BT-Drucksache 16/3086

Evaluierung der an Asylbewerberinnen und Asylbewerber gerichteten EQUAL-Entwicklungspartnerschaften durch die Bundesregierung und deren weitere Fortführung innerhalb des Europäischen Sozialfonds

Vom 24. Oktober 2006


Deutscher Bundestag Drucksache 16/3086
16. Wahlperiode 24. 10. 2006

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Anja Hajduk, Volker Beck (Köln),
Silke Stokar von Neuforn, Monika Lazar, Wolfgang Wieland, Grietje Bettin,
Katrin Göring-Eckardt, Kerstin Andreae, Kai Boris Gehring, Anna Lührmann,
Dr. Thea Dückert, Dr. Harald Terpe, Brigitte Pothmer, Markus Kurth, Priska Hinz
(Herborn), Britta Haßelmann, Krista Sager und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Evaluierung der an Asylbewerberinnen und Asylbewerber gerichteten
EQUAL-Entwicklungspartnerschaften durch die Bundesregierung
und deren weitere Fortführung innerhalb des Europäischen Sozialfonds

Deutschland lässt die beruflichen Potentiale von Flüchtlingen und Asylsuchen-
den häufig ungenutzt, obwohl diese Personengruppen oft hoch motiviert und be-
ruflich gut qualifiziert ist. Dennoch wird Asylsuchenden und Flüchtlingen in
Deutschland der Zugang zur beruflichen Bildung und zum Arbeitsmarkt er-
schwert. Auch die Möglichkeiten der schulischen bzw. universitären Bildung
sind für Asylsuchende und Flüchtlinge eingeschränkt.

Vor diesem Hintergrund hatte die vorige Bundesregierung begonnen, die beruf-
liche Eingliederung von Asylsuchenden zu fördern, u. a. auch innerhalb der Ge-
meinschaftsinitiative EQUAL. So wurden in Deutschland acht (von insgesamt
109) Entwicklungspartnerschaften zur Unterstützung der beruflichen Integra-
tion von Asylsuchenden eingerichtet (im Folgenden: Asyl-EPs).

Das ICON- INSTITUTE (Köln), das Progress-Institut für Wirtschaftsforschung
(PIW, Teltow) und die COMPASS GmbH (Bremen) veröffentlichten im Septem-
ber 2005 im Auftrag des damaligen Bundesministeriums für Wirtschaft und
Arbeit (BMWA) den Bericht „Erster Statusbericht der EQUAL-Programmeva-
luation zur zweiten Förderungswelle der GI EQUAL 2005 – 2008“. Anders als
für die übrigen Zielgruppen der Gemeinschaftsinitiative EQUAL fehlt in diesem
Bericht des BMWA jedoch eine inhaltliche bzw. eine operative Auswertung der
an Asylbewerberinnen und Asylbewerber gerichteten Entwicklungspartner-
schaften.

Im Gegensatz dazu hatte die EU-Kommission die Arbeit dieser Asyl-EPs durch-
weg positiv evaluiert: „Auf lokaler Ebene konnte durch die Arbeit der Partner-
schaften nachgewiesen werden, dass eine Reihe von Unterstützungsmaßnahmen

für Asylsuchende Nutzen erbracht haben, wobei die Möglichkeiten vom Zugang
zur Sprachausbildung über allgemeine und berufliche Bildung und Freiwilligen-
arbeit bis zu einer Beschäftigung auf dem offenen Arbeitsmarkt reichten. Die
klar zu erkennenden nützlichen Ergebnisse beinhalten einen Rückgang bei der
Erwerbslosigkeit, verringerte ‚Abgänge‘ von Asylbewerbern in die Schatten-
wirtschaft und größere Beiträge zur Wirtschaft vor Ort.“ Es hätte sich – so die
EU-Kommission weiter – „eine Reihe nützlicher Anregungen“ für die weiter

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fortzuführende Einbeziehung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern in
das EQUAL-Programm ergeben. So müsse z. B. die Unterstützung „am richti-
gen Punkt“ und „so bald wie möglich nach einem Asylantrag“ ansetzen. Des
Weiteren hätte sich gezeigt, dass Asylbewerberinnen und Asylbewerber ihren
Arbeitgeber oftmals ein „interessantes Potenzial“ angeboten und „gute Ergeb-
nisse“ erbracht hätten. Insofern empfahl die EU-Kommission, dass die bisheri-
gen Erfahrungen einen „sehr viel größeren Kreis von Interessenten erreichen“
sollte (KOM (2003) 840 vom 30. Dezember 2003).

