz 1

Durch die Vergütungsregelung, mit der der Grundsatz der
leistungsabhängigen Vergütung und Abrechnung für die Ver-
gütung genetischer Untersuchungen unter den gesetzlichen
bestimmten Voraussetzungen durchbrochen wird, soll ver-
mieden werden, dass aus abrechnungstechnischen Gründen
ein Anreiz für die Vornahme genetischer Untersuchungen be-
steht.

Zu Satz 2

Die Vorschrift enthält die Rechtsgrundlage für den Erlass ei-
ner Rechtsverordnung zur Festlegung der gebührenpflichti-
gen Tatbestände und der Gebührenhöhe in Form fester Sätze
oder in Form von Rahmensätzen.

ZumDritten Abschnitt (Genetische Untersuchun-
gen zu Zwecken der Le-
bensplanung)

Zu § 20 (Genetische Untersuchungen zu Zwecken der Le-
bensplanung)

Genetische Untersuchungen zu Zwecken der Lebenspla-
nung, d. h. genetische Untersuchungen außerhalb medizi-
nischer Fragestellungen und außerhalb von Zwecken wissen-
schaftlicher Forschung, gleichgültig ob mit oder ohne Ge-
sundheitsbezug, sind nur eingeschränkt zulässig, nämlich nur
bei einwilligungsfähigen Personen. Hierunter fallen die Un-
tersuchungen, die im Hinblick auf die künftige Lebenspla-
nung vorgenommen werden und bei denen es nicht darum
geht zu klären, ob bestimmte Erkrankungen oder gesundheit-
liche Störungen vorliegen oder genetische Veranlagungen,
d. h. genetische Risikofaktoren, Prädispositionen oder Über-
empfindlichkeiten, die für eine Erkrankung oder gesundheit-
liche Störung ursächlich oder mitursächlich sind.

Ein Verbot genetischer Untersuchungen zu Zwecken der
Lebensplanung kommt aus verfassungsrechtlichen Gründen,
insbesondere im Hinblick auf das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung, nicht in Betracht. Diese Feststellung traf
auch die Enquete-Kommission „Recht und Ethik der moder-
nen Medizin“ (Bundestagsdrucksache 14/9020, S. 166) der
vorletzten Legislaturperiode.

In Abgrenzung zu den genetischen Untersuchungen, die zu
medizinischen Zwecken vorgenommen werden, handelt es
sich bei den genetischen Untersuchungen zu Zwecken der
Lebensplanung im Sinne des Gesetzes (§ 3 Nr. 7) um gene-
tische Untersuchungen mit Gesundheitsbezug, aber ohne Be-
zug bzw. Bedeutung für eine Erkrankung oder gesundheit-
liche Störung. Eine Abgrenzung solcher diagnostischen
Maßnahmen zu gesundheitlichen Zwecken der Lebenspla-
nung von genetischen Untersuchungen zu medizinischen
Zwecken kann nach derzeitigem Kenntnisstand fließend
sein. Die hierzu notwendigen Festlegungen werden durch die
Gendiagnostik-Kommission nach § 34 erfolgen, welche die
genetischen Eigenschaften hinsichtlich ihrer Bedeutung für
Erkrankungen oder gesundheitliche Störungen beurteilen
wird.

Dagegen erscheint die Übernahme der Regelung eines Arzt-
vorbehaltes und der anderen in § 20 Abs. 2 genannten
Schutzvorkehrungen bei der Analyse genetischer Daten zu
Zwecken der Lebensplanung ohne Gesundheitsbezug nicht
angezeigt.

ZuAbsatz 1

Die Regelung unterstellt genetische Untersuchungen zu
Zwecken der Lebensplanung dann, wenn sie einen Gesund-
heitsbezug haben, zum Schutz der von solchen Untersuchun-
gen betroffenen Personen einem allgemeinen Arztvorbehalt.
Durch die in Absatz 2 bestimmte entsprechende Anwendung
des § 9 Abs. 1 Satz 2 sind die dort genannten Ärztinnen oder
Ärzte auch für die Vornahme genetischer Untersuchungen zu
Zwecken der Lebensplanung deutschen Ärztinnen oder Ärz-
ten gleichgestellt.

ZuAbsatz 2

Aus dem gleichen Grund finden zum Schutz der betroffenen
Personen eine Reihe weiterer Vorschriften, die für genetische
Untersuchungen zu medizinischen Zwecken gelten, auf ge-
netische Untersuchungen zu Zwecken der Lebensplanung
mit Gesundheitsbezug entsprechende Anwendung. Dies gilt
für die Delegationsmöglichkeit der Vornahme genetischer
Analysen (§ 9 Abs. 2) ebenso wie für das in dieser Vorschrift
enthaltene Verbot einer Vornahme genetischer Analysen au-
ßerhalb genetischer Untersuchungen sowie die Qualitätssi-
cherung einschließlich der Verpflichtung zur Akkreditierung
für die Vornahme zytogenetischer oder molekulargenetischer
Analysen (§ 6).

Auch die in § 11 geregelte ärztliche Aufklärungspflicht gilt
für genetische Untersuchungen zu gesundheitlichen Zwe-
cken der Lebensplanung entsprechend. Die betroffene Per-
son ist vor einer solchen genetischen Untersuchung durch
eine Ärztin oder einen Arzt über Wesen, Bedeutung und
Tragweite der genetischen Untersuchung entsprechend den
einschlägigen Bestimmungen des § 11 Abs. 2 aufzuklären,
d. h. insbesondere über Zweck, Art, Umfang und Aussage-
kraft der genetischen Untersuchung einschließlich der mit
dem vorgesehenen genetischen Untersuchungsmittel im
Rahmen des Untersuchungszwecks erzielbaren Ergebnisse.
Dazu gehört auch die Aufklärung im Hinblick auf die Zuver-
lässigkeit der vorgesehenen Analysemethode für den Unter-
suchungszweck und die Verlässlichkeit des Analyseergeb-
nisses sowie über mögliche Alternativen zu der genetischen
Untersuchung (§ 11 Abs. 2 Nr. 1). Aufzuklären ist auch über
mögliche gesundheitliche Risiken, die mit der genetischen
Untersuchung und der Gewinnung einer dafür erforderlichen
genetischen Probe für die betroffene Person verbunden sind
(§ 11 Abs. 2 Nr. 2), über das Recht der betroffenen Person,
die Einwilligung jederzeit zu widerrufen (§ 11 Abs. 2 Nr. 4),
über das Recht der betroffenen Person auf Nichtwissen ein-
schließlich des Rechts, das Untersuchungsergebnis oder Tei-
le davon nicht zur Kenntnis zu nehmen, sondern vernichten
zu lassen (§ 11 Abs. 2 Nr. 5), und über die vorgesehene Ver-
wendung einer genetischen Probe und des Untersuchungser-
gebnisses (§ 11 Abs. 2 Nr. 3), gegebenenfalls einschließlich
eines Hinweises auf eine in Betracht kommende Möglichkeit
einer weiteren Verwendung zu Zwecken wissenschaftlicher
Forschung gemäß § 26. Dadurch wird im Interesse der
betroffenen Personen eine sachgerechte, den spezifischen

Drucksache 16/3233 – 42 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Anforderungen genetischer Untersuchungen entsprechende
Aufklärung auch bei genetischen Untersuchungen zu Zwe-
cken der Lebensplanung sichergestellt und zugleich einer
unkontrollierten Ausbreitung solcher genetischen Unter-
suchungen, insbesondere einer Deklarierung medizinischer
Untersuchungen als solche zu Zwecken der Lebensplanung,
entgegengewirkt.

Mit Ausnahme der Vorschriften des § 12 über die genetische
Beratung finden ferner die Vorschriften über die Einwilli-
gung der betroffenen Person hinsichtlich der Entscheidung
über eine genetische Untersuchung und die Kenntnisnahme
von deren Ergebnissen, über die schriftliche Bestätigung der
Einwilligung und der Aufklärung sowie über den Widerruf
der Einwilligung (§ 10), über die Mitteilung (§ 13), Aufbe-
wahrung und Vernichtung (§ 14) des Ergebnisses genetischer
Untersuchungen und Analysen ebenso wie Vorschriften über
die Aufbewahrung, Verwendung und Vernichtung geneti-
scher Proben (§ 15 Abs. 1 bis 4 und Abs. 5 Satz 1) auf gene-
tischen Untersuchungen zu Zwecken der Lebensplanung ent-
sprechende Anwendung. Ausgenommen ist die Vorschrift
des § 15 Abs. 5 Satz 2, die sich auf genetische Proben von
Föten und Embryonen bezieht und daher bei genetischen Un-
tersuchungen zu Zwecken der Lebensplanung nicht zur An-
wendung gelangen kann, da solche nur bei Menschen, d. h.
bei Geborenen zulässig sind.

Auf die Einzelbegründung zu den entsprechend geltenden
Vorschriften wird verwiesen.

ZumVierten Abschnitt (Genetische Untersuchun-
gen zur Klärung der Ab-
stammung)

Zu § 21 (Genetische Untersuchungen zur Klärung der Ab-
stammung)

Um eine genetische Untersuchung zur Klärung der Abstam-
mung eines Kindes durchzuführen, genügt heute eine geringe
Menge einer DNA-haltigen Körpersubstanz, etwa eine Spei-
chelprobe oder Haare. Die technischen Möglichkeiten wer-
den zunehmend von privaten Labors genutzt, die genetische
Untersuchungen zur Klärung der Vaterschaft anbieten. Für
die Untersuchung reichen den Labors Proben von zwei Per-
sonen, nämlich des Kindes und des mutmaßlichen Vaters aus,
um im Wege eines Vergleichs der DNA-Merkmale das Ab-
stammungsverhältnis zu klären. Auftraggeber dieser Labors
sind zumeist Männer, die an ihrer Vaterschaft zweifeln. Selte-
ner werden die Untersuchungen von Frauen in Auftrag gege-
ben, die sich wegen mehrerer Sexualpartner Klarheit über
den Vater des Kindes verschaffen wollen.

Die für eine genetische Abstammungsuntersuchung erfor-
derlichen Proben lassen sich leicht von den betroffenen Per-
sonen unbemerkt beschaffen. Es sollen daher klare Regelun-
gen zum Schutz ihres Rechts auf informationelle Selbstbe-
stimmung geschaffen werden.

ZuAbsatz 1

Zu Satz 1

Abstammungsuntersuchungen dürfen nur in Auftrag gege-
ben und vorgenommen werden, sofern die Personen, von de-
nen eine Probe entnommen werden soll, zugestimmt haben.
Damit sollen insbesondere auch ohne Wissen der betroffenen

Personen in Auftrag gegebene oder vorgenommene Abstam-
mungsuntersuchungen verhindert werden. Dadurch werden
unter anderem die via Internet vertriebenen Untersuchungen
zur Abklärung der Vaterschaft unterbunden, sofern nicht die
notwendigen Einwilligungserklärungen vorliegen. Die Per-
sonen, deren Abstammung geklärt werden soll, müssen in die
Untersuchung und – soweit diese nicht schon in anderem Zu-
sammenhang gewonnen wurde und daher vorliegt – auch in
die Gewinnung einer dafür erforderlichen genetischen Probe
einwilligen. In den Fällen, in denen zur Klärung einer Vater-
schaft nur genetische Proben des möglichen Vaters und des
Kindes untersucht werden sollen, bedarf es der Einwilligung
des möglichen Vaters und des Kindes, nicht aber der Einwil-
ligung der Mutter. Sie soll sich nicht aus eigenem Recht dem
Wunsch von Vater und Kind, die Abstammung zu klären, ent-
gegenstellen können. Ist das Kind nicht einwilligungsfähig
(§ 21 Abs. 5 GenDG) und die Mutter allein oder gemeinsam
mit dem Vater sorgeberechtigt, muss sie allerdings über die
Abgabe der Einwilligung für das Kind entscheiden oder mit-
entscheiden. Insoweit gelten die allgemeinen zivilrechtlichen
Vorschriften, insbesondere § 1628 BGB für den Fall von
Meinungsverschiedenheiten gemeinsam sorgeberechtigter
Eltern.

Zu den Sätzen 2 und 3

Die Vorschriften beschränken zum Schutz des Rechts auf in-
formationelle Selbstbestimmung der betroffenen Personen
den Umfang der genetischen Untersuchung auf die zur Klä-
rung der Abstammung erforderlichen Untersuchungen an der
genetischen Probe und die dafür erforderlichen Feststellun-
gen über genetische Eigenschaften.

ZuAbsatz 2

Zu Satz 1

Eine genetische Untersuchung zur Klärung der Abstammung
darf nach dem Gesetz außer durch Ärztinnen oder Ärzte auch
durch auf dem Gebiet der Abstammungsbegutachtung erfah-
rene nichtärztliche Sachverständige mit abgeschlossener
naturwissenschaftlicher Hochschulausbildung vorgenom-
men werden. Hierfür kommen z. B. entsprechend qualifizier-
te biologische Sachverständige in Betracht.

Zu Satz 2

Die Bestimmungen des § 9 Abs. 1 Satz 2 über die Gleichwer-
tigkeit ausländischer Diplome, Prüfungszeugnisse oder sons-
tiger Befähigungsnachweise gelten für Ärztinnen und Ärzte
sowie nichtärztliche Sachverständige mit abgeschlossener
naturwissenschaftlicher Hochschulausbildung entsprechend.
Zum Schutz der von einer genetischen Untersuchung zur
Klärung der Abstammung betroffenen Personen finden die
Vorschriften über die Delegationsmöglichkeit der Vornahme
genetischer Analysen (§ 9 Abs. 2) sowie das darin enthaltene
Verbot einer Vornahme genetischer Analysen außerhalb ge-
netischer Untersuchungen entsprechende Anwendung. Auf
die Einzelbegründung zu den entsprechend geltenden Vor-
schriften wird verwiesen.

ZuAbsatz 3

Wie bei genetischen Untersuchungen zu medizinischen
Zwecken und zu Zwecken der Lebensplanung, darf nach

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 43 – Drucksache 16/3233

Satz 1 auch eine genetische Untersuchung zur Klärung der
Abstammung nur vorgenommen werden, wenn zuvor eine
Aufklärung all derer, deren Einwilligung erforderlich ist, er-
folgt ist, und zwar durch die nach Absatz 2 Satz 1 verant-
wortliche Person. Weiteres Erfordernis ist, dass die aufzuklä-
renden Personen schriftlich bestätigt haben, dass sie einge-
willigt haben und aufgeklärt wurden. Satz 2 erstreckt die
Aufklärung auf die in § 11 Abs. 2 Nr. 1 erster Halbsatz und
Nr. 2 bis 5 genannten Inhalte. Auf die Einzelbegründung zu
den entsprechend geltenden Vorschriften wird verwiesen.

ZuAbsatz 4

Zum Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestim-
mung der betroffenen Personen findet eine Reihe weiterer
Vorschriften, die für genetische Untersuchungen zu medizi-
nischen Zwecken gelten, auf genetische Untersuchungen zur
Klärung der Abstammung entsprechende Anwendung. So
entscheidet auch hier die jeweils betroffene Person, ob die
genetische Untersuchung vorgenommen werden soll und ob
ihr das Untersuchungsergebnis zur Kenntnis gegeben werden
soll (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a und Buchstabe b).
Die Entscheidungen und die Einwilligung sind auch hier von
der verantwortlichen Person schriftlich festzuhalten (§ 10
Abs. 1 Satz 3). Die jeweils betroffene Person kann auch hier
jederzeit die erteilte Einwilligung mit Wirkung für die Zu-
kunft widerrufen (§ 10 Abs. 2). Ebenso gelten Vorschriften
über die Mitteilung des Ergebnisses genetischer Untersu-
chungen und Analysen (§ 13 Abs. 2 bis 4), über die Aufbe-
wahrung und Vernichtung des Ergebnisses genetischer Un-
tersuchungen und Analysen (§ 14) sowie über die Aufbewah-
rung, Verwendung und Vernichtung genetischer Proben (§ 15
Abs. 1 bis 4 und Abs. 5 Satz 1) entsprechend. Ausgenom-
men ist die Vorschrift des § 15 Abs. 5 Satz 2, die sich auf ge-
netische Proben von Föten und Embryonen bezieht und daher
bei genetischen Untersuchungen zur Klärung der Abstam-
mung nicht zur Anwendung gelangen kann, da solche nur bei
Menschen, d. h. Geborenen zulässig sind. Auf die Einzelbe-
gründung zu den entsprechend geltenden Vorschriften wird
verwiesen.

ZuAbsatz 5

Ist die Person, deren Abstammung durch die genetische Un-
tersuchung geklärt werden soll, nicht einwilligungsfähig, ob-
liegt die Entscheidung über eine Einwilligung in die Vornah-
me der Untersuchung ihrer Vertreterin oder ihrem Vertreter,
ebenso die Wahrnehmung der Interessen der nicht einwilli-
gungsfähigen Person im Rahmen der Aufklärung und der
Entscheidungen der betroffenen Person nach den entspre-
chend geltenden einschlägigen Bestimmungen der §§ 10, 13
und 15. Es gelten die Vertretungsregelungen wie zu § 16
Abs. 1 Nr. 4 ausgeführt. Ein Vertretungsfall wird insbesonde-
re dann häufig gegeben sein, wenn die Abstammung eines
minderjährigen Kindes geklärt werden soll.

