Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.10.2013, Az. III ZA 274/13

3. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 1843

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Prozesskostenhilfebewilligung für den Beklagten nach Klagerücknahme


Leitsatz

Beantragt der Beklagte Prozesskostenhilfe für seine Verteidigung gegen die Klage und reicht er die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erst ein, nachdem die Klage bereits zurückgenommen wurde, kommt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich nicht mehr in Betracht.

Tenor

Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 54 des [X.] vom 30. April 2013 - 54 T 16/13 - wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Klägerin erwirkte gegen die [X.] einen Vollstreckungsbescheid über eine Forderung für die Inanspruchnahme von [X.]. Nachdem die [X.] hiergegen Einspruch eingelegt und die Klägerin ihren Anspruch begründet hatte, beantragte die [X.] innerhalb der ihr gesetzten Klageerwiderungsfrist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und führte zu ihrer Verteidigung aus, sie habe die abgerechneten Leistungen weder in Auftrag gegeben noch in Anspruch genommen. Mit Schriftsatz vom 13. Februar 2013 nahm die Klägerin ihre Klage teilweise zurück. Mit Verfügung vom 14. Februar 2013 gab das Amtsgericht der [X.]n unter Hinweis auf § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO auf, binnen zwei Wochen die ausstehende Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen einzureichen. Am 28. Februar 2013 erklärte die Klägerin die vollständige Klagerücknahme. Noch am selben Tag ersuchte das Amtsgericht die [X.] um Mitteilung, ob der [X.] zurückgenommen werde. Am 5. März 2013 reichte die [X.] die Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ein und bat weiterhin um Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

2

Mit Beschluss vom 6. März 2013 hat das Amtsgericht den [X.] der [X.]n mit der Begründung zurückgewiesen, dass die [X.] im Rahmen des § 115 ZPO auf ihren Kostenerstattungsanspruch gegen die Klägerin nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO als Vermögenswert, der ihre Kosten abdecke, zu verweisen sei. Dass dieser Anspruch nicht realisierbar sei, sei weder von der [X.]n vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der [X.]n hat das [X.] zurückgewiesen und zugleich die Rechtsbeschwerde zugelassen.

3

Die [X.] möchte den Beschluss des [X.]s mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde anfechten und beantragt hierfür die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

II.

4

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe ist zurückzuweisen, weil die beabsichtigte Rechtsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 Satz 1 ZPO).

5

1. Das [X.] hat die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts zugelassen, weil es bislang an einer höchstrichterlichen Entscheidung der Frage fehle, ob der [X.] nach Klagerücknahme und vor Entscheidung über die Prozesskostenhilfe vorrangig auf den Kostenerstattungsanspruch nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO zu verweisen sei.

6

a) An diese Zulassung ist der erkennende Senat gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Allerdings ist der [X.] nicht gegeben, weil die vom [X.] dargestellte Rechtsfrage nicht entscheidungserheblich ist. Der erstinstanzliche [X.] der [X.]n war bereits deshalb zurückzuweisen, weil die Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vor Beendigung des Verfahrens eingereicht wurde.

7

b) Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt nach Abschluss des Verfahrens - etwa (wie hier) durch Klagerücknahme - nur dann in Betracht, wenn zuvor der [X.] sowie die gemäß § 117 Abs. 2 bis 4 ZPO erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers eingegangen sind, der [X.] mithin vollständig eingereicht worden ist (s. etwa [X.], Beschlüsse vom 7. März 2012 - [X.] 391/10, NJW 2012, 1964, 1965 Rn. 10, S. 1966 Rn. 21 und vom 30. September 1981 - [X.], NJW 1982, 446; [X.], Beschluss vom 22. Mai 2012 - I-19 W 17/12, BeckRS 2012, 11879). Diese Voraussetzungen waren auch in dem Fall gegeben, welcher dem von der [X.]n herangezogenen Beschluss des [X.] vom 18. November 2009 ([X.] 152/09, [X.] 2010, 2687, 2688 f Rn. 10 f, 20) zugrunde lag. Im vorliegenden Fall war die (vollumfängliche) Klagerücknahme indes eingegangen, bevor die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der [X.]n eingereicht wurde.

8

c) Mithin lagen die Voraussetzungen für eine (rückwirkende) Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vor. Insoweit ist es ohne Belang, dass das Amtsgericht der [X.]n unter Hinweis auf die in § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO vorgesehene Sanktion vor Eingang der Klagerücknahme eine Frist zur Vorlage der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gesetzt hatte und die Einreichung dieser Erklärung innerhalb der eingeräumten Frist erfolgt war. Mit der Fristsetzung sollte der [X.]n im Stadium des noch anhängigen Prozesses (vor der vollständigen Klagerücknahme) vor Augen geführt werden, dass ihr [X.] zurückgewiesen werden kann, wenn sie die geforderte Erklärung (nebst Belegen) nicht innerhalb der vom Gericht bestimmten Frist vorlegt. Ein schützenswertes Vertrauen der [X.]n darauf, dass sie sich unbeschadet vom weiteren Verfahrensgang bis zum Fristablauf Zeit lassen könne, wurde hierdurch nicht begründet. Der anwaltlich vertretenen [X.]n musste von vornherein bekannt sein, dass es für den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe der Beifügung einer Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bedurfte.

9

d) Auf die Frage, ob die [X.] im Hinblick auf ihren (realisierbaren) Kostenerstattungsanspruch gegen die Klägerin nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO nicht bedürftig ist, weil sie mit diesem Anspruch über einsetzbares Vermögen zur Kostendeckung verfügt, kommt es nach alledem nicht an.

2. Liegt der vom [X.] angenommene [X.] demnach - mangels Entscheidungserheblichkeit der dargestellten Rechtsfrage - tatsächlich nicht vor, so ist allein auf die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsbeschwerde in der Sache selbst abzustellen (vgl. [X.], Beschluss vom 11. März 2010 - [X.], BeckRS 2010, 08913 Rn. 1 sowie [für die Revision] Beschlüsse vom 24. April 2013 - [X.], BeckRS 2013, 10584 Rn. 9 und vom 25. Juni 2003 - [X.], BeckRS 2003, 05893).

Die Rechtsbeschwerde hat indessen keine Aussicht auf Erfolg. Der [X.] der [X.]n war, wie ausgeführt, zurückzuweisen, weil die [X.] die Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vor der Beendigung des Rechtsstreits eingereicht hat.

[X.]                                                [X.]

Meta

III ZA 274/13

17.10.2013

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZA

vorgehend LG Berlin, 30. April 2013, Az: 54 T 16/13

§ 115 ZPO, § 117 ZPO, § 574 Abs 3 ZPO, § 269 Abs 3 S 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.10.2013, Az. III ZA 274/13 (REWIS RS 2013, 1843)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1843

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen
Referenzen
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.