Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2006, Az. IX ZB 305/05

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 1720

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[X.]BESCHLUSS [X.]/05 vom 21. September 2006 in dem Prozesskostenhilfeverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO §§ 114 Satz 1, 120 Abs. 4 a) Die Änderung eines [X.]usses über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt voraus, dass die früher bedürftige [X.] aufgrund nachträglich eingetrete-ner Umstände ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nach in der Lage ist, die Prozesskosten ganz, zum Teil oder in Raten aufzubringen. b) Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, dass der Ertrag eines erfolgreichen [X.] vorrangig zur Deckung der von der Staatskasse verauslagten Prozess-kosten einzusetzen ist. [X.], [X.]uss vom 21. September 2006 - [X.]/05 - [X.] [X.] - 2 - - 3 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] am 21. September 2006 beschlossen: Auf die Rechtsmittel des [X.] werden der [X.]uss des 3. Zi-vilsenats des [X.] vom 9. Juni 2005 und der [X.]uss der Rechtspflegerin des [X.] vom 23. Mai 2005 aufgehoben. Dem Kläger wird für das Verfahren der Rechtsbeschwerde Pro-zesskostenhilfe bewilligt. Ihm wird Rechtsanwalt bei-geordnet. Ratenzahlungen oder Zahlungen aus dem verwalteten Vermögen werden nicht festgesetzt. Gründe: [X.] Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.]GmbH. Am 2. Mai 2000 hatte er Masseunzulänglichkeit an-gezeigt. [X.] hatte er für einen Prozess gegen die Beklagten K. und Fr. Prozesskostenhilfe beantragt und erhalten. Der Prozess endete am 19. Juni 2001 mit einem Vergleich, in dem sich die Beklagten ver-pflichteten, an den Kläger 19.000 DM und 55.000 DM zu zahlen. Die Kosten 1 - 4 - des Rechtsstreits wurden gegeneinander aufgehoben. In den folgenden Jahren forderte das [X.] - Rechtspflegerin - den Kläger regelmäßig zu Erklä-rungen über etwaige Änderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse des verwal-teten Vermögens auf. [X.] teilte der Kläger dem Gericht auf gesonder-te Anfrage hin mit, die Beklagten hätten bislang 4.114,22 • und 16.344,44 • gezahlt. Mit [X.]uss vom 23. Mai 2005 hat das [X.] - Rechtspflegerin - den Bewilligungsbeschluss dahingehend abgeändert, dass gemäß § 120 Abs. 4 ZPO ein Betrag von 5.214,33 • aus dem Ertrag des Prozesses zu zahlen sei. Die sofortige Beschwerde des [X.] ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Kläger wei-terhin die Aufhebung des [X.]. 2 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie führt zur Aufhebung der [X.]üsse der [X.]. 3 1. Nach Ansicht des [X.]s ist der vom Kläger im vorliegen-den Rechtsstreit erzielte Erlös vorrangig zur Deckung der Prozesskosten he-ranzuziehen. Grundsätzlich stehe zwar nur der nach Abzug der [X.] und [X.] etwa verbleibende Restbestand zur Deckung der Kosten eines vom Insolvenzverwalter geführten Prozesses zur Verfügung. Eine [X.] gelte jedoch für den Ertrag eines Prozesses, für den Prozesskostenhilfe 4 - 5 - bewilligt worden sei; denn die Prozesskostenhilfe diene nicht dazu, die Masse auf Kosten der Staatskasse zu vermehren. 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. 5 a) Die Entscheidung über die nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu leistenden Zahlungen kann dann abgeändert werden, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen [X.] wesentlich geändert haben (§ 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Es muss sich um eine Änderung der Verhältnisse handeln, die Grundlage der Bewilligungsent-scheidung gewesen sind. Im vorliegenden Fall ist eine derartige Änderung nicht eingetreten. Dem Kläger ist seinerzeit Prozesskostenhilfe bewilligt worden, weil die Kosten des Rechtsstreits nicht aus der verwalteten Vermögensmasse auf-gebracht werden konnten (§ 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Daran hat sich nichts ge-ändert. Zwar haben die Prozessgegner Zahlungen zur Masse geleistet. Diese reicht jedoch nach wie vor nicht zur Deckung der Kosten des Insolvenzverfah-rens und der sonstigen Masseverbindlichkeiten aus. Das Beschwerdegericht nimmt folgerichtig an, dass für einen neu zu beginnenden Prozess, der Aussicht auf Erfolg hat, Prozesskostenhilfe bewilligt werden müsste. Ist die [X.], der Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, nach wie vor nicht in der Lage, die Pro-zesskosten ganz, teilweise oder in Raten zu begleichen (vgl. § 114 Satz 1 ZPO), kann eine Änderungsentscheidung nach § 120 Abs. 4 ZPO jedoch nicht ergehen. 