Bundessozialgericht, Urteil vom 12.03.2013, Az. B 1 KR 17/12 R

1. Senat | REWIS RS 2013, 7484

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Krankenversicherung - Krankengeld - Ruhen beim Bezug von Übergangsgeld - Krankengeldspitzbetrag


Leitsatz

Versicherte haben aufgrund des Aufstockungsverbots keinen Anspruch auf Zahlung eines Krankengeld-Spitzbetrags, wenn ihr Krankengeldanspruch in Höhe einer kraft gesetzlicher Bestimmung abgesenkten Entgelt- oder Entgeltersatzleistung ruht.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des [X.] vom 8. Dezember 2011 sowie des [X.] vom 9. Februar 2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Kosten des Verfahrens sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Zahlung eines sog Krankengeld([X.], der den Betrag des geleisteten Übergangsgeldes ([X.]) übersteigt.

2

Der bei der beklagten Krankenkasse ([X.]) versicherte Kläger war als Verwaltungsangestellter sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Er bezog vom 28.11.2005 bis 28.5.2007 wegen Arbeitsunfähigkeit ([X.]) [X.] in Höhe von netto 33,81 Euro täglich, unterbrochen durch die Zahlung von [X.] während einer vom Rentenversicherungsträger geleisteten stationären medizinischen Rehabilitation (Reha) vom 18.1. bis 15.2.2007 in Höhe von 30,72 Euro täglich. Die Beklagte lehnte es ab, für die [X.] den [X.] in Höhe von insgesamt 89,61 Euro zu gewähren, da der Anspruch auf [X.] während des Bezugs von [X.] in voller Höhe ruhe (Bescheid vom 22.8.2008, Widerspruchsbescheid vom [X.]). Das [X.] hat die Beklagte zur Zahlung des [X.]s verurteilt (Urteil vom [X.]). Das L[X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Der Anspruch auf [X.] ruhe während des [X.]-Bezugs nur in Höhe des [X.]-Betrags, sodass sich ein Anspruch auf den [X.] ergebe, wenn das [X.] geringer als das [X.] sei (Urteil vom 8.12.2011).

3

Mit der Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§ 49 Abs 1 [X.], Abs 3 [X.]B V). Das in § 49 Abs 3 [X.]B V enthaltene Verbot, wonach aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gesenkte Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen bei der Anwendung der Ruhenstatbestände nach § 49 Abs 1 [X.]B V nicht aufgestockt werden dürften, führe zum vollständigen Ruhen des [X.]-Anspruchs.

4

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des [X.] vom 8. Dezember 2011 sowie des [X.] vom 9. Februar 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

5

Der nicht vertretene Kläger stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

6

Die zulässige Revision der [X.] ist begründet (§ 170 Abs 2 [X.] SGG). Die Urteile der Vorinstanzen sind aufzuheben. Der mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig geltend gemachte Anspruch auf [X.] bestand zwar auch für die [X.] des [X.] (dazu 1.). Das [X.] (§ 49 Abs 3 [X.]) schließt wegen des zugleich bestehenden Anspruchs auf [X.] aber einen Zahlungsanspruch auf den [X.]-Spitzbetrag aus, weil das [X.] in Höhe des [X.] für die Dauer der [X.]-Leistung ruht und nicht in Höhe des überschießenden Betrages aufgestockt werden darf (dazu 2.). Das [X.] widerspricht nicht dem allgemeinen Gleichheitssatz (dazu 3.).

7

1. Rechtsgrundlage des [X.]-Anspruchs sind § 44 und § 46 [X.], seine Höhe bemisst sich nach § 47 [X.]. Die Voraussetzungen eines [X.]-Anspruchs waren nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) wegen des Versicherungsschutzes mit Anspruch auf [X.] und ärztlich festgestellter [X.] auch in der [X.] vom 18.1. bis 15.2.2007 erfüllt. Der Kläger war bei Entstehen des [X.]-Anspruchs (vgl zur Maßgeblichkeit dieses [X.]punktes zB [X.]-2500 § 44 [X.] Rd[X.]2; BSG [X.] 4-2500 § 48 [X.] Rd[X.] 9 ) am 28.11.2005 als entgeltlich Beschäftigter nach § 5 Abs 1 [X.] [X.] versicherungspflichtig. Seine Mitgliedschaft bei der [X.] und sein hieran anknüpfender Versicherungsschutz blieben ua für die Dauer seines [X.]-Anspruchs erhalten (§ 192 Abs 1 [X.] [X.]). Es gibt keinen Grund dafür, anzunehmen, dass die Zahlung von [X.] als hinzutretender, konkurrierender Tatbestand für das Fortbestehen der Mitgliedschaft (§ 192 Abs 1 [X.] 3 [X.]) den [X.]-Anspruch als Grundlage des [X.] der Mitgliedschaft verdrängte.

