Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.10.2020, Az. X ARZ 124/20

10. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 986

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Gegenstand

Gerichtsstandsbestimmung: Internationale und örtliche Zuständigkeit in Verbrauchersachen bei Ansprüchen aus einem Gesellschaftsvertrag einer Kapitalanlagegesellschaft; Bestimmung mehrerer Gerichtsstände nach erfolgter Klageerhebung gegen mehrere Beklagte


Leitsatz

1. Eine Verbrauchersache im Sinne des Art. 17 Abs. 1 Brüssel-Ia-VO und des Art. 15 Abs. 1 Lugano-Übk II kann auch dann vorliegen, wenn Ansprüche aus einem Gesellschaftsvertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden.

2. Die Zuständigkeit für Verbrauchersachen ist in Art. 15 bis Art. 17 Lugano-Übk II abschließend geregelt. Diese Regelung steht einer abweichenden Gerichtsstandsbestimmung nach Art. 6 Nr. 1 Lugano-Übk II oder § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO entgegen.

3. Wenn die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands für alle Beklagten gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht möglich ist, kann eine Bestimmung für einzelne Beklagte erfolgen.

4. Wenn nach bereits erfolgter Klageerhebung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ein gemeinsamer Gerichtsstand bei einem anderen Gericht bestimmt wird, geht die Rechtshängigkeit grundsätzlich ohne weiteres auf dieses Gericht über. Werden mehrere Gerichtsstände bestimmt, obliegt die Entscheidung darüber, ob der Rechtsstreit gegen die einzelnen Beklagten vor zwei unterschiedlichen Gerichten weitergeführt werden soll, jedoch dem Kläger.

Tenor

Das [X.] ist für die Klage gegen die Beklagten zu 1 und zu 4 bis 8 zuständig, das [X.] für die Klage gegen die Beklagten zu 2 und 3.

Gründe

1

I. Der Kläger nimmt die [X.] vor dem [X.] im Zusammenhang mit zwei Fondsbeteiligungen in Anspruch.

2

Der Kläger ist seit den Jahren 2010 und 2011 mittelbar als Mehrheitskommanditist an zwei Fondsgesellschaften in der Rechtsform der [X.] (nachfolgend: Fonds) beteiligt. Die Fonds und ihre Komplementärin, die Beklagte zu 1, haben ihren Sitz im Bezirk des [X.] I. Geschäftsführende Kommanditistin beider Fonds ist die Beklagte zu 2, die ihren Sitz wie ihr Geschäftsführer, der Beklagte zu 5, in der [X.] hat. Die Anteile des [X.] hält die ebenfalls in der [X.] ansässige Beklagte zu 3 als Treuhandkommanditistin. Geschäftsführerin der [X.] zu 1 war bis August 2014 die Beklagte zu 7, die ihren Wohnsitz in [X.] hat. Seit Juli 2015 hat der in [X.] wohnhafte Beklagte zu 8 diese Funktion inne.

3

Der Kläger wirft den [X.] unter anderem vor, im [X.] unter Vortäuschung eines tatsächlich nicht bestehenden gesetzlichen Erfordernisses und ohne Gesellschafterbeschluss die Beklagte zu 4 als Verwahrstelle für das Vermögen der Fonds eingesetzt und durch Zahlung einer hohen, nicht marktüblichen Vergütung erhebliche Kosten zu Lasten der Fonds verursacht zu haben. Der [X.] zu 4 habe zudem die notwendige Zulassung als Verwahrstelle gefehlt. Die Zahlungen seien dem [X.] zu 5 und dessen Bruder, dem [X.] zu 6, zugutegekommen. Letzterer war Geschäftsführer der [X.] zu 4 und ist wie diese im Bezirk des [X.] ansässig.

4

Die Klage umfasst sinngemäß folgende Anträge:

1. Der Kläger nimmt die [X.] zu 1 und 2 und zu 4 bis 8 im Wege der actio pro socio gesamtschuldnerisch auf Rückzahlung der an die Beklagte zu 4 geleisteten Beträge in Anspruch. Die Zahlung soll an die Fonds erfolgen.

2. Ebenfalls im Wege der actio pro socio begehrt der Kläger die Feststellung, dass die [X.] zu 1 und 2 verpflichtet sind, unverzüglich die Auskehr der Beträge an die Anleger zu veranlassen.

