Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.06.2015, Az. V ZR 144/14

5. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 9028

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Gegenstand

Erbbaurechtsvertrag über ein Wohngrundstück zwischen einer öffentlichen Körperschaft und einem Privaten: Beachtung des Gebots angemessener Vertragsgestaltung bei Vereinbarung von Verwendungsbeschränkungen und Heimfallrechten und des Gebots verhältnismäßiger Ausübung vertraglicher Rechte


Leitsatz

1. Das Gebot angemessener Vertragsgestaltung hindert eine öffentliche Körperschaft nicht daran, in einem Erbbaurechtsvertrag mit einem Privaten Verwendungsbeschränkungen und Heimfallrechte für die gesamte Dauer des Erbbaurechts und damit regelmäßig für einen Zeitraum von mehr als dreißig Jahren zu vereinbaren (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 21. Juli 2006, V ZR 252/05, NJW-RR 2006, 1452 Rn. 16).

2. Das Gebot verhältnismäßiger Ausübung vertraglicher Rechte verpflichtet eine öffentliche Körperschaft, die ein zu Wohnzwecken dienendes Erbbaurecht an einen Privaten ausgegeben hat, eine mit der Durchsetzung des Heimfallanspruchs verbundene Härte für den Erbbauberechtigten zu vermeiden, wenn das unter Wahrung des mit der Ausgabe des Erbbaurechts verfolgten Zwecks möglich ist.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 5. Juni 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin ist die durch Zusammenschluss mehrerer Kommunen entstandene [X.] einer [X.]. Sie ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke, die mit 1955 errichteten, aus jeweils vier Einheiten bestehenden Reihenhauszeilen bebaut sind. Mit notariellem Vertrag vom 15. Dezember 2005 bestellte die Rechtsvorgängerin der Klägerin an einem der Grundstücke für sich selbst ein Erbbaurecht mit einer Laufzeit von 99 Jahren, welches durch Teilungserklärung vom selben Tage in vier Wohnungserbbaurechte (je „Hausscheibe“ nebst dazugehöriger unbebauter Fläche) aufgeteilt worden ist. § 5 des [X.] (im folgenden [X.]) lautet auszugsweise:

2

㤠5 Verwendung des Bauwerks

1. Der Berechtigte ist verpflichtet, das Bauwerk unter Ausschluß jeder anderen Verwendung wie folgt zu verwenden:

Wohngebäude für den [X.] und die evtl. in seinem Haushalt lebenden Familienangehörigen und/oder Lebenspartner/in zu [X.] (räumlicher Schwerpunkt der gesamten Lebensverhältnisse = Hauptwohnsitz im Sinne des [X.]).

Der Eigentümer bezweckt mit der Vergabe des Erbbaurechts die Deckung des [X.] der ortsansässigen Bevölkerung, insbesondere von Bevölkerungsgruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen. Dem Berechtigten ist bekannt, daß der Eigentümer ihm das Erbbaurecht nur zu dem vorstehenden Verwendungszweck einräumt. Er ist verpflichtet, es ausschließlich für diesen Zweck zu nutzen und diese Nutzung auf Verlangen jederzeit nachzuweisen.“ ...

3

Gemäß § 13 Nr. 1 d [X.] ist der Berechtigte auf Verlangen des Eigentümers verpflichtet, das Erbbaurecht auf diesen oder auf einen von diesem zu benennenden Dritten zu übertragen (Heimfall), wenn er gegen § 5 Nr.1 [X.] verstößt. Nach § 13 Nr. 6 [X.] verjährt dieser Heimfallanspruch in einem Jahr von dem Zeitpunkt an, in dem der Eigentümer von dem Vorhandensein der Voraussetzungen Kenntnis erlangt hat, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in dreißig Jahren von dem Eintreten der Voraussetzungen an. In § 22 Satz 1 [X.] ist bestimmt, dass der Erbbauberechtigte für die Nutzungsüberlassung an Dritte der vorherigen schriftlichen Zustimmung bedarf. Deren Erteilung steht nach Satz 2 im Ermessen des Eigentümers. Nach Satz 3 wird der Eigentümer die Zustimmung insbesondere dann nicht erteilen, wenn a) der Dritte nicht - sei es auch nur zu einem kleineren Anteil - Mitberechtigter des Erbbaurechts ist, b) der Dritte sich in dem vorzulegenden Nutzungsvertrag nicht verpflichtet hat, die Verwendung gemäß § 5 [X.] einzuhalten, oder c) wenn die vereinbarte Miete oder das sonstige Nutzungsentgelt über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt.

4

In einem der auf dem Grundstück befindlichen Reihenhäuser wohnte der Großvater des Beklagten zur Miete. Mit notariellem Vertrag vom 3. März 2006 verkaufte die Rechtsvorgängerin der Klägerin das Wohnungserbbaurecht an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus dem in einem anderen Bundesland wohnhaften Beklagten und seinem Großvater.

