Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.10.2002, Az. III ZB 23/02

III. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 922

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[X.] 23/02vom31. Oktober 2002in dem [X.] [X.] hat am 31. Oktober 2002 durch [X.]:Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluß des16. Zivilsenats des [X.] vom25. April 2002 - 16 U 16/02 - aufgehoben.Dem Kläger wird wegen der Versäumung der Frist zur [X.] der Berufung gegen das Urteil der 21. Zivilkammer [X.] vom 14. Dezember 2001 Wieder-einsetzung in den vorigen Stand gewährt.[X.] hat die Feststellungsklage des [X.] aufgrund dermündlichen Verhandlung vom 23. November 2001 mit Urteil vom 14. [X.] abgewiesen. Gegen dieses seiner Prozeßbevollmächtigten am 15. Janu-ar 2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. Januar 2002 Berufung [X.], die er mit einem am 13. März 2002 eingegangenen [X.]riftsatz begründethat. Am 22. März 2002 beantragte der Kläger wegen Versäumung der [X.] -fungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und führte [X.] aus: Rechtsanwältin [X.], seine erstinstanzliche [X.], habe mit ihm vereinbart, daß gegen das Urteil des Landgerichtsunter Ausschöpfung der Berufungsfrist am 15. Februar 2002 Berufung [X.] werden solle. Da Rechtsanwältin [X.]beabsichtigt habe, im [X.] zu machen, dessen genaues Datum noch nicht festgestanden ha-be, habe sie am 28. Januar 2002 die Berufungsschrift diktiert und durch denam Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt [X.]. unterzeichnenlassen. Der Rechtsanwalts- und Notariatsfachangestellten [X.]habe siedie Anweisung erteilt, die Berufungsschrift genau am 15. Februar 2002 bei [X.] einzureichen. Zugleich habe sie verfügt, die [X.] Zugrundelegung der angeordneten Einlegung der Berufung vorsorglichauf den 15. März 2002 mit einer Vorfrist zum 8. März 2002 zu notieren. [X.] der ausdrücklichen Anweisung habe Frau [X.]die [X.] am 28. Januar 2002 zur Gerichtspost gegeben. Als [X.]. die Kopie der Berufungsschrift mit [X.] zum 30. [X.] vorgelegt worden sei, habe sie sowohl schriftlich auf der Berufungsschriftals auch mündlich gegenüber Frau [X.] bei Übergabe der Akte verfügt,die Berufungsbegründungsfrist mit Vorfrist umzunotieren. Frau [X.]seijedoch der Ansicht gewesen, eine Umnotierung sei nicht erforderlich, weil dieFrist 15. März 2002 nach neuem Recht richtig notiert sei. Sie habe deshalb beider Verfügung "nicht notwendig" vermerkt, wegen hohen Arbeitsanfalls abervergessen, Rechtsanwältin [X.] noch einmal auf die Fristnotierung anzu-sprechen. Die eingetragene [X.] 14. Februar 2002 habe sie inder Annahme gestrichen, die Wiedervorlage habe sich durch Einreichung [X.] erledigt, weshalb die Akte an diesem Tag nicht vorgelegt [X.] sei. Dies sei vielmehr erst zur vorsorglich notierten Vorfrist am 8. [X.] 4 -2002 geschehen. Als Rechtsanwältin [X.]am 11. März 2002 die Akten fürdie Berufungsbegründung in Arbeit genommen habe, habe sie die falsche Be-rechnung der Berufungsbegründungsfrist bemerkt.Das Berufungsgericht hat die Erteilung von Wiedereinsetzung gegen [X.] der Berufungsbegründungsfrist versagt und die Berufung als [X.] verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des [X.].II.1.Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch zulässig, weil die [X.] einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).2.Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Zwar hat der Kläger die Beru-fungsbegründungsfrist versäumt. Auf seinen rechtzeitigen Antrag ist ihm jedochgemäß §§ 233, 234 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.Damit wird der die Berufung als unzulässig verwerfende Beschluß des [X.]) Nach dem durch anwaltliche Versicherung des [X.] zweiter Instanz und durch eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwalts-und Notariatsfachangestellten [X.]glaubhaft gemachten Vorbringen des[X.] war dieser ohne ein ihm zuzurechnendes Verschulden seiner Prozeß-bevollmächtigten gehindert, die Berufungsbegründungsfrist zu wahren. [X.] 5 -nach beruhte die Versäumung der Frist auf drei Fehlern der Angestellten[X.] . Entgegen einer erteilten Weisung reichte sie die bereits am28. Januar 2002 erstellte Berufungsschrift sofort und nicht erst unter [X.] am 15. Februar 2002 bei Gericht ein. War dies für sich ge-nommen noch kein Fehler, der unmittelbar zu Rechtsverlusten des [X.]führte, unterließ sie nach Zugang einer Kopie der Berufungsschrift mit [X.] die ihr mündlich und schriftlich angewiesene Umnotierung [X.] vom 15. März 2002 auf den 28. Februar 2002, [X.] der irrigen Auffassung war, die Frist laufe nach neuem Recht am [X.] aus. Sie war jedoch nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen darüberunterrichtet worden, daß nach der Übergangsregelung das alte Recht in [X.] ist, in denen die mündliche Verhandlung, auf welche das Urteilergeht, vor dem 1. Januar 2002 geschlossen worden ist. [X.]ließlich legte siedie Handakten am 14. Februar 2002 nicht vor, weil sie den [X.] Frist mit der bereits eingereichten Berufung sah.b) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] kannein Rechtsanwalt die Berechnung üblicher und in seiner Praxis häufig vorkom-mender Fristen sowie die Führung des Fristenkalenders seinem gut ausgebil-deten und sorgfältig überwachten Büropersonal überlassen. Er muß aber [X.] organisatorische Maßnahmen dafür sorgen, daß [X.] vermieden werden (vgl. [X.], Beschluß vom 6. Juli 1994 - [X.] [X.] - NJW 1994, 2551; Senatsbeschluß vom 31. Januar 2002 - [X.]/01 -NJW 2002, 1130). Darüber hinaus darf ein Rechtsanwalt grundsätzlich daraufvertrauen, daß eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesenhat, eine konkrete Einzelanweisung befolgt. Ihn trifft unter solchen Umständennicht die Verpflichtung, sich anschließend über die Ausführung seiner [X.] -zu vergewissern (vgl. [X.], Beschluß vom 13. April 1997 - [X.]/97 - NJW1997, 1930).aa) Nach diesen Grundsätzen ist den Prozeßbevollmächtigten des [X.] ein Verschulden nicht vorzuwerfen. Die Weisung an die Büroangestellte,die am 28. Januar 2002 bereits unterzeichnete Berufungsschrift erst am 15. Fe-bruar 2002 bei Gericht einzureichen, betraf eine einfach wahrzunehmendeHandlung, die keine besonderen Kenntnisse voraussetzte und mit Hilfe [X.] verläßlich hätte ausgeführt werden können. Auch die mögli-cherweise vorzunehmende Korrektur einer vorsorglich eingetragenen Beru-fungsbegründungsfrist nach Eingang der Mitteilung über den genauen Eingangder Berufungsschrift bei Gericht war ein nach dem bis zum 31. Dezember 2001geltenden Recht immer wieder vorkommender Routinevorgang, den der [X.] gut ausgebildeten und sorgfältig überwachten Büropersonal überlassendurfte. Es kommt hier hinzu, daß sich Rechtsanwältin [X.]auf eine selb-ständige Bearbeitung durch die Büroangestellte nicht beschränkt, sondern [X.] mündliche und