Bundessozialgericht, Urteil vom 11.02.2015, Az. B 4 AS 29/14 R

4. Senat | REWIS RS 2015, 15690

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einkommensberücksichtigung - Einkommensteuererstattung - Absetzung des Grundfreibetrages und Freibetrages bei Erwerbstätigkeit nur vom Erwerbseinkommen - steuerrechtlich gemeinsam veranlagte Ehegatten - Zurechnung der Steuererstattung bei einem Ehegatten


Tenor

Die Revisionen der Kläger gegen das Urteil des [X.] vom 13. März 2014 werden zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] für den Monat Dezember 2008, insbesondere unter Berücksichtigung einer um weitere Absetzbeträge verringerten Einkommenssteuererstattung als Einkommen.

2

Die Kläger, die miteinander verheiratet sind, bezogen seit 2005 durchgehend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Im streitgegenständlichen Zeitraum entstanden ihnen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 419,22 [X.]. Sie erhielten - steuerlich gemeinsam veranlagt - im Juli 2008 eine Einkommensteuererstattung für das [X.] in Höhe von 1975,03 [X.] (Steuerbescheid vom 11.7.2008). Das zu versteuernde Einkommen beruhte auf Einkünften des [X.] aus nichtselbstständiger Arbeit im Jahre 2007. Die Klägerin erzielte in diesem Jahr keine Einkünfte. Der Beklagte verteilte den Erstattungsbetrag als einmalige Einnahme des [X.] auf sechs Monate und berücksichtigte beginnend im August 2008 zunächst bis November 2008 (Ablauf des Bewilligungszeitraums) einen Betrag von monatlich 329,17 [X.] als "sonstiges Einkommen".

3

Dies setzte er auch im Bewilligungszeitraum ab dem 1.12.2008 bis [X.] fort. Für Dezember 2008 errechnete er ausgehend von einem Gesamtbedarf beider Kläger von 1039,26 [X.] (Regelleistungen jeweils 316 [X.]; Kosten der Unterkunft und Heizung von 407,26 [X.], ermittelt aus den tatsächlichen Kosten abzüglich einer Pauschale für die Warmwasseraufbereitung von 5,98 [X.] pro Person) unter Berücksichtigung von Einkommen des [X.] in Höhe von 941,17 [X.], bestehend aus [X.] in Höhe von 642 [X.] sowie einem monatlichen Anteil der Einkommensteuererstattung in Höhe von 329,17 [X.], abzüglich einer [X.] von 30 [X.], einen [X.] in Höhe von 49,04 bzw 49,05 [X.] (Bescheid vom 21.11.2008).

4

Im Widerspruchsverfahren erhöhte der Beklagte den [X.] unter Absetzung des Beitrags für eine Kfz-Haftpflichtversicherung in Höhe von monatlich 25,89 [X.] auf jeweils 61,99 [X.] (Änderungsbescheid vom [X.]). Darüber hinaus blieb der Widerspruch erfolglos. Die Steuererstattung stehe auch bei gemeinsamer Veranlagung der Eheleute nach den steuerlichen Vorschriften allein demjenigen zu, von dessen Einkommen die Steuern entrichtet worden seien, also hier dem Kläger. Die [X.] könne daher auch nicht zweimal in Abzug gebracht werden. Ebenso wenig sei der [X.] abzusetzen, denn es handele sich bei der Einkommenssteuererstattung nicht um Erwerbseinkommen (Widerspruchsbescheid vom 2.9.2009).

5

Dem Begehren der Kläger, ihnen für den Monat Dezember 2008 um jeweils 65,01 [X.] höhere Leistungen zu gewähren, hat das [X.] in Höhe von jeweils weiteren 11,01 [X.] stattgegeben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (Urteil vom 16.2.2011). Die Steuererstattung sei jeweils zur Hälfte Einkommen der Kläger, sodass auch bei der Klägerin die [X.] in Höhe von 30 [X.] abzusetzen sei. Ein Abzug des [X.]s komme hingegen nicht in Betracht. Zudem seien Heizkosten nach dem Heizkostenspiegel lediglich in Höhe von 73 [X.] angemessen und - nach Abzug einer Warmwasserpauschale - in Höhe von nur 61,80 [X.] statt 81,68 [X.] zu berücksichtigen.

