Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.12.2010, Az. 10 AZR 562/08

10. Senat | REWIS RS 2010, 602

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Gegenstand

Internationale Zuständigkeit - Anwendbarkeit des Luganer Übereinkommens - Gerichtsstandsvereinbarung in einem Aufhebungsvertrag


Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 22. April 2008 - 7 [X.]/06 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Inhalt einer Aufhebungsvereinbarung und dabei vorab über die internationale Zuständigkeit der [X.] [X.]erichte.

2

Der Kläger ist [X.] [X.]taatsbürger und wohnte in [X.] Er war Inhaber eines Unternehmens, das Fertigbackprodukte herstellt.

3

Mit notariellem Vertrag vom 2. April 2001 veräußerte er sein Unternehmen an die in [X.] ansässige Beklagte, ein Mitglied der international tätigen [X.]-[X.]ruppe. Die Muttergesellschaft, die [X.] A[X.], hat ihren [X.]itz in [X.]/[X.] ([X.]hweiz). In § 1 Abs. 2 des Vertrags war als aufschiebende Bedingung [X.]. der Abschluss eines [X.] vereinbart worden. Deshalb schlossen die Parteien am selben Tag einen von dem [X.] Notar U [X.] öffentlich beurkundeten „Anstellungsvertrag“, der auszugsweise folgende Regelungen enthält:

        

§ 1   

        

[X.]rundsatz

        

(1)     

Die Parteien haben mit heutigem Datum einen Vertrag („[X.]“) über den Verkauf der Einzelunternehmung der „[X.]. [X.]“ durch [X.] (Verkäufer) an die A. [X.] [X.]mb[X.] (Käuferin) abgeschlossen. Die vorliegende Vereinbarung gilt nur unter der Voraussetzung, dass der vorerwähnte Kaufvertrag zwischen [X.] und der A. [X.] [X.]mb[X.] rechtsgültig abgeschlossen und vollzogen wird.

        

(2)     

Diese Vereinbarung bezweckt den Einsatz des Arbeitnehmers und dessen Pflichten nach Abschluss des in Ziff. 1.1 genannten Kaufvertrages. Dieser Arbeitsvertrag wird rückwirkend mit Wirkung per 1. Jan[X.]r 2001 abgeschlossen.

        

(3)     

[X.]oweit [X.] eine Tätigkeit in der [X.]hweiz übernimmt, verpflichtet sich die Arbeitgeberin hierfür die gesetzlich geforderte Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung einzuholen.

        

§ 2     

        

Tätigkeitsbereich

        

(1)     

Der Arbeitnehmer ist insbesondere für folgende Tätigkeitsbereiche angestellt:

                 

a)    

um die umsatz- und ertragsmäßig nachhaltige Überführung der „[X.] Produkte-[X.]ysteme“ in die [X.]-[X.]ruppe sicherzustellen, und

                 

b)    

als Fachperson für den Auf- und Ausbau von Logistik und Logistikkonzepten zugunsten aller zur A. [X.] [X.]olding A[X.] ([X.]-[X.]ruppe) gehörenden Unternehmungen.

        

(2)     

[X.] ist direkt dem CEO, [X.]errn A [X.], und dem [X.]tellvertreter des CEO, [X.]errn A A, unterstellt. [X.]oweit die Tätigkeit direkt oder indirekt mit Planung und Umsetzung von Maßnahmen oder Investitionen in nationalen Märkten mit einem [X.] [X.]eschäftsführer erfolgen, erfolgt die Tätigkeit von [X.] in Abstimmung mit dem jeweils lokalen [X.]eschäftsführer.

        

§ 3     

        

Beginn und Ende der Arbeitszeit

        

(1)     

Das Arbeitsverhältnis beginnt mit Unterzeichnung des [X.]es rückwirkend per 1.1.2001. Eine Probezeit wird nicht vereinbart. Der Arbeitsort ist grundsätzlich der [X.]itz der A. [X.] [X.]olding A[X.] in der [X.]hweiz oder am [X.]itz einer ihrer Tochtergesellschaften in der [X.]hweiz.

        

(2)     

Das Arbeitsverhältnis ist von [X.]eiten der Arbeitgeberin unkündbar auf eine feste Dauer geschlossen und endet - soweit die Parteien keine Verlängerung vorsehen - am 31.12.2005. [X.] kann jeweils bis zum 30.6. eines jeden Jahres zum jeweiligen Jahresende kündigen. Jede Kündigung hat schriftlich zu erfolgen. Bei einer Kündigung wird das [X.]ehalt lediglich zeitanteilig bezahlt.

        

§ 4     

        

Arbeitszeit

                 

Die Arbeitszeit wird individuell mit der Arbeitgeberin vereinbart. Allfällige Überstunden sind durch das Monatsgehalt abgegolten und werden nicht zusätzlich entschädigt. [X.]rundsätzlich ist [X.] bei der Einteilung seiner Arbeitszeiten frei. Nebentätigkeiten, die mit einem unerheblichen zeitlichen Aufwand verbunden sind, werden dem Arbeitnehmer hiermit gestattet.

        

§ 5     

        

[X.]ehalt

        

(1)     

[X.] erhält für seine Tätigkeit ein Jahresgehalt von brutto [X.] 450'000,-- und ein Pauschalspesenbetrag von [X.] 50'000,-- (oder die diesen [X.]ummen entsprechenden Beträge in [X.] oder [X.]franken), worin das 13. Monatsgehalt und Weihnachtsgeld eingeschlossen ist. Das Jahresgehalt ist monatlich - bis spätestens am 25. des Monats - in gleich hohen Teilbeträgen auf das von [X.] der Arbeitgeberin angegebene Konto einzuzahlen.

