Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.10.2006, Az. 3 StR 392/06

3. Strafsenat | REWIS RS 2006, 1200

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[X.] vom 24. Oktober 2006 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] - zu 2. auf dessen Antrag - am [X.] gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 21. Juni 2006 im Schuldspruch dahin ge-ändert, dass der Angeklagte wegen Abgabe von Betäubungs-mitteln verurteilt wird. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Geldstrafe von 90 Ta-gessätzen verurteilt. Die Revision des Angeklagten rügt mit Einzelbeanstan-dungen die Verletzung materiellen Rechts. Sie hat teilweise Erfolg. 1 1. Nach den Feststellungen des [X.]s vermittelte der Angeklagte dem Mitangeklagten [X.], der ihn zuvor einmal nach Geschäften mit Heroin gefragt hatte, den Eindruck, er könne ihm innerhalb kurzer Zeit eine größere Menge Heroin liefern; tatsächlich war er dazu nicht in der Lage; er wollte damit dem Mitangeklagten, über den er verärgert war, "eins auswischen", nachdem dieser ihm ein tatsächlich undurchführbares größeres Geschäft über [X.] angedient hatte, auf das er, der Angeklagte, sich zu seinem Schaden 2 - 3 - eingelassen hatte. Der Mitangeklagte [X.] versuchte dann in der Hoffnung auf eine Provision, Großabnehmer für Heroin zu finden. Bei seinen Bemühungen geriet er an einen Scheinaufkäufer der Polizei. Zur Kontaktaufnahme ließ er dem Kaufinteressenten eine Probe von ca. 1,29 g [X.] übergeben. Diese Probe hatte er von dem Angeklagten erhalten. Bei einem Treffen mit dem vermeintlichen Käufer Anfang Dezember 2005, zu dem ihn der Angeklagte [X.] hatte, bot der Mitangeklagte die Lieferung von 8 kg Heroin noch vor Jah-resende und weiterer 15 kg im [X.] an. Die Verhandlungen scheiter-ten, weil der Angeklagte dem Mitangeklagten auf dessen mehrfaches Verlan-gen nicht die vom Käufer verlangte weitere Probe von 50 g Heroin zur Verfü-gung stellte. Dazu war der Angeklagte, der nicht über die erforderlichen Kontak-te zum Drogenmilieu verfügte, auch nicht in der Lage. Zu den Vorstellungen des Angeklagten hinsichtlich der Absatzbemühun-gen des Mitangeklagten [X.] hat das [X.] festgestellt: 3 Der Angeklagte wusste bei der Übergabe der Probe von 1,29 g, "dass er damit den Mitangeklagten [X.] bei dessen Bemühungen, ein Heroingeschäft abzuwickeln, unterstützte. Er ging zwar weiter davon aus, dass es für den An-geklagten [X.] keine Möglichkeit gab, dieses Geschäft zu realisieren, da er selbst über keinerlei Liefermöglichkeiten verfügte und er offenbar die einzige Bezugsquelle des [X.] war. Er wusste aber auch, dass die [X.] des Angeklagten [X.] mit dem potentiellen Käufer immer konkreter wurden und insbesondere, dass in [X.] am 8.12.2005 die Übergabe einer Probe von 50 g im Vorlauf für ein Geschäft im [X.] stattfinden [X.]. ... Es kam dem Angeklagten zwar darauf an, dass diese [X.] und die Probenübergabe im Ergebnis scheitern, zugleich sollten die 4 - 4 - Verhandlungen aber zunächst stattfinden, weil [X.] eine ähnliche Erfahrung machen sollte, wie er sie mit dem geplatzten Kupfergeschäft machen musste." 2. Auf der Grundlage dieser - rechtsfehlerfrei getroffenen - [X.] kann die Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge keinen Bestand haben. 5 a) Allerdings hat sich der Mitangeklagte, wie das [X.] zu Recht angenommen hat, durch die Verhandlungen mit dem Scheinaufkäufer und sein Angebot, diesem 8 kg Heroin zu liefern, des vollendeten Handeltreibens mit [X.] in nicht geringer Menge schuldig gemacht. Dem steht nicht entgegen, dass ein Umsatz von Betäubungsmitteln mangels Beschaffungs- und Liefermöglichkeiten des Mitangeklagten nach den festgestellten Umständen weder stattgefunden noch unmittelbar [X.] hat. Entscheidend ist allein, dass der Mitangeklagte eine eigennützige, auf den Umsatz von Betäu-bungsmitteln gerichtete Tätigkeit entfaltet hat. Damit hat er, nachdem sich die Verhandlungen auf eine in unmittelbarer Zukunft zu liefernde Menge von 8 kg Heroin konkretisiert hatten, nach dem weiten Begriff des Handeltreibens, der dem Betäubungsmittelstrafrecht zugrunde liegt (st. Rspr.; zuletzt BGHSt 50, 252, 256), den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) vollendet. 6 b) Die Voraussetzungen für eine Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe - oder (möglicherweise näherliegend) Anstiftung - zu dieser Tat, liegen aber nicht vor. 7 - 5 - aa) Der Angeklagte hat zwar die Tat des Mitangeklagten - das Führen der Verhandlungen und die Abgabe des Angebots über die Lieferung von 8 kg Heroin - objektiv gefördert, wie das [X.] angenommen hat (wenn er die-sen nicht sogar zu der Tat im Sinne des § 26 StGB als Anstifter bestimmt hat). Auch hat er gewusst, dass der Mitangeklagte Bemühungen entfalten würde, um den Absatz zu organisieren. Damit hat er die Kenntnis der Umstände gehabt, die nach dem weiten Begriff des Handeltreibens zum gesetzlichen Tatbestand des § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG gehören (§ 16 StGB). 