Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.11.2010, Az. VI R 34/08

6. Senat | REWIS RS 2010, 1021

STEUERRECHT STEUERN HANDELS- UND GESELLSCHAFTSRECHT BUNDESFINANZHOF (BFH)

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Gegenstand

Werbungskostenabzug für Verzicht auf Darlehensforderung des Arbeitnehmers gegen Arbeitgeber - Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis oder durch das Arbeitsverhältnis - Bindung an Tatsachenwürdigung des FG


Leitsatz

Auch wenn ein Darlehen aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen gewährt worden war, kann der spätere Verzicht darauf durch das zugleich bestehende Arbeitsverhältnis veranlasst sein und dann insoweit zu Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führen, als die Darlehensforderung noch werthaltig ist .

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob der Verlust eines Darlehens, das der Arbeitnehmer und zugleich Gesellschafter seines Arbeitgebers diesem gewährt hatte, beim Arbeitnehmer einkünftemindernd zu berücksichtigen ist.

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war seit 1996 Gesellschafter und seitdem auch einer von mehreren Geschäftsführern der [X.] (GmbH) mit einem Jahresgehalt von anfangs etwa 150.000 [X.], später 250.000 [X.]. Der Kläger hielt zunächst zum Nominalwert von 76.500 [X.] einen Anteil von 6,95 % des 1.100.000 [X.] betragenden Stammkapitals der GmbH. Nach Kapitalerhöhungen hielt er Anteile von nominal 94.500 [X.]. Davon übertrug er im Januar 2000 schenkweise Anteile von 15.800 [X.] und 15.700 [X.] auf seine beiden Töchter. Der dem Kläger an der GmbH dann noch verbleibende Anteil betrug 4,6 %.

3

Nachdem die GmbH bereits 1998 von ihren Gesellschaftern Liquiditätshilfedarlehen erhalten hatte, die 1999 samt Zinsen zurückgezahlt worden waren, forderte die GmbH alle Gesellschafter im Hinblick auf einen ihr Anfang 2000 von der F-Bank empfohlenen Börsengang auf, ihr in Höhe dieser früheren Gesellschafterdarlehen einschließlich Zinsen erneut Darlehen zu gewähren. Die GmbH ging dabei davon aus, dass auch Darlehen von [X.]n kapitalersetzend sein könnten und daher während einer Krise nicht zurückverlangt werden dürften. Eine Gegenvorstellung des [X.] blieb erfolglos.

4

Um dem Kläger --wie auch den anderen [X.] die geforderte Darlehensgewährung an die GmbH finanziell zu ermöglichen, boten die [X.] und ein weiterer [X.] an, kleinere Anteile zu einem über dem Nominalbetrag liegenden Kaufpreis zu erwerben. Daraufhin veräußerten am 24. November 2000 der Kläger Anteile von nominal 14.800 [X.] für 110.367 [X.] und seine beiden Töchter Anteile von je 2.800 [X.] für jeweils 27.592 [X.] (zusammen 165.551 [X.]) an die [X.] und einen weiteren [X.]. Der Kläger verpflichtete sich, das (ehemals getilgte) Darlehen von 61.400 [X.] nebst damals erhaltener Zinsen von 6.083 [X.] erneut der GmbH zur Verfügung zu stellen und in Höhe des übersteigenden [X.] ein weiteres Gesellschafterdarlehen zu gewähren. Dazu vereinbarten der Kläger und die GmbH am 28. November 2000 eine Liquiditätshilfe von 98.068 [X.] (165.551 [X.] abzgl. [X.] 61.400 [X.] nebst Zinsen 6.083 [X.]). Der Übernehmer der Anteile zahlte den Kaufpreis unmittelbar an die GmbH aus.