        

(2)     

Die im Rahmen der beruflichen Tätigkeit von [X.] anfallenden Reisespesen, Kosten und Aufwendungen, werden ihm von der Arbeitgeberin erstattet, sofern die Betriebsbedingtheit offensichtlich ist oder diese von [X.] belegt wird. [X.]tellt die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer Kreditkarten zur Verfügung, sind diese ausschließlich zur Bezahlung der Berufsauslagen zu verwenden. Im übrigen gilt für die [X.]pesenabrechnung das [X.]pesenreglement oder die allgemeine [X.]pesen-Regelung der [X.]-[X.]ruppe, die diesem Vertrag in ihrer zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültigen Fassung als Anlage angefügt ist.

        

(3)     

[X.]emäß dem auf das Mitarbeiterbeteiligungsregelement erlassenen [X.] erhält [X.] zusätzlich einen Anspruch auf Aktien im [X.]egenwert von jährlich brutto [X.] 500'000,-- pro rata gestützt auf die Zielerreichung; die vorbezeichneten Aktien sind insbesondere unter Berücksichtigung der Umsatzzahlen des von [X.] veräußerten Unternehmens sowie unter Berücksichtigung der von [X.] sonstwie in der [X.]-[X.]ruppe über das relevante Jahr geleisteten Projektarbeiten auszugeben.

        

§ 6     

        

[X.]ozialversicherungen

        

(1)     

[X.]ofern der vorliegende Vertrag keine vom [X.]esetz abweichende Lösung vorsieht, erfolgen die Leistungen und Abrechnungen für die vorgeschriebenen [X.]ozialversicherungen nach [X.]esetz.

        

(2)     

[X.] wird als leitender Angestellter gegen Berufs- und Nichtberufsunfälle versichert. Die Prämie für die [X.] und jene für Nichtberufsunfälle sind vom Arbeitnehmer zu tragen.

        

(3)     

Bei Krankheit bezahlt die Arbeitgeberin den Lohn die ersten zwei Monate voll. Danach erhält [X.] die von der Krankentaggeldversicherung zu erbringenden Leistungen während maximal 720 Tagen, die nicht weniger als 80% des Lohnes betragen sollen. Die Prämie ist je hälftig zu tragen.

        

(4)     

[X.] wird im Rahmen der Personalvorsorgeeinrichtung im Umfang der gesetzlichen Vorschriften versichert. Die Prämie geht zu Lasten des Arbeitnehmers. Es steht [X.] frei, zur Versicherung des über das BV[X.]-Maximum hinausgehenden Lohnes der Kaderversicherung beizutreten.

        

§ 7     

        

[X.]teuern

        

[X.]ofern die aus diesem Arbeitsvertrag an [X.] geleisteten Entschädigungen der [X.]ischen Quellensteuer unterliegen, ist die Arbeitgeberin für die korrekte Abrechnung und Abführung der [X.]teuern gegenüber den Behörden verantwortlich. Für allfällige in [X.] zu bezahlende [X.]teuern ist [X.] selber verantwortlich.

        

...     

        

§ 12   

        

Konkurrenzverbot

        

(1)     

Für die Zeit der Anstellung von [X.] gilt das Konkurrenzverbot und die entsprechende Vertragsstrafe gemäß [X.] als auch für diesen Anstellungsvertrag maßgeblich.

        

(2)     

[X.] verpflichtet sich, nach Ablauf der festen Vertragsdauer oder nach Ausscheiden aus der [X.]-[X.]ruppe während 2 Jahren in keinem anderen [X.]eschäft in der gleichen Branche tätig zu sein. Dieses Konkurrenzverbot gilt für alle Länder, in denen die A. [X.] [X.]olding A[X.] zum Zeitpunkt des Ausscheidens von [X.] tätig ist.

        

(3)     

Für den Fall von Zuwiderhandlungen gegen die [X.]eheimhaltungspflicht und das Konkurrenzverbot gemäß § 12 (2) verpflichtet sich [X.] zu einer Zahlung einer Konventionalstrafe von C[X.]F 100'000,-- (hunderttausend Franken) für jeden Übertretungsfall. Die Bezahlung der Konventionalstrafe enthebt ihn nicht von der Einhaltung des Verbotes. Der Arbeitgeberin bleiben neben der hier vorgesehenen Konventionalstrafe sämtliche [X.]hadenersatzansprüche erhalten.

        

...     

        
        

§ 14   

        

Weitere Bestimmungen

        

(1)     

Dieser Vertrag tritt soweit die Anstellung in der [X.]hweiz betroffen ist nur in [X.], wenn sämtliche zum Arbeitsantritt erforderlichen Bewilligungen erteilt werden. Die Anstellung für Tätigkeiten in [X.] sind davon nicht betroffen.

        

...     

        
        

(4)     

Der vorliegende Vertrag untersteht [X.]ischem Recht. Der [X.]erichtsstand ist [X.]/Zürich.

        

...“   

        

4

Der Kläger erhielt keine Arbeitsgenehmigung für die [X.]hweiz. In [X.] erfolgte keine Arbeitsaufnahme.

5

Nachdem die Beklagte im April 2002 eine Aufstellung über ihre gegenüber dem Kläger bestehenden Zahlungsverpflichtungen einschließlich der „[X.]eldforderung aus Arbeitsvertrag“ und „Aktien aus Arbeitsvertrag“ für die Dauer von fünf Jahren angefertigt hatte, zahlte sie in der Folgezeit den errechneten Betrag an den Kläger, ohne [X.]teuern abzuführen.