5

Nach dem Tod des Großvaters übertrugen dessen Erben mit Zustimmung der Klägerin das zum Nachlass gehörende Wohnungserbbaurecht auf den Beklagten. Dieser vermietete es im März 2010 an Mieter mit erstem Wohnsitz in der [X.]. Nach einem Mieterhöhungsverlangen des Beklagten wandten sich die Mieter im November 2011 an die Klägerin. Diese erklärte gegenüber dem Beklagten im Dezember 2011, dass sie in der Vermietung einen Verstoß gegen § 5 [X.] sehe und seine Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen erwarte. Der Beklagte antwortete, der frühere Leiter des kommunalen [X.] habe bereits vor der Beurkundung des Kaufvertrags über das Erbbaurecht mündlich sein „OK“ zu einer Vermietung an eine ortsansässige Familie nach dem Tode des Großvaters gegeben. Im August 2012 forderte die Klägerin den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 15. Oktober 2012 auf, die Wohnung entsprechend der Regelung im Erbbaurechtsvertrag zu nutzen und drohte die Geltendmachung des Heimfallanspruchs an, dessen Ausübung sie danach erklärte.

6

Mit der Klage nimmt die Klägerin den Beklagten auf Rückübertragung des Wohnungserbbaurechts sowie auf Räumung und Herausgabe des Erbbaugrundstücks in Anspruch. Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] hat ihr stattgegeben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, möchte der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe

I.

7

Das Berufungsgericht meint, die Voraussetzungen für die Geltendmachung des [X.] seien erfüllt, weil der [X.] das Reihenhaus nicht als Wohnung für sich oder seine Angehörige nutze, sondern ohne Zustimmung der Klägerin an Dritte vermiete. Einer Beweisaufnahme über das Vorbringen des [X.]n zu den Erklärungen des früheren Betriebsleiters über die Zulässigkeit einer Nutzung des Erbbaurechts durch Vermietung an ortsansässige Mieter bedürfe es nicht, da den behaupteten Erklärungen allenfalls ein Hinweis auf die Möglichkeit einer Zustimmung nach § 22 [X.] zu entnehmen sei. Die Nutzungsbeschränkung (§ 5 [X.]) - wie auch die daran anknüpfende [X.] (§ 13 Nr. 1 d [X.]) - hätten ohne zeitliche Begrenzung wirksam in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden können. Die Geltendmachung des [X.]s verstoße auch nicht gegen § 242 [X.]. Es liege weder ein widersprüchliches Verhalten der Klägerin noch ein Verstoß gegen das Übermaßverbot vor. Der [X.] könne sich schließlich nicht mit Erfolg auf Verjährung berufen.

II.

8

Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

9

1. Das Berufungsgericht nimmt zutreffend an, dass der [X.] zur Rückübertragung des Erbbaurechts verpflichtet sein kann. Das vereinbarte [X.] begründet nach § 2 Nr. 4 [X.] einen Anspruch des Grundstückseigentümers gegen den Erbbauberechtigten auf Übertragung des Erbbaurechts gemäß § 11 Abs. 2 [X.], § 873 [X.] ([X.], Urteil vom 20. April 1990 - [X.], [X.], 154, 156; Urteil vom 18. Mai 1990 - [X.], NJW-RR 1990, 1095, 1096).

a) Zu Recht bejaht das Berufungsgericht das Vorliegen der in dem Erbbaurechtsvertrag bestimmten Voraussetzungen des [X.]s.

aa) Der [X.] verstößt gegen die Pflicht zur Selbstnutzung, weil er in dem Reihenhaus nicht wohnt, sondern es durch Vermietung an Dritte nutzt. Der [X.] in § 22 [X.] greift wegen Fehlens einer Zustimmung der Klägerin zur Vermietung nicht ein.

bb) Der Erbbaurechtsvertrag ist nicht (mündlich) dahin ergänzt worden, dass die Vermietung an Ortsansässige zur ortsüblichen Miete einer Zustimmung der Klägerin nicht bedarf. Anderes ergibt sich auch nicht aus den von dem [X.]n behaupteten Erklärungen des Bevollmächtigten der Klägerin, des damaligen Leiters ihres Eigenbetriebs, zur Zulässigkeit einer künftigen Vermietung an Dritte nach dem Tod des Großvaters. Das Vorbringen des [X.]n ist in Bezug auf das Zustandekommen einer vertragsergänzenden Vereinbarung unschlüssig. Eine solche Absprache ergibt sich aus den behaupteten Erklärungen nämlich auch dann nicht, wenn man diese nicht - wie das Berufungsgericht - nur als einen Hinweis auf die Regelung in § 22 [X.], sondern - wie die Revision - als Aussage des Betriebsleiters dazu versteht, wie die Klägerin ihr Ermessen in den Fällen einer Vermietung ausübt. Eine Erklärung über die Handhabung einer vertraglichen Regelung enthält kein Angebot zu deren Ergänzung oder Änderung, insbesondere nicht den Verzicht auf ein vertragliches Zustimmungserfordernis.

b) Die vertraglichen Regelungen in § 5 Nr. 1 und § 13 Nr. 1 d [X.] (die Verpflichtung des Erbbauberechtigten zur Selbstnutzung und der [X.] bei einem Verstoß gegen diese Pflicht) sieht das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei als wirksam an.