3. Hilfsweise fordert der Kläger Zahlung von Schadensersatz an sich selbst.

4. Der Kläger nimmt die [X.] zu 1 bis 3 ferner gesamtschuldnerisch auf Auskunft zu den weiteren Gesellschaftern der Fonds in Anspruch.

5. Daneben begehrt der Kläger von den [X.] zu 1 bis 6 im Wege der Stufenklage Auskunft über etwaige Kick-back-Zahlungen seitens der luxemburgischen [X.], an deren Fonds die Fonds beteiligt sind, sowie die eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit dieser Angaben und

6. Zahlung der vereinnahmten Beträge an die Fonds.

7. Auch insoweit begehrt der Kläger ergänzend die Feststellung, dass die [X.] zu 1 und 2 verpflichtet sind, unverzüglich die Auskehr der Beträge an die Anleger zu veranlassen.

8. Schließlich begehrt der Kläger die Feststellung, dass den [X.] gegenüber den Fonds keine gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Ansprüche auf Freistellung von Kosten im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit zustehen.

5

Nachdem die [X.] zu 2 bis 8 die fehlende Zuständigkeit gerügt haben und das [X.] darauf hingewiesen hat, dass es nicht für alle [X.] zuständig sei, hat der Kläger das [X.] Oberste Landesgericht um die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands ersucht. Dieses hat sich an der Bestimmung eines gemeinsamen Gerichts durch eine Entscheidung des [X.] gehindert gesehen und die Sache deshalb dem [X.] vorgelegt.

6

II. Die Vorlage ist gemäß § 36 Abs. 3 ZPO zulässig.

7

1. Das vorlegende Gericht (BayObLG, Beschluss vom 5. März 2020 - 1 AR 88/19, juris) hält die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands für möglich, weil es den Rechtsstreit auch hinsichtlich der [X.] zu 2 und 3 nicht als [X.] im Sinne von Art. 17 [X.] und Art. 15 des [X.] ansieht. Diese Auffassung steht in Widerspruch zu einer Entscheidung des [X.] (Urteil vom 29. März 2017 - 8 U 20/16, juris Rn. 28). Dass diese Entscheidung eine Gerichtsstandsbestimmung nicht zum Gegenstand hat, ist im Rahmen des § 36 Abs. 3 Satz 1 ZPO nicht von Bedeutung.

8

2. Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 6. August 2019 - [X.] 317/19, [X.] 2019, 1113 Rn. 7) steht der Vorlage auch nicht der Umstand entgegen, dass die Divergenz eine Rechtsfrage betrifft, auf deren Beantwortung es schon für die Zulässigkeit der Vorlage ankommt.

9

III. Auch die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen vor.

1. Eine Gerichtsstandsbestimmung ist - wie hier - noch nach Klageerhebung möglich ([X.], Beschluss vom 27. November 2018 - [X.] 321/18, NJW-RR 2019, 238 Rn. 10).

2. Die [X.], die ihren allgemeinen Gerichtsstand bei verschiedenen Gerichten haben, werden als Streitgenossen (§§ 59, 60 ZPO) im allgemeinen Gerichtsstand der [X.] zu 1 verklagt.

Für die Anwendung des § 60 ZPO genügt es, wenn die geltend gemachten Ansprüche in einem inneren Zusammenhang stehen, der sie ihrem Wesen nach als gleichartig erscheinen lässt ([X.], Beschluss vom 7. Januar 2014 - [X.] 578/13, NJW-RR 2014, 248 Rn. 9; Beschluss vom 6. Juni 2018 - [X.] 303/18, NJW 2018, 2200 Rn. 12).

Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt.

[X.] Klageforderungen liegt der Vorwurf einer Schädigung des Vermögens der Fonds und einer daraus resultierenden Beeinträchtigung des Wertes der Kommanditbeteiligungen des [X.] zugrunde, wenngleich durch im Einzelnen unterschiedliche Maßnahmen der [X.]. Die Einheitlichkeit dieses Lebenssachverhalts wird nicht dadurch aufgehoben, dass sich die Pflichten, deren Verletzung der Kläger geltend macht, teilweise unterscheiden. Nach der Rechtsprechung des Senats ([X.], Beschluss vom 3. Mai 2011 - [X.] 101/11, NJW-RR 2011, 1137 Rn. 18) ist ferner unerheblich, dass die Klage auf verschiedene vertragliche und gesetzliche Anspruchsgrundlagen gestützt wird.

3. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist auch dann anzuwenden, wenn für einen im Ausland ansässigen [X.] im Inland nur ein besonderer Gerichtsstand begründet ist ([X.], Beschluss vom 6. Mai 2013 - [X.] 65/13, NJW-RR 2013, 1399 Rn. 10, 16), wie dies im Streitfall hinsichtlich der [X.] zu 2, 3, 5 und 7 zutrifft.

4. Der Umstand, dass der Kläger zugleich geltend macht, im Bezirk des [X.] I bestehe ein gemeinsamer deliktischer oder vertraglicher Gerichtsstand, steht der Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht entgegen.

Eine Gerichtsstandsbestimmung nach dieser Vorschrift kann schon dann erfolgen, wenn das angerufene Gericht seine Zuständigkeit verneinen möchte ([X.], Beschluss vom 6. Juni 2018 - [X.] 303/18, NJW 2018, 2200 Rn. 15; Beschluss vom 6. August 2019 - [X.] 317/19, [X.] 2019, 1113 Rn. 10). Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt.

IV. Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts steht Art. 15 Abs. 1 Buchst. c [X.] der Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands für alle [X.] im Streitfall entgegen.

1. Zu Recht ist das vorlegende Gericht davon ausgegangen, dass die Bestimmung eines abweichenden Gerichtsstands nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO und die Bejahung eines abweichenden Gerichtsstands nach Art. 6 Nr. 1 [X.] ausgeschlossen sind, wenn die Voraussetzungen von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c [X.] erfüllt sind.

a) Die Zuständigkeit für [X.]n ist in Art. 15 bis Art. 17 [X.] abschließend geregelt.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat zu den in Kapitel II Abschnitt 5 der [X.] enthaltenen Regelungen über die Zuständigkeit für Klagen aus individuellen Arbeitsverträgen entschieden, dass diese abschließenden Charakter haben und einen Rückgriff auf Art. 6 Nr. 1 der Verordnung verbieten. Er hat dies auf Art. 18 Abs. 1 [X.] gestützt, nach dem lediglich die Regelungen in Art. 4 und Art. 5 Nr. 5 der Verordnung unberührt bleiben ([X.], Urteil vom 22. Mai 2008 - [X.]/06, NJW-RR 2008, 1658 Rn. 17 ff. - Glaxosmithkline u.a./Rouard). Eine entsprechende Regelung enthält Art. 17 Abs. 1 der [X.], die auch insoweit mit dem Inhalt des [X.]s übereinstimmt.

b) Diese abschließende Regelung steht - anders als die Bestimmung einer ausschließlichen Zuständigkeit im nationalen Prozessrecht (dazu [X.], Beschluss vom 20. Mai 2008 - [X.] 98/08, [X.] 2008, 553 Rn. 20; Beschluss vom 7. Februar 2007 - [X.] 423/06, NJW 2007, 1365 Rn. 14) - auch einer abweichenden Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO entgegen. Anderenfalls würde der durch den [X.] Gesetzgeber im internationalen Zuständigkeitsrecht getroffene Interessenausgleich beeinträchtigt ([X.], Beschluss vom 6. Mai 2013 - [X.] 65/13, NJW-RR 2013, 1399 Rn. 18).

2. Für die gegen die [X.] zu 2 und 3 gerichtete Klage ist gemäß Art. 15 Abs. 1 Buchst. c [X.] eine Zuständigkeit in [X.] begründet, die nach den aufgezeigten Grundsätzen der Bestimmung eines anderen Gerichts entgegensteht.

a) Der Kläger hat die Vereinbarungen über seine Beteiligung an den beiden Fonds zu einem Zweck geschlossen, der nicht seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.

