Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.02.2013, Az. 2 BvR 2122/11, 2 BvR 2705/11

2. Senat | REWIS RS 2013, 8394

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Gegenstand

Nachträgliche Sicherungsverwahrung nach Erledigung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus in Altfällen nur unter engen Voraussetzungen mit Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar (Fortführung von BVerfGE 128, 326 und BVerfGE 129, 37) - erhöhte Vertrauensschutzbelange auch bei vorheriger Unterbringung des Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus (Abkehr von BVerfGK 16, 98) - Verstärkung der Vertrauensschutzbelange durch Art 5, 7 EMRK (juris: MRK)


Tenor

1. Die Verfassungsbeschwerden werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

2. a) Der Beschluss des [X.] vom 22. August 2011 - 3 Ws 761-762/11 - und der Beschluss des Landgerichts Marburg vom 15. Juli 2011 - 7 [X.]/11 + 267/11 - verletzen den Beschwerdeführer zu [X.] in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 104 Absatz 1 und Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes. Der Beschluss des [X.] vom 22. August 2011 - 3 Ws 761-762/11 - wird aufgehoben. Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

b) Der Beschluss des [X.] vom 15. November 2011 - 3 Ws 970/11 - und der Beschluss des [X.] vom 30. August 2011 - 7 [X.] - verletzen den Beschwerdeführer zu I[X.] in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 104 Absatz 1 und Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes. Der Beschluss des [X.] vom 15. November 2011 - 3 Ws 970/11 - wird aufgehoben. Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

3. Die [X.] und das [X.] haben - je zur Hälfte - den Beschwerdeführern die notwendigen Auslagen zu erstatten. Damit erledigen sich der Antrag des Beschwerdeführers zu [X.] auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts K…, sowie der Antrag des Beschwerdeführers zu I[X.] auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwalts [X.]…

Gründe

1

Die [X.] wenden si[X.]h gegen die Fortdauer der Unterbringung der Bes[X.]hwerdeführer in der Si[X.]herungsverwahrung, die na[X.]h der Erledigung der Unterbringung in einem psy[X.]hiatris[X.]hen Krankenhaus na[X.]hträgli[X.]h angeordnet wurde.

2

1. Mit § 66b Abs. 3, § 67d Abs. 6 StGB in der Fassung des [X.] vom 23. Juli 2004 ([X.]) sollte eine gesetzli[X.]he Regelung der Si[X.]herungsverwahrung für Fälle ges[X.]haffen werden, in denen während des Vollzugs einer Maßregel na[X.]h § 63 StGB festgestellt wird, dass die Voraussetzungen der Unterbringung in einem psy[X.]hiatris[X.]hen Krankenhaus - jedenfalls zum [X.]punkt der Überprüfung - ni[X.]ht (mehr) vorliegen. Na[X.]hdem die Strafvollstre[X.]kungsgeri[X.]hte in analoger Anwendung des § 67[X.] Abs. 2 Satz 2 StGB die Auffassung vertreten hatten, dass "si[X.]h bei Wegfall der gesetzli[X.]hen Voraussetzungen des § 63 StGB die Unterbringung erledigt hat und ni[X.]ht weiter vollstre[X.]kt werden darf, so dass der Untergebra[X.]hte sofort zu entlassen ist" (vgl. [X.], 306 <310>), wurde mit Einführung von § 67d Abs. 6 StGB die Erledigung der Unterbringung in einem psy[X.]hiatris[X.]hen Krankenhaus gesetzli[X.]h geregelt und zuglei[X.]h mit § 66b Abs. 3 StGB eine Vors[X.]hrift ges[X.]haffen, die in diesen Fällen für "Abgeurteilte, die na[X.]h einer umfassenden Gesamtwürdigung als ho[X.]hgefährli[X.]h zu betra[X.]hten sind", die Mögli[X.]hkeit der na[X.]hträgli[X.]hen Anordnung der Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung eröffnen sollte (BTDru[X.]ks 15/2887, S. 2).

3

§ 66b Abs. 3 in der Fassung des [X.] vom 23. Juli 2004 ([X.]) lautete:

4

Ist die Unterbringung in einem psy[X.]hiatris[X.]hen Krankenhaus na[X.]h § 67d Abs. 6 für erledigt erklärt worden, weil der die S[X.]huldfähigkeit auss[X.]hließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im [X.]punkt der Erledigungsents[X.]heidung ni[X.]ht bestanden hat, so kann das Geri[X.]ht die Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung na[X.]hträgli[X.]h anordnen, wenn

5

1. die Unterbringung des Betroffenen na[X.]h § 63 wegen mehrerer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 genannten Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer sol[X.]her Taten, die er vor der zur Unterbringung na[X.]h § 63 führenden Tat begangen hat, s[X.]hon einmal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psy[X.]hiatris[X.]hen Krankenhaus untergebra[X.]ht worden war und

6

2. die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwi[X.]klung während des [X.] ergibt, dass er mit hoher Wahrs[X.]heinli[X.]hkeit erhebli[X.]he Straftaten begehen wird, dur[X.]h wel[X.]he die Opfer seelis[X.]h oder körperli[X.]h s[X.]hwer ges[X.]hädigt werden.

7

Auf die Voraussetzungen der Si[X.]herungsverwahrung gemäß § 66 StGB verwies § 66b Abs. 3 StGB nur teilweise. So sah [ref=d182e3a3-f515-4a4e-87f5-49bd2fa0a2[X.]a]§ 66b Abs. 3 [X.]] die na[X.]hträgli[X.]he Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung bereits vor, wenn die Unterbringung des Betroffenen gemäß [[X.]-9da1-4f4d-a7de-de06f7831f19]§ 63 [X.]] wegen mehrerer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB genannten Taten angeordnet oder der Betroffene vor der [X.] s[X.]hon einmal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden war. Weitere Vorverurteilungen ([ref=[X.]8103150-e4da-4317-b833-176613f86[X.]d1]§ 66 Abs. 1 und Abs. 2 [X.]]) oder eine Verurteilung wegen der [X.] zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei oder drei Jahren ([ref=2dfd67e2-8d[X.]d-4049-8bdb-d[X.]d4f09f7e4[X.]]§ 66 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 2 [X.]]) waren demgegenüber ni[X.]ht erforderli[X.]h. Dem Ausnahme[X.]harakter der Si[X.]herungsverwahrung sollte dadur[X.]h Re[X.]hnung getragen werden, dass si[X.]h bei der na[X.]h § 66b Abs. 3 Nr. 2 StGB vorges[X.]hriebenen Gesamtwürdigung des Betroffenen "prognoserelevante Umstände von einem insgesamt derartigen Gewi[X.]ht ergeben, wie es den Anforderungen an Taten und [X.]entspri[X.]ht, die das Gesetz an die Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung gegen voll s[X.]huldfähige Verurteilte stellt" (BTDru[X.]ks 15/2887, [X.]).