6

Auf die Berufung des Beklagten hat das L[X.] das Urteil des [X.] "abgeändert" und den Klägern unter Abänderung der angefochtenen Bescheide für Dezember 2008 lediglich weitere Leistungen in Höhe von jeweils 0,28 [X.] anstatt der vom [X.] zuerkannten 11,01 [X.] zugesprochen. Die weitergehende Berufung des Beklagten hat es ebenso wie die Anschlussberufung der Kläger zurückgewiesen. Bei der Ermittlung der Kosten der Unterkunft und Heizung sei der Abzugsbetrag für die Warmwasserbereitung um 0,28 [X.] pro Person zu hoch bemessen. Nur insoweit seien die Bescheide zu ändern und die Berufung des Beklagten unbegründet. Eine Aufteilung der Steuererstattung als berücksichtigungsfähiges Einkommen auf beide Ehepartner sei indes nicht vorzunehmen, weil das der Steuererstattung zugrundeliegende Guthaben ausschließlich auf Vorausleistungen des [X.] beruhe. Diese vom "[X.]" abweichende Zuordnung sei steuer- und familienrechtlich anerkannt. Nach sozialrechtlichen Grundsätzen gelte nichts anderes. Der Pauschbetrag in Höhe von 30 [X.] für die Beiträge zu privaten Versicherungen könne daher auch nur bei dem Kläger berücksichtigt werden. Ein Abzug des [X.]s von der Steuererstattung komme, wie vom [X.] zutreffend erkannt, nicht in Betracht, da es sich bei der Steuererstattung nicht um Einkünfte aus Erwerbstätigkeit handele (Urteil vom 13.3.2014).

7

Mit der vom L[X.] zugelassen Revision machen die Kläger ihren abgewiesenen Anspruch weiterhin geltend und begehren für Dezember 2008 höhere Leistungen von 64,73 [X.] pro Person. Sie rügen sinngemäß eine Verletzung von § 11 [X.] und § 30 [X.] in der im Dezember 2008 geltenden Fassung. Von der Steuererstattung sei in einem ersten Schritt der [X.] des § 30 [X.] aF abzuziehen. Auch ein Freibetrag von 100 [X.] gemäß § 11 Abs 2 S 1 [X.] sei zu berücksichtigen. Die Erstattung sei dann in einem zweiten Schritt auf beide Kläger je zu 1/2 aufzuteilen, da sie als Gesamtgläubiger einen Anspruch auf eventuelle Rückzahlungen hätten. Nach der erfolgten Aufteilung sei dann bei beiden Klägern die [X.] von 30 [X.] in Abzug zu bringen.

8

Die Kläger beantragen,
die Urteile des [X.] am 13. März 2014 und des [X.] vom 16. Februar 2011 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21. November 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28. August 2009, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. September 2009 zu ändern und ihnen für Dezember 2008 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von jeweils 64,73 [X.] zu gewähren.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Er hält die Ausführungen des L[X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die zulässigen Revisionen der Kläger sind unbegründet. Sie haben keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung über den vom [X.] zuerkannten Betrag hinaus. Zu Recht hat das [X.] die Einkommensteuererstattung als Einkommen alleine des [X.] bewertet und außer der [X.] und dem monatlichen Beitrag für die [X.] keine weiteren Absetzungen, insbesondere keine Absetzungen von Freibeträgen wegen Erwerbstätigkeit, vorgenommen.

1. Streitgegenstand des [X.] sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Dezember 2008 in Höhe von 64,73 Euro pro Person, über die Beträge hinaus, die von dem Beklagten durch Bescheid vom [X.] in der Fassung des Änderungsbescheides vom [X.], diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.] bewilligt bzw durch das Urteil des [X.] zuerkannt worden sind. Ihr Begehren verfolgen die Kläger zulässigerweise mit der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 [X.] Alt 1 iVm § 54 Abs 4 SGG).