6

Nach Unstimmigkeiten über die tatsächliche Durchführung des [X.] und um den Unternehmenskauf nicht zu gefährden, schlossen die Parteien am 18. Juni 2002 in [X.] eine notarielle Aufhebungsvereinbarung, in der [X.]. geregelt ist:

        

§ 1   

        

[X.]rundsatz

        

(1)     

Der Arbeitnehmer hat am 2. April 2001 mit der Arbeitgeberin einen Anstellungsvertrag abgeschlossen, der durch den aargauischen Notar U [X.] mit Büro in C[X.] Br öffentlich beurkundet worden ist.

        

(2)     

Der Anstellungsvertrag mit einer Dauer von insgesamt fünf Jahren bis Ende 2005 wurde von den Parteien im Rahmen des [X.]es abgeschlossen, bei dessen Durchführung sich herausgestellt hat, dass die Durchführung nicht möglich war. Er soll deshalb nach dem Willen der Parteien im Rahmen einer [X.]esamtabrechnung aufgehoben und im Rahmen der vorliegenden Vereinbarung definitiv und beiderseits abschließend verbindlich abgerechnet werden.

        

§ 2     

        

Aufhebung des Anstellungsvertrages

        

(1)     

Der Anstellungsvertrag vom 2. April 2001 wird im gegenseitigen Einvernehmen auf Veranlassung des Arbeitgebers rückwirkend mit Wirkung per 31.12.2001 aufgehoben.

        

(2)     

[X.]ämtliche Ansprüche der Parteien dieser Vereinbarung aus dem Anstellungsvertrag werden im Rahmen der [X.]esamtabrechnung verbindlich festgelegt und endgültig abgerechnet. Die Zahlung aus der [X.]esamtabrechnung erfolgt am 30. Juni 2002 auf das der Käuferin bekannte Konto des Verkäufers bei der [X.] in E.

        

(3)     

Der Arbeitnehmer tritt zum Zeitpunkt der Zahlung aus der [X.]esamtabrechnung in sämtliche Rechte und Pflichten des Leasingvertrages über den von ihm gegenwärtig gehaltenen, gemäß § 8 des Anstellungsvertrages zur Verfügung gestellten [X.]eschäftswagen ein.

        

(4)     

Die Parteien vereinbaren, dass das Konkurrenzverbot gemäß § 12 Abs. 2 und 3 des Anstellungsvertrages ausdrücklich weiter besteht. Im übrigen wird der § 12 mit Unterschrift beider Parteien unter diese Vereinbarung wirkungslos. Die Unterschrift des Verkäufers unter diese Vereinbarung gilt als Ablauf der festen Vertragsdauer im [X.]inne § 12 Abs. 2 des Anstellungsvertrages vom 2.4.2001. Im [X.]inne von § 12 Abs. 2 ist die A. [X.] [X.]olding A[X.] bei Beendigung des Anstellungsvertrages in den in der dieser Urkunde beigefügten

        

Anlage 1

                 

bezeichneten Märkten tätig.

        

(5)     

Nach vollständiger Erfüllung der [X.]esamtabrechnung erklären sich die Parteien für alle gegenseitigen Ansprüche aus Anstellungsvertrag und aus den daraus folgenden Rechtsverhältnissen als vollständig und abschließend auseinandergesetzt. Der Arbeitnehmer wird mit Unterschrift unter diese Vereinbarung unwiderruflich und rückwirkend ab Bestehen des Anstellungsvertrages von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt. Außerdem verzichtet die Arbeitgeberin mit Unterschrift unter diese Vereinbarung auf sämtliche Rechenschaftslegungs- und [X.]erausgaberechte und -ansprüche aufgrund des Anstellungsvertrages, soweit nicht ein Fall von § 12 Abs. 2 oder 3 vorliegt. Die Arbeitgeberin stellt den Arbeitnehmer von allen Ansprüchen frei, die aus, aufgrund oder im Zusammenhang mit dem Arbeitsvertrag gegen ihn geltend gemacht werden. Dies gilt insbesondere für sämtliche [X.]teuern und Abgaben.

        

(6)     

[X.]ollte die [X.]esamtabrechnung bis zum 30. Juni 2002 nicht durchgeführt sein, ist der Arbeitnehmer berechtigt, von dieser Aufhebungsvereinbarung zurückzutreten. In diesem Fall entfallen sämtliche Wirkungen dieser Vereinbarung bis auf die in § 2 (5) [X.]. 2 normierte Regelung. Die [X.]esamtabrechnung gilt als durchgeführt, wenn der laut [X.]esamtabrechnung geschuldete [X.]eldbetrag auf dem Konto des Arbeitnehmers wertgestellt ist.

        

(7)     

Tritt der Arbeitnehmer von dieser Vereinbarung zurück, ist er berechtigt, die sich aus dem Anstellungsvertrag für den [X.] bis zum 31.12.2005 ergebende [X.]esamtforderung sofort und undiskontiert gegen die Arbeitgeberin fällig zu stellen und einzuklagen sowie den Anstellungsvertrag fristlos zu kündigen. Das gilt entsprechend für den Anspruch auf Aktien aus dem Anstellungsvertrag.

        

§ 3     

        

Übrige Bestimmungen

        

(1)     

Diese Vereinbarung ersetzt alle im Zusammenhang mit den Verhandlungen hinsichtlich dieser Vereinbarung abgegebenen schriftlichen und mündlichen Willenserklärungen der Parteien und deren Berater, auch soweit diese Erklärungen vom Inhalt dieser Vereinbarung abweichen sollten.

        

(2)     

Änderungen und Ergänzungen dieser Vereinbarung bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der [X.]hriftform und müssen von beiden Parteien unterzeichnet werden. [X.]leiches gilt für eine Abänderung dieses [X.]hriftformerfordernisses.