aa) Maßgebend für die Frage, ob eine Person als Verbraucher im vorgenannten Sinne gehandelt hat, ist die Stellung dieser Person innerhalb des konkreten Vertrags verbunden mit dessen Natur und Zielsetzung ([X.], Urteil vom 25. Januar 2018 - [X.]/16, NJW 2018, 1003 Rn. 29 - [X.]/[X.]). Die Zuständigkeit bei [X.]n ist auf Verträge beschränkt, die eine Einzelperson ohne Bezug zu einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit oder Zielsetzung und unabhängig von einer solchen allein zu dem Zweck schließt, ihren Eigenbedarf beim privaten Verbrauch zu decken ([X.], Urteil vom 25. Januar 2018 - [X.]/16, NJW 2018, 1003 Rn. 30 - [X.]/[X.]). Der Verbraucherbegriff hängt dabei nicht von den Kenntnissen und Informationen der Person ab ([X.], Urteil vom 25. Januar 2018 - [X.]/16, NJW 2018, 1003 Rn. 39 - [X.]/[X.]).

Dementsprechend hat der [X.] bereits entschieden, dass der Beitritt eines Verbrauchers zu einem geschlossenen Immobilienfonds in Form einer Personengesellschaft als Verbrauchergeschäft anzusehen ist, wenn der Zweck des Beitritts vorrangig nicht darin besteht, Mitglied dieser Gesellschaft zu werden, sondern Kapital anzulegen ([X.], Urteil vom 15. April 2010 - [X.]/08 Rn. 39 - [X.]/von der [X.]). Bei einer privaten Vermögensanlage ist unerheblich, woher das Geld stammt und wie hoch die Anlage ist ([X.], Urteil vom 2. April 2020 - [X.]/18, juris Rn. 53 f. - [X.]/[X.]; [X.], Urteil vom 30. Mai 2017 - [X.], juris Rn. 18 f.).

bb) Der Beitritt des [X.] zu den beiden Fonds ist danach, wie auch das vorlegende Gericht im Ansatz nicht verkannt hat, als Verbrauchergeschäft anzusehen.

Der Beitritt ist nach dem maßgeblichen Sach- und Streitstand zum Zwecke der Vermögensanlage erfolgt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger zu einem Zweck gehandelt hat, der zumindest teilweise seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zuzurechnen ist, liegen nicht vor.

Dass der Kläger an beiden Fonds mehrheitlich beteiligt ist und erhebliches Vermögen in diese investiert hat, ist für sich betrachtet nicht erheblich. Eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit könnte vielmehr nur dann angenommen werden, wenn der Erwerb der weitaus überwiegenden Anteilsmehrheit einer unternehmerischen Tätigkeit diente. Konkrete Anhaltspunkte dafür lassen sich dem Parteivorbringen nicht entnehmen. Ebenso wenig ist erkennbar, dass die Verwaltung der Beteiligungen aufgrund ihres Umfangs eine kaufmännische Organisation erfordert.

b) Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts bilden Ansprüche aus diesen Vereinbarungen die Grundlage für die gegen die [X.] zu 2 und 3 gerichteten Klageanträge.

aa) Die Beklagte zu 2 als geschäftsführende und die Beklagte zu 3 als Treuhandkommanditistin sind Parteien der Gesellschaftsverträge, an denen sich der Kläger durch den Beitritt zu den beiden Fonds beteiligt hat. Der Kläger ist an den Gesellschaften zwar nur mittelbar über das Treuhandverhältnis mit der [X.] zu 3 beteiligt. Diese beiden Vertragsverhältnisse sind im Zusammenhang mit Art. 15 Abs. 1 [X.] aber als Einheit zu betrachten.

Die Anwendung von Art. 15 Abs. 1 [X.] setzt grundsätzlich voraus, dass die Parteien des Rechtsstreits selbst Vertragspartner sind ([X.], Urteil vom 25. Januar 2018 - [X.]/16, NJW 2018, 1003 Rn. 45 - [X.]/[X.]; Urteil vom 26. März 2020 - [X.]/18, NJW-RR 2020, 552 Rn. 61-65 - [X.]/[X.]). Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn die Parteien durch zwei formal selbständige Vertragsverhältnisse miteinander verbunden sind, die aufgrund ihres Inhalts untrennbar miteinander verbunden sind ([X.], Urteil vom 14. November 2013 - [X.]/12, NJW 2014, 530 Rn. 29 - [X.]/lastminute.com).

Die zuletzt genannte Voraussetzung liegt im Streitfall vor.