schriftliche Weisung zur Umnotierung der Berufungsbe-gründungsfrist erteilt hat. Angesichts dieser Weisung kommt dem Umstand,daß die Büroangestellte möglicherweise die Unterrichtung über das neueRechtsmittelrecht und die Übergangsregelung noch nicht richtig aufgenommenhatte, keine entscheidende Bedeutung zu, weil die Weisung in jedem Fall zubefolgen war und die Büroangestellte nach dem glaubhaft gemachten Vorbrin-gen gleichfalls angewiesen war, Rücksprache mit dem Prozeßbevollmächtigtenzu halten, wenn sie eine Verfügung anders als angeordnet ausführen wollte.Da ihr nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen bei der Fristberechnung [X.] seit Beginn ihres Arbeitsverhältnisses in der Kanzlei (Oktober 1997)noch keine Fehler unterlaufen waren, durften sich die Prozeßbevollmächtigten- 7 -darauf verlassen, daß auch in dieser Sache die angewiesene Frist eingetragenwürde.bb) Der Senat folgt der Beurteilung des Berufungsgerichts nicht,Rechtsanwältin [X.]hätte die Eintragung der Frist in den Kalender selbstvornehmen, jedenfalls prüfen müssen, ob die Büroangestellte die Frist richtigeingetragen hatte, nachdem sie bemerkt hatte, daß die Angestellte die Beru-fungsschrift weisungswidrig zu früh eingereicht hatte. Nicht jeder Fehler recht-fertigt den vom Berufungsgericht gezogenen [X.]luß, daß man sich auf einenMitarbeiter nicht mehr verlassen könne. Der Fehler hatte hier nicht entschei-dendes Gewicht, weil er als solcher noch nicht mit Rechtsnachteilen für [X.] verbunden war und eine ordnungsmäßige Abwicklung des Berufungs-verfahrens nicht behinderte. Er betraf auch nicht im [X.] die Führung des [X.], so daß er das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der [X.] dieser Beziehung nicht berührte. Daß Rechtsanwältin [X.] unter [X.] durch eine eigene - mündliche und schriftliche - Weisung zur [X.] der Berufungsbegründungsfrist dem eingetretenen Fehler [X.] und die weitere fristgemäße Bearbeitung sicherstellen wollte, entspracheiner verantwortungsbewußten und die Interessen des Mandanten wahrneh-menden Verfahrensweise. Zu mehr war sie auch im Hinblick auf den der [X.] bei der Einreichung der Berufungsschrift nichtverpflichtet. Soweit das Berufungsgericht den Beschlüssen des [X.] vom 3. November 1997 ([X.] 47/97 - NJW 1998, 460) und [X.] ([X.] - [X.], 1047) weitergehende Anforderungenan die vom Rechtsanwalt selbst wahrzunehmenden Pflichten entnehmen will,verkennt es, daß diesen Entscheidungen keine vergleichbaren Fallgestaltun-gen zugrunde lagen. Es kommt auch nicht auf die Bedenken an, die das [X.] mit Rücksicht auf das Verhalten des beim [X.] zu-gelassenen Rechtsanwalts [X.]. äußert. Denn dem Wiedereinset-zungsantrag ist seinem gesamten Inhalt nach zu entnehmen, daß [X.] mit der Bearbeitung betraut war. Daß ihr im Februar 2002 geplanterUrlaub einer Überwachung der Sache entgegenstand, ist nicht erkennbar.Vielmehr belegt ihre Bearbeitung, daß sie das Erforderliche veranlaßt hatte, umdie Berufungsbegründung rechtzeitig vorzubereiten. Daß hierzu [X.] vor dem 28. Februar 2002 ein Verlängerungsantrag hätte gestellt [X.], stellt die ordnungsmäßige Handhabung durch sie nicht in Frage.Rinne[X.][X.]KapsaDörr

Meta

III ZB 23/02

31.10.2002

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.10.2002, Az. III ZB 23/02 (REWIS RS 2002, 922)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 922

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