2. Die Kläger haben gemäß § 19 iVm § 7 [X.] nach den für den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im streitigen Zeitraum. Nach § 19 [X.] (idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung vor Arbeitsuchende vom [X.] <[X.] 1706>) iVm § 7 Abs 1 [X.] [X.] (idF des [X.] an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 <[X.] 554>) erhalten Leistungen nach dem [X.] Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben ([X.]), erwerbsfähig ([X.]) und hilfebedürftig ([X.]) sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der [X.] haben ([X.]). Der durch Leistungen zur Grundsicherung zu deckende Hilfebedarf der Kläger iS des § 9 [X.] geht jedoch nicht über den vom [X.] festgestellten Umfang hinaus. Nach § 9 Abs 1 [X.] (idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom [X.] <[X.] 1706>) ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt und der mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen ua nicht aus zu berücksichtigendem Einkommen decken kann. Bei Personen, die - wie hier die Kläger - in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs 2 [X.] [X.]). Dem Bedarf der Kläger nach § 20 Abs 1 [X.] (idF des [X.] zur Änderung des [X.] vom 10.10.2007 <[X.] 2326>) und § 22 Abs 1 [X.] [X.] (idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom [X.] <[X.] 1706>) sind dementsprechend das Einkommen des [X.] in Gestalt [X.] und die auf monatliche Beträge aufgeteilte, im Juli 2008 zugeflossene Einkommenssteuererstattung gegenüberzustellen.

3. Der konkrete Bedarf der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum ergibt sich aus den Regelleistungen gemäß § 20 [X.] in Höhe von je 316 Euro pro Person und den nach § 22 Abs 1 [X.] zu übernehmenden tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 407,82 Euro (pro Kopf 203,91 Euro). Als Kosten der Unterkunft und Heizung ist der von den Klägern nach den Feststellungen des [X.] tatsächlich aufgewandte Betrag von 419,22 Euro unter Abzug einer Pauschale für die Warmwasseraufbereitung in Höhe von 5,70 Euro pro Person (vgl dazu [X.] Urteil vom 27.2.2008 - [X.]/11b [X.], [X.], 94 ff = [X.] 4-4200 § 22 [X.], Rd[X.]4 ff; [X.] Urteil vom 2[X.] - [X.] AS 8/09 R, [X.], 179 ff = [X.] 4-4200 § 22 [X.]4, Rd[X.]8 ff) zu berücksichtigen.

4. Dem sich daraus ergebenden Gesamtbedarf von 519,91 Euro pro Person war allein Einkommen des [X.] in Höhe von insgesamt 915,28 Euro gegenüberzustellen (dazu a). Einkommen der Klägerin war nicht zu berücksichtigen. Diese übte im Dezember 2008 zwar bereits im Rahmen einer Qualifizierungsmaßnahme eine Tätigkeit aus, doch erhielt sie Bezüge erst ab dem Folgemonat. Eine teilweise Berücksichtigung der Steuererstattung als Einkommen der Klägerin mit der Folge der einkommensmindernden Absetzung einer [X.] iS von § 6 Abs 1 [X.] [X.]-V (in der hier anwendbaren Fassung vom 17.12.2007 - [X.] 2942) auch bei der Klägerin, kommt hingegen nicht in Betracht (dazu b).

a) Das anzurechnende Einkommen der [X.] setzt sich zusammen aus dem von ihm im Dezember 2008 bezogenen [X.] in Höhe von 642 Euro sowie dem monatlichen Anteil von 329,17 Euro der im Juli 2008 in Höhe von 1975,03 Euro erstatteten Steuern im Rahmen des sechsmonatigen Verteilzeitraums.

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist eine Steuererstattung, auch wenn sie - wie hier - in dem [X.] zugeflossen ist, der dem streitigen Bewilligungsabschnitt unmittelbar voranging (Juli 2008), im Hinblick auf den laufenden, nicht unterbrochenen Leistungsbezug berücksichtigungsfähiges Einkommen iS von § 11 Abs 1 [X.] [X.] (idF des [X.] vom 5.12.2006 <[X.] 2748>; vgl [X.] Urteil vom 30.9.2008 - [X.] AS 29/07 R, [X.]E 101, 291 = [X.] 4-4200 § 11 [X.]5, Rd[X.]8; [X.] Urteil vom 16.12.2008 - [X.] AS 48/07 R, Rd[X.]0; [X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.]/08 R, Rd[X.]2; [X.] Urteil vom 28.10.2009 - [X.] AS 64/08 R, Rd[X.]3). Zutreffend geht das [X.] auch davon aus, dass die Steuererstattung aufgrund ihrer Höhe von 1975,03 Euro nach § 2 Abs 4 [X.] [X.]-V ([X.] <[X.] 2942>) als einmalige Einnahme, beginnend ab dem auf den Monat des Zuflusses folgenden Monat, also ab August 2008, in Höhe von monatlich 329,17 Euro zu verteilen war. Anhaltspunkte dafür, dass die auf sechs Monate erfolgte gleichmäßige Verteilung nicht angemessen im Sinne von § 2 Abs 4 S 3 [X.]-V war, bestehen nicht (vgl dazu [X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.]/08 R, Rd[X.]6; [X.] Urteil vom 27.9.2011 - [X.] [X.]/10 R, [X.] 4-4200 § 11 [X.]0 Rd[X.]2; [X.] Urteil vom 10.9.2013 - [X.] [X.]/12 R, [X.]E 114, 188 = [X.] 4-4200 § 11 [X.], Rd[X.]3).