Die Gesellschaftsverträge der beiden Fonds stellen die Treugeber einem Direktkommanditisten gleich. Der Treuhandvertrag zwischen dem Kläger und der [X.] zu 3 und der Gesellschaftsvertrag bilden damit eine untrennbare Einheit. Eine solche Vertragskonstruktion vermittelt dem Treugeber nach der Rechtsprechung des [X.]s die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters, einschließlich der damit verbundenen Rechte und Pflichten ([X.], Urteil vom 30. Januar 2018 - [X.]/16, [X.]Z 217, 237 = [X.] 2018, 340 Rn. 18 f.; Urteil vom 13. März 2018 - [X.], juris Rn. 15 bis 18; Urteil vom 24. Juli 2018 - [X.]/17, juris Rn. 17).

bb) Alle gegen die [X.] zu 2 und 3 gerichteten Klageanträge sind auf dieses Vertragsverhältnis gestützt.

(1) Der mit dem Klageantrag zu 1 gegen die Beklagte zu 2 geltend gemachte Rückzahlungsanspruch beruht auf dem Vorwurf, die Beklagte zu 2 habe ihren Einfluss auf die Fonds als geschäftsführende Kommanditistin zu einer Schädigung der Fonds und mittelbar auch des [X.] als Anleger genutzt. Der Anspruch betrifft daher einerseits das auf dem Gesellschaftsvertrag beruhende [X.] der [X.] zu 2, andererseits ihr Verhältnis zum Kläger als Kommanditist. Beides kann vom Gesellschaftsvertrag nicht getrennt betrachtet werden.

Daran ändert die Geltendmachung des Rückzahlungsanspruchs im Wege der actio pro socio (vgl. dazu etwa [X.], Beschluss vom 26. April 2010 - [X.], [X.] 2010, 783 Rn. 3; Versäumnisurteil vom 22. Januar 2019 - [X.], [X.] 2019, 702 Rn. 10) nichts. Die dafür in Frage kommenden Ansprüche der Fonds haben ebenfalls den Gesellschaftsvertrag zur Grundlage.

(2) Aus denselben Gründen beruht auch der mit dem Klageantrag zu 2 gegen die Beklagte zu 2 geltend gemachte Anspruch auf dem Gesellschaftsvertrag. Damit verlangt der Kläger von der [X.] zu 2 einen bestimmten Gebrauch gesellschaftsvertraglich begründeter Befugnisse.

(3) Für den hilfsweise gestellten Klageantrag zu 3 gilt nichts anderes. Diesem Antrag liegt derselbe Sachverhalt zugrunde wie dem Klageantrag zu 1.

(4) Der mit dem Klageantrag zu 4 geltend gemachte Auskunftsanspruch gegen die [X.] zu 2 und 3 ist ebenfalls auf den Gesellschaftsvertrag gestützt und deshalb nicht anders zu beurteilen.

(5) Die vorstehenden Erwägungen gelten sinngemäß auch für die gegen die [X.] zu 2 und zu 3 gerichteten Klageanträge zu 5 und 6. Auch diese Ansprüche können nicht unabhängig von den Gesellschaftsverträgen beurteilt werden.

(6) Aus denselben Gründen ist schließlich auch der gegen die [X.] zu 2 und zu 3 gerichtete Klageantrag zu 8 auf den Gesellschaftsvertrag gestützt.

cc) Die in Art. 22 Nr. 2 [X.] vorgesehene ausschließliche Zuständigkeit für bestimmte gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten steht der Anwendung von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c [X.] im Streitfall nicht entgegen.

Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift erfasst nur solche Rechtsstreitigkeiten, in denen eine Partei die Gültigkeit eines Beschlusses des Organs einer Gesellschaft im Hinblick auf das geltende Gesellschaftsrecht oder die satzungsmäßigen Vorschriften über das Funktionieren der Organe dieser Gesellschaft anficht ([X.], Urteil vom 23. Oktober 2014 - [X.], [X.], 187 Rn. 40 - [X.]; Urteil vom 2. Oktober 2008 - [X.]/07, NJW-RR 2009, 405 Rn. 26 - [X.] und Davidson).