        

(3)     

[X.]ollten sich einzelne Bestimmungen oder Teile dieses Vertrages als nichtig oder unwirksam erweisen, so wird dadurch die [X.]ültigkeit des Vertrages im übrigen nicht berührt. Die Parteien werden in einem solchen Fall den Vertrag so anpassen, dass der mit dem nichtigen oder unwirksam gewordenen Teil angestrebte Zweck soweit wie möglich erreicht wird.

        

(4)     

Der vorliegende Vertrag untersteht [X.] Recht. Der [X.]erichtsstand ist [X.]/Zürich.

        

...“   

        

7

Nach einer Betriebsprüfung zog das zuständige Finanzamt den Kläger mit Bescheid vom 16. Febr[X.]r 2006 zur Zahlung von Einkommensteuer für das [X.] auf das von ihm bezogene Arbeitsentgelt heran. Die Einkommensteuer setzte es auf 1.019.791,82 [X.] fest, die steuerliche Nebenforderung auf 75.794,00 [X.]. Auf den Einspruch des [X.] ordnete das Finanzamt das Ruhen des [X.] an, nachdem der Kläger erklärt hatte, die Aussetzung der Vollziehung werde nicht beantragt und die [X.]teuerschuld fristgerecht beglichen.

8

Mit der der [X.] am 24. Juli 2006 zugestellten Klage hat der Kläger einen Teilbetrag für die steuerliche [X.]auptforderung in [X.]öhe von 100.000,00 [X.] und einen Teilbetrag für die steuerlichen Nebenforderungen in [X.]öhe von 7.500,00 [X.] geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nach § 2 Abs. 5 der Aufhebungsvereinbarung vom 18. Juni 2002 zur Übernahme der auf den abgerechneten Arbeitslohn entfallenden [X.]teuern verpflichtet. Aufgrund des inländischen [X.]itzes der [X.] sei die Zuständigkeit der [X.] Arbeitsgerichte gegeben. Die vor Entstehen der [X.]treitigkeit getroffene Vereinbarung des [X.] [X.]erichtsstands sei unwirksam.

9

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 100.000,00 [X.] zuzüglich Zinsen in [X.]öhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn steuerliche Nebenleistungen i[X.]v. § 223a AO in [X.]öhe von 7.500,00 [X.] zuzüglich Zinsen in [X.]öhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. [X.]ie hat im Wesentlichen vorgetragen: Die [X.] Arbeitsgerichte seien unzuständig. Durch die [X.]erichtsstandsvereinbarung in § 3 Abs. 4 der Aufhebungsvereinbarung vom 18. Juni 2002 hätten die Parteien eine Zuständigkeit der [X.] [X.]erichte nach Art. 54b Abs. 2 [X.] Übereinkommen (Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und [X.]andelssachen, abgeschlossen in [X.] am 16. [X.]eptember 1988; im Folgenden: [X.]) wirksam begründet und die Zuständigkeit der [X.] [X.]erichte abbedungen. Eine solche Derogation habe keinen Einschränkungen unterlegen. Es liege ein [X.]treit in unmittelbarem Zusammenhang mit dem [X.] vom 2. April 2001 vor. Weder beim Anstellungsvertrag vom 2. April 2001 noch bei der Aufhebungsvereinbarung vom 18. Juni 2002 handele es sich um einen „individuellen Arbeitsvertrag“ i[X.]d. Art. 17 Abs. 5 [X.]. Es fehle an einem wirksam in Vollzug gesetzten Arbeitsverhältnis. Die [X.]erichtsstandsvereinbarung im Aufhebungsvertrag sei erst nach der Entstehung der [X.]treitigkeit i[X.]d. Art. 17 Abs. 5 [X.] geschlossen worden. Die [X.]esamtabrechnung und die Aufhebungsvereinbarung hätten den [X.]treit beenden und die Vertragsbeziehung endgültig abwickeln sollen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] das Urteil des Arbeitsgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Arbeitsgericht zurückverwiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das [X.] hat zu Recht die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte angenommen und den Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Arbeitsgericht zurückverwiesen. Der Rechtsstreit fällt in die ausschließliche Zuständigkeit der [X.] Gerichte. Die von den Parteien in der Aufhebungsvereinbarung vom 18. Juni 2002 vereinbarte Derogation und Zuständigkeit des [X.] Gerichts am Standort [X.]/[X.] ist unzulässig.

I. Die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte, die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. [X.] 16. Februar 2000 - 4 [X.] - zu I der Gründe, [X.]E 93, 328; 13. November 2007 - 9 [X.] - Rn. 16, [X.]E 125, 24; B GH 2.  März 2010 - VI ZR 23/09 - Rn. 7, [X.]Z 184, 313), bestimmt sich im Streitfall nach dem [X.] Übereinkommen.