Das Einkommen des [X.] war um die [X.] von 30 Euro (§ 6 Abs 1 [X.] [X.]-V [X.] <[X.] 2942>) sowie nach § 11 Abs 2 [X.] [X.] [X.] um den tatsächlich aufgewandten Beitrag für eine [X.] in Höhe von monatlich 25,89 Euro zu bereinigen, sodass sich insgesamt ein zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 915,28 Euro ergab.

Demgegenüber liegen weder die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der [X.] von 100 Euro gemäß § 11 Abs 2 S 2 [X.] vor, noch ist der [X.] nach § 30 [X.] (idF des [X.] vom 14.8.2005 <[X.] 2407>; seit 1.4.2011 § 11b Abs 3 [X.]) abzusetzen. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschriften, der Gesetzesbegründung sowie deren Sinn und Zweck.

Bereits der Wortlaut der Vorschriften spricht gegen den Abzug der [X.] oder des [X.]s von der Einkommenssteuererstattung. Sowohl der [X.] als auch der Freibetrag werden nur Hilfebedürftigen eingeräumt, die erwerbstätig sind. Der Kläger war im Monat Dezember 2008 nicht erwerbstätig, sondern arbeitslos. Die Einräumung des [X.] und Freibetrags von der Einkommensteuererstattung widerspräche auch der gesetzgeberischen Intention.

Nach der Begründung zum Freibetragsneuregelungsgesetz sollte es Ziel der Freibetragsregelungen sein, Hilfebedürftigen stärkere Anreize als bislang zur Aufnahme oder Weiterführung einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu bieten, damit diese mittelfristig aus eigenen Kräften und möglichst ohne Unterstützung der Grundsicherung für Arbeitsuchende in der Lage seien, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten (BT-Drucks 15/5446, [X.]). Diese Zielsetzung geht bei einer einmaligen Einnahme in der Gestalt der Einkommenssteuererstattung jedoch ins Leere. Die [X.] nach § 11 Abs 2 S 2 [X.] bewirkt, dass die ansonsten nur auf Nachweis absetzbaren Aufwendungen nach § 11 Abs 2 [X.] [X.] bis 5 [X.] (Versicherungsbeiträge, geförderte Altersvorsorgebeiträge und mit der Erzielung des Einkommens verbundenen Aufwendungen) ohne Nachweis pauschal abgegolten werden. In dieser pauschalen Freistellung von Erwerbseinkommen liegt die beschriebene [X.] (vgl [X.] Urteil vom 27.9.2011 - [X.] [X.]/10 R, [X.] 4-4200 § 11 [X.]0 Rd[X.]9; [X.] Urteil vom 5.6.2014 - [X.] [X.]/13 R, [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.]2). Mangels Erwerbstätigkeit des [X.] konnten diesem Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Erwerbstätigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum aber schon gar nicht entstehen. Mit der Erzielung einer Einkommenssteuererstattung sind solche Mehraufwendungen nicht verbunden (vgl zum Kindergeld auch [X.] Urteil vom 5.6.2014 - [X.] [X.]/13 R, [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.]8 ff).

Soweit auch von anderen Einkommensarten Absetzungen vor ihrer Berücksichtigung als Einkommen bei der Berechnung des [X.] vorzunehmen sind, ist der Beklagte dem nachgekommen. So hat er zutreffend einen Betrag für eine [X.] von 30 Euro, die grundsätzlich unabhängig von der Einkommensart in Abzug zu bringen ist, unberücksichtigt gelassen. Darüber hinaus sieht das Gesetz keine weitere pauschalierte Absetzung vom Einkommen, das nicht Erwerbseinkommen ist, vor. Lediglich Beiträge zu einer Versicherung auf der Grundlage des § 11 Abs 2 [X.] [X.] [X.] - allerdings in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, wie hier für die [X.] - sind ebenfalls vom "[X.]" abzugsfähig ([X.] Urteil vom 5.6.2014, [X.] [X.]/13 R, [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.]9 ff).