6 b) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts (ebenso z.B. [X.] 2005, 107; [X.] ZIP 2004, 187, 188; [X.] 2001, 230, 231; Musielak/[X.], ZPO 4. Aufl. § 120 Rn. 16; einschränkend [X.] Zweibrücken MDR 1997, 885, 886; aA [X.] Bamberg JurBüro 1993, 232, 7 - 6 - 233) verlangen weder § 120 Abs. 4 ZPO noch § 115 Abs. 2 ZPO, § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO oder eine andere Vorschrift der Zivilprozessordnung, dass ein Kläger den Ertrag eines erfolgreichen Prozesses vorrangig zur Tilgung der von der Staatskasse vorfinanzierten Prozesskosten einsetzt. Prozesskostenhilfe kann verweigert werden, wenn eine [X.] in Kenntnis eines bevorstehenden [X.] ihre Bedürftigkeit mutwillig herbeiführt ([X.], Urt. v. 8. Januar 1959 - [X.], NJW 1959, 884, 885; [X.]/[X.], ZPO 25. Aufl. § 115 Rn. 40, 72 mit weiteren Nachweisen). Ebenso kann der [X.] im Rahmen einer Änderungs-entscheidung nach § 120 Abs. 4 ZPO Vermögen zugerechnet werden, das sie erworben, aber in Kenntnis der Änderungsmöglichkeit wieder ausgegeben hat, so dass sie ihre zeitweilig entfallene Leistungsunfähigkeit böswillig selbst wieder herbeigeführt hat ([X.], ZPO 22. Aufl. § 120 Rn. 18 mit weiteren Nachweisen). Von diesem Ausnahmefall abgesehen, hat es jedoch bei dem Grundsatz zu bleiben, dass das nach § 115 Abs. 2 ZPO einzusetzende Vermö-gen unter Abzug der vorhandenen Verbindlichkeiten zu ermitteln ist (vgl. auch [X.] Bamberg aaO). Eine gesetzliche Grundlage für den vom [X.] angenommenen Vorrang des Erstattungsanspruchs der Staatskasse gibt es nicht. c) Im vorliegenden Fall der Prozessführung durch einen Insolvenzverwal-ter würde ein Vorrang des Erstattungsanspruchs der Staatskasse aus § 120 Abs. 4 ZPO außerdem den Vorschriften der Insolvenzordnung über die [X.] eines massearmen Insolvenzverfahrens widersprechen. Die Kosten eines vom Insolvenzverwalter geführten Prozesses stellen Masseverbindlichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 [X.] dar. Sie sind gemäß § 53 [X.] ebenso wie die Kosten des Insolvenzverfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten vor-weg aus der Insolvenzmasse zu befriedigen. [X.] die Insolvenzmasse dazu nicht aus, ordnet § 209 Abs. 1 [X.] die Rangfolge an, in welcher die [X.] - 7 - bindlichkeiten zu begleichen sind. Vorrang haben die Kosten des [X.] (§ 209 Abs. 1 Nr. 1 [X.]). Es folgen die Masseverbindlichkeiten, die nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet worden sind, ohne zu den Kosten des Verfahrens zu gehören (§ 209 Abs. 1 Nr. 2 [X.]). Den schlech-testen Rang haben die übrigen Masseverbindlichkeiten (§ 209 Abs. 1 Nr. 3 [X.]). Forderungen mit gleichem Rang sind im Verhältnis ihrer Beträge zu be-richtigen (§ 209 Abs. 1 [X.]). Für einen nicht gesetzlich angeordneten Vorrang der Forderungen bestimmter Gläubiger ist hier kein Raum. Im vorliegenden Fall würde der Anspruch nach § 120 Abs. 4 ZPO - wenn die tatbestandlichen Vor-aussetzungen dieser Vorschrift erfüllt wären - eine Neumasseverbindlichkeit darstellen (§ 209 Abs. 1 Nr. 2 [X.]). Die Kosten des Insolvenzverfahrens - die Gerichtskosten und die Vergütungen und Auslagen des [X.], des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschus-ses (§ 54 [X.]) - wären vorrangig zu erfüllen. Die sonstigen Neumasseverbind-lichkeiten (§ 209 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) stünden im gleichen Rang wie der Anspruch aus § 120 Abs. 4 ZPO. d) Die Frage, ob den [X.] nach einem erfolgreichen [X.] des Rechtsstreits eher zuzumuten ist, für dessen Kosten aufzukommen (§ 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO), stellt sich hier nicht. Solange die Masse unzulänglich ist, ändert sich die zu erwartende Quote nicht. Nach wie vor sind die Insolvenz-gläubiger an diesem Rechtsstreit nicht im Sinne von § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO wirtschaftlich beteiligt. 9 - 8 - II[X.] Der angefochtene [X.]uss kann daher keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben. Da die Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte [X.] erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat eine eigene Sachentscheidung zu treffen (§ 577 Abs. 5 ZPO). Auch die Entscheidung des [X.]s ist aufzuheben. 10 IV. Erfolgreiche Beschwerden und Rechtsbeschwerden im Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind gerichtsgebührenfrei. [X.] Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO). 11 - 9 - V. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Rechtsbe-schwerde beruht auf § 114 ZPO (vgl. dazu [X.], [X.]. v. 19. Dezember 2002 - [X.], [X.], 1826, 1827). 12 [X.] Raebel [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 22.04.2005 - 14 O 3820/00 - [X.], Entscheidung vom 09.06.2005 - 3 W 593/05 -

Meta

IX ZB 305/05

21.09.2006

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2006, Az. IX ZB 305/05 (REWIS RS 2006, 1720)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 1720

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