Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.02.2016, Az. 4 StR 459/15

4. Strafsenat | REWIS RS 2016, 16222

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:160216B4STR459.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 459/15

vom
16. Februar
2016
in der Strafsache
gegen

wegen
Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in

nicht geringer Menge

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung
des
Generalbun-desanwalts und der
Beschwerdeführerin
am 16.
Februar
2016
gemäß §
349 Abs.
4 StPO beschlossen:

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts Siegen vom 12.
Juni 2015, soweit es die Angeklagte [X.], mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagte wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt und die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Hier-gegen wendet sich die Angeklagte mit
ihrer auf die nicht ausgeführte Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen ließ der Mitangeklagte Ö.

, der mit der Ange-
klagten eine Beziehung unterhielt und

nicht ausschließbar

allein deswegen 1
2
-
3
-
von der Angeklagten in ihre
Wohnung aufgenommen worden war, im Spät-sommer 2013 ein Paket mit 150
Gramm [X.] (Wirkstoffgehalt 25
%) an die Wohnanschrift der Angeklagten versenden, wo es vom [X.] in Besitz genommen wurde. Die Hälfte des [X.]
verwendete der Mitangeklagte in der Folgezeit zum Eigenkonsum für sich und die Angeklagte. Die andere Hälfte streckte und portionierte er und verkaufte sie in und vor der Wohnung der Angeklagten an andere Abnehmer. Die Angeklagte war nicht ak-tiv in die Planung, Organisation oder Durchführung des Handeltreibens einge-bunden und hatte auch kein Interesse an den Details der Tätigkeit ihres Freun-des. Sie bekam aber mit, dass ein Paket mit Heroin angekommen war, weil plötzlich wieder ausreichend Heroin in der Wohnung zur Verfügung stand. Die Angeklagte, die wusste, dass der Mitangeklagte mit Heroin handelte, sah es zwar nicht gern, dass der Mitangeklagte seine Geschäfte auch in der Wohnung tätigte, sie duldete jedoch die Verkaufstätigkeit ihres Freundes, weil sie
von den von ihm erzielten Gewinnen, insbesondere durch die kostenlose Versorgung mit Heroin und die Finanzierung von Einkäufen und Urlauben, erheblich profitierte. Im Oktober 2014 erhielt der Mitangeklagte von einem Kurier eine Lieferung von 300
Gramm [X.] mit 25
% Wirkstoffgehalt, die er mit zur [X.] der Angeklagten nahm. In der Wohnung wurde die Hälfte der Lieferung von dem Mitangeklagten und der Angeklagten selbst konsumiert, während die andere Hälfte wiederum durch den Mitangeklagten nach Streckung an andere Konsumenten weiterveräußert wurde. Auch diesmal bekam die Angeklagte dadurch, dass wieder Heroin verfügbar war, mit, dass der Mitangeklagte eine neue Lieferung erhalten hatte. Sie duldete den anschließenden Verkauf des [X.] in ihrer Wohnung aus denselben Gründen wie zuvor und unterstützte dadurch den Mitangeklagten.
-
4
-
II.
Die Verurteilung der Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
Eine aktive Beteiligung der Angeklagten an der Handelstätigkeit des [X.] wird durch die [X.] nicht belegt. Allein die Kenntnis und Billigung der Lagerung, der Aufbereitung oder des Vertriebs von Betäu-bungsmitteln in der
Wohnung erfüllt ohne eine irgendwie geartete, die Handels-tätigkeit objektiv fördernde Unterstützungshandlung nicht die Voraussetzungen der strafbaren Beihilfe (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 19.
Dezember 2013

4
StR
300/13, [X.], 164; Beschlüsse vom 17.
November 2011

2
StR 348/11, [X.], 58; vom 2.
August 2006

2
StR
251/06, [X.]R BtMG §
29 Abs.
1 Nr.
1 Handeltreiben
67; vom 7.
Januar 2003

3
StR
414/02, [X.]R BtMG §
29 Abs.
1 Nr.
1 Handeltreiben
60). Einen
solchen
Unterstützungsbei-trag
der Angeklagten durch [X.] hat das [X.] nicht festgestellt. Dass die Angeklagte schon bei der Überlassung der Mitnutzung der Wohnung an den Mitangeklagten von deren geplanter Verwendung für Rauschgiftge-schäfte wusste (vgl. [X.], Urteil vom 19.
Dezember 2013

4
StR
300/13, aaO; Beschluss vom 30.
April 2013

3
StR
85/13, [X.], 249), hat die [X.] nicht angenommen. Eine auf die künftige Hinnahme des Rausch-gifthandels in der Wohnung bezogene Zusage der Angeklagten, die als psychi-sche Unterstützung der Taten des Mitangeklagten gewertet werden könnte (vgl. [X.], Beschluss vom 30.
April 2013

3
StR
85/13, aaO), lässt sich den [X.] ebenfalls nicht entnehmen.

3
4
-
5
-
Eine Strafbarkeit wegen Beihilfe durch Unterlassen scheidet mangels Garantenstellung der Angeklagten aus. Denn der Inhaber einer Wohnung hat grundsätzlich nicht rechtlich dafür einzustehen, dass in seinen Räumen durch Dritte keine Straftaten begangen werden (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 19.
Dezember 2013

4
StR
300/13, aaO; Beschluss vom 31.
Juli 1992

4
StR 156/92, [X.]R StGB §
13 Abs.
1 Garantenstellung
10; Urteil vom 24.
Februar 1982

3
StR
34/82, [X.]St 30, 391). Ein Ausnahmefall, in welchem die [X.] wegen ihrer besonderen Beschaffenheit oder Lage

über ihre Eigen-schaft als nach außen abgeschirmter Bereich hinaus

eine Gefahrenquelle darstellt (vgl. [X.], Urteil vom 24.
Februar 1982

3
StR
34/82, aaO; Beschluss vom 7.
Januar 2003

3
StR
414/02, aaO), ist nicht festgestellt. Dass die Ange-klagte aus den durch den Mitangeklagten begangenen Taten Vorteile zog, mag strafrechtlich unter dem Aspekt der Geldwäsche nach §
261 StGB bedeutsam sein (vgl. [X.], Urteil vom 20.
Dezember 2012

3
StR
407/12, [X.], 546, 549; [X.], BtMG, 4.
Aufl., Vor §§
29
ff., Rn.
677
ff.), für die Frage des Beste-hens einer Garantenpflicht der Angeklagten ist dieser Umstand entgegen der Ansicht der [X.]
indes
ohne jede Relevanz.
Sost-Scheible
Cierniak
Franke

Mutzbauer
Bender
5

Meta

4 StR 459/15

16.02.2016

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.02.2016, Az. 4 StR 459/15 (REWIS RS 2016, 16222)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16222

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4 StR 459/15

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