5

Nachdem die F-Bank den geplanten Börsengang Ende 2000 abgesagt hatte, musste der GmbH neues Kapital von mindestens 7 Mio. [X.] zugeführt werden. Dazu waren die [X.] nur unter der Bedingung bereit, dass die [X.] sämtliche (Rest-)Anteile zum Nominalwert abtreten und auf ihre Gesellschafterdarlehen nebst Zinsen verzichten würden. In Gesprächen wurden die [X.] mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass bei deren Weigerung eine Kapitalerhöhung ausscheide, die Gesellschaft in Insolvenz gerate und die Arbeitsplätze gefährdet seien. Darauf wurde am 6. März 2001 das Kapital der GmbH von 2.941.900 [X.] auf 9.941.900 [X.] erhöht. Mit [X.] verkaufte der Kläger seine Restbeteiligung in Höhe von 1,64 % zum Nennbetrag von 48.200 [X.] an die [X.] sowie einen weiteren [X.] und verzichtete auf seine Darlehensrückzahlungsansprüche über insgesamt 159.468 [X.] (61.400 [X.] und 98.068 [X.]) sowie auf die Zinsen. Die [X.] verpflichteten sich, den [X.] über den vereinbarten Kaufpreis hinaus weitere Beträge von 13.600 [X.] und 6.800 [X.] zu bezahlen, sofern das Unternehmen vor dem 31. Dezember 2001 zu einem Preis von mindestens 20 Mio. [X.] verkauft werden könne. Die Versuche, die GmbH zu veräußern, blieben erfolglos. Im Januar 2002 meldete die GmbH Insolvenz an; das Verfahren wurde am 1. April 2002 eröffnet.

6

Der Kläger und seine mit ihm zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Ehefrau, die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), machten mit der Einkommensteuererklärung 2001 den erklärten [X.] über insgesamt 159.468 [X.] als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit mit der Begründung geltend, dass der Kläger den Verzicht auf massiven Druck der [X.] erklärt habe, um seinen Arbeitsplatz als Geschäftsführer zu sichern.

7

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) lehnte dagegen eine Berücksichtigung ab, weil weder feststehe, dass ein Außenstehender das Darlehen wegen gefährdeten Rückzahlungsanspruchs nicht gewährt hätte, noch, dass der Kläger bei einer Verweigerung der Verzichtserklärung seinen Arbeitsplatz verloren hätte.

8

Das Finanzgericht ([X.]) wies die dagegen erhobene Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 172 veröffentlichten Gründen im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass das Darlehen nicht durch das Arbeits-, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst gewesen sei; vorrangiges Ziel des [X.] sei es gewesen, die Gesellschaft wirtschaftlich zu fördern, das Gesellschafterdarlehen sei gesellschafterorientiert gewesen.

9

Es könne dahinstehen, ob der vom Kläger am 6. März 2001 erklärte Verzicht auf die Darlehensrückzahlung zur Sicherung des Arbeitsplatzes erfolgt sei. Denn dieser spätere Zeitpunkt sei für die Beurteilung rechtlich nicht maßgebend.

Die Kläger wenden sich mit der Revision gegen die Entscheidung des [X.] und rügen die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Sie beantragen sinngemäß,

das Urteil des [X.] Düsseldorf vom 25. Januar 2008 hinsichtlich der Einkommensteuer 2001 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. August 2006 dahingehend abzuändern, dass bei den Einkünften des [X.] aus nichtselbständiger Arbeit insgesamt 159.468 [X.] als Werbungskosten berücksichtigt werden, und die Einkommensteuer dementsprechend herabzusetzen.

Das [X.] beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision der Kläger ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an die Vorinstanz zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Angesichts dessen muss der [X.] nicht entscheiden, ob dem [X.] die von der Revision gerügten Verfahrensfehler unterlaufen sind ([X.]surteil vom 11. Februar 2010 [X.]/08, [X.], 421, [X.], 628, m.w.[X.]).

1. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Dazu rechnen alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Großen [X.]s des [X.] --[X.]-- vom 28. November 1977 [X.], [X.], 43, [X.] 1978, 105; [X.]surteil vom 7. Februar 2008 [X.]/06, [X.], 407, [X.], 48). Veranlasst in diesem Sinne sind die Aufwendungen, wenn sie in einem Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten beruflichen Tätigkeit stehen und zur Förderung dieser steuerlich relevanten Tätigkeit getragen werden. Werbungskosten bei den [X.] liegen danach vor, wenn die Aufwendungen den Beruf des Arbeitnehmers im weitesten Sinne fördern. Zu diesen Aufwendungen i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zählen alle [X.] in Geld und Geldeswert (vgl. z.B. Beschluss des Großen [X.]s des [X.] vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, [X.]E 160, 466, [X.] 1990, 830, unter [X.]) einschließlich den Arbeitnehmer unfreiwillig treffende Substanzverluste (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 407, [X.], 48, m.w.[X.]).

a) Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG sind Werbungskosten bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Das Einkommensteuergesetz enthält allerdings keine ausdrückliche Regelung dazu, nach welchen Grundsätzen Werbungskosten einer Einkunftsart zuzuordnen sind, wenn --wie etwa bei einem Darlehen durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer-- neben anderen Einkunftsarten auch [X.] (§ 19 Abs. 1 EStG) in Betracht kommen (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 407, [X.], 48, m.w.[X.]). Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] entscheidet der engere und wirtschaftlich vorrangige [X.]. Danach sind die Aufwendungen der Einkunftsart zuzuordnen, die im Vordergrund steht und die Beziehungen zu den anderen Einkünften verdrängt ([X.]-Urteile vom 3. Dezember 1982 [X.]/80, [X.]E 137, 564, [X.] 1983, 467; vom 7. Dezember 2005 [X.], [X.]/NV 2006, 1068; vom 5. April 2006 [X.]/00, [X.]E 213, 341, [X.] 2006, 654, unter II.2.; [X.]-Beschluss vom 28. Juni 2007 [X.], [X.]/NV 2007, 1870, unter 3.; jeweils m.w.[X.]). Insoweit gelten die Rechtsgrundsätze, die auch für die Frage heranzuziehen sind, ob eine Zuwendung des Arbeitgebers auf dem Arbeitsverhältnis oder auf anderen Rechtsbeziehungen gründet ([X.]-Urteile vom 22. März 1985 VI R 170/82, [X.]E 143, 544, [X.] 1985, 529; vom 17. Juni 2009 [X.], [X.]E 226, 47, [X.], 69; vom 1. Februar 2007 [X.], [X.]/NV 2007, 898; vom 20. Mai 2010 [X.], [X.]E 230, 136, [X.], 1069; jeweils m.w.[X.]; [X.], Der Betrieb 2006, Beilage Nr. 6, 51 ff.). Die Frage, welchem Bereich dieser Leistungsaustausch zuzurechnen ist, entscheidet sich aufgrund einer in erster Linie der Tatsacheninstanz obliegenden tatsächlichen Würdigung, die revisionsrechtlich bindend ist (§ 118 Abs. 2 [X.]O), wenn die Tatsachenwürdigung verfahrensrechtlich ordnungsgemäß durchgeführt wurde und die Würdigung nicht gegen Denkgesetze verstößt oder Erfahrungssätze verletzt.

aa) Gewährt ein Arbeitnehmer ein Darlehen, um Zinsen zu erwirtschaften, stehen regelmäßig die Einkünfte aus Kapitalvermögen im Vordergrund. Geht in einem solchen Fall die Darlehensvaluta verloren, entspricht es der ständigen Rechtsprechung des [X.] zu § 20 EStG i.d.F. vor dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008, dass Aufwendungen, die das Kapital selbst betreffen, wie Anschaffungskosten, Tilgungszahlungen oder der Verlust des Kapitals selbst, im Rahmen der Einkunftsart des § 20 EStG grundsätzlich nicht abziehbar sind (vgl. [X.]-Urteil vom 16. April 1991 VIII R 100/87, [X.]E 165, 31, [X.] 1992, 234, unter 2.a).