Eine Absetzung des Freibetrags nach § 30 [X.] von der Einkommenssteuererstattung würde ebenfalls dessen Sinn und Zweck zuwiderlaufen. Zweck des Freibetrages nach § 30 [X.] ist es, anders als bei den Absetzungen nach § 11 Abs 2 [X.], nicht nur Ausgleich für tatsächliche Aufwendungen zu schaffen, sondern die Aufnahme und Beibehaltung einer konkreten Erwerbstätigkeit - auch wenn diese nicht bedarfsdeckend ist - zu fördern, um Hilfebedürftigkeit iS des § 2 Abs 1 [X.] [X.] zumindest zu verringern (vgl [X.] Urteil vom 27.9.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.]0 Rd[X.]8) und nicht, worauf das Vorbringen der [X.] hinausläuft, eine unspezifische "Belohnung" für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu gewähren. Anreize für die Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit vermag eine Steuererstattung jedoch schon deshalb nicht zu bieten, weil es an einem Bezug zu einer aktuell ausgeübten Erwerbstätigkeit (vgl zu diesem Erfordernis [X.] Urteil vom 27.9.2011 - [X.] [X.]/10 R, [X.] 4-4200 § 11 [X.]0 Rd[X.]7) fehlt. Eine Steuererstattung beruht allenfalls auf einer - unter Umständen sogar länger zurückliegenden - früheren Erwerbstätigkeit.

Die Entstehung eines Anspruchs auf eine Steuererstattung ist im Übrigen von Umständen abhängig, die keinen Zusammenhang mit einer Erwerbstätigkeit aufweisen. Zu diesen Umständen zählen - jedenfalls bei Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit - die im Verantwortungsbereich des Steuerpflichtigen stehende Wahl der Steuerklasse und die Eintragung von [X.]. Wenn zugleich Leistungen nach dem [X.] bezogen werden, ist diese Entscheidung über die Steuerklasse und die Eintragung eines Steuerfreibetrags auch leistungsrechtlich von Bedeutung. Sie beeinflussen die Höhe des "Nettoeinkommens" und damit unmittelbar die Höhe der [X.] Leistungen. Ebenso lag der Fall hier. Die Kläger standen nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) seit 2005 ununterbrochen im Leistungsbezug nach dem [X.]. Der Kläger hat mithin durch die Wahl der [X.] und den Verzicht auf die Eintragung eines Steuerfreibetrages sein "Nettoeinkommen" gesenkt und im Gegenzug höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - im Übrigen unter Berücksichtigung der nunmehr begehrten Absetzbeträge für Erwerbstätigkeit - aufstockend erhalten. Die [X.] der Freibetragsregelungen im Hinblick auf die Verringerung der Hilfebedürftigkeit würde jedoch durch die Berücksichtigung eines [X.]s bei einer Einkommenssteuererstattung gleichsam konterkariert, wenn der durch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] zu deckende Hilfebedarf ein zweites Mal - auf Grundlage desselben Erwerbseinkommens - vergrößert würde.

b) Die Steuererstattung ist auch nicht zur Hälfte als Einkommen der Klägerin zu berücksichtigen mit der Folge, dass bei ihr ebenfalls einkommensmindernd die Absetzung einer [X.] iS von § 6 Abs 1 [X.] [X.]-V vorzunehmen wäre. So gilt für Erwerbseinkommen eines Partners einer Bedarfsgemeinschaft, dass dieses bei der Berechnung der Leistungen nach dem [X.] zunächst einmal Einkommen desjenigen bleibt, der es erzielt, soweit keine ausdrückliche anderweitige rechtliche Zurechnung erfolgt ist (s zB § 11 Abs 1 S 4 [X.]). Vom Erwerbseinkommen sind zunächst die Absetzbeträge, die beim Einkommensbezieher individuell entstanden sind, etwa Fahrtkosten zum Arbeitsort oder titulierte Unterhaltszahlungen, und ggf pauschale Absetzungen in Abzug zu bringen. Erst dieses "bereinigte" Einkommen wird dann zur Bedarfsdeckung berücksichtigt und horizontal innerhalb der Bedarfsgemeinschaft nach § 9 Abs 2 [X.] [X.] verteilt. Nichts anders ist anzunehmen, wenn - wie hier - durch einen Partner Einkommen in Form einer Steuererstattung durch steuerrechtliche Gestaltungen erwirkt wird. Die gemeinsame steuerliche Veranlagung von [X.] ändert hieran nichts. Die nach steuerrechtlichen Maßgaben vorzunehmende Zuordnung der Steuererstattung entspricht inhaltlich der sozialrechtlichen.