8

2. Mit dem [X.] und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 ([X.]) wurden § 66b Abs. 1 und Abs. 2 StGB ersatzlos gestri[X.]hen. § 66b Abs. 3 StGB gilt nunmehr als [ref=[X.]ed30471-1140-4b24-9936-2931b9ee[X.]564]§ 66b Satz 1 [X.]] fort mit der Änderung, dass in die Gesamtwürdigung na[X.]h Nr. 2 der Vors[X.]hrift ni[X.]ht mehr nur die Entwi[X.]klung "während des [X.]", sondern diejenige "bis zum [X.]punkt der Ents[X.]heidung" einzubeziehen ist.

9

3. Das [X.] erklärte § 66b Abs. 3 StGB in der Fassung des [X.] vom 23. Juli 2004 ([X.]) mit Urteil vom 4. Mai 2011 wegen Verstoßes gegen das [X.] mit Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG (vgl. [X.] 128, 326 <330>).

1. a) Der Bes[X.]hwerdeführer zu [X.] wurde dur[X.]h Urteil des [X.] vom 6. Februar 1992 wegen Mordes in drei Fällen und wegen versu[X.]hten Mordes in einem weiteren Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt. Außerdem wurde seine Unterbringung in einem psy[X.]hiatris[X.]hen Krankenhaus angeordnet.

Er hatte im Oktober 1988 eine 17-jährige Anhalterin mitgenommen und war mit ihr auf einen Feldweg gefahren. Sodann hatte er sie mit beiden Händen bis zum Ersti[X.]kungstod gewürgt, was für ihn ein sexuell lustvolles Erlebnis war. Im September 1989 hatte der Bes[X.]hwerdeführer zu [X.] eine 22-jährige Prostituierte während oder unmittelbar na[X.]h dem in seinem PKW vollzogenen einverständli[X.]hen Ges[X.]hle[X.]htsverkehr bis zum Eintritt des Ersti[X.]kungstodes gewürgt. Na[X.]h den Feststellungen des [X.] war er dabei einem inneren, sexuell motivierten Drang gefolgt. Aus der glei[X.]hen Motivation heraus hatte er im Oktober 1989 eine 25-jährige Prostituierte mit zwei von ihm mitgeführten Nylonstrümpfen erdrosselt. Im März 1990 hatte er erneut eine 22-jährige Prostituierte in seinen PKW gelo[X.]kt. No[X.]h während des Ges[X.]hle[X.]htsverkehrs hatte er ihr die Hände um den Hals gelegt und begonnen, ihr den Hals zuzudrü[X.]ken, konnte die Tat jedo[X.]h ni[X.]ht vollenden.

Das [X.] nahm [X.] an. Obwohl für den Bes[X.]hwerdeführer zu [X.] ein therapeutis[X.]her Ansatz ni[X.]ht ersi[X.]htli[X.]h war, gab es der Unterbringung in einem psy[X.]hiatris[X.]hen Krankenhaus den Vorzug gegenüber der von ihm ebenfalls für mögli[X.]h gehaltenen Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung, weil eine künftige Therapiemögli[X.]hkeit ni[X.]ht ausges[X.]hlossen werden könne.

b) Na[X.]h vollständiger Verbüßung der Freiheitsstrafe wurde die Maßregel vollzogen. Im April 2007 erklärte die Strafvollstre[X.]kungskammer des [X.] Kassel die Maßregel für erledigt, weil ein krankhafter Zustand im Sinne der §§ 20, 21 StGB bei Begehung der Straftaten - anders als no[X.]h im [X.] angenommen - ni[X.]ht vorgelegen habe. Im März 2008 wurde mit Urteil des [X.] Frankfurt am Main die na[X.]hträgli[X.]he Unterbringung des Bes[X.]hwerdeführers zu [X.] in der Si[X.]herungsverwahrung angeordnet. Na[X.]h den Ausführungen der Strafkammer sei er, der si[X.]h als normal empfinde und ni[X.]ht therapiebereit sei, trotz seines vordergründig angepassten Verhaltens ho[X.]hgefährli[X.]h. Au[X.]h zwis[X.]hen seinen einzelnen Taten habe er si[X.]h sozial völlig angepasst verhalten. Verglei[X.]hbare Straftaten seien mit hoher Wahrs[X.]heinli[X.]hkeit zu erwarten, so dass die na[X.]hträgli[X.]he Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung verhältnismäßig sei. Na[X.]hdem der [X.] die gegen dieses Urteil geri[X.]htete Revision im September 2008 verworfen hatte, wurde die Verfassungsbes[X.]hwerde des Bes[X.]hwerdeführers zu [X.] ni[X.]ht zur Ents[X.]heidung angenommen ([X.], 98). Daraufhin erhob er Individualbes[X.]hwerde beim [X.]. Mit Urteil vom 7. Juni 2012 stellte die [X.]der 5. Sektion des [X.] einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 [X.] dur[X.]h die na[X.]hträgli[X.]he Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung fest und spra[X.]h dem Bes[X.]hwerdeführer zu [X.] eine Ents[X.]hädigung zu ([X.], Urteil vom 7. Juni 2012, [X.]. 65210/09, [X.], Rn. 70, 80).