aa) Es handelt sich um zulässige Vereinbarungen über den vertragsmäßigen Inhalt eines Erbbaurechts. § 5 Nr. 1 [X.] enthält eine Vereinbarung über die Verwendung des Bauwerks gemäß § 2 Nr. 1 Fall 3 [X.], § 13 Nr. 1 d [X.] ein [X.] nach § 2 Nr. 4 [X.] mit der erforderlichen Benennung des [X.]s (vgl. [X.], Urteil vom 28. September 1984 - [X.], NJW 1985, 1464, 1465). Die Verletzung einer Pflicht nach § 2 Nr. 1 [X.] als [X.] zu bestimmen (vgl. [X.], Urteil vom 24. Februar 1984 - [X.], NJW 1984, 2213, 2214; Urteil vom 28. September 1984 - [X.], aaO), ist unbedenklich, weil nach dem [X.] grundsätzlich jedes Ereignis als den [X.] auslösend vereinbart werden kann ([X.], Urteil vom 11. Juli 2003 - [X.], NJW-RR 2003, 1524).

bb) Der Erbbaurechtsvertrag verstößt nicht gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung (§ 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB).

(1) Die Bestimmungen des [X.] sind allerdings an diesem Gebot zu messen. Das Gebot gilt für alle Verträge über Erbbaurechte, die von öffentlichen Körperschaften in Verfolgung eines öffentlichen Zwecks zur Ausgabe an Private bestellt werden, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Körperschaft den Erbbaurechtsvertrag mit dem Privaten schließt oder - wie hier - ein für sich selbst auf ihrem Grundstück bestelltes ([X.] veräußert. Der Erwerber ist nämlich auch im zuletzt genannten Fall an die Bestimmungen des [X.] gebunden, weil das, was nach § 2 [X.] als vertragsmäßiger Inhalt des Erbbaurechts bestimmt worden ist, mit der Bildung der Wohnungserbbaurechte auch zu deren Inhalt gehört ([X.] 1989, 354, 357).

Ob der hier zu beurteilende Kaufvertrag über das Erbbaurecht ein städtebaulicher Vertrag im Sinne des § 11 Abs. 1 BauGB ist, auf den § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB unmittelbar anzuwenden wäre, ist allerdings zweifelhaft. An dem für städtebauliche Verträge erforderlichen Zusammenhang mit der gemeindlichen Bauleitplanung (vgl. [X.], Urteil vom 30. September 2005 - [X.], [X.], 300, 301) dürfte es hier fehlen, weil die Klägerin an bereits vor mehreren Jahrzehnten bebauten Grundstücken Erbbaurechte bestellt und diese anschließend veräußert hat. Ob § 11 BauGB einschlägig ist, kann im Ergebnis allerdings dahinstehen, da das Gebot zur angemessenen Vertragsgestaltung auf dem allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beruht und daher auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung für das gesamte Handeln der öffentlichen Körperschaften im Rechtsverkehr mit Privaten bestimmend ist ([X.], Urteil vom 30. September 2005 - [X.], aaO).

(2) [X.] und [X.]e in einem Erbbaurechtsvertrag verstoßen auch dann nicht gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung, wenn sie für die gesamte Dauer des Erbbaurechts und damit regelmäßig für einen [X.]raum von mehr als dreißig Jahren vereinbart werden.

(a) Das Gebot angemessener Vertragsgestaltung verlangt, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung des Gesamtvorgangs die Gegenleistung nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung und dem Wert der von der Behörde erbrachten oder zu erbringenden Leistung steht und dass die vertragliche Übernahme von Pflichten auch ansonsten zu keiner unzumutbaren Belastung für den Vertragspartner der Behörde führt (vgl. [X.], Urteil vom 29. November 2002 - [X.], [X.], 93, 101).