ZuAbsatz 6

Zu Satz 1

Satz 1 enthält eine Ausnahme von dem Verbot pränataler ge-
netischer Abstammungsuntersuchungen für den Fall, dass
nach ärztlicher Erkenntnis an der Schwangeren eine rechts-
widrige Tat nach den §§ 176 bis 179 StGB begangen worden
ist und dringende Gründe für die Annahme sprechen, dass die

Schwangerschaft auf der Tat beruht. Angesichts der psychi-
schen Belastungssituation der Schwangeren im Hinblick auf
den möglicherweise zu erwartenden Befund sowie der zu er-
wartenden gesundheitlichen Auswirkungen auf die Schwan-
gere sowie der physischen Auswirkungen auf den Fötus oder
Embryo im Falle einer Entscheidung der Schwangeren, die
Schwangerschaft abzubrechen, stellt die Vorschrift diese prä-
natale genetische Abstammungsuntersuchung wegen des im
Vordergrund stehenden Gesundheitsbezuges unter Arztvor-
behalt.

Zu Satz 2

Satz 2 stellt klar, dass bei einer solchen genetischen Abstam-
mungsuntersuchung an die Stelle des in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1
genannten Kindes der Fötus oder Embryo und an die Stelle
der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Mutter die Schwange-
re tritt.

Zu Satz 3

Nach Satz 3 ist die Einwilligung des mutmaßlichen Täters ei-
ner Straftat nach den §§ 176 bis 179 StGB in die genetische
Untersuchung einer von ihm vorhandenen genetischen Probe
nicht erforderlich.

Zu Satz 4

Ist die Schwangere nicht einwilligungsfähig, so ist Voraus-
setzung für die Zulässigkeit dieser pränatalen genetischen
Abstammungsuntersuchung, dass die Vertreterin oder der
Vertreter der Schwangeren aufgeklärt und genetisch beraten
wurde und eingewilligt hat (§ 16 Abs. 1 Nr. 4). Weitere Zu-
lässigkeitsvoraussetzung ist, dass die Schwangere voraus-
sichtlich nicht oder nur geringfügig und nicht über die mit der
Untersuchung und einer dafür erforderlichen Gewinnung
einer genetischen Probe hinaus verbundenen Risiken ge-
sundheitlich beeinträchtigt wird (§ 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3).
Auf die Einzelbegründung zu den entsprechend geltenden
Vorschriften wird verwiesen.

ZuAbsatz 7

Die Vorschrift stellt klar, dass die Regelungen des § 21 die
Vorschriften über die Feststellung der Abstammung im
forensischen Bereich unberührt lassen.

ZuAbsatz 8

Im Zusammenhang mit einem auf Familienzusammenfüh-
rung gerichteten Visumantrag kann die Situation eintreten,
dass ein rechtliches Verwandtschaftsverhältnis nicht durch
Urkunden nachgewiesen werden kann. Dies ist vor allem in
Gebieten der Fall, in denen kein Urkunden- und Personen-
standswesen vorhanden ist. Da die Nachweisprobleme
gemäß § 82 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG)
zulasten des Antragsstellers gehen, kann in bestimmten Kon-
stellationen – neben anderen Nachweismitteln – auch eine
genetische Untersuchung zur schnellen Klärung des Ver-
wandschaftsverhältnisses beitragen. Die Untersuchung kann
daher von Betroffenen angestrebt werden und soll auf seinen
Antrag hin auch weiterhin durchgeführt werden können. Ein
Speicheltest birgt keine gesundheitlichen Risiken. Die
DNA-Proben der Familienangehörigen, die das Visum benö-
tigen, werden im Ausland genommen. Die genetische Unter-

Drucksache 16/3233 – 44 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

suchung selbst wird in Deutschland vorgenommen. Das Er-
gebnis der Untersuchung wird dem Betroffenen und der Aus-
landsvertretung gleichzeitig mitgeteilt.

Die Vorschriften des GenDG zur Abstammungsuntersu-
chung sind in der spezifisichen Situation in der Auslandsver-
tretung vor Ort zum Teil nicht handhabbar. Daher schließt
Absatz 8 einzelne Regelungen des § 21, soweit dies erforder-
lich ist, aus oder trifft für besondere Situationen Sonderrege-
lungen.

Zu Satz 1

Die Verpflichtung zur Aufklärung über mögliche gesundheit-
liche Risiken sowie über die Möglichkeit, das Untersu-
chungsergebnis nicht zur Kenntnis zu nehmen, wird ausge-
schlossen. Erhalten bleibt die Aufklärungspflicht über die
Umstände, die für die Entscheidung über die Erteilung der
Einwilligung bedeutsam sind (vorgesehene Verwendung des
Schleimhautabstrichs, Zweck der genetischen Untersu-
chung, vorgesehene Verwendung des Untersuchungsergeb-
nisses). Weiterhin erklärt Satz 1 die zehnjährige Aufbewah-
rungsfrist für nicht anwendbar. Nach den allgemeinen daten-
schutzrechtlichen Grundsätzen ist demnach das Ergebnis der
Untersuchung zu vernichten, wenn es nicht mehr gebraucht
wird, also nach Erteilung des Visums. Weiterhin besteht ge-
mäß Satz 1 nicht die Pflicht, die Untersuchung auch der nicht
einwilligungsfähigen Person soweit als möglich verständlich
zu machen und im Falle einer Ablehnung durch sie von der
Untersuchung abzusehen.

Zu Satz 2

Der Umfang der Aufklärung des Vertreters der nicht einwilli-
gungsfähigen Person ist entsprechend Satz 1 ausgestaltet.
Anwendbar bleiben die Bestimmungen über die Einwilli-
gung nach § 10 Abs. 1 und § 16 Abs. 2 Nr. 3, wonach eine
Untersuchung zulässig ist, wenn die Gewinnung der Probe
nicht oder nur mit geringfügigen gesundheitlichen Risiken
verbunden ist. Dies trifft auf auf die Entnahme der geneti-
schen Probe durch einen Mundschleimhautabstrich zu.

Zu Satz 3

Die Aufklärung kann auch von Nicht-Ärzten vorgenommen
werden. Für die Probengewinnung gilt ohnehin kein Arztvor-
behalt.

Zu Satz 4

Bei Verdacht auf eine Straftat kann gemäß Satz 4 trotz Wider-
rufs durch den Betroffenen die Daten zum Zweck der Straf-
verfolgung übermittelt werden; die Vorschriften über die Ver-
nichtung sind in diesem Fall nicht anzuwenden. Um zu ge-
währleisten, dass die Auslandsvertretung zeitgleich Kenntnis
vom Untersuchungsergebnis erhält, muss die bereits gängige
Mitteilungspraxis – gleichzeitige Mitteilung an den Betroffe-
nen und die Auslandsvertretung – zum Gegenstand der Ein-
willigung gemacht werden. Nur so kann ausgeschlossen wer-
den, dass der Versuch, sich oder anderen durch unrichtige
Angaben einen Aufenthaltstitel zu verschaffen (Straftat ge-
mäß § 95 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG) unerkannt bleibt.

ZumFünften Abschnitt (Genetische Untersuchun-
gen im Versicherungsbe-
reich)

Zu § 22 (Genetische Untersuchungen vor und nach Ab-
schluss eines Versicherungsvertrages)

Genetische Untersuchungsergebnisse sind mit herkömm-
lichen Untersuchungen nicht vergleichbar. Sie ermöglichen
es, unveränderbare genetische Anlagen einer Person zu iden-
tifizieren, die eine Voraussagekraft über lange Zeiträume
haben und Auswirkungen auf die Lebensplanung der Betrof-
fenen haben können. Darum dürfen Versicherer nach Num-
mer 1 weder vor noch nach Abschluss eines Versicherungs-
vertrages vom Versicherungsnehmer eine genetische Unter-
suchung verlangen. Weiterhin dürfen Versicherer entspre-
chend Nummer 2 auch Ergebnisse bereits vorgenommener
prädiktiver genetischer Untersuchungen weder verlangen
noch entgegennehmen oder verwenden. Das gleiche gilt für
genetische Analysen und deren (noch) nicht interpretierte
reine Analyseergebnisse. Diese Regelung soll gewährleisten,
dass der Zugang zu den privaten Kranken- und Lebensversi-
cherungen nicht im Hinblick auf genetische Eigenschaften
erschwert oder verweigert wird.

Wie dem Wortlaut des § 22 zu entnehmen ist, darf weder die
Vornahme einer diagnostischen noch einer prädiktiven gene-
tischen Untersuchung oder eine Analyse bzw. die Offen-
legung von Ergebnissen bereits vorgenommener prädiktiver
genetischer Untersuchungen verlangt werden. Dadurch wer-
den auch entsprechende Untersuchungen, Analysen oder Un-
tersuchungsergebnisse von Verwandten des Versicherungs-
nehmers umfasst. Dadurch wird verhindert, dass die Versi-
cherung über genetische Kenntnisse der biologischen Eltern
oder Geschwister des Versicherungsnehmers Rückschlüsse
auf die genetische Beschaffenheit des Versicherungsnehmers
schließt.

Unberührt davon bleibt die nach dem allgemeinen Versiche-
rungsvertragsrecht vorgesehene Mitteilungspflicht von be-
reits bekannten manifesten Krankheiten bei Vertragsab-
schluss. Diese ist losgelöst von der eingesetzten Untersu-
chungsmethode.

Zum Sechsten Abschnitt (Untersuchungen im Ar-
beitsleben – Allgemeines –)

Der sechste Abschnitt (§§ 23 bis 25) trifft Regelungen zu ge-
netischen Untersuchungen im Arbeitsleben. Erfasst ist dabei
auch das Beamtenverhältnis (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 12g).

Diese Regelungen sind von zentraler Bedeutung für die künf-
tige gesellschaftliche Entwicklung. Mit den fortschreitenden
Möglichkeiten genetischer Untersuchungen könnte es als
nützlich angesehen werden, die Einstellung und Beschäfti-
gung, von der Durchführung genetischer Untersuchungen
und ihren Ergebnissen abhängig zu machen. Damit würden
Menschen allein aufgrund ihrer genetischen Eigenschaften
oder Veranlagungen nicht eingestellt oder beschäftigt und so-
mit sozial ausgegrenzt werden, obwohl ihre aktuelle Eignung
für die Beschäftigung nicht in Rede steht. Denkbar ist etwa,
dass allein eine geringfügig gesteigerte Krankheitsneigung
vom Arbeitgeber zum Anlass genommen werden könnte,
eine Einstellung nicht vorzunehmen. Dies wäre nur schwer
erträglich. Hinzu kommt, dass jeder Mensch das Recht auf
Nichtwissen seiner genetischen Konstitution hat. Könnte

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 45 – Drucksache 16/3233

eine Einstellung abgelehnt werden, wenn der oder die Betrof-
fene eine genetische Untersuchung nicht durchzuführen be-
reit ist, so würde dies einen faktischen Zwang zur Durchfüh-
rung solcher Untersuchungen verursachen, der mit dem
Recht auf Nichtwissen nicht vereinbar wäre.

Die hier vorgeschlagenen Regelungen sehen daher strikte
Restriktionen für den Einsatz genetischer Untersuchungen
im Arbeitsleben vor:

● Von Arbeitgebern veranlasste Eignungsuntersuchungen
dürfen ausnahmslos keine genetischen Untersuchungen
umfassen (§ 23).

● Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen dürfen – so-
weit sie genetische Untersuchungen und Analysen umfas-
sen – nur unter restriktiven Voraussetzungen überhaupt
angeboten werden (§ 24). Lehnt der Arbeitnehmer ein
entsprechendes Angebot ab darf hieraus – auch in beson-
deren Bereichen des Arbeitsschutzrechtes – keine dem
Arbeitnehmer negative Konsequenz gezogen werden.

● Selbst wenn das Angebot einer arbeitsmedizinischen
Vorsorgeuntersuchung nach § 24 zulässig ist, so darf die
Arbeitgeberin auch nach § 25 Abs. 1 die Weigerung der
Betroffenen, an einem solchen Test teilzunehmen, ebenso
wenig wie ein negatives Testergebnis zum Anlass neh-
men, um die Betroffenen nicht einzustellen oder zu kün-
digen. Dies gilt auch soweit die Vorsorgeuntersuchungen
spezialgesetzlich – etwa für den Gefahrstoffbereich – vor-
gesehen sind.

Gerade diese äußerst strikten Regelungen sind der Grund da-
für, dass die Vorschriften des sechsten Abschnitts nicht auf
diagnostisch phänotypische Untersuchungen anzuwenden
sind (vgl. § 25a). Denn für diese ist es bereits seit langem
anerkannt, das die ArbeitgeberIn im Rahmen ihres objektiv
berechtigten und schutzwürdigen Interesses, die aktuelle
Eignung der Beschäftigten für den zu besetzenden Arbeits-
platz oder die zu leistende Arbeit festzustellen (Bundes-
arbeitsgericht – BAG – vom 7. Juni 1984 – 2 AZR 270/83 –
NZA 1984, 57), auch Untersuchungen auf der Ebene des
Phänotyps verlangen kann. Dazu zählen beispielsweise
Untersuchungen zur Feststellung einer Rot-Grün-Farbblind-
heit oder Farbschwäche mit Hilfe des Farbtafeltests nach
Ishihara, die z. B. notwendig sind, um im Einstellungsverfah-
ren die körperliche Eignung des Bewerbers für die Tätigkeit
eines Elektrikers oder Berufskraftfahrers festzustellen. Diese
anerkannten Untersuchungen sollen auch nach dem Entwurf
zulässig bleiben. Dies erreicht der Entwurf dadurch, dass er
phänotypische Untersuchungen gänzlich aus dem Anwen-
dungsbereich des sechsten Abschnitts ausnimmt. Diese
Regelungstechnik wurde gewählt, weil so der Regelungs-
zweck (Beschränkung der Zulässigkeit von genetischen
Untersuchungen) den Betroffenen und den Arbeitgebern
besonders deutlich gemacht werden kann. Aus der alternati-
ven Regelungstechnik (Verankerung von Ausnahmen z. B. in
§ 23) hätten Arbeitgeber nämlich – dies hat ein von der Frak-
tion durchgeführtes Fachgespräch ergeben – den Fehlschluss
ziehen können, nunmehr seien Ausnahmen vom Verbot, ge-
netische Untersuchungen zu verlangen, vermehrt zugelassen.
Die bessere Lösung ist es daher, für den Bereich des Arbeits-
lebens traditionelle Untersuchungsmethoden (Phänotyp) aus
dem Anwendungsbereich auszunehmen, um für die gefährli-
chen neuen Untersuchungsmethoden strikte und uneinge-
schränkte Restriktionen vorsehen zu können.

Zu § 23 (Genetische Untersuchungen vor und nach Begrün-
dung des Beschäftigungsverhältnisses)

§ 23 regelt genetische Untersuchungen im Beschäftigungs-
verhältnis, d. h. im Verhältnis zwischen Arbeitgeber/Dienst-
herr und Beschäftigten.

ZuNummer 1

Nummer 1 enthält das an den Arbeitgeber gerichtete Verbot,
von Beschäftigten vor der Begründung des Beschäftigungs-
verhältnisses oder im laufenden Beschäftigungsverhältnis
genetische Untersuchungen oder genetische Analysen zu
verlangen.

In der Praxis wird vielfach der Abschluss eines Arbeits-
vertrages wie auch ein Tätigkeitswechsel in einem bestehen-
den Beschäftigungsverhältnis vom Ergebnis einer ärztlichen
Untersuchung abhängig gemacht. Der Arbeitgeber hat nach
geltendem Recht ein objektiv berechtigtes und schutzwür-
diges Interesse, die aktuelle Eignung der Beschäftigten für
den zu besetzenden Arbeitsplatz oder die zu leistende Arbeit
festzustellen (BAG vom 7. Juni 1984 – 2 AZR 270/83 – NZA
1984, 57). Genetische Untersuchungen, die in den Anwen-
dungsbereich des sechsten Abschnitts fallen (siehe § 25a und
Begründung: Allgemeines zum Sechsten Abschnitt) sind da-
bei bisher nicht geeignet, um nach diesen Maßstäben des
BAG die aktuelle Eignung des Beschäftigten festzustellen.
Angesichts des technischen Fortschritts besteht die Gefahr,
dass Beschäftigte allein aufgrund ihrer genetischen Eigen-
schaften oder Veranlagungen nicht eingestellt oder versetzt
und somit sozial ausgegrenzt werden, wenn nicht strikt und
ausnahmslos dem Arbeitgeber die Vornahme genetischer
Untersuchungen untersagt wird. Denn durch genetische Un-
tersuchungen können nicht nur genetische Eigenschaften
oder Veranlagungen (Risikofaktoren, Prädispositionen oder
Überempfindlichkeiten) für bereits bestehende, sondern auch
für erst künftig eintretende Erkrankungen und gesundheit-
liche Störungen festgestellt werden. Die Einsatzmöglichkei-
ten zu prädiktiven Zwecken ist charakteristisch für geneti-
sche Untersuchungen, die auf der Grundlage molekulargene-
tischer oder zytogenetischer Analyse oder einer proteinche-
mischen Analyse auf der Genproduktebene durchgeführt
(nur diese fallen in den Anwedungsbereich dieses Ab-
schnitts) werden. Die Untersuchungen ermöglichen dabei
keine verbindliche Prognose, ob, wann und unter welchen
Umständen sich die festgestellte Disposition für eine Erkran-
kung oder gesundheitliche Störung auswirken wird. Eine
solche Disposition kann sich z. B. erst in vielen Jahren oder
auch nicht mehr in diesem Beschäftigungsverhältnis auswir-
ken. Sie kann allein oder nur im Zusammenwirken vieler
Faktoren, insbesondere von Umweltfaktoren auch außerhalb
des Arbeitsplatzes oder vielleicht auch nie eine Erkrankung
oder gesundheitliche Störung verursachen. Die Vorschrift der
Nummer 1 schließt daher aus, dass Einstellung oder Verset-
zung von genetischen Untersuchungen und Analysen ab-
hängig gemacht werden können. Dadurch soll verhindert
werden, dass Beschäftigte wegen festgestellter genetischer
Eigenschaften oder Veranlagungen nicht eingestellt oder ver-
setzt werden.