[X.]) Na[X.]h dem Urteil des [X.]s vom 4. Mai 2011 wollte der Bes[X.]hwerdeführer zu [X.] zumindest die Aussetzung seiner Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung zur Bewährung errei[X.]hen. Dies lehnte die Strafvollstre[X.]kungskammer des [X.] Marburg mit angegriffenem Bes[X.]hluss vom 15. Juli 2011 jedo[X.]h ab. Der Bes[X.]hwerdeführer zu [X.] habe si[X.]h sämtli[X.]hen Behandlungsangeboten entzogen und es abgelehnt, si[X.]h einem Guta[X.]hter zu stellen. Aus konkreten Umständen in seiner Person und in seinem Vollzugsverhalten sei glei[X.]hwohl die Gefahr s[X.]hwerer Gewalt- und Sexualtaten abzuleiten. Na[X.]h dem Urteil des [X.]s vom 4. Mai 2011 verstoße die Anordnung der na[X.]hträgli[X.]hen Si[X.]herungsverwahrung na[X.]h einer vorangegangenen Erledigungserklärung der Anordnung einer Unterbringung in einem psy[X.]hiatris[X.]hen Krankenhaus gemäß § 66b Abs. 3, § 67d Abs. 6 StGB ni[X.]ht gegen das allgemeine Vertrauenss[X.]hutzgebot, sondern "nur" gegen das [X.]. Das [X.] habe dies zwar ni[X.]ht ausdrü[X.]kli[X.]h erklärt, do[X.]h werde der Verurteilte dur[X.]h die Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung ni[X.]ht s[X.]hle[X.]hter gestellt, da er si[X.]h ohnehin bereits in einer unbefristeten Maßregel befunden habe. Mit der Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung werde eine unbefristete Maßregel dur[X.]h eine andere ersetzt. Hinzu komme, dass die Mögli[X.]hkeit einer Erledigung na[X.]h § 67d Abs. 6 StGB untrennbar mit der na[X.]hträgli[X.]hen Si[X.]herungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 3 StGB verknüpft sei.

Die gegen diese Ents[X.]heidung geri[X.]htete sofortige Bes[X.]hwerde verwarf das [X.] mit dem ebenfalls angegriffenen Bes[X.]hluss vom 22. August 2011. Na[X.]h dem Urteil des [X.]s vom 4. Mai 2011 sei Voraussetzung einer na[X.]hträgli[X.]hen Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung, dass eine Gefahr s[X.]hwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten sei. Diese Voraussetzungen lägen hier vor, zumal es si[X.]h bei den begangenen Taten um s[X.]hwerste Gewalttaten gehandelt habe. Ein zusätzli[X.]her Verstoß gegen das [X.]sei ni[X.]ht gegeben. Anders als bei § 66b Abs. 1 und Abs. 2 StGB seien bei § 66b Abs. 3 StGB [X.] von besonders hohem Gewi[X.]ht ni[X.]ht betroffen. Das [X.] habe hinsi[X.]htli[X.]h dieser Norm im Ni[X.]htannahmebes[X.]hluss vom 5. August 2009 ([X.], 98 <111 f.>) betont, dass es hier ni[X.]ht um die erstmalige Anordnung einer freiheitsentziehenden Maßregel gehe und dass die Unterbringung gemäß § 63 StGB kein geringeres, sondern ein anderes Übel sei. Die Rü[X.]kwirkungsproblematik stelle si[X.]h daher nur in stark abges[X.]hwä[X.]hter Form.

2. a) Der Bes[X.]hwerdeführer zu I[X.] wurde dur[X.]h Urteil des [X.] vom 28. August 1987 wegen Vergewaltigung in vier Fällen jeweils in Tateinheit mit sexueller Nötigung und Körperverletzung, davon in einem Fall in Tateinheit mit räuberis[X.]her Erpressung, sowie wegen versu[X.]hter Vergewaltigung und wegen versu[X.]hter sexueller Nötigung in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von a[X.]ht Jahren und se[X.]hs Monaten verurteilt. Außerdem wurde seine Unterbringung in einem psy[X.]hiatris[X.]hen Krankenhaus angeordnet.

Er hatte von November 1985 bis Juli 1986 jungen Prostituierten zum S[X.]hein ein Entgelt angeboten, um sie dann mit seinem Auto an entlegene Stellen zu fahren und dort zu misshandeln, zu demütigen sowie zu vergewaltigen. Na[X.]h Überzeugung des [X.] habe bei ihm eine ho[X.]hgradige Persönli[X.]hkeitsstörung mit sexueller Deviation vorgelegen, so dass seine Fähigkeit zu [X.]Handeln bei Begehung seiner Taten erhebli[X.]h vermindert gewesen sei. Der Bes[X.]hwerdeführer zu I[X.] habe unter paranoiden Ängsten gelitten, gegen die er si[X.]h aggressiv zur Wehr gesetzt habe. Zwar seien au[X.]h die Voraussetzungen der Si[X.]herungsverwahrung gegeben, do[X.]h sei die Unterbringung in einem psy[X.]hiatris[X.]hen Krankenhaus vorzugswürdig, da die Si[X.]herungsverwahrung einen auss[X.]hließli[X.]hen "Verwahr[X.]harakter" habe und keine konkreten medizinis[X.]h-psy[X.]hologis[X.]hen Behandlungsmögli[X.]hkeiten biete.

b) Ab Oktober 1986 war der Bes[X.]hwerdeführer zu I[X.] in einer psy[X.]hiatris[X.]hen Klinik untergebra[X.]ht. Na[X.]hdem ihm im Februar 2005 und November 2006 dur[X.]h Guta[X.]hten bes[X.]heinigt worden war, dass eine Persönli[X.]hkeitsstörung ni[X.]ht vorliege, wurde die Unterbringung im Juli 2007 für erledigt erklärt. Die Strafvollstre[X.]kungskammer des [X.] Marburg führte aus, es habe si[X.]h beim [X.] um eine Fehleinweisung gehandelt. Ein krankhafter Zustand gemäß §§ 20, 21 StGB habe bei Begehung der Straftaten ni[X.]ht vorgelegen. Zuglei[X.]h wurde - bis zu einer Ents[X.]heidung über die na[X.]hträgli[X.]he Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung - die einstweilige Unterbringung des Bes[X.]hwerdeführers zu I[X.] in der Si[X.]herungsverwahrung angeordnet. Das [X.] hob diese Unterbringungsanordnung jedo[X.]h im Januar 2008 auf, woraufhin si[X.]h der Bes[X.]hwerdeführer zu I[X.] für zwei Wo[X.]hen auf freiem Fuß befand. Na[X.]hdem er in der Hauptverhandlung über die na[X.]hträgli[X.]he Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung ausgeblieben war, erließ das [X.] einen Haftbefehl, aufgrund dessen der Bes[X.]hwerdeführer zu I[X.] erneut festgenommen wurde.

