Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.03.2021, Az. III ZR 195/20

3. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 7466

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Tenor

Die in der Erklärung des Vorsitzenden [X.] am [X.] Dr. H.        vom 3. Februar 2021 mitgeteilten Umstände rechtfertigen die Besorgnis der Befangenheit.

Gründe

I.

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz. Er wirft ihr vor, sie habe in den von ihm erworbenen PKW Typ [X.] einen von der [X.] zugelieferten Dieselmotor [X.] mit einer verbotenen Abschalteinrichtung eingebaut. Die Klage hat in erster und zweiter Instanz zu einem überwiegenden Teil Erfolg gehabt. Gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht hat die Beklagte Beschwerde eingelegt.

2

Am 3. Februar 2021 hat der Vorsitzende des erkennenden Senats, Vorsitzender [X.] am [X.] Dr. H.     , angezeigt, dass er im Frühjahr 2014 einen [X.] mit dem Motor [X.] erworben und aufgrund dessen eine Schadensersatzklage gegen die [X.] erhoben habe. Die Beklagte hat darauf mitgeteilt, dass sonach ein Grund vorliege, der geeignet sei, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Senatsvorsitzenden zu rechtfertigen. Der Kläger hat hierzu keine Stellungnahme abgegeben.

II.

3

Die in der Anzeige des Vorsitzenden [X.]s mitgeteilten Tatsachen rechtfertigen die Besorgnis der Befangenheit.

4

1. Gemäß § 42 Abs. 2 ZPO ist die Befangenheit eines [X.]s zu besorgen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist dann der Fall, wenn bei verständiger Würdigung des Sachverhalts Grund zu der Annahme besteht, dass der abgelehnte [X.] eine Haltung einnimmt, die seine Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Maßgeblich ist, ob bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des [X.]s zu zweifeln (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschlüsse vom 10. Dezember 2019 - [X.], NJW 2020, 1680 Rn. 9 und vom 28. Juli 2020 - [X.], NJW 2020, 3458 Rn. 7, jeweils mwN). Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich; es genügt bereits der "böse Schein", das heißt der mögliche Eindruck mangelnder Objektivität ([X.] aaO). Misstrauen gegen die Unvoreingenommenheit eines [X.]s ist unter anderem dann gerechtfertigt, wenn objektive Gründe dafür sprechen, dass er auf Grund eines eigenen - sei es auch nur mittelbaren - wirtschaftlichen Interesses am Ausgang des Rechtsstreits der Sache nicht unvoreingenommen und unparteiisch gegenübersteht ([X.] aaO). Die Besorgnis der Befangenheit im Sinne von § 42 Abs. 2 ZPO kann dementsprechend begründet sein, wenn ein [X.] in einem Verfahren zwar nicht selbst [X.] ist, aber über den gleichen Sachverhalt zu entscheiden hat, aus dem er selbst Ansprüche gegen eine [X.] geltend macht. Aus der Sicht einer [X.], gegen die ein [X.] Ansprüche erhebt, kann Anlass zu der Befürchtung bestehen, dass dieser [X.] die Würdigung des Sachverhalts, wie er sie dem von ihm verfolgten Anspruch gegen die [X.] zugrunde gelegt hat, auf das Verfahren gegen eine andere [X.], dem der gleiche Sachverhalt zugrunde liegt, überträgt und wie in der eigenen Sache urteilt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 10. Dezember 2019 aaO Rn. 10 und vom 28. Juli 2020 aaO Rn. 8).

5

2. Nach diesen Maßstäben liegt hier ein Ablehnungsgrund vor. Seiner Erklärung vom 3. Februar 2021 zufolge hat der Vorsitzende [X.] einen [X.] mit dem Motor [X.] erworben und aufgrund dessen eine Schadensersatzklage gegen die [X.] erhoben. Es besteht somit die naheliegende Möglichkeit, dass er im vorliegenden Rechtsstreit in wesentlichen Teilen den gleichen Sachverhalt und die gleichen Rechtsfragen zu beurteilen hat wie in eigener Sache, ob nämlich Käufern von Fahrzeugen des [X.], die mit dem hier in Rede stehenden Dieselmotor [X.] nebst Abschalteinrichtung ausgestattet sind, Schadensersatzansprüche zustehen. Dies ist geeignet, vom Standpunkt der Beklagten aus bei vernünftiger Betrachtung Zweifel an der Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit des Vorsitzenden [X.]s aufkommen zu lassen. Dabei genügt bereits der "böse Schein", die tatsächliche Einstellung des [X.]s ist insoweit nicht ausschlaggebend.

Tombrink     

        

Remmert     

        

Reiter

        

Kessen      

        

Herr      

        

Meta

III ZR 195/20

25.03.2021

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Zweibrücken, 27. August 2020, Az: 4 U 283/19

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.03.2021, Az. III ZR 195/20 (REWIS RS 2021, 7466)

Papier­fundstellen: WM 2022, 484 MDR 2022, 450-451 REWIS RS 2021, 7466 MDR 2022, 685-686 REWIS RS 2021, 7466

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