ZuNummer 2

Nummer 2 legt fest, dass der Arbeitgeber von Beschäftigten
auch die Ergebnisse von genetischen Untersuchungen, die

Drucksache 16/3233 – 46 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

zu anderen Zwecken bereits vorgenommen wurden, weder
erfragen, noch entgegennehmen oder z. B. für Personalent-
scheidungen verwenden darf. Das gilt auch dann, wenn ein-
zelne Beschäftigte dem Arbeitgeber im Bewerbungsverfah-
ren Informationen über ihre genetische Veranlagung freiwil-
lig zur Verfügung stellen oder sie mit der Nutzung von Daten
aus anderen bereits vorgenommenen genetischen Untersu-
chungen durch den Arbeitgeber einverstanden sind. Dadurch
soll der Gefahr entgegen gewirkt werden, dass sich die
Arbeitsmarktchancen der Beschäftigten durch Bekanntwer-
den ihrer genetischen Eigenschaften verringern.

Zu § 24 (Genetische Untersuchungen zum Arbeitsschutz)

§ 24 regelt genetische Untersuchungen im Rahmen arbeits-
medizinischer Vorsorgeuntersuchungen. Absatz 1 statuiert
dabei – für den Anwendungsbereich des sechsten Abschnitts
(siehe § 25a und Begründung: Allgemeines zum Sechsten
Abschnitt) – ein allgemeines Verbot solcher Untersuchun-
gen. Allerdings lassen die Absätze 2 und 3 hierfür unter je-
weils spezifischen Voraussetzungen Ausnahmen zu. Denn
wo genetische Untersuchungen – trotz der mit ihnen verbun-
denen Risiken – geeignet sein können, den Betroffenen wich-
tige Informationen zu bringen, mit denen sie ihre Lebenspla-
nung so gestalten können, dass ihre Gesundheit gesichert
bleibt, kann ihnen diese Möglichkeit nicht abgeschnitten
werden. Dabei gilt nach den allgemeinen Prinzipien des Ar-
beitsschutzrechtes, dass arbeitsmedizinische Untersuchun-
gen grundsätzlich ein Angebot an die Beschäftigten sind (vgl.
etwa § 11 des Arbeitsschutzgesetzes – ArbSchG) und also
kein Zwang zur Durchführung solcher Untersuchungen be-
steht. Hauptzweck ist die Aufklärung und Beratung der Be-
schäftigten hinsichtlich der mit ihrer Arbeit verbundenen in-
dividuellen Gesundheitsrisiken. Allerdings ist in einigen
Spezialbereichen – etwa des Gefahrstoffsrechtes – vorgese-
hen, dass Ergebnis einer spezifischen Untersuchung das
Urteil „nicht geeignet“ sein kann, welches ein Beschäfti-
gungsverbot begründen kann. Ein solches Beschäftigungs-
verbot kann dann Anlass für den Arbeitgeber sein, den Be-
troffenen nicht einzustellen oder – wenn er schon eingestellt
ist – zu kündigen. Diese schwerwiegende Rechtsfolge ist für
den vorliegenden Bereich nicht akzeptabel, da sie ein fakti-
schen Zwang begründen würde, eine genetische Untersu-
chung vornehmen zu lassen, und damit tief in das Recht auf
Nicht-Wissen eingriffe. Deshalb sieht § 24 Abs. 2 Satz 2 vor,
dass derartige Beschäftigungsverbote nicht wegen der Nicht-
teilnahme an einer genetischen Untersuchung verfügt wer-
den können.

ZuAbsatz 1

Absatz 1 bestimmt, dass im Rahmen arbeitsmedizinischer
Vorsorgeuntersuchungen keine genetischen Untersuchungen
oder Analysen vorgenommen werden dürfen.

ZuAbsatz 2

Zu Satz 1

Es ist zu besorgen, dass genetische Untersuchungen im Rah-
men der arbeitsmedizinischen Vorsorge zweckentfremdet
auch dazu genutzt werden könnten, gegen bestimmte Exposi-
tionen besonders unempfindliche Beschäftigte zulasten „an-
fälliger“ Beschäftigter einzusetzen. Kenntnisse des Arbeitge-
bers über genetische Eigenschaften der Beschäftigten könn-

ten ferner dazu führen, vorrangig notwendige technische
Maßnahmen zur Reduzierung bestehender Arbeitsplatzbe-
lastungen zugunsten der Beschäftigung besonders „resisten-
ter“ Arbeitnehmer zurückzustellen. Dennoch muss in Abwei-
chung von Grundsatz des Absatzes 1 dem im Arbeitsschutz
berechtigten Gesichtspunkt Rechnung getragen werden, dass
ein vollständiger Verzicht auf genetische Untersuchungen
den Beschäftigten ein wirksames Instrument des persön-
lichen Gesundheitsschutzes vorenthalten würde. Genetische
Eigenschaften und daraus resultierende erhöhte Anfälligkei-
ten gegenüber spezifischen gesundheitsgefährdenden Ein-
wirkungen am Arbeitsplatz sind Teil der Wechselwirkungen
zwischen Mensch und Arbeit, an deren frühzeitiger Aufde-
ckung in der Regel ein hohes eigenes Interesse der Beschäf-
tigten bestehen wird. In der Arbeitsmedizin etablierte tradi-
tionelle Diagnoseverfahren zur Bestimmung genetischer Ei-
genschaften sollen deshalb zum Wohle der Beschäftigten
weiterhin zulässig sein. So führt eine Exposition mit aroma-
tischen Aminen in der chemischen Industrie bei Beschäftig-
ten mit einem unterdurchschnittlichen Status an Acetyltrans-
ferase-2 („Langsame Acetylierer“) zu einem erhöhten Risiko
an einem Harnblasenkrebs zu erkranken. Ein ererbter Mangel
an Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase (Favismus) kann
eine hämolytische Wirkung (Zerfall der roten Blutkörper-
chen) auslösen. Ferner tragen etwa Beschäftigte mit einem
genetisch bedingten Mangel an Alpha-1-Antitrypsin ein
signifikant erhöhtes Risiko einer Lungenerkrankung bei
einer Staubexposition. Dabei muss gerade auch für die ge-
rade genannten Untersuchungen gelten, dass sie nicht mit
Zwang gefordert werden dürfen. Denn die Wahrscheinlich-
keiten, die sich aus der genetischen Anlage im Zusammen-
hang mit den Bedingungen am Arbeitsplatz ergeben, errei-
chen zwar die in Absatz 2 Satz 1 vorgesehene Schwelle, sie
sind jedoch keinesfalls so hoch, dass bereits nach den allge-
meinen Prinzipien des Arbeitschutzrechtes eine Nicht-Eig-
nung der Betroffnen begründet werden könnte.

Zu Satz 2

Die Vorschrift stellt – um das Recht auf Nicht-Wissen zu
schützen – klar, dass auch in Bereichen, in denen verpflich-
tende arbeitsmedizinische Untersuchungen erfolgen (z.B.
Gefahrstoffrecht), das Angebot der genetischen Untersu-
chung nicht verpflichtend sein kann. Dies ist nur möglich,
wenn, wie vorgesehen, nicht wegen der Nicht-Annahme des
Angebotes ein Beschäftigungsverbot verfügt wird. Dass die
Untersuchungen freiwillig bleiben sichert im Übrigen auch
§ 25 Abs. 1 ab.

Zu Satz 3

Satz 2 schreibt den arbeitsschutzrechtlichen Grundsatz der
Primärprävention fest, und verpflichtet den Arbeitgeber, alle
sachbezogenen Maßnahmen des technischen und organisato-
rischen Arbeitsschutzes in seinem Betrieb – generell wie in-
dividuell – voll auszuschöpfen. Das heißt objektive Arbeits-
platzschutzmaßnahmen haben immer Vorrang. Erst wenn es
nach Vornahme aller objektiven Arbeitsschutzmaßnahmen
zum Schutze einzelner Beschäftigter noch auf die Feststel-
lung individueller Risikofaktoren ankommt, können auf die-
ser Grundlage genetische Untersuchungen im Rahmen von
arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen zulässig sein.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 47 – Drucksache 16/3233

ZuAbsatz 3

Absatz 3 stellt die Zulässigkeit molekulargenetischer und
zytogenetischer Untersuchungen unter Rechtsvorbehalt. In
der arbeitsmedizinischen Wissenschaft zeichnen sich bisher
noch keine konkreten Anwendungsfelder für unmittelbar
DNA/RNA- oder chromosomenbezogene Untersuchungs-
methoden ab. Die Vorschrift überträgt deshalb unter Festle-
gung der unabdingbar notwendigen rechtlichen Rahmenbe-
dingungen die Bezeichnung der konkreten zukünftig in Be-
tracht kommenden Untersuchungsanlässe auch mit Blick auf
die Berücksichtigung bestimmter Sachgebietsspezifika (z. B.
im Bereich der Gefahr- oder der Biostoffe) auf die Ebene ei-
ner bei Bedarf von der Bundesregierung mit Zustimmung des
Bundesrates zu erlassenden Rechtsverordnung. Dies ermög-
licht entsprechend dem Fortschritt der medizinischen Wis-
senschaft eine schrittweise rechtsetzende Vorgehensweise.

ZuNummer 1

Absatz 3 Nr. 1 knüpft die Durchführung genetische Untersu-
chungen auf der DNA/RNA-Ebene und auf der Ebene des
Chromosoms an die Voraussetzung, dass die Untersuchung
ausschließlich dem Ziel dient, genetische Eigenschaften zu
ermitteln, die unmittelbar arbeitsplatzrelevante Informatio-
nen über individuell bestehende Krankheiten oder über ein
entsprechendes individuelles Gesundheitsrisiko bei Beschäf-
tigung an einem bestimmten gesundheitsgefährdenden Ar-
beitsplatz erwarten lassen.

Zu den Nummern 2 und 3

Absatz 3, Nr. 2 und 3 sind Ausdruck des Übermaßverbots und
stellen den notwendigen rechtlichen Zusammenhang zwi-
schen dem individuellen Präventionsinteresse und anderen
berechtigten Belangen des Beschäftigtenschutzes her. Da-
nach muss das Präventionsinteresse durch den Einsatz einer
molekulargenetischen oder zytogenetischen Untersuchung
in einem angemessenen Verhältnis zur Eintrittswahrschein-
lichkeit einer Erkrankung bei Beschäftigung an einem be-
stimmten Arbeitsplatz und zur Schwere der dadurch drohen-
den Gesundheitsschädigung stehen.

ZuNummer 4

Mit der Bestimmung wird ein Auswahlmaßstab bei mehreren
zur Ermittlung einer genetischen Eigenschaft zur Verfügung
stehenden und in gleicher Weise geeigneten genetischen Un-
tersuchungsmethoden gesetzlich festgeschrieben. Danach
kann eine DNA/RNA- oder Chromosomengestützte gene-
tische Untersuchung nur dann in Betracht kommen, wenn sie
gegenüber herkömmlichen Untersuchungsmethoden die Ge-
sundheit des Beschäftigten in geringerem Maße beeinträch-
tigt.

Auch bei den genetischen Untersuchungen, die nach Maß-
gabe einer künftig zu erlassenden Rechtsverordnung zulässig
sind, gelten im Übrigen die gleichen Bestimmungen, wie für
proteinchemische genetische Untersuchungen. Insbesondere
wird auch hier durch § 25 Abs. 1 verdeutlicht, dass die
Teilnahme an der Untersuchung strikt freiwillig ist und die
Ablehnung einer Untersuchung auch nicht z. B. zu einer
Nicht-Einstellung führen darf.

ZuAbsatz 4

Die Vorschrift dient insbesondere der Klarstellung, dass für
genetische Untersuchungen, die im Rahmen arbeitsmedizini-
scher Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt werden, die Re-
gelungen über genetische Untersuchungen zu medizinischen
Zwecken Anwendung finden.

Zu § 25 (Benachteiligungsverbot)

Die Vorschrift ergänzt das allgemeine Diskriminierungsver-
bot des § 4 für das Arbeitsleben.

ZuAbsatz 1

Absatz 1 enthält ein absolutes Benachteiligungsverbot. Ar-
beitgeber dürfen Beschäftigte nicht wegen ihrer genetischen
Eigenschaften oder wegen der Eigenschaften anderer Perso-
nen (z. B. Eltern) bei Vereinbarungen oder Maßnahmen im
Beschäftigungsverhältnis wie Einstellung und Beförderung
benachteiligen. Das gilt unabhängig davon, ob dem Arbeit-
geber die genetischen Eigenschaften mit Einwilligung der
Beschäftigten bekannt geworden sind. Das Benachteili-
gungsverbot schützt Beschäftigte außerdem, wenn sie es ab-
lehnen, auf Veranlassung des Arbeitgebers an einer geneti-
schen Untersuchung oder genetischen Analyse teilzuneh-
men. Schließlich darf der Arbeitgeber Beschäftigte auch
dann nicht benachteiligen, wenn sie sich weigern, die Ergeb-
nisse bereits durchgeführter genetischer Untersuchungen
und Analysen zu offenbaren. Das Benachteiligungsverbot er-
gänzt die Regelungen der §§ 23 und 24 und schützt damit die
Freiheit der Beschäftigten, sich für oder gegen die Vornahme
einer genetischen Untersuchung zu entscheiden.

Zu den Absätzen 2 bis 6

Verstößt der Arbeitgeber gegen die ihm nach Absatz 1 oblie-
genden Pflichten, so hat er den Betroffenen eine angemesse-
ne Entschädigung zu leisten. Die Regelungen wurden dabei
an diejenigen angelehnt, die die rot-grüne Koalition der letz-
ten Legislaturperiode für den Bereich des ADG vorgeschla-
gen hatte und die BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in dieser
Legislatur erneut eingebracht haben (vgl. Bundestagsdruck-
sache 16/297). Die dort gewählte Formulierung orientierte
sich an dem inzwischen aufgehobenen § 611a BGB.

Zu § 25a (Anwendungsbereich des Abschnittes 6)

Die Vorschrift nimmt diagnostische Untersuchungen auf der
Ebene des Phänotyps von der Anwendung der Vorschriften
über genetische Untersuchungen im Arbeitsleben aus. Denn
für den Bereich des Arbeitslebens enthält der Entwurf stren-
ge Verbote für genetische Untersuchungen. Gerade diese äu-
ßerst strikten Regelungen sind der Grund dafür, dass die Vor-
schriften des sechsten Abschnitts nicht auf diagnostische
phänotypische Untersuchungen anzuwenden sind. Denn für
diese ist es bereits seit langem anerkannt, dass die Arbeit-
geberIn im Rahmen ihres objektiv berechtigten und schutz-
würdigen Interesses, die aktuelle Eignung der Beschäftigten
für den zu besetzenden Arbeitsplatz oder die zu leistende Ar-
beit festzustellen (BAG vom 7. Juni 1984 – 2 AZR 270/83 –
NZA 1984, 57), auch Untersuchungen auf der Ebene des
Phänotyps verlangen kann. Dazu zählen beispielsweise Un-
tersuchungen zur Feststellung einer Rot-Grün-Farbblindheit
oder Farbschwäche mit Hilfe des Farbtafeltests nach Ishiha-

Drucksache 16/3233 – 48 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

ra, die z. B. notwendig sind, um im Einstellungsverfahren die
körperliche Eignung des Bewerbers für die Tätigkeit eines
Elektrikers oder Berufskraftfahrers festzustellen. Die Be-
schränkung des Anwendungsbereiches erfasst dabei nicht
prädiktive Untersuchungen (§ 3 Abs. 1 Nr. 5b), da diese nach
ihrer Definition nicht zur Feststellung der aktuellen Eignung
dienen können und damit bereits jetzt nach der Rechtspre-
chung des BAG unzulässig sind. Siehe zur Erläuterung ferner
die Begründung zum sechsten Abschnitt (Allgemeines).