8

Die Höhe des [X.]-Anspruchs des [X.] belief sich nach den bindenden Feststellungen des [X.] zu den Berechnungsgrundlagen (§ 163 SGG; regelmäßiges Arbeitsentgelt: 49,92 Euro; Einmalzahlungen: 7,53 Euro) gemäß § 47 [X.] (hier anzuwenden in der zuletzt durch Art 4 [X.] Verwaltungsvereinfachungsgesetz vom 21.3.2005, [X.] 818, geänderten Fassung) auf nicht weniger als die von der [X.] täglich gewährten 33,81 Euro (Zahlbetrag).

9

2. Einem Zahlungsanspruch des [X.] auf [X.] steht indes entgegen, dass der [X.]-Anspruch in Höhe und für die Dauer der [X.]-Leistung ruht (dazu a) und im Übrigen - hinsichtlich des [X.]-Spitzbetrags - nicht aufgestockt werden darf (dazu b).

a) Nach Maßgabe des § 49 Abs 1 [X.] 3 [X.] (hier anzuwenden idF durch Art 4 [X.]) ruht der Anspruch auf [X.], "soweit und solange" Versicherte ua [X.] beziehen. Die Regelung erfasst unproblematisch auch [X.], welches - wie hier - von einem Träger der Rentenversicherung gewährt wird (dazu [X.]). [X.] es allein bei dieser Regelung, wäre der geltend gemachte Anspruch auf den [X.]-Spitzbetrag von insgesamt 89,61 Euro gegeben. Denn der Anspruch auf [X.] beläuft sich auf täglich 30,72 Euro. Die Differenz zum [X.]-Anspruch von täglich 33,81 Euro - entsprechend dem [X.]-Spitzbetrag - beträgt kalendertäglich 3,09 Euro. Der [X.] umfasst 29 Tage (dazu bb).

[X.]) Wortlaut und Binnensystematik des § 49 Abs 1 [X.] 3 [X.] lassen durch die Einschränkung der [X.] "soweit und solange" keinen Zweifel daran aufkommen, dass nach dieser Regelung ein [X.]-Anspruch lediglich für die Dauer und in Höhe der [X.]-Zahlung ruht, nicht aber in Höhe des [X.]-Spitzbetrages. Das zeigt sich insbesondere im Verhältnis zur abweichenden Regelung bei Elternzeit (§ 49 Abs 1 [X.] [X.]), Mutterschaftsgeld und [X.] (§ 49 Abs 1 [X.] 3a [X.]). Dort ist das Ruhen des [X.]-Anspruchs nämlich allein durch die Dauer der Inanspruchnahme der konkurrierenden Sozialleistung oder ihres Surrogats ("solange") bestimmt, unabhängig von der Höhe ("soweit") dieser Leistung (vgl [X.]-2500 § 48 [X.] Rd[X.]5 ff).