Am 9. April 2008 ordnete das [X.] die na[X.]hträgli[X.]he Unterbringung des Bes[X.]hwerdeführers zu I[X.] in der Si[X.]herungsverwahrung an. Dabei führte das sa[X.]hverständig beratene [X.] aus, eine Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und seiner Entwi[X.]klung im Maßregelvollzug ergebe, dass er mit hoher Wahrs[X.]heinli[X.]hkeit erhebli[X.]he Straftaten begehen werde, dur[X.]h wel[X.]he die Opfer seelis[X.]h oder körperli[X.]h s[X.]hwer ges[X.]hädigt würden. Die gegen dieses Urteil geri[X.]htete Revision verwarf der [X.] im November 2008. Die Verfassungsbes[X.]hwerde des Bes[X.]hwerdeführers zu I[X.] wurde ni[X.]ht zur Ents[X.]heidung angenommen ([X.], 98). Daraufhin erhob der Bes[X.]hwerdeführer zu I[X.] Individualbes[X.]hwerde beim [X.]. Mit Urteil vom 7. Juni 2012 stellte die Kammer der 5. Sektion des [X.] für Mens[X.]henre[X.]hte einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 [X.] dur[X.]h die na[X.]hträgli[X.]he Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung fest und spra[X.]h dem Bes[X.]hwerdeführer zu I[X.] eine Ents[X.]hädigung zu ([X.], Urteil vom 7. Juni 2012, [X.]. 61827/09, [X.]Deuts[X.]hland, Rn. 79, 89).

[X.]) Na[X.]h dem Urteil des [X.]s vom 4. Mai 2011 wollte der Bes[X.]hwerdeführer zu I[X.] zumindest die Aussetzung seiner Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung zur Bewährung errei[X.]hen. Diesen Antrag wies die Strafvollstre[X.]kungskammer des [X.] Marburg mit angegriffenem Bes[X.]hluss vom 30. August 2011 jedo[X.]h zurü[X.]k. Der Bes[X.]hwerdeführer zu I[X.] habe es abgelehnt, si[X.]h einem Guta[X.]hter zu stellen. Aus konkreten Umständen in seiner Person und in seinem Vollzugsverhalten sei glei[X.]hwohl die Gefahr s[X.]hwerer Gewalt- und Sexualtaten abzuleiten. Dass kein Verstoß gegen das allgemeine Vertrauenss[X.]hutzgebot, sondern "nur" ein Verstoß gegen das [X.] vorliege, wird im Bes[X.]hluss der Strafvollstre[X.]kungskammer im Wesentli[X.]hen ebenso begründet wie in der im Verfahren des Bes[X.]hwerdeführers zu [X.] ergangenen Ents[X.]heidung. Die gegen diese Ents[X.]heidung geri[X.]htete sofortige Bes[X.]hwerde verwarf das [X.] mit ebenfalls angegriffenem Bes[X.]hluss vom 15. November 2011. Dabei wurde insbesondere auf den im Verfahren des Bes[X.]hwerdeführers zu [X.] ergangenen Bes[X.]hluss verwiesen. Ergänzend führte das Geri[X.]ht aus, au[X.]h der Umstand, dass si[X.]h der Bes[X.]hwerdeführer zu I[X.] kurzfristig auf freiem Fuß befunden habe, re[X.]htfertige keine andere Bewertung.

1. Der Bes[X.]hwerdeführer zu [X.] ma[X.]ht im Wesentli[X.]hen eine Verletzung seines Grundre[X.]hts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG geltend. Na[X.]h früher geltendem Re[X.]ht hätte die verhängte Maßregel für erledigt erklärt werden müssen. Er hätte na[X.]h Vollverbüßung der Freiheitsstrafe auf freien Fuß gesetzt werden müssen. Es gehe daher ni[X.]ht ledigli[X.]h um den Übergang von einer Maßregel in die andere, sondern um die Unters[X.]heidung zwis[X.]hen Haftentlassung und Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung. Bei seiner Verurteilung im Jahr 1992 habe er in keiner Weise mit na[X.]hträgli[X.]her Si[X.]herungsverwahrung re[X.]hnen müssen, zumal damals die Hö[X.]hstdauer der erstmaligen Si[X.]herungsverwahrung no[X.]h auf zehn Jahre befristet gewesen sei.

2. Der Bes[X.]hwerdeführer zu I[X.] ma[X.]ht ebenfalls im Wesentli[X.]hen eine Verletzung seines Grundre[X.]hts aus [ref=[X.]2[X.]ed4d1-4d56-4bb1-9713-460d3a3388dd]Art. 2 Abs. 2 Satz 2 [X.]] geltend. Obwohl zur [X.] der Verurteilung eine Verbindung der Maßregeln gemäß § 72 Abs. 2 StGB mögli[X.]h gewesen sei, habe das Tatgeri[X.]ht von einer Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung abgesehen. Dur[X.]h die Einführung von § 66b Abs. 3 StGB fast 20 Jahre später ergebe si[X.]h eine rü[X.]kwirkende S[X.]hle[X.]hterstellung. Er wäre na[X.]h [X.] zu entlassen gewesen, da die Voraussetzungen einer Maßregel gemäß § 63 StGB ni[X.]ht vorgelegen hätten. Außerdem könne von einer Überweisung von einer Maßregel in die andere ni[X.]ht die Rede sein. Dies ergebe si[X.]h s[X.]hon aus dem Umstand, dass er si[X.]h vor Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung bereits wieder in Freiheit befunden habe. Wäre die Si[X.]herungsverwahrung in der Ausgangsents[X.]heidung angeordnet worden, so hätte sie na[X.]h zehn Jahren geendet. Gegen ihn habe überhaupt nur deshalb die zeitli[X.]h unbegrenzte Si[X.]herungsverwahrung angeordnet werden können, weil er zuvor re[X.]htswidrig im Rahmen der Maßregel gemäß § 63 StGB der Freiheit beraubt worden sei.