Zum Siebten Abschnitt (Genetische Untersuchun-
gen zu Zwecken wissen-
schaftlicher Forschung)

Zu § 26 (Einwilligung)

§ 26 regelt den Grundsatz, dass genetische Untersuchungen
oder Analysen zu Forschungszwecken nur mit einer wirksa-
men Einwilligung der betroffenen Person oder ausnahms-
weise in eng umgrenzten Fällen dann durchgeführt werden
dürfen, wenn die Voraussetzungen einer gesetzlichen Er-
mächtigung vorliegen. Er umfasst Regelungen zur Gewin-
nung und Untersuchung einer genetischen Probe, aber auch
die bloße Analyse einer genetischen Probe, die weitere Ver-
wendung genetischer Proben sowie die Erhebung und Ver-
wendung (d. h. Verarbeitung, Speicherung oder sonstige
Nutzung) genetischer Daten.

ZuAbsatz 1

Genetische Untersuchungen oder Analysen mit personenbe-
zogenen genetischen Proben und Daten dürfen grundsätzlich
nur mit Einwilligung der betroffenen Person durchgeführt
werden. Für die Gewinnung der genetischen Probe, für die in
der Regel ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der
betroffenen Person erforderlich ist, ergibt sich dies bereits
aus dem allgemeinen Arztrecht. Im Rahmen der Einwilli-
gung entscheidet die betroffene Person, ob und in welchem
Umfang ihre genetische Probe und die personenbezogenen
genetischen Daten für Zwecke wissenschaftlicher Forschung
gewonnen, verwendet und aufbewahrt werden dürfen. Die
Ausgestaltung dieser Varianten, z. B. ob an vorhandenen
genetischen Proben geforscht werden soll oder diese erst
gewonnen werden müssen, richtet sich nach der Art der vor-
gesehenen Untersuchung oder Analyse.

Voraussetzung einer wirksamen Einwilligung ist eine Aufklä-
rung der betroffenen Person gemäß § 27. Die wirksame Ein-
willigung ist – abgesehen von den Fällen des § 26 Abs. 4 –
Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit eines mit der For-
schungsmaßnahme verbundenen Eingriffs in die geschützten
Rechtsgüter der betroffenen Person, wie seine körperliche
Unversehrtheit und sein Persönlichkeitsrecht.

Die Einwilligung kann für konkrete Forschungsvorhaben,
Forschungszwecke oder Forschungsbereiche oder allgemein
zu Zwecken wissenschaftlicher Forschung erteilt werden.
Der betroffenen Person steht es frei, über den Umgang mit
den von ihr erhobenen personenbezogenen genetischen Pro-
ben und Daten einschließlich ihrer Aufbewahrung zu Zwe-
cken wissenschaftlicher Forschung selbst zu bestimmen. So
kann sie z. B. in die Verwendung der genetischen Proben und
Daten für einen konkret bestimmten Forschungszweck ein-

willigen und jegliche weitere Verwendung ihrer personenbe-
zogenen genetischen Proben und Daten untersagen. Auf wel-
che Art und Weise ein Forscher die von ihm geplanten For-
schungsarbeiten durchführt, obliegt unter Einhaltung der ge-
setzlichen Verfahren und Bestimmungen zunächst seiner
freien Entscheidung. Es steht dem Forscher daher frei, ob er
den Forschungszweck im Rahmen eines oder mehrerer For-
schungsvorhaben durchführt, solange er sich im Rahmen des
Forschungszwecks bewegt. Maßgeblich für die Einwilligung
der betroffenen Person ist in diesen Fällen der konkrete For-
schungszweck.

Die betroffene Person kann darüber hinaus ihre Einwilligung
aber auch in die Verwendung für einen oder mehrere
bestimmte Forschungsbereiche (z. B. „Krebsforschung“,
„medizinische Forschung“, „biomedizinische Forschung“
oder „Umweltforschung“) erteilen. Die Einwilligung in be-
stimmte Forschungsbereiche umfasst dann auch die entspre-
chende Grundlagenforschung im jeweiligen Bereich. Da-
rüber hinaus kann die betroffene Person ihre Einwilligung
auch allgemein zu Forschungszwecken erteilen. Über ent-
sprechende Optionen ist sie aufzuklären.

Die Möglichkeit einer Einwilligung in einen allgemein for-
mulierten Verwendungszweck stellt eine Ausgestaltung des
freien Selbstbestimmungsrechts der betroffenen Person dar.
Sie trägt zudem dem Bedürfnis wissenschaftlicher For-
schung Rechnung, dass eine konkrete Verwendung nicht im-
mer vorhersagbar ist, da sich neue Fragestellungen häufig
erst im Laufe der Forschungsarbeiten oder aber der weiteren
wissenschaftlichen Entwicklung ergeben. So basieren Bio-
banken z. B. auf dem Grundsatz, dass die Proben für ver-
schiedene, zum Zeitpunkt der Einrichtung der Biobank noch
nicht bestimmbare Forschungsprojekte verwendet werden
können. Zudem liegt es im Wesen von Grundlagenforschung,
dass konkrete Ergebnisse oder die Bedeutung dieser Ergeb-
nisse für bestimmte Forschungsbereiche vorab nicht ab-
schließend eingeschätzt werden können. Zumal die human-
genetische Forschung ist ein dynamisches und sich rasch
entwickelndes Gebiet, deren Implikationen für die wissen-
schaftliche Entwicklung auch in anderen Wissenschafts-
bereichen noch nicht abschließend vorhersagbar ist. So ist
humangenetische Forschung aufgrund ihrer Ausrichtung
auch auf die Erforschung von Gen-Umwelt-Interaktionen
z. B. auch für die Erforschung von Umwelteinflüssen oder
für die Sozial- und Verhaltenswissenschaften relevant, aber
auch für die Erforschung nicht krankheitsspezifischer Frage-
stellungen wie z. B. der biologischen Grundlagen komplexer
kognitiver Eigenschaften (Sprache, Intelligenz etc.).

Die Entscheidungen und die Einwilligung der betroffenen
Person sind von der Forscherin bzw. dem Forscher zu doku-
mentieren.

ZuAbsatz 2

Absatz 2 regelt die formalen Anforderungen an die Einwilli-
gungserklärung. Sie bedarf grundsätzlich der Schriftform,
entsprechend den allgemeinen datenschutzrechtlichen
Grundsätzen kann von der Schriftform abgewichen werden,
wenn durch sie der Forschungszweck erheblich beeinträch-
tigt würde. Dies ist vom verantwortlichen Forscher zu doku-
mentieren.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 49 – Drucksache 16/3233

ZuAbsatz 3

Die betroffene Person hat jederzeit das Recht, ihre Einwilli-
gung zu widerrufen. Der Widerruf bewirkt ein Verwertungs-
verbot personenbezogener genetischer Proben und Daten für
die Zukunft. Die betroffene Person kann als Folge des Wider-
rufs statt einer Vernichtung bzw. Löschung der Proben und
Daten auch in ihre Weiterverwendung in anonymisierter
Form einwilligen.

ZuAbsatz 4

Ist die Einholung einer Einwilligung im Einzelfall nicht oder
nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich, so können
eine bereits vorliegende personenbezogene genetische Probe
unter strengen Voraussetzungen auch ohne Einwilligung zu
Forschungszwecken verwendet werden. Diese Regelung ent-
spricht den Forschungsklauseln des Bundesdatenschutzge-
setzes, die ebenfalls für besondere Arten personenbezogener
Daten, z. B. für Gesundheitsdaten, die Erhebung und Ver-
wendung für Forschungszwecke aufgrund gesetzlicher Er-
mächtigung nach entsprechender Interessenabwägung vorse-
hen (vgl. § 13 Abs. 2 Nr. 8, § 28 Abs. 6 Nr. 4 des Bundesda-
tenschutzgesetzes – BDSG). Anders als nach allgemeinem
Datenschutzrecht stehen aber bei genetischen Untersuchun-
gen die Datenverwendung aufgrund einer Einwilligung und
aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung nicht gleichbe-
rechtigt nebeneinander. Vielmehr greift die gesetzliche Er-
mächtigung in Fällen genetischer Untersuchungen zu For-
schungszwecken nur, wenn die Einwilligung nicht oder nur
mit unverhältnismäßigem Aufwand eingeholt werden kann.
Die Vorschrift gilt darüber hinaus nicht für die Gewinnung
einer genetischen Probe.

Durch die strengen Voraussetzungen wird der Ausnahmecha-
rakter dieser Vorschrift deutlich. Die Verwendung der perso-
nenbezogenen genetischen Proben und Daten ist danach nur
in anonymisierter Form zulässig und sie muss für die Durch-
führung der Forschung erforderlich sein. Der Begriff der
„Verwendung“ umfasst hierbei sowohl die Untersuchung,
Analyse oder Verarbeitung der Daten, nicht hingegen die Er-
hebung. Darüber hinaus ist Voraussetzung, dass eine Interes-
senabwägung zu dem Ergebnis kommt, dass das wissen-
schaftliche Interesse an der Durchführung des Forschungs-
vorhabens die Schutzinteressen des Betroffenen erheblich
überwiegt. Die Anwendung dieser gesetzlichen Ermächti-
gung setzt zudem stets einen bestimmten Forschungszweck
voraus, da nur dann eine konkrete Interessenabwägung statt-
finden kann. Die gesetzliche Ermächtigung kann zudem
nicht dazu dienen, eine auf direkte Nachfrage nicht erteilte
Einwilligung zu unterlaufen. Sie dient vielmehr den Fällen,
in denen keine explizite Aussage des Betroffenen zu dem im
Nachhinein eingetretenen Sachverhalt vorliegt, z. B. weil
sich die Sachlage seit dem Zeitpunkt einer früher erteilten
Einwilligung zwischenzeitlich wesentlich geändert hat und
ein erneutes Ersuchen um eine Einwilligung bei dem Betrof-
fenen nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand
möglich ist.

Ob die einzelnen Voraussetzungen vorliegen, wird letztlich
von den Umständen des Einzelfalls abhängen und unterliegt
der Bewertung der Ethik-Kommission nach § 29. Darüber
hinaus unterliegt die Anwendung der Vorschrift der Kontrol-
le durch den Datenschutzbeauftragten der jeweiligen Ein-

richtung nach allgemeinem Datenschutzrecht und ist letztlich
gerichtlich überprüfbar. Die Auslegung dieser Voraussetzun-
gen muss anhand objektiver Kriterien erfolgen. Ein Beurtei-
lungsspielraum wird nicht eingeräumt. Dass ein Forscher den
Aufwand subjektiv als unverhältnismäßig empfindet, genügt
nicht.

Die Ausnahmevorschrift gilt selbstverständlich dann nicht,
wenn die oder der Einwilligende dies, in welcher Form auch
immer, abgelehnt hat oder wenn ein Fall des § 33 gegeben ist.

Für den Anwendungsbereich des § 26 Abs. 4 kommen Fälle
in Betracht, in denen die Erteilung der Einwilligung objektiv
nicht (mehr) möglich ist, z. B. weil die betroffene Person in-
zwischen verstorben ist, oder die Einholung der Einwilligung
zwar theoretisch möglich, jedoch faktisch mit einem unver-
hältnismäßigem Aufwand verbunden wäre, z. B. weil die be-
troffene Person unbekannt ins Ausland verzogen ist. Grund-
sätzlich muss zunächst geprüft werden, ob zu der betroffenen
Person Kontakt aufgenommen werden kann.

In der Sache kann die Einbeziehung der ursprünglich perso-
nenbezogenen genetischen Proben und Daten im Rahmen
des § 26 Abs. 4 erforderlich sein, wenn beispielsweise Mate-
rial, das zur Untersuchung einer Genvariation verwendet
wurde, unverzichtbares Vergleichsmaterial für die Untersu-
chung einer neuen Genvariation ist, die unter Umständen erst
später entdeckt wurde. Auch zur Untersuchung der Krank-
heitssystematik im Rahmen der Ursachen- und Therapiefor-
schung kann bei zahlreichen Krankheiten, bei denen dieselbe
Genmutation für verschiedene Krankheiten relevant sein
kann, der Rückgriff auf vorhandenes Material unverzichtbar
sein. Beispiel hierfür kann die Untersuchung des so genann-
ten metabolischen Syndroms sein, das mit Diabetes mellitus,
Übergewicht und Bluthochdruck verbunden ist. Material, das
z. B. unter dem Aspekt der Untersuchung von Übergewicht
gewonnen wurde, kann durch neue Erkenntnisse so Bedeu-
tung für weitere Aspekte des metabolischen Syndroms, z. B.
Diabetes mellitus, gewinnen.

ZuAbsatz 5

Sind genetische Proben und Daten bereits anonymisiert, wird
durch die genetische Untersuchung das Selbstbestimmungs-
recht der Personen, von denen die Proben und Daten
ursprünglich stammen, nicht mehr berührt, weil eine
(Re)Identifizierung nach § 28 Abs. 1 Satz 4 ausgeschlossen
ist. Genetische Proben und Daten können den Personen somit
nicht mehr zugeordnet werden. Aus diesem Grund besteht
kein besonderes Schutzbedürfnis der betroffenen Person
mehr, das Sonderregelungen erforderlich machen würde. Bis
zum Zeitpunkt der Anonymisierung finden die im Gen-
diagnostikgesetz vorgesehenen Regelungen Anwendung.
Deshalb bezieht sich die Einwilligung auch auf die Ano-
nymisierung zunächst personenbezogen vorliegender gene-
tischer Proben und Daten zu Zwecken wissenschaftlicher
Forschung.

Zu § 27 (Aufklärung)

ZuAbsatz 1

Die sorgfältige Aufklärung der betroffenen Person ist Grund-
voraussetzung für die Ausübung des Selbstbestimmungs-
rechts und einer wirksamen Einwilligung der betroffenen

Drucksache 16/3233 – 50 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Person. Dies schließt nicht aus, dass die betroffene Person im
Einzelfall auf die Aufklärung oder Teile davon verzichten
kann; auch dies ist Ausprägung des Selbstbestimmungs-
rechts der Person und entspricht dem allgemeinen Arztrecht
bei Aufklärung vor Einwilligung in die medizinische Be-
handlung. Die Aufklärung erfolgt in allgemein verständ-
licher Form, sie sollte in der Regel schriftlich und mündlich
erfolgen. Hier wird es indes auf die Umstände des Einzelfalls
ankommen. Die Aufklärung soll die betroffene Person in die
Lage versetzen, sich der Tragweite ihrer Einwilligung be-
wusst zu werden. Dies gilt in besonderem Maße dann, wenn
die Einwilligung nicht auf bestimmte Forschungszwecke be-
grenzt wird.

Je nach der Gegebenheit des Einzelfalls erfolgt die Aufklä-
rung durch den verantwortlichen Forscher/die verantwort-
liche Forscherin, eine entsprechend beauftragte Person oder
durch den behandelnden Arzt/die behandelnde Ärztin. Da-
rüber hinaus muss in denjenigen Fällen, in denen von vorn-
herein aufgrund des Forschungsplans absehbar ist, dass im
Rahmen der Forschungsarbeiten Erkenntnisse zu erwarten
sind, die für die Gesundheit der betroffenen Personen
wesentlich sind, die Aufklärung zum Schutz der betroffenen
Person unter Einbeziehung ärztlichen Sachverstands erfol-
gen. Dies wird sich nach den Umständen des Einzelfalls der
geplanten Forschungsarbeiten richten; im Zweifel wird die
Einbeziehung eines Arztes geboten sein.

ZuAbsatz 2

Umfang und Detaillierungsgrad der Aufklärung richten sich
nach den Gegebenheiten des Einzelfalls und basieren auf
dem zum Zeitpunkt der Aufklärung bestehenden Planungs-
und Erkenntnisstand.

ZuNummer 1

Aufzuklären ist über gesundheitliche Risiken, und zwar so-
wohl im Hinblick auf die geplante genetische Untersuchung
oder Analyse als auch auf eine etwaige erforderliche Gewin-
nung einer genetischen Probe.

ZuNummer 2

Ferner ist aufzuklären über die Ziele der Forschung und die
vorgesehene Aufbewahrung der personenbezogenen gene-
tischen Probe und der genetischen Daten. Der Umfang und
Detaillierungsgrad der Aufklärung hinsichtlich der For-
schungsziele hängt davon ab, wie konkret die Zielsetzung
sich bereits bestimmen lässt, wird also im Bereich der Grund-
lagenforschung geringer sein als bei konkreter anwendungs-
bezogener Forschung.

ZuNummer 3

Auch über den verantwortlichen Forschungsträger, die Her-
kunft der Mittel zur Finanzierung der Forschungsarbeiten
und die vorgesehenen Kooperationspartner hat die verant-
wortliche Forscherin oder der verantwortliche Forscher oder
die von diesen beauftragte Person aufzuklären.

ZuNummer 4

Neben der Aufklärung über die vorgesehenen Kooperations-
partner ist auch über die mögliche Weitergabe personenbezo-
gener genetischer Proben und Daten an Dritte zu Zwecken

wissenschaftlicher Forschung aufzuklären, wie sie in § 28a
geregelt ist.

ZuNummer 5

Zudem ist über die für die betroffene Person wichtigen
Fragen der zur Sicherung des Schutzes personenbezogener
genetischer Proben und Daten vorgesehenen Maßnahmen
aufzuklären.