bb) Der Verlust der Darlehensforderung kann allerdings zu berücksichtigen sein, wenn der Arbeitnehmer das Risiko des Darlehensverlusts aus beruflichen Gründen bewusst auf sich genommen hat. Als Indiz für solche beruflichen Gründe gilt nach der Rechtsprechung des erkennenden [X.]s etwa der Umstand, dass ein außenstehender Dritter, insbesondere eine Bank, kein Darlehen mehr gewährt hätte und daher jedenfalls nicht die Nutzung des [X.] zur Erzielung von Zinseinkünften im Vordergrund steht. Allerdings kann auch in diesen Fällen der Steuerpflichtige aus anderen, nicht im Arbeitsverhältnis liegenden Gründen das Darlehen gegeben haben, wenn er etwa mit seinem Arbeitgeber und Darlehensnehmer auch gesellschaftsrechtlich verbunden und das Darlehen gesellschaftsrechtlich veranlasst ist. Um in diesen Fällen entscheiden zu können, ob das Darlehen aus im Arbeitsverhältnis oder aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen gewährt worden ist, ist die Höhe der Beteiligung des Arbeitnehmers, das Verhältnis der Höhe der [X.] im Vergleich zu den möglichen [X.]n (Renditeentwicklungen und -erwartungen) sowie die Frage, welche Konsequenzen sich für den Arbeitnehmer hätten ergeben können, wenn er seinem Arbeitgeber die entsprechende Finanzierungsmaßnahme nicht gewährt hätte (vgl. dazu [X.]surteil vom 17. Juli 1992 [X.], [X.]E 169, 148, [X.] 1993, 111), zu berücksichtigen.

2. Nach diesen Maßstäben gelangte das [X.] zwar in revisionsrechtlich noch nicht zu beanstandender Weise zu der Würdigung, dass die Darlehensgewährung am 28. November 2000 durch das Gesellschaftsverhältnis und nicht durch das Arbeitsverhältnis veranlasst gewesen war (a). Das [X.] hatte es allerdings zu Unrecht als einkommensteuerrechtlich unerheblich dahinstehen lassen, ob der nachfolgend ausgesprochene Verzicht des [X.] auf seine Ansprüche auf Rückzahlung des Darlehens (§ 488 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches) die Sicherung der Einkünfte des [X.] als Geschäftsführer bezweckte (b).

a) Wenngleich es für den erkennenden [X.] nicht zweifelhaft ist, dass die Darlehensgewährung durch den Kläger zu einem nicht unwesentlichen Anteil jedenfalls auch durch das Arbeitsverhältnis veranlasst gewesen war, ist die Würdigung des [X.], dass trotz der nur noch geringen Beteiligung des [X.] von 1,64 % dessen finanzielle Unterstützung durch die Darlehensgewährung nicht vorrangig durch die Stellung als Geschäftsführer, also durch das Arbeitverhältnis des [X.], veranlasst gewesen sei, möglich und daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Wenn die Revision insoweit vorbringt, dass die Darlehensgewährung zwar auch die Gesellschaft gefördert, insbesondere aber dem Arbeitsverhältnis des [X.] gedient habe, lässt sie insoweit unbeachtet, dass dieser Aspekt vom [X.] durchaus beachtet, wenn auch nicht im Sinne der Kläger gewürdigt worden war. Das [X.] konnte sich insoweit auf die Einlassung des [X.] in der mündlichen Verhandlung beziehen, wonach die Darlehenshingabe im Jahr 2000 dem vorrangigen Ziel gedient habe, die Gesellschaft wirtschaftlich zu fördern und den Wert des --wenn auch geringen-- Gesellschaftsanteils des [X.] zu sichern. Die vom [X.] auf dieser Grundlage getroffene Würdigung, dass damit zwar zugleich der Erhalt des Arbeitsplatzes des [X.] als Geschäftsführer gesichert gewesen sei, dieser Umstand aber letztlich bei einer Gesamtwürdigung zurücktrete, ist möglich, sie gründet auf festgestellten Tatsachen, verstößt nicht gegen Denk- und Erfahrungssätze und ist daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Entsprechendes gilt für den vom [X.] herangezogenen Umstand, dass die GmbH angesichts des beabsichtigten Börsengangs alle Gesellschafter aufgefordert habe, Gesellschafterdarlehen zu gewähren, und die daraus gewonnene Würdigung, dass der Kläger in seiner Eigenschaft als Gesellschafter und nicht in der als Arbeitnehmer angesprochen und daher die Darlehensgewährung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst gewesen sei. Der [X.], dass der Kläger sich durch die Großgesellschafter gezwungen gesehen habe, an der Kapitalerhöhung mitzuwirken, greift insoweit nicht. Denn die Würdigung des [X.] verstößt auch unter Berücksichtigung dieses Einwandes nicht gegen Denk- und Erfahrungssätze und führt insbesondere nicht dazu, dass die von der Revision daraus gewonnene gegenteilige Würdigung die allein mögliche wäre. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die ergänzend herangezogene Erwägung des [X.], dass durch diese Gestaltung sämtliche Gesellschafter als Darlehensgeber aufgetreten seien und in Vorbereitung auf den Börsengang insoweit nach außen hin hätte dokumentiert werden können, dass alle Gesellschafter geschlossen hinter ihrem Unternehmen stünden.