Zu den [X.] haben si[X.]h das [X.], der 2., 4. und 5. Strafsenat des [X.]s, der [X.] beim [X.] und das [X.], für Integration und [X.] geäußert. Der [X.], der Bundesrat und die [X.] haben von einer Stellungnahme abgesehen.

Die [X.] sind begründet. Die auf § 66b Abs. 3 in der Fassung des [X.] der na[X.]hträgli[X.]hen Si[X.]herungsverwahrung vom 23. Juli 2004 ([X.]) gestützte na[X.]hträgli[X.]he Anordnung ihrer Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung verletzt die Grundre[X.]hte der Bes[X.]hwerdeführer aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

Das [X.] hat - neben den übrigen Vors[X.]hriften über Anordnung und Dauer der Si[X.]herungsverwahrung - au[X.]h § 66b Abs. 3 StGB in der Fassung des [X.] vom 23. Juli 2004 ([X.]) wegen Verstoßes gegen das [X.] mit Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit [ref=7591158a-f365-4f9[X.]-b487-678265da[X.]783]Art. 104 Abs. 1 [X.]] erklärt (vgl. [X.] 128, 326 <330>). Zuglei[X.]h hat es gemäß § 35 [X.] die Weitergeltung der Normen bis zu einer Neuregelung dur[X.]h den Gesetzgeber, längstens bis zum 31. Mai 2013, angeordnet (vgl. [X.] 128, 326 <332>). Dana[X.]h darf [ref=3f[X.]7b9fa-4303-4e5a-8aae-3e2a14d94755]§ 66b Abs. 3 [X.]] während seiner Fortgeltung nur na[X.]h Maßgabe einer - insbesondere im Hinbli[X.]k auf die Anforderungen an die [X.]und die gefährdeten Re[X.]htsgüter - strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung angewandt werden (vgl. [X.] 128, 326 <405 f.>; 129, 37 <45 f.>).

1. Die Verhältnismäßigkeit der Si[X.]herungsverwahrung wird in der Regel nur unter der Voraussetzung gewahrt sein, dass eine Gefahr s[X.]hwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten ist (vgl. [X.] 128, 326 <406>). Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung haben die Fa[X.]hgeri[X.]hte die Mögli[X.]hkeiten einer Führungsaufsi[X.]ht auszuloten und si[X.]h damit auseinanderzusetzen, ob und inwieweit der Gefährli[X.]hkeitsgrad des Betroffenen hierüber reduziert werden kann (vgl. [X.] 128, 326 <408>; 129, 37 <46>).

2. Soweit darüber hinaus ein na[X.]h Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG s[X.]hutzwürdiges Vertrauen auf ein Unterbleiben der Anordnung einer Si[X.]herungsverwahrung beeinträ[X.]htigt wird, ist dies angesi[X.]hts des damit verbundenen Eingriffs in das Freiheitsre[X.]ht des Betroffenen verfassungsre[X.]htli[X.]h nur zum S[X.]hutz hö[X.]hster [X.] zulässig. Das Gewi[X.]ht der berührten [X.] wird dabei dur[X.]h die Wertungen von Art. 5 und Art. 7 [X.] verstärkt. Der mit einer na[X.]hträgli[X.]hen Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung verbundene Eingriff in das Vertrauen des Betroffenen auf das Unterbleiben einer entspre[X.]henden Unterbringung kann deshalb nur dann als verhältnismäßig angesehen werden, wenn eine ho[X.]hgradige Gefahr s[X.]hwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebra[X.]hten abzuleiten ist und die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Bu[X.]hstabe e [X.] erfüllt sind. Da die Bestimmung der Voraussetzungen einer psy[X.]his[X.]hen Störung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Bu[X.]hstabe e [X.] in erster Linie dem Gesetzgeber obliegt, ist während der Weitergeltung der Vors[X.]hriften über die Si[X.]herungsverwahrung bis zu einer Neuregelung insoweit auf das am 1. Januar 2011 in [X.] getretene Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psy[X.]his[X.]h gestörter Gewalttäter ([X.] - [X.]) zurü[X.]kzugreifen ([X.] 128, 326 <388 ff.>; 129, 37 <46 f.>).

Die Geri[X.]hte sind bis zu einer Neuregelung des Re[X.]hts der Si[X.]herungsverwahrung gehalten, über die in dem Urteil des [X.]s vom 4. Mai 2011 genannten Fälle (vgl. [X.] 128, 326 <332>) hinaus au[X.]h in den Fallkonstellationen, in denen die Anwendung einer Norm na[X.]h Maßgabe der Urteilsgründe (vgl. [X.] 128, 326 <388 ff.>) in grundre[X.]htli[X.]h ges[X.]hütztes, dur[X.]h die Wertungen von Art. 5 und Art. 7 [X.] gestärktes Vertrauen eingreift, die Si[X.]herungsverwahrung nur no[X.]h dann anzuordnen beziehungsweise aufre[X.]htzuerhalten, wenn die genannten erhöhten Verhältnismäßigkeitsanforderungen erfüllt sind (vgl. [X.] 129, 37 <47>).