1. Grundsätzlich folgt die internationale Zuständigkeit der örtlichen Zuständigkeit nach den §§ 12 ff. ZPO ([X.] 17. Juli 1997 - 8 [X.] - zu II 1 a der Gründe, [X.] ZPO § 38 Internationale Zuständigkeit Nr. 13 = EzA ZPO § 23 Nr. 1; 9. Oktober 2002 - 5 [X.] - zu I 2 der Gründe, [X.] ZPO § 38 Internationale Zuständigkeit Nr. 18 = EzA ZPO 2002 § 29 Nr. 1; 1. Juli 2010 - 2 [X.]/09 - zu II 2 der Gründe; [X.] 2. März 2010 - VI ZR 23/09 - Rn. 7, [X.]Z 184, 313). Fällt ein Rechtsstreit nach den §§ 12 ff. ZPO in die örtliche Zuständigkeit eines [X.] Gerichts, ist die internationale Zuständigkeit regelmäßig indiziert und sind die [X.] Gerichte auch im Verhältnis zu einem ausländischen Gericht zuständig ([X.] 15. Februar 2005 - 9 [X.] - zu [X.] 1 der Gründe, [X.]E 113, 327). Allerdings sind bei Beurteilung der internationalen Zuständigkeit die Regelungen der [X.] oder des [X.] Übereinkommens zu beachten. Diese sind vorrangig und verdrängen die nationalen zivilprozessualen Regelungen ([X.] 23. Januar 2008 - 5 [X.] - Rn. 12, [X.] ZPO § 38 Internationale Zuständigkeit Nr. 22 = EzA [X.]-Vertrag 1999 Verordnung 44/2001 Nr. 1; 24. September 2009 - 8 [X.] - [X.] [X.] Art. 18 Nr. 1 = EzA [X.]-Vertrag 1999 Verordnung 44/2001 Nr. 4; 1. Juli 2010 - 2 [X.]/09 - Rn. 23; 20. August 2003 - 5 [X.] - zu I der Gründe, [X.]E 107, 178; [X.] 21. November 1996 - IX ZR 264/95 - zu [X.] 2 a der Gründe, [X.]Z 134, 127; [X.]/[X.]hütze EuZVR 3. Aufl. A 1 [X.]. Rn. 53; Kropholler Europäisches Zivilprozessrecht 8. Aufl. [X.]. Rn. 68 und Art. 23 Rn. 16; Nagel/[X.] Internationales Zivilprozessrecht 6. Aufl. § 3 Rn. 17; [X.]/[X.] Aufl. § 38 Rn. 23; Musielak/[X.] ZPO 7. Aufl. [X.]. Rn. 5; Musielak/[X.] § 38 Rn. 4 und Musielak/[X.] Art. 18 [X.] Rn. 1; [X.] ZPO 22. Aufl. § 38 Rn. 22; [X.]/Vollkommer ZPO 28. Aufl. § 38 Rn. 24; [X.] 2000, 81, 82). Danach sind allein die Regelungen des [X.] Übereinkommens von den Gerichten eines Mitgliedstaats anzuwenden, wenn die maßgeblichen Bezugspunkte über den Kreis der [X.] hinausgehen und auf einen sog. „[X.] Staat“ verweisen (vgl. § 54b Abs. 2 [X.]), was vor allem der Fall ist, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einem sog. „[X.] Staat“ hat oder die Gerichte eines „[X.] Staats“ aufgrund von Art. 16, 17 [X.] ausschließlich zuständig sind (Kropholler [X.]. Rn. 69).

2. Die Regelungen des [X.] Übereinkommens sind im Streitfall anzuwenden.

a) Vielfach wird allerdings die Auffassung vertreten, bei einem „reinen“ Inlandsfall ([X.]hlosser EU-Zivilprozessrecht 3. Aufl. Art. 23 [X.] Rn. 6; Musielak/[X.] Art. 23 [X.] Rn. 1) komme eine Anwendung des [X.] Übereinkommens nicht in Betracht. Die Parteien könnten hier eine Derogation nach nationalem Recht vornehmen, ein internationaler Bezug könne nicht allein durch die Wahl eines ausländischen Gerichts hergestellt werden ([X.]hlosser aaO; [X.] 1999, 244; [X.][X.] § 3 Rn. 134; [X.]/[X.] 2. Aufl. Art. 17 EuGVÜ Rn. 2; [X.]/[X.] 1989, 80; [X.]hack Internationales Zivilverfahrensrecht 5. Aufl. Rn. 527).

b) Obwohl beide Parteien ihren Wohn- bzw. Geschäftssitz in der [X.] haben, kann dahingestellt bleiben, ob in einem „reinen Inlandsfall“ die Anwendung des [X.] Übereinkommens stets ausscheidet. Es handelt sich nämlich nicht um einen derartigen Sachverhalt, da hinreichende Berührungspunkte zu einem anderen Vertragsstaat des [X.] Übereinkommens vorhanden sind. Bei der Realisierung des [X.] sollten nicht nur die wesentlichen Arbeitsleistungen des [X.] in der [X.]hweiz, vor allem bei der Muttergesellschaft, erbracht werden, sondern es sollte auch das [X.]ische Arbeitsrecht zur Anwendung kommen. Solche Bezugspunkte zu einem Vertragsstaat des [X.] Übereinkommens reichen grundsätzlich aus, um zur Anwendung des [X.] Übereinkommens zu gelangen (vgl. Kropholler Art. 23 Rn. 15; Nagel/[X.] § 3 Rn. 133 f.; [X.] 2000, 81, 83). Von der Rechtsprechung wird nur ein Bezug zu mindestens einem (weiteren) Vertragsstaat verlangt (vgl. [X.] 21. November 1996 - IX ZR 264/95 - zu [X.] 2 a der Gründe, [X.]Z 134, 127; 24. N ovember 1989 - [X.] ZR 150/87 - NJW 1986, 1438; siehe auch [X.] 1. März 2005 - [X.]/02 - Rn. 25, Slg. 2005, I-1383).

II. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte nach den Regelungen des [X.] Übereinkommens gegeben.

1. Die Beklagte hat ihren Sitz in der [X.], also in einem Vertragsstaat des [X.] Übereinkommens. Sie kann aufgrund ihres Sitzes vor den [X.] Gerichten ohne Weiteres verklagt werden (Art. 2 Abs. 1, Art. 53 Abs. 1 Satz 1 [X.]).

