Bundessozialgericht, Beschluss vom 21.06.2016, Az. B 14 AS 1/16 B

14. Senat | REWIS RS 2016, 9596

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Gegenstand

(Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - Grundsicherung für Arbeitsuchende - Beschränkung einer Erstattungsforderung gem § 328 Abs 3 SGB 3 nach § 40 SGB 2 - Absetzung der Erwerbstätigenfreibeträge von einer Einkommensteuererstattung - nicht ausreichende Darlegung der Klärungsfähigkeit und Klärungsbedürftigkeit)


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 12. November 2015 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 [X.]).

2

Nach § 160 Abs 2 [X.] ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ([X.]), das Urteil des [X.] von einer Entscheidung des [X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.] oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht ([X.]) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann ([X.] 3). Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das [X.] in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig. Keinen der in § 160 Abs 2 [X.] abschließend aufgeführten Zulassungsgründe hat der Kläger in der Begründung der Beschwerde schlüssig dargelegt oder bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]).

3

Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]) erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl [X.]E 40, 158 = [X.] 1500 § 160a [X.]1). Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl [X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX. [X.], Rd[X.] 65 f). Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl [X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.]6).

4

Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet sie die Fragen,
1. "ob die Einschränkung der Erstattungsforderung nach § 40 Abs. 2 Satz 2 [X.] II alter Fassung bzw. § 40 Abs. 4 Satz 2 [X.] II auch bei Teilaufhebungen Anwendung findet"
und
2. "ob die Erwerbstätigenfreibeträge von solchen Hilfebedürftigen, die in dem Monat des Zuflusses der Steuererstattung aus Einkommen aus selbständiger Tätigkeit (weiterhin) erwerbstätig sind, absetzbar sind".

5

Die erste Frage mag zwar grundsätzlich klärungsbedürftig sein (vgl [X.] Urteil vom 2.12.2014 - B 14 [X.]/13 R - vorgesehen für [X.] 4-4200 § 40 [X.] 8 Rd[X.]1). Die Beschwerdebegründung legt aber nicht schlüssig dar, dass sie vorliegend in einem Revisionsverfahren klärungsfähig und entscheidungserheblich wäre. Der Begründung ist zu entnehmen, dass hier nicht eine Erstattungsforderung nach § 50 [X.] X streitbefangen ist, an die § 40 Abs 2 Satz 1 [X.] II aF und § 40 Abs 4 Satz 1 [X.] II nach ihrem Wortlaut anknüpfen, sondern eine Erstattungsforderung nach § 328 Abs 3 [X.]. Der Begründung ist weiter zu entnehmen, dass nicht für September 2007 iS des § 40 Abs 2 Satz 2 [X.] II aF und § 40 Abs 4 Satz 2 [X.] II eine Bewilligung lediglich teilweise aufgehoben worden ist, sondern für diesen Monat iS des § 328 Abs 3 [X.] nach einer vorläufigen durch eine abschließende Entscheidung ein Leistungsanspruch nur in geringerer Höhe zuerkannt worden ist. Dass dennoch die Entscheidung der ersten Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren zu erwarten ist, lässt die Beschwerdebegründung nicht erkennen. Denn das [X.] hat bereits entschieden, dass bei der Erstattung vorläufig erbrachter [X.] II-Leistungen nach § 328 Abs 3 [X.] anders als bei der Erstattung nach § 50 [X.] X kein Abzug hinsichtlich der berücksichtigten Kosten für Unterkunft und Heizung vorzunehmen ist ([X.] Urteil vom [X.] AS 169/11 R - [X.] 4-4200 § 40 [X.] 5 Rd[X.]6 ff). Die Beschwerdebegründung legt nicht schlüssig dar, warum es dennoch auf die formulierte Rechtsfrage ankommen könnte. Hierfür genügt nicht der Hinweis, das [X.] habe im genannten Urteil eine entsprechende Anwendung des Abzugs nach § 40 Abs 2 Satz 1 [X.] II aF auf Erstattungen nach § 328 Abs 3 [X.] mit dem Argument abgelehnt, Empfänger von vorläufigen Leistungen seien nicht vom Wohngeld ausgeschlossen; weil aber vorliegend für September 2007 dem Kläger ein Leistungsanspruch in geringerer Höhe abschließend zuerkannt worden sei, sei er in diesem Monat vom Wohngeld ausgeschlossen gewesen und es könnte deshalb nach ihrem Sinn und Zweck die Abzugsregelung in diesem Monat auch für ihn gelten. Denn diese ganz auf den Einzelfall bezogene Begründung lässt nicht erkennen, dass in dieser besonderen Fallkonstellation die abstrakt formulierte erste Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren zu beantworten ist.

