Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.11.2021, Az. 4 StR 103/21

4. Strafsenat | REWIS RS 2021, 807

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Beihilfe zum Betrug: Beihilfe nach Beendigung der Haupttat


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird

a) das Urteil des [X.] vom 30. Oktober 2020, soweit es ihn betrifft, im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte in den Fällen [X.], 9. und 11. der Urteilsgründe der gewerbsmäßigen Hehlerei und im Fall B.II.3. der Urteilsgründe der versuchten gewerbsmäßigen Hehlerei schuldig ist,

b) das vorgenannte Urteil, soweit es den Angeklagten betrifft, im Schuldspruch klarstellend wie folgt neu gefasst:

Der Angeklagte ist der gewerbsmäßigen Hehlerei in sechs Fällen, der versuchten gewerbsmäßigen Hehlerei sowie der Beihilfe zur gewerbsmäßigen Hehlerei in drei Fällen schuldig.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Betrug in sieben Fällen, wovon es in einem Fall beim Versuch blieb, und wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen Hehlerei in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zu der aus der [X.] ersichtlichen Schuldspruchänderung und ist im Übrigen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Nach den Feststellungen - soweit für die Entscheidung von Bedeutung - verständigten sich der Mitangeklagte [X.]und der gesondert Verfolgte [X.] mit dem Angeklagten darauf, dass hochwertige Kraftfahrzeuge illegal, unter anderem durch von [X.]und weiteren Beteiligten zu [X.] zum Nachteil von Mietwagenunternehmen, beschafft und danach durch [X.]zur Verschleierung ihrer Herkunft manipuliert werden sollten, um sie anschließend gewinnbringend ins Ausland veräußern zu können. Der Angeklagte sollte hierbei als Mittelsmann und Dolmetscher zwischen [X.]und [X.] fungieren. Er erklärte sich wegen seiner schlechten wirtschaftlichen Situation bereit, gegen einen von [X.]für jede Tatbeteiligung zugesagten Lohn an dem Vorhaben mitzuwirken.

3

Der Mitangeklagte [X.]veranlasste sodann in den Fällen [X.], 9. und 11. der Urteilsgründe (Teil 2) Dritte dazu, Fahrzeuge bei Mietwagenunternehmen unter Angabe falscher Personalien und Vorspiegelung der tatsächlich nicht bestehenden Bereitschaft zur späteren Rückgabe anzumieten. Die Fahrzeuge wurden [X.]eils irrtumsbedingt an die als Mieter auftretenden Beteiligten übergeben und danach zu [X.] gebracht, der sie u.a. mit falschen Kennzeichen und Fahrzeugpapieren versehen, die Fahrzeugidentifikationsnummer verändern und vorhandene GPS-Geräte entfernen sollte. Der Angeklagte wirkte hieran in sieben Fällen mit, indem er mindestens die Daten, die [X.] zur Herstellung falscher Fahrzeugdokumente verwenden sollte, absprachegemäß von [X.]an [X.]übermittelte. In einem der Fälle (Fall [X.]) konnte das Fahrzeug vor Fertigstellung der Arbeiten des [X.] durch die Polizei sichergestellt werden. In [X.] anderen Fällen wurden die Fahrzeuge wie geplant ins Ausland abgesetzt.

4

Das [X.] hat die Beteiligung des Angeklagten an den vorgenannten Taten rechtlich als Beihilfe zum Betrug in sieben Fällen, wovon es in einem Fall beim Versuch blieb, gewürdigt.

5

2. Der Schuldspruch hält der auf die Sachrüge des Angeklagten gebotenen Nachprüfung in den Fällen [X.], 9. und 11. der Urteilsgründe nicht stand. Die Feststellungen tragen die Verurteilung wegen tatmehrheitlich begangener Beihilfe zum (versuchten) Betrug nicht, weil der Angeklagte die vom [X.] als Beihilfehandlungen gewerteten Datenübermittlungen an [X.] erst nach Beendigung der [X.] erbrachte.