2. Die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte ist nicht aufgrund des in der Aufhebungsvereinbarung vom 18. Juni 2002 (§ 3 Abs. 4 Satz 2) vereinbarten Gerichtsstands in [X.]/[X.] ([X.]hweiz) ausgeschlossen. Diese Gerichtsstandsvereinbarung ist unzulässig. Sie konnte den Rechtsstreit genauso wenig wie die Gerichtsstandsvereinbarung im Anstellungsvertrag vom 2. April 2001 (§ 14 Abs. 4 Satz 2) wirksam an die [X.] Gerichte derogieren. Es liegt kein Anwendungsfall der Art. 16 oder 17 [X.] vor, der eine ausschließliche internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte begründen könnte.

a) Die Voraussetzungen für eine ausschließliche Zuständigkeit nach Art. 16 [X.] sind offensichtlich nicht gegeben.

b) Die Voraussetzungen von Art. 17 [X.] liegen nicht vor.

aa) Die nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 [X.] an sich gegebene Prorogationsfreiheit wird durch Art. 17 Abs. 5 [X.] wegen der besonderen [X.]hutzbedürftigkeit der Arbeitnehmer für das Arbeitsrecht beschränkt (Kropholler Art. 18 Rn. 1; [X.] 2000, 81, 82). Nach § 17 Abs. 5 [X.] haben „bei individuellen Arbeitsverträgen Gerichtsstandsvereinbarungen nur dann rechtliche Wirkung, wenn sie nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen werden“. Mit dieser Regelung sollen Vereinbarungen verhindert werden, die es den Arbeitsvertragsparteien ohne Weiteres ermöglichen würden, Gerichtsstände „abzuwählen“ und damit den Arbeitnehmerschutz praktisch zu konterkarieren (vgl. [X.] AR-Blattei-SD Arbeitsgerichtsbarkeit Stand Dezember 2007 160.5.5 Rn. 310; [X.] NZA 2005, 199, 201).

bb) Den Rechtsbeziehungen der Parteien liegt ein individueller Arbeitsvertrag iSd. Art. 17 Abs. 5 [X.] zugrunde.

(1) Der Begriff des Arbeitsvertrags ist nicht nach nationalen Kriterien zu bestimmen, sondern als genuiner Begriff des [X.] Übereinkommens autonom auszulegen (zur autonomen Auslegung solcher internationalen Regelungen: [X.] 10. April 2003 - [X.]/00 - Rn. 16, Slg. 2003, [X.]; [X.] 20. August 2003 - 5 [X.] - zu II 1 b und 2 sowie [X.] 1 der Gründe, [X.]E 107, 178; [X.]/[X.] Europäisches Zivilprozessrecht 2. Aufl. Art. 18 [X.] I-VO Rn. 4 f.; [X.]/[X.]hütze [X.] Art. 18 Rn. 16; Kropholler Art. 18 Rn. 2; Musielak/[X.] Art. 18 [X.] Rn. 2; [X.]hlosser Art. 18 [X.] Rn. 1). Unter dem Begriff des „individuellen Arbeitsvertrages“ ist eine Vereinbarung zu verstehen, die eine abhängige, weisungsgebundene Tätigkeit für eine bestimmte Dauer zum Inhalt hat, bei der der Arbeitnehmer regelmäßig in einer bestimmten Weise in den Betrieb des Arbeitgebers eingebunden ist und für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält ([X.] 24. September 2009 - 8 [X.] - Rn. 40 mit Nachw. aus der [X.]. des [X.], [X.] [X.] Art. 18 Nr. 1 = EzA [X.]-Vertrag 1999 Verordnung 44/2001 Nr. 4). Dass eine [X.] und wirtschaftliche Abhängigkeit der schwächeren Partei besteht, wirkt indiziell, ist aber für sich allein weder erforderlich noch ausreichend ([X.] AR-Blattei-SD Arbeitsgerichtsbarkeit 160.5.5, Rn. 109 unter Bezugnahme auf den [X.] [X.] 17. November 2004 [X.] 2005, 311, 312; Musielak/[X.] Art. 18 [X.] Rn. 2). Ebenso wenig ist die Höhe der Vergütung für die Qualifizierung als Arbeitsverhältnis von Belang (vgl. [X.] 19. November 2002 - [X.]/00 - Rn. 32, Slg. 2002, [X.]), auch nicht die Gewährung einer anteiligen Erfolgsvergütung oder die Bezahlung durch Gesellschaftsanteile (vgl. [X.] RIW 2004, 167, 171). Der Begriff „individuell“ grenzt den Arbeitsvertrag lediglich von kollektiven Vereinbarungen wie Tarifvertrag, Betriebs- und Dienstvereinbarung ab (Kropholler Art. 18 Rn. 2; Musielak/[X.] Art. 18 [X.] Rn. 2; [X.] NZA 2005,199, 201).

(2) In Anwendung dieser Grundsätze kann der Anstellungsvertrag vom 2. April 2001 ohne Weiteres als individueller Arbeitsvertrag iSd. Art. 17 Abs. 5 [X.] qualifiziert werden. Die Parteien haben ausdrücklich einen Anstellungsvertrag vereinbart und das Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis bezeichnet. [X.]äß § 2 Abs. 1 Buchst. a des [X.] war der Kläger verpflichtet, die „umsatz- und ertragsmäßig nachhaltige Überführung der [X.] in die H-Gruppe sicherzustellen“. Als „Fachperson für den Auf- und Ausbau von Logistik und Logistikkonzepten“ (§ 2 Abs. 1 Buchst. b des [X.] war er dem „[X.]EO“ der [X.] und dessen Stellvertreter unterstellt. Eine solche Unterstellung lässt regelmäßig darauf schließen, dass der [X.] den Weisungen der übergeordneten Person nachzukommen hat. Auch die weitere Vertragsterminologie (ua. Einsatz des Arbeitnehmers, dieser Arbeitsvertrag, Arbeitgeberin, Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung, Beginn und Ende der Arbeitszeit, Erholungsurlaub) spricht eindeutig für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses. Demnach kommt dem Umstand, dass der Kläger seine Arbeitszeit „individuell mit der Arbeitgeberin vereinbaren“ konnte, ebenso wenig eine entscheidende Bedeutung zu, wie dessen „grundsätzliche“ Freiheit, sich seine Arbeitszeit einteilen zu können (§ 4 Satz 3 des [X.]). Die Revision stellt den vom [X.] rechtsfehlerfrei begründeten [X.]harakter des [X.] als Arbeitsvertrag auch nicht infrage.