(b) Bei preissubventionierten Grundstücksverkäufen durch Gemeinden, die Gegenstand der bisherigen Entscheidungen des [X.]s waren, bedarf es allerdings einer Befristung der durch [X.] ([X.], Urteil vom 29. November 2002 - [X.], [X.], 93; Urteil vom 13. Oktober 2006 - [X.], NJW-RR 2007, 962; Urteil vom 16. April 2010 - [X.], NJW 2010, 3505) oder durch Rückerwerbsrechte (Urteil vom 30. September 2005 - [X.], NJW-RR 2006, 298; Urteil vom 21. Januar 2006 - [X.], NJW-RR 2006, 1452) abgesicherten Verpflichtung der Käufer, das Grundstück selbst zu Wohnzwecken zu nutzen. Auf städtebaulichen oder subventionsrechtlichen Gründen beruhende Beschränkungen der Käufer müssen zeitlich begrenzt sein (vgl. [X.], Urteil vom 29. November 2002 - [X.], [X.], 93, 104; Urteil vom 16. April 2010 - [X.], [X.], 462 Rn. 14, 16). Nutzungs- und Verfügungsbeschränkungen mit einer 30 Jahre übersteigenden Bindung in städtebaulichen Verträgen über Grundstücke, die an Einzelpersonen zur Errichtung von Einfamilienhäusern verkauft werden, sind in aller Regel als unverhältnismäßig anzusehen ([X.], Urteil vom 29. Oktober 2010 - [X.], NJW 2011, 515 Rn. 18; Urteil vom 20. Mai 2011 - [X.], NJW-RR 2011, 1582 Rn. 20). Das mit dem verbilligten Verkauf verbundene Ziel, einer Familie zu einem Eigenheim und damit zu einer Lebensgrundlage zu verhelfen, ist als erreicht anzusehen, wenn das veräußerte Grundstück für die Dauer einer Generation, also für etwa 30 Jahre, selbst genutzt worden ist ([X.], Urteil vom 21. Juli 2006 - [X.], NJW-RR 2006, 1452 Rn. 15). Eine darüber hinausgehende Bindungsdauer dient vor dem Hintergrund, dass heute kaum ein Eigenheim über 90 Jahre von derselben Familie genutzt wird, letztlich nur noch dem gegenüber dem Erwerber nicht mehr gerechtfertigten Zweck, durch an die Nichteinhaltung der Selbstnutzungspflicht anknüpfende [X.] oder Wiederkaufsrechte die Subvention sowie zwischenzeitlich eingetretene [X.]teigerungen von dem Käufer oder dessen Rechtsnachfolger ganz oder teilweise wieder abzuschöpfen ([X.], Urteil vom 21. Juli 2006 - [X.], aaO, Rn. 16).

(c) [X.] und an deren Verletzung anknüpfende [X.]e in Verträgen über von öffentlichen Körperschaften ausgegebene Erbbaurechte sind jedoch anders zu beurteilen.

(aa) Eine Vereinbarung gemäß § 2 Nr. 1 [X.], nach der der Erbbauberechtigte das gekaufte oder von ihm errichtete Bauwerk für die gesamte [X.], in der das Erbbaurecht besteht, selbst zu Wohnzwecken zu nutzen hat, steht nicht in einem unangemessenen Verhältnis zu dem Wert der von dem Grundstückseigentümer mit der Bestellung des Erbbaurechts erbrachten Leistung.

Ein für die Beurteilung der Angemessenheit wesentlicher Unterschied zu vergleichbaren [X.]en des Käufers in Grundstückskaufverträgen ergibt sich bereits daraus, dass die [X.] in den [X.] nicht - jedenfalls nicht primär - städtebaulichen oder subventionsrechtlichen Zwecken, sondern der Sicherung der mit der Ausgabe der Erbbaurechte von dem Grundstückseigentümer verfolgten (hier [X.]) Zielsetzung dient, deretwegen er sein Grundstück mit dem Erbbaurecht belastet hat. [X.] in [X.] liegt zugrunde, dass der Grundstückseigentümer das Eigentum an dem Grundstück nicht übertragen, sondern es behalten und durch die Ausgabe von Erbbaurechten auf dessen weitere Nutzung Einfluss nehmen will. Die Sicherung dieses Zwecks für die gesamte Laufzeit des Erbbaurechts ist als legitim angesehen und zu dessen Sicherung die Vorschrift des § 2 Nr. 1 [X.] (früher [X.]) geschaffen worden, nach der die [X.] als Inhalt des dinglichen Rechts vereinbart werden kann. Die Parteien eines [X.] sollen verlangen können, dass diese Verpflichtungen für die gesamte Dauer des Erbbaurechts eingehalten werden (Begründung zu § 2 im Reichsanzeiger Nr. 26 vom 31. Januar 1919).

Der mit der Bestellung eines Erbbaurechts verfolgte Zweck dauert solange an, wie das Erbbaurecht besteht. Er endet nicht bereits dann, wenn das Erbbaurecht in einer Generation entsprechend dem vereinbarten Inhalt des dinglichen Rechts gemäß genutzt worden ist. Eine Befristung der Bindung des Erbbauberechtigten auf 30 Jahre liefe dem Zweck eines Erbbaurechts zuwider. Sie führte bei den üblicherweise längeren, an der wirtschaftlichen Nutzungsdauer der Bauwerke orientierten Laufzeiten der Erbbaurechte regelmäßig dazu, dass für die längste [X.], in der das Erbbaurecht besteht, nicht [X.] wäre, dass es dem Zweck dient, zu dem es ausgegeben wurde.

(bb) Die Ausübung des [X.]s wegen Verstoßes gegen eine [X.] führt auch nicht zu einer dem Gebot angemessener Vertragsgestaltung widersprechenden Abschöpfung zwischenzeitlich eingetretener [X.]teigerungen oder dem Erbbauberechtigten gewährter Subventionen.

