Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.03.2022, Az. II ZR 51/21

2. Zivilsenat | REWIS RS 2022, 827

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Gegenstand

Gesellschafterbeschlüsse über einen Gesellschafterausschluss und eine Geschäftsanteilseinziehung: Wert der Beschwer bei Antrag auf Nichtigerklärung


Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des 9. Zivilsenats des [X.] vom 10. März 2021 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

Streitwert: 7.000 €

Gründe

1

I. Die Nichtzulassungsbeschwerde der [X.] ist als unzulässig zu verwerfen, da nicht - wie geboten - glaubhaft gemacht ist, dass der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Durch die Zurückweisung der Berufung ist die Beklagte in Höhe von 7.000 € beschwert.

2

1. Der Wert des Klageantrags, einen Einziehungs- oder Ausschlussbeschluss für nichtig zu erklären, richtet sich regelmäßig nach dem Verkehrswert des Geschäftsanteils des betroffenen Gesellschafters einer GmbH ([X.], Beschluss vom 8. Dezember 2008 - [X.], [X.] 2009, 518 Rn. 2; Beschluss vom 8. Juni 2009 - [X.], juris Rn. 2; Beschluss vom 10. November 2020 - II ZR 243/19, juris Rn. 7; Beschluss vom 12. November 2019 - [X.], [X.], 440 Rn. 4 mwN; Beschluss vom 9. März 2021 - [X.], juris Rn. 3). Der Wert der Beschwer einer beklagten GmbH, die sich gegen ein [X.] Urteil hinsichtlich eines Beschlusses über die Einziehung eines Geschäftsanteils oder den Ausschluss eines Gesellschafters wendet, richtet sich nach ihrem Interesse an der Wirksamkeit jenes Beschlusses. Maßstab der Bewertung ist dafür grundsätzlich ebenfalls der Verkehrswert des Geschäftsanteils des betroffenen Gesellschafters. Legen die beklagte GmbH und ein sie als streitgenössischer Nebenintervenient unterstützender Gesellschafter selbständige Rechtsmittel gegen ein im Beschlussanfechtungs- bzw. Nichtigkeitsfeststellungsprozess ergangenes [X.] Gestaltungsurteil ein, so findet hinsichtlich der Beschwer jedenfalls wegen des einheitlichen Streitgegenstands und der einheitlichen [X.] keine Wertaddition statt ([X.], Urteil vom 30. April 2001 - [X.]/00, [X.], 1734; Beschluss vom 9. März 2021 - [X.], juris Rn. 4). Anknüpfungspunkt für den Wert kann die Abfindung sein, weil die Abfindung grundsätzlich auf den Verkehrswert des Geschäftsanteils, mithin den Betrag gerichtet ist, den ein Dritter als Erwerber zahlen würde ([X.], Urteil vom 30. April 2001 - [X.]/00, [X.], 1734).

3

2. Das Berufungsgericht ist unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der [X.] von einem Verkehrswert der Geschäftsanteile des [X.] von allenfalls 7.000 € ausgegangen. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen höheren Wert glaubhaft gemacht.

4

a) Die Auffassung der [X.], bei einem Einziehungsbeschluss gebe es einen über dem Nominalwert eines Geschäftsanteils liegenden "mathematischen Mindestwert" widerspricht der Rechtsprechung des Senats, dass der Verkehrswert des Geschäftsanteils maßgeblich ist, der geringer sein kann als der Nominalwert.

5

b) Der Verweis auf den Rangrücktritt einer Gläubigerin der [X.] lässt ebenso wenig Rückschlüsse auf den Verkehrswert der Geschäftsanteile des [X.] zu wie die Behauptung nicht bezifferter Schadensersatzansprüche gegen den Kläger.

6

c) Es kommt nicht darauf an, welche Forderungen der Kläger mit der Begründung erhoben haben soll, die Nebenintervenientin als seine Mitgesellschafterin habe die Beklagte geschädigt. Die Nichtzulassungsbeschwerde zeigt nicht auf, welchen Einfluss dieser Umstand auf den Verkehrswert der Geschäftsanteile des [X.] haben soll.

7

d) Ohne Ermessensfehler hat das Berufungsgericht dem Einziehungsbeschluss neben dem Abtretungsbeschluss keinen eigenständigen Wert beigemessen.

8

Werden im Wege einer objektiven Klagehäufung mehrere Beschlüsse angefochten, wird der Streitwert für jeden angefochtenen Beschluss zwar grundsätzlich gesondert festgesetzt und gemäß § 5 ZPO, § 39 Abs. 1 GKG ein Gesamtstreitwert gebildet. Etwas anderes gilt aber, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtung der angefochtenen Beschlüsse ein im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG identischer Streitgegenstand vorliegt (vgl. [X.], Beschluss vom 2. Juni 2021 - [X.], juris Rn. 5).

9

Das ist bei den beiden von dem Kläger erfolgreich angefochtenen Beschlüssen der Fall. Die Einziehung der Geschäftsanteile sollte nach der Formulierung der Beschlüsse nur für den Fall zum Tragen kommen, dass die zwangsweise Abtretung der Geschäftsanteile ganz oder teilweise unwirksam wäre. Beide Beschlüsse sind wirtschaftlich auf den identischen Streitgegenstand, die Beendigung der Gesellschafterstellung des [X.], gerichtet.

e) Das Berufungsgericht hat der Bestellung des besonderen Vertreters zu der Durchführung der angefochtenen Beschlüsse keinen besonderen Wert beigemessen, weil die Bestellung lediglich der Abwicklung diene. Die Nichtzulassungsbeschwerde macht keinen höheren Wert glaubhaft.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde wäre im Übrigen auch unbegründet, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zuzulassen hat. Der Rechtsstreit der Parteien hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

[X.]     

      

Born     

      

B. Grüneberg

      

V. Sander     

      

von Selle     

      

Meta

II ZR 51/21

08.03.2022

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 10. März 2021, Az: 9 U 30/20

§ 5 ZPO, § 543 Abs 2 ZPO, § 544 Abs 2 Nr 1 ZPO, § 39 Abs 1 GKG, § 45 Abs 1 S 3 GKG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.03.2022, Az. II ZR 51/21 (REWIS RS 2022, 827)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 827

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Referenzen
Wird zitiert von

II ZR 74/21

Zitiert

II ZR 262/18

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