Um eine solche Streitigkeit geht es im Streitfall nicht.

dd) Entgegen der Ansicht des vorlegenden Gerichts führt die Anwendung von Art. 15 Abs. 1 Buchst. c [X.] auf einzelne Gesellschafter nicht zu [X.], die eine einschränkende Auslegung der Norm nahelegen könnten.

Wie der Streitfall zeigt, kann die Anwendung der Vorschrift zwar dazu führen, dass der Gesellschaftsvertrag nur in Bezug auf einzelne Gesellschafter als Verbrauchervertrag anzusehen ist, während anderen Gesellschaftern die Rolle des Unternehmers zukommen kann. Diese Rollenverteilung ist aber jedem Verbrauchervertrag inhärent.

Dass sich die Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Verfolgung eines gemeinsamen Ziels verpflichten, führt für die dem Streitfall zugrundeliegende Konstellation nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Wenn ein Gesellschafter seinen Beitritt erkennbar nicht zum Zwecke einer unternehmerischen Mitwirkung, sondern zum Zwecke der privaten Vermögensanlage erklärt, führt dies ungeachtet der gemeinsamen Verfolgung des Gesellschaftszwecks zu einer unterschiedlichen Rollenverteilung, die eine unterschiedliche Rechtsstellung zur Folge haben kann. Dementsprechend ist etwa bei einer Publikumsgesellschaft eine Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss ausgeschlossen, soweit sie sich gegen Gesellschafter richten würde, die nach der Gründung der [X.] beigetreten sind und auf die Vertragsgestaltung und die Beitrittsverhandlungen und -abschlüsse erkennbar keinen Einfluss haben ([X.], Urteil vom 9. Juli 2013 - [X.], [X.] 2013, 980 Rn 28).

3. Hinsichtlich der in der [X.] bzw. in [X.] ansässigen [X.] zu 5 und zu 7 kommt die Anwendung der Art. 15 Abs. 1 Buchst. c [X.] bzw. Art. 17 Abs. 1 Buchst. c [X.] demgegenüber nicht in Betracht.

Diese [X.] sind mit dem Kläger nicht durch einen Vertrag oder durch ein vertraglich begründetes [X.] verbunden. Der Beklagte zu 5 ist nur der [X.] zu 2 durch ein gesellschaftsvertraglich begründetes [X.] und durch ein schuldrechtliches, ebenfalls vertraglich begründetes Anstellungsverhältnis verbunden. Die Beklagte zu 7 stand ausschließlich zur [X.] zu 1 in einer solchen Beziehung. Beides genügt nach den obigen Ausführungen nicht für eine Bejahung des [X.], weil diese Vertragsverhältnisse nicht in untrennbarem Zusammenhang mit den vom Kläger abgeschlossenen Gesellschaftsverträgen stehen.

4. Im Hinblick auf die übrigen [X.], die ihren Sitz in [X.] haben, stehen das [X.] und die Brüssel-Ia-Verordnung einer Gerichtsstandsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht entgegen.

V. Die unterschiedliche Ausgangslage schließt eine Gerichtsstandsbestimmung jedoch nicht vollständig aus.

1. Wenn die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands für alle [X.] nicht möglich ist, ist eine Bestimmung für einzelne Beklagte zulässig.

Bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO stehen Gesichtspunkte der [X.] und Zweckmäßigkeit im Vordergrund ([X.], Beschluss vom 27. November 2018 - [X.] 321/18, NJW-RR 2019, 238 Rn. 30).

Vor diesem Hintergrund kommt eine Gerichtsstandsbestimmung auch dann in Betracht, wenn sie zwar nicht die einheitliche Prozessführung vor einem Gericht ermöglicht, aber einer Zersplitterung entgegenwirkt, indem die Anzahl der Verfahren auf das unumgängliche Minimum beschränkt wird.

2. In Anwendung dieses Grundsatzes entspricht es im Streitfall der [X.], für die Klagen gegen die [X.] zu 2 und 3 das Landgericht [X.] und für die Klagen gegen die übrigen [X.] das [X.] als zuständiges Gericht zu bestimmen.

a) Hinsichtlich der [X.] zu 2 und 3 ist das Landgericht [X.] aus den oben dargelegten Gründen das einzige zuständige Gericht in [X.].

b) Hinsichtlich der übrigen [X.] kommt die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands in [X.] schon deshalb nicht in Betracht, weil keiner der [X.] dort seinen allgemeinen Gerichtsstand hat und Art. 6 Abs. 1 [X.] sowie Art. 8 Nr. 1 [X.] deshalb keinen Gerichtsstand in [X.] begründen.