3. § 66b Abs. 3 StGB ermögli[X.]ht die na[X.]hträgli[X.]he Anordnung der Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung, na[X.]hdem die Unterbringung in einem psy[X.]hiatris[X.]hen Krankenhaus gemäß § 67d Abs. 6 StGB für erledigt erklärt worden ist, weil der s[X.]huldauss[X.]hließende oder s[X.]huldmindernde Zustand, auf dem die Anordnung der Maßregel gemäß § 63 StGB beruhte, ni[X.]ht oder ni[X.]ht mehr besteht. Damit greift die Norm in grundre[X.]htli[X.]h ges[X.]hütztes Vertrauen ein. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen die Betroffenen wegen ihrer [X.]en bereits vor Inkrafttreten der jeweils eins[X.]hlägigen Neuregelungen verurteilt waren - also in allen von der rü[X.]kwirkenden Anwendung der Verlängerung der Zehnjahresfrist gemäß § 67d Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 6 StGB erfassten Fällen ebenso wie in sämtli[X.]hen Fällen der rü[X.]kwirkenden na[X.]hträgli[X.]hen Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung (sogenannte Altfälle - vgl. [X.] 128, 326 <395>). Dabei kommt den betroffenen [X.]n ein besonders hohes Gewi[X.]ht zu, wenn die Anordnung der Maßregel wie im Fall der Si[X.]herungsverwahrung zu einer unbefristeten Freiheitsentziehung führt und damit einen s[X.]hweren - wenn ni[X.]ht gar den s[X.]hwersten vorstellbaren - Eingriff in das Grundre[X.]ht auf Freiheit der Person beinhaltet (vgl. [X.] 128, 326 <390>).

4. Demgegenüber kann ni[X.]ht darauf verwiesen werden, dass bei Anordnung der Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 3 StGB ledigli[X.]h eine "Überweisung" von einer zeitli[X.]h ni[X.]ht begrenzten freiheitsentziehenden Maßnahme in eine andere stattfinde (vgl. [X.], 98 <111>) und daher [X.] nur na[X.]hrangig berührt seien.

a) Die Anordnung der Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 3 StGB im [X.] an eine Unterbringung in einem psy[X.]hiatris[X.]hen Krankenhaus gemäß § 63 StGB beinhaltet ni[X.]ht eine bloße Fortführung der vorherigen Maßregel auf veränderter Re[X.]htsgrundlage, sondern einen neuen, eigenständigen Grundre[X.]htseingriff.

Dies ergibt si[X.]h bereits aus dem Wortlaut der Vors[X.]hrift. Während § 67a Abs. 1 und Abs. 2 StGB die Mögli[X.]hkeit der "Überweisung" in den Vollzug einer anderen Maßregel nur unter der Voraussetzung des Fortbestandes der bisherigen Maßregel eröffnet, setzt § 66b Abs. 3 StGB voraus, dass die Unterbringung in einem psy[X.]hiatris[X.]hen Krankenhaus "für erledigt erklärt worden ist", bevor die Anordnung der Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung erfolgen kann. Die Si[X.]herungsverwahrung kann nur angeordnet werden, wenn zuvor die Unterbringung gemäß § 63 StGB beendet worden ist.

Dass die Anordnung der Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 3 StGB ni[X.]ht als Fortführung der vorherigen Unterbringung in einem psy[X.]hiatris[X.]hen Krankenhaus angesehen werden kann, verans[X.]hauli[X.]ht der Fall des Bes[X.]hwerdeführers zu I[X.], der si[X.]h na[X.]h der Erledigung der Maßregel gemäß § 63 StGB zunä[X.]hst auf freiem Fuß befand, bevor die Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung angeordnet wurde. Eine no[X.]hmalige Anordnung der Unterbringung in einem psy[X.]hiatris[X.]hen Krankenhaus kam demgegenüber ni[X.]ht in Betra[X.]ht.

b) Der Eigenständigkeit der Anordnung der Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 3 StGB entspri[X.]ht die Ausgestaltung des [X.]. Während für die Erledigungserklärung gemäß § 67d Abs. 6 StGB die Strafvollstre[X.]kungskammer am Ort der Unterbringung zuständig ist, obliegt die Anordnung der Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung gemäß [ref=[X.]7d7661a-a169-[X.]-3e9a9828e5a4]§ 74f Abs. 1 GVG[/ref] dem Tatgeri[X.]ht. Die Übersendung der Akten an die zuständige Staatsanwalts[X.]haft erfolgt gemäß § 275a Abs. 1 Satz 3 StPO erst na[X.]h der Erklärung der Erledigung der Unterbringung gemäß § 63 StGB. Für die [X.] bis zur Ents[X.]heidung über die Anordnung der Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung kann zunä[X.]hst das Vollstre[X.]kungsgeri[X.]ht gemäß § 275a Abs. 6 Satz 2 StPO und ab Eingang des Antrags das Tatgeri[X.]ht gemäß § 275a Abs. 6 Satz 1 StPO einen Unterbringungsbefehl erlassen.

[X.]) Hinzu kommt, dass beide Maßregeln si[X.]h qualitativ voneinander unters[X.]heiden. Gemäß § 72 Abs. 2 StGB können beide Maßregeln grundsätzli[X.]h nebeneinander angeordnet werden, wenn ni[X.]ht der erstrebte Zwe[X.]k bereits dur[X.]h eine von ihnen zu errei[X.]hen ist (§ 72 Abs. 1 StGB). Die Unterbringung in einem psy[X.]hiatris[X.]hen Krankenhaus stellt im Verglei[X.]h zur Si[X.]herungsverwahrung kein geringeres, sondern ein anderes Übel dar (vgl. [X.], 55 <63>; 16, 98 <111 f.>; vgl. au[X.]h [X.], Urteil vom 19. Februar 2002 - 1 StR 546/01 -, [X.], S. 533 <534>).