(3) Keine andere Beurteilung gilt für die Vereinbarung vom 18. Juli 2002, die das bisherige Arbeitsverhältnis und den ihm zugrunde liegenden individuellen Arbeitsvertrag zum 31. Dezember 2001 aufheben und beenden sollte. Eine solche Aufhebungsvereinbarung erfüllt das Tatbestandsmerkmal „individueller Arbeitsvertrag“ (vgl. [X.] NZA 2005, 199, 201; [X.]hlosser Art. 21 [X.] Rn. 2; im Ergebnis auch [X.]/[X.] Art. 18 [X.] I-VO Rn. 9). Sie regelt arbeitsvertragliche Rechte und Pflichten und bezweckt die Abwicklung der entsprechenden Ansprüche, insbesondere der Vergütungsansprüche. Gerade auch die hier umstrittene Regelung über Steuern und Abgaben steht mit diesen und damit mit dem Arbeitsvertrag im unmittelbaren Zusammenhang. Würde man hingegen solche Aufhebungsverträge aus dem Regelungsbereich des Art. 17 Abs. 5 [X.] ausnehmen, wäre der Arbeitnehmer, der die Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrags und damit in der Sache die Fortgeltung des Arbeitsvertrags geltend macht, entgegen dem Zweck der Prorogationsvorschrift nicht geschützt (vgl. [X.] AR-Blattei-SD Arbeitsgerichtsbarkeit 160.5.5 Rn. 173 f.).

Der Zweck der Abwicklung und Absicherung des Unternehmenskaufs steht dem nicht entgegen. Regeln die Parteien in einem Aufhebungsvertrag die Modalitäten der Beendigung ihrer arbeitsvertraglichen Beziehung sowie - wie im Streitfall - weitere Streitfragen, die außerhalb des Arbeitsrechts liegen, ändert dies an der Beurteilung des Vertrags zumindest dann nichts, wenn die Gerichtsstandsvereinbarung auch auf die arbeitsrechtlichen Fragen und Regelungen Anwendung finden soll. Andernfalls stünde der dem Arbeitnehmer durch Art. 17 Abs. 5 [X.] gewährte [X.]hutz zur Disposition der Arbeitsvertragsparteien. Dies wäre nicht mit dem Sinn und Zweck der Prorogationsregelung in Einklang zu bringen. Die Gerichtsstandsvereinbarung im Aufhebungsvertrag ist deshalb an Art. 17 Abs. 5 [X.] zu messen. Sie fällt nicht aus dem Anwendungsbereich dieser Norm.

(4) Der weitere Einwand der Beklagten, es liege kein „individueller Arbeitsvertrag“ vor, weil der Anstellungsvertrag vom 2. April 2001 als ein [X.]heingeschäft nach § 117 Abs. 1 BGB unwirksam gewesen sei, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Das [X.] hat die Voraussetzungen eines [X.]heingeschäfts nicht festgestellt. Im Übrigen stützt der Kläger seinen [X.] nicht auf die Bestimmungen des [X.] vom 2. April 2001, sondern auf § 2 Abs. 5 Satz 4 und 5 der Vereinbarung vom 18. Juni 2002.

(5) Entsprechendes gilt für den Einwand, der Anstellungsvertrag vom 2. April 2001 sei aufgrund der nicht eingetretenen Bedingung in § 14 Abs. 1 nicht wirksam geworden. Die Parteien haben den von dem Anstellungsvertrag abhängig gemachten Unternehmenskauf gerade nicht in Frage gestellt.

(6) Die Regelung des Art. 17 Abs. 5 [X.] ist auch nicht teleologisch zu reduzieren. § 17 Abs. 5 [X.] enthält keine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit (vgl. [X.] 24. März 2009 - 9 [X.] - Rn. 67, [X.]E 130, 119). Weder dem Wortlaut oder der Systematik des [X.] Übereinkommens noch aus dessen Sinn und Zweck lässt sich entnehmen, die Vertragsstaaten hätten die Arbeitsverhältnisse leitender Angestellte aus dem Anwendungsbereich des Art. 17 Abs. 5 [X.] ausnehmen wollen. Leitende Angestellte sind ungeachtet ihrer Leitungsfunktion Arbeitnehmer und unterfallen als solche dem Regelungsbereich der Vorschrift ([X.] AR-Blattei-SD Arbeitsgerichtsbarkeit 160.5.5 Rn. 113). Auch der von der Beklagten behauptete Umstand, Arbeitnehmer in leitender Position verfügten über überdurchschnittliche Rechtskenntnisse, rechtfertigt es nicht, sie aus dem Anwendungsbereich der Norm auszunehmen.

cc) Die Parteien haben die Gerichtsstandsvereinbarung nicht nach dem Entstehen der Streitigkeit geschlossen.