Der Vorteil aus einer Steigerung des [X.] verbleibt bei der Bestellung eines Erbbaurechts stets dem Grundstückseigentümer; dieser gebührt ihm unabhängig davon, ob der Erbbauberechtigte das Erbbaugrundstück zweckentsprechend verwendet oder nicht (vgl. [X.], Urteil vom 21. Juli 2006 - [X.], NJW-RR 2006, 1452 Rn. 21). Dem Erbbauberechtigten werden durch die Ausübung des [X.]s allerdings Subventionen entzogen, wenn der Ausgeber - wie hier von dem Berufungsgericht festgestellt - das Erbbaurecht zu einem unter seinem Verkehrswert liegenden Preis veräußert hat. Sie werden dem Erbbauberechtigten für die Zukunft vorenthalten, wenn - was hier zwar von dem Berufungsgericht nicht festgestellt ist, aber nach dem von der [X.]n vorgelegten Gutachten naheliegt - auch der vereinbarte Erbbauzins erheblich unter dem marktüblichen liegt. Ein Erbbaurechtsvertrag ist jedoch nicht deshalb unangemessen, weil mit der Ausübung des [X.]s ein Verlust der dem Erbbauberechtigten gewährten Subventionsvorteile einhergeht. Wäre das in den von öffentlichen Körperschaften abgeschlossenen [X.] nicht zulässig, weil auch in diesen nur auf maximal 30 Jahre beschränkte [X.] entsprächen, könnten die Erbbauberechtigten nach dem Wegfall der [X.] auf Grund der Subventionierung höhere Erträge aus der Vermietung des Erbbaurechts erwirtschaften. Das liefe in besonderer Weise dem durch die Vergabe zu günstigen Konditionen von den [X.] verfolgten [X.] Zweck zuwider, minder bemittelten Personen ein Wohnen im eigenen Haus zu tragbaren Kosten zu ermöglichen.

(cc) Die mit einem [X.] des Grundstückseigentümers bewehrte [X.] stellt allerdings - wie die mit einem Wiederkaufsrecht des Verkäufers verbundene langfristige Nutzungsbeschränkung in einem Grundstückskaufvertrag - auch in einem Erbbaurechtsvertrag für den Erbbauberechtigten eine besondere Belastung dar, weil er die ganze [X.] die [X.] erfüllen muss, wenn er nicht Gefahr laufen will, das Erbbaurecht zu verlieren (vgl. zum Wiederkaufsrecht: [X.], Urteil vom 29. Oktober 2010 – [X.], NJW 2011, 515 Rn. 20). Dieser Gesichtspunkt rechtfertigt es jedoch nicht, für die Laufzeit des Erbbaurechts vereinbarte [X.] in einem von einer öffentlichen Körperschaft mit einem Privaten abgeschlossenen Erbbaurechtsvertrag generell als unzulässig anzusehen. Der [X.] wäre andernfalls im Interesse der Sicherung des von ihm verfolgten Zwecks zur Bestellung kurzfristiger (auf 30 Jahre begrenzter) Erbbaurechte mit Verlängerungs- oder Erneuerungsoptionen genötigt, was dem Interesse des Erbbauberechtigten an einer nach der Nutzungsdauer des Bauwerks bemessenen Laufzeit des Erbbaurechts widerspräche. Langfristige [X.] sind für den Erbbauberechtigten auch deshalb wirtschaftlich günstig, weil der (bei den zu Wohnzwecken bestellten Erbbaurechten zudem nach § 9a [X.] begrenzte) Anstieg des [X.] in der Vergangenheit hinter dem der Grundstückswerte zurückgeblieben ist und daher regelmäßig nicht der Rendite entspricht, die sonst aus dem Grundstückswert zu erzielen wäre (vgl. [X.], Urteil vom 14. Oktober 1988 - [X.], NJW 1989, 2129, 2130). Diese Vorteile für den Erbbauberechtigten verstärken sich, wenn schon der bei Vertragsschluss vereinbarte Erbbauzins auf Grund der von dem [X.] verfolgten [X.] Zielsetzungen unter dem marktüblichen liegt. Bei Berücksichtigung der berechtigten Interessen der [X.] widerspräche es dem Gebot angemessener Vertragsgestaltung, die Zulässigkeit vertraglicher Nutzungsbeschränkungen in den von öffentlichen Körperschaften mit Privaten geschlossenen [X.] auf die Dauer von 30 Jahren zu begrenzen, und es damit den Erbbauberechtigten zu ermöglichen, zu Lasten der öffentlichen Hand mit dem Zweck des Erbbaurechts unvereinbare, wirtschaftliche Vorteile zu ziehen.

Dass eine mit dem [X.] verbundene [X.] den Erbbauberechtigten besonders belastet, hat daher nicht die Unwirksamkeit der vertraglichen Regelung zur Folge. Dieser Umstand ist vielmehr bei der Ausübung des [X.]s wegen eines Verstoßes gegen die [X.] zu berücksichtigen, da das [X.] die öffentlichen Körperschaften auch dazu verpflichtet, ihre Rechte so auszuüben, dass im Einzelfall keine unzumutbaren Härten für ihre Vertragspartner entstehen ([X.], Urteil vom 16. April 2010 - [X.], NJW 2010, 3505 Rn. 18). Soweit der [X.] in der Entscheidung vom 21. Juli 2006 ([X.], NJW-RR 2006, 1452 Rn. 22) ausgeführt hat, dass in [X.] vereinbarte Nutzungs- und Verfügungsbeschränkungen ebenso wie die mehr als 70 Jahre nach ihrer Begründung ausgeübten Wiederkaufsrechte, keinen Bestand hätten, hält er daran nicht fest.

cc) § 5 Nr. 1 und § 13 Nr. 1 d [X.] halten einer Prüfung an den Vorschriften über die Inhaltskontrolle [X.] (§§ 307 ff. [X.]) ebenfalls stand. Die [X.] und das [X.] sind keine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksamen, den Vertragspartner des Verwenders nach Treu und Glauben unangemessen benachteiligenden Bestimmungen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 [X.]).