ZuNummer 6

Ferner umfasst die Aufklärung das in § 26 Abs. 3 normierte
Recht der betroffenen Person, die Einwilligung zu widerru-
fen, den Umstand, dass ihr durch eine Verweigerung der Ein-
willigung oder einen Widerruf keine Nachteile, insbesondere
nicht für eine medizinische Behandlung, entstehen sowie den
Umstand, dass nach einer Anonymisierung der genetischen
Proben und Daten ein Widerruf ausgeschlossen ist.

ZuNummer 7

Die betroffene Person ist auch darüber aufzuklären, dass sie
entsprechend der Regelung des § 30 das Recht hat, Auskunft
über die Erkenntnisse der Forschungsarbeiten zu bekommen,
die Ergebnisse nicht mitgeteilt zu bekommen oder nur be-
stimmte Ergebnisse mitgeteilt zu bekommen. Die betroffene
Person ist zudem darauf hinzuweisen, dass nach einer Ano-
nymisierung der genetischen Proben und Daten eine Aus-
kunft nach § 30 ausgeschlossen ist.

ZuNummer 8

Vom Aufklärungsinhalt mit umfasst ist das Recht der betrof-
fenen Person, Auskunft nach Maßgabe der datenschutzrecht-
lichen Vorschriften zu verlangen, sowie der Hinweis darauf,
dass nach einer Anonymisierung der genetischen Proben und
Daten eine solche Auskunftserteilung ausgeschlossen ist.

ZuNummer 9

Auch über eine vorgesehene Veröffentlichung der For-
schungsergebnisse unter Verwendung personenbezogener
Daten hat die Forscherin oder der Forscher oder die von die-
sen beauftragte Person die betroffene Person aufzuklären.

ZuNummer 10

Die Aufklärung umfasst zudem eine vorgesehene kommer-
zielle Verwertung von unter Verwendung der personenbezo-
genen genetischen Proben und Daten erzielten Forschungs-
ergebnissen.

ZuNummer 11

Erforderlich ist schließlich ein Hinweis auf das Ergebnis der
nach § 29 erforderlichen Bewertung durch eine Ethik-Kom-
mission. Dies dient der Transparenz gegenüber der betroffe-
nen Person im Hinblick darauf, ob die Ethik-Kommission das
Projekt befürwortet oder abgelehnt oder Änderungen vorge-
schlagen hat.

ZuAbsatz 3

Der Aufklärung der betroffenen Person kommt eine besonde-
re Bedeutung zu, wenn die Einwilligung nicht auf bestimmte
Forschungsvorhaben oder Forschungszwecke begrenzt wird.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 51 – Drucksache 16/3233

In diesen Fällen trägt die aufklärende Person eine besondere
Verantwortung, um der betroffenen Person die Tragweite ih-
rer Entscheidung deutlich bewusst zu machen. Die betroffene
Person kann die Reichweite ihrer Einwilligung frei bestim-
men. So hat sie zwischen bestehenden Möglichkeiten einer
unterschiedlich weit gefassten Einwilligung (z. B. ganz
konkretes Brustkrebsforschungsvorhaben – Brustkrebsfor-
schung – Krebsforschung – medizinische Forschung – allge-
meine Forschung) ein Wahlrecht. Um der betroffenen Person
in diesen Fällen die Tragweite ihrer Entscheidung bewusst zu
machen, sind in Betracht kommende Forschungszwecke und
Forschungsbereiche beispielhaft aufzuführen.

ZuAbsatz 4

Ebenso wie die Entscheidungen im Rahmen der Einwilli-
gung ist auch die Aufklärung der betroffenen Person von der
Forscherin bzw. dem Forscher zu dokumentieren.

Zu § 28 (Anonymisierung und Pseudonymisierung)

§ 28 normiert Anonymisierungs- und Pseudonymisierungs-
pflichten und trägt so dem Schutz der genetischen Proben
und Daten der Betroffenen Rechnung. Die schutzwürdigen
Interessen der Betroffenen werden insbesondere durch die in
Absatz 1 und Absatz 2 Satz 2 und 3 vorgeschriebenen Siche-
rungen gewahrt.

ZuAbsatz 1

Personenbezogene genetische Proben und Daten sind zum
Schutz der Betroffenen so bald wie möglich zu anonymisie-
ren, soweit dies nach dem Forschungszweck möglich ist. So-
lange eine Anonymisierung noch nicht möglich ist, sind die
Merkmale, mit denen Einzelangaben über persönliche und
sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren
Person zugeordnet werden können, gesondert zu speichern,
um nicht einen direkten Schluss auf die betroffene Person zu
ermöglichen. Die Merkmale dürfen mit Einzelangaben nur
zusammengeführt werden, wenn der Forschungszweck dies
erfordert. Um den durch die Anonymisierung gewährten
Schutz im Sinne der betroffenen Person nachhaltig zu ge-
währleisten, ist eine spätere Abgleichung bereits anonymi-
sierter genetischer Proben und Daten mit etwaigem in ande-
rem Zusammenhang gewonnenem personenbezogenem Re-
ferenzmaterial mit dem Ziel einer Re-Identifizierung grund-
sätzlich unzulässig, es sei denn, die betroffene Person
gestattet eine solche Re-Identifizierung.

ZuAbsatz 2

Sofern eine Anonymisierung der personenbezogenen geneti-
schen Daten nach dem Forschungszweck nicht möglich ist,
sind die Daten so bald wie möglich zu pseudonymisieren, so-
weit dies nach dem Forschungszweck möglich ist. Ist z. B.
aufgrund einer Einwilligung in die Verwendung zu bestimm-
ten Forschungsbereichen oder allgemein zu Forschungszwe-
cken nicht ausgeschlossen, dass für eine künftige Verwen-
dung im Rahmen einer solchen Einwilligung z. B. wegen
einer notwendigen Rückkoppelung an die Betroffenen oder
aus sonstigen Gründen eine Personenbeziehbarkeit erforder-
lich ist, so wird in der Regel nur eine Pseudonymisierung
möglich sein. Im Rahmen von Arzneimittelzulassungsstu-
dien wird in der Regel eine Anonymisierung nicht möglich
sein. Dies betrifft insbesondere auf die Phasen II und III zu,

da diese Studien in den meisten Fällen in eine Behandlung
eingebettet sind.

Die Verpflichtung zur getrennten Speicherung der Merkmale
von den Einzelangaben besteht dann bis zur Vernichtung der
genetischen Proben und der Löschung der genetischen Da-
ten. Eine Zusammenführung der Merkmale mit den Einzel-
angaben darf nur erfolgen, wenn der Forschungszweck dies
erfordert.

Die Pseudonymsierung hat nach dem jeweiligen Stand der
Wissenschaft und Technik zu erfolgen. Auf welche Weise die
Forscher im Einzelfall ihrer Verpflichtung zur Pseudonymi-
sierung nachkommen, hängt von den Umständen des Einzel-
falls ab. In der Praxis werden verschiedene Methoden zur
Pseudonymisierung angewandt. So wird in sehr umfangrei-
chen Forschungsvorhaben teilweise mit einem externen Da-
tentreuhänder gearbeitet, der die Pseudonyme generiert und
bei dem allein eine Zusammenführung mit den personen-
bezogenen Merkmalen erfolgen kann. Dies wird teilweise
durch eine weitere funktionale Aufgabenteilung ergänzt. Auf
eine gesetzliche Vorgabe eines einheitlichen Modells für
jegliche Forschungsarbeiten wurde jedoch verzichtet, um die
notwendige Flexibilität in der Art und Weise, wie die Pseudo-
nymisierung sichergestellt wird, zu wahren. Eine Überprü-
fung der datenschutzrechtlichen Anforderungen des § 28
Abs. 1 und 2 erfolgt im Übrigen durch die Ethik-Kommissio-
nen nach § 29 sowie gemäß allgemeinem Datenschutzrecht
durch die Datenschutzbeauftragten der jeweiligen For-
schungseinrichtung.

ZuAbsatz 3

Um das Gesetz von Detailfragen hinsichtlich der Ausgestal-
tung dieser Verfahren zu entlasten, wird die Bundesregierung
beauftragt, ein solches Verfahren durch Rechtsverordnung zu
erlassen. Auf diese Weise ist ein bundesweit einheitliches
Verfahren gewährleistet.

Zu § 28a (Übermittlung personenbezogener genetischer
Proben und Daten an Dritte)

Die Übermittlung personenbezogener genetischer Proben
und Daten zu Zwecken wissenschaftlicher Forschung ist nur
mit Einwilligung der betroffenen Person möglich. Da auch
die Übermittlung eine Verwendung der Proben und Daten im
Sinne von § 26 Abs. 4 darstellt, unterliegt die Übermittlung
auch den Anforderungen des § 26. Zudem werden zum
Schutz der Rechte der betroffenen Person bestimmte Verfah-
renssicherungen etabliert. So darf eine Übermittlung perso-
nenbezogener genetischer Daten grundsätzlich nur zu Zwe-
cken wissenschaftlicher Forschung und nur in pseudonymi-
sierter Form sowie nur im Rahmen der vorliegenden Einwil-
ligung erfolgen. Die Umstände und das Verfahren, unter
denen die Empfängerin oder der Empfänger in Ausnahmefäl-
len eine Re-Identifizierung veranlassen kann, sind im Falle
der Weitergabe genetischer Proben und Daten an Dritte ver-
traglich unter Beachtung der Rechte der betroffenen Person
festzulegen. Ein unmittelbarer Zugriff des Dritten auf die
personenbezogenen Daten ist dabei grundsätzlich ausge-
schlossen. Doch kann z. B. der Forschungszweck eine Rück-
kopplung mit der betroffenen Person erfordern, um ggf. er-
forderliche weitere Informationen einzuholen. Die Kenntnis-
erlangung der personenbezogenen Daten durch den Dritten
wird also nicht schlechthin ausgeschlossen. Es wird aber

Drucksache 16/3233 – 52 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

sichergestellt, dass eine Wiederherstellung des Personenbe-
zugs nur über die übermittelnde Stelle, die die personenbezo-
genen Daten erhoben hat, und nur bei Vorliegen einer dies-
bezüglichen Einwilligung der betroffenen Person veranlasst
wird. Sollen daraufhin bei der betroffenen Person weitere
Daten erhoben werden, bedarf es einer erneuten Aufklärung
vor Einwilligung. Daher ist entsprechend der Regelung in
§ 27 Abs. 1 Satz 2 auch hier die Einbeziehung ärztlichen
Sachverstands erforderlich, wenn im Rahmen der For-
schungsarbeiten für die Gesundheit der betroffenen Person
wesentliche Erkenntnisse zu erwarten sind.

Unter die Vorschrift fallen – bei Vorliegen der entsprechen-
den Voraussetzungen – z. B. Fälle, in denen personenbezoge-
ne genetische Proben und Daten von einem Arzt an einen
Forscher zwecks Verwendung zu Forschungszwecken über-
mittelt werden; ebenso umgekehrt die Übermittlung von
einem Forscher an einen Arzt, z. B. zur Erfüllung des Aus-
kunftsanspruchs nach § 30 in den Fällen, in denen der For-
scher nicht selbst Arzt ist, oder zur weiteren medizinischen
Behandlung. Ebenfalls umfasst ist die Weitergabe personen-
bezogener genetischer Proben und Daten von einem Forscher
an seinen Kooperationspartner im Rahmen eines For-
schungsvorhabens oder zur Durchführung eigener For-
schungsvorhaben des dritten Forschers.

Zu § 29 (Ethik-Kommission)

Jedes Forschungsvorhaben, in dem genetische Untersuchun-
gen oder Analysen zu Forschungszwecken mit genetischen
Proben und Daten durchgeführt werden sollen, ist vorab der
nach Landesrecht zuständigen Ethik-Kommission zur Be-
wertung vorzulegen. Diese Bewertung durch eine unabhän-
gige Ethik-Kommission ist Voraussetzung für den Beginn je-
des solchen Forschungsvorhabens und dient der Sicherung
der schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person. Vor
diesem Hintergrund wird die Pflicht zur Bewertung durch
eine Ethik-Kommission in Ausweitung der bisher geltenden
Regeln nicht nur für die Entnahme des genetischen Materials
zu Forschungszwecken vorgesehen, sondern auch für sämtli-
che Forschungsvorhaben, in denen bereits vorhandene perso-
nenbezogene genetische Proben und genetische Daten (wei-
ter-)verwendet werden sollen oder mit anonymisierten gene-
tischen Proben und Daten geforscht wird.

Die Bewertung der Ethik-Kommission erstreckt sich auch
auf die Beachtung der anwendbaren Rechtsvorschriften, ins-
besondere der Vorschriften zum Schutz personenbezogener
Daten, sowie auf die Voraussetzungen für eine wirksame Ein-
willigung nach § 26 Abs. 1 bzw. die Inanspruchnahme der
gesetzlichen Ermächtigung nach § 26 Abs. 4. Die Kompe-
tenzen der zuständigen Datenschutzbehörde bleiben dabei
unberührt, d. h. die Bewertung der Ethik-Kommission stellt
hinsichtlich der Überprüfung der datenschutzrechtlichen
Vorschriften lediglich eine zusätzliche Überprüfungsinstanz
dar, die der zuständigen Datenschutzbehörde die Arbeit er-
leichtern kann, jedoch nicht deren eigenständige Prüfung
ersetzt.

Die in § 28 Abs. 1 und Abs. 2 vorgesehenen Verpflichtungen
zur Anonymisierung bzw. zur Pseudonymisierung sind wich-
tige Bestandteile der Maßnahmen zum Schutz der Rechte der
betroffenen Person. Im Interesse der betroffenen Person ge-
hört es daher ausdrücklich zu den Aufgaben der Ethik-Kom-
mission, auch die Bewertung, ob und inwieweit das For-

schungsvorhaben mit personenbezogenen, unkodierten Da-
ten durchgeführt werden kann, oder ob die Verwendung
pseudonymisierter oder anonymisierter Daten möglich ist.
Die Entscheidung darüber, ob etwa zur Erreichung des For-
schungsziels genetische Daten verschlüsselt oder anonymi-
siert verarbeitet werden können, lässt sich erst in Kenntnis
des Forschungszwecks beantworten. Sie liegt daher zwar in
der Einschätzungsprärogative des Forschers, unterliegt aber
zugleich der Bewertung durch eine Ethik-Kommission. Bei
der Beurteilung dieser Frage muss die Ethik-Kommission
auch die Möglichkeiten einer künftigen weiteren Verwen-
dung für andere Forschungszwecke aufgrund einer weiter ge-
fassten Einwilligung nach § 26 Abs. 1 berücksichtigen.

Im Hinblick auf die Einwilligung umfasst die Bewertung
z. B. die Frage, ob im Falle einer bereits vorliegenden Ein-
willigung in bestimmte Forschungsbereiche oder allgemein
zu Forschungszwecken das konkrete zu bewertende Vorha-
ben von dieser Einwilligung gedeckt ist.

Im Übrigen richten sich Bildung, Zusammensetzung, Finan-
zierung und Arbeit der Ethik-Kommission, z. B. im Hinblick
auf den Umfang der Bewertung, die beizubringenden Unter-
lagen und die übrigen Verfahrensmodalitäten, nach den für
die jeweilige Ethik-Kommission geltenden Regelungen.

Zu § 30 (Auskunftsanspruch der betroffenen Person und
Informationspflichten)

Ergeben sich bei der Verwendung personenbezogener geneti-
scher Daten aus den Forschungsarbeiten Erkenntnisse, die
für das gesundheitliche Befinden der Betroffenen von Bedeu-
tung sein können, haben diese einen Anspruch darauf, auf
Anfrage über die wesentlichen, auf ihre Gesundheit bezoge-
nen Erkenntnisse informiert zu werden. Eine Auskunft nach
§ 30 kann vor allem in den Fällen von Bedeutung sein, in
denen die Forschungsarbeiten konkrete Erkenntnisse über
Erkrankungen oder Anlageträgerschaften der betroffenen
Person ergeben, die Behandlungs- oder Präventionsmöglich-
keiten eröffnen.

Da es sich es sich bei der Mitteilung von Erkenntnissen aus
Forschungsarbeiten um für die Gesundheit der betroffenen
Person wesentliche, unmittelbar relevante Erkenntnisse han-
delt, muss ihre Mitteilung zum Schutz der betroffenen Person
entweder durch eine Ärztin oder einen Arzt oder unter Einbe-
ziehung ärztlichen Sachverstands erfolgen. Dabei ist das
Recht auf Nichtwissen der betroffenen Person zu beachten.
Über diese Rechte ist die betroffene Person bei Einholung der
Einwilligung aufzuklären. Bei dieser Aufklärung erfolgt
ebenfalls ein Hinweis darauf, dass im Falle der Anonymisie-
rung keine entsprechende Auskunft möglich ist.