Entstehungsgeschichte und Normzweck untermauern ebenfalls das gefundene Auslegungsergebnis. Obwohl ursprünglich das Gesetz lediglich bestimmte, dass der Anspruch des Versicherten auf [X.] ruht, solange er von der [X.] [X.] bezieht (vgl § 183 Abs 6 [X.] idF des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle vom 12.7.1961, [X.] 913), entschied der erkennende Senat: Ordnet eine Vorschrift das Ruhen eines Leistungsanspruchs wegen Hinzutritts eines weiteren Anspruchs an, so ruht der erste Anspruch nur bis zur Höhe des hinzutretenden Anspruchs selbst dann, wenn die [X.] nicht ausdrücklich eine entsprechende Einschränkung (zB "insoweit") enthält ([X.] 44, 226, 228 = [X.] 2200 § 1241 [X.]). Der Gesetzgeber sah sich daraufhin veranlasst, durch Art 4 [X.] ([X.]) vom 22.12.1981 ([X.] 1497) die entgegen der Rechtsprechung gewollte Ruhensregelung auch des [X.]-Spitzbetrags in § 183 Abs 6 [X.] durch den Zusatz zu regeln, "und zwar auch insoweit als das Krankengeld höher ist als eine dieser Leistungen". Das [X.] sah es als nicht mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar an, dass nach § 183 Abs 6 [X.] ua der Bezug von [X.] aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch insoweit zum Ruhen des [X.]-Anspruchs führt, als dieses höher wäre, erklärte die Regelung aber nicht für nichtig ([X.]E 79, 87 = [X.] 2200 § 183 [X.], [X.]). Die anfänglich noch dem § 183 Abs 6 [X.] nachgebildete Regelung des § 49 Abs 1 [X.] 3 [X.] erhielt daraufhin die hier entscheidende Einschränkung "soweit und solange" durch Art 4 [X.] 5 Buchst b Rentenreformgesetz 1992 ([X.] 1992) vom [X.] ([X.] 2261; hierzu BT-Drucks 11/5530 S 60).

bb) Das [X.] beläuft sich auf täglich 30,72 Euro. Es berechnet sich für Versicherte, die von einem Träger der Rentenversicherung ua Leistungen zur medizinischen Reha erhalten (§ 20 [X.], § 21 Abs 1 [X.]I), nach § 46 [X.] (hier anzuwenden in der zuletzt durch das Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom [X.], [X.] 4621, geänderten Fassung). Haben Leistungsempfänger - wie hier der Kläger - [X.] bezogen und wird im [X.] daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen (§ 49 Halbs 1 [X.]). Die in § 49 [X.] bestimmte Übernahme der Bemessungsgrundlage beschränkt sich im Rahmen des gesetzlichen [X.] lediglich auf das der vorangegangenen Entgeltersatzleistung "bisher zugrunde gelegte Arbeitsentgelt", erstreckt sich also nicht auf die Höhe der Leistung. In welcher Höhe sich daraus (dh aus dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt) "ergänzende Leistungen zum Lebensunterhalt" während einer anschließenden Rehabilitations- bzw Teilhabemaßnahme ergeben, richtet sich - unter Berücksichtigung der für den Rehabilitationsträger jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze - nach den speziellen Regelungen für die nachfolgenden Leistungen in den jeweiligen besonderen Teilen des [X.] (zB für das [X.] nach § 46 Abs 1 [X.] unter Zugrundelegung der dort angegebenen Prozentsätze des [X.] bzw [X.]; vgl zum Ganzen auch [X.]-3250 § 49 [X.] Rd[X.] 34 f mwN). Das [X.] beträgt für nicht durch familiäre Umstände privilegierte Leistungsempfänger - wie hier den Kläger - [X.] des nach § 46 Abs 1 [X.] oder § 48 [X.] maßgebenden Betrages (§ 46 Abs 1 S 3 [X.], [X.] [X.]). Der Berechnung des [X.] werden [X.] des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt ([X.]) zugrunde gelegt, höchstens jedoch das in entsprechender Anwendung des § 47 [X.] berechnete [X.]; hierbei gilt die für den [X.] jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze (§ 46 Abs 1 [X.] [X.]).

b) Ein Anspruch auf einen [X.]-Spitzbetrag ist indes ausgeschlossen, weil der [X.]-Anspruch dem [X.] des § 49 Abs 3 [X.] unterliegt. Nach dieser durch Art 2 [X.]5 Beitragsentlastungsgesetz ([X.]) vom 1.11.1996 ([X.] 1631) mit Wirkung vom [X.] (Art 5 [X.]) eingeführten und seitdem unveränderten Regelung dürfen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gesenkte Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen bei der Anwendung des § 49 Abs 1 [X.] nicht aufgestockt werden (dazu [X.]). Beide Voraussetzungen des [X.]s sind erfüllt. Das Verbot setzt zunächst voraus, dass überhaupt ein in § 49 Abs 1 [X.] genannter Aufstockungsfall vorliegt (dazu [X.]). Zusätzlich müssen sich die [X.] auf solche Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen beziehen, die aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gesenkt wurden (dazu bb).

