Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 09.04.2013, Az. 2 C 5/12

2. Senat | REWIS RS 2013, 6855

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Gegenstand

Sonderzahlungen für Beamte der Telekom (Weihnachtsgeld 2004)


Leitsatz

Bei der Telekom beschäftigte Bundesbeamte hatten im Jahr 2004 keinen Anspruch auf eine Sonderzahlung (Weihnachtsgeld) nach dem Bundessonderzahlungsgesetz (im Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2012 - 2 BvL 4/09 - BVerfGE 130, 52 ff.).

Tatbestand

1

Die Kläger sind Bundesbeamte im Dienste der [X.]. Sie gehören den Besoldungsgruppen [X.] (Kläger zu 1), [X.] (Kläger zu 2) und [X.] (Kläger zu 3) an. Mit ihren Klagen wenden sie sich dagegen, dass ihnen für das [X.] zunächst gar keine und im September 2005 - nach Klageerhebung - eine Sonderzahlung lediglich nach Maßgabe der [X.] und nicht nach dem [X.] gewährt worden ist. Die Klagen sind in beiden Rechtszügen erfolglos geblieben.

2

Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht darauf abgestellt, dass nach § 10 Abs. 1 des [X.] (PostPersRG) in der damaligen Fassung der Anspruch nach dem [X.] für die bei den [X.] beschäftigten Beamten entfalle. § 10 Abs. 1 PostPersRG a.F. sei verfassungsgemäß; er verstoße weder gegen Art. 3 Abs. 1 noch gegen Art. 33 Abs. 5 oder Art. 143b Abs. 3 GG.

3

Gegen diese Urteile richten sich die Revisionen der Kläger, mit denen sie die Verletzung des Grundgesetzes geltend gemacht haben.

4

In der mündlichen Verhandlung des Revisionsverfahrens am 11. Dezember 2008 haben sie folgende Anträge gestellt:

5

Der Kläger zu 1 hat beantragt,

1. die Urteile des [X.] vom 5. September 2007 und des Verwaltungsgerichts des [X.] vom 5. Oktober 2006 sowie den Widerspruchsbescheid der [X.] vom 6. Februar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger den Unterschiedsbetrag zwischen dem Auszahlungsbetrag nach § 2 des [X.]es und dem Auszahlungsbetrag nach der [X.] zu zahlen, 2. die Kosten des erledigten Teils des Rechtsstreits der [X.] aufzuerlegen.

6

Der Kläger zu 2 hat beantragt,

1. die Urteile des [X.] vom 5. September 2007 und des Verwaltungsgerichts des [X.] vom 5. Oktober 2006 sowie den Widerspruchsbescheid der [X.] vom 2. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger den Unterschiedsbetrag zwischen dem Auszahlungsbetrag nach § 2 des [X.]es und dem Auszahlungsbetrag nach der [X.] zu zahlen, 2. die Kosten des erledigten Teils des Rechtsstreits der [X.] aufzuerlegen.

7

Der Kläger zu 3 hat beantragt,

1. die Urteile des [X.] vom 5. September 2007 und des Verwaltungsgerichts des [X.] vom 5. Oktober 2006 sowie den Widerspruchsbescheid der [X.] vom 2. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger den Unterschiedsbetrag zwischen dem Auszahlungsbetrag nach § 2 des [X.]es und dem Auszahlungsbetrag nach der [X.] zu zahlen, 2. die Kosten des erledigten Teils des Rechtsstreits der [X.] aufzuerlegen.

8

Die Beklagte hat in allen Fällen beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Der Senat hat mit Beschluss vom 11. Dezember 2008 (BVerwG 2 [X.] 121.07 - BVerwGE 132, 299 = [X.] 11 Art. 143b GG Nr. 5), ergänzt durch Beschluss vom 31. März 2011, das Verfahren ausgesetzt und dem [X.] gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 10 Abs. 1 PostPersRG in der Fassung des Art. 1 Nr. 5 Buchst. a des [X.] zur Änderung des [X.] vom 9. November 2004 ([X.]) mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 143b Abs. 3 Satz 1 und 3 GG unvereinbar und nichtig ist.

Das [X.] hat durch Beschluss vom 17. Januar 2012 (2 [X.] - [X.] 130, 52 ff.) entschieden, dass § 10 Abs. 1 PostPersRG in der damaligen Fassung mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Der Wegfall der Sonderzahlung verstoße nicht gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 33 Abs. 5 GG verankerten Grundsatz der gleichen Besoldung.

Nach der Entscheidung des [X.]s haben die Kläger angeregt, das Verfahren erneut auszusetzen und dem [X.] ([X.]) die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob die Ungleichbehandlung von bei einem [X.] beschäftigten Bundesbeamten und anderen Bundesbeamten mit Unionsrecht vereinbar ist.

Entscheidungsgründe

Die Revisionen, über die der Senat nach § 101 Abs. 2 VwGO mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne (erneute) mündliche Verhandlung entscheiden kann, sind unbegründet. Die Urteile des [X.] verstoßen nicht gegen [X.] (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

Da das [X.] bindend festgestellt hat, dass § 10 PostPersRG in der Fassung vom 9. November 2004 verfassungsmäßig war, steht fest, dass die [X.] gültig ist und die Kläger keinen Anspruch auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem Betrag der - ihnen versagten - Sonderzahlung nach dem [X.] und dem Betrag der - ihnen gewährten - Sonderzahlung nach der [X.] haben.