6

a) Beihilfe im Sinne von § 27 StGB kann nur geleistet werden, solange das [X.] noch nicht vollständig abgeschlossen ist; nach Beendigung der Haupttat kommt eine strafbare Beihilfe nicht mehr in Betracht (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Februar 2021 - 4 [X.]; Urteil vom 7. Februar 2008 - 5 [X.], [X.], 1460, 1461, [X.]. [X.]). Ein Betrug ist beendet, wenn der Vermögensvorteil beim Täter endgültig eingetreten ist ([X.], Beschluss vom 16. April 2014 - 2 [X.], [X.], 516, 517; vgl. auch [X.], Beschluss vom 28. November 2017 - 3 StR 266/17, NStZ-RR 2018, 211, 212). Maßgeblich ist hierbei die Erlangung des (letzten) vom [X.] umfassten Vermögensvorteils ([X.], Urteil vom 10. November 2016 - 4 StR 86/16, [X.], 45, 46; Beschluss vom 18. November 2015 - 4 [X.], [X.], 42 [X.]).

7

Die [X.] waren hier [X.]eils auf die Erlangung des Besitzes, nämlich die den Berechtigten ausschließende faktische Herrschaftsgewalt an den Mietwagen, gerichtet. Diesen Vermögensvorteil hatten die Täter der [X.] bereits in dem Zeitpunkt erlangt, in dem die Fahrzeuge durch das Mietwagenunternehmen an den [X.]eiligen Anmieter herausgegeben worden und dieser damit davongefahren war. Die danach beabsichtigten oder tatsächlich erfolgten Maßnahmen des [X.] zur Verschleierung der Identität der Fahrzeuge, welche der Angeklagte durch seine Beiträge unterstützte, dienten nur noch dazu, die Rückerlangung des Besitzes durch die Berechtigten zu erschweren.

8

b) Die fehlerfrei getroffenen Feststellungen rechtfertigen jedoch in [X.] vom [X.] als Beihilfe zum Betrug gewerteten Fällen eine Verurteilung des Angeklagten wegen täterschaftlich begangener gewerbsmäßiger Hehlerei (§ 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB) bzw. im Fall [X.] der Urteilsgründe wegen Versuchs. Der Angeklagte leistete [X.][X.]eils Absatzhilfe im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB.

9

Absatzhilfe ist die Unterstützung des Vortäters beim Absatz der bemakelten Sache (vgl. [X.], Urteil vom 3. Oktober 1984 - 2 StR 166/84, [X.]St 33, 44, 47; [X.], StGB, 68. Aufl., § 259 Rn. 17 [X.]), wobei der Absatzhelfer „im Lager“ des Vortäters stehen muss (vgl. [X.], Beschluss vom 4. Dezember 2007 - 3 [X.], [X.], 215, 216).

Dies ist hier der Fall: Der Angeklagte unterstützte durch seine vom [X.] rechtsfehlerhaft als Beihilfe zu den [X.] gewerteten Tatbeiträge, namentlich die Datenübermittlung an [X.] , [X.]eils den - im Fall [X.] nur versuchten - Absatz der betrügerisch erlangten Fahrzeuge durch [X.] und stand hierbei „im Lager“ nicht der [X.]eiligen Erwerber, sondern des [X.]als (Mit-)Täter der Vortat. Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte zudem die Absicht, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang in Gestalt der zugesagten Entlohnungen zu verschaffen. Damit sind die Voraussetzungen der gewerbsmäßigen Absatzhilfe im Sinne von § 259 Abs. 1, § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB [X.]eils erfüllt, wobei es im Fall [X.] mangels Absatzerfolges beim Versuch blieb (vgl. [X.], Urteil vom 3. Oktober 1984 - 2 StR 166/84, [X.]St 33, 44, 47; Beschluss vom 4. Dezember 2007 - 3 [X.], [X.], 215, 216).

