Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.10.1984, Az. V ZR 218/83

V. Zivilsenat | REWIS RS 1984, 2

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ZWANGSVOLLSTRECKUNG VOLLSTRECKUNGSSTANDSCHAFT

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Gegenstand

Zur Frage der Zulässigkeit einer Vollstreckungsstandschaft.


Tenor

Auf die Revision des [X.] wird unter Zurückweisung des weitergehenden [X.] das Urteil des 12. Zivilsenats des [X.] vom 21. Juli 1983 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung gegen das Urteil des Einzel­ richters der [X.] des [X.] vom 31. Dezember 1981 hin­sichtlich des Klageantrages zu 1. ([X.]) zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird auf die Beru­fung des [X.] das Urteil des [X.] [X.] abgeändert:

Die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde des Notars [X.] [xxx] vom 23. Oktober 1980 - 4 UR [xxx] / 80 - durch den Beklagten wird für unzulässig erklärt.

Die weitergehende [X.] wird abgewiesen

Die Kosten der ersten und der zweiten Instanz werden gegeneinander aufgehoben

Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Beklagte

Von Rechts wegen

Tatbestand

Durch vollstreckbare notarielle Urkunde vom 23. Oktober 1980 bestellte der Kläger dem Beklagten eine Briefgrundschuld über 100 000 DM an seinem Hausgrundstück in [X.] liegt ein am 21. Oktober 1980 zwischen den Parteien und [X.], dem [X.] des [X.], geschlossener Vertrag zugrunde. Danach sollte der Beklagte die Grundschuld nur dann verwerten dürfen, "wenn Herr R" (= der [X.] des [X.]) "seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber der [X.] nicht nachkommt" und diese den Beklagten als Bürgen in Anspruch nehmen sollte.

Am 8. Januar 1981 trat der Beklagte die Grundschuld sicherungshalber an die [X.] ab. Dieser teilten die von dem Beklagten beauftragten Rechtsanwälte am 4. Mai 1981 mit, daß der Beklagte die Zwangsversteigerung des Grundstücks des [X.] aus der notariellen Urkunde vom 23. Oktober 1980 betreiben wolle. In dem Schreiben heißt es u.a. wie folgt:

"[X.] hat uns mitgeteilt, daß Ihnen
die Sicherung abgetreten ist zur Absicherung
eigener Bürgschaftsabsprachen von Herrn
P zu Ihren Gunsten.
Er hat weiter erklärt, daß Sie bereit sind,
den Titel zur Verfügung zu stellen, um die
Zwangsversteigerung durchzuführen. Wir dürfen
Sie höflich darum bitten, uns die vollstreckbare
Urkunde zur Verfügung zu stellen.
[X.] realisierte Geld würden wir Ihrer
Weisung entsprechend zahlen..."

Die [X.] erklärte sich durch Schreiben vom 6. Mai 1981 mit diesem Vorschlag einverstanden und gab dem Beklagten den [X.] zurück. Auf Antrag des Beklagten ist am 21. Juli 1981 die Zwangsversteigerung des klägerischen Grundstücks angeordnet worden.

Der Kläger hat beantragt, die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde vom 23. Oktober 1980 für unzulässig zu erklären und den Beklagten zur Einwilligung in die Löschung der Grundschuld zu verurteilen. Er hält die [X.] schon deshalb für begründet, weil der Beklagte nicht mehr Grundschuldgläubiger sei; im übrigen beruft sich der Kläger vor allem darauf, daß er die Bestellung der Grundschuld und die [X.] vom 21. Oktober 1980 wegen arglistiger Täuschung angefochten habe. Er vertritt weiter den Standpunkt, daß die [X.] auch wegen der fehlenden Zustimmung seiner Ehefrau unwirksam sei: Das Hausgrundstück sei, was dem Beklagten auch bekannt gewesen sei, im wesentlichen sein gesamtes Vermögen.

Landgericht und [X.] haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger nur noch die [X.] weiter. Der Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1

Die Revision hat im wesentlichen Erfolg.

2

1. Zu Recht hat das [X.]erufungsgericht die prozessualen Voraussetzungen der sich auf §§ 794 Abs. 1 Nr. 5, 795, 797, 767 ZPO stützenden [X.] für gegeben erachtet. Der Titel, aus dem die Zwangsvollstreckung betrieben wird, lautet auf den [X.]eklagten; ihm ist auch die Vollstreckungsklausel erteilt worden. Er ist daher ohne Rücksicht auf seine materielle [X.]erechtigung der betreibende Gläubiger im Sinne der Zivilprozeßordnung und des [X.] und somit der richtige [X.]eklagte (vgl. [X.] vom 7. Januar 1963, [X.], [X.], 526; [X.], ZPO 20. Aufl. § 767 [X.]. 10; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO 42. Aufl. § 767 [X.]. 3 [X.]). Die Möglichkeit von Rechtsbehelfen gegen die [X.] (§ 732 ZPO) steht der Zulässigkeit der [X.] nicht entgegen.

3

2. Das [X.]erufungsgericht geht rechtsfehlerfrei davon aus, daß eine Rückabtretung der Grundschuld an den [X.]eklagten nicht stattgefunden hat.