Es besteht auch keine Veranlassung für eine Vorlage an den [X.] ([X.]) im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 [X.]. Die besoldungsrechtliche Ungleichbehandlung von bei der [X.] beschäftigten [X.] mit sonstigen [X.] wirft keine noch offenen Fragen zur Auslegung des [X.]srechts auf. Die dadurch berührten Aspekte der statusgleichen Alimentation sind solche des nationalen Beamten- und Verfassungsrechts, nicht des [X.]srechts.

Im Einklang mit dem Primärrecht des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] ([X.]), das Diskriminierungsverbote ebenfalls stets bezogen auf bestimmte Tatbestände vorsieht (vgl. Art. 8 , Art. 10 , Art. 18 , Art. 19 ), erfasst auch die Richtlinie 2000/78/[X.] vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf nicht jedwede Ungleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, sondern nur die in ihrem Art. 1 aufgeführten [X.], Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexuelle Ausrichtung; das zeigt nicht nur die Zweckbestimmung des Art. 1, sondern belegen auch die Definitionen der unmittelbaren und der mittelbaren Diskriminierung in Art. 2 Abs. 1 bis 4, die jeweils ausdrücklich an die in Art. 1 genannten Gründe anknüpfen (vgl. [X.], Urteil vom 7. Juli 2011 - [X.]. [X.]/10, [X.] - , ABl [X.] 2011 Nr. C 269, 17).

Aus Art. 20 der Charta der Grundrechte der [X.] ([X.]) ergibt sich nichts anderes, weder für sich betrachtet noch - wie von den Klägern angenommen - in Verbindung mit der [X.] oder dem allgemeinen Gleichheitssatz als einem tragenden Grundsatz des Gemeinschaftsrechts. Art. 20 [X.] bestimmt: "Alle Personen sind vor dem Gesetz gleich." Zwar rekurriert Art. 20 [X.] auf das in allen Verfassungen der Mitgliedstaaten verankerte [X.] der Gleichheit, das in verschiedenen primärrechtlichen Regelungen seinen Niederschlag gefunden und das der [X.] als Grundprinzip des [X.]srechts eingestuft hat (vgl. [X.], [X.], Art. 20 Rn. 1 m.w.[X.]). Allerdings bindet die Grundrechtecharta nach Art. 51 Abs. 1 [X.] nur die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der [X.] selbst und die Mitgliedstaaten "ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der [X.]", ohne den Geltungsbereich des [X.]srechts über die Zuständigkeiten der [X.] hinaus auszudehnen (Art. 51 Abs. 2 [X.]); Letzteres ergibt sich außerdem auch aus Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 [X.]V, wonach durch die Bestimmungen der Grundrechtecharta die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten der [X.] in keiner Weise erweitert werden (vgl. [X.], Urteil vom 7. Juni 2012 - [X.]. [X.]/11, [X.] - ABl. [X.] 2012 Nr. [X.] 3 - 4). Die Regelung der Alimentation der Beamten ist aber keine Durchführung des [X.]srechts; sie fällt nicht in den Geltungsbereich des [X.]srechts (vgl. zu Letzterem [X.], Urteile vom 26. Februar 2013 - [X.]. [X.]/10, [X.] - Rn. 19, vom 7. Juni 2012 a.a.[X.] Rn. 58 und vom 18. Juni 1991 - [X.]. [X.]/89, [X.] - Slg. 1991, [X.] Rn. 42). Dementsprechend fallen auch die Regelungen in § 10 Abs. 1 PostPersRG und in der nach § 10 Abs. 2 PostPersRG erlassenen Verordnung zur Einschränkung des Anspruchs der bei der [X.] beschäftigten [X.] auf Sonderzahlung nach dem [X.] nicht in den Geltungsbereich des [X.]srechts, weil sie nicht [X.]srecht umsetzen; für ihren Regelungsbereich bestehen keine unionsrechtlichen Vorgaben. Das gilt insbesondere für die Frage der Gleichbehandlung von bei der [X.] beschäftigten [X.] mit sonstigen [X.].

Schließlich ist auch der unionsrechtliche Grundsatz der Entgeltgleichheit nicht berührt. Nach Art. 157 Abs. 1 [X.] stellt jeder Mitgliedstaat die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher. Der Grundsatz der Entgeltgleichheit gilt also nicht umfassend, sondern untersagt nur geschlechterbezogene Diskriminierungen.

Meta

2 C 5/12

09.04.2013

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, 5. September 2007, Az: 1 R 35/06, Urteil

§ 10 Abs 1 PostPersRG vom 09.11.2004, § 2 BSZG, Art 3 Abs 1 GG, Art 143b Abs 3 S 1 GG, Art 33 Abs 5 GG, Art 267 AEUV, Art 20 EUGrdRCh, Art 51 EUGrdRCh, Art 157 Abs 1 AEUV, Art 1 EGRL 78/2000, Art 2 EGRL 78/2000

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 09.04.2013, Az. 2 C 5/12 (REWIS RS 2013, 6855)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6855

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