(1) Die Bestimmungen enthalten keine Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, bei der nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 [X.] im Zweifel eine unangemessene Benachteiligung anzunehmen wäre. Ein gesetzliches Leitbild, nach dem der Erbbauberechtigte mit seinem Bauwerk nach Belieben verfahren kann, ist angesichts dessen, dass nach § 2 Nr. 1 [X.] das Bauwerk betreffende Pflichten als Inhalt des dinglichen Rechts bestimmt werden können, dem Gesetz über das Erbbaurecht nicht zu entnehmen.

(2) Die vertraglichen Regelungen schränken die Rechte des Erbbauberechtigten auch nicht in einer den Vertragszweck gefährdenden Weise ein (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 [X.]). Bei einem zu Wohnzwecken bestellten Erbbaurecht kommt das zwar in Betracht, wenn eine vertragliche Bestimmung dazu führt, dass der Erbbauberechtigte seine Wohnung verliert (vgl. [X.], Urteil vom 17. Mai 1991 - [X.], [X.], 338, 341). So verhält es sich bei § 13 Nr. 1 d [X.] aber nicht, weil der [X.] voraussetzt, dass der Erbbauberechtigte das Bauwerk nicht selbst zu Wohnzwecken nutzt.

dd) § 5 Nr. 1 und § 13 Nr. 1 d [X.] sind auch unionsrechtlich wirksam. Der [X.] kann dies ohne eine Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 A[X.]V entscheiden, weil die sich hier stellenden gemeinschaftsrechtlichen Rechtsfragen bereits Gegenstand mehrerer Entscheidungen des Gerichtshofs der [X.] gewesen und danach eindeutig zu beantworten sind (vgl. [X.], Urteil vom 6. Oktober 1982, [X.], [X.], [X.]:C:1982:335 Rn.13, 14).

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sind nationale Maßnahmen, auch wenn sie die Ausübung der durch die [X.] Verträge garantierten Grundfreiheiten behindern oder weniger attraktiv machen, dann zulässig, wenn mit ihnen ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgt wird, wenn sie geeignet sind, dessen Erreichung zu gewährleisten und wenn sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist ([X.], Urteil vom 8. Mai 2013, [X.]/11 und [X.]/11, [X.] u.a. und [X.], [X.]:[X.] Rn. 48 m.w.N.). Erfordernisse der [X.] Wohnungspolitik eines Mitgliedstaats sind zwingende Gründe des Allgemeininteresses, die Beschränkungen der Grundfreiheiten rechtfertigen können ([X.], Urteil vom 1. Oktober 2009 - [X.]/07, [X.], [X.]:[X.] Rn 30 und Urteil vom 8. Mai 2013, [X.]/11 und [X.]/11, [X.] u.a. und [X.] u.a., aaO Rn. 52). Danach ist eine mögliche Beeinträchtigung der Grundfreiheiten hier unbedenklich. Das Gebot zur Selbstnutzung und der an dessen Verletzung anknüpfende [X.]anspruch sind erforderliche und angemessene Mittel, um den von der Klägerin mit der Ausgabe der Erbbaurechte verfolgten [X.] Zweck sicherzustellen.

c) Im Ergebnis richtig ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass der [X.] nicht verjährt ist. Bei einer vertragswidrigen Nutzung des von dem Erbbaurecht erfassten Bauwerks kommt es für den Verjährungsbeginn darauf an, ob es sich um einen abgeschlossenen Vorgang oder um eine fortdauernde Vertragswidrigkeit handelt, die der Erbbauberechtigte zu beseitigen hat ([X.]/[X.], Immobilienrecht, § 4 [X.] Rn. 3; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 4 Rn. 9; [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., § 4 [X.]O Rn. 3; [X.]/[X.], [X.] [2009], § 4 [X.] Rn. 2). Der Verstoß gegen die Selbstnutzungspflicht ist eine fortdauernde Vertragswidrigkeit. Die Verjährung kann daher nicht eintreten, solange der [X.] gegen § 5 Nr. 1 [X.] verstößt (vgl. [X.], Urteil vom 28. September 1984 - [X.], NJW 1985, 1464, 1465; Urteil vom 8. Mai 2015 - [X.], juris Rn. 9). Letzteres ist hier der Fall, da der [X.] seiner Verpflichtung zur Selbstnutzung nicht nachkommt.