d) Vor diesem Hintergrund beinhaltet die na[X.]hträgli[X.]he Anordnung der Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung gemäß [ref=7d51fa0d-1660-49a2-824d-[X.]0e632de0ebe]§ 66b Abs. 3 [X.]] einen Eingriff in die [X.] des Betroffenen, der in seinem Ausmaß dem Eingriff dur[X.]h die na[X.]hträgli[X.]he Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 2 StGB in der Fassung des [X.] und zur Änderung der Vors[X.]hriften über die na[X.]hträgli[X.]he Si[X.]herungsverwahrung vom 13. April 2007 ([X.]) entspri[X.]ht, der Gegenstand des Urteils des [X.]s vom 4. Mai 2011 war (vgl. [X.] 128, 326 <388 f.>). Wird im Urteil des Tatgeri[X.]hts die Si[X.]herungsverwahrung weder angeordnet no[X.]h vorbehalten und existiert zum [X.] keine Norm, wel[X.]he die na[X.]hträgli[X.]he Anordnung der Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung ermögli[X.]ht, darf der Betroffene grundsätzli[X.]h darauf vertrauen, dass ihm diese Maßregel dauerhaft erspart bleibt. Dies gilt unabhängig davon, ob im Urteil eine Freiheitsstrafe oder eine andere freiheitsentziehende Maßregel neben oder statt einer Freiheitsstrafe angeordnet wird. Hinsi[X.]htli[X.]h der berührten [X.] ma[X.]ht es au[X.]h keinen Unters[X.]hied, ob die tatsä[X.]hli[X.]hen Umstände, wel[X.]he die Gefährli[X.]hkeit des Verurteilten begründen, erst na[X.]hträgli[X.]h eintreten oder bekannt werden (§ 66b Abs. 2 StGB) oder ob auf die Anordnung der Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung verzi[X.]htet wird, obwohl diese Umstände im [X.] bereits bekannt sind ([ref=a1bf8dd[X.]-a0af-4268-[X.] 66b Abs. 3 [X.]]). Au[X.]h wenn die Anordnung der Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung nur deshalb unterbleibt, weil das Tatgeri[X.]ht fehlerhaft vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 63 StGB ausgeht (Fehleinweisung), ist das Vertrauen auf ein dauerhaftes Unterbleiben der Maßregel grundre[X.]htli[X.]h jedenfalls dann ges[X.]hützt, wenn es an einer gesetzli[X.]hen Regelung, die zur na[X.]hträgli[X.]hen Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung ermä[X.]htigt, fehlt.

5. Das Gewi[X.]ht der betroffenen [X.] bei na[X.]hträgli[X.]her Anordnung der Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 3 StGB wird in [X.] dur[X.]h die Wertungen der Art. 5 und Art. 7 [X.] verstärkt.

a) Der [X.] hat mit seinen Urteilen vom 7. Juni 2012 festgestellt, dass dur[X.]h die na[X.]hträgli[X.]he Anordnung der Unterbringung der Bes[X.]hwerdeführer in der Si[X.]herungsverwahrung gegen Art. 7 Abs. 1 [X.] verstoßen wurde. Da die Bes[X.]hwerdeführer na[X.]h der gefestigten Re[X.]htspre[X.]hung der innerstaatli[X.]hen Strafvollstre[X.]kungsgeri[X.]hte vor der Gesetzesänderung im Jahr 2004 hätten entlassen werden müssen, stelle die na[X.]hträgli[X.]he Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung eine neue, zusätzli[X.]he und somit s[X.]hwerere Strafe im Sinne von Art. 7 Abs. 1 [X.] dar ([X.], Urteile vom 7. Juni 2012, [X.]. 61827/09, [X.], Rn. 84 ff. und 65210/09, [X.], Rn. 75 ff.). Diese dur[X.]h den [X.] vorgenommene Konkretisierung des Art. 7 [X.] ist bei der Prüfung der Verletzung des [X.] gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG zu berü[X.]ksi[X.]htigen (vgl. [X.] 128, 326 <392>).

b) Daneben hat der [X.] in einem weiteren Altfall die na[X.]hträgli[X.]he Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 3 StGB als Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Bu[X.]hstaben a, [X.] und e [X.] gewertet ([X.], Urteil vom 28. Juni 2012, [X.]. 3300/10, S. ./. Deuts[X.]hland, Rn. 84 ff.). Eine Re[X.]htfertigung der Freiheitsentziehung aufgrund Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Bu[X.]hstabe a [X.] komme ni[X.]ht in Betra[X.]ht, da es an einem hinrei[X.]henden Kausalzusammenhang zwis[X.]hen Verurteilung und Sanktion fehle. Die Verurteilung habe ni[X.]ht einmal die Mögli[X.]hkeit enthalten, den dortigen Bes[X.]hwerdeführer später in der Si[X.]herungsverwahrung unterzubringen. Na[X.]h der damaligen fa[X.]hgeri[X.]htli[X.]hen Re[X.]htspre[X.]hung hätte er bei Wegfall der s[X.]huldmildernden oder -auss[X.]hließenden Störung au[X.]h bei fortbestehender Gefahr entlassen werden müssen. Au[X.]h eine Re[X.]htfertigung gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Bu[X.]hstaben [X.] und e [X.] s[X.]heide aus ([X.], Urteil vom 28. Juni 2012, a.a.[X.], Rn. 84 ff., 91 ff.).

Da Art. 5 Abs. 1 [X.] eine abs[X.]hließende Auflistung zulässiger Gründe für eine Freiheitsentziehung enthält (vgl. [X.], Urteil vom 17. Dezember 2009, [X.]. 19359/04, M. ./. Deuts[X.]hland, Rn. 86; [X.], Urteil vom 19. April 2012, [X.]. 61272/09, B. ./. Deuts[X.]hland, Rn. 66 m.w.N.), kommt eine konventionsre[X.]htli[X.]he Re[X.]htfertigung der na[X.]hträgli[X.]hen Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 3 StGB in [X.] nur unter den Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Bu[X.]hstabe e [X.] in Betra[X.]ht (vgl. [X.] 128, 316 <396>).