Die Einbeziehung ärztlichen Sachverstands ist notwendig, da
im Sinne einer evidenzbasierten Medizin Erkenntnisse aus
Forschungsarbeiten noch unter Vorbehalt stehen. Dies gilt in
besonderer Weise für die zahlreichen multifaktoriell beding-
ten Erkrankungen (z. B. hoher Blutdruck, Diabetes mellitus,
Alzheimersche Krankheit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen
oder Krebs), bei denen die tatsächliche Manifestation der
Krankheit sehr unterschiedlich ausgeprägt ist und auf einem
komplexen Wechselspiel zwischen der Kombination ver-
schiedener Gene, die zu einer bestimmten individuellen
Eigenschaft beitragen, einerseits und Genen und Umweltein-
flüssen andererseits beruht. Nach heutigem Wissensstand ist

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 53 – Drucksache 16/3233

hier in den meisten Fällen der alleinige Nachweis einer statis-
tischen Assoziation von bestimmten Genvarianten mit be-
stimmten Krankheiten noch kein sicherer Hinweis auf eine
tatsächliche ursächliche Beziehung.

Die genetische Forschung ist auf die (unentgeltliche) Zuver-
fügungstellung personenbezogener Daten von Probanden,
die in der Regel von dieser Forschung nicht profitieren, ange-
wiesen. Eine Information der Bevölkerung in allgemeiner
Form sollte daher regelmäßig erfolgen, nicht zuletzt, um die
Akzeptanz dieses Forschungszweiges und seine Transparenz
auch für die nicht-wissenschaftliche Öffentlichkeit zu ver-
bessern.

Zu § 31 (Aufbewahrung und Vernichtung genetischer
Proben, Aufbewahrung und Löschung
genetischer Daten)

ZuAbsatz 1

Es ist eine Aufbewahrungsmöglichkeit von höchstens zehn
Jahren für die genetischen Proben vorgesehen, mit
Ausnahme solcher personenbezogenen Proben, die nach
einem Widerruf der betroffenen Person sofort zu vernichten
sind.

Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist sind personenbezo-
gene genetische Proben zu vernichten. Allerdings besteht im
Interesse der Forschung die Möglichkeit, eine erneute Ein-
willigung zu erlangen und damit die Zehnjahresfrist neu zum
Laufen zu bringen. Gerade die Forschung mit genetischen
Proben und Daten ermöglicht z. B. im Bereich der Krank-
heitsforschung, auch im historischen Kontext, völlig neue
Dimensionen. Mit einer Vernichtung der Proben und Daten
ginge der Menschheit ein wesentlicher Teil ihres genetischen
Erkenntnispotenzials verloren. Zudem ist es erforderlich,
nachträglich eine Verifikation der Forschungsergebnisse an-
hand der Primärdaten vornehmen zu können. Soweit eine
Einwilligung der Person nicht mehr eingeholt werden kann,
da diese z. B. in der Zwischenzeit verstorben ist, sind die Vo-
raussetzungen des § 26 Abs. 4 gegeben. Das Erfordernis der
erneuten Einwilligung bzw. der Prüfung der Voraussetzun-
gen des § 26 Abs. 4 soll gewährleisten, dass die sensiblen Da-
ten nicht ohne wichtigen Grund aufbewahrt werden. Darüber
hinaus wird das Selbstbestimmungsrecht der betroffenen
Person geschützt, da es denkbar ist, dass diese eine einmal er-
teilte Einwilligung mittlerweile bereut, jedoch nicht mehr an
das Bestehen der genetischen Probe denkt. Die Frist beginnt
nur bei erneuter Einwilligung neu zu laufen, nicht hingegen
bei einer Prüfung der Voraussetzungen des § 26 Abs. 4, da im
letzteren Fall die personenbezogenen Proben und Daten zu
anonymisieren sind und als nicht mehr personenbezogene
Proben und Daten nicht mehr dem Anwendungsbereich des
§ 26 unterfallen. Die Interessen der Betroffenen werden
durch die vorgesehenen geeigneten Verfahrensvorschriften
(z. B. getrennte Speicherung und Pseudonymisierung, Rege-
lungen zur Sicherung der Vertraulichkeit etc.) gewahrt.

ZuAbsatz 2

Aus den genannten Gründen gilt Absatz 2 für die Aufbewah-
rung und Löschung personenbezogener genetischer Daten
entsprechend.

Zu § 32 (Veröffentlichung der Forschungsergebnisse)

Eine Veröffentlichung von Forschungsergebnissen ist wichti-
ger Bestandteil der Forschungsarbeiten selbst und ermöglicht
ein transparentes wissenschaftliches Vorgehen, das der Über-
prüfung durch Dritte zugänglich ist. Es gibt daher ein wichti-
ges wissenschaftliches und auch öffentliches Interesse an der
Veröffentlichung der Forschungsergebnisse. Zum Schutz des
Persönlichkeitsrechtes der betroffenen Person ist es jedoch
unabdingbar, dass eine Veröffentlichung personenbezogener
Daten in jedem Fall der vorherigen Einwilligung der betrof-
fenen Person bedarf.

Zu § 33 (Besonders schutzbedürftige Personengruppen)

§ 33 regelt, zusätzlich zu den allgemeinen Vorschriften, be-
sondere Anforderungen an die Zulässigkeit genetischer
Untersuchungen bei besonders schutzwürdigen Personen-
gruppen.

Laut dem Schlussbericht der Enquete-Kommission Ethik
und Recht der modernen Medizin (15/5980) besteht das un-
aufhebbare ethische Grundproblem medizinischer For-
schung an und mit Menschen darin, dass Forschung einer-
seits notwendig und in diesem Sinne auch ethisch geboten ist,
andererseits aber in fast jedem Fall mit Belastungs- und
Schadenspotenzialen für die Patienten oder Probanden ein-
hergeht, ohne ihnen immer einen eigenen Nutzen in Aussicht
stellen zu können. Im besten Fall gewährleistet ein For-
schungsprojekt die große Wahrscheinlichkeit eines Nutzens
für die Beteiligten (eigen- oder selbstnützige Forschung). Oft
sind es jedoch Studien, in denen die Forschungsteilnehmer
nicht selbst profitieren (fremd- und so genannte gruppennüt-
zige Forschung). Letzteres gilt auch für die humangenetische
Forschung. Jedoch können Menschen, die von der betreffen-
den oder einer ähnlichen Krankheit bedroht oder befallen
sind, möglicherweise künftig von solchen Forschungsergeb-
nissen einen Vorteil haben.

Dem Gesetzgeber kommt hier grundsätzlich die Aufgabe zu,
gewissenhaft abgewogene ethische wie rechtliche Schutzkri-
terien zugunsten von besonders schutzbedürftigen Personen-
gruppen zu entwickeln. Die Regeln müssen unter anderem
gewährleisten, dass besonders schutzbedürftige Personen-
gruppen in Studien nicht unvertretbar belastet oder gefährdet
werden. Zur Gruppe besonders schutzbedürftiger Personen-
gruppen in der medizinischen Forschung gehören zum einen
nicht oder nur eingeschränkt einwilligungsfähige Personen
und zum anderen Personen, die sich zu den forschenden Ärz-
ten in starker Abhängigkeit befinden (z. B. aufgrund von
Inhaftierung, Zwangsunterbringung, dauerhafter Hospitali-
sierung).

ZuAbsatz 1

Absatz 1 regelt die Zulässigkeit genetischer Untersuchungen
und Analysen bei nicht einwilligungsfähigen Personen zu
Forschungszwecken. Entsprechend der allgemeinen Rege-
lung des Medizinrechts lässt das Gesetz genetische Unter-
suchungen zu Zwecken sogenannter „eigennütziger“ For-
schung bei nicht einwilligungsfähigen Personen unter den
geltenden engen Voraussetzungen zu.

Drucksache 16/3233 – 54 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

ZuNummer 1

Voraussetzung ist, dass die Forschungsergebnisse der nicht
einwilligungsfähigen Person nützen können. Dies beurteilt
sich zwangsläufig anhand einer prognostischen Wertung.

ZuNummer 2

Zudem darf Forschung von vergleichbarer Wirksamkeit
nicht auch an einwilligungsfähigen Personen möglich sein.
Dies bedeutet, dass die Forschung mit nicht einwilligungs-
fähigen Personen wissenschaftlich die einzige Möglichkeit
sein muss, um den Forschungszweck entsprechend der mit
der Forschung verfolgten wissenschaftlichen Fragestellung
zu erreichen. So kann z. B. nicht darauf verwiesen werden,
dass keine ausreichende Zahl von einwilligungsfähigen Pro-
banden zur Verfügung steht.

ZuNummer 3

Weitere Voraussetzung ist, dass der nicht einwilligungs-
fähigen Person die Untersuchung oder Analyse so weit wie
ihrem Auffassungsvermögen nach möglich verständlich ge-
macht worden ist. Dies kann jedoch nur gelten, wenn ein Ver-
ständlichmachen in irgendeiner Form überhaupt möglich ist.
Weitere Voraussetzung ist, dass die nicht einwilligungsfähige
Person die Vornahme der Untersuchung oder Analyse oder
die Gewinnung der Probe nicht ablehnt. Ein entgegenstehen-
der Wille der nicht einwilligungsfähigen Person ist also zu
beachten. Die Ablehnung kann auch durch nichtsprachliche
Zeichen der Ablehnung, der Furcht oder des Schreckens zum
Ausdruck gebracht werden.

ZuNummer 4

Die Untersuchung oder Analyse darf für die betroffene Per-
son nur mit möglichst wenig Risiken und Belastungen ver-
bunden sein.

ZuNummer 5

Der Vertreter der nicht einwilligungsfähigen Person muss
nach entsprechender Aufklärung in die genetische Untersu-
chung oder Analyse eingewilligt haben. Es gelten die Vertre-
tungsregelungen wie zu § 16 Abs. 1 Nr. 4 ausgeführt. Der
Vertreter nimmt darüber hinaus die Interessen der nicht ein-
willigungsfähigen Person im Rahmen der Aufklärung nach
§ 27 und der Entscheidungen der betroffenen Person nach
§ 26 Abs. 1, § 26 Abs. 3, § 30 und § 32 wahr.

ZuAbsatz 2

Absatz 2 enthält eine spezielle gesetzliche Regelung über ge-
netische Untersuchungen oder Analysen zu Forschungszwe-
cken bei Minderjährigen. Die Regelung geht davon aus, dass
der Grundrechtsschutz nicht einwilligungsfähiger Minder-
jähriger erfordert, in Anlehnung an das allgemeine Medizin-
recht und Kindschaftsrecht die Forschung an diesem Perso-
nenkreis grundsätzlich auf solche Maßnahmen zu beschrän-
ken, die für die betroffene Person mit einem eigenen Nutzen
verbunden sind. Der Entwurf lässt in Abwägung der grund-
legenden Rechtsgüter der betroffenen minderjährigen Perso-
nen mit den Interessen der Forschung und der Allgemeinheit
an einer Weiterentwicklung der medizinischen Behandlungs-
möglichkeiten für Kinder die Möglichkeit gruppennütziger
Forschung in engen Grenzen zu (Absatz 2 Satz 1 Nr. 1) und

erweitert diese (Absatz 2 Satz 2) in definierten Fällen auch
auf gesunde Minderjährige.

Für die Humangenomforschung gelten andere Erfordernisse
als in der Arzneimittelforschung. Hier ist der Vergleich ver-
schiedener Genvarianten und -mutationen erforderlich, ohne
dass dies notwendigerweise bereits mit einer Aussage über
„gesund“ oder „krank“ verbunden ist oder überhaupt gesagt
werden kann, dass es sich bei der untersuchten Variante tat-
sächlich um einen krankheitsrelevanten Unterschied handelt.
Darüber hinaus handelt es sich bei der Genomforschung in
weiten Bereichen noch um Grundlagenforschung ohne kon-
krete therapeutische Anwendungsmöglichkeit. Die Entwick-
lung neuer Arzneimittel für Minderjährige ist in einigen Fäl-
len aber ohne vorausgehende Grundlagenforschung im Be-
reich der Humangenetik nicht möglich.

ZuNummer 1

Die genetische Untersuchung oder Analyse ist nur zulässig,
wenn ihre Ergebnisse dem betroffenen Minderjährigen oder
anderen an derselben Krankheit oder gesundheitlichen Stö-
rung Minderjährigen, die derselben Altersgruppe angehören,
zugutekommen können.

ZuNummer 2

Weitere Voraussetzung ist wie bei den Fällen des Absatzes 1,
dass Forschung an einwilligungsfähigen Erwachsenen nicht
möglich ist.

ZuNummer 3

Ebenso wie bei genetischen Untersuchungen oder Analysen
nach Absatz 1 ist auch insoweit erforderlich, dass der Ein-
griff der minderjährigen Person so weit wie möglich ver-
ständlich gemacht wurde und sie die Gewinnung der geneti-
schen Probe und die genetische Untersuchung oder Analyse
nicht ablehnt und ihr Vertreter nach entsprechender Aufklä-
rung in die genetische Untersuchung oder Analyse eingewil-
ligt hat.

ZuNummer 4

Für die betroffene Person darf die Forschung nur minimale
Risiken oder Belastungen mit sich bringen; insoweit sind die
Anforderungen strenger als nach Absatz 1 Nr. 4. Die For-
schung weist ein minimales Risiko auf, wenn nach Art und
Umfang der Intervention zu erwarten ist, dass sie zu keiner
oder allenfalls zu einer sehr geringfügigen und vorüberge-
henden Beeinträchtigung der Gesundheit der betroffenen
Person führen wird und wenn darüber hinaus keinerlei andere
persönliche Nachteile oder psychische Belastungen aufgrund
der Teilnahme an der Forschung zu erwarten sind. Sie weist
eine minimale Belastung auf, wenn zu erwarten ist, dass die
Unannehmlichkeiten für die betroffene Person allenfalls vor-
übergehend auftreten und sehr geringfügig sein werden. Fol-
gende medizinische Maßnahmen sind als minimal riskant
und belastend einzustufen: Messen, Wiegen, Befragen, Aus-
werten von Speichel-, Urin- und Stuhlproben, Auswerten be-
reits gewonnener Blutproben, zusätzliche Entnahme geringer
Mengen an Blut aus einem bereits vorhandenen Venenzu-
gang, funktionsdiagnostische Untersuchungen wie EEG und
EKG sowie Kapillarblutentnahme (während eine Blutent-
nahme durch Punktion einer peripheren Venen die oben ge-
nannten Voraussetzungen nicht generell erfüllt).

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 55 – Drucksache 16/3233

Zu Satz 2

Für die Erforschung von multifaktoriellen Erkrankungen ist
in engen Grenzen die Einbeziehung von gesunden Minder-
jährigen derselben Altersgruppe möglich. Ein Bereich der
humangenetischen Forschung ist die Untersuchung multifak-
toriell bedingter Erkrankungen wie z. B. Epilepsie, Autis-
mus, Übergewicht, Diabetes mellitus, allergischer Erkran-
kungen wie Asthma, Neurodermitis oder chronisch entzünd-
licher Darmerkrankungen. Diese Krankheiten kommen mit
einer Häufigkeit im Prozentbereich bei Kindern vor und kön-
nen auch im Erwachsenenalter gesundheitliche Auswirkun-
gen haben. Den genannten Krankheiten können auch geneti-
sche Dispositionen zugrunde liegen. Menschen, die diese ge-
netische Disposition tragen, können auf bestimmte Umwelt-
einflüsse oder sonstige Einflüsse anders reagieren als
Menschen, die diese Disposition nicht tragen. Bisher sind die
Wechselwirkungen zwischen genetischer Disposition und
Umweltwirkung noch weitgehend unbekannt, zumal die ge-
netische Disposition wiederum aus einer Kombination meh-
rerer Genvarianten bzw. Genotypen bestehen kann. Die
Kenntnis der relevanten Gene bzw. Genvarianten kann in
einigen Fällen von Bedeutung sein, weil die entsprechenden
Genprodukte Ansatzpunkte für neue Therapien sein können.
Um diese Gene bzw. Genvarianten aber identifizieren zu
können, müssen im Rahmen der genetischen Erforschung
multifaktoriell bedingter Erkrankungen die Genmuster von
Patienten mit Genmustern der Allgemeinbevölkerung ver-
glichen werden. Da sich Gene in der Regel im Laufe des
Lebens nicht verändern, kann diese Forschung von multi-
faktoriell bedingten Erkrankungen in der Regel mit einwilli-
gungsfähigen erwachsenden Patienten durchgeführt werden
oder mit bereits vorhandenen Proben von betroffenen Kin-
dern. In Ausnahmefällen jedoch ist es notwendig, dass auch
Genmuster zwischen erkrankten und gesunden Geschwistern
und nicht-verwandten gleichaltrigen Kindern verglichen
werden, z. B. um bei bestimmten multifaktoriellen Krankhei-
ten die Wechselwirkung zwischen den genetischen Faktoren
und dem Einfluss krankheitsrelevanter Umweltfaktoren im
frühen Alter untersuchen zu können.