2. Nicht rechtsfehlerfrei ist jedoch die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Zulässigkeit der Ausübung des [X.]s bejaht.

a) Zutreffend ist dessen Ausgangspunkt, dass die Klägerin nicht nur bei der Vertragsgestaltung, sondern auch bei der Ausübung ihrer vertraglichen Rechte an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden ist. Diese Pflicht der Klägerin beruht allerdings nicht auf dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 [X.]), dem auch Private unterworfen sind, sondern auf ihrer Bindung als öffentliche Körperschaft an die Grundsätze des [X.]s (vgl. [X.], Urteil vom 29. November 2002 - [X.], [X.], 93, 106; Urteil vom 21. Juli 2006 - [X.], NJW-RR 2006, 1452 Rn. 10; Urteil vom 13. Oktober 2006 - [X.], NJW-RR 2007, 962 Rn. 19; Urteil vom 16. April 2010 - [X.], NJW 2010, 3505 Rn. 18; Urteil vom 29. Oktober 2010 - [X.], NJW 2011, 515 Rn. 16). Die Klägerin muss danach im Wege einer Ermessensentscheidung prüfen, ob die Durchsetzung des [X.]s im Interesse der Sicherung des mit der Ausgabe des Erbbaurechts verfolgten Zwecks geboten ist oder eine vermeidbare Härte darstellt (vgl. [X.], Urteil vom 16. April 2010 - [X.], aaO Rn. 18; Urteil vom 29. Oktober 2010 - [X.], aaO Rn. 16).

b) Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die Verhältnismäßigkeit bejaht, lassen die auf den Grundsätzen des [X.]s beruhenden Pflichten der Klägerin unberücksichtigt. Die Geltendmachung des [X.]s stellt sich nicht schon deshalb als verhältnismäßig dar, weil der [X.] seiner Verpflichtung nach § 22 [X.], die Zustimmung der Klägerin bereits vor der Vermietung einzuholen, nicht nachgekommen ist und weil auch sein nachfolgendes Verhalten (die fehlende Kooperation mit der Klägerin nach der durch das Mieterhöhungsverlangen veranlassten Aufforderung zur Selbstnutzung) darauf schließen lasse, dass die Erfüllung der Vorgaben des [X.] durch ihn nicht gesichert sei.

aa) Wegen Nichteinholung der Zustimmung zum Mietvertrag hätte die Klägerin den [X.] erst ausüben dürfen, wenn sie zuvor gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 [X.] angeregt hätte, diese Zustimmung einzuholen. Diese Vorschrift ist im [X.] entsprechend anzuwenden (BeckOK-[X.]/[X.], 26. Edition, § 25 Rn. 4; Kallerhoff in [X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., § 25 Rn. 13). Sie ist ein Gebot für ein rechtsstaatliches faires Verfahren. Der Bürger soll nicht Rechte deswegen verlieren, weil er aus Unkenntnis einen Antrag nicht stellt, den er stellen müsste, um einen Rechtsnachteil abzuwenden.

bb) Die Ausübung des [X.]s ist auch nicht wegen der Nichtvorlage des Mietvertrags und des Mieterhöhungsverlangens als verhältnismäßig anzusehen; denn die Klägerin ist nach den bisherigen Feststellungen insoweit nicht ihrer Verpflichtung nachgekommen, die mit einem Heimfall wegen Verstoßes gegen die Selbstnutzungspflicht verbundenen Härten möglichst zu vermeiden. Dazu hätte es gehört, dem [X.]n aufzuzeigen, ob und unter welchen Voraussetzungen sie die Zustimmung zu einer Vermietung nach § 22 [X.] erteilt. Ein solcher Hinweis war zudem auf Grund des vorangegangenen Verhaltens der Klägerin geboten. Denn dass die damalige Erbbauberechtigte, die aus dem Großvater des [X.]n und diesem bestehende Gesellschaft, die Pflicht zur Selbstnutzung nicht lange [X.] würde erfüllen können, war für alle Vertragsteile bereits bei dem Vertragsschluss im Jahre 2006 ersichtlich, da der die Wohnung nutzende Großvater damals 84 Jahre alt war und der [X.] in einem anderen Bundesland wohnte. Mit ihrer Zustimmung zur Übertragung des Erbbaurechts nach dem Tod des Großvaters auf den [X.]n hat die Klägerin zudem dessen Erwartung bestärkt, dass sie das [X.] nicht wegen eines Verstoßes gegen die [X.] ausüben werde. Das Vorstehende gilt unabhängig davon, ob die Behauptung des [X.]n wahr ist, der frühere Betriebsleiter der Klägerin habe ihm mehrmals erklärt, dass die Vermietung an Ortsansässige für die Klägerin kein Problem sei.

c) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Rechtsausübung der Klägerin sei verhältnismäßig, stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar.

aa) Die Klägerin darf ihr [X.] nicht schon deswegen ausüben, weil sie damit in die Lage versetzt würde, über die Verwendung des zurückerlangten Erbbaurechts (durch Vermietung oder erneute Veräußerung) zu disponieren und einen anderen Vertragspartner frei auszuwählen. Das Gebot verhältnismäßiger Ausübung vertraglicher Rechte verpflichtet eine öffentliche Körperschaft, die ein zu Wohnzwecken dienendes Erbbaurecht an einen Privaten ausgegeben hat, eine mit der Durchsetzung des [X.]s verbundene Härte für den Erbbauberechtigten zu vermeiden, wenn das unter Wahrung der mit der Ausgabe des Erbbaurechts verfolgten Zweck möglich ist. Die Klägerin ist daher grundsätzlich verpflichtet, die Vermietung nach § 22 [X.] zu genehmigen oder der Veräußerung des Erbbaurechts durch den [X.]n an die ortsansässige Schwester nach § 12 Nr. 1 [X.] zuzustimmen, wenn damit der mit der [X.] verfolgte Zweck gewahrt bliebe.

