Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.04.2008, Az. I ZB 98/07

I. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 4571

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[X.]/07 vom 10. April 2008 in der [X.] betreffend die Marke Nr. 396 55 722.8 Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

Cigarettenpackung GG Art. 103 Abs. 1 [X.] § 83 Abs. 3 Nr. 3 Die in § 83 Abs. 3 [X.] aufgeführten Verfahrensmängel, die die zulas-sungsfreie Rechtsbeschwerde begründen, sind abschließend. Mit der zulas-sungsfreien Rechtsbeschwerde kann deshalb nicht die Verletzung des aus Art. 2 Abs. 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Anspruchs auf wir-kungsvollen Rechtsschutz oder ein Verstoß gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG ver-ankerte Willkürverbot geltend gemacht werden.
[X.], [X.]. v. 10. April 2008 - [X.]/07 - [X.]
- 2 - Der I. Zivilsenat des [X.] hat am 10. April 2008 durch [X.] [X.] und [X.], Dr. Schaffert, [X.] und [X.] beschlossen: [X.] gegen den an [X.] Statt am 5. Oktober 2007 zugestellten [X.]uss des 26. [X.]s ([X.]) des [X.]s wird auf Kosten der Markeninhaberin zurückgewiesen. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 • festgesetzt. - 3 - Gründe: 1 I. Für die Markeninhaberin ist seit dem 18. Februar 1997 die dreidimensi-onale Marke Nr. 396 55 722.8 für die Waren "Tabak, Tabakerzeugnisse, insbesondere Cigaretten; Raucherar-tikel, soweit in Klasse 34 enthalten; Streichhölzer; Verpackungsmaterial, insbe-sondere Cigaretten-Packungen" in das Markenregister eingetragen. Die Antragstellerin hat beim [X.] Antrag auf Löschung der Marke gestellt, weil diese ausschließlich aus einer Form be-stehe, die durch die Art der Ware selbst bedingt und zur Erreichung einer tech-nischen Wirkung erforderlich sei. Der Marke fehle zudem jegliche Unterschei-dungskraft, das eingetragene Zeichen sei außerdem freihaltebedürftig. 2 Die Markenabteilung des [X.]s hat den Löschungsantrag zurückgewiesen. 3 - 4 - 4 Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das [X.] den [X.]uss des [X.]s aufgehoben und die Lö-schung der Marke angeordnet ([X.], [X.]. v. 5.10.2007 - 26 W(pat) 22/05, juris). Gegen diesen [X.]uss richtet sich die - vom [X.] nicht zugelassene - Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin, mit der sie die Versa-gung des rechtlichen Gehörs und weitere Grundrechtsverletzungen rügt. 5 II. Das [X.] hat angenommen, dass die Marke gemäß § 50 Abs. 1 [X.] löschungsreif sei. Zur Begründung hat es ausgeführt: 6 Gegenstand der Marke sei die dreidimensionale Wiedergabe einer [X.] gestalteten Zigarettenschachtel. Der Marke fehle zum Zeitpunkt der Ent-scheidung über den Löschungsantrag jegliche Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Da der Verkehr gewöhnlich die Form der Ware oder der Verpackung nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft des Produkts wahr-nehme, verfüge die Marke nur über Unterscheidungskraft, wenn sie erheblich von der Norm oder Branchenüblichkeit abweiche. Davon sei bei der [X.] achteckigen Verpackung nicht auszugehen. Sie hebe sich nur geringfügig von der branchenüblichen Grundform einer viereckigen Verpackung ab. 7 Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] habe auch schon zum Zeitpunkt der Eintragung der Marke vorgelegen. Zwar habe im Februar 1997 noch keine gefestigte Spruchpraxis zur Eintragung von dreidimensionalen Marken nach dem [X.] bestanden. Nach den Maßstäben der Recht-sprechung zum Ausstattungsschutz wäre eine Eintragung der Marke jedoch 8 - 5 - nicht angezeigt gewesen. Die Markeninhaberin könne deshalb auch keinen Ver-trauensschutz in Anspruch nehmen. 9 III. [X.] hat keinen Erfolg. 10 1. Die [X.] der form- und fristgerecht eingelegten Rechtsbe-schwerde folgt daraus, dass ein im Gesetz aufgeführter, die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde eröffnender Verfahrensmangel gerügt wird. Die Rechtsbe-schwerde beruft sich auf eine Versagung des rechtlichen Gehörs und hat dies im Einzelnen begründet. Darauf, ob die [X.] durchgreifen, kommt es für die [X.] der Rechtsbeschwerde nicht an (st. Rspr.; [X.], [X.]