8 bb) Allein darauf die Annahme des Teilnahmevorsatzes zu stützen, wie es die Strafkammer - freilich ohne nähere Begründung - getan hat, würde indes zu kurz greifen und zu einer vom Gesetz nicht gewollten Ausweitung der Straf-barkeit führen: 9 Im Rahmen der [X.] ist anerkannt, dass sich der Vorsatz des Anstifters oder Gehilfen in jedem Fall auf eine vollendete Haupt- tat erstrecken muss ([X.] in [X.] vor § 26 Rdn. 59 m. w. N.). Wenn die Haupttat objektiv nicht über das Versuchsstadium hinausgelangt, genügt für die Annahme einer strafbaren Beteiligung an dieser versuchten Tat dementsprechend nicht, dass der Teilnehmer den Vorsatz hatte, dass es durch seine [X.] oder Unterstützungshandlung jedenfalls zu dem tatsächlich begangen Versuch kommen wird. Vielmehr kommt eine strafbare Teilnahme erst in Betracht, wenn er eine vollendete Tat angestrebt hat oder - zumindest mit bedingtem Vorsatz - von einer Vollendung ausgegangen ist. 10 Ausgehend von dem weiten Begriff dieses Tatbestandsmerkmals stellt das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln ein sogenanntes unechtes [X.] dar. Als vollendetes Handeltreiben werden nicht nur die 11 - 6 - Handlungen abgeurteilt, die den Umsatz der Betäubungsmittel bewirken und damit unmittelbar den Erfolg herbeiführen, dessen Verhinderung - wegen seiner Gefährlichkeit für die vom Betäubungsmittelstrafrecht geschützten [X.] - der Zweck des Tatbestands ist. Gleichermaßen als vollendete Delikte werden vielmehr auch die Tätigkeiten erfasst, die dem [X.] vorgelagert sind und - gemessen an diesem Erfolg - der Sache nach eigentlich als Vorbereitungs- oder Versuchshandlungen einzuordnen wären. Diese Natur des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln als eines unech-ten Unterlassungsdelikts und mithin der Umstand, dass als vollendetes [X.] auch solche Handlungen bestraft werden, bei denen es sich qualitativ um einen Versuch des Delikts handelt, darf bei der Beurteilung der Strafbarkeit von Teilnehmern nicht aus dem Blick geraten. Vielmehr müssen, wenn das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als ein unechtes [X.] ausgestaltet wird, die dargestellten Grundsätze der Teilnahmestrafbarkeit ent-sprechend angewandt werden. Demgemäß kann derjenige, der sich durch [X.] oder Gehilfenhandlungen vorsätzlich an Handlungen eines anderen beteiligt, die sich - wegen des weiteren Begriffs des Tatbestandsmerkmals - formell als vollendetes Handeltreiben darstellen, ihrer Qualität nach aber Ver-suchshandlungen sind, nur dann wegen Teilnahme bestraft werden, wenn er sich - jedenfalls mit bedingtem Vorsatz - vorstellt, dass es zu dem in Rede ste-henden Betäubungsmittelumsatz kommt. Wollte man anders entscheiden, so hätte die weite Auslegung des Begriffs des Handeltreibens, die - nicht zuletzt aus kriminalpolitischen Gesichtspunkten (BGHSt 50, 252, 261) - für den Täter in erster Linie zu einer Verschiebung der Grenze zwischen strafbarer Vollendung und (nach dem Gesetz ebenfalls) strafbarem Versuch in Richtung der Annahme vollendeter Taten führt, für den Teilnehmer eine nicht gewollte Ausweitung der Strafbarkeit zur Folge. 12 - 7 - Diese restriktive Anwendung der [X.] in Fällen der [X.] oder Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln ist im Übrigen auch zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen im Hinblick auf die Be-schränkungen der Strafbarkeit wegen täterschaftlichen Handeltreibens geboten: Wer Verhandlungen über den An- oder Verkauf von Betäubungsmitteln führt, kann, auch wenn diese Verhandlungen den Eindruck erwecken, [X.] gemeint zu sein, nicht als Täter des Handeltreibens bestraft werden, falls er das Ge-schäft in Wirklichkeit nicht abwickeln will; in solchen Fällen fehlt es nämlich an [X.], das - wie erforderlich - (subjektiv) auf den Umsatz von Betäu-bungsmitteln gerichtet ist. Im Hinblick darauf kann sich aber auch nicht wegen Beihilfe strafbar machen, wer als Hintermann solche Verhandlungen in dem Wissen unterstützt, dass es zu einem [X.] nicht kommen kann. 13 3. Der Angeklagte ist nach allem nicht der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln schuldig. Er hat sich aber dadurch, dass er dem [X.] eine Probe mit ca. 0,18 g [X.] übergeben hat, wegen Abgabe von [X.] (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG) strafbar gemacht. Hinter [X.] tritt der gegebenenfalls zugleich verwirklichte Besitz (§ 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG) zurück (Weber, BtMG 2. Aufl. § 29 Rdn. 904). 14 Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagten hiergegen nicht anders hätte [X.] können. Der Strafausspruch bleibt unberührt. Die verhängte Geldstrafe ist angemessen im Sinne von § 354 Abs. 1 a StPO, zumal der Angeklagte den Mitangeklagten - wenn auch unter dem Aspekt der Teilnahme in nicht strafbarer Weise - durch die [X.] weiter in das "Geschäft" verstrickt hat. 15 - 8 - 4. Im Hinblick auf den nur geringen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO). [X.] [X.]

Meta

3 StR 392/06

24.10.2006

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.10.2006, Az. 3 StR 392/06 (REWIS RS 2006, 1200)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 1200

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