[X.]) Die [X.] für [X.] wegen des Bezug von [X.] betrifft einen der in § 49 Abs 1 [X.] genannten [X.]. [X.] erstrecken sich nach Wortlaut und systematischem Kontext auf sämtliche in § 49 Abs 1 [X.] genannten Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen, für die nach der Art der [X.] ein zusätzlicher Anspruch auf einen [X.]-Spitzbetrag in Betracht kommen kann (dazu oben [X.]). Dies sind alle Ruhenstatbestände, die das Ruhen des [X.]-Anspruchs nicht umfassend, nämlich für die zeitliche Dauer der konkurrierenden Leistung anordnen, sondern in diesem [X.]raum auf die Höhe der konkurrierenden Leistung beschränken. Das - hier betroffene - [X.] löst - wie dargelegt (dazu oben [X.]) - einen solchen der Höhe nach beschränkten Ruhenstatbestand aus.

bb) Das [X.] bezieht sich auch auf einen Aufstockungsfall hinsichtlich einer solchen Entgeltersatzleistung, die aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gesenkt wurde. Leistungen werden in diesem Sinne gesenkt, wenn das Gesetz die Regeln über die Leistungen ändert und dadurch die Leistungen verringert, zB durch eine Senkung des [X.] ([X.] in jurisPK-[X.], 2. Aufl 2012, § 49 Rd[X.] 67). Das [X.] gehört zu den aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gesenkten Entgeltersatzleistungen. Das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz ([X.]) senkte nämlich auch die Höhe des [X.] zum [X.] von 75 auf [X.] des [X.] (vgl § 24 Abs 1 [X.] [X.]I idF durch Art 1 [X.] a DBuchst bb [X.] vom 25.9.1996, [X.] 1461; ab 1.4.2003: § 46 Abs 1 S 3 [X.] [X.]).

[X.]) Folge des [X.]s ist, dass die das Ruhen des [X.]-Anspruchs verursachenden Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen bei der Anwendung des § 49 Abs 1 [X.] nicht durch ergänzende [X.]-Zahlungen aufgestockt werden dürfen. Das [X.] führt in diesem Sinne zum vollständigen Ausschluss eines [X.]-Spitzbetrags in allen Fällen, aber auch nur in den Fällen, in denen Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen wie das [X.] aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gesenkt wurden (vgl [X.] in [X.], Soziale Krankenversicherung - Pflegeversicherung, Stand November 2012, [X.], § 49 Rd[X.]2, unter Äußerung rechtlicher Bedenken; [X.] in [X.]/[X.]/ [X.]/Zipperer, [X.], [X.], Stand Juni 2012, § 49 Rd[X.] 63). Es entspricht dem Wortlaut und dem gesetzlichen Regelungszweck, ein grundsätzlich umfassendes [X.] für alle betroffenen Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen anzunehmen, für die das Gesetz Absenkungen anordnet. Das durch Art 2 [X.]5 [X.] im Rahmen des "Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung" eingeführte [X.] sollte nach seiner Entstehungsgeschichte gewährleisten, dass gesetzliche Verminderungen von Entgelt- und Entgeltersatzleistungen aus Anlass dieses Programms im vollen gesetzlich vorgesehenen Umfang stattfinden. Sie sollten weder ganz noch teilweise zu Lasten der [X.] gehen (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des [X.] zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der [X.] und [X.] zum Beitragsentlastungsgesetz, BT-Drucks 13/5099 [X.], dort zu Art 2 [X.]a der Beschlussempfehlung). Die Regelung erfolgte, auch wenn das Gesetz zeitgleich die Höhe des [X.] von 80 auf [X.] des [X.] absenkte: Allein bei dieser Absenkung des [X.] sollte es nicht verbleiben. Die Anknüpfung lediglich an Fälle, in denen Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen wie das [X.] aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gesenkt wurden, erhellt zugleich, dass sich dem Gesetzgeber zum Erreichen seines [X.] - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - eine weitergehende Abschaffung der Ruhenstatbestände der Höhe nach ("soweit") rechtstechnisch keineswegs anbot.