6

Zur zweiten Rechtsfrage legt die Beschwerdebegründung bereits nicht schlüssig dar, dass und warum sie grundsätzlich klärungsbedürftig sein könnte, obwohl das [X.] bereits entschieden hat, dass die Berücksichtigung sowohl der [X.] als auch des [X.] bei einer einmaligen Einnahme in Gestalt der Einkommensteuererstattung der gesetzlichen Intention widerspricht ([X.] Urteil vom 11.2.2015 - B 4 AS 29/14 R - juris Rd[X.]9 ff). Hier genügt nicht der Hinweis, dass der Kläger im Zeitpunkt des Zuflusses der Steuererstattung im Oktober 2007 - anders als im vom [X.] entschiedenen Fall - als Selbstständiger erwerbstätig gewesen sei. Denn warum diese Abweichung im konkreten Sachverhalt die allgemeinen Aussagen im Urteil des [X.], mit der Erzielung einer Einkommensteuererstattung sind Mehraufwendungen im Sinne der [X.] im Zusammenhang mit einer Erwerbstätigkeit nicht verbunden ([X.] aaO Rd[X.]1) und der mit dem [X.] bezweckte Anreiz für die Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit vermag bei einer Steuererstattung nicht zu wirken, weil es dieser an einem Bezug zu einer aktuell ausgeübten Erwerbstätigkeit fehlt ([X.] aaO Rd[X.]3), in Frage stellt und ihre weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung erfordert, lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen.

7

Für die Bezeichnung einer Abweichung ist in der Beschwerdebegründung aufzuzeigen, mit welcher genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angefochtene Entscheidung des [X.] von welcher ebenfalls genau bezeichneten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage des [X.] abweicht. Hieran fehlt es. Denn dass das [X.] etwas nicht erwogen hat, was es nach Auffassung des [X.] nach der Rechtsprechung des [X.] hätte erwägen müssen (Hinweis auf [X.] Urteil vom [X.] AS 169/11 R - [X.] 4-4200 § 40 [X.] 5 Rd[X.]0), ist von vornherein keine Bezeichnung einer vom [X.] abweichenden entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage des [X.]. Auch mit Blick auf die weitere Entscheidung des [X.], von der das [X.] nach Auffassung des [X.] abweicht (Hinweis auf [X.] Urteil vom 11.2.2015 - B 4 AS 29/14 R - juris Rd[X.]0), wird schon keine entscheidungserhebliche rechtliche Aussage des [X.] in der Beschwerdebegründung bezeichnet.

8

Auch ein Verfahrensmangel ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, auf dem iS des § 160 Abs 2 [X.] 3 Halbsatz 1 [X.] die angefochtene Entscheidung des [X.] beruhen kann. Soweit der Kläger rügt, das [X.] habe die Beiladung der Wohngeldbehörde nach § 75 Abs 1 und 2 [X.] unterlassen, lässt die Begründung nicht erkennen, dass und warum nach der Rechtsauffassung des [X.], die streitbefangene abschließende Entscheidung über [X.] [X.] des [X.] und die Erstattungsforderung vorläufig erbrachter Alg II-Leistungen seien rechtmäßig, eine Beiladung der Wohngeldbehörde notwendig war, das Urteil des [X.] also auf deren Unterlassung beruhen kann (vgl zur Maßgeblichkeit der Rechtsauffassung des [X.] insoweit [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 11. Aufl 2014, § 160 Rd[X.]3). Auch soweit der Kläger als Verfahrensmangel rügt, das [X.] habe die Aussetzung des Verfahrens nach § 114 Abs 2 [X.] in Bezug auf September 2007 bis zu einer Entscheidung der Wohngeldbehörde unterlassen, lässt die Begründung nicht erkennen, dass nach der Rechtsauffassung des [X.] eine Aussetzung auch nur angezeigt war (vgl zur Entscheidungserheblichkeit und Ermessensreduzierung auf null insoweit [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 11. Aufl 2014, § 114 Rd[X.] 6, 9).

9

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 [X.] ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 [X.].

Meta

B 14 AS 1/16 B

21.06.2016

Bundessozialgericht 14. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Frankfurt (Oder), 20. September 2013, Az: S 17 AS 2411/09, Urteil

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 40 Abs 4 S 2 SGB 2, § 328 Abs 3 SGB 3, § 11 Abs 1 S 1 SGB 2, § 11 Abs 3 SGB 2, § 11b Abs 2 SGB 2, § 11b Abs 3 SGB 2

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 21.06.2016, Az. B 14 AS 1/16 B (REWIS RS 2016, 9596)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 9596

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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