b) Das [X.] ging indessen zu Unrecht der Einlassung des [X.] nicht weiter nach, dass er aus beruflichen Gründen, nämlich um seine weitere Anstellung als Geschäftsführer zu sichern, am 6. März 2001 auf die Darlehensforderung verzichtet habe. Insoweit ist zu beachten, dass die Darlehensgewährung selbst zwar durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sein kann. Der zu einem späteren Zeitpunkt ausgesprochene Verzicht auf den [X.] stellt jedoch eine weitere selbständig zu würdigende Finanzierungsmaßnahme dar, die nicht zwingend auf denselben Motiven gründen musste wie die zeitlich vorangehende Darlehensgewährung selbst.

3. Die Sache ist nicht spruchreif; sie geht daher an das [X.] zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O). Das [X.] wird im zweiten Rechtsgang die näheren Umstände des Darlehensverzichts zur Beurteilung der Frage aufzuklären haben, ob der Kläger auf die Darlehensrückzahlung am 6. März 2001 verzichtet hatte, um seinen Arbeitsplatz zu sichern oder ob auch insoweit der gesellschaftsrechtliche [X.] im Vordergrund steht.

a) Bei dieser Würdigung wird insbesondere zu berücksichtigen sein, dass der Kläger an der GmbH nur noch in geringem Umfang beteiligt gewesen war und dass die vom Kläger als Geschäftsführer erzielten Einkünfte von etwa 250.000 DM jährlich den noch vorhandenen Wert seiner Beteiligung an der GmbH und die daraus noch erzielbaren [X.] deutlich übersteigen dürften. Entsprechendes gilt für die Frage, ob mit der Weigerung, den Verzicht zu erklären, für den Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer negative Folgen für seine Arbeitnehmerstellung verbunden gewesen wären (vgl. dazu [X.]surteil in [X.]E 169, 148, [X.] 1993, 111).

b) Sollte das [X.] im Hinblick darauf zu der eher nahe liegenden Würdigung gelangen, dass der Kläger den Verzicht ausgesprochen hatte, um seinen Arbeitsplatz zu sichern, und daher der [X.] zu den [X.] überwiegt, werden weitere Feststellungen dazu erforderlich, welchen Wert die Darlehensforderung im Zeitpunkt des Verzichts noch hatte. Denn nur in Höhe des dann noch werthaltigen Teils der Forderung wären dem Kläger Aufwendungen entstanden, die in einem einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigenden [X.] zu seinen [X.] stehen.

Meta

VI R 34/08

25.11.2010

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 25. Januar 2008, Az: 1 K 3685/06 E, Urteil

§ 9 Abs 1 S 1 EStG 1997, § 19 Abs 1 EStG 1997, § 118 Abs 2 FGO, § 20 EStG 1997

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.11.2010, Az. VI R 34/08 (REWIS RS 2010, 1021)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1021

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