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.], der sich der Senat anschließt, sind zusammen veranlagte Eheleute in Bezug auf einen Erstattungsanspruch weder Gesamtgläubiger iS des § 428 BGB noch [X.] iS des § 432 BGB (so bereits [X.] vom 25.7.1989 - [X.], [X.]E 157, 326, juris RdNr 9 ff und [X.] vom 18.9.1990 - [X.], [X.]E 162, 279, juris RdNr 6; zuletzt [X.] vom 15.11.2005 - VII R 16/05, [X.]E 211, 396, juris RdNr 9, mit [X.]erkung Schuster, [X.] 8/2006 [X.] 2 und [X.] vom 17.2.2010 - VII R 37/08, juris RdNr 9, mit [X.] Jäger, [X.] 28/2010 [X.] 1). [X.] ist nach § 37 Abs 2 [X.] vielmehr derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist. Dies gilt auch für den Fall, dass mehrere Personen als Gesamtschuldner die überzahlte Steuer schulden, wie es bei zusammen veranlagten Ehegatten hinsichtlich der Einkommensteuer und der daran anknüpfenden Steuer gemäß § 26b EStG und § 44 Abs 1 [X.] der Fall ist. Der Erstattungsanspruch steht dann demjenigen Ehegatten zu, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist. Werden Steuern im Abzugsverfahren erhoben, gilt nichts anderes. Ein sich ergebender Erstattungsbetrag steht alleine demjenigen zu, für dessen Rechnung der Abzug erfolgt ist (vgl Ratschow in [X.], Abgabenordnung, 12. Aufl 2014, § 37 RdNr 71; Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl 2014, § 37 Rd[X.]5).

Eine hälftige Aufteilung ist nach der Rechtsprechung des [X.] nur in den Fällen vorzunehmen, in denen [X.] eines Ehegatten für zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute geleistet wurden, die beide Einkommen erzielt haben, und zum Zeitpunkt der Steuervorauszahlung Anhaltspunkte für eine bestimmte andere Tilgungsabsicht des zahlenden Ehegatten fehlen. Bei einer zwischen den [X.] bestehenden Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft wird unterstellt, dass derjenige Ehegatte, der die Zahlung auf die gemeinsame Steuerschuld bewirkt, mit seiner Zahlung auch die Steuerschuld des anderen mit ihm zusammen veranlagten Ehepartners begleichen will. Beide Ehegatten sollen dann im Falle des Entstehens eines Erstattungsanspruchs hälftig erstattungsberechtigt sein (vgl nur [X.] vom 15.11.2005 - VII R 16/05, [X.]E 211, 396, juris RdNr 9 ff; [X.] vom 22.3.2011 - [X.]/10, [X.]E 233, 10, juris Rd[X.]3 ff; zur Kritik Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl 2014, § 37 Rd[X.]4). Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Denn nach den Feststellungen des [X.] beruhte der Erstattungsanspruch ausschließlich auf Steuervorauszahlungen des [X.]. Nur er alleine hatte im Jahre 2007 steuerpflichtiges Einkommen, von dem im [X.] einbehalten wurden. Die Steuerzahlung ist also allein auf seine Rechnung erfolgt. Vor diesem Hintergrund kommt entgegen der Revision auch unter Berücksichtigung steuerrechtlicher Gesichtspunkte eine Aufteilung des [X.] nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Meta

B 4 AS 29/14 R

11.02.2015

Bundessozialgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Dresden, 16. Februar 2011, Az: S 36 AS 4847/09, Urteil

§ 11 Abs 1 S 1 SGB 2, § 11 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB 2, § 11 Abs 2 S 1 Nr 6 SGB 2, § 11 Abs 2 S 2 SGB 2, § 30 SGB 2, § 2 Abs 4 S 1 AlgIIV 2008, § 2 Abs 4 S 3 AlgIIV 2008, § 6 Abs 1 Nr 1 AlgIIV 2008 vom 17.12.2007, § 26b EStG, § 37 Abs 2 AO 1977, § 44 Abs 1 AO 1977, § 428 BGB, § 432 BGB

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 11.02.2015, Az. B 4 AS 29/14 R (REWIS RS 2015, 15690)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 15690

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VII R 37/08

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