§ 49 Abs 3 [X.] sieht keine Beschränkung seines Anwendungsbereichs vor auf gesetzliche Verminderungen von mit [X.] konkurrierenden Leistungen lediglich im Laufe eines aktuellen [X.]-Bezugs (in diesem Sinne [X.] in [X.] Komm, Stand Oktober 2012, [X.], § 49 Rd[X.]9) oder im Umfang der Senkung der konkurrierenden Leistung (für diese teleologische Reduktion [X.] in [X.], Handbuch der Krankenversicherung, [X.], [X.], Stand 1.1.2012, § 49 Rd[X.]23; unklar [X.] in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl 2012, § 49 Rd[X.]0).

3. [X.]recht steht dem Verbot der Aufstockung hinsichtlich des hier betroffenen Personenkreises nicht entgegen. Insbesondere widerspricht die Regelung nicht dem allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art 3 Abs 1 GG. Er ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können. Das Gewicht des [X.] muss dabei zur Bedeutung der Benachteiligung in einem angemessenen Verhältnis stehen (stRspr, vgl zB [X.]E 112, 50, 67 = [X.] 4-3800 § 1 [X.] 7 Rd[X.] 55 mwN; [X.]E 117, 316 = [X.] 4-2500 § 27a [X.] 3; [X.]-2500 § 27a [X.]2 Rd[X.]3 mwN). Zwar ist es für die Sozialversicherung von [X.] wegen auch bei der Bemessung kurzfristiger Lohnersatzleistungen nicht geboten, dass eine versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen den entrichteten Beiträgen und der Höhe der Leistungen erzielt wird. Für unterschiedliche Leistungen an Versicherte mit gleicher Beitragsbelastung muss aber ein hinreichender sachlicher Grund bestehen (vgl [X.]E 92, 53, 71 = [X.] 3-2200 § 385 [X.] 6 S 21; [X.]E 102, 127, 142 = [X.] 3-2400 § 23a [X.] S 3 f).

Das [X.] sieht speziell Ruhensbestimmungen für mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar an, wenn es um die Vermeidung eines Doppelbezugs von Leistungen gleicher Zweckbestimmung geht. Denn das Zusammentreffen mehrerer Leistungen kann zu einer Gesamthöhe der Bezüge führen, die sozialpolitisch unerwünscht ist. Der Empfänger erhielte unter Umständen weit mehr, als ihm die Sozialversicherung von ihrem Grundgedanken her verschaffen soll. Wie der Gesetzgeber im einzelnen unerwünschte Doppelleistungen verhindert, unterliegt weitgehend seiner Gestaltungsfreiheit (vgl [X.]E 31, 185, 192 = [X.] [X.]8 zu Art 14 GG; [X.]E 79, 87, 98 = [X.] 2200 § 183 [X.] [X.]57 mwN). Eine Gleichartigkeit der Leistungen entfällt nicht allein deshalb, weil die Berechnungsmodalitäten der Leistungen nicht in allen Einzelheiten übereinstimmen und die Ansprüche deshalb in ihrer Höhe nicht deckungsgleich sind. Es ist auch nicht verfassungsrechtlich geboten, die jeweils höchste Leistung uneingeschränkt zu gewähren. Es genügt, wenn eine anderweitige - der zum Ruhen gebrachten Leistung adäquate - [X.] Absicherung besteht (vgl zum Ganzen [X.]E 31, 185, 193 f = [X.] [X.]8 zu Art 14 GG; [X.]E 79, 87, 98 = [X.] 2200 § 183 [X.] [X.]57 mwN). Hierbei ist nach der Rechtsprechung des [X.] zu berücksichtigen, dass ein uneingeschränkter Anspruch auf den [X.]-Spitzbetrag seinerseits Gleichheitsprobleme aufwerfen kann. So können beispielsweise im Verhältnis der Krankenversicherung zur Rentenversicherung bei Zahlung von [X.], die für das [X.] vorgesehen sind, unterlaufen werden. Dadurch könnte bei einer Rehabilitationsmaßnahme der Fall eintreten, dass sich der arbeitsunfähige Versicherte [X.] als der arbeitsfähige Versicherte, bei dem die Kürzungsbestimmungen zur Anwendung kommen (vgl [X.]E 79, 87, 105 = [X.] 2200 § 183 [X.] [X.]62 mwN).