c) Dieser rechtlichen Würdigung steht nicht entgegen, dass der Angeklagte - nach den Feststellungen naheliegend - bereits dadurch eine auf alle [X.] des [X.]bezogene Beihilfe geleistet hatte, dass er seine spätere Mitwirkung an den Manipulationen der Fahrzeuge bereits vorab zusagte (vgl. [X.], Beschluss vom 14. November 2001 - 3 StR 379/01, [X.], 200). Denn auch der Teilnehmer an der Vortat kann Täter einer Hehlerei sein (vgl. [X.], Urteil vom 10. Januar 1956 - 5 StR 399/55, [X.]St 8, 390, 391 f.; Urteil vom 2. Juli 1996 - 1 [X.], [X.], 493). Dies kommt lediglich dann nicht in Betracht, wenn der Betroffene unmittelbar am wirtschaftlichen Erfolg der Vortat teilhaben will, etwa im Sinne eines „Anrechts“ auf die Beute (vgl. [X.], Urteil vom 20. Mai 1986 - 1 [X.], NJW 1987, 77; [X.], Beschluss vom 27. Juli 2006 - 5 [X.] 103/06, [X.], 371).

So lag es hier aber nicht, denn nach den Urteilsfeststellungen erstrebte der Angeklagte für seine Tatbeteiligung einen von [X.] zugesagten Gehilfenlohn. Dass das [X.] die Beteiligungszusage nicht als - ggf. zu den Hehlereitaten im Verhältnis der Tatmehrheit stehende (vgl. [X.], Urteil vom 16. Juli 1968 - 1 StR 25/68, [X.]St 22, 206, 207 ff.; Beschluss vom 14. November 2001 - 3 StR 379/01, [X.], 200 Rn. 11; anders für eine hier nicht gegebene Fallkonstellation [X.], Urteil vom 3. Oktober 1984 - 2 StR 166/84, [X.]St 33, 44, 47) - Beihilfe zum Betrug in sieben tateinheitlichen Fällen in den Blick genommen hat, beschwert den Angeklagten nicht.

3. Die Schuldspruchänderung auf die Revision des Angeklagten verletzt nicht das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 StPO (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 1. Dezember 2020 - 4 StR 519/19 [X.]). Auch § 265 StPO steht nicht entgegen, da auszuschließen ist, dass der - im Wesentlichen geständige - Angeklagte sich anders als geschehen hätte verteidigen können.

4. Die Schuldspruchänderung führt nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs. Der [X.] kann ausschließen, dass das [X.] geringere Einzelstrafen in den von der Korrektur betroffenen Fällen und eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte, hätte es statt des nach § 27, § 49 StGB gemilderten Strafrahmens des § 263 Abs. 3 StGB (im Fall [X.] weiter gemildert nach § 23 Abs. 2, § 49 StGB) den - höheren - Strafrahmen des § 260 Abs. 1 StGB (im Fall [X.] gemildert nach § 23 Abs. 2, § 49 StGB) angewendet.

5. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

Sost-Scheible     

        

Bender     

        

Bartel

        

Maatsch     

        

Scheuß     

   

Meta

4 StR 103/21

25.11.2021

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend BGH, 25. November 2021, Az: 4 StR 103/21, Beschluss

§ 27 StGB, § 263 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.11.2021, Az. 4 StR 103/21 (REWIS RS 2021, 807)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 807

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 StR 135/21 (Bundesgerichtshof)

Strafzumessung: Verminderung des Unrechts- und Schuldgehalts bei Änderung des Konkurrenzverhältnisses durch das Revisionsgericht


4 StR 617/16 (Bundesgerichtshof)

Revision in Strafsachen: Beschwer des wegen Beihilfe statt Mittäterschaft verurteilten Angeklagten; natürliche Handlungseinheit zwischen der …


2 StR 320/17 (Bundesgerichtshof)

Diebstahl und Hehlerei: Vorrang einer Verurteilung aufgrund Postpendenzfeststellung


2 StR 281/18 (Bundesgerichtshof)

Hehlerei in Form der Absatzhilfe: Vollendung nur bei Absatzerfolg; Beginn des Versuchs; Verhältnis zwischen versuchter …


2 StR 320/17 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.