. v. 1.3.2007 - I ZB 33/06, [X.], 534 [X.]. 5 = [X.], 643 - [X.]). 2. [X.] ist jedoch nicht begründet, weil der gerügte Verfahrensmangel nicht vorliegt. 11 Das Verfahren vor dem [X.] verletzt die Markeninhabe-rin nicht in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 83 Abs. 3 Nr. 3 [X.]). 12 a) Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Ver-fahrens, dass sie Gelegenheit haben, sich zu dem der gerichtlichen Entschei-dung zugrunde liegenden Sachverhalt und zur Rechtslage zu äußern, und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und in Erwägung zieht ([X.] 86, 133, 144; [X.] NJW-RR 2004, 1710, 1712). 13 b) [X.] rügt, das [X.] habe die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, obwohl die Voraussetzungen einer Zulas-sung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung vorgelegen hätten, weil 14 - 6 - das [X.] von seinem früheren [X.]uss aus dem [X.] abgewichen sei ([X.]. v. 24.11.1999 - 26 W(pat) 141/99). Es habe in dem angefochtenen [X.]uss eine Abweichung von seiner früheren Entscheidung zwar verneint, dabei aber einen Sachverhalt zugrunde gelegt, zu dem die Mar-keninhaberin sich nicht habe äußern können. Daraus ergibt sich keine Verletzung des rechtlichen Gehörs. 15 In den Verfahren vor dem [X.] und vor dem [X.] war zwischen den Parteien umstritten, ob das [X.] die Unterscheidungskraft der in dem früheren Verfahren zu beurteilenden Marke allein aus der achteckigen Gestaltung oder aus der Form und der Farbe des Zeichens abgeleitet hatte. Mit dieser Frage und dem Vortrag der Parteien hat sich das [X.] auseinandergesetzt. Damit ist der Anspruch der Markeninhaberin auf rechtliches Gehör gewahrt. 16 Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang geltend, an dem [X.]uss aus dem [X.] habe [X.] mitgewirkt, der auch an dem angefochtenen [X.]uss beteiligt gewesen sei und den übri-gen Richtern seine Erinnerung an die Gründe der früheren Entscheidung über-mittelt habe. Zu diesen Angaben des Richters habe die Markeninhaberin nicht Stellung nehmen können. 17 Bei der Auslegung der Entscheidung aus dem [X.] hat das [X.], wie seine Bezugnahme auf Seite 7 jenes [X.]usses zeigt, auf die [X.]ussgründe abgestellt. Anders als die Rechtsbeschwerde meint, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass bei der Entscheidungsfindung des [X.]s Überlegungen aus der Beratung des [X.]usses des Jahres 1999 eingeflossen sind. 18 - 7 - 19 c) [X.] sieht eine Versagung des rechtlichen Gehörs ferner in einem unterlassenen Hinweis des [X.]s darauf, dass es seine in dem [X.]uss vom 24. November 1999 geäußerte Auffassung nicht beibehalten wollte, sondern stattdessen von der (unzutreffenden) Annah-me einer Änderung der Rechtslage ausgehen werde. Mit einer derart unrichti-gen Rechtsauffassung habe die Markeninhaberin nicht rechnen müssen. Daraus ergibt sich ebenfalls keine Verletzung des Anspruchs der Mar-keninhaberin auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Zwar liegt ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG vor, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und ver-nünftiger Verfahrensbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertre-tener Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte ([X.] 86, 133, 144 f.; [X.] NJW-RR 1996, 253, 254). Dagegen verlangt das Gebot rechtlichen [X.] nach Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht, dass das Gericht vor der Ent-scheidung auf seine Rechtsauffassung hinweist; vertretbare rechtliche Ge-sichtspunkte muss ein Verfahrensbeteiligter prinzipiell von sich aus in Betracht ziehen ([X.] 74, 1, 5; 86, 133, 145; [X.] NJW-RR 1996, 253, 254). 