[X.]) Ob diese Erwägungen au[X.]h auf [X.] zu übertragen sind, was das [X.] hinsi[X.]htli[X.]h § 66b Abs. 2 StGB bejaht hat (vgl. [X.] 128, 326 <395>), ist vorliegend ni[X.]ht zu ents[X.]heiden. Einer Anwendung von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Bu[X.]hstabe a [X.] könnte aber au[X.]h bei [X.]n entgegenstehen, dass es an einem hinrei[X.]henden Kausalzusammenhang zwis[X.]hen Verurteilung und Sanktion fehlt (vgl. [X.], Urteil vom 24. Juni 1982, [X.]. 7906/77, Van Droogenbroe[X.]k ./. Belgien, Rn. 39; [X.], Urteil vom 2. März 1987, [X.]. 9787/82, [X.] ./. Vereinigtes Königrei[X.]h, Rn. 42 f., 49 f.; [X.], Urteil vom 17. Dezember 2009, [X.]. 19359/04, M. ./. Deuts[X.]hland, Rn. 88; [X.], Urteil vom 21. Oktober 2010, [X.]. 24478/03, [X.], Rn. 44, 50; [X.], Urteil vom 19. April 2012, [X.]. 61272/09, B. ./. Deuts[X.]hland, Rn. 87; [X.], Urteil vom 13. Januar 2011, [X.]. 6587/04, [X.] ./. Deuts[X.]hland, Rn. 84; zu § 66b Abs. 3 StGB: [X.], Urteil vom 28. Juni 2012, a.a.[X.], Rn. 90). Berü[X.]ksi[X.]htigt man ergänzend, dass § 66b Abs. 3 StGB die na[X.]hträgli[X.]he Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung au[X.]h in Fällen vorsieht, in denen eine originäre Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung gemäß § 66 StGB ni[X.]ht mögli[X.]h wäre, wird deutli[X.]h, dass die Anwendung von § 66b Abs. 3 StGB au[X.]h in [X.]n [X.] tangiert.

d) Soweit die na[X.]hträgli[X.]he Anordnung der Si[X.]herungsverwahrung in Fällen erfolgt, in denen die Betroffenen wegen ihrer [X.]en bereits vor Inkrafttreten von § 66b Abs. 3 StGB in der Fassung des [X.] vom 23. Juli 2004 ([X.]) verurteilt waren, führen die Wertungen der Art. 7 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 [X.] jedenfalls dazu, dass si[X.]h das Gewi[X.]ht des Vertrauens der Betroffenen einem absoluten Vertrauenss[X.]hutz annähert (vgl. [X.] 128, 326 <391>). Eine na[X.]hträgli[X.]he Anordnung oder Fortdauer der Si[X.]herungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 3 StGB darf daher in diesen Fällen nur no[X.]h ausgespro[X.]hen werden, wenn eine ho[X.]hgradige Gefahr s[X.]hwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebra[X.]hten abzuleiten ist und dieser an einer psy[X.]his[X.]hen Störung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 des [X.] und Unterbringung psy[X.]his[X.]h gestörter Gewalttäter ([X.] - [X.]) leidet ([X.] 128, 326 <388 ff., 406 f.>; 129, 37 <46 f.>).

Die angegriffenen Ents[X.]heidungen verletzen die Bes[X.]hwerdeführer in ihrem Grundre[X.]ht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG. Sie sind daher aufzuheben, und die Sa[X.]he ist zur erneuten Ents[X.]heidung zurü[X.]kzuverweisen (§ 95 Abs. 2 [X.]).

Die Fortdauer der na[X.]hträgli[X.]h angeordneten Unterbringung der Bes[X.]hwerdeführer in der Si[X.]herungsverwahrung genügt den Anforderungen ni[X.]ht, die si[X.]h für eine verfassungsgemäße Ents[X.]heidung auf der Grundlage von § 66b Abs. 3 StGB in der Fassung des [X.]zur Einführung der na[X.]hträgli[X.]hen Si[X.]herungsverwahrung vom 23. Juli 2004 ([X.]) aus den Maßgaben des Urteils vom 4. Mai 2011 ergeben. Die Geri[X.]hte verkennen, dass in [X.] aufgrund der Beeinträ[X.]htigung grundre[X.]htli[X.]h ges[X.]hützten Vertrauens der Eingriff in das Freiheitsre[X.]ht der Bes[X.]hwerdeführer nur na[X.]h Maßgabe strikter Verhältnismäßigkeitsprüfung und zum S[X.]hutz hö[X.]hster [X.] zulässig ist und verletzen dadur[X.]h, dass sie eine Prüfung anhand dieses Maßstabes - die in erster Linie ihnen, ni[X.]ht dem [X.], obliegt - ni[X.]ht vorgenommen haben, das dur[X.]h das Freiheitsre[X.]ht ges[X.]hützte Vertrauen der Bes[X.]hwerdeführer auf ein Unterbleiben der na[X.]hträgli[X.]hen Anordnung einer Unterbringung in der Si[X.]herungsverwahrung.

Das Oberlandesgeri[X.]ht wird deshalb na[X.]h den Maßgaben der vom Senat in seinem Urteil vom 4. Mai 2011 na[X.]h § 35 [X.] getroffenen Übergangsregelung ([X.] 128, 326 <332 f.>) erneut über die Fortdauer der na[X.]hträgli[X.]h angeordneten Unterbringung der Bes[X.]hwerdeführer in der Si[X.]herungsverwahrung zu befinden oder deren Freilassung gegebenenfalls unter Auflagen zu verfügen haben.

Die Ents[X.]heidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 [X.].

Meta

2 BvR 2122/11, 2 BvR 2705/11

06.02.2013

Bundesverfassungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend OLG Frankfurt, 22. August 2011, Az: 3 Ws 761/11, Beschluss

Art 2 Abs 2 S 2 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 104 Abs 1 GG, Art 5 Abs 1 S 2 Buchst a MRK, Art 5 Abs 1 S 2 Buchst c MRK, Art 5 Abs 1 S 2 Buchst e MRK, Art 7 Abs 1 MRK, § 61 Nr 1 StGB, § 61 Nr 3 StGB, § 66b Abs 3 StGB vom 23.07.2004, § 66b S 1 StGB vom 22.12.2010, § 67d Abs 6 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.02.2013, Az. 2 BvR 2122/11, 2 BvR 2705/11 (REWIS RS 2013, 8394)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8394 BVerfGE 133, 40-59 REWIS RS 2013, 8394

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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