Hinsichtlich dieser [X.] entspricht es der [X.], das [X.] als zuständiges Gericht zu bestimmen.

Dafür spricht nicht nur, dass der Rechtsstreit dort bereits anhängig ist. In diesem Bezirk liegt vielmehr auch der räumliche Schwerpunkt des Rechtsstreits.

Die Beklagte zu 1 hat dort ihren allgemeinen Gerichtsstand. Hinsichtlich der [X.] zu 5 und 7 ist deshalb, wie das vorlegende Gericht zu Recht ausgeführt hat, jedenfalls der gemeinsame Gerichtsstand nach Art. 6 Nr. 1 [X.] bzw. Art. 8 Nr. 1 [X.] begründet. Vor diesem Hintergrund erscheint es zweckmäßig, dieses Gericht auch gegenüber den [X.] zu 4, 6 und 8 für zuständig zu erklären. [X.] Anknüpfungspunkte zu den [X.] oder [X.] sind nicht ersichtlich. Sie folgen insbesondere nicht daraus, dass die [X.] zu 4 und 6 in [X.] ansässig sind und dort die Konten der Fonds geführt werden.

VI. Eine Vorlage an den [X.] ist nicht veranlasst.

Wie oben im Einzelnen dargelegt wurde, hat der Gerichtshof alle für die zu treffende Entscheidung relevanten Fragen bereits beantwortet. Die Anwendung der sich daraus ergebenden Grundsätze auf den Streitfall obliegt den nationalen Gerichten, in der vorliegenden Verfahrenslage also dem Senat.

VII. Die Bestimmung eines gesonderten Gerichtsstands für die [X.] zu 2 und 3 führt nicht automatisch zu einer Verfahrenstrennung und zur Rechtshängigkeit beim Landgericht [X.].

Wenn nach bereits erfolgter Klageerhebung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ein gemeinsamer Gerichtsstand bei einem anderen Gericht bestimmt wird, hat dies grundsätzlich allerdings zur Folge, dass die Rechtshängigkeit ohne weiteres auf dieses Gericht übergeht ([X.]/[X.], ZPO, 33. Aufl., § 37 Rn. 7). Dieser Grundsatz greift jedoch nicht, wenn nur für einzelne Beklagte ein anderer Gerichtsstand bestimmt wird. Die Entscheidung darüber, ob der Rechtsstreit gegen die einzelnen [X.] vor zwei unterschiedlichen Gerichten weitergeführt werden soll, obliegt dem Kläger. Dieser hat im Streitfall einen entsprechenden Antrag noch nicht gestellt.

Der Rechtsstreit bleibt damit zunächst insgesamt beim [X.] anhängig. Dem Kläger steht es frei, gemäß § 145 Abs. 1 und § 281 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Abtrennung des gegen die [X.] zu 2 und 3 gerichteten Verfahrens und dessen Verweisung an das Landgericht [X.] zu beantragen oder von anderen prozessualen Möglichkeiten Gebrauch zu machen.

[X.]     

      

Grabinski     

      

Hoffmann

      

Kober-Dehm     

      

Rensen     

      

Meta

X ARZ 124/20

20.10.2020

Bundesgerichtshof 10. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ARZ

vorgehend Bayerisches Oberstes Landesgericht, 5. März 2020, Az: 1 AR 88/19

Art 6 Nr 1 VollstrZustÜbk 2007, Art 15 Abs 1 VollstrZustÜbk 2007, Art 16 VollstrZustÜbk 2007, Art 17 VollstrZustÜbk 2007, Art 8 Nr 1 EUV 1215/2012, Art 17 Abs 1 EUV 1215/2012, § 36 Abs 1 Nr 3 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20.10.2020, Az. X ARZ 124/20 (REWIS RS 2020, 986)

Papier­fundstellen: MDR 2021, 473-474 WM2021,40 REWIS RS 2020, 986


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 1 AR 88/19

BayObLG München, 1 AR 88/19, 05.03.2020.


Az. X ARZ 124/20

Bundesgerichtshof, X ARZ 124/20, 20.10.2020.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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