Für derartige Untersuchungen dürfen ausschließlich bereits
zu anderen Zwecken erhobene d. h. vorhandene Proben und
Daten genutzt werden. Die Regelung hat ausschließlich eine
Abweichung von § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 zur Konsequenz.
Das heißt dass die Regelungen des Abs. 2 Nr. 2 bis 5 sowie
durch den dort enthaltenen Verweis auch Abs. 1 Nr. 3 und 5
selbstverständlich auch für derartige Untersuchungen grei-
fen. Das heißt Voraussetzungen sind: Die Forschung ist nicht
an einwilligungsfähigen Erwachsenen möglich, die/der Min-
derjährige wurde aufgeklärt und lehnt eine Analyse und
Probengewinnung nicht ab bzw. wenn sie/er in der Lage ist
Wesen, Bedeutung und Tragweite der Untersuchung abzu-
schätzen aufgeklärt wurde und eingewilligt hat, eine Aufklä-
rung und Einwilligung durch die Vertreter erfolgte und die
Untersuchung für die betroffene Person nur mit ninimalem
Risiko und minimaler Belastung verbunden ist.

ZuAbsatz 3

Für Minderjährige, die auch bei Erreichen der Volljährigkeit
nicht in der Lage sind, Wesen, Bedeutung und Tragweite der
genetischen Untersuchung oder Analyse zu erkennen und

ihren Willen hiernach auszurichten, d. h. unter die Gruppe
des Absatzes 1 fallen, gilt Absatz 1. Damit ist sichergestellt,
dass Absatz 1 immer vorgeht.

ZuAbsatz 4

Entsprechend dem anerkannten Standard, wie er z. B. im
Arzneimittelgesetz oder im Medizinproduktegesetz seinen
Ausdruck gefunden hat, darf eine genetische Untersuchung
zu Forschungszwecken an einer Person, die auf gerichtliche
oder behördliche Anordnung in einer Anstalt untergebracht
ist, nicht vorgenommen werden.

ZumAchten Abschnitt (Allgemein anerkannter
Stand der medizinischen
Wissenschaft und Technik)

Zu § 34 (Richtlinien)

ZuAbsatz 1

Die Vorschrift regelt die Einrichtung einer interdisziplinär
zusammengesetzten unabhängigen Gendiagnostik-Kommis-
sion beim Robert Koch-Institut (RKI) mit den in Absatz 5 be-
stimmten Aufgaben zur Erstellung von Richtlinien in Bezug
auf den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wis-
senschaft und Technik für die Anwendung von Vorschriften
dieses Gesetzes.

ZuAbsatz 2

Die Vorschrift regelt die Berufung der Mitglieder und stell-
vertretenden Mitglieder der Gendiagnostik-Kommission.

Die auf der Basis von § 140g des Fünften Buches Sozial-
gesetzbuch (SGB V) anerkannten bundesweit organisierten
Patienten- und Selbsthilfeorganisationen erhalten ein ge-
meinsames Vorschlagsrecht für einen Sachverständigen so-
wie ein stellvertretendes Mitglied aus dem Bereich Medizin
und Biologie. Eine direkte Vertretung eines/einer Vertreters/
Vertreterin der anerkannten maßgeblichen, bundesweit orga-
nisierten Organisationen für die Wahrnehmung der Interes-
sen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chro-
nisch kranker und behinderter Menschen ist nicht vorgese-
hen. Hintergrund hierfür ist die Gestaltung der Gendiagnos-
tik-Kommission als Wissenschaftsgremium, das im Rahmen
dieses Gesetztes Richtlinien in Bezug auf den allgemein an-
erkannten Stand der medizinischen Wissenschaft und Tech-
nik festlegt.

ZuAbsatz 3

Satz 1 stellt gemäß dem Status der Gendiagnostik-Kommis-
sion als unabhängige Sachverständigenkommission klar,
dass die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder der
Kommission unabhängig sind und an Weisungen nicht ge-
bunden sind. Dementsprechend bestimmt Satz 2, dass für die
Beratung und Beschlussfassung der Gendiagnostik-Kom-
mission über eine Stellungnahme nach § 16 Abs. 3 oder § 18
Abs. 2 die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgeset-
zes über ausgeschlossene Personen (§ 20 des Verwaltungs-
verfahrensgesetzes – VwVfG), Besorgnis der Befangenheit
(§ 21 VwVfG) und Geheimhaltung (§ 30 VwVfG) entspre-
chende Anwendung finden.

Drucksache 16/3233 – 56 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

ZuAbsatz 4

Die Vorschrift enthält die Rechtsgrundlage für den Erlass
einer Rechtsverordnung zur näheren Regelung der Berufung
und des Verfahrens der Gendiagnostik-Kommission sowie
ihrer Zusammenarbeit mit dem RKI.

ZuAbsatz 5

Die Gendiagnostik-Kommission hat nach dem Gesetz die
Aufgabe, Richtlinien in Bezug auf den allgemein anerkann-
ten Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik für
die aufgeführten, nach dem Gesetz maßgeblichen Beurtei-
lungen und Anforderungen zu erstellen und damit für die An-
wendung der betreffenden Vorschriften zu konkretisieren
und als Entscheidungshilfe verfügbar zu machen.

ZuNummer 1

Die Vorschrift umfasst den allgemein anerkannten Stand der
medizinischen Wissenschaft und Technik in Bezug auf die
grundlegende Beurteilung der Bedeutung genetischer Eigen-
schaften für Erkrankungen oder gesundheitliche Störungen
und die daraus gegebenenfalls folgende Erforderlichkeit ih-
rer genetischen Untersuchung zur Vermeidung ihres Aus-
bruchs oder zu ihrer Behandlung, wie sie für die Aufklärung
nach § 11 Abs. 2 Nr. 1, für den Ausschluss von genetischen
pränataldiagnostischen Untersuchungen nach § 17 Abs 1a,
für genetische Reihenuntersuchungen nach § 18 Abs. 1, für
genetische Untersuchungen bei nicht einwilligungsfähigen
Personen nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 2 Satz 1, für vor-
geburtliche genetische Untersuchungen nach § 17 Abs. 1
Satz 1 oder die in § 24 Abs. 3 erwähnten Inhalte einer Rechts-
verordnung maßgeblich sind.

ZuNummer 2

Die Vorschrift umfasst den allgemein anerkannten Stand der
medizinischen Wissenschaft und Technik in Bezug auf die
Anforderungen an die Qualifikation der in § 9 Abs. 1 genan-
ten Ärztinnen und Ärzte zur genetischen Beratung und an die
Qualifikation der nichtärztlichen Sachverständigen zur Vor-
nahme von Abstammungsuntersuchungen, wie sie nach den
in Buchstabe a und b genannten Vorschriften jeweils maß-
geblich sind.

ZuNummer 3

Die Vorschrift umfasst den allgemein anerkannten Stand der
medizinischen Wissenschaft und Technik in Bezug auf die
Inhalte der Aufklärung und der genetischen Beratung, das
Verfahren zu ihrer Durchführung einschließlich ihrer Doku-
mentation sowie an die erforderlichen Maßnahmen zur Qua-
litätssicherung, wie sie nach den genannten Vorschriften je-
weils maßgeblich sind.

ZuNummer 4

Die Vorschrift umfasst den allgemein anerkannten Stand der
medizinischen Wissenschaft und Technik hinsichtlich der
Anforderungen an die Durchführung genetischer Analysen,
insbesondere im Hinblick auf die Eignung und Zuverlässig-
keit der Analysemethoden, die Verlässlichkeit der Analyse-
ergebnisse und den Befundbericht, aber auch die erforderli-
chen Maßnahmen zur Qualitätssicherung einschließlich Art,

Umfang und Häufigkeit externer Qualitätssicherungsmaß-
nahmen.

ZuNummer 5

Die Vorschrift umfasst den allgemein anerkannten Stand der
medizinischen Wissenschaft und Technik in Bezug auf die
Anforderungen an genetische Reihenuntersuchungen.

Die Gendiagnostik-Kommission hat ferner die Aufgabe, ent-
sprechende Empfehlungen für die Durchführung genetischer
Reihenuntersuchungen zu geben einschließlich ihrer Doku-
mentation und der erforderlichen Maßnahmen zur Qualitäts-
sicherung, und solche Untersuchungen nach § 18 Abs. 2 zu
prüfen und zu bewerten, bevor sie begonnen werden dürfen,
um die Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen und des
allgemein anerkannten Standes der medizinischen Wissen-
schaft und Technik bei solchen Untersuchungen zu sichern
sowie deren ethische Vertretbarkeit im Vorfeld der jeweiligen
Untersuchung zu klären.

ZuAbsatz 6

Absatz 6 schreibt aus Gründen der Transparenz und Zugäng-
lichkeit für die Anwendung des Gesetzes die Bekanntgabe
aller Richtlinien und Empfehlungen der Gendiagnostik-
Kommission nach Absatz 5 durch das RKI im Bundes-
anzeiger vor. Von den Stellungnahmen nach § 18 Abs. 2 sind
durch das RKI nur die Stellungnahmen zu denjenigen geneti-
schen Reihenuntersuchungen im Bundesanzeiger bekannt zu
geben, mit denen auch tatsächlich begonnen wird. Die Vor-
schrift lässt die Möglichkeit des RKI, die genannten Richt-
linien und Stellungnahmen zusätzlich auf andere Weise, etwa
im Internet, zu veröffentlichen, unberührt.

ZuAbsatz 7

Die Klarstellung, dass die Gendiagnostik-Kommission auf
Anfrage gutachtlich zu Einzelanfragen der Auslegung und
Anwendung ihrer Richtlinien und Empfehlungen Stellung
nehmen kann, dient der Konkretisierung des allgemein aner-
kannten Standes der medizinischen Wissenschaft und Tech-
nik für die Anwendung des Gesetzes und gegebenenfalls
auch einer Aktualisierung der dieses Standes in den Richtli-
nien und Empfehlungen der Gendiagnostik-Kommission.

Zu § 35 (Kosten und Verordnungsermächtigung)

ZuAbsatz 1

Absatz 1 normiert die Kostenpflichtigkeit von Stellungnah-
men der Gendiagnostik-Kommission, die im Einzelfall im
Vollzug dieses Gesetzes ergehen. Darunter fallen die Stel-
lungnahmen der Gendiagnostik-Kommission nach § 18
Abs. 2 und § 34 Abs. 7. Die Erstellung von Richtlinien durch
die Gendiagnostik-Kommission nach § 34 Abs. 5 sowie die
Bekanntmachung dieser Richtlinien nach § 34 Abs. 6 fallen
nicht unter diese Amtshandlungen.

ZuAbsatz 2

Die Vorschrift enthält die Rechtsgrundlage für den Erlass
einer Rechtsverordnung zur Festlegung der gebührenpflich-
tigen Tatbestände und der Gebührenhöhe in Form fester
Sätze oder in Form von Rahmensätzen.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 57 – Drucksache 16/3233

ZumNeunten Abschnitt (Straf- und
Bußgeldvorschriften)

Der Einteilung in Straf- und Bußgeldvorschriften liegen fol-
gende grundlegende Erwägungen zugrunde: Es wurde als
schwerwiegender Verstoß angesehen, wenn eine gentechni-
sche Untersuchung ohne Einwilligung der betroffenen Per-
son durchgeführt wurde. Dem ist gleichgestellt, wenn keine
Aufklärung der betroffenen Person nach § 11 erfolgte. Das
Einwilligungserfordernis schützt die Privatautonomie der
Person. Eine privatautonome Entscheidung kann jedoch nur
aufgrundlage der dazu erforderlichen Informationen erfol-
gen. Daher ist eine unter Verstoß gegen die Aufklärungs-
pflicht gewonnene Einwilligung ebenso zu behandeln wie ei-
ne fehlende Einwilligung. Soweit die betroffene Person nicht
einwilligungsfähig ist, kommt es auf die Einwilligung des
Betreuers an.

Ferner wird es als ein schwerwiegender Verstoß angesehen,
wenn personenbezogene Daten oder andere geschützte Infor-
mationen an Dritte weitergegeben werden. Schon nach § 203
StGB ist die unbefugte Weitergabe von Daten strafrechtlich
sanktioniert, wenn diese Daten in einem bestimmten ge-
schützten Vertrauensverhältnis gewonnen wurden (z. B. im
Verhältnis Arzt-Patient). Es ist konsequent, die sensiblen per-
sonenbezogenen Daten ebenfalls strafrechtlich zu schützen,
soweit nicht bereits ein Schutz nach § 203 StGB gegeben ist.

Lediglich als Ordnungswidrigkeit wurde hingegen einge-
stuft, wenn personenbezogene Daten nicht rechtzeitig ge-
löscht, entsprechende Proben nicht rechtzeitig vernichtet
oder nicht vorschriftsmäßig aufbewahrt werden. Hier ist der
Verstoß gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht
der betroffenen Person nicht so schwerwiegend, da die Daten
zunächst ordnungsgemäß erhoben wurden.

Auch ein Verstoß gegen das Beratungsgebot nach § 12 wurde
nur als Ordnungswidrigkeit eingestuft, denn im Gegensatz zu
einem Verstoß gegen die Aufklärungspflicht (§ 11) bezieht
sich das Beratungsgebot auf eine intensive Erörterung der
psychischen und sozialen Konsequenzen der Untersuchung.
Sie geht damit über die Informationen hinaus, die Grundle-
gung für eine privatautonome Entscheidung sind. So kann
auch eine nicht beratene Person eine privatautonom gefasste
Einwilligung erteilen, soweit sie im Sinne von § 11 aufge-
klärt wurde.

Zu § 36 (Strafvorschriften)

ZuAbsatz 1

Zu Nummer 1

Nummer 1 schützt das Selbstbestimmungsrecht der betroffe-
nen Person und deren körperliche Unversehrtheit. Eine ärzt-
liche Untersuchung zu medizinischen Zwecken ist nach dem
Gesetz nur mit Einwilligung der betroffenen Person gestattet.
Soweit diese nicht in der vorgeschriebenen Form eingeholt
oder trotz Widerruf der Einwilligung mit der Untersuchung
fortgefahren wird, ist eine strafrechtliche Sanktion zum
Schutz der betroffenen Person erforderlich. Da eine auto-
nome Entscheidung nur aufgrundlage der dafür erforder-
lichen Informationen getroffen werden kann, ist der Schutz
der Selbstbestimmung und körperlichen Unversehrtheit nur
dann gewährleistet, wenn der Einwilligung eine entsprechen-
de Aufklärung vorhergeht und das Unterlassen einer Aufklä-

rung strafrechtlich sanktioniert wird. Ein Verstoß gegen die
Dokumentationspflichten in § 10 Abs. 1 Satz 4 und § 11
Abs. 3 wird hingegen nicht strafrechtlich geahndet. Aller-
dings kann ein solcher Verstoß als Indiz für eine fehlende
Einwilligung bzw. Aufklärung angesehen werden.

ZuNummer 2

Die Norm schützt die Informationsfreiheit der betroffenen
Person. Geschützt wird somit das Recht der betroffenen Per-
son, dass Dritten das Untersuchungsergebnis nicht mitgeteilt
wird. Nicht umfasst hiervon ist allein die negative Informa-
tionsfreiheit der betroffenen Person, die gesondert in § 13
Abs. 4 geregelt ist (siehe auch § 37 Nr. 3). Soweit die Tat-
handlung bereits gemäß § 203 StGB unter Strafe gestellt ist,
ist für den Straftatbestand im Gendiagnostikgesetz eine
formelle Subsidiarität vorgesehen, d. h. es kommt zu einer
Bestrafung allein nach § 203 StGB.

Zu den Nummern 3 und 4

Personen, die nicht in der Lage sind, Wesen, Bedeutung und
Tragweite der genetischen Untersuchung zu erkennen und
ihren Willen hiernach auszurichten, können nicht selbst in
eine genetische Untersuchung einwilligen. Soweit das Ge-
setz in § 16 Abs. 1 zum Schutz dieser Person bzw. in § 16
Abs. 2 Satz 1 zum Schutz Dritter eine genetische Unter-
suchung zu medizinischen Zwecken gestattet, muss dieser
Eingriff eine Ausnahme bleiben. Zum Schutz des Selbstbe-
stimmungsrechts dieser Personen ist eine Strafandrohung
geboten.

ZuNummer 5

Geschützt wird das ungeborene Leben. Durch die Strafandro-
hung soll verhindert werden, dass Schwangere in den Kon-
flikt gebracht werden, die Schwangerschaft entgegen § 218a
II StGB aufgrund einer genetischen Erkrankung abzubre-
chen. Ferner wird das Recht des Kindes auf Nichtwissen ge-
schützt. In § 17 Abs. 4 Satz 2 wird das Selbstbestimmungs-
recht der nicht einwilligungsfähigen Schwangeren über ihren
Vertreter ebenso geschützt, wie bei einwilligungsfähigen
Personen.

ZuNummer 6

Da eine genetische Untersuchung allein zum Zweck der
Lebensplanung nicht medizinisch geboten ist, besteht die
Gefahr, dass diese durch unseriöse private Anbieter oder
auch durch Selbstanalyse nach entsprechender Anleitung
vorgenommen werden. Der Arztvorbehalt garantiert, dass
solche Untersuchungen nur nach einer entsprechenden Auf-
klärung über medizinische Risiken erfolgen und fachlich
korrekt durchgeführt werden. Dieser Schutzzweck wird
durch die Strafrechtsbestimmung unterstrichen. Ferner wird
der Schutzzweck aus §§ 10 und 11 gemäß § 20 Abs. 2 auch
auf genetische Untersuchungen zum Zweck der Lebenspla-
nung übertragen und ist in Anlehnung an Nummer 1 eben-
falls strafrechtlich zu schützen.

ZuNummer 7

Es handelt sich um eine parallele Regelung zu Nummer 2 für
den Fall einer genetischen Untersuchung zu Zwecken der
Lebensplanung.

Drucksache 16/3233 – 58 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

ZuNummer 8

Auch im Falle einer genetischen Untersuchung zur Klärung
der Abstammung ist die Untersuchung entsprechend der
Nummer 1 nur mit Einwilligung der betroffenen Person zu-
lässig. Da die Einwilligung im Falle von § 21 nur zum Zwe-
cke der Klärung der Abstammung erteilt wurde, sind ander-
weitige Untersuchungen wie Untersuchungen ohne Einwilli-
gung zu betrachten. Um eine Vorverlagerung des Tatbestan-
des auf Situationen zu vermeiden, in denen noch kein
Eingriff in das Rechtsgut der betroffenen Person droht, wird
nur die Vornahme der Untersuchung, nicht jedoch deren Ver-
anlassung unter Strafe gestellt. Dies ist im Hinblick auf die
geschützten Rechtsgüter deshalb unbedenklich, da der Ver-
anlasser zur Vornahme der Untersuchung anstiftet und als
Anstifter gleich dem Täter zu bestrafen ist (§ 26 StGB).

ZuNummer 9

In Zusammenhang mit dem Absatz 2 ergibt sich, dass bei
heimlichen Untersuchungen zur Klärung eines die eigene
Person betreffenden Verwandtschaftsverhältnisses ersten
Grades eine spezielle Regelung zu Nummer 8 getroffen wird,
indem die Tat in Absatz 2 als relatives Antragsdelikt ausge-
staltet wird. Hintergrund für diese Regelung ist der Umstand,
dass in diesen Fällen neben dem Recht auf informationelle
Selbstbestimmung auch das Interesse der Klärung des Beste-
hens eines Verwandtschaftsverhältnisses ersten Grades zu
berücksichtigen ist. Dies kann bei der Beurteilung des kon-
kreten Einzelfalles eines heimlichen Abstammungstests zur
Klärung eines eigenen Verwandtschaftsverhältnisses ersten
Grades zur Einschätzung eines anderen Unrechts- bzw.
Schuldgehalts als in sonstigen Fällen führen. Deshalb können
bei der Verfolgung der Tat nach Nummer 9 Überlegungen
eine Rolle spielen, die dazu führen, dass die Tat mit einem
geringeren Strafmaß belegt wird oder die Annahme geringer
Schuld nahe liegt, so dass das Verfahren nach § 153 oder
§ 153a der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt werden
kann. Hingegen gelten diese Überlegungen nicht, soweit es
nicht um die Person geht, die den Anstoß zu der Untersu-
chung gegeben hat, sondern um die für die Durchführung der
Untersuchung verantwortliche Person. Siehe ergänzend auch
die Begründung zu Absatz 2.

ZuNummer 10

Die Wertung entspricht der Nummer 2. Soweit es sich um die
eigene Verwandtschaftsbeziehung ersten Grades handelt,
war eine Ausnahme zu machen, da es unbillig wäre, nicht
über die eigenen engen Verwandtschaftsverhältnisse spre-
chen zu dürfen. Soweit die Ergebnisse rechtswidrig erlangt
wurden, ist bereits eine Strafbarkeit nach Nummer 9 vorge-
sehen.

ZuNummer 11

Die Wertung entspricht der Nummer 1.

ZuNummer 12

§ 26 Abs. 1 schützt die informationelle Selbstbestimmung
der betroffenen Person. Genetische Untersuchungen zu Zwe-
cken wissenschaftlicher Forschung sollen an der betroffenen
Person nur vorgenommen werden dürfen, soweit diese in die
Untersuchung eingewilligt über den Umfang der Verwen-

dung von Daten und Proben entschieden hat. Die Einwilli-
gung bezieht sich demnach auf eine konkrete Entscheidung
nach § 26 Abs. 1 Nr. 1 und ist von dieser nicht zu trennen. Für
eine wirksame Einwilligung ist ferner eine Aufklärung nach
§ 27 erforderlich. Soweit nicht eine Ausnahme nach § 26
Abs. 4 gegeben ist, wird der Schutz der Privatautonomie
durch den Straftatbestand unterstrichen.

ZuNummer 13

Die Vorschrift dient dem Schutz des Rechts auf informatio-
nelle Selbstbestimmung im Fall der Übermittlung personen-
bezogener genetischer Proben oder Daten an Dritte.

ZuNummer 14

Die Norm dient dem Schutz der informationellen Selbstbe-
stimmung besonders schutzwürdiger Personen und schließt
an andere Strafrechtsbestimmungen an, die eine genetische
Untersuchung ohne Einwilligung der betroffenen Person un-
ter Strafe stellen.

ZuAbsatz 2

Eine genetische Abstammungsuntersuchung, die ohne Ein-
willigung vorgenommen wird, um einer oder einem Dritten
Gewissheit über ein sie oder ihn betreffendes Verwandt-
schaftsverhältnis ersten Grades zu klären, wird die Tat nur
auf Antrag oder bei Vorliegen eines besonderen öffentlichen
Interesses verfolgt. Bei den für die Durchführung verant-
wortlichen Personen wird in der Regel ein öffentliches Inter-
esse an der Strafverfolgung anzunehmen sein. Hintergrund
für diese Regelung ist der Umstand, dass in diesen Fällen das
Recht, die Frage des Bestehens eines Verwandtschaftsver-
hältnisses ersten Grades zu klären, im Konflikt mit dem
Recht anderer auf informationelle Selbstbestimmung steht.
Soweit die Person, deren genetische Daten ohne die erforder-
liche Einwilligung ermittelt wurden, die strafrechtliche Ver-
folgung der Tat nicht wünscht, ist in diesen Fällen ein staatli-
ches Einschreiten nicht in jedem Fall erforderlich. Dies ergibt
sich daraus, dass die Tat als relatives Antragsdelikt ausgestal-
tet ist. Die Konzeption als relatives Antragsdelikt soll verhin-
dern, dass eine Strafverfolgung nur deshalb unterbleibt, weil
Druck auf die betroffene Person dahingehend ausgeübt wird,
keinen Strafantrag zu stellen.

Zu § 37 (Bußgeldvorschriften)

ZuAbsatz 1

Zu Nummer 1

Der Arztvorbehalt dient dem gesundheitlichen Schutz der be-
troffenen Person sowie dem Schutz ihres informationellen
Selbstbestimmungsrechts. Dieser Schutz wird durch die
Bußgeldvorschrift flankiert. Dass die Missachtung des Arzt-
vorbehalts lediglich als Ordnungswidrigkeit und nicht wie
unter § 36 Nr. 6 als Straftat geregelt ist, hängt damit zusam-
men, dass im Gegensatz zu den in § 36 Nr. 6 geregelten Fäl-
len die genetische Untersuchung zu medizinischen Zwecken
erfolgt und somit dem Schutz der betroffenen Person dient.
Soweit die Untersuchung nicht zum Schutz der betroffenen
Person sondern zu deren Lebensplanung erfolgt, erscheint
die Missachtung des Arztvorbehalts schwerwiegender. Heb-
ammen, die ihm Rahmen eines Neugeborenen-Screenings
eine diagnostische genetische Untersuchung durchführen,

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 59 – Drucksache 16/3233

verstoßen nicht gegen § 9 Abs. 1, da sie nach § 9 Abs. 4 für
diese Untersuchung Ärztinnen und Ärzten gleichgestellt
sind.

ZuNummer 2

Die Beratungspflicht schützt die betroffene Person vor psy-
chischen und sozialen Belastungen, die eine prädiktive gene-
tische Untersuchung mit sich bringen kann. Der Schutz wird
durch die Bußgeldvorschrift unterstrichen. Im Gegensatz zur
Aufklärung (§ 11) betrifft die Beratung nicht die zur Einwil-
ligung erforderliche Informationsvermittlung, sondern eine
Erörterung der psychischen und sozialen Folgen bestimmter
Kenntnisse über genetische Dispositionen. Der Verstoß ge-
gen § 12 Abs. 2 ist, da er nicht darauf abzielt, die Einwilli-
gungsfähigkeit herbeizuführen, weniger schwer als ein Ver-
stoß gegen die Aufklärungspflicht. Daher ist er als Ordnungs-
widrigkeit eingestuft.

ZuNummer 3

Schützt die informationelle Selbstbestimmung der betroffe-
nen Person in der Form der negativen Informationsfreiheit.
Sie wird demnach davor geschützt, dass ihr gegen ihren Wil-
len die in § 13 Abs. 4 genannten Ergebnisse genetischer Un-
tersuchungen mitgeteilt werden. Während bei der Weitergabe
an Dritte finanzielle Anreize einen Normbruch motivieren
können, ist im Fall des § 13 Abs. 4 ein solcher Anreiz nicht
gegeben. Daher war der Verstoß als Ordnungswidrigkeit ein-
zustufen.

ZuNummer 4

Schützt ebenfalls die informationelle Selbstbestimmung der
betroffenen Person, die ein Recht darauf hat zu bestimmen,
ob die von ihr erhobenen Daten erhalten bleiben oder ver-
nichtet werden sollen.

ZuNummer 5

Auch in diesem Fall wird die informationelle Selbstbestim-
mung der betroffenen Person geschützt. Da die Einwilligung
in die genetische Untersuchung zweckbestimmt vorgenom-
men wird (§ 10 Abs. 1 Nr. 1) ist es konsequent, eine Miss-
achtung der Einwilligung zu sanktionieren, soweit sie nicht
schon nach § 36 Nr. 1 unter Strafe gestellt ist.

ZuNummer 6

Der in Nummer 2 erwähnte Schutz wird hiermit auch der
Schwangeren gewährt.

ZuNummer 7

Da Reihenuntersuchungen nicht am individuellen sondern
am öffentlichen Interesse anknüpfen, sollten sie restriktiv an-
gewendet werden. Um zu vermeiden, dass mit der Untersu-
chung begonnen wird, ohne dass zuvor die Gendiagnos-
tik-Kommission deren Zulässigkeit überprüft hat, ist eine
Sanktion erforderlich.

Zu den Nummern 8 bis 10

Hier wird der Schutzzweck aus den Nummern 3 bis 5 auf
gentechnische Untersuchung zum Zweck der Lebensplanung
übertragen.

ZuNummer 11

Sie entspricht der Wertung der Nummer 1.

ZuNummer 12

Sie entspricht der Wertung der Nummer 4.

ZuNummer 13

Da die in § 21 Abs. 3 Satz 1 vorgesehene Aufklärung einen
deutlich geringeren Umfang hat als die Aufklärung in ande-
ren Bereichen des Gesetzes, ist ein Verstoß hiergegen ledig-
lich als Ordnungswidrigkeit einzustufen. Soweit die Einwil-
ligung gar nicht erfolgte, gilt bereits § 21 Abs. 1. Entspre-
chend der in der Begründung zu § 36 Nr. 8 und § 36 Abs. 2
erläuterten Wertung waren hier Taten vom Tatbestand auszu-
nehmen, die allein der Klärung eines Verwandtschaftsver-
hältnisses ersten Grades dienen. Im Übrigen entspricht die
Vorschrift der Wertung von Nummer 3. Hier waren Informa-
tionen über ein Verwandtschaftsverhältnis ersten Grades aus-
zunehmen, da es unzumutbar wäre, jemanden dafür mit einer
Buße zu belegen, dass ein sie oder ihn betreffendes bestehen-
des bzw. nicht bestehendes Verwandtschaftsverhältnis ersten
Grades offenbart wird.

Zu den Nummern 14 bis 16

Der Schutz der informationellen Selbstbestimmung ist be-
sonders bedeutsam in Fällen, in denen die betroffene Person
befürchten muss, aufgrund von Informationen Dritter über
ihre genetischen Dispositionen schlechter gestellt zu wer-
den. Diese Gefahr besteht insbesondere im Verhältnis zu
Versicherungen und zu Arbeitnehmern. Demnach ist es er-
forderlich, ein Verstoß gegen die Schutzbestimmungen des
Versicherungsnehmers bzw. Arbeitnehmers als Ordnungs-
widrigkeit zu ahnden. § 36 Abs. 1 Nr. 11 ist insoweit eine
Spezialregelung zu § 37 Abs. 1 Nr. 16.

ZuNummer 17

Dies ist die parallele Regelung zu Nummer 4, die das infor-
mationelle Selbstbestimmungsrecht der Person auch bei zu
Forschungszwecken erhobenen personenbezogenen Daten
schützt.

ZuNummer 18

Die Vorschrift dient dem Schutz der informationellen Selbst-
bestimmung der betroffenen Person bei genetischen Untersu-
chungen zum Zwecke der Forschung. Die Anonymisierung
schützt die betroffene Person davor, dass die über die Proben
und Daten gewonnenen Erkenntnisse ihr zugeordnet werden
können. Eine Re-Identifizierung würde diesen Schutz unter-
laufen.

ZuNummer 19

Die Ethik-Kommission soll u. a. sicherstellen, dass das For-
schungsvorhaben die gesetzlichen Vorschriften zum Schutz
der betroffenen Personen einhält. Dieser zusätzliche Schutz
wird durch den Bußgeldtatbestand unterstrichen.

ZuNummer 21

Wie schon bei den Nummern 4 und 5 wird als Ordnungswid-
rigkeit geahndet, wenn personenbezogene Daten oder geneti-

Drucksache 16/3233 – 60 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

sche Proben nicht ordnungsgemäß gelöscht bzw. vernichtet
werden.

ZuNummer 22

Soweit in der Rechtsverordnung nach § 8 eine Ordnungswid-
rigkeit vorgesehen ist, kann auf Nummer 17 verwiesen wer-
den. Durch diese Regelungstechnik sind alle Ordnungswid-
rigkeiten zum Gendiagnostikgesetz zentral geregelt.

ZuAbsatz 2

Soweit zu besonderen Ordnungswidrigkeiten keine Rege-
lung getroffen wird, gilt das allgemeine Gesetz über Ord-
nungswidrigkeiten. Darin ist eine Höchstsumme von 1 000
Euro als Geldbuße vorgesehen. Gemäß § 17 Abs. 4 des
Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) kann diese
Höchstsumme jedoch dann überschritten werden, wenn sie
nicht ausreicht, den wirtschaftlichen Vorteil des Täters zu
übersteigen. Gerade im Forschungsbereich können bei ent-
sprechenden Forschungsvorhaben schnell höhere Summen
erreicht werden. Zur Abschreckung der Täter war daher eine
um ein Vielfaches höhere Höchstsumme erforderlich. Die
Höhe der Geldbuße wird auch nicht zu unbilligen Ergebnis-
sen führen, da nach § 17 Abs. 3 OWiG die Höhe der Geld-
buße immer ins Verhältnis zur wirtschaftlichen Leistungs-
fähigkeit des Täters, der Bedeutung des Verstoßes und dem
Vorwurf an den Täter zu setzen ist.

ZumZehnten Abschnitt (Schlussvorschriften)

Zu § 38 (Evaluation)

Das Gesetz hat weit reichende Auswirkungen im Bereich der
Gesundheit, der Gesundheitsvorsorge und der Forschung.

Berührt werden ferner Arbeitsverhältnisse und Versiche-
rungsverträge. Deshalb ist eine Evaluation erforderlich, bei
der unter Berücksichtigung neuerer gentechnischer Entwick-
lungen überprüft werden soll, ob die gesetzgeberischen In-
tentionen in der Gesetzespraxis umgesetzt werden konnten.
Hierbei sollte unter anderem darauf geachtet werden, wie in
der Praxis das Verhältnis des Gesetzes zu anderen Gesetzen
wie dem Arzneimittelgesetz bestimmt wird. Hier können
Fragestellungen auftreten (z. B. hinsichtlich erteilter Einwil-
ligungen, die nach dem Gendiagnostikgesetz frei widerruf-
lich sind, gemäß § 40 Abs. 2a Nr. 2 des Arzneimittelgesetzes
hingegen nicht), die sich erst in der Gesetzesanwendung zei-
gen und klären werden.

Zu § 39 (Inkrafttreten)

ZuAbsatz 1

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

ZuAbsatz 2

Nach Nummer 1 treten davon abweichend die Regelungen
über die Richtlinien nach § 34 und die Ermächtigung zur Er-
hebung von Kosten sowie der entsprechenden Verordnungs-
ermächtigung nach § 35 bereits am Tag nach der Verkündung
des Gesetzes in Kraft, damit im Zeitpunkt des Inkrafttretens
der übrigen Vorschriften die Richtlinien sowie eine Rechts-
verordnung über die Erhebung von Kosten verfügbar sind.

Nach Nummer 2 treten die Vorschriften der §§ 6 und 7 im
Hinblick auf die für ihre Anwendung noch zu treffenden lan-
desrechtlichen Regelungen über die Zulassung von Akkredi-
tierungsstellen und die nach § 6 erforderlichen Akkreditie-
rungen dagegen erst zwei Jahre später in Kraft.

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