(1) Nach Entstehung der Streitigkeit wird eine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen, wenn die Parteien nach Abschluss des [X.] über einen bestimmten Punkt uneins werden und ein gerichtliches Verfahren unmittelbar oder in Kürze bevorsteht (vgl. [X.] ABl. d. Eur. [X.]. 5. März 1979 Nr. [X.] 59 S. 57; [X.]hlosser Art. 13 [X.] Rn. 1; Kropholler Art. 13 Rn. 2; Musielak/[X.] § 38 Rn. 22; [X.] NZA 2005, 199, 201). Nach Entstehen eines solchen Streits hat der Arbeitnehmer regelmäßig ausreichend Zeit, sich zu überlegen, ob er sich für den konkreten Streitfall auf eine Gerichtsstandsvereinbarung einlassen will oder nicht ([X.] 2000, 81, 82). Auch wird es sich nach dem Entstehen einer Streitigkeit regelmäßig um ein „isoliertes“ Angebot auf Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung handeln, so dass nicht die Gefahr besteht, dass eine solche Prorogationsregelung in einer Fülle von Vertragsklauseln „untergeht“ und vom Arbeitnehmer nicht zur Kenntnis genommen wird ([X.] NZA 2005,199, 201).

(2) Erforderlich sind nach Vertragsabschluss entstandene Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien über die Auslegung, Abwicklung oder Erfüllung des Vertrags ([X.]/[X.]hütze [X.] Art. 21 Rn. 2, [X.] Art. 13 Rn. 5). Ein bloß latenter Streit reicht nicht aus. Deshalb können zugleich mit einem Vertrag abgeschlossene Gerichtsstandsvereinbarungen, die künftige Streitigkeiten regeln sollen, regelmäßig nicht als „nach Entstehen der Streitigkeit“ geschlossen angesehen werden ([X.] 20. Januar 1986 - II ZR 56/85 - zu I der Gründe, NJW 1986, 1438 zur gleichlautenden Formulierung in § 38 Abs. 3 Nr. 1 ZPO; siehe auch [X.] in [X.]/[X.] ZPO 31. Aufl. § 38 Rn. 18; [X.] ZPO § 38 Rn. 35; Musielack/[X.] § 38 Rn. 22; [X.]/Vollkommer § 38 ZPO Rn. 33; [X.]/[X.] § 38 Rn. 35).

(3) Im Streitfall macht der Kläger einen Freistellungsanspruch geltend, den er aus § 2 Abs. 5 Satz 4 und 5 der Aufhebungsvereinbarung vom 18. Juni 2002 herleitet. Die Parteien streiten über die Auslegung gerade dieser Regelung.

Die Gerichtsstandsvereinbarung in § 3 Abs. 4 der Aufhebungsvereinbarung ist zugleich mit der Vereinbarung über die hier streitige Steuertragungs- und Freistellungsregelung getroffen worden. Diese erschöpft sich nicht in einer bloßen - deklaratorischen - Wiederholung der bereits in § 7 des [X.] vom 2. April 2001 enthaltenen Freistellungsregelung. Während sich die frühere Regelung auf die vom Kläger in der [X.]hweiz zu zahlende [X.]ische Quellensteuer bezieht, hat die spätere Regelung „sämtliche Steuern und Abgaben“ zum Gegenstand und damit möglicherweise auch die vom Kläger in [X.] zu zahlende Einkommensteuer, von der der Kläger im vorliegenden Verfahren freigestellt werden möchte. Da sich die Gerichtsstandsvereinbarung auf Streitigkeiten aus demselben Vertrag bezieht und ein Streit bei Abschluss der Vereinbarung noch gar nicht entstanden sein konnte, liegen die Voraussetzungen für eine Derogation der [X.] Gerichtsbarkeit gemäß Art. 17 Abs. 5 [X.] nicht vor.

3. Der Senat konnte das [X.] Übereinkommen auslegen, ohne den [X.] um eine Vorabentscheidung zu ersuchen. Die [X.] unterliegen nicht der Jurisdiktion des [X.]s. Eine Regelung, die in ähnlicher Weise wie Art. 267 [X.] eine einheitliche Auslegung des Übereinkommens sichert, besteht nicht. Das Protokoll Nr. 2 über die einheitliche Auslegung des Übereinkommens verpflichtet die Gerichte jedes Vertragsstaats nur, bei Anwendung und Auslegung der Bestimmungen den Grundsätzen gebührend Rechnung zu tragen, die in maßgeblichen Entscheidungen von Gerichten der anderen Vertragsstaaten entwickelt worden sind.

[X.]. Zu Recht hat das [X.] das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht zurückverwiesen. Die Vorschrift des § 68 ArbGG, nach der eine Zurückverweisung wegen eines Mangels im Verfahren des Arbeitsgerichts unzulässig ist, steht dieser Entscheidung nicht entgegen.

1. Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtzugs zurückverweisen, wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO). Die Anwendung von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 7 ZPO wird durch § 68 ArbGG nicht ausgeschlossen (GMP/Germelmann ArbGG 7. Aufl. § 68 Rn. 10; [X.]/[X.] 11. Aufl. § 68 ArbGG Rn. 3). Die Entscheidung über die Zurückverweisung trifft das [X.] in den Fällen des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ZPO nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag einer Partei.

2. Das Arbeitsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Rechtsstreit falle nicht in die Zuständigkeit der [X.] Gerichtsbarkeit. Eine Sachentscheidung steht deshalb noch aus. Auch hat der Kläger mit [X.]hriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 24. Januar 2007 beantragt, den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen.

IV. [X.] folgt aus § 97 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Eylert    

        

        

        

    Simon    

        

    K. Ohl    

                 

Meta

10 AZR 562/08

08.12.2010

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Würzburg, 26. Oktober 2006, Az: 4 Ca 1076/06 S, Urteil

Art 17 Abs 1 VollstrZustÜbk 1988, Art 17 Abs 5 VollstrZustÜbk 1988, § 12 ZPO, §§ 12ff ZPO, § 38 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.12.2010, Az. 10 AZR 562/08 (REWIS RS 2010, 602)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 602

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