bb) Die Klägerin wäre unter diesen Umständen nicht durch § 22 Satz 3 [X.] gehindert, die Vermietung zu genehmigen. Zwar enthält diese Bestimmung Ausschlusstatbestände für die von dem Ermessen der Klägerin abhängige Zustimmung; danach wird die Zustimmung u.a. dann nicht erteilt, wenn der Mieter nicht (sei es auch nur zu einem kleineren Anteil) Mitberechtigter des Erbbaurechts ist. Die Voraussetzungen des [X.]s sind aber ebenfalls am [X.] zu messen. Dem hält die Bestimmung nicht stand, weil sie die Zustimmung des Grundstückseigentümers zur Vermietung stets von einer dinglichen Beteiligung des Mieters am Erbbaurecht abhängig macht. Damit wird eine Zustimmung zur Vermietung auch dann ausgeschlossen, wenn diese ohne Gefährdung des mit der Ausgabe des Erbbaurechts verfolgten Zwecks erteilt werden kann, weil der Erbbauberechtigte zum Beispiel nur für eine begrenzte [X.] das Bauwerk nicht selbst nutzen kann. Die Unwirksamkeit als Folge des Verstoßes gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung bleibt hier jedoch schon auf Grund der salvatorischen Erhaltungsklausel in § 29 Nr. 1 [X.] auf die betroffene Bestimmung beschränkt.

3. Rechtsfehlerhaft ist auch die Entscheidung über den Anspruch auf Herausgabe und Räumung. Der [X.] schuldet das (jedenfalls derzeit) noch nicht, weil die Geltendmachung des [X.]s nur den [X.] fällig stellt, aber nicht zur Übertragung des dinglichen Rechts führt. Der Erbbauberechtigte kann bis zum Vollzug der Übertragung durch Eintragung nach § 11 Abs. 2 [X.], § 873 [X.] das Erbbaurecht weiter nutzen; er bleibt bis dahin zum Besitz berechtigt und zur Zahlung des [X.] verpflichtet ([X.], Urteil vom 18. Mai 1990 - [X.], NJW-RR 1990, 1095).

III.

Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Hierzu weist der [X.] auf folgendes hin:

Die Ausübung des [X.]s stellte sich als derzeit unzulässig dar, wenn der [X.] durch Vorlage eines gegebenenfalls anzupassenden Mietvertrags (Verzicht auf mit dem Zweck des Erbbaurechts unvereinbare Mieterhöhungen; Sicherstellung der Nutzung durch den ortsansässigen Mieter) oder eines Kaufvertrags mit seiner Schwester die Zustimmung zur Vermietung oder zur Veräußerung noch erreichen könnte, wozu ihm die Klägerin grundsätzlich Gelegenheit zu geben hat. Ob dies der Fall ist, hängt in Bezug auf eine Zustimmung zur Vermietung von den Konditionen des Mietvertrags und der Verwaltungspraxis der Klägerin bei der Anwendung des § 22 [X.] und hinsichtlich einer Zustimmung zu einer Veräußerung davon ab, ob die Schwester des [X.]n zu dem in § 5 [X.] genannten Personen gehört, an die die Klägerin die Erbbaurechte vergeben hat. Die Klage wäre dagegen begründet, wenn die Klägerin den [X.]n bereits zur Vorlage der Verträge aufgefordert hätte, ohne dass dieser dem nachgekommen wäre, oder wenn die Klägerin darlegt, dass allein die Ausübung des [X.]s pflichtgemäßem Ermessen entspricht, weil nach dem in § 5 [X.] bestimmten Zweck des Erbbaurechts eine Zustimmung weder zur Vermietung (§ 22 [X.]) noch zur Veräußerung an die Schwester des [X.]n (§ 12 [X.]) in Betracht kommt.

[X.]                    Schmidt-Räntsch                    [X.]

                     Kazele                                 [X.]

Meta

V ZR 144/14

26.06.2015

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 5. Juni 2014, Az: 2 U 2/14, Urteil

§ 11 Abs 2 S 1 BauGB, § 2 Nr 1 ErbbauV, § 2 Nr 4 ErbbauV

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.06.2015, Az. V ZR 144/14 (REWIS RS 2015, 9028)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 3436 REWIS RS 2015, 9028


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. V ZR 144/14

Bundesgerichtshof, V ZR 144/14, 26.06.2015.


Az. 2 U 2/14

OLG Bamberg, 2 U 2/14, 07.05.2015.

OLG Bamberg, 2 U 2/14, 18.03.2015.

OLG Bamberg, 2 U 2/14, 05.02.2015.


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