Gemessen hieran greifen verfassungsrechtliche Bedenken gegen das [X.] nicht durch. Es verweist den in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung pflichtversicherten abhängig Beschäftigten (§ 5 Abs 1 [X.] [X.], § 1 [X.] [X.] [X.]I) während der Dauer einer zu Lasten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung durchgeführten stationären medizinischen Reha bei gleicher Bemessungsgrundlage auf den für das [X.] maßgeblichen (nicht erhöhten) Vomhundertsatz von 68 des [X.], ohne dass er die Differenz zu dem für das [X.] maßgeblichen Vomhundertsatz von 70 des [X.] als [X.]-Spitzbetrag von der [X.] verlangen kann. Das [X.] in der genannten Höhe ist nach den dargelegten Grundsätzen eine anderweitige, der zum Ruhen gebrachten Leistung "[X.]" adäquate [X.] Absicherung.

Dabei berücksichtigt der erkennende Senat auch, dass das [X.] die Absenkung des [X.] auf 70 vom Hundert des [X.] sowie die Festsetzung des Höchstbetrages des [X.] (von bisher 100) auf [X.] des [X.] als verfassungskonform angesehen hat. Die Regelungen halten sich im Rahmen der weiten Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers und dienen dazu, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des [X.] im Interesse aller zu erhalten und veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. Hierbei hat es die Frage offengelassen, ob der Anspruch auf [X.] vom Schutzbereich des Art 14 Abs 1 GG erfasst wird oder ob die genannten Absenkungen lediglich am Prüfungsmaßstab des Art 2 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Rechts- und Sozialst[X.]tsgebot zu messen sind (vgl [X.] [X.] 3-2500 § 47 [X.] 8 [X.]9 f und hierzu [X.] in [X.], 25. [X.] 2013, [X.] ff, 29, 32). Nichts anderes kann für die Absenkung des [X.] von 75 auf [X.] durch das zeitgleiche [X.] auch mit Blick darauf gelten, dass mit einer stationären Reha-Maßnahme - worauf die Beklagte zutreffend verweist - in der Regel zusätzliche Leistungen durch den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung erbracht werden.

Der erkennende Senat muss vorliegend nicht über die weitere Frage entscheiden, ob und inwieweit das [X.] bei freiwillig Versicherten abweichend auszulegen ist (vgl hierzu [X.]E 79, 87, 103 f = [X.] 2200 § 183 [X.] [X.]60 f; [X.] 89, 283, 284 = [X.] 3-2500 § 11 [X.] 3 S 8 f; für den Bereich der Mindestbeitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung: [X.] der [X.]-Spitzenverbände vom 14./15.3.2002, [X.], 490). Nur ergänzend weist der erkennende Senat darauf hin, dass sich im Ergebnis nichts anderes für den Kläger ergäbe, wenn von einem Überprüfungsverfahren nach § 44 [X.] X auszugehen wäre, wie es der Kläger ursprünglich beantragte.

4. [X.] beruht auf § 193 SGG.

Meta

B 1 KR 17/12 R

12.03.2013

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Würzburg, 9. Februar 2010, Az: S 6 KR 32/09, Urteil

§ 44 SGB 5, § 46 SGB 5, § 47 SGB 5, § 49 Abs 1 Nr 2 SGB 5, § 49 Abs 1 Nr 3 SGB 5 vom 21.03.2005, § 49 Abs 1 Nr 3a SGB 5 vom 21.03.2005, § 49 Abs 3 SGB 5 vom 01.11.1996, § 192 SGB 5, § 183 Abs 6 RVO vom 12.07.1961, § 183 Abs 6 RVO vom 22.12.1981, § 20 Nr 1 SGB 6, § 21 Abs 1 SGB 6, § 46 Abs 1 S 1 SGB 9, § 49 Halbs 1 SGB 9, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 12.03.2013, Az. B 1 KR 17/12 R (REWIS RS 2013, 7484)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7484

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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