4

[X.]ei dieser Sachlage hätte es aber der [X.] den Erfolg nicht versagen dürfen. Infolge der Abtretung der Grundschuld an die [X.] hat der [X.]eklagte die [X.]efugnis, die Grundschuld im Wege der Zwangsvollstreckung zu verwerten, verloren. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß sich die jetzige Grundschuldgläubigerin mit der Wahrnehmung der Rechte aus der notariellen Urkunde durch den [X.]eklagten ausdrücklich einverstanden erklärt hat:

5

Die gerichtliche Geltendmachung fremder obligatorischer Ansprüche im eigenen Namen aufgrund Ermächtigung durch den wirklichen Gläubiger (sog. gewillkürte Prozeßstandschaft) wird von der Rechtsprechung zwar dann als zulässig angesehen, wenn der [X.] ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Durchsetzung des fremden Rechtes hat (vgl. z.[X.]. [X.], 218, 238; [X.]GHZ 4, 153, 164; 82, 283, 288). Hat er im eigenen Namen ein Urteil erlangt, so kann er als Titelgläubiger den zuerkannten fremden Anspruch auch im eigenen Namen vollstrecken. Er erhält demgemäß auch die zur Zwangsvollstreckung erforderliche Vollstreckungsklausel.

6

Hiermit nicht zu vergleichen ist der Fall, daß ein Titelgläubiger einen [X.] ermächtigt, den titulierten Anspruch im eigenen Namen zu vollstrecken (isolierte [X.]). Da der Titel nicht auf den [X.] lautet, wäre zur Zwangsvollstreckung die Titelumschreibung auf den [X.] nach § 727 ZPO erforderlich, die aber den Nachweis der Rechtsnachfolge voraussetzt. Die bloße Vollstreckungsermächtigung ohne Übertragung des titulierten Anspruchs ist aber keine Rechtsnachfolge im Sinne des § 727 ZPO, denn sie beseitigt nicht die Sachlegitimation des Gläubigers. Eine [X.] für den Ermächtigten käme folglich nicht in [X.]etracht. Dies gilt in gleichem Maße sowohl für den durch Urteil als auch für den durch eine vollstreckbare Urkunde ausgewiesenen Titelgläubiger (vgl. §§ 794, 795, 797 ZPO).

7

Auch wenn der Titelgläubiger den titulierten Anspruch vor oder nach der [X.] auf einen [X.] übertragen hat und dennoch selbst die Vollstreckung betreiben will, läßt das Zwangsvollstreckungsverfahren keine vom Schuldner hinzunehmende [X.] des alten für den neuen Gläubiger zu. Zwar wird dem im Titel als Gläubiger [X.] die Vollstreckungsklausel erteilt (vgl. [X.], ZPO 20. Aufl. § 727 [X.]. 44), so daß er die Zwangsvollstreckung beginnen kann. Der Schuldner kann aber den Rechtsübergang auf den neuen Gläubiger erfolgreich mit der [X.] geltend machen; § 265 ZPO ist nämlich auf die Übertragung eines titulierten Anspruchs nicht anwendbar (vgl. [X.], aaO § 727 [X.]. 46; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO 42. Aufl. § 767 [X.]. 2 [X.] Abs. 4).

8

Im Ergebnis nichts anderes gilt, wenn der neue Gläubiger des Anspruchs aus einer vollstreckbaren Urkunde, dessen Gläubigerstellung aus dem Titel selbst nicht ersichtlich ist, den in der Urkunde als Gläubiger aufgeführten Zedenten - ohne Rückübertragung des titulierten Anspruchs - die Zwangsvollstreckung im eigenen Namen betreiben läßt. Zwar erhält in einem solchen Fall der Altgläubiger die Vollstreckungsklausel, der Schuldner kann sich aber gegen die Vollstreckung durch den ehemaligen Gläubiger mit der [X.] wehren. Der Umstand, daß der wirkliche Gläubiger des titulierten Anspruchs aus dem Titel nicht hervorgeht, ist keine Rechtfertigung für die Zwangsvollstreckung durch den Nichtgläubiger. Der im Titel ausgewiesene Gläubiger kann - wie oben bereits dargelegt worden ist - mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 727 ZPO einen [X.] nicht zur Durchführung der Zwangsvollstreckung im eigenen Namen ermächtigen. Er müßte vielmehr den titulierten Anspruch auf den [X.] übertragen.

9

Der Anerkennung einer [X.] steht jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art (der Gläubiger des titulierten Anspruchs geht aus dem Titel nicht hervor, sein Rechtsvorgänger ist im Titel als Gläubiger aufgeführt) nicht nur die der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit dienende Formstrenge des Vollstreckungsrechts entgegen. Für sie besteht auch kein sachliches [X.]edürfnis. [X.] das Grundpfandrecht nicht selbst verwerten, sondern dies seinem Rechtsvorgänger überlassen, so kann er eine treuhänderische Rückabtretung vornehmen.

10

Da somit der [X.]eklagte sachlich nicht befugt ist, die für ihn fremde Grundschuld im eigenen Namen im Wege der Zwangsvollstreckung zu verwerten, muß die [X.] Erfolg haben. Über sonstige Einwendungen des [X.] gegen den titulierten Anspruch kann allerdings gegenüber dem [X.]eklagten nicht entschieden werden. Infolgedessen ist nur die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde durch den [X.]eklagten für unzulässig zu erklären (vgl. [X.], aaO § 767 [X.]. 22 i.V.m. [X.]. 44 und dort Fußnote 169). Der weitergehende Antrag des [X.] ist mithin zurückzuweisen.

11

3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 und 2 ZPO.

Zur besseren Lesbarkeit wurden ggf. Tippfehler entfernt oder Formatierungen angepasst.

Meta

V ZR 218/83

25.10.1984

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

§§ 727, 767 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.10.1984, Az. V ZR 218/83 (REWIS RS 1984, 2)

Papier­fundstellen: BGHZ 92, 347-351 WM 1985, 70-71 ZIP 1985, 247-248 JuS 1985, 558-559 NJW 1985, 809-810 REWIS RS 1984, 2

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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