20 Entgegen der Annahme der Rechtsbeschwerde ist das Bundespatentge-richt in dem angefochtenen [X.]uss nicht von einer Änderung der Rechtslage zwischen 1999 und der Entscheidung über den Löschungsantrag ausgegangen. Im Übrigen musste die Markeninhaberin damit rechnen, dass das Bundespa-tentgericht zum Zeitpunkt der Eintragung und der Entscheidung über die Lö-schung vom Vorliegen fehlender Unterscheidungskraft der Marke nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ausgehen würde. Das [X.] hatte bereits für den Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag die Voraussetzungen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] [X.] - 8 - jaht. Im Verfahren vor dem [X.] hatten die Parteien unter An-führung von Entscheidungen des Gerichtshofs der [X.] und des [X.]s sich kontrovers zu der Frage geäußert, ob der Marke zum Zeitpunkt der Eintragung und der Entscheidung über den Löschungsantrag jeg-liche Unterscheidungskraft fehlte. Die Markeninhaberin musste daher damit rechnen, dass das [X.] die Voraussetzungen der Löschung der Eintragung der Marke wegen des [X.] bejahen würde. Darauf, ob die Auslegung des [X.]usses des [X.]s aus dem [X.] richtig ist und das [X.] im angefochtenen [X.]uss das Vorliegen eines Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu Recht bejaht hat, kommt es nicht an. Der absolute [X.] soll allein die Einhaltung des [X.] der [X.] rechtlichen Gehörs sichern und nicht der Überprüfung der Richtigkeit der Beschwerdeentscheidung dienen ([X.], [X.]. v. 20.1.2000 - I ZB 50/97, [X.], 894, 895 = [X.], 1166 - [X.]). 22 d) [X.] sieht eine Verletzung des aus Art. 2 Abs. 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Anspruchs auf wirkungsvollen Rechts-schutz und des in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten Willkürverbots darin, dass das [X.] die Rechtsbeschwerde zum [X.] nicht [X.] hat. Sie macht eine Verletzung des Willkürverbots zudem unter dem Gesichtspunkt geltend, die Begründung des [X.]s im angefoch-tenen [X.]uss sei rechtlich unhaltbar. 23 Mit der Rüge eines Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip und einer Verletzung des Willkürverbots ist die Rechtsbe-schwerde im Verfahren nach § 83 Abs. 3 [X.] ausgeschlossen. Die in § 83 24 - 9 - Abs. 3 [X.] aufgeführten Verfahrensmängel, die die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde begründen, sind abschließend (allg. Meinung: [X.], [X.], 3. Aufl., § 83 Rdn. 13; [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 83 Rdn. 26; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., § 83 Rdn. 32; v. Schultz/[X.], Markenrecht, 2. Aufl., § 83 Rdn. 13; [X.]/v. Gierke, § 83 Rdn. 16; ebenso zu § 41p Abs. 3 [X.] (1961): [X.], [X.]. v. 11.4.1967 - Ia ZB 5/66, [X.] 1967, 548, 550 - Schweißelektrode II; zu § 100 Abs. 3 [X.]: [X.], [X.] GebrMG, 10. Aufl., § 100 Rdn. 121). Der [X.] hat zwar erwogen, ob die Verletzung der Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Eu-ropäischen Gemeinschaften nach Art. 234 [X.] die zulassungsfreie Rechtsbe-schwerde nach § 83 Abs. 3 Nr. 1 [X.] wegen einer nicht vorschriftsmäßi-gen Besetzung des angerufenen Gerichts oder nach § 83 Abs. 3 Nr. 3 [X.] wegen Versagung des rechtlichen Gehörs eröffnen kann ([X.], [X.]. v. 2.10.2002 - [X.], [X.] 2003, 546, 547 = [X.], 655 - TURBO- TABS). Daraus folgt aber nicht, dass die Aufzählung der in § 83 Abs. 3 [X.] angeführten Gründe für die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nicht abschließend ist. Der [X.] hat die Frage gerade unter dem Blickwinkel [X.], ob in einem solchen Fall ein Zulassungsgrund nach § 83 Abs. 3 Nr. 1 oder 3 [X.] gegeben ist. - 10 - IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Abs. 2 Satz 1 [X.]. 25 Bornkamm Büscher Schaffert
[X.] Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 05.10.2007 - 26 W(pat) 22/05 -

Meta

I ZB 98/07

10.04.2008

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.04.2008, Az. I ZB 98/07 (REWIS RS 2008, 4571)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4571

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