Auch der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten des Euro-
päischen Parlaments hatte sich am 22. Juni 2005 für die weitere Einbeziehung
von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern in den Europäischen Sozialfonds
(ESF) eingesetzt (A6-0216/2005). Die Verordnung (EG) Nr. 1081/2006 über
den Europäischen Sozialfonds spricht sich dafür aus, dass „der Eingliederung
von Migranten, einschließlich Asylbewerbern“ auch weiterhin „besondere Auf-
merksamkeit“ zuteil werden sollte (ABl. EU Nr. L 210 vom 31. Juli 2006 S. 12).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Hat die Bundesregierung die Arbeit der deutschen Asyl-EPs statistisch eva-
luiert?

Wenn ja, wie viele Personen haben sich im Rahmen der ersten Förderungs-
welle für eine Teilnahme an einer der acht Asyl-EPs beworben (bitte auf-
schlüsseln nach Asylbewerberinnen und Asylbewerbern bzw. nach Gedulde-
ten sowie nach Alter und Geschlecht)?

Wie viele Personen haben innerhalb der ersten Förderungswelle an den Pro-
grammen dieser Asyl-EPs tatsächlich teilgenommen und diese abgeschlossen
(bitte aufschlüsseln nach Asylbewerberinnen und Asylbewerbern bzw. nach
Geduldeten sowie nach Alter und Geschlecht)?

2. Umfasste der Auftrag an die o. g. Forschungsinstitute auch eine inhaltliche
bzw. operative Evaluierung der deutschen Asyl-EPs, und wenn nein, warum
nicht?

3. Hatten die beauftragten Institute in Vorentwürfen ihres Statusberichts auch
die Arbeit der Asyl-EPs inhaltlich bzw. operativ evaluiert, und wenn ja, zu
welchen Erkenntnissen gelangten die Gutachter, und warum tauchen diese
Evaluierungsergebnisse nicht in der letztlich veröffentlichten Version des
Statusberichtes auf?

4. Hält die Bundesregierung eine inhaltliche bzw. operative Evaluierung der
deutschen Asyl-EPs im Rahmen zumindest der jetzigen zweiten Förderungs-
welle für sinnvoll, und wenn nein, warum nicht?

5. Ist es aus Sicht der Bundesregierung sinnvoll, die Arbeit der deutschen Asyl-
EPs, finanziert aus vorhandenen Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF)
bzw. des Bundeshaushaltes, z. B. durch eine sog. Mainstreaming Agentur zu
evaluieren?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, mit welchen Sach- und Finanzmitteln soll solche Agentur ausgestat-
tet werden, und welches Auftragsvergabeverfahren würde die Bundesregie-
rung hier anwenden?

6. Welche innovativen Ansätze erkennt die Bundesregierung in der Arbeit der
deutschen Asyl-EPs – insbesondere im Hinblick auf das Spektrum von Aus-
bildungsberufen und Qualifizierungsmaßnahmen?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/3086

7. Wie sieht die Vermittlungsquote der deutschen Asyl-EPs bei erfolgreichem
Abschluss der Maßnahme aus (bitte aufschlüsseln nach Alter, Geschlecht
und Ausbildungsberuf bzw. Qualifizierungsmaßnahme)?

8. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie die Arbeit der
deutschen Asyl-EPs, von Seiten der beteiligten Arbeitgebervereinigungen
bewertet wird?

9. Welche Probleme ergaben sich beim Zugang zu den Angeboten der deut-
schen Asyl-EPs, und mit welchen Maßnahmen hat die Bundesregierung
versucht, diese Probleme im Interesse der ausbildungs- bzw. qualifizie-
rungswilligen Personen zu lösen (bitte aufschlüsseln nach Asylbewerberin-
nen und Asylbewerbern bzw. nach Geduldeten)?

10. Teilt die Bundesregierung die auf die Asyl-EPs bezogenen Evaluierungs-
ergebnisse der EU-Kommission, und wenn nein, warum nicht?

11. Befürwortet die Bundesregierung, dass Personen, denen entsprechend der
Richtlinie 2004/83/EG internationaler bzw. subsidiärer Schutz gewährt
wird, in die Fördermaßnahmen nach EQUAL bzw. dem ESF einbezogen
werden sollen, und wenn nein, warum nicht?

12. Hat sich die Bundesregierung in den Verhandlungen auf EU-Ebene für die
(weitere) Einbeziehung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern bzw.
von Personen mit subsidiärem Schutz in die Verordnung (EG) Nr. 1081/
2006 über den Europäischen Sozialfonds eingesetzt, und wenn nein, warum
nicht?

13. Hat die Bundesregierung vor, den Zugang zu Ausbildung und Arbeitsmarkt
für diese Zielgruppe zu lockern im Sinne einer innovativen Nutzung der
Fördermöglichkeiten in der künftigen ESF-Förderperiode, wenn ja wie, und
wenn nein, warum nicht?

14. Hat die Bundesregierung vor, die Asyl-EPs im Rahmen des ESF fortzufüh-
ren?

Wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen?

